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Veröffentliche Beiträge in “Allgemein”

[El Salvador] Presse-Information vom 21.08.19

CBG Redaktion

Kooperationsvereinbarung in El Salvador

BAYER-Vertrag ist eine Kriegserklärung

BAYER und das salvadorianische Ministerium für Landwirtschaft und Viehzucht planen einen Kooperationsvertrag, der den Leverkusener Giganten gegenüber den einheimischen LandwirtInnen begünstigt. Dementsprechend lehnen der nationale Landarbeiter-Verband von El Salvador (ANTA) und die internationale Dachorganisation der KleinbäuerInnen Via Campesina die Vereinbarung ab. Dies berichtete das Nachrichtenportal amerika21.de.

Der Protest ist gut begründet: Die von 2009 bis Mai 2019 regierende linke Partei FMLN hatte es mit ihrem staatlichen Programm zur Förderung kleinbäuerlicher Landwirtschaft geschafft, die landeseigene Erzeugung hochwertigen Saatguts zu fördern, welches den tropischen Bedingungen El Salvadors angepasst ist. So war das Land nicht mehr so stark auf die Saatgut-Importe der Agro-Riesen angewiesen. Mit dem Kooperationsvertrag droht nun das exakte Gegenteil: Die völlige Abhängigkeit von BAYERs Gentech-Pflanzen.

Der Präsident von El Salvador, Nayib Bukele, war in der Vergangenheit für die extrem rechte Partei „Gran Alianza por la Unidad Nacional“ (Gana) angetreten. Auch seine aktuelle Partei, die „Nuevas Ideas“, ist auf die Stimmen der rechten Parteien angewiesen. Entsprechend wirtschaftsfreundlich ist seine Politik angelegt. Beispielsweise treibt er die Öffnung des salvadorianischen Marktes für US-amerikanische Großkonzerne voran. Mit BAYER darf sich nun ein deutscher Multi über eine privilegierte Behandlung freuen.

Die Bauern und Bäuerinnen erwarten hingegen massive Probleme. Carlos Rodriguez, Vertreter von Via Campesina, wies auf die Gefährdungen für Mensch, Tier und Umwelt hin, die vor allem von den Produkten der BAYER-Tochter MONSANTO ausgehen. Deren Pestizide seien für die LandwirtInnen und ihre Gemeinden lebensgefährlich, da sie Krebs und Nierenversagen verursachten, so Rodriguez. Zudem verunreinigten die Ackergifte die Böden und die Gewässer. Ana Calles, ebenfalls von Via Campesina, machte darüber hinaus auf die hohen Kosten aufmerksam, die Kleinbauern und Kleinbäuerinnen schultern müssten, die der Marktmacht von BAYER ausgesetzt seien. Sie würden Calles zufolge durch die Anbaukosten für genetisch manipulierte Pflanzen, die bis zu zweieinhalb mal so hoch wären wie diejenigen für konventionelle Ackerfrüchte, in die Verschuldung getrieben.

Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren kommentierte das Vorgehen von BAYER und der salvadorianischen Regierung folgendermaßen: „Nach der Übernahme von MONSANTO wieder ein Schritt zur Sicherung der Monopol-Stellung des BAYER-Konzerns im Bereich der Welternährung. Und eine Kriegserklärung an die bäuerliche Landwirtschaft in El Salvador und weltweit. BAYER muss gestoppt werden. Wir stehen an der Seite der protestierenden BäuerInnen.“

[Offener Brief] Kampagne Pestizide Peru

CBG Redaktion

Pestizidvergiftungen in Peru: Offener Brief an Bayer AG

13. März 2003

BAYER AG
Vorstandsvorsitzender W. Wenning
51368 Leverkusen

Sehr geehrter Herr Wenning,

im Oktober 1999 wurden im peruanischen Andendorf Tauccamarca rund 50 Schulkinder durch Pestizide vergiftet. 24 Kinder starben, 22 weitere erlitten schwere innere Verletzungen.

Der peruanische Kongress berief einen Untersuchungsausschuss ein, der im vergangenen Herbst seinen Abschlussbericht vorlegte. Demnach führten Vergiftungen mit dem BAYER-Produkt „Folidol“ zu der Tragödie. Der Untersuchungsausschuss wirft dem BAYER-Konzern sowie den zuständigen Behörden mangelnde Sicherheitsvorkehrungen vor und fordert eine Entschädigung durch BAYER sowie die peruanische Regierung.

In der Hauptstadt Lima haben einige der betroffenen Familien Klage gegen BAYER eingereicht. Neben finanzieller Entschädigung fordern sie ein Verbot hochtoxischer Pestizide, um ähnliche Katastrophen in der Zukunft zu verhindern. Nun wurde bekannt, dass Anwälte von BAYER bei einer Anhörung im Januar eine Abweisung der Klage gefordert haben. Als Gründe wurden Verjährung sowie Unklarheiten in der Klageschrift angeführt.

Wir verurteilen sowohl die Forderung nach Abweisung der Klage als auch die Argumentationsweise Ihrer Anwälte. Das Vorgehen des BAYER- Konzerns stellt eine zynische Mißachtung des über die peruanischen Familien gebrachten Leids dar. Wir stellen uns auf die Seite des peruanischen Kongresses, der die Schuld für diese Todesfälle u.a. bei BAYER verortet. Wir fordern daher eine sofortige Anerkennung dieser Schuld und eine sofortige Entschädigung der betroffenen Familien durch ihr Unternehmen.

Die Verzögerung bei der Einreichung der Klage beruhte auf Repressionen der diktatorischen Fujimori-Regierung, die bis zum Sommer 2001 die Ermittlungen und juristische Schritte blockierte. Die „Unklarheiten“ in der Klageschrift (dort wird von einer Vergiftung durch Methyl Parathion oder Ethyl Parathion gesprochen) beziehen sich auf widersprüchliche Angaben der Behörden: während die Polizei von einer Vergiftung durch Methyl Parathion (ein weißliches Pulver, das Milchpulver ähnelt, von BAYER unter dem Handelsnamen „Folidol“ vertrieben) sprach, machte der damalige Präsident Fujimori den Wirkstoff Ethyl Parathion (ein flüssiges Pestizid) verantwortlich.

Wir fordern Sie auf, sich Ihrer Verantwortung als Vorstandsvorsitzender des BAYER-Konzerns zu stellen, anstatt die Hinterbliebenen mit juristischen Tricks hinzuhalten. Wir wiederholen zugleich die Forderung von Initiativen aus aller Welt nach einem Verkaufs-Stopp für alle Wirkstoffe der WHO-Toxizitätsklasse I.

Für den Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren

Axel Köhler-Schnura
Philipp Mimkes

[Unterschrift] Uni Köln

CBG Redaktion

Pharma-Forschung kann Leben retten und darf nicht Profit-Interessen unterworfen werden. Ich fordere die Universität Köln auf, den Vertrag mit BAYER vollständig offen zu legen.

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Wir werden Sie per email über den Fortgang der Kampagne informieren.
Wenn Sie keine weiteren Informationen wünschen, senden Sie bitte eine Nachricht an: CBGnetwork(at)aol.com

[Gegenantrag] Gegenanträge Bayer HV

CBG Redaktion

16. März 2011

Axel Köhler-Schnura, Vorstandsmitglied der Coordination gegen BAYER-Gefahren, hat heute einen Gegenantrag zur BAYER-Hauptversammlung am 29. April in Köln eingereicht. Die Gegenanträge wurden auch auf der website des Konzerns veröffentlicht.

Hauptversammlung am 29. April 2011

Hiermit zeige ich an, dass ich zu Punkt 2 und 3 der Tagesordnung den Vorschlägen des Vorstands und des Aufsichtsrats widerspreche und die anderen Aktionäre veranlassen werde, für die folgenden Gegenanträge zu stimmen. Um Mitteilung der Gegenanträge sowie der Begründung darf ich gemäß §§ 125, 126 AktG bitten.

Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet

Begründung: Die BAYER AG rechnet sich vor dem Fiskus gezielt arm. Hierdurch wird die Höhe der gezahlten Ertragssteuern trotz hoher Gewinne erneut reduziert. Die Zeche wird der arbeitenden Bevölkerung aufgebürdet, deren Abgaben- und Steuerlast ständig steigt. Es ist nicht hinzunehmen, dass BAYER sich kaum noch an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligt. Zumal die Armrechnerei gängige Praxis aller Konzerne ist.

Der von BAYER tatsächlich erzielte Gewinn lag im vergangenen Jahr bei über sieben Milliarden Euro. Ein Plus von fast zehn Prozent. Der Umsatz stieg sogar um zwölf Prozent. Im Geschäftsbericht verkündet BAYER eine Gewinnquote von sage und schreibe 20,2 Prozent! Die Aktionäre erhalten entsprechend erneut eine höhere Dividende: 1,16 Milliarden Euro (973 Mio Euro im Vorjahr).
Die von BAYER gezahlten Steuern hingegen befinden sich auf Talfahrt: Lagen die Ertragssteuern zwischen 1997 und 2000 noch bei umgerechnet rund einer Milliarde Euro jährlich, so fielen sie 2009 auf 511 Millionen Euro und für 2011 nun auf 411 Millionen Euro. Der Konzern entzieht sich damit immer weiter seiner Verantwortung für die Allgemeinheit. Zu Lasten der arbeitenden Bevölkerung, die über steigende Steuern und Abgaben die Zeche zahlen muss.
Es ist ein nicht hinzunehmender Skandal, dass ein Konzern wie BAYER immer weniger zur Finanzierung des Gemeinwesens beiträgt. Steuern von 411 Mio. Euro decken – das wird auf den ersten Blick deutlich - noch nicht einmal die durch den Konzern hervorgerufenen gesellschaftlichen Infrastruktur-, Verwaltungs- und Kontrollkosten.
Die von BAYER vorgelegten Bilanzen sind Verschiebe-Bahnhöfe ohne wirkliche Aussagekraft. Der Konzern heuert hochqualifizierte Fachleute an, die oft dank entsprechender Köderzahlungen direkt aus den Finanzdirektionen in die Steuerabteilung des Konzerns wechseln, und hat zusammen mit der übrigen Konzernlobby für eine im wahrsten Sinn des Wortes gemeingefährliche Steuergesetzgebung gesorgt. So wird es für BAYER möglich, sich arm zu rechnen und die Steuerlast zu senken, selbst wenn die Gewinne explodieren.
BAYER machte u.a. Sonderabschreibungen von 1,7 Mrd. Euro geltend, um seinen Gewinn runter zu rechnen. Neben der Abschreibung auf Grund der Tilgung des Markennamens Schering müssen übrigens auch Prozesskosten für die Abwehr von Entschädigungen von Medikamenten-Opfern für Steuersenkungen herhalten.
Die Entwicklung liegt auf bekanntere Linie: Bereits die Unternehmenssteuer-Reform von 2001 hatte wesentlich zum Einbruch der Konzern-Abgaben geführt. BAYER zahlte damals jahrelang überhaupt keine Gewerbe- und Körperschaftssteuern mehr. Das entsprechende „goldene“ Gesetz war seinerzeit von Heribert Zitzelsberger ausgearbeitet worden, einem BAYER-Mann aus der Abteilung für Steuerfragen, den der Konzern in das Finanzministerium entsandte.

Der Vorstand trägt die Verantwortung für die „1000 Steuer-Tricks“ der BAYER AG. Deshalb beantrage ich Nicht-Entlastung.

Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet

BAYER will in den Werken Dormagen und Brunsbüttel die Herstellung von Polyurethan stark ausweiten. In beiden Fällen soll Phosgen als Vorprodukt eingesetzt werden. Ein Stoff, den BAYER im 1. Weltkrieg als chemischen Kampfstoff entwickelte und der heute zu den giftigsten Industrie-Chemikalien überhaupt zählt. Seit Jahren ignoriert BAYER die Forderung, existierende phosgenfreie Verfahren in die Großtechnologie zu überführen und zementiert stattdessen mit immer neuen Anlagen auf Phosgen-Basis die veraltete, hochriskante Produktionsweise.

Im Werk Brunsbüttel will BAYER die Kunststoff-Produktion mehr als verdoppeln: statt 200.000 Tonnen des Weichschaums TDI sollen künftig 420.000 Tonnen des Hartschaums MDI hergestellt werden. In Dormagen soll die Kapazität von TDI auf 300.000 Tonnen versechsfacht werden.
Mit den geplanten Erweiterungen würde sich auch die Herstellung des tödlichen Gases Phosgen, das in der Polyurethan-Herstellung als Vorprodukt verwendet wird, jährlich um Zehntausende Tonnen erhöhen. Phosgen ist für den Menschen schon in geringsten Dosen tödlich. Seine Inhalation führt zu Luftnot, Lungenödem und dann zum Herzstillstand. Die Phosgen-Chemie gilt als die gefährlichste Technologie in Deutschland nach der Atomkraft.
Der TÜV Rheinland kam in einem Gutachten zu dem Ergebnis, dass bei einem Phosgen-GAU die Bevölkerung in einem Areal von 1,7 Quadratkilometern einer Dosis ausgesetzt wäre, die bei jedem Zweiten zum Tode führt. Das wären bei einer mittleren Bevölkerungsdichte wie zum Beispiel im Raum Köln über 2000 Personen. In der sogenannten B-Zone, einem Gebiet von 6,75 Quadratkilometern, wären die Bewohner (ca. 17.000 Personen) einer Belastung ausgesetzt, die zumindest im Einzelfall zum Tode führen kann. Die Folgen für die Betroffenen: anfänglich Hustenreiz, Brennen der Augen, Kopfschmerzen, Erbrechen, nach einigen Stunden dann Lungenödem.
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert seit Jahren den Einsatz phosgenfreier Verfahren bei der Produktion von Polyurethanen und Polycarbonaten. BAYER hat bislang nicht dargelegt, inwiefern solche alternativen Verfahren untersucht wurden oder ob diese lediglich aus Profitgründen oder wegen fehlender Patente nicht entwickelt werden.
Anfang März hat BAYER angekündigt, in Dormagen ein Polyurethan-Forschungslabor zu bauen. Alle Anstrengungen des Konzerns sollten darauf konzentriert werden, eine phosgenfreie Produktion von Polyurethan und Polycarbonat zur Serienreife zu bringen. Vorher sollten keine neuen Anlagen gebaut werden, denn bei einer Lebensdauer von 30-35 Jahren würde diese gefährliche Produktionsweise sonst für Jahrzehnte festgeschrieben.
Dass die Risiken für Anwohner und Belegschaft nicht theoretischer Natur sind, zeigt der schwere Störfall im BAYER-Werk Institute/USA, in dem ebenfalls Phosgen in großen Mengen als Vorprodukt eingesetzt wird, vor zwei Jahren. Die Explosion war in einem Umkreis von 10 Meilen zu spüren. Ein Untersuchungs-Ausschuss des US-Kongresses kam zu dem Ergebnis, dass nur glückliche Umstände eine Katastrophe wie in Bhopal verhindert hätten.
Im Jahr 2000 trat in Dormagen nach einer Leckage in einem Wärmetauscher Phosgen aus. Dies führte zu Alarmstufe 1. Mehr als 30 Mitarbeiter mussten ärztlich behandelt werden.
Auch in der Polyurethan-Produktion selbst kam es wiederholt zu schweren Störfällen, so in Dormagen 1997 und im US-Werk Baytown 2004 und 2006. Amerikanische Gutachter stellten nach den Explosionen eine Vielzahl schwerwiegender Verstöße gegen Sicherheitsbestimmungen fest und bezeichneten das Vorgehen von BAYER MaterialScience als „grob fahrlässig“. Angesichts des hohen Risikos und der häufigen Zwischenfälle ist ein Ausstieg aus der Phosgenproduktion aus Vorsorgegründen dringend erforderlich.

Der Aufsichtsrat hat keine Schritte in Richtung eines Ausstiegs aus der Phosgen-Chemie unternommen, duldet den Ausbau der hochgefährlichen Phosgen-Produktion und wird damit seiner Verantwortung nicht gerecht. Deshalb beantrage ich Nicht-Entlastung.

Mit freundlichen Grüßen,

Axel Köhler-Schnura
Vorstandsmitglied Coordination gegen BAYER-Gefahren

Unterschriftensammlung

CBG Redaktion

Westliche Unternehmen müssen in Thailand die selben Umwelt- und Sicherheits-Standards anlegen wie in Europa

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[Generika] Patente

CBG Redaktion

29. März 2012

Kommentar von Prof. Dr. Jürgen Schade, ehem. Präsident des Deutschen Patent- und Markenamts, zur Entscheidung des indischen Patentamts, der indischen Firma Natco eine Lizenz zur Produktion des Krebsmedikaments Nexavar zu erteilen (weitere Infos).

Patente dürfen zum Wohl der Menschen eingeschränkt werden

Zum Kommentar der SZ am 19. März 2012 von Kristina Läsker „Krank – In Indien ist ein Pillen-Patent für Bayer nicht mehr wert“

In meiner Amtszeit als Präsident des Deutschen Patent- und Markenamts (2001 bis 2008) ist es uns gelungen, Kooperationen mit wichtigen Schwellenländern wie China, Brasilien und Indien aus- und aufzubauen. Ein Beitrag, dort dem Schutz des geistigen Eigentums größere Geltung zu verschaffen! Der Vorteil liegt auf beiden Seiten: Bei der innovativen Industrie wie Bayer, die High-Tech-Produkte in diese Länder exportiert oder bereits vor Ort erzeugt – wie auch bei der einheimischen Industrie, deren industrielle Basis z.B. durch die Herstellung von Generika (durch Lizenzen oder nach Ablauf des Schutzes) gestärkt wird. Alle drei genannten Länder sind gute Beispiele dafür.

Die Behauptung von Kristina Läsker, dass „In Indien ein Pillen-Patent für Bayer nichts mehr wert ist“, kann nur auf Unkenntnis der internationalen Abkommen und der Situation in Indien beruhen. Wäre sie richtig, würde Indien sofort von der Welthandelsorganisation „angeklagt“ werden. Nach dem sog. TRIPS-Übereinkommen, das auch von Indien unterzeichnet worden ist, können Zwangslizenzen für das jeweilige Land - also nicht weltweit - erteilt werden, wenn sie im Interesse des Gesundheitswesens eines Landes sind. Auch § 24 des deutschen Patentgesetzes erlaubt die Erteilung von Zwangslizenzen, wenn „das öffentliche Interesse die Erteilung einer Zwangslizenz gebietet“ (siehe auch Art 14 Grundgesetz). Dies ist zweifellos bei einem Krebsmittel der Fall, das künftig in Indien statt 6000 Euro pro Monat nur knapp 200 Euro kosten wird. Denn nicht einmal ein Prozent der indischen Bevölkerung kann sich Medikamente von 72000 Euro im Jahr leisten. Eine Behandlung mit diesem Medikament wäre daher praktisch nicht möglich.

Auch kann das Argument nicht greifen, der indische Staat tue zu wenig, um die Gesundheit der Menschen zu verbessern. Sind wir jetzt diejenigen, die sagen was der indische Staat erst leisten muss, bevor er eine Zwangslizenz zu Lasten eines deutschen Unternehmens erteilt? Ein Blick in die jüngere Geschichte zeigt, dass Staaten wie die USA nicht gezögert haben, Medikamente zu niedrigeren Preisen zu erhalten. Als es 2001 in den USA zu einer Anschlagserie mit Anthrax (Milzbranderreger) kam und die Firma Bayer das Gegenmittel CiproBay auf dem Markt hatte, wurde sie von den US-Behörden gezwungen, das Mittel um ca. 50 Prozent billiger abzugeben. Auch sie hatten Zwangslizenzen angedroht, obwohl sich die Fachwelt einig war, dass die USA den Markpreis unschwer hätte bezahlen können.

Es sollte nicht der Eindruck erweckt werden, dass die indische Generika-Industrie mit Hilfe dieser Zwangslizenz die Weltmärkte erobert. Den berechtigten Interessen der deutschen Industrie stehen berechtigte Intereressen der Schwellenländer gegenüber. Das sollten wir nicht aus den Augen verlieren.

Prof. Dr. Jürgen Schade, Gauting
ehem. Präsident des Deutschen Patent- und Markenamts, München
1994 bis 1998 Mitglied des Bayerischen Landtags
ehem. Richter am Bundespatentgericht

EINWENDUNG

CBG Redaktion

26. September 2012

Bezirksregierung Düsseldorf
Dezernat 54
Cecilienallee 2
40474 Düsseldorf

Änderungsverfahren für die Errichtung und den Betrieb einer Pipeline zum Transport von Kohlenmonoxid von Köln-Worringen nach Krefeld-Uerdingen

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit erheben wir Einwendungen gegen das o.g. Vorhaben. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren vertritt rund 1.000 Mitglieder. Viele davon leben in Dormagen, Krefeld, Monheim, Duisburg und Krefeld und sind von dem Bau der Rohrleitung direkt betroffen.

Aus unserer Sicht sprechen die folgenden Gründe dagegen, dem Antrag von Bayer MaterialScience zuzustimmen:

fehlendes Allgemeinwohl
Dem Bau der hochgefährlichen Leitung liegen ausschließlich privatwirtschaftliche Interessen zu Grunde, nämlich die geringeren Kosten der Pipeline gegenüber dem Bau eines neuen steam reformers in Krefeld. Enteignungen lassen sich aber nicht durch geringere Kosten für ein Unternehmen rechtfertigen, sondern allenfalls durch Vorteile für das Allgemeinwohl. Damit ist die Rechtmäßigkeit der Enteignungen hinfällig.

gefährlicher Präzedenzfall
Die Aussage von BMS, wonach „Pipelines sowohl unter Sicherheits- als auch unter Umweltaspekten das beste Transportmittel“ sind, suggeriert, dass durch die Pipeline andere Transporte - z.B. per Schiff oder Lkw - überflüssig werden. Dies wurde nicht nur von Projektleiter Werner Breuer, sondern auch im Landtag und von Vertretern der IG BCE geäußert. Tatsächlich finden wegen der hohen Sicherheits-Anforderungen jedoch keine nennenswerten CO-Transporte statt. Das bislang geltende Prinzip, wonach Gefahrstoffe nur am Ort ihrer Verwendung produziert werden, muss erhalten bleiben. Es droht ein gefährlicher Präzedenzfall.

mangelnde Planrechtfertigung
Die CO-Pipeline wird nicht benötigt. Der von BMS behauptete CO-Überschuss in Dormagen existiert nicht mehr. Im Gegenteil: Die Errichtung einer TDI-Großanlage am Standort Dormagen führt dazu, dass dort ein weiterer steam-reformer zur Erzeugung von CO errichtet werden muss. Der neue steam-reformer könnte jedoch auch in Uerdingen errichtet werden. Zu befürchten ist, dass die Pipeline in erster Linie als Gas-Speicher verwendet werden soll, mit dem Kapazitäts-Schwankungen aufgefangen werden sollen.
Das Unternehmen behauptet in diesem Zusammenhang, dass „am Standort in Krefeld-Uerdingen im Rahmen der dortigen chemischen Produktionsprozesse kein Kohlendioxid in den für die CO-Herstellung erforderlichen Mengen anfällt“. Laut europäischem Schadstoffregister EPER emittiert der Konzern BAYER in Krefeld jedoch mehr als eine Million Tonnen Kohlendioxid. Dies ist rund 20x so viel, wie für die CO-Produktion benötigt würde. BAYER-Vertreter argumentieren, das in Krefeld anfallende CO2 habe nicht die notwendige Reinheit. Tatsächlich ist eine CO2-„Waschung“ aber technisch kein Problem.

Risiken für Anwohner/innen
Das Vorhaben der BMS AG bedroht die Gesundheit der Anwohner/innen. Die Feuerwehren haben wiederholt darauf hingewiesen, dass sie der Bevölkerung im Fall eines Leitungsbruchs nicht helfen könnten. Selbst nach einer im Einzelfall möglichen Bergung aus der Gefahrenzone ist eine wirkungsvolle medizinische Behandlung nicht gesichert, da es in NRW weniger als zehn Behandlungsplätze für CO-Vergiftungen gibt.

verfrühte Verträge
Der Vertrag zwischen den Firmen BAYER und LINDE zur Versorgung des Krefelder Werks von Dormagen aus wurde bereits im Dezember 2004 geschlossen – also ein Jahr bevor das entsprechende Gesetz zum Bau der Pipeline beschlossen wurde und mehr als zwei Jahre vor Erteilung der Baugenehmigung. Der Aufbau von CO-Produktionskapazitäten in Dormagen ohne vorherige Genehmigung der Pipeline kann nun nicht nachträglich als Argument für die Pipeline verwendet werden.

Erdbeben- und Kampfmittel-Gefahren
Rechtliche Voraussetzungen für den Baubeginn wie der Nachweis der Kampfmittelfreiheit und der Erdbebensicherheit wurden widerrechtlich nicht erbracht und liegen bis heute nicht vollständig vor. Ich fordere, dass diese Nachweise erbracht und mit in dieses öffentliche Verfahren einbezogen werden. Zu berücksichtigen ist insbesondere, dass die Leitung durch ein Gebiet verläuft, in dem ein erhöhtes Erdbebenrisiko besteht.

verringertes Sicherheitsniveau
Das von Bayer jetzt beantragte Geogrid 2 verfehlt den in der Planfeststellung geforderten und zugesicherten Schutz durch Bagger und andere Maschinen. Gerade in besonders gefährdeten Kreuzungsbereichen soll es nicht verlegt werden. Damit entfällt dort die nachträglich behauptete Warnwirkung. Die Matte kann zudem nur bei Grabungen oberhalb der Leitung warnen. Sie verfehlt jedoch jede Warnwirkung, wenn die Leitung angebohrt wird, wie beispielsweise bei einer Sauerstoffpipeline im August 2008 in Köln geschehen. Statt des Einbaus des GeoGrid-2 fordern wir den Einbau von Betonreitern oder Stahlplatten, mit denen derartige Unfälle wirkungsvoll verhindert werden können.
Auch die Verwendung schwächerer und dünnerer Rohre als ursprünglich vorgesehen sowie der Verzicht auf Mantelrohre darf nicht genehmigt werden, da hierdurch das Sicherheitsniveau der Leitung gesenkt wird. Es kann nicht sein, dass wegen einem übereilten Baubeginn Abstriche bei der Sicherheit gemacht werden.
Bei nachträglichen Ausbesserungen wurden zudem Leitungsabschnitte an Schieberstationen und an Isolationsfehlerstellen verändert. Der zuvor durchgeführte Drucktest taugt damit nicht mehr als Beweis für die Sicherheit der Leitung.

alternative Trassenführung
Die jetzt nachträglich beantragten Trassenänderungen zeigen, dass alternative Trassenplanungen und Abwägungen vernachlässigt wurden. Schwerwiegende Fehler bei der Festlegung des Trassenverlaufs werden in diesem Verfahren völlig ausgeblendet. So ist nicht nachvollziehbar, dass die Leitung unter Missachtung der Technischen Regel für Rohrfernleitungen dicht an oder direkt durch Wohnsiedlungen geführt wird.
Im November 2011 hat das OVG Lüneburg entschieden, dass bei der Trassierung einer Gasleitung die Sicherheitsinteressen vieler Menschen falsch bewertet worden seien, da die Behörde Abstände zu bebauten Gebäuden nicht für erforderlich gehalten und lediglich einen zehn Meter breiten Schutzstreifen vorgesehen hatte. Angemessen sei jedoch ein weitaus größerer Gefährdungsradius. Ich fordere, die aktuelle Rechtsprechung auch in diesem Verfahren zu berücksichtigen.

gemeinsame Trassenführung
Ich erhebe Einspruch gegen den Antrag, die CO- und die Wingas-Leitung, statt im planfestgestellten Abstand von 2m, jetzt dichter nebeneinander zu verlegen. Für diese dichtere Verlegung wird keine plausible Begründung gegeben. Durch den verringerten Abstand steigt das Risiko von Unfällen bei Bauarbeiten oder Reparaturen an einer der Leitungen.

Änderungen vor Genehmigung
Ich erhebe Einspruch gegen das Verfahren, weil ein Großteil der beantragten Änderungen bereits umgesetzt wurden. So sind z. B. das geänderte Rohrmaterial und die geänderten Mantelrohre bereits eingebaut worden. Auch die zur Genehmigung gestellten Trassenverschiebungen wurden faktisch bereits realisiert. Damit hat die Bezirksregierung nicht die notwendige Abwägungsoffenheit für ihre Entscheidung. Die Rechtswidrigkeit des Planänderungsbeschlusses ist damit vorprogrammiert.

Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.

[Pharma] Hauptversammlung 2014

CBG Redaktion

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat heute Gegenanträge zu gefährlichen Pharmaprodukten zur BAYER-Hauptversammlung am 29. April in Köln eingereicht. Die Gegenanträge werden auch auf der website des Konzerns veröffentlicht.

Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet

Der BAYER-Konzern vermarktet eine Vielzahl gefährlicher Pharma-Produkte. Der Vorstand trägt hierfür die Verantwortung, weswegen ihm die Entlastung zu verweigern ist. Es folgt eine Auswahl aktueller Problemfälle.

Medikamente nur für Reiche
Der BAYER-Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers äußerte sich im Dezember zur Einführung des Krebsmittels NEXAVAR wie folgt: „Wir haben dieses Medikament nicht für den indischen Markt entwickelt, um ehrlich zu sein. Wir haben es für Patienten im Westen entwickelt, die es sich auch leisten können.“
Die Aussage von Herrn Dekkers bietet einen aufschlussreichen und zugleich erschreckenden Blick in das Innenleben der Pharmaindustrie: nicht medizinische Notwendigkeiten sind entscheidend bei der Entwicklung neuer Präparate, sondern allein der Profit. BAYER geht es nicht darum, dass viele Menschen von einem Medikament profitieren. Vielmehr wird die Forschungs- und Verkaufspolitik gezielt so gestaltet, dass die höchsten Preise erzielt werden können - unabhängig davon, wie vielen Menschen dadurch der Zugang zu Medikamenten verwehrt bleibt.
Da die Pharmaindustrie für das Marketing weit mehr ausgibt als für die Forschung, zielt auch das Argument ins Leere, wonach die hohen Preise für die Entwicklung neuer Präparate notwendig wären. BAYER gibt für Vertrieb und Marketing über zehn Milliarden Euro aus - etwa das Dreifache der Forschungsausgaben.

Risiken von XARELTO
Weiterhin drückt BAYER mit allen Mitteln den neuen Gerinnungshemmer XARELTO in den Markt – auch für Indikationen, bei denen eine Wirksamkeit nicht belegt ist.
So gibt es bislang keine Studien, die bei der Behandlung von Vorhofflimmern einen Vorteil von XARELTO gegenüber gut eingestellten Marcumar-Patienten nachweisen. Das unabhängige arznei-telegramm rät von einer Verordnung daher generell ab. XARELTO reduziere weder Schlaganfälle plus systemische Embolien noch die Rate relevanter Blutungen. Dass das Medikament unter den neuen Gerinnungshemmern die höchsten Verschreibungszahlen aufweist, sei nur durch das exorbitante Marketing und durch Einflussnahme auf medizinische Fachgesellschaften erklärbar.
Auch zur Behandlung des Akuten Koronarsyndroms (ACS) ist XARELTO nicht zu empfehlen. Die US-Behörde FDA verweigerte wegen der mangelhaften Qualität der von BAYER vorgelegten Studien hierfür gar die Zulassung. Bei über 10% der Patien-ten war der Beobachtungszeitraum so knapp bemessen, dass am Studien-Ende nicht einmal bekannt war, ob der Patient noch lebt. Zudem ergab eine stichprobenartige Überprüfung der Primärdaten, dass mehrere Todesfälle unter XARELTO unter den Tisch gefallen waren. Hinzu kommt, dass das Ergebnis durch Ausschluss uner-wünschter Daten - offenbar bewusst - verzerrt wurde.
Derweil explodiert die Zahl der gemeldeten Nebenwirkungen. Laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wurden im vergangenen Jahr für XARELTO 133 tödliche Verläufe und 1400 schwere Nebenwirkungen registriert.
Es darf nicht sein, dass BAYER aus Profit-Gründen ein Medikament vermarktet, an dessen Sicherheit es erhebliche Zweifel gibt. Der Konzern sollte aus den Skandalen mit LIPOBAY, TRASYLOL und YASMIN gelernt haben. Präparate, die gegenüber älteren Mitteln keinen Vorteil bieten, sollten grundsätzlich nicht zugelassen werden.

Gefährliche Antibaby-Pillen
Antibabypillen mit dem Wirkstoff Drospirenon haben gegenüber älteren Pillen ein zwei- bis dreifach erhöhtes Thrombose- und Embolierisiko. Allein in Deutschland lie-ßen sich pro Jahr rund 250 schwere Embolien vermeiden, wenn alle Frauen mit Kontrazeptiva der 2. Generation verhüten würden.
Obwohl BAYER alles tut, um den vielen Tausend Opfern (darunter hunderte von To-desfällen) die Entschädigung zu verweigern, hat der Konzern inzwischen 1,7 Milliarden Dollar an über 8.000 betroffene Frauen gezahlt. Trotzdem verweigert der Konzern eine Entschuldigung und hält an der Vermarktung fest. Zynischerweise gehört BAYER sogar zu den Sponsoren des „Weltthrombosetags“, der auf die Risiken von Thromboembolien aufmerksam machen soll.

Antibiotika in der Tierzucht
Zwar ist die Menge der in der Tierzucht eingesetzten Antibiotika leicht rückgängig. Weiterhin werden jedoch in der Intensiv-Tierhaltung rund sieben Mal so viele Bakterizide eingesetzt wie in der Humanmedizin. Und ausgerechnet die Verwendung des von BAYER vertriebenen Präparats BAYTRIL aus der Klasse der Fluorchinolone wächst: die jüngsten verfügbaren Zahlen zeigen in Deutschland einen Anstieg um 25% gegenüber dem Vorjahr.
BAYTRIL ist eng verwandt mit den in der Humanmedizin verwendeten Reserve-Antibiotika Ciprofloxacin und Moxifloxacin. Durch den massenhaften Einsatz in der Tiermast bilden sich immer mehr resistente Keime, so dass die Präparate ihre Wirk-samkeit verlieren. Die WHO fordert seit Jahren ein Verbot des massenhaften Einsat-zes von Antibiotika in der Tierzucht. Dies dürfte ein Grund dafür sein, dass BAYER den Umsatz von BAYTRIL im aktuellen Geschäftsbericht verheimlicht.

[Philipp Mimkes] Hauptversammlung 2014

CBG Redaktion

Philipp Mimkes, Coordination gegen BAYER-Gefahren

Liebe Aktionärinnen und Aktionäre,

der SPIEGEL meldete letzte Woche, dass der Fonds für HIV-geschädigte Bluter erneut zur Neige geht. Hepatitis-infizierte Bluter, deren Gesundheitszustand oft noch schlechter ist, gehen bislang ganz leer aus.
BAYER hat in diesen Fonds mehrfach eingezahlt, jedoch in vollkommen unzureichender Weise.

Zur Erinnerung: in den 80er Jahren wurde rund die Hälfte aller Bluter mit HIV und Hepatitis C infiziert. Die meisten durch Produkte von BAYER. Mehr als 2/3 der Betroffenen starben bislang an den Folgen.

Ein Bundestags-Untersuchungsausschuss kam zu Ergebnis: Die Mehrzahl der Infektionen hätte verhindert werden können, da Tests und Sterilisierungsverfahren rechtzeitig vorlagen.
Aus Profitgründen widersetzte sich BAYER damals der Umstellung der Produktion und der Vernichtung ungetesteter Präparate.

Im Oktober lief im ZDF der eindrucksvolle Film „Blutgeld“. U. a. wird darin gezeigt, wie Hersteller von Plasmaprodukten die Gefahren ungetesteter Präparate kannten, den Verkauf jedoch fortsetzten. Der Regisseur hat im Interview deutlich gemacht, dass es sich bei der dargestellten Firma um Bayer handelt.

Der Film hat vor wenigen Wochen den „Deutschen Hörfilmpreis“ erhalten. Hauptsponsor der Preisverleihung war ausgerechnet die BAYER AG.

Herr Dekkers, mir fehlen dazu fast die Worte: der Film thematisiert das Leid Tausender Hämophiler, deren Sterben BAYER größtenteils hätte verhindern können. Und Sie nutzen ausgerechnet diese Veranstaltung für Ihr sogenanntes „Social Marketing“??
Ich möchte Sie fragen: ob Sie solche makabren Werbekampagnen künftig unterlassen möchten?

Statt die BAYER-Opfer dergestalt zu verhöhnen, sollten Sie sich endlich bei den Geschädigten und den Hinterbliebenen entschuldigen. Außerdem fordern wir von Ihnen, dass Sie die Behandlungskosten der Opfer vollständig übernehmen und alle Infizierten nach japanischem Vorbild entschädigen.
In Japan erhielten die infizierten Bluter von BAYER rund eine halbe Mio Euro, lebenslange Rente + offizielle Entschuldigung.
+++++
Heute haben wir viele warme Worte zum Ausscheiden von Wolfgang Plischke aus dem Vorstand gehört. Damit der Abschied nicht zu rührselig ausfällt, möchte ich kurz an 2 Stationen aus der Karriere von Herrn Plischke erinnern:

Ich sprach eben davon, dass sich die japanische BAYER-Tochterfirma Bayer Yakuhin 1996 bei den Opfern von HIV-verseuchten Blutpräparaten entschuldigte.
Ich zitiere aus der damaligen Erklärung von BAYER: wir „fühlen uns für die Schäden der HIV-infizierten Bluterkranken tief verantwortlich” und wir „entschuldigen uns von Herzen, den Opfern sowohl physisch wie psychisch großen Schaden zugefügt zu haben.”

Und wie hieß nun der damalige Geschäftsführer von Bayer Yakuhin? Ganz richtig: Wolfgang Plischke

Gegenüber europäischen oder amerikanischen Opfern hat BAYER eine Entschuldigung hingegen stets abgelehnt. Ich kenne mehrere Infizierte persönlich und ich weiß, dass diese seit 30 Jahren auf eine solche Entschuldigung warten.

Herr Plischke: es würde von menschlicher Größe zeugen, wenn Sie Ihren heutigen Abschied dazu nutzen würden, für die Betroffenen hierzulande ähnliche Worte zu finden wie damals in Japan.

Bleiben wir noch kurz bei Herrn Plischke: nach seiner Station in Japan wurde er Leiter der US-amerikanischen Pharma-Sparte von BAYER. In den USA lagen BAYER ab 1999 zahlreiche Berichte über schwere Nebenwirkungen des Cholesterin-Senkers Lipobay vor. Insbesondere bewirkte Einnahme von Lipobay einen Muskelzerfall (sog. Rhabdomyolyse), die zu Nierenversagen führen kann. Hätte BAYER bereits nach dem Bekanntwerden der ersten Fälle gehandelt, wären über hundert Menschen am Leben geblieben.

BAYER verkaufte zu diesem Zeitpunkt Lipobay mit einer Konzentration von 0,3 mg pro Tablette. Obwohl die Nebenwirkungen schon mit dieser relativ niedrigen Konzentration weit gravierender waren als bei Konkurrenz-Präparaten, brachte Bayer in den USA zunächst Lipobay mit einer Konzentration von 0,4 mg und schließlich im Jahr 2000 sogar mit einer Dosis von 0,8 mg auf den Markt.

Sogar Wissenschaftler von BAYER warnten das Management wiederholt vor diesem Schritt. Die internen Papiere, die von US-Gerichten später veröffentlicht wurden, zeigen: der Geschäftsleitung unter Wolfgang Plischke waren diese Warnungen im Detail bekannt. Sie setzte sich jedoch bewusst darüber hinweg. Die Mehrzahl der Todesfälle erfolgte durch Tabletten dieser erhöhten Konzentration von 0,8 mg.

Der Ausgang dieses Skandals ist den meisten bekannt: im August 2001 wurde Lipobay vom Markt genommen; BAYER zahlte Entschädigungen von über einer Milliarde Euro. Das macht die Toten aber nicht wieder lebendig.

Insofern ist Lipobay eines von vielen Beispielen einer Vermarktung von Pharmazeutika, die notfalls über Leichen geht. Und einer der Protagonisten dieses Prinzips heißt Wolfgang Plischke.

Abschließend habe ich einige Fragen zum Gerinnungshemmer Xarelto. Wir befürchten, dass mit Xarelto das nächste überflüssige (und für viele Patienten gefährliche) Präparat auf den Markt gedrückt wird.

Im vergangenen Jahr gab es allein in Deutschland 133 Meldungen über „tödliche Verläufe“ nach Einnahme von Xarelto und 1400 Meldungen schwerer Nebenwirkungen (in der Regel Blutungen). Gleichzeitig hat sich der Xarelto-Umsatz im vergangenen Jahr verdreifacht. Parallel dazu gab es von BAYER geradezu ein Marketing-Feuerwerk: mit Werbe-Veranstaltungen, dem Versand von Gratis-Mustern, dem Sponsoring medizinischer Kongresse etc

Hierzu meine erste Frage: welchen Betrag haben Sie für das Marketing von Xarelto im vergangenen Jahr ausgegeben?

Grundsätzlich möchte ich klarstellen: verbesserte Gerinnungshemmer sind wünschenswert, da die bisherige Therapie mit Marcumar kompliziert und mit vielen Nebenwirkungen verbunden ist.

Nur: aktuell gibt es keine glaubhafte Studie, wonach der Einsatz von Xarelto insb. zur Behandlung des Vorhofflimmerns (und das ist genau die lukrative Indikation, für die Xarelto vermarktet wird!) sinnvoll ist.
Xarelto reduziert weder die Zahl der Schlaganfälle noch die Rate schwerer Blutungen. Zudem liegen keine Langzeit-Studien zu den Nebenwirkungen des Präparats vor
Und nebenbei: die Kosten einer Xarelto-Therapie liegen 20x höher als z.B. bei Marcumar, was jährlich zu Zusatzkosten von etwa 1.000 Euro pro Patient führt

Neben der Vermarktung für Patienten mit Vorhofflimmern plant BAYER zusätzlich, Xarelto zur Behandlung des Akuten Koronarsyndroms (ACS) einzusetzen. Für das Zulassungsverfahren hat BAYER nur eine einzige, vollkommen unzureichende Studie vorgelegt.

Die US-Aufsichtsbehörde FDA hat eine Zulassung für ACS wegen mangelhafter Daten 2x verweigert. Unter anderem kritisierte die FDA unvollständige Datensätze und den viel zu kurzen Beobachtungszeitraum. BAYER musste gegenüber der FDA sogar einräumen, dass bei über 10% der Probanden der Beobachtungszeitraum so knapp war, dass am Studienende nicht einmal bekannt war, ob der Patient noch lebt. Zudem wies FDA nach: BAYER hatte mehrere Todesfälle von Probanden unter den Tisch fallen lassen.

Herr Dekkers, Sie haben kürzlich geäußert: Xarelto soll mittelfristig Jahreserlös von 3,5 Milliarden Euro einfahren.
Ich frage Sie: wie kommen Sie auf diese Summe? Planen Sie Vermarktung für Behandlung des Akuten Koronarsystems?
Bitte schlüsseln Sie auf, für welche Indikation Sie welche Umsätze mit Xarelto anpeilen.

Ihr Konkurrent Boehringer hat im Februar eine Studie zum Gerinnungshemmer Dabigatran veröffentlicht. Die Studie zeigt: der Plasmaspiegel schwankt bis zu einem Faktor 5 und korrelliert signifikant mit schweren Blutungen und Schlaganfällen. Boehringer überlegt daher, eine Kontrolle des Plasmaspiegels einzuführen und ein Antidot zu entwickeln.

Es ist davon auszugehen, dass die Lage bei Xarelto ähnlich ist. Von daher meine Frage:
Gibt es ähnliche Untersuchungen zu Xarelto? Ist Bayer bekannt, ob der Plasmaspiegel von Xarelto in ähnlichem Umfang schwankt?

Bayer hat laut Aussage der EMA im Jahr 2011 einen Test entwickelt, mit dem Überdosierungen festgestellt werden können.
Plant Bayer die Vermarktung des Tests zur Gerinnungskontrolle?
Entwickelt Bayer ein Antidot für Xarelto? Wenn ja, wird dieses vermarktet?

Wir befürchten, dass Xarelto – nach Lipobay, Trasylol und Yasmin – der nächste Pharma GAU von BAYER wird. Wir fordern daher in einem ersten Schritt, die Vermarktung von Xarelto an Risiko-Patienten sowie an Personen >70 Jahre einzustellen und das aggressive Marketing für Xarelto zu unterbinden.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Anmerkung zu den Antworten:

Marijn Dekkers weigerte sich, Angaben zu den Marketing-Kosten von Xarelto zu machen. Nur die allgemeinem Ausgaben für Marketing und Vertrieb (25% vom Umsatz) würden angegeben.
Auch die Umsätze nach Indikationen würden nicht aufgeschlüsselt.

[Carl Duisberg] Vortrag „Carl Duisberg, Bayer und der Erste Weltkrieg“

CBG Redaktion

Zeit: Mittwoch, 4. März 2015; 18.30 Uhr
Ort: Vortragssaal im Forum Leverkusen, Am Büchelter Hof 9, 51373 Leverkusen

Carl Duisberg setzte im 1. Weltkrieg den Einsatz von Giftgas durch, betrieb die Deportation belgischer Zwangsarbeiter und forderte die Annexion großer Teile Europas. Höhepunkt von Duisbergs Lebenswerk war der Zusammenschluss der deutschen Chemie-Industrie zur IG FARBEN.

Ende 2014 wurden in Dortmund und Lüdenscheid Carl-Duisberg-Straßen umbenannt. Auch in Frankfurt, Bonn, Dormagen und Marl laufen entsprechende Verfahren. In Leverkusen hingegen scheiterten Anträge auf Entzug der Ehrenbürgerschaft Duisbergs sowie auf Umbenennung der Carl-Duisberg-Straße.

Ausführliche Infos hierzu finden sich hier

Der Opladener Geschichtsverein organisiert morgen die Vortragsveranstaltung „Carl Duisberg, Bayer und der Erste Weltkrieg“. Referentin ist Dr. Kordula Kühlem von der Konrad-Adenauer-Stiftung.

In der Ankündigung schreibt der Geschichtsverein: „Carl Duisberg (1863–1935) war von 1900 bis 1925 als Direktor bzw. Generaldirektor der Farbenfabriken Elberfeld, vorm. Friedr. Bayer & Co. (FFB), der heutigen Bayer AG, sowie von 1925 bis 1935 als Aufsichtsratsvorsitzender der I. G. Farbenindustrie AG nicht nur einer der einflussreichsten Industriellen seiner Zeit. Durch seine – bis heute umstrittene – Rolle im Ersten Weltkrieg und seine wirtschaftspolitischen Aktivitäten während der Weimarer Republik erlangte er eine machtvolle Stellung im Deutschen Reich.
Aus Anlass des Gedenkens an den 100 Jahre zurückliegenden Ersten Weltkrieg soll besonders Duisbergs Wirken in diesen Jahren betrachtet werden – von seiner Rolle als Unternehmer über seine Mitwirkung an Entwicklung sowie Produktion von Sprengstoffen und Giftgasen bis hin zu seiner politischen Haltung.
Dieser Spannungsbogen wird auf der Grundlage der umfangreichen Korrespondenz Carl Duisbergs anschaulich dargestellt und mit seinen eigenen Zeugnissen ausgeschmückt.“

Die Referentin, Dr. Kordula Kühlem, edierte von 2007 bis 2011 im Auftrag der Universität Bonn und der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften den Briefwechsel Carl Duisbergs. Das Buch erschien 2012 im Oldenbourg Verlag. Seit 2011 arbeitet sie für die Konrad Adenauer Stiftung e. V.

Kostenbeitrag: € 4,–
http://ogv-leverkusen.de/programm/kamingespraeche/

[Rügemer] Hauptversammlung 2015

CBG Redaktion

Dr. Werner Rügemer, Experte für Steuerflucht und globale Kapitalstrukturen

Liebe Aktionärinnen und Aktionäre,

der Geschäftsbericht der Bayer AG für 2014 benennt mit keinem Wort die Eigentümer des Unternehmens. Auf einem Schaubild wird die Verteilung der Eigentümer nach Staaten dargestellt, aber kein einziger wird beim Namen genannt. In anderen Darstellungen ist von regional verteiltem Streubesitz (nach Kontinenten) die Rede, ebenfalls ohne Namen.
Ich frage den Vorstand: warum?
Herrscht hier schlechtes Gewissen, weil man nicht sagen will, wohin der Gewinn geht?
Warum werden die entscheidenden Eigentümer und damit die wichtigsten Gewinner des Unternehmens versteckt?

Aus den Mitteilungen über die Stimmrechte nach Wertpapier-Handelsgesetz §21, Absatz 1 geht hervor, dass die Bayer-Großaktionäre Blackrock, United Bank of Switzerland UBS, Crédit Suisse CS, AXA, Allianz, Capital Group, FMR, Fidelity, FMR undsoweiter zum Teil täglich ihre Stimmrechtsanteile ändern. An keiner Stelle im Geschäftsbericht oder in den sonstigen Veröffentlichungen der Bayer AG wird klar, wie die tatsächliche Zusammensetzung der Aktionäre zu einem bestimmten Stichtag aussieht.
Ich frage den Vorstand: Welchen Grund gibt es für diese Intransparenz?
Ich fordere den Vorstand auf, uns zum Stichtag 31.12.2014 die wichtigsten 100 Aktionäre zu nennen.

Bayer hat 270.000 Aktionäre. Etwa 1.000 unter ihnen verfügen über etwa 90 % der Aktien. Der Finanzinvestor Blackrock ist mit gegenwärtig 6,2 % der größte Einzelaktionär der Bayer AG. Ich greife ihn unter den anderen Großaktionären heraus, um deren Rolle im Unternehmen zu klären: Das Bundesamt für Finanzdienstleistungs-Aufsicht – Bafin – verhängte im März 2015 gegen Blackrock eine Geldbuße von 3,25 Millionen Euro. Dies ist die bei weitem größte Geldbuße, die die Bafin je verhängt hat. Grund waren zahlreiche und wiederholte Verstöße gegen das Wertpapier-Handelsgesetz. Mitteilungen über gehaltene Stimmrechtsanteile und Finanzinstrumente waren inhaltlich unrichtig und/oder kamen zu spät. Dies betraf, so die Bafin, „eine Vielzahl deutscher Aktienemittenden“.

Ich frage den Vorstand: Hat sich Blackrock auch bei der Bayer AG so verhalten?
Welche Mitteilungen zu welchem Datum und über welche Stimmrechtsanteile und welche Finanzinstrumente waren betroffen?
Welche Folgen hatte und hat dieses rechtswidrige Verhalten für die Bayer AG?
Welche rechtsverbindlichen Vereinbarungen haben Sie mit Blackrock getroffen, um ein solches Verhalten in der Zukunft zu verhindern?

Blackrock hat seine Bayer-Aktien auf mehrere Fondsgesellschaften und Finanzinstrumente verteilt, darunter Blackrock Holdco 4, Blackrock Holdco 6, Blackrock Delaware Holdings, Blackrock Institutional Trust. Diese Gesellschaften halten zum großen Teil dieselben Aktien. Dies wird als „Mehrfach-Zurechnung“ bezeichnet. So verfährt auch die US-Investmentbank Morgan Stanley. Dies ermöglicht Blackrock und anderen, Sicherheiten etwa für Derivate mehrfach zu stellen.
Ich frage den Vorstand: Wie beurteilt der Vorstand die Tatsache, dass das Eigentum von Bayer als Basislager für Spekulationen dient?
Wird dieses Vorgehen mit dem Vorstand abgestimmt?
Wenn nein, warum nicht?
Welche Folgen hat dies für Bayer?

Die juristischen und steuerlichen Standorte dieser Fondstöchter und Finanzinstrumente von Blackrock sind auf Finanzoasen wie Cayman Islands und Jersey verteilt, ebenso wie der Blackrock-Konzern seinen juristischen und Steuersitz in der weltgrößten Finanzoase hat, im US-Staat Delaware. Dieses Verhalten gilt natürlich auch für die anderen bereits genannten Großaktionäre.
Ich frage den Vorstand: Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass Blackrock die Steuern auf seine Gewinne Staaten wie Deutschland und USA entzieht, deren Infrastruktur Blackrock als Miteigentümer von Produktionsstätten nutzt, ohne zur Finanzierung und Erhaltung der jeweiligen Infrastruktur beizutragen?

BAYER hat sich am 8.5. und am 9.5.2014 von den Ratingagenturen Standard & Poor’s und Moody’s bewerten lassen.
Ist dem Vorstand bekannt, dass diese beiden Ratingagenturen durch Falsch- und Gefälligkeitsbewertungen die Finanz-, Banken- und Wirtschaftskrise von 2008 an führender Stelle mitverursacht haben, zum Teil mit kriminellen Methoden, wie der US-Kongress festgestellt hat?
Wie beurteilt der Vorstand dieses Verhalten?
Warum wurden und werden diese Agenturen immer wieder beauftragt?
Wie viel wurde jeweils für diese Ratings bezahlt?

Der Bayer-Großaktionär Blackrock war und ist führender Miteigentümer dieser beiden Ratingagenturen, also sowohl von Standard & Poor’s und von Moody’s.
Ich frage den Vorstand: Ist Ihnen dies bekannt?
Hat Blackrock Sie darüber informiert oder nicht?
Wie beurteilen Sie diesen Interessenkonflikt, wonach der Großaktionär Blackrock zugleich an den Ratings verdient?

Blackrock ist durch die hochdotierte Beratung der US-Regierung und der US-Zentralbank und durch die Miteigentümerschaft in hunderten US-Großunternehmen in die Strategie des Finanzplatzes USA eingebunden und verfolgt eigene globale Ziele.
Ist dem Vorstand bewusst, dass die Interessen des Finanzplatzes USA und der dortigen global tätigen Finanzakteure nicht identisch sind mit den Interessen eines Konzerns in Deutschland und insbesondere den Interessen der 269.000 Kleinaktionäre, der Beschäftigten und der Kommunen der Produktionsstandorte?
Wie geht der Vorstand mit dieser Interessenkollision um?

Der Wirtschaftsprüfer der Bayer AG ist seit Jahren das US-Unternehmen Price Waterhouse Coopers. PWC ist bekanntlich das Wirtschaftsprüfungsunternehmen, das die aggressivsten und meisten Steuerumgehungs-Beihilfen für global agierende Unternehmen und Banken leistet. So leistete PWC zum Beispiel von 2002 bis 2012 insgesamt 343 global agierenden Unternehmen Beihilfe, um Steuern mithilfe fiktiver Kredite, Verschiebung von Lizenzen und steuerlich motivierter Verrechnungspreise auf bis zu einem Prozent zu senken. Dabei kollaborierte PWC mit der winzigen Ein-Mann-Steuerbehörde, die für solche individuell ausgehandelten tax deals in Luxemburg zuständig war.

Dabei wurden insbesondere den USA, Großbritannien, Deutschland und den Niederlande Milliarden Euro an Steuern vorenthalten. Wie beurteilt der Vorstand dieses Verhalten seines Dauer-Wirtschaftsprüfers Price Waterhouse Coopers?
Wann, wofür, in welchem Umfang und mit welchen Folgen haben die Bayer AG selbst und Tochterunternehmen solche Dienste von PWC in Anspruch genommen?

Blackrock-Chef Lawrence Fink erklärte vor einigen Wochen: „Wir müssen die Macht unserer Stimmen nutzen, wir müssen mit Vorstand und Aufsichtsrat reden und manchmal auf grundlegende Veränderungen drängen. Und das tun wir. Das ist unser Job.“
Ich frage den Vorstand: Wann und an welchen Orten außerhalb der Hauptversammlung fanden im Laufe des Jahres 2014 solche Kontakte statt?
Wozu hat Blackrock den Vorstand und den Aufsichtsrat gedrängt?
Hat Blackrock auf den Abbau von 2.000 Arbeitsplätzen in der Kunststoffsparte Bayer MaterialService und dann auf den Verkauf gedrängt?
Auf welche anderen Veränderungen hat Blackrock gedrängt?

www.werner-ruegemer.de

[GenSoja] Hauptversammlung 2016

CBG Redaktion

Christoph Then (testbiotech) zu GenSoja von BAYER

In den Ländern in denen gentechnisch veränderte herbizidresistente Soja angebaut wird, haben sich in den letzten Jahren Dutzende von Unkrautarten an das Spritzmittel Glyphosat angepasst und sind jetzt ihrerseits resistent. Insbesondere auf den Äckern Nord- und Südamerikas findet deswegen derzeit ein regelrechtes Wettrüsten statt, Umwelt und Nahrungspflanzen werden mit immer höheren Mengen an Pestiziden belastet. Daran verdient auch die Firma Bayer: Sie hat Sojabohnen entwickelt, die mit mehreren Herbiziden gleichzeitig besprüht werden können. Sie verkauft das patentierte Saatgut und die Spritzmittel im Doppelpack.

Jüngstes Beispiel: Eine Soja, die unter dem Kürzel FG72 in der EU zum Import angemeldet wurde und deren Saatgut in Amerika als Balance Bean verkauft werden soll.

Gespritzt werden soll die Soja mit Glyphosat, bei dem zur Zeit ein Expertenstreit tobt, ob es krebserregend ist, sowie mit Isoxaflutol, das bereits offiziell als wahrscheinlich krebserregend klassifiziert ist. Die Mischung der Rückstände in der Sojaernte wurde nicht auf Gesundheitsrisiken untersucht – trotzdem behauptet Bayer, dass der Verzehr der Bohnen unbedenklich sei.

Sogar die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA hat jüngst festgestellt, dass die von Bayer vorgelegten Daten nicht ausreichen, um die Sicherheit zu beurteilen. Auch das Europäische Parlament hat sich gegen eine Zulassung der Soja ausgesprochen.

Meine Fragen:
• Wird die Firma Bayer den Antrag auf Zulassung der Gentechnik-Soja FG72 zurückziehen?
• Welche Strategien verfolgt die Firma Bayer, um in Zukunft den Aufwand an Unkrautvernichtungsmitteln beim Anbau von Soja zu reduzieren?

[Gabel] Redebeiträge HV 2017

CBG Redaktion

Thomas Gabel (Robin Blood) HIV durch Blutprodukte

Sehr geehrte Vorstandsmitglieder, Aufsichtsräte und Aktionäre,

ist die Bayer AG im letzten Geschäftsjahr ihrer moralischen Verpflichtung nachgekommen?

Mein Name ist Thomas Gabel, und ich spreche heute hier für die Betroffenen des Blutskandals der 80er Jahre.
Wir sind noch circa 550 Überlebende, die durch Blutprodukte HIV-infiziert wurden und eine nicht genau bekannte, jedoch deutlich größere Menge von Patienten, die auch oder ausschließlich mit Hepatitis C infiziert wurden. Organisiert sind wir durch die Blutskandal-Kampagne unter www.blutskandal.de sowie durch das Netzwerk Robin Blood unter robinblood.org.

Ich als Betroffener bin mit HIV und HCV infiziert und leide unter zahlreichen Erkrankungen, die auf Nebenwirkungen der Medikation zurückzuführen sind. Daher bin ich auch auf Leistungen der „Stiftung Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-Infizierte Personen“ angewiesen.

Im Geschäftsbericht 2016 der Bayer AG beansprucht die Bayer AG die Beachtung von höchsten Qualitätsstandards und Engagements (Punkt 1.4.3.1, Seite 104), die man anderweitig lange suchen müsste.

Wie ein Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages 1994 feststellte, wurden in den 80ern Blutprodukte hergestellt und in Verkehr gebracht, die zu vermeidbaren HIV-Infektionen in einer Vielzahl von Fällen führten. Die meisten der Betroffenen sind inzwischen jämmerlich und allzu oft einsam verstorben.

Daher lautet meine 1. Frage an den Vorstand:

Wie wurden in der Bayer AG die Verantwortlichen für HIV-INFEKTIONEN zur Rechenschaft gezogen?

Um den Betroffenen der HIV-Infektionen durch Blutprodukte schnelle finanzielle Hilfe zu ermöglichen, wurde 1995 die mit 250 Mio. DM ausgestattete „Stiftung Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-Infizierte Personen“ gegründet. Der Gesamtanteil der beteiligten Pharmazeutischen Unternehmen lag in 1995 bei 36.3 Prozent.

Daraus folgt die 2. Frage:

Mit welchen Prozentsätzen beteiligte sich die Bayer AG freiwillig
an der Gesamtsumme und in Relation zur Summe der Anteile von Bund und Ländern
an der Finanzierung der Stiftung Humanitäre Hilfe
a) initial bei der Stiftungsgründung 1995 ?
b) bei der 1. Zustiftung zwischen 2004 und 2009 ?
c) bei der 2. Zustiftung zwischen 2010 und 2016 ?

Seit März 2017 liegt im Zusammenhang mit der beabsichtigten Novellierung des HIV Hilfe Gesetzes HIVHG, das die Stiftung Humanitäre Hilfe regelt, die Bereitschaft des Bundes vor, zukünftig für die Anteile von Bund und Ländern jährlich zusammen bis zu 10 Mio. Euro für die Stiftung bereitzustellen, und zwar bis zum Lebensende des letzten Betroffenen.

Obwohl der Bund seit Jahren in Gesprächen über Zustiftungen mit den Pharmazeutischen Unternehmen war und ist, gibt es bis heute keine langfristigen Zusagen von Seiten dieser Unternehmen für die Zukunft.

Die bisherigen finanziellen Beteiligungen der Pharmazeutischen Unternehmen erfolgten auf freiwilliger Basis und waren steuerlich als Spende absetzbar. Sie wurden aus humanitären Gründen geleistet. Der humanitäre Zweck der Stiftung Humanitäre Hilfe bleibt unverändert, da immer noch über 500 Betroffene leben. Es geht hier um Vertrauen in Verlässlichkeit.

Daher lautet Frage 3:

Warum gibt es von Seiten der Bayer AG noch immer keine konkrete Zusage für Zustiftungen in den nächsten Jahren?

Sie würden die verlässliche Übernahme von Verantwortung zeigen. Schließlich schreibt sich die Bayer AG ihr außergewöhnlich engagiertes und verantwortliches Wirken auf ihre Fahnen. Würde Sie Ihren Ansprüchen gerecht, könnten für uns Betroffene die finanziellen Sorgen der Zukunft weiter gemildert werden.

Auf Grund des von mir geschilderten Sachverhalts beantrage ich, den Vorstand und den Aufsichtsrat nicht zu entlasten und bitte alle Aktionäre, bei den entsprechenden Tagesordnungspunkten mit NEIN zu stimmen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

[BaySanto] MONSANTO-Übernahme

CBG Redaktion

MONSANTO-Übernahme – Gesundheit spielt keine Rolle

Die EU genehmigte BAYERs MONSANTO-Übernahme vorerst nicht. Stattdessen kündigte die Kommission am 22. August wie erwartet eine vertiefte Prüfung an. Allzu tief dürfte die jedoch nicht gehen. Die Generaldirektion Wettbewerb will nämlich nur Wettbewerbsfragen klären. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und andere Initiativen hatten dagegen in zahlreichen Offenen Briefen gefordert, in dem Verfahren auch andere Risiken und Nebenwirkungen des Deals zu berücksichtigen. Dem erteilte die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager allerdings eine Absage. „Auch wenn diese Bedenken sehr wichtig sind, bilden sie nicht die Grundlage für ein Fusionskontrollverfahren“, antwortete sie den Organisationen. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen vielmehr die Auswirkungen auf Preise, Qualität, Auswahl und Innovation. Dies macht einmal mehr deutlich, dass die EU-Instanzen nicht im Interesse der BürgerInnen arbeiten, sondern lediglich im Interesse von Konzernen.

Tatsächlich stellt die Übernahme eine immense Bedrohung für Mensch und Umwelt dar. BAYER würde zum größten Player in den Bereichen „Saatgut“ und „Pestiziden“ aufsteigen. Dies birgt zwei große Gefahren in sich. Erstens würde BAYER den Markt der Pestizide dominieren. Der Konzern könnte so die Preise bestimmen und den LandwirtInnen überdies die Auswahl erschweren. Dabei stehen Pestizide immer wieder im Verdacht, verheerende Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Tierwelt auszuüben. Glyphosat etwa wird von vielen unabhängigen Studien als krebserregend eingestuft. Bauern und Bäuerinnen in Argentinien berichten überdies darüber, dass die Pflanzen, die mit Glyphosat besprüht wurden, immer mehr von dem Pestizid benötigen, weil sich die Unkräuter zunehmend auf die Chemikalie einstellen. Am Ende stehen zerstörte Böden und eine zerstörte Fauna.
Die zweite Bedrohung stellt genmanipuliertes Saatgut dar. Wenn künftig der größte Gentech-Konzern der Welt in Europa seinen Stammsitz hat, steigt der Druck auf Brüssel, mehr Anbau-Genehmigungen zu erteilen. Für die entsprechenden Produkteinführungskampagnen bemüht der Vorstandsvorsitzende der BAYER AG zynischer Weise das Schreckgespenst der zunehmenden Weltbevölkerung. „Das Unternehmen kann einen Beitrag dazu leisten, die Ernährung der Menschheit zu sichern.“ Zerstörte Böden, Insektensterben, Vertreibung von Kleinbauern und -bäuerinnen in der Dritten Welt sprechen eine andere Sprache. Dem Konzern geht es um die Monopolstellung und die dadurch möglichen Extra-Renditen für die Großaktionäre.

Eine andere Frage, die in der Öffentlichkeit fast gar keine Berücksichtigung findet, ist diejenige, wie es mit den Angestellten der Konzerne weitergeht. In der Vergangenheit hatten Übernahmen immer zu Arbeitsplatz-Vernichtungen geführt. Welche Folgen kommen also auf die Beschäftigten von BAYER und Monsanto zu? Auch diese Frage hat sich die EU zu stellen.

Es steht also zu befürchten, dass die Übernahme durchgeht, da die Interessen der Menschen nicht im Mittelpunkt der EU-Kommissarin stehen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hält es aus diesem Grund für unerlässlich, dass Konzerne wie BAYER unter gesellschaftliche Kontrolle gestellt werden, damit ein Schutz von Mensch, Tier und Umwelt gewährleistet werden kann.

Wenn die EU auch nur ansatzweise die Interessen der in Europa lebenden Menschen ernst nehmen würde, dann müsste sie unserer Forderung folgen.

(Zitate stammen aus der Ausgabe des Kölner Stadt Anzeigers vom 24.08.17, Seite 13)

[March against BAYER ] March against BAYER 2019

CBG Redaktion

Presseberichte

Hier findet ihr eine kleine Auswahl von Presseberichten über den March against BAYER 2019.

Artikel:

Deutsch:

https://www.bauernzeitung.ch/artikel/2000-personen-protestieren-in-basel-gegen-syngenta-co?fbclid=IwAR33uRk1d2wjnbiBZCP04Shd1De7kZB5421zCaGMTlJFxnLO--H-JpcPvSM

https://www.euractiv.de/section/landwirtschaft-und-ernahrung/news/tausende-demonstrieren-in-deutschland-und-frankreich-gegen-monsanto-und-bayer/?fbclid=IwAR1JeFTWCR5iAIOi0ZJ03__RUbSEivc8HzCxQUZZSDXLUmg-zekiV8MomiM

Englisch:

https://www.france24.com/en/20190519-france-monsanto-bayer-world-wide-march-environment-planet-roundup-glyphosate?fbclid=IwAR0thln9r7hvTkLxS9OCxvDy4SKQrupajlPP-1Ci2wP9CQybcJHy9tGNLaU

Videos:

https://www.youtube.com/watch?v=ZVpuytLpFck

https://www.youtube.com/watch?v=tYKlHaRr3m0

March against BAYER and Syngenta in Basel:

https://www.youtube.com/watch?v=U8CAnOl8zUM

[Gnadenfrist Glyphosat] Presse-Information vom 05.09.19

CBG Redaktion

Bundesregierung entscheidet zu Gunsten BAYERs

Gnadenfrist für Glyphosat

Im Streit um das Ackergift Glyphosat hat sich die Bundesregierung gegen einen sofortigen Stopp entschieden. CDU und SPD beschlossen lediglich eine Minderungsstrategie. Das von der Weltgesundheitsorganisation als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestufte Herbizid bleibt erlaubt, solange seine EU-Zulassung währt. Erst zum Jahr 2024 will die Große Koalition es dann aus dem Verkehr ziehen. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) nannte das den „europa-rechtlich frühesten Zeitpunkt“.

„Dies ist eine bemerkenswerte Abmilderung gegenüber der ursprünglichen Position des Umweltministeriums, das auf ein Glyphosat-Aus im Jahr 2021 drängte und damals keine juristischen Hindernisse dafür sah. Und wirklich wäre ein vorgezogener Termin sehr wohl möglich gewesen“, hält Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fest.

Der Diplom-Kaufmann verweist dabei auf die EU-Bestimmung, wonach das Verbot einer Agro-Chemikalie möglich ist, wenn es neue Erkenntnisse über seine Gefährlichkeit gibt. Und diese gibt es in Hülle und Fülle. So wies eine WissenschaftlerInnen-Gruppe um Luoping Zhang einen „zwingenden Zusammenhang“ zwischen der Substanz und der Entstehung des Non-Hodgkin-Lymphoms (NHL) – eine die Lymphdrüsen befallende Krebs-Art – nach. Eine Studie des Universitätsklinikums Essen zeigte indessen, dass glyphosat-haltige Mittel die Nervenzellen schädigen können. Und schließlich schreiben selbst die haus-eigenen WissenschaftlerInnen der BAYER-Tochter MONSANTO dem hauptsächlich unter dem Namen ROUNDUP vermarkteten Pestizid die Nebenwirkung „Nierenkrebs“ zu. Das ging aus firmen-internen Dokumenten hervor, welche die AnwältInnen der KlägerInnen in den Glyphosat-Prozessen als Beweismittel präsentierten.

Österreich hatte aus solchen oder ähnlichen Gründen Handlungsbedarf gesehen und Anfang Juli als erstes EU-Land den Einsatz von Glyphosat untersagt. Die Bundesregierung aber knickt vor der Agrar-Lobby ein. Sie rechnet mit einem Zulassungsentzug durch Brüssel ab dem Jahr 2024 und beabsichtigt, das Anti-Unkrautmittel genauso lange noch sein Unwesen treiben zu lassen. „Kein Verbot, bis es ohnehin ein Verbot gibt – Hier bekommen wir von der Regierung eine echte Mogelpackung serviert. Dass der Gebrauch von Glyphosat nun ‚systematisch gemindert’ werden soll, ist keine Maßnahme zum Schutz von Mensch, Tier und Umwelt, sondern ein Geschenk an BAYER und die anderen großen Produzenten, die nun die Möglichkeit haben, ihr profit-trächtiges Agrargift dreieinhalb weitere Jahre zu verkaufen“, konstatiert Köhler-Schnura abschließend.

[Offener Brief] Offener Brief

CBG Redaktion

an den Vorstand und die zuständigen Stellen des BAYER-Konzerns

Am 24. Juni gab der BAYER-Konzern die Einigung im Mediationsverfahren zur Beilegung der Klagen von Glyphosat-Geschädigten in den USA bekannt. Mit der Zahlung von 8,8 bis 9,6 Milliarden US-Dollar sollen laut Konzernaussage drei Viertel der anhängigen 125.000 Krebsklagen abgeschlossen werden. 1,25 Milliarden hält BAYER für potenzielle künftige Vereinbarungen mit Personen vor, die an Lymphdrüsenkrebs erkrankt sind.

Dieser Betrag hört sich, durchaus im Sinne der BAYER-PR, nach einer riesigen Summe an. Für die Krebs-PatientInnen sind es aber nur erbärmliche Brotkrumen. Die US-amerikanische Journalistin Carey Gillam von der Initiative U.S. Right to Know kritisiert: „Nach Abzug der Anwaltshonorare und -kosten werden einige KlägerInnen sehr wenig Geld erhalten, verglichen mit den großen Urteilen, die wir bisher gesehen haben in den drei Fällen, die bisher vor Gericht kamen. Außerdem arbeitet BAYER daran, dass künftige KlägerInnen ihre Ansprüche nicht vor einer Jury geltend machen können.“

Nach einer ersten Schätzung der Coordination gegen BAYER-Gefahren(CBG), vorbehaltlich der intransparenten Zahlen von BAYER, landen bei den einzelnen KlägerInnen lediglich 60.000 bis 70.000 Dollar. In Rechnung gestellt, dass die von Glyphosat verursachten Krebserkrankungen, die hohe physische und psychische Belastungen sowie umfangreiche materielle Schäden nach sich ziehen, den Betroffenen ungefähr zwanzig Jahre Lebenszeit rauben, bleiben da gerade einmal 300 US-Dollar pro verlorenem Monat.

Von einer angemessenen Entschädigung kann also keine Rede sein. Die ausgezahlten Geldbeträge würdigen den Verlust von Gesundheit und Lebensqualität der Betroffenen in keinster Weise. Sie reichen darüber hinaus nicht einmal annähernd für die erheblichen medizinischen und anderen Folgekosten, unter denen die Glyphosat-Geschädigten und ihre Familien zu leiden haben. Der Zynismus dieser Rechnung ist menschenverachtend. Zum Vergleich: In dem ersten Gerichtsverfahren zu zum hauptsächlich unter dem Label Roundup vermarkteten Glyphosat erhielt der US-amerikanische Hausmeister Dewayne Johnson erst-instanzlich einen Schadensersatz von 39 Millionen Dollar zugesprochen.

Um zukünftige Klagen auszuschließen, strebt BAYER ein sogenanntes „Class Science Panel“ an. Dieses soll entscheiden, ob Glyphosat Lymphdrüsenkrebs verursachen kann, und falls ja, welche Expositionsniveaus hierfür mindestens erreicht sein müssen, damit die Betroffenen ein Recht auf Entschädigungen haben. Wir weisen darauf hin, dass diese Beweise von der internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) bereits 2015 vorgelegt wurden und etliche Studien die von dem herbiziden Wirkstoff ausgehende Krebs-Gefahr belegen. Die Einrichtung eines solchen Panels ist also ein Schritt zur Bekämpfung bereits vorhandener Erkenntnisse.

BAYER will Geschädigten mit diesem angeblich „wissenschaftlichen“ Panel den Rechtsweg verbauen und einen Schlussstrich unter das Kapitel „Glyphosat“ ziehen, ohne einen Schlussstrich unter BAYERs Produktion, den Verkauf und die Profite mit Glyphosat zu ziehen. Dabei gilt es im Gegenteil, der Vielzahl der Glyphosat-Betroffenen in Lateinamerika, Europa und dem Rest der Welt erst einmal eine Möglichkeit zu schaffen, ihre Schädigungen juristisch geltend zu machen! Darum appellieren die UnterzeichnerInnen dieses Schreibens an die BAYER-Verantwortlichen: „Beenden Sie diesen unwürdigen, menschenverachtenden und zynischen Umgang mit menschlicher Gesundheit und dem menschlichen Leben! Ermöglichen Sie allen Geschädigten faire juristische Möglichkeiten, ihre Schäden einzuklagen!“

Der US-Richter Vince Chhabria, der das Mediationsverfahren angeregt hatte und das Ergebnis absegnen muss, äußerte dann auch bereits massive Zweifel an BAYERs Versuch, den Glyphosat-Komplex zu einem extra-legalen Abschluss zu bringen. Er zeigte sich alles andere als überzeugt davon, „ob es verfassungsgemäß (oder generell gesetzmäßig) wäre, die Entscheidung der Kausalitätsfrage (d. h. ob – und wenn ja, ab welcher Dosis – Roundup in der Lage ist, Krebs zu verursachen) über Richter und Jurys hinweg an ein Gremium von Wissenschaftlern zu delegieren“. Zwar zog der BAYER-Konzern den Antrag auf vorläufige Genehmigung des Übereinkommens auf die Kritik des Richters hin zurück, er hält jedoch weiter an seiner Forderung fest, zukünftige Verfahren zu verhindern. Das ganze Paket will das Unternehmen auf keinen Fall wieder aufschnüren, sondern lediglich „einige Anpassungen“ vornehmen.

Der BAYER-Konzern leugnet weiterhin beharrlich und wider alle offenkundigen Beweise seine Verantwortung, und die seiner Tochter Monsanto, für die durch das Glyphosat angerichteten Schäden. Auch im aktuellen Vergleich findet sich keinerlei Eingeständnis einer Schuld oder eines Fehlverhaltens. Dies hat BAYER auch öffentlichkeitswirksam mitgeteilt. Neben den oben bereits aufgeführten Studien finden sich allerdings sogar in firmeninternen Dokumenten von MONSANTO eindeutige Beweise für die Gefährlichkeit von Glyphosat. Beispielsweise informierte im Jahr 2008 ein Beschäftigter die US-Toxikologin Donna Farmer über eine Untersuchung zum Zusammenhang zwischen Glyphosat und dem Lymphdrüsenkrebs „Non-Hodgkin-Lymphom“: „Die Fall-Kontroll-Studie ergibt ein Chancen-Verhältnis von 2,02 bei Glyphosat-Exposition (eine verdoppelte Wahrscheinlichkeit, die Krankheit zu bekommen)“, heißt es in der fraglichen Mail. Auch existierte eine MONSANTO-interne Studie, die bei Glyphosat ausgesetzten Versuchstieren ein signifikant erhöhtes Risiko auswies, an Nierenkrebs zu erkranken. Dieses frühzeitige Wissen MONSANTOs um die Gefährlichkeit des Agrargifts war es auch, welche die Gerichte in den bisherigen drei Verfahren dazu bewog, in ihren Urteilen nicht nur Entschädigungen für die KlägerInnen, sondern auch drastische Strafzahlungen zu verhängen.

Neben der moralischen Bankrott-Erklärung ist die weitere Produktion von Glyphosat auch ökonomisch potenziell eine Katastrophe. Zwar wurde der jetzige Vergleich mit dem Ziel abgeschlossen, das Kapitel „Glyphosat“ im Sinne der Groß-AktionärInnen abzuschließen. Jedoch sind allein in den USA noch ca. 35.000 durch den Vergleich nicht abgedeckte Klagen anhängig. Auch ist es höchst fraglich, ob die von BAYER veranschlagte Zahl von neu hinzukommenden Verfahren gehalten werden kann, nicht zuletzt deshalb, weil der Konzern in unverantwortlicher Weise an der Herstellung des Pestizids festhält. Bei einer jährlichen Produktion von 770.000 Tonnen kommen täglich neue Geschädigte in großer Zahl hinzu. Ein beträchtlicher Teil der Opfer des BAYER-Pestizids lebt aber nicht in den USA, sondern in Europa und, vor allem, in Lateinamerika und hatte bislang keine Möglichkeit, vor Gerichten eine Entschädigung zu fordern.
Es wäre also klüger und weitsichtiger, einen Kurswechsel einzuläuten und Glyphosat nicht noch mehr Schaden für Mensch, Tier und Umwelt anrichten zu lassen. Glyphosat ist auch ein großer Klima-Killer. Dass BAYERs Kohlendioxid-Emissionen im Geschäftsjahr 2019 um 830.000 Tonnen auf 3,71 Millionen Tonnen gestiegen sind, geht zu einem Großteil auf die extrem energie-intensive Glyphosat-Produktion am Standort Soda Springs zurück. Es ist also an der Zeit zu handeln, bevor die humane Katastrophe sowie die ökonomischen Schäden den Rahmen, den der Konzern bewältigen kann, sprengen. Dies wäre nicht nur im Interesse der Glyphosat-Geschädigten, sondern nützte auch den Beschäftigten, deren Arbeitsplätze durch das Festhalten an der Giftproduktion gefährdet werden, sowie Klein-AktionärInnen, deren Wertanlagen auf dem Spiel stehen.

Vor dem Hintergrund der hier dargestellten Sachverhalte stellen wir an den Vorstand des BAYER-Konzerns die folgenden Forderungen:

1. Glyphosat sofort stoppen! Betroffene & Familien entschädigen!

1.1 Stellen Sie die Produktion und den Vertrieb von Glyphosat unverzüglich ein. Beenden Sie sofort jegliche Werbung und jegliches Lobbying für Glyphosat. Stellen Sie sich einer unabhängigen Prüfung des Risiko-Potenzials Ihrer sonstigen Pestizide. Beenden Sie gegebenenfalls auch deren Produktion.

1.2 Zahlen Sie den Geschädigten Ihres Produktes Glyphosat, sowie deren Familien & Hinterbliebenen gerechte Entschädigungen für das erlittene Leid und die gesundheitlichen Schäden und Folgekosten.

2. Öffnung aller Akten! Vollständige Information der Öffentlichkeit!

2.1 Legen Sie ALLE Fakten, die BAYER/MONSANTO über Glyphosat bekannt sind, offen. Dies schließt den internen Schriftverkehr, der bei BAYER und MONSANTO zu Glyphosat geführt wurde, ein. Ebenso muss die interne MONSANTO-Studie über Nierenkrebs der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

2.2 Legen Sie sämtliche Methoden der Fake Science bzw. Wissenschaftsmanipulation offen, mit denen Sie die Erstellung von Glyphosat-Studien beeinflusst haben. LobbyControl deckte bereits im Dezember 2019 die geheime Finanzierung von Studien zum angeblichen ökologischen Nutzen von Glyphosat am Institut für Agribusiness in Gießen durch MONSANTO auf.

3. Juristische Aufarbeitung der „Akte Glyphosat“! Verantwortliche bestrafen!

3.1 Sorgen Sie für eine umfassende Aufarbeitung der Glyphosat-Verbrechen. Stellen Sie sich einer unabhängigen juristischen und wissenschaftlichen Untersuchung der durch Glyphosat angerichteten Schäden an Mensch, Tier und Umwelt.

3.2 Sorgen Sie für die juristische Verfolgung der Verantwortlichen.

Düsseldorf, 31. Juli 2020

Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG)

Vorstand
Uwe Friedrich/Brigitte Hincha/Axel Köhler-Schnura/Jan Pehrke

Marius Stelzmann (Geschäftsführer CBG)
Aktion Agrar
Block BAYER
Dachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre
Fridays for Future Leverkusen
Institute for Responsible Technology
James Hayes (Glyphosat-Geschädigter)
Slow Food Youth Deutschland
Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany)
Umweltinstitut München
Wir haben es satt!-Bündnis

Aufspaltung Bayer

CBG Redaktion

6. Dezember 2001

Zur angekündigten Aufspaltung der Bayer AG:

Konzernkritiker fordern langfristige Sicherung von Arbeitsplätzen

Kritiker der Bayer AG befürchten, dass die geplante Aufteilung des Konzerns in mehrere unabhängige Unternehmen Nachteile für die Belegschaft nach sich zieht. Der Aufsichtsrat der Bayer AG will nach seiner heutigen Sitzung Details der geplanten Aufspaltung bekannt geben.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Die Erfahrung bei der Zerschlagung der Hoechst AG zeigt, dass die angekündigten Rationalisierungsgewinne zu Lasten der Beschäftigten gehen - Tausenden Bayer-Mitarbeitern drohen Einkommensverluste oder der Verlust des Arbeitsplatzes. Und erfahrungsgemäß wird durch die Atomisierung des Unternehmens die Arbeit von Betriebsräten und Gewerkschaften erschwert“. Mimkes kritisiert zudem, dass der Gesamtkonzern nicht mehr für Störfälle oder gefährliche Produkte haftet.

Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der CBG ergänzt: „Die Belegschaft zahlt die Zeche für die Fehler des Managements - gleichzeitig haben sich die Gehälter der Vorstandsmitglieder in den letzten Jahren mehr als verdoppelt.“ Nach dem Lipobay-Desaster im Sommer hatte der Vorstand allein im Bereich Pharma die Vernichtung von rund 4.000 Arbeitsplätzen angekündigt.

Die CBG fordert eine dauerhafte Beschäftigungs- und Gehaltsgarantie für alle Angestellten des Unternehmens. Betriebsräte im Bayer-Werk Leverkusen rufen für kommenden Montag zu einer Protestdemonstration auf.

Peru

CBG Redaktion

Pestizidvergiftungen in Peru:

Offener Brief an Bayer AG

13. März 2003

BAYER AG
Vorstandsvorsitzender W. Wenning
51368 Leverkusen

Pestizidvergiftungen in Tauccamarca/Peru

Sehr geehrter Herr Wenning,

im Oktober 1999 wurden im peruanischen Andendorf Tauccamarca rund 50 Schulkinder durch Pestizide vergiftet. 24 Kinder starben, 22 weitere erlitten schwere innere Verletzungen.

Der peruanische Kongress berief einen Untersuchungsausschuss ein, der im vergangenen Herbst seinen Abschlussbericht vorlegte. Demnach führten Vergiftungen mit dem BAYER-Produkt „Folidol“ zu der Tragödie. Der Untersuchungsausschuss wirft dem BAYER-Konzern sowie den zuständigen Behörden mangelnde Sicherheitsvorkehrungen vor und fordert eine Entschädigung durch BAYER sowie die peruanische Regierung.

In der Hauptstadt Lima haben einige der betroffenen Familien Klage gegen BAYER eingereicht. Neben finanzieller Entschädigung fordern sie ein Verbot hochtoxischer Pestizide, um ähnliche Katastrophen in der Zukunft zu verhindern. Nun wurde bekannt, dass Anwälte von BAYER bei einer Anhörung im Januar eine Abweisung der Klage gefordert haben. Als Gründe wurden Verjährung sowie Unklarheiten in der Klageschrift angeführt.

Wir verurteilen sowohl die Forderung nach Abweisung der Klage als auch die Argumentationsweise Ihrer Anwälte. Das Vorgehen des BAYER- Konzerns stellt eine zynische Mißachtung des über die peruanischen Familien gebrachten Leids dar. Wir stellen uns auf die Seite des peruanischen Kongresses, der die Schuld für diese Todesfälle u.a. bei BAYER verortet. Wir fordern daher eine sofortige Anerkennung dieser Schuld und eine sofortige Entschädigung der betroffenen Familien durch ihr Unternehmen.

Die Verzögerung bei der Einreichung der Klage beruhte auf Repressionen der diktatorischen Fujimori-Regierung, die bis zum Sommer 2001 die Ermittlungen und juristische Schritte blockierte. Die „Unklarheiten“ in der Klageschrift (dort wird von einer Vergiftung durch Methyl Parathion oder Ethyl Parathion gesprochen) beziehen sich auf widersprüchliche Angaben der Behörden: während die Polizei von einer Vergiftung durch Methyl Parathion (ein weißliches Pulver, das Milchpulver ähnelt, von BAYER unter dem Handelsnamen „Folidol“ vertrieben) sprach, machte der damalige Präsident Fujimori den Wirkstoff Ethyl Parathion (ein flüssiges Pestizid) verantwortlich.

Wir fordern Sie auf, sich Ihrer Verantwortung als Vorstandsvorsitzender des BAYER-Konzerns zu stellen, anstatt die Hinterbliebenen mit juristischen Tricks hinzuhalten. Wir wiederholen zugleich die Forderung von Initiativen aus aller Welt nach einem Verkaufs-Stopp für alle Wirkstoffe der WHO-Toxizitätsklasse I.

Für den Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren

Axel Köhler-Schnura
Philipp Mimkes

[Artikel Spiegel] Landesgartenschau

CBG Redaktion

„DER SPIEGEL“, Ausgabe 13/92, S. 80 bis 85

Bitterfeld am Rhein

Leverkusen erlebt einen beispiellosen Chemieskandal. Bei Menschen, die auf einer Giftmüllkippe leben, häufen sich Krebserkrankungen.

Von 1968 bis 1987 hatte Bernward Prinz an der Gemeinschaftshauptschule im Leverkusener Stadtteil Wiesdorf unterrichtet. Als Werkkunstlehrer musste Prinz häufig in die Abstellräume im Keller, und da, erinnert sich der Pädagoge, „stank es schon mal“. Vor zwei Jahren, Prinz war als Konrektor an eine Kölner Schule gewechselt, spürte der 49jährige Schluckbeschwerden. Der sechste Arzt, den Prinz aufsuchte, stellte eine deprimierende Diagnose: „Tonsillen-Karzinom“, ein Krebs der Mandeln. Fünf schwere Operationen hat der Pädagoge seither durchlitten, nun erwartet er seine Zwangspensionierung.

Edwald Möller war Hausmeister an der Wiesdorfer Schule. Im Keller des Gebäudes trocknete er in seinen 20 Dienstjahren nach Rhein-Hochwassern „Pfützen mit Farben, so schillernd wie ein Regenbogen“. Hin und wieder fand der Pedell „bunte Ausblühungen hinter abbröckelndem Putz“. Im Jahr 1989, lange nach seiner Pensionierung, klagte der damals 70jährige über Schlaflosigkeit und Schweißausbrüche. Ärzte teilten dem Kranken mit, er leide an „chronisch-lymphatischer Leukämie“, einem Blutkrebs.

Der Ort, an dem Möller und Prinz jeweils 20 Jahre lang wirkten, lässt sich unwirtlicher kaum denken: Eine Aschenbahnlänge trennt die 1960 errichtete Schule an der Wiesdorfer Adolfsstraße vom dröhnenden Lärm der Autobahn Al im Norden. Im Westen schmiegen sich die Schulgebäude und ein benachbarter Kindergarten eng an den Autobahnzubringer Westring. Von Süden her grüßen die qualmenden Schlote des Chemieweltkonzerns Bayer (165000 Beschäftigte, über 40 Milliarden Mark Jahressumsatz).

An Abgase und Autolärm hatten sich die Anrainer der sogenannten Dhünnaue in Leverkusen wohl oder übel gewöhnen müssen. Einen Schock aber löste bei vielen die Mitteilung aus, dass sie gleichsam auf einer gigantischen Müllkippe hocken: einer Deponie von 68 Hektar, auf der die Bayer AG zwischen den zwanziger Jahren und 1963 Schutt, Produktionsrückstände und andere giftigen Chemiemüll abgeladen hatte.

Wie in einem „Fortsetzungsdrama ohne Ende“, sagt Marianne Hurten, Grünen-Abgeordnete im Düsseldorfer Landtag. Die Grünen-Politikerin, zugleich Betriebsrätin der Bayer-Werke, vergleicht die Dhünnaue mit der meistverseuchten Chemieregion im deutschen Osten: „Die Bitterfelder haben ihren Silbersee“, sagt sie, „in der Farbenstadt Leverkusen war alles etwas bunter - eben eine Farbkloake“.

Bereits im Mai 1989 hatte die „Beratende Ingenieursgesellschaft Dr.-Ing. Björnsen“ in einem Gutachten für die Stadt Leverkusen gefordert, die Dhünnaue südlich der Al „unverzüglich“ zu sichern und zu versiegeln: „Geeignete Maßnahmen“ seien von Nöten, um „die Kontaktmöglichkeit Mensch-Boden zu unterbinden“.

Auf dem bislang untersuchten Areal dürfe „keine landwirtschaftliche und gärtnerische Nutzung des Bodens“ mehr erfolgen. Die Altlast solle „nicht mehr als Lebensraum für Pflanzen und Tiere genutzt werden“.
Was die Bayer AG einst - im Einvernehmen mit der von ihr finanziell weitgehend abhängigen Stadt Leverkusen - alles in die Dhünnaue gekippt hat, ist heute nur noch zu erahnen. Bislang wurden lediglich Proben aus dem 25 Hektar umfassenden Gebiet südlich der Al und westlich der Schule Adolfsstraße entnommen. Allein hier hat der Chemiekonzern rund drei Millionen Tonnen Müll abgeladen.

Womöglich, warnte bereits der Düsseldorfer FDP-Landtagsabgeordnete Hans-Joachim Kühl nach Gesprächen mit Bayer-Beschäftigten, sei das „Gefährdungspotential“ der Dhünnaue-Deponie größer als die Bedrohung durch die Gifte „in der Erde von Bitterfeld“. Diese Befürchtung hätten ihm Mitarbeiter der Umweltschutzabteilung von Bayer anvertraut.

Die vom Ingenieurbüro Björnsen ausgewerteten Boden- und Wasserproben stützen das Szenario von einem Bitterfeld am Rhein: „Im Oberboden“ der Deponie fanden sich „auffällig hohe Konzentrationen“ von Schwermetallen und giftigen organischen Verbindungen wie Chlorbenzole, Chlortoluole und polychlorierte Biphenyle.
Der „eigentliche Deponiekörper“ ist sogar „mit einem erweiterten Spektrum an Schadstoffen und in deutlich höheren Konzentrationen belastet“; die giftigen Schwermetalle Chrom und Blei finden sich in schier unglaublichen Konzentrationen (22 beziehungsweise 34 Gramm je Kilogramm - g/kg), für Chlorbenzole wurden Werte bis zu 45 g/kg gemessen.

Das Grundwasser ist im gesamten Untersuchungsbereich durch deponiebürtige Stoffe deutlich belastet; „Kratzproben von Kellerfußböden in den Häusern der Siedlung Rheinallee belegen, dass die Deponie ihr Gift gleichsam ausschwitzt - nachgewiesen wurden Blei (21 g/kg), Chrom (20 g/ kg) und eine ganze Palette giftiger organischer Verbindungen.

Die Luft nahe dem Boden “außerhalb bebauter Flächen„ weist “relative Konzentrationen„ von Schadstoffen wie Benzol auf; im Laub von Pflanzen wurden “erhöhte Gehalte„ an Schwermetallen wie Blei, Chrom, Arsen und Cadmium entdeckt. “Mehr als 20„ der 57 in den Proben nachgewiesenen “Stoffe bzw. Stoffgruppen„ gelten als “kanzerogenverdächtig„ oder sind sogar “nachgewiesenermaßen krebserregend„.

Vollends zum Skandal wird der Fall Dhünnaue durch den Umstand, dass, allen Warnungen zum Trotz, noch immer 106 Familien auf der Giftmüllkippe zwischen Rhein und Al leben - in Häusern, die zwischen 1952 und 1953 errichtet wurden.
Und: Nach wie vor unterrichten Lehrer ihre Schüler an der Gemeinschaftshauptschule Adolfsstraße, tummeln sich Pennäler auf dem Schulhof, bringen Eltern ihre Kinder in den benachbarten Kindergarten. Den Betroffenen, so beschwichtigte noch vor vier Wochen der SPD-Landtagsabgeordnete Ludgerus Hovest, sei durch das “Verbreiten von Horrorgemälden„ nicht geholfen.

Nötig, so der SPD-Politiker, sei vielmehr die “Analyse des Problems, das Aufzeigen von Lösungen und deren Umsetzung„. Die “Altlast Dhünnaue„, bestätigte SPD-Umweltminister Klaus Matthiesen die Sicht des Genossen Hovest, sei “ein hochkomplexer und schwieriger Fall, zu dem es bundesweit bisher kaum eine Parallele gibt„.

Ruchbar wurde der Umweltskandal 1987, als für einen Teil der Dhünnaue zu Planungszwecken eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgenommen wurde. Damals waren, unter anderem in Kellerräumen der Schule, alarmierende Konzentrationen von Giften wie Xylol entdeckt worden.

Was seither geschah, liest sich wie eine Chronik des Versagens: Die Stadt reagierte auf die Xylol-Funde von 1987 lediglich mit ein paar Empfehlungen -die Gartennutzung müsse eingeschränkt werden, Kinder dürften nicht mehr auf den Wiesen der Dhünnaue spielen, unbefestigte Wege und Freiflächen wurden mit einem “Begehungsverbot„ (Ordnungsstrafe: 200 Mark) belegt.

Im Februar 1988 bekannte sich Bayer zu seinen Altlasten und gelobte, sich an der Sanierung der Deponie zu beteiligen. Einen Monat später verlangten Leverkusener Ärzte, die Bewohner der Deponie aus medizinischen Gründen umgehend umzusiedeln. Juni desselben Jahres begann der medizinische Gutachter Hans Joachim Einbrodt mit der Untersuchung von 828 Betroffenen. Im Februar 1989 wurden Kinder aus der Adolfsstraße erneut überprüft.

Ergebnis: 25 Prozent der Probanden von 1988 wiesen “auffällige Befunde„ des Blutbildes auf. Bei 16 Prozent der untersuchten Schüler fanden sich Veränderungen am Blutbild. Eine “akute„ Gefährdung der Betroffenen vermochte der Gutachter zwar nicht zu erkennen, er riet gleichwohl dazu, die Schule zu schließen. Denn über eine mögliche “chronische Gefährdung der Probanden„, so Einbrodt, könne er keine Aussagen machen.

Im Februar 1990 mahnte schließlich auch das Gesundheitsamt die Politiker, “die Einrichtung Schule und Kindergarten aus Vorsorgegründen„ zu verlegen - doch wieder geschah nichts.

Den meisten Lehrern und Schülern der Adolfsstraße dämmerte erst später, in welchem Maße ihre Gesundheit womöglich durch die Giftmülldeponie bedroht wird. Letztes Jahr, so erinnert sich Barbara Ulbricht, Lehrerin der Schule Adolfsstraße, sei ein kranker Kollege von der Schulaufsicht angerufen worden: Er möge sich doch, wurde dem Pädagogen mitgeteilt, “mal vom Amtsarzt untersuchen lassen„.

Im Dezember letzten Jahres schließlich erfuhren die Lehrkräfte, dass es an ihrer Schule in den letzten 15 Jahren insgesamt 15 Krebserkrankungen gegeben habe, darunter fünf mit tödlichem Ausgang - weit mehr, als statistisch zu erwarten gewesen wäre. Und jetzt erst, so bestätigte die Staatsanwaltschaft Köln, wird “in Sachen Schule Adolfsstraße„ wegen des Verdachts der Gesundheits- und Körperverletzung ermittelt.

“Patentrezepte„, beschwichtigt nun die Stadt Leverkusen die verbitterten Bewohner und Anrainer der Giftdeponie am Rhein, habe es “für die Dhünnaue leider nicht gegeben„. Immerhin, lobten die Kommunalverwalter ihr eigenes Engagement, seien von den 259 Familien der Siedlung Rheinallee “heute 156 versorgt„ mit neuem Wohnraum; Ende dieses Monats “sollen es 189 sein„. Bis zum Oktober, verspricht die Stadt, werde “das Kapitel „neue Wohnungen“ abgeschlossen„ sein.
Ein anderes Kapitel des Skandals ist noch nicht einmal angegangen worden: Zwei Tage vor Weihnachten 1989 hatte die Firma Bayer, festtäglich gestimmt, versprochen, das Gelände mit ihrer Müll-Altlast mittels einer Spundwand abzusichern - geschätzte Kosten: 150 Millionen Mark.

Doch bis zum heutigen Tag ist nicht eine einzige Stahlplanke von der versprochenen Spundwand eingerammt worden. Dabei warnen Experten, dass Deponiegifte schon bei mittlerem Rheinwasserstand mit dem Grundwasser ins Landesinnere geschwemmt und bei ablaufendem Rheinwasser in den Strom gesogen werden.

Insgesamt zehn Verträge sind bislang zwischen der Bayer AG und der Stadt Leverkusen abgeschlossen worden. Dieser von der Stadt so genannte “partnerschaftliche„ Weg wurde eingeschlagen, weil es, wie Minister Matthiesen erläutert, “wegen der Unklarheit der Rechtslage nicht erfolgversprechend erschien„, gegen den Konzern mit “Ordnungsverfügungen vorzugehen„.
Zu den Betroffenen, die unter dem Hickhack leiden, zählen auch die Bewohner eines Altenheimes am Rande der Deponie. “Über den Fortbestand des Altenwohnheims„, so die Stadt, werde “in nächster Zeit in Abstimmung zwischen allen Beteiligten" eine Entscheidung gefällt.

Vor den Alten sind die Haustiere evakuiert worden: Der Verein für Deutsche Schäferhunde e.V., der das Gebiet der Deponie lange Zeit als Klub- und Übungsgelände nutzte, hat das giftbelastete Areal bereits verlassen.