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Veröffentliche Beiträge in “Allgemein”

[Vorstand] Statement zur Coronakrise

CBG Redaktion

Liebe Mitglieder und Freund*innen der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG),

während ich diese Zeilen schreibe, gerät die Welt aus den Fugen. Die Zahl der Corona-Ansteckungen wächst nach wie vor rasant, für viele Menschen ist der Virus tödlich.

Eines ist sicher: Gegen Ansteckung helfen Abstand und Isolierung. Insofern ist alles sinnvoll, was den Virus eindämmt.

Aber vergessen wir nicht, dass wir im Kapitalismus leben. Und der ist nun mal zwingend geprägt von Profit. Und von Umverteilung von unten nach oben.
Und vergessen wir nicht, dass parallel zu Corona noch viele andere Krisen toben: der drohende Weltkrieg, die sich zuspitzende Klima- und Ökologie-Katastrophe, die Massenvertreibungen durch Krieg, Hunger und Elend, das zusammenbrechende Wirtschafts- und Finanzsystem.

Doch alles überdeckt die Corona-Krise. Doch fiel auch sie nicht vom Himmel. Sie ist ebenfalls systembedingt. Ein tödlicher Virus trifft auf ein kapitalistisch ruiniertes Gesundheitssystem.

Wobei die Schuld für den Ruin der Gesundheitssysteme – nicht nur in Deutschland, sondern in der gesamten kapitalistischen Welt - die Konzerne trifft. Insbesondere die Pharma-Konzerne. Und den BAYER-Konzern vorneweg. BAYER & Co. haben das Gesundheitssystem ruiniert. Einzig für die Maximierung ihrer Profite.
Das sage ich, weil ich seit 1978 den BAYER-Konzern als Gründungsmitglied der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) kritisch begleite.

Marijn Dekkers, der ehemalige Vorstandsvorsitzende von BAYER sagte es unverhohlen und unmissverständlich: „Wir müssen Geld verdienen mit unseren Produkten. Das führt dazu, dass nicht alle Medikamente entwickelt werden, die wir brauchen.“

Das kann und darf nicht sein! BAYER & Co. müssen unter gesellschaftliche Kontrolle gestellt werden. Dass die Pharma-Industrie aus geplantem Profitkalkül Krankheiten nicht (mehr) erforscht, Arzneien überteuert verkauft, schlimmstenfalls gar nicht liefert oder wie auch sonst immer den Patient*innen verwehrt, ist „vorsätzliche Körperverletzung“. Ggfs. mit Todesfolge.

Die CBG ist dem zivilgesellschaftlichen Widerstand gegen einen der größten Agro- und Pharmakonzerne der Welt verpflichtet. In Zeiten der Corona-Krise ist das konzernkritische Netzwerk der CBG wichtiger denn je!

Umsonst ist das allerdings nicht zu haben Wir brauchen Unterstützung. Spenden und Fördermitgliedschaften. In Zeiten Corona-Krise mehr denn je. Für Konzernkritik gibt es leider keine Rettungstöpfe.

Und: Nach mehr als 40 Jahren Konzernkritik können viele unserer älteren Mitglieder nicht mehr. Jetzt müssen Jüngere ran!

In diesem Sinne bereiten wir die Proteste zur diesjährigen BAYER-Hauptversammlung vor. Ob und wie sie stattfindet, werden wir sehen. Der Konzern will trotz Corona daran festhalten. Dann sind wir auch mit unseren Protesten vor Ort. Trotz Corona.

Herzliche Soli-Grüße &
alles Gute in Zeiten von Corona!
Axel Köhler-Schnura

Bitte unterstützt die CBG:

Ich unterstütze die CBG in ihrem Kampf für eine demokratisch kontrollierte Medizinproduktion.

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Lipobay

CBG Redaktion

17. August 2001

Nach dem LIPOBAY-Skandal

„Medikamenten-Kontrolle von Grund auf reformieren“

Nach dem Skandal um den Cholesterin-Senker LIPOBAY fordern Verbraucherschützer eine von Grund auf reformierte Medikamenten- Aufsicht. In der Kritik stehen besonders die Zulassung von Medikamenten ohne Wirksamkeits-Nachweis sowie die fehlenden Kontrollen von auf dem Markt befindlichen Pharmazeutika.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren:
„Kein Arzt kann bei 50.000 Medikamenten den Überblick behalten.
Die Pharmaindustrie nutzt diesen Mißstand aus, um auch unwirksame und gefährliche Präparate auf den Markt zu drücken.“ Mimkes erinnert daran, dass BAYER bis heute keinen Nachweis vorgelegt hat, dass LIPOBAY vor Schlaganfällen, Herzinfarkten oder Arteriosklerose schützt. „In Norwegen, wo es keine starke Pharma-Lobby gibt, sind nur 2000 Medikamente erhältlich - trotzdem sind Norweger im Durchschnitt gesünder als Deutsche. Neue Medikamente müssen einen therapeutischen Vorteil gegenüber existierenden Präparaten nachweisen, sonst dürfen sie nicht zugelassen werden“, fordert Mimkes.

Ebenfalls in der Kritik stehen die fehlenden Kontrollen bereits zugelassener Pharmazeutika. Nach Ansicht der Verbraucherschützer müssen die Aufsichtsbehörden materiell und gesetzgeberisch gestärkt werden, um in Zukunft Nebenwirkungen von Medikamenten systematisch erfassen und risikoreiche Mittel vom Markt nehmen zu können.
„Die Tatsache, dass BAYER eine kritische Studie zu LIPOBAY über Monate zurückhalten konnte, sagt alles über das Kräfteverhältnis zwischen Pharmaindustrie und Aufsichtsbehörden“, so Mimkes weiter. „Die Politik muss hier eingreifen, denn die Gesundheit von Patienten ist wichtiger als der Profit von Pharma-Unternehmen.“

Nach Schätzungen unabhängiger Wissenschaftler müssen jährlich rund 200.000 Patienten wegen Nebenwirkungen von Medikamenten stationär behandelt werden. Mindestens 5.000 Fälle verlaufen tödlich.

Hauptversammlung 1998

CBG Redaktion

Presseerklärung vom 24. März 1998

Millionenschweres Aktienpaket: Kritiker übergeben Erweiterung der Tagesordnung

Die Kritischen BAYER Aktionäre übergeben heute dem Vorstand des Leverkusener Chemiemultis Ergänzungen für die Tagesordnung der BAYER-Hauptversammlung am 30. April. Hierzu befähigt sie das umfangreiche Aktienpaket der Familie Nold, die ihre Stimmrechte den Kritikern zur Verfügung stellt, für eine Erweiterung der Tagesordnung werden Aktien im Nennwert von 1 Mio DM benötigt. Zu den einzelnen Punkten werden die Kritiker auf der Hauptversammlung ausführlich Stellung nehmen, auch ein Gast aus den USA wird sprechen. Die Kritiker stellen auch über 30 Gegenanträge. Im einzelnen wird gefordert, die BAYER-Satzung wie folgt zu erweitern:

1. „Die Gesellschaft leistet umfassende finanzielle Entschädigungen an alle Personen, die durch Geschäftsaktivitäten oder durch Produkte gesundheitlich geschädigt wurden. Eine rückwirkende Produkthaftung wird unbefristet übernommen. Bluter, die durch Faktor VIII-Präparate mit dem Aids-Virus infiziert wurden, werden weltweit auf der Basis des in Japan geschlossenen Vergleichs finanziell entschädigt.“

2. „Die Gesellschaft garantiert ihren Beschäftigten weltweit in allen Niederlassungen weitestgehende gewerkschaftliche Freiheit, insbesondere Organisations- und Versammlungsfreiheit, Kündigungsschutz für Belegschaftsvertreter und Mitspracherechte der Beschäftigten bei allen arbeitnehmerspezifischen Belangen. In Staaten, in denen sie diese Rechte nicht garantieren kann, unterhält sie keine Niederlassungen oder Beteiligungen.“

3. „Die Gesellschaft entwickelt und produziert keine Güter, die für militärische Zwecke verwendet werden können. Sie beliefert weder Armeen noch Rüstungskonzerne.“

4. „Die Gesellschaft verpflichtet sich dem Ziel der umfassenden Schadstoff- und Risikominimierung. Hierzu gehören der Einsatz chlorfreier Verfahren in der Polyurethan-Produktion, der sofortige Verzicht auf die Produktion von Pestiziden der WHO-Toxizitätsklassen Ia und Ib sowie der Verzicht auf gentechnische Forschung und gentechnisch hergestellte Produkte.“

5. „Die Gesellschaft anerkennt ihre Verantwortung für die IG Farben-Geschichte - insbesondere für das den Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern sowie den Opfern von Menschenversuchen zugefügte Unrecht. Sie entschädigt die ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter bzw. die Hinterbliebenen auf Basis des vorenthaltenen Lohns zuzüglich entgangener Zinsen.“

Unterschriftensammlung

CBG Redaktion

Wir fordern den Konzern auf, die Lagerung von tödlichen Gasen wie MIC und Phosgen vollständig einzustellen

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[Bienensterben] Gegenanträge BAYER HV

CBG Redaktion

9. März 2012

Axel Köhler-Schnura, Vorstandsmitglied der Coordination gegen BAYER-Gefahren, hat heute einen Gegenantrag zur BAYER-Hauptversammlung am 27. April in Köln eingereicht. Die Gegenanträge wurden auch auf der website des Konzerns veröffentlicht.

Hauptversammlung am 27. April 2012

Hiermit zeige ich an, dass ich zu Punkt 2 und 3 der Tagesordnung den Vorschlägen des Vorstands und des Aufsichtsrats widerspreche und die anderen Aktionäre veranlassen werde, für die folgenden Gegenanträge zu stimmen. Um Mitteilung der Gegenanträge sowie der Begründung darf ich gemäß §§ 125, 126 AktG bitten.

Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet

Begründung: Die Coordination gegen BAYER-Gefahren weist seit den 80er Jahren darauf hin, dass Pestizide eine große Gefahr für die Tierwelt darstellen. Besonders gefährlich sind die BAYER-Pestizide GAUCHO und PONCHO, die für Bienensterben in aller Welt mitverantwortlich sind. Im vergangenen Jahr erschienen mehrere große Studien, die erneut die hohen Risiken für Bienen und Wildinsekten belegen. Aus Profitgründen stellt BAYER den Verkauf der Wirkstoffe dennoch nicht ein.

Bienen haben eine zentrale Bedeutung für die Bestäubung zahlreicher Pflanzen. Das Sterben der Tiere hat weitreichende Folgen für die weltweite Ökologie und gefährdet die Welternährungsgrundlagen.
Im Dezember veröffentlichte Dr. Jeffery Pettis, Leiter des Bee Research Laboratory des US-Landwirtschaftsministeriums, eine lang erwartete Studie. Die Untersuchung Pesticide exposure in honey bees results in increased levels of the gut pathogen Nosema belegt eine langjährige Erfahrung von Imkern aus aller Welt: bereits minimale, sub-lethale Belastungen mit dem Pestizid GAUCHO führen dazu, dass Bienen deutlich häufiger von Parasiten befallen werden. Parasiten wie Nosema oder Varroa verringern die Überlebensfähigkeit von Bienenvölkern. Anders als BAYER stets behauptet, ist der Befall mit Parasiten jedoch nicht die Ursache der Bienensterben, sondern eine Folge der Schwächung des Immunsystems der Insekten durch Pestizide.
Im selben Monat belegte eine im Journal of Environmental & Analytical Toxicology erschienene Untersuchung, dass die von BAYER bei den Behörden eingereichten Studien das Risiko von GAUCHO und PONCHO massiv unterschätzen. Der Toxikologe Dr. Henk Tennekes, einer der Autoren, fordert ein Verbot der Substanzklasse, um weitere Bienen- und Vogelsterben zu verhindern.
Im Januar 2012 folgte die Veröffentlichung der Studie Multiple Routes of Pesticide Exposure for Honey Bees Living Near Agricultural Fields von Forschern der Purdue University (USA). Die Untersuchung zeigt, dass Bienen über mehrere Wege Pestizide wie PONCHO aufnehmen, u.a. über den Pollen, den Nektar und über Saatgut-Abrieb. In allen untersuchten Bienen fanden die Forscher den Giftstoff. Hierdurch wird die Behauptung von BAYER widerlegt, wonach die Bienen mit PONCHO nicht direkt in Kontakt kommen. Nach Angabe der Autoren kann die Pestizidbelastung entweder zu sofortigen Bienensterben oder zu Orientierungsverlust und einer gestörten Kommunikation der Bienen untereinander führen. Der Wirkstoff von PONCHO befindet sich wegen seiner hohen Persistenz noch Jahre später im Boden und reichert sich in Wildpflanzen wie Löwenzahn an. Löwenzahn ist im Frühling und Herbst eine wichtige Nahrungsquelle für Insekten. Die Bienen sind daher das ganze Jahr über dem Giftstoff ausgesetzt - gerade diese chronische Belastung hat verheerende Folgen.
Bereits im letzten Frühjahr veröffentlichte die UN-Umweltbehörde einen Bericht zu Bienensterben in aller Welt. PONCHO und GAUCHO werden darin als Bedrohung zahlreicher Tiere bezeichnet. Wörtlich heißt es darin: „Systemische Insektizide, die zur Behandlung von Saatgut verwendet werden, wandern von den Wurzeln in die gesamte Pflanze und in die Blüten. Dadurch können bestäubende Insekten chronisch vergiftet werden“.
Eine interne Bewertung der US-Umweltbehörde EPA, die im Jahr 2010 in die Öffentlichkeit gelangte, bezeichnet die von BAYER vorgelegten Studien ebenfalls als „unzureichend“. Dem EPA-Memorandum zufolge besteht besonders für Honigbienen ein großes Risiko. Da die Zulassung in den USA auf eben diesen Studien beruht, fordern zahlreiche amerikanische Umwelt- und Imkerverbände einen sofortigen Entzug der Zulassung.
Die im selben Jahr von italienischen Wissenschaftlern veröffentlichte Studie The puzzle of honey bee losses kam zu dem Schluss, dass der Einfluss von Pestiziden für das weltweite Bienensterben unterschätzt wird und dass Forscher, die Zuwendungen von der Chemie-Industrie erhalten, die Risiken systematisch unterschätzen.
Obwohl BAYER seit vielen Jahren auf die Probleme hingewiesen wird, handelt der Konzern aus reinen Profitgründen nicht. Der Umsatz von ca. 800 Millionen Euro ist BAYER wichtiger als der Schutz der Umwelt. In Frankreich, Italien und auch in Deutschland wurden die gefährlichsten Anwendungen von PONCHO und GAUCHO zwar verboten. Dies hindert den BAYER-Konzern jedoch nicht daran, die Giftstoffe weiterhin in über 100 Länder zu exportieren. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass im aktuellen Geschäftsbericht – anders als in den Vorjahren – der Umsatz von GAUCHO und PONCHO nicht ausgewiesen wird.
Umweltschützer sammelten im vergangenen Jahr 1,2 Millionen Unterschriften für ein Verbot von GAUCHO und PONCHO. Der BAYER-Konzern hat auch hierauf nicht reagiert und nimmt die weitere Schädigung der Tierwelt billigend in Kauf.
Der Aufsichtsrat hat sich nicht dafür eingesetzt, die gefährlichen Wirkstoffe vom Markt zu nehmen, um Natur und Artenvielfalt zu schützen. Ihm ist daher die Entlastung zu verweigern.

Mit freundlichen Grüßen,

Axel Köhler-Schnura
Vorstandsmitglied Coordination gegen BAYER-Gefahren

[update Mai] Rettungskampagne

CBG Redaktion

Schwimmflügel gesucht...

Damit die konzernkritische Arbeit der CBG nicht untergeht

von Axel Köhler-Schnura

Im Februar 2011 wandte sich die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) mit einem schrillen Alarm an die Öffentlichkeit: Die Arbeit des „legendären konzernkritischen Netzwerks“ (taz) war in existenzielle Gefahr geraten. Die Finanzkrise, bzw. konkret, die um sich greifende Armut gepaart mit galoppierenden Preisen, hat in den Finanzhaushalt der wohl weltweit bekanntesten Streiter gegen Konzernmacht ein Jahr für Jahr wiederkehrendes Loch von sage und schreibe mind. 150 Tsd. Euro gerissen. Heute, sechzehn Monate später, ist dieses Loch dank großartiger nationaler und internationaler Solidarität zu 63 Prozent gestopft. Allen, die geholfen haben, sagt die CBG: DANKE. Auf sicherem Terrain befinden sich die Kämpfer für demokratische Konzernkontrolle aber längst nicht: Es fehlen noch immer mind. 37 Prozent. Das ist kein Pappenstiehl. Das ist immerhin ein Betrag von 56 Tsd. Euro. Deshalb appelliert die CBG mit ihrer aktuellen Kampagne „Schwimmflügel gesucht“: Werden Sie Mitglied (so Sie es noch nicht sind), erhöhen Sie Ihren Beitrag (so es geht), helfen Sie mit zinslosen Darlehen und Spenden (so möglich) - damit die konzernkritische Arbeit der CBG nicht untergeht.

Wer gegen Konzernmacht antritt, hat es nicht leicht. Er muss mit Diffamierung, Bespitzelung, und sonstiger Repression aller Art rechnen. Aber vor allem muss bei ernsthafter konzernkritischer Arbeit davon ausgegangen werden, dass finanzielle Unterstützung von den üblichen Geldgebern sozialer und ökologieorientierter Arbeit sofort und unmittelbar verweigert wird. Kirchen, Stiftungen, Politik und alle möglichen sonstigen geldgebenden Institutionen sind entweder mit BAYER und den anderen Konzernen, wenn auch oft nicht sichtbar so doch trotzdem, durch und durch verbandelt oder wollen es sich mit der für sie ausschlaggebenden ökonomischen Macht nicht verscherzen. Und wenn sie nicht mit den Konzernen in einem Boot sitzen, dann sind sie von Angst und vorauseilendem Gehorsam getrieben. Außer Zuwendungen von einigen wenigen, unter diesen Voraussetzungen als ausgesprochen mutig zu bezeichnenden Stiftungen, muss für konzern- und gesellschaftskritische Arbeit jeder Cent ausschließlich über Spenden beigebracht werden.

Das ist eine wahrhaft gigantische Aufgabe. Natürlich ist es einfach, das Geld für einen Infostand aufzutreiben. Die Beteiligten legen ein paar Euro zusammen und schon steht die Finanzierung. Aber was ist mit kontinuierlicher, weltumspannender Arbeit? Was ist mit qualifizierter investigativer Recherche? Was ist mit wirksamer Öffentlichkeitsarbeit? Was ist mit Aktionstätigkeit rund um den Globus? Was ist mit der Abwehr der Gegenmaßnahmen der Konzerne und ihrer Handlanger in Gesellschaft, Medien und Politik? Was ist mit schneller Hilfe für Betroffene? Wie viele Menschen müssten eingestellt werden, um einem Konzern wie BAYER tatsächlich rund um den Erdball auf die Finger zu sehen und so viel Druck zu entwickeln, dass Missstände abgestellt werden? 10, 50, 100? Wie viel kostet das? Eintausend Euro, einhunderttausend Euro, eine Million Euro? Wie viele Jahre muss durchgehalten (und damit finanziert) werden, damit nicht nur Eintagsfliegen, sondern tatsächliche Erfolge erzielt werden? Ein Jahr, zehn Jahre, fünfzig Jahre, hundert Jahre?

Nun die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) ist schon 34 Jahre lang aktiv. Sie ist das einzige weltweit existierende Netzwerk, das einen der großen multinationalen Konzerne rund um den Erdball kritisch begleitet, ihm auf die Finger schaut und ihn wirksam unter öffentlichen Druck setzt. Die CBG hat es erstmals in der Geschichte des Kapitalismus geschafft, dass einem Konzern tatsächlich Ansätze einer kontinuierlichen und weltweiten öffentlichen Kontrolle erwachsen.

Womit allerdings die eingangs geschilderten Probleme nicht aus der Welt geschafft sind: Die CBG leidet seit Anbeginn im Jahr 1978 unter chronischem Geldmangel und ständiger Repression. Es ist geradezu ein Wunder, dass die konzernkritische Arbeit des Netzwerkes es bis heute geschafft hat, die Arbeit nicht nur aufrecht zu erhalten, sondern auch noch ständig auszubauen und wirksamer zu gestalten.

Bis zum Jahr 2011. Da mussten im Februar nach einem gründlichen Kassensturz sämtliche roten Lampen eingeschaltet werden: Die Arbeit der CBG stand nach 33 Jahren vor dem Aus. Einzig auf Grund fehlender Geldmittel. Die Coordination blickte in ein gigantisches Finanzloch von mind. 150 Tsd. Euro und auf einen Schuldenberg von mehr als 300 Tsd. Euro.

Die Situation ist nicht vom Himmel gefallen. Ihren Ausgangspunkt hatte sie in dem, was unter Führung von Helmut Kohl und seiner Bande aus Konzernbossen und Politikern (darunter übrigens als eifrige Schülerin die junge Frau Merkel) als „Wende“ in die Geschichte einging: die ausnahmslose Unterwerfung der gesamten Gesellschaft unter die Verwertungsinteressen des Kapitals. Damals, in den 90er Jahren, griffen nach dem Sturz des Korrektivs für eine „soziale Marktwirtschaft“ in den sozialistischen Ländern erstmals Reallohnabbau und Sozialraub um sich. Die Geldbeutel wurden leerer, und damit die Zuwendungen an die CBG deutlich weniger.

Es wurde aber noch grausamer. Es war der Genosse der Bosse, Gerhard Schröder, - übrigens in enger personeller Verquickung mit dem BAYER-Finanzchef Zitzelsberger, den er kurzerhand direkt ins Bundesfinanzministerium holte, dem VW-Manager Hartz und anderen Konzernvertretern -, der Anfang der 2000er Jahre im Bündnis mit den Grünen den Raubtierkapitalismus in Deutschland endgültig entfesselt und damit die Verarmung und auch Verelendung breiter Teile der Bevölkerung bis weit hinein in die Mittelschichten bewirkt hat. Die CBG verlor auf Grund der dramatischen Verschlechterungen der persönlichen Finanzsituationen mehrere MäzenatInnen, große Spendensummen und erhebliche Beitragseinnahmen, alles wichtige Säulen unseres Haushalts.

Einige Jahre dachten wir, dies mit erhöhter Sparsamkeit auffangen zu können. Zumal ja gleichzeitig die Mitgliederzahlen stiegen, wir also wachsende politische Unterstützung erfuhren. Wir hofften, dass die Lage sich wieder „einrenke“ und nahmen Darlehen zur Überbrückung auf.

Doch Ende 2010/Anfang 2011 war es endgültig klar, so klar wie die berühmt-berüchtigte Kloßbrühe: es wird auf unabsehbare Zeit keinen Wandel zum Besseren für die arbeitenden und arbeitslosen Menschen, für ihre Einkommen, für ihre Lebensverhältnisse geben. Der Kapitalismus hat sich von jedem sozialen und moralischen Hemmnis befreit. Es gibt (noch) keine wirksame Gegenmacht. Die Gewerkschaften wachen auf Grund der ihnen jahrzehntelang verabreichten Drogen in Form von Bestechung, Sozialpartnerschaft, Co-Management etc. erst langsam aus ihrem Dornröschenschlaf auf; die sozialen Bewegungen sind politisch in hunderte Fraktionen gespalten, haben keine soliden antikapitalistischen Fundamente und verausgaben sich in immer neuen Strohfeuern; die politische Linke ist durch Antikommunismus, Niederlagen und eigene - auch grobe und nicht zu entschuldigende - Fehler isoliert. Dem sozialen Kahlschlag, der um sich greifenden Ausbeutung - vornehm „Umverteilung“ genannt -, der Barbarei und Kriegstreiberei stehen damit derzeit keine Barrieren entgegen, die halten oder gar einen Wechsel zum besseren bewirken könnten. Entsprechend halten Reallohnverluste und Sozialkahlschlag ein. Die Menschen sind zunehmend gezwungen, um die eigene (finanzielle) Existenz zu kämpfen und haben keine Mittel mehr, um z.B. die Arbeit der CBG in bisher gekanntem Maße, geschweige denn stärker als bisher, finanziell zu fördern.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren geriet in höchste Gefahr, es galt Alarm zu schlagen. In allerletzter Minute quasi, sollte nicht kurzerhand die Arbeit eingestellt werden müssen. Die Existenz des „legendären konzernkritischen Netzwerks“ (taz) war ernsthaft in Gefahr.

Da - was ebenfalls einzigartig ist - die CBG weltweit bis auf eine einzige Person ehrenamtlich arbeitet, und zudem in den vergangen zehn, zwanzig Jahren sämtliche internen Spar-Möglichkeiten auf Grund des zunehmenden Geldmangels bereits ausgeschöpft waren, gab es keinerlei Möglichkeiten mehr, mit finanziellen Beschränkungen aus der Notlage zu entkommen. Eine erste drastische Sparmaßnahme stand an: Die großangelegte Verbreitung von drei bis sechs Flugblättern jährlich musste ersatzlos gestrichen werden. Es war kein Geld mehr da für den Druck und den Versand der Informationsschriften. Immerhin hat die CBG mit Hilfe mehrerer hundert ehrenamtlicher VerteilerInnen Jahr für Jahr bis zu fünfhunderttausend Exemplare solcher „Stichwort BAYER extra“ zu aktuellen Themen verbreitet. Damit ist nun schon seit mehr als einem Jahr Schluss. Bedauerlicherweise, denn derart ist ein wichtiger Hebel zur Entwicklung öffentlichen Drucks entfallen. Natürlich hoffen wir, diesen im Rahmen der Rettungskampagne baldmöglichst wieder in Gang zu setzen. Jedenfalls hatten wir damit - und mit einigen weiteren Einschnitten in unsere Arbeit - 13 Prozent der Finanzlücke gedeckt.

Doch womit die übrigen 87 Prozent decken? Noch dazu, wo es sich um ein jährlich wiederkehrendes Defizit handelt, also einmalige Spenden keine Abhilfe schaffen?

Uns war klar, unsere einzige Möglichkeit ist die Gewinnung zusätzlicher Mitglieder. Fördermitglieder bezahlen jährlich einen gewissen Beitrag, garantieren derart regelmäßige Einnahmen. Um mind. 100 Tsd Euro zusätzliche Beiträge zu erhalten, brauchen wir viele neue Mitglieder. Im Rahmen unseres Rettungsplanes kamen wir auf die Zahl von mind. 350 bis 450 neuen Mitgliedern. Zumal wir ja auch fortlaufend Mitglieder verlieren bzw. eine wachsende Zahl von vielen hundert Soli-Mitgliedschaften zum Niedrig- bis hin zum Null-Tarif ermöglichen. Es ist eines unserer Prinzipien der Solidarität, dass alle trotz persönlicher finanzieller Not bei uns Mitglied bleiben können. Niemand soll wegen fehlender Gelder ausscheiden müssen.

Entsprechend wandten wir uns im vergangenen Jahr an die Öffentlichkeit. Wir streuten in Zeitungen und Zeitschriften mehr als 300 Tsd. Flyer, informierten über unsere Lage und warben um Mitgliedschaften. Wir lösten eMail-Kampagnen aus und schrieben uns in unseren Publikationen „Stichwort BAYER“ und „InfoIntern“ die Finger wund. Bald wusste jedes Mitglied, jede Förderin und jeder Förderer, aber auch alle Interessierten Bescheid: „KonzernKritik vor dem Aus! - CBG braucht mind. 350 neue Fördermitglieder.“

Der Start unserer Rettungskampagne mit dieser ersten Stufe war nicht ohne Erfolg. Wir können heute melden, dass bereits 63 Prozent unseres Defizits gedeckt sind; dass tatsächlich hunderte neuer Mitglieder zu uns gestoßen sind; dass uns zinslose Darlehen gewährt und bei unserem Spar- und Solidarfonds ProSolidar viele neue Einlagen getätigt wurden; dass zahlreiche Spenden eingegangen sind; dass eine große Welle der Solidarität mit hunderten Zuschriften aus aller Welt angerollt ist. Und das alles bei bruchlos weiterlaufender konzernkritischer Arbeit der Coordination gegen BAYER-Gefahren, wie nicht zuletzt die Aktionen zur diesjährigen Hauptversammlung des Konzerns im April belegen.

Wir sagen, und das laut, deutlich und unmissverständlich - es ist eine großartige Leistung aller unserer Freundinnen und Freunde, innerhalb kürzester Zeit neue, zusätzliche Beiträge in Höhe von rund 50 Tsd. Euro garantiert zu haben. Es ist eine großartige Leistung, die durchschnittlichen Beiträge durch Anhebung der Zahlungen erstmals seit vielen Jahren wieder angehoben zu haben. Es ist eine großartige Leistung, durch Spenden die zusätzlichen Kosten für die Rettungskampagne zu großen Teilen finanziert zu haben. Es ist eine großartige Leistung, uns mit zinslosen Darlehen über mehrere 10 Tsd. Euro aus der Klemme geholfen zu haben. Es ist eine großartige Leistung, die Spareinlagen bei ProSolidar auf 1,1 Mio. Euro angehoben zu haben. Und vor allem ist es eine großartige Leistung, dass uns Menschen finanziell unterstützen, die selbst von Hartz IV leben müssen, die selbst jeden Euro immer wieder und wieder umdrehen müssen, die selbst hart dafür arbeiten müssen, um ihr Auskommen zu haben. Für all das sagen wir DANKE. Wir wissen es zu schätzen und sehen den großen Willen, der darin zum Ausdruck kommt: Die Arbeit der Coordination gegen BAYER-Gefahren muss weiter gehen! Konzernwiderstand muss fortgeführt werden! Konzernmacht muss gebrochen werden!

Da wir aber mit dieser Kampagne die Deckung der Finanzlücke nicht vollständig erreichen konnten und zudem natürlich auf Grund fehlender Finanzdeckung die Verschuldung in 2011 weiter zugenommen hat, ist nun die Frage: Wie schaffen wir es, die fehlenden 37 Prozent zu decken. Und da auch die Kosten auf Grund anhaltender Preissteigerungen weiter hochgehen, ist absehbar, dass wir die Finanzen auch über die momentane Deckungslücke hinaus ausbauen müssen.

Wie also konkret die Rettungskampagne weiterführen? Die erfolgreichen Medien-Streuung der letzten Monate lässt sich kurzfristig nicht wiederholen. Und doch muss etwas getan werden, soll die CBG sicheren Boden unter die Füße bekommen, soll die Lücke der noch immer fehlenden mind. 50 Tsd. Euro gedeckt werden. Wir brauchen noch mindestens weitere 170 neue Mitglieder. Wir brauchen weitere GarantInnen (das sind Mitglieder, die jährlich einen Beitrag von mindestens 500 Euro bezahlen).

Also haben wir uns erstmals in der Geschichte der CBG zu einer großangelegten Telefon-Kampagne entschlossen. Lange haben wir darüber beraten, mit sehr großer Skepsis alle Für und Wider erwogen. Werden wir mit unerbetenen Anrufen unsere FreundInnen verärgern? Werden wir eine Welle des Protestes auslösen, wenn wir massenhaft per Telefon „betteln“? Werden die Telefonate als unerwünschter Druck missverstanden? Letztendlich aber waren wir überzeugt, dass offene und ehrliche Gespräche zu guten Ergebnissen führen werden. Wir stellen - wie wir es immer tun - unsere politische Arbeit in den Vordergrund und klären auf dieser Basis, ob es die Bereitschaft, und vor allem eine (finanzielle) Möglichkeit gibt, unsere Arbeit zu unterstützen und zu fördern.

Rund 1.000 unserer UnterstützerInnen haben wir bereits angerufen. Die Ergebnisse haben unsere Bedenken und Sorgen ausgeräumt. Wir hatten nahezu ausnahmslos freundliche, nette und sehr aufschlussreiche Gespräche. Wir haben von den vielen Sorgen der Menschen erfahren, von Finanznot und persönlichen Schicksalsschlägen. Aber wir haben auch Zuspruch, Hilfe und Unterstützung gefunden. Nachdem die Kurve der neu gewonnenen Mitgliedschaften seit Jahresbeginn abgeflaut war, ist sie nun wieder deutlich angestiegen. Das hat uns bestärkt, die Telefonate fortzuführen und in den nächsten Wochen und Monaten mit vielen weiteren Tausend unserer UnterstützerInnen und FörderInnen persönlich über unsere Lage zu sprechen.

Parallel zu diesen großen Aktionen haben wir im Rahmen unserer Rettungskampagne eine Reihe kleiner Kampagnen ins Leben gestartet. Mit etwas Humor und Witz wollen wir so die großen Maßnahmen der massenhaften Flyer-Streuung und Privat-Telefonate unterfüttern: „Weihnachtsgeschenke gesucht“ verkündete ein knubbeliger Weihnachtsmann per Anzeigen in den zurückliegenden Wintermonaten und „Ostergeschenke gesucht“ forderte ein kecker Osterhase in der gerade eben zu Ende gehenden Frühjahrszeit. Jetzt, passend zu den Sommer- und Urlaubsmonaten fordert ein wagemutiger Schwimmanfänger „Schwimmflügel gesucht“. „Damit die CBG nicht untergeht“. Also prüfen Sie als Leserin bzw. Leser dieser Zeilen bitte, ob vielleicht nicht auch Sie eine der folgenden Rettungsmaßnahmen leisten können:

> Werden Sie Fördermitglied, wenn Sie es noch nicht sind. Egal mit welchem Beitrag.
> Erhöhen Sie, wenn möglich, Ihren Beitrag. Jeder Euro zählt.
> Werden Sie, so die Mittel reichen, Garant oder Garantin mit einem Beitrag von mind. 500 Euro jährlich.
> Abonnieren Sie Stichwort BAYER.
> Werden Sie (zusätzlich) Mitglied im Stichwort BAYER Förderkreis, damit unser Magazin auf möglichst eigenständige Beine gestellt werden kann.
> Helfen Sie uns mit einem zinslosen Darlehen.
> Hinterlegen Sie eine - wohlgemerkt, gesicherte und rückzahlbare - Spareinlage bei ProSolidar ab 500 Euro aufwärts. Wenn Sie sich vorher informieren wollen, fordern Sie das kostenlose AnlageProspekt an.
> Helfen Sie mit einer Spende.
Nutzen Sie für Ihre ganz persönliche Rettungsmaßnahme den beiliegenden Rettungsflyer „Schwimmflügel gesucht“. Vielen Dank.

„Bald ist Schluss mit der Hetze“

Natürlich würden BAYER, die übrigen Konzerne, die Politiker und auch viele andere das Ende der CBG lieber heute als morgen sehen. So haben wir auch viele haßerfüllte und schadenfrohe Zuschriften bekommen:
So meint etwa ein U.K. aus Hamburg: „Dies macht mir doch eher einen sehr unseriösen Eindruck, wie auch die gesamte Aufmachung von CBG. Das klingt nach von Haß und Radikalität getriebenen Menschen und außerdem wenig demokratisch und in höchstem Maße unseriös.“
Oder K.K. aus Haan: „Ich freue mich zu sehen, dass Ihr Verein offensichtlich auf dem letzten Loch pfeift und bald Schluss ist mit Hetze, Hassideologien, Falschinformationen und Geschäft mit German Angst.“

[Groebl] 150 Jahre BAYER – von Zyklon B zu Lipobay

CBG Redaktion

Don´t worry, we care „For Whom the Bell Tolls” kennzeichnet die Unternehmenspolitik des Konzerns mit dem Slogan „HEALTH CARE”, der in diesem Jahr eine weltweite Geburtstagsfeier plant – ein „Kulturereignis“.
Die Fakten, die Lügen, die Opfer weisen jedoch auf eine Tragödie hin, die nicht geboren wurde aus dem Geiste der Musik, sondern aus dem Profitstreben des Konzerns. Das Lipobay- Desaster verwandelte den Slogan „BAYER HEALTH CARE“ für die Opfer in „BAYER DEATH CARE“.

Lipobay - das ungesühnte Verbrechen?

Ein Zeugenbericht zum Fall Lipobay von Adolf Groebl, ergänzt durch die Recherche der Coordination gegen BAYER-Gefahren.

Politik, Staatsanwaltschaft, Medien. Die Diagnosen, die Lügen, die Opfer.

Einer der weltweit größten Pharmaskandale dringt im Jahr 2001 an die Öffentlichkeit (siehe ZDF, FRONTAL 21 vom 21. August 2001). Der damalige Ministerpräsident von NRW, Herr Clement, stellt sich in den Medien augenblicklich und offensiv vor den BAYER-Konzern. Die Gefährdung von Arbeitsplätzen, seine Konzernbindung und der Aktienkurs stehen auf seiner Werteskala über den tödlichen Nebenwirkungen von Lipobay.

Es gibt keinen Zweifel. Der Konzern hat die Risiken des neuen Cholesterin-Senkers seit Jahren verheimlicht, verharmlost, die Meinungsbildner und Ärzte gekauft. Für BAYER steht der Profit an erster Stelle. Als Folge dieser skrupellosen Unternehmenspolitik werden weltweit mehr als hundert Todesfälle registriert, hinzu eine große Anzahl Menschen, die durch Lipobay schwere und bleibende gesundheitliche Schäden erlitten haben. Aber es geht um einen Milliarden-Umsatz. Dafür nimmt der Konzern jedes Risiko in Kauf und leugnet es.

New York Times vom 22.2.2003

„Newly disclosed company documents indicate that some senior executives at Bayer were aware that their anticholesterol drug hat serious problems long before the company pulled it from the market.“

Zu dieser Meldung der New York Times gesellt sich ein Untersuchungsbericht des US-Kongresses nach einem Störfall im BAYER-Werk Institute (USA) im Jahr 2008, bei dem zwei Arbeiter ihr Leben verloren:
Zitat: „BAYER beteiligte sich an einer Geheimhaltungskampagne. Die Firma hat den Sicherheitskräften entscheidende Informationen vorenthalten, hat den Ermittlungsbehörden nur eingeschränkten Zugang zu Informationen gewährt, hat die Arbeit von Medien und Bürgerinitiativen unterminiert und hat die Öffentlichkeit unrichtig und irreführend informiert“.

Die Staatsanwaltschaft Köln und die Macht des Konzerns
Aus dem Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche der BAYER AG, BAYER VITAL GmbH u.a. wegen Körperverletzung und Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz. Aktenzeichen 23 Js 1/07 vom 18.1.2007.

Die Ausführungen der Staatsanwaltschaft Köln (Staatsanwältin
Drossé) gehen über 12 Seiten. Sie entsprechen in weiten Teilen der Verteidigungslinie von BAYER und erwecken den Eindruck, einem von BAYER und der Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer vorgegebenen Text zu folgen. Ein detaillierter Bezug zur Anzeige des Klägers fehlt. Die Staatsanwaltschaft unterstellt ein schuldhaftes Verhalten der Geschädigten mit Hinweis auf die Dosierung und die bestimmungsgemäße Verwendung des Medikaments.

Zitat: „Diese strafrechtliche Verantwortlichkeit setzt allerdings voraus, dass das in Rede stehende Konsumgut so beschaffen ist, dass seine bestimmungsgemäße Verwendung für den Verbraucher - entgegen dessen berechtigten Erwartungen - die Gefahr des Eintritts gesundheitlicher Schäden begründet. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall jedoch gerade nicht erfüllt.“

Zitat: „Eine Verletzung der dem pharmazeutischen Hersteller und Unternehmer obliegenden Sorgfaltspflicht ist somit weder im Zusammenhang mit dem Inverkehrbringen von Cerivastatin-haltigen Arzneimitteln noch im Zusammenhang mit dem Zeitpunkt der Entscheidung, die Vermarktung von Cerivastatin abzubrechen, ersichtlich. Hinreichender Tatverdacht besteht somit auch nicht in Bezug auf den Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung und fahrlässigen Tötung zum Nachteil einzelner Arzneimittelanwender.“

Bemerkung: Eine fahrlässige Tötung zum Vorteil einzelner Arzneimittelanwender konnte das Gericht demzufolge ebenfalls verneinen.

Die Benachrichtigung über die Einstellung der Ermittlungen gemäß §170 Abs.2 STPO richtet sich an den Kläger, Dipl.-Kfm. Adolf Groebl. Seine Frau hatte nur knapp überlebt - trotz „bestimmungsgemäßer Verwendung“ und „entgegen ihren berechtigten Erwartungen“ (die Dosierung von Lipobay betrug eingangs 0,1 dann 0,2).

Das BAYER-Kreuz leuchtet über der Staatsanwaltschaft. Der Kläger schreibt im August 2010 nochmals an die Staatsanwältin Drossé. Er weist erneut auf die Fakten hin, auch auf die gegenteilige Entscheidung eines spanischen Gerichts zu Gunsten des Klägers. Seine Frage ist: Hält es die deutsche Rechtsprechung mit den Konzernen? Die Antwort der Staatsanwaltschaft vom 19.8.2010 ist unterzeichnet von Staatsanwalt Flöck: „Auf Ihre oben genannte E-Mail hin muss ich Ihnen mitteilen, dass die darin enthaltenen Angaben zu einer Wiederaufnahme der Ermittlungen keinen Anlass geben.“

Die Fakten

Ärztliches Attest der Gemeinschaftspraxis Dr. med. V. Warm, Dr.med. B. Helmreich vom 27.3.2003:

„Frau Groebl wurde am 24.7.1998 Lipobay verordnet. Am 27.12. 1998 erfolgte die stationäre Aufnahme im Kreiskrankenhaus Freising wegen eines Crush-Syndroms mit Nierenversagen. Es folgte am 30.12.98 die Verlegung auf die Intensivstation des KH München-Schwabing. Entwicklung eines schwersten Krankheitsbildes mit Rhabdomyolyse. Entwicklung einer Crushniere, Entwicklung eines Cappilary-Leak-Syndroms. Epiduralblutung und Tachyarrhytmia absoluta bei Vorhofflimmern. Anstieg der CPK bis 10 000 Einheiten. Am 1.2.99 Verlegung in die Klink Wartenberg für ein Anschlussheilverfahren. Die Rekonvaleszenz zog sich bis Mitte Juni 1999 hin... Von April bis Juli 99 verstärkter Haarausfall......Es besteht jetzt immer noch eine Herabsetzung der Muskelkraft an Unterarmen und Unterschenkeln. Sie benötigt deshalb ständig Unterstützung durch ihren Ehemann. An Armen und Beinen haben sich längs verlaufende Narben gebildet, die durch die massive Ödembildung im Rahmen des Cappilary-Leak-Syndroms entstanden sind.“

Aus dem Verlegungsbericht des Krankenhauses Freising vom 30.12.1998 an Dr. Hartmann, Intensivstation des Krankenhauses München Schwabing

Diagnosen: „Myositis unklarer Genese ….Z.n. hämorrhag. Cystitis.
Die Aufnahme der Patientin erfolgte am 27.12. wg. unklaren abdominellen Schmerzen….. Im Verlauf klagte die Patientin über zunehmende Muskelschmerzen, es kam zu einer zunehmenden lividen Verfärbung der Haut sowie einem generalisierten Ödem… Steigende CK auf aktuell 3600U/l“ Vormedikation: Lipobay O-O-1 .

Aus dem Bericht des Krankenhauses München Schwabing vom 1.2.1998 und dito der Klinik Wartenberg vom 9.3.1999.

Rhabdomyolyse, Cruhniere und Cappilary-leak-Syndrom nach CSE-Hemmer-Einnahme.

Epiduralblutung Th 11/12 bis S2 mit vollständig zurückgebildeter Paraparese beider Beine. Z.n.

Tachyarrhytmia absoluta bei Vorhofflimmern.
V.a. Glaskörperabhebung links.

Die Aufenthaltsdauer der Patientin:

Krankenhaus Freising 27.12.1998 bis 30.12.1998
Krankenhaus München-Schwabing 30.12.1998 bis 01.02.1999
Klinik Wartenberg 01.02.1999 bis 22.02.1999

Der Ehemann ist als Folge der Ereignisse ebenfalls ein Opfer von Lipobay. Auf der Intensivstation des Krankenhauses München Schwabing verfolgt er über Wochen, auch in der Silvesternacht 1998/99, die Kurven und das Zahlenbild auf dem Monitor über dem Bett seiner Frau. Er erhält die Diagnosen der Ärzte: Auflösung der Muskelzellen, Nierenversagen, Eiweißverlust….zu rechnen ist mit einem Koma. An 60 Tagen und Nächten sitzt er am Bett seiner Frau. Am 2.1.1999 empfängt er den Anruf des Hausarztes nach dessen Rücksprache mit den behandelnden Ärzten des Krankenhauses München Schwabing: „Es steht auf Spitz und Knopf“ .

Ab 4. Januar gibt es dort keinen Zweifel mehr: Verantwortlich ist Lipobay. Ein behandelnder Arzt telefoniert mit BAYER - dort wird abgeblockt, die Vernebelung beginnt. Ärzte und Schwestern des Krankenhauses München Schwabing retten das Leben der Patientin. Es bleiben Schäden - innerlich, äußerlich.

Der Vorstandsvorsitzende und heutige Aufsichtsratschef des BAYER Konzerns, Herr Wenning, lügt, als er in den Medien allen Geschädigten eine angemessene Entschädigung verspricht. Die international renommierte Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer erhält den Auftrag, die Ansprüche der Opfer abzuweisen. In Amerika zahlt der Konzern in den folgenden Jahren mehr als 1,2 Milliarden Dollar für Vergleiche um ein Schuldanerkenntnis zu vermeiden. In Deutschland hat der Konzern die Gerichte auf seiner Seite.

Freshfields Bruckhaus Deringer - Lügen und Arroganz

Brief der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer vom 12. Oktober 2005 an den Ehemann des Opfers.

„...dass der lebensbedrohende Krankheitsverlauf Ihrer Ehefrau, nicht wie von Ihnen angenommen, auf das Medikament Lipobay zurückgeführt werden kann.“

„...sind die angeführten Erscheinungen nicht als Nebenwirkungen von Lipobay bekannt und lassen sich auch durch die Wirkungsweise von Lipobay nicht erklären.“

„...allenfalls die bei Ihrer Frau aufgetretene und in wenigen Tagen ausgeheilte Muskelerkrankung (Rhabdomyolyse) auf die Einnahme von Lipobay zurückzuführen sein könne.“

„...nicht einmal mit Sicherheit feststeht, dass die Rhabdomyolyse durch die Einnahme von Lipobay ausgelöst worden ist. Dennoch führt BAYER auf der Basis eines für Ihre Frau günstigeren Wahrscheinlichkeitsmaßstabes Vergleichsgespräche mit Ihnen“.

(FERENC MOLNÁR: Wenn die Stunde der Wahrheit kommt, gibt es nur eines: lügen, lügen, lügen.)

In Deutschland macht sich Anwalt Dietmar Knopp von Freshfields Bruckhaus Deringer auf seine Rundreise zu den Opfern, um deren berechtigte Forderungen zurückzuweisen.

Besuch des Anwalts Dietmar Knopp bei den Eheleuten Groebl am 15.9.2005

Herr Knopp stellt vage eine Entschädigung von 2.000 bis 3.000 Euro in Aussicht und verlangt Vertraulichkeit. Die Eheleute Groebl nennen die Ausführungen des Anwalts eine Beleidigung und lehnen das „Almosen“ des Konzerns ab - allein die ihnen bis dahin direkt entstandenen Kosten sind höher. Adolf Groebl fährt den Anwalt von Freshfields Bruckhaus Deringer an diesem 15.9.2005 mit seinem eigenen Auto zum Franz Josef Strauss Flughafen und wünscht ihm einen guten Rückflug.

Am 11. Mai 2006 sendet die Kanzlei eine schriftliche Vergleichsvereinbarung. In dieser bietet der Konzern jetzt eine Entschädigung von fünftausend Euro an. Vorausgesetzt wird jedoch eine strenge Sprachregelung und Schweigepflicht. Der Vertrag enthält ferner die Ankündigung einer Vertragsstrafe.

Zitat: „Frau Groebl trägt dafür Sorge und steht dafür ein, dass das nach Maßgabe der Ziffer 5.1 vereinbarte Stillschweigen in gleicher Weise von Personen aus ihrem persönlichen Umfeld, insbesondere von ihrem Ehemann Adolf Groebl und von den sie behandelnden Ärzten gewahrt wird...Über evtl. Anfragen von Medienvertretern werden Frau Groebl oder die in Ziffer 5.2 genannten Personen die BAYER VITAL GmbH oder Herrn Rechtsanwalt Dietmar Knopp, Frankfurt am Main, sofort informieren....“

Die Eheleute weisen auch dieses Entschädigungsangebot zurück. Sie verweigern einen Maulkorb. Die Folge ist, dass der Konzern keinerlei Entschädigung zahlt.

Der Spiegel und die Abhängigkeit der Medien

„Das Schweigegeld“ in Spiegel Nr. 17 vom April 2007

Die Journalistin Barbara Hardinghaus denkt an die große „Story“. Unter der Rubrik Gesellschaft hatte sie bisher kleine Geschichten geschrieben, weit entfernt von investigativem Journalismus. Die Eheleute glauben noch an das „alte“ Image des SPIEGEL. Aber - so etwa Tina Mendelsohn in Kulturzeit - „Der Spiegel bringt Histörchen, nicht das was ist“.

Die Journalistin besucht viermal die Eheleute, erhält sämtliche Dokumente wie Arztbrief, Krankenhausberichte, Protokoll des Krankheitsverlaufs, selbst Auszüge aus dem Tagebuch des Ehemanns. Und sie sieht bei den Eheleuten auch die Bandaufnahme der Sendung von FRONTAL 21 vom 21 August 2001.

Im Gespräch mit den Hausjuristen von BAYER und Anwalt Knopp von Freshfields Bruckhaus Deringer in der Konzernzentrale lässt sie sich überzeugen, dass die Opfer des Konzerns nur den großen Reibach machen wollen. Noch vor der Hauptversammlung von BAYER erscheint ihr sechsseitiger Artikel. Er erinnert an den Ausspruch des langjährigen Herausgebers der New York Times, John Swainton:

„Wir sind Werkzeuge und Hörige der Finanzgewaltigen hinter den Kulissen. Wir sind die Marionetten, die hüpfen und tanzen, wenn sie am Draht ziehen. Unser Können, unsere Fähigkeiten und selbst unser Leben gehören diesen Männern. Wir sind nichts als intellektuelle Prostituierte“. Der Artikel des SPIEGEL aber hat das intellektuelle Niveau einer Boulevard-Zeitung.

Zitat: „Ein Rentnerehepaar aus Bayern gehört zu den seltsamsten Klägern - es will keine Abfindung...“ Das Ehepaar findet sich nicht seltsam - es hat einen Maulkorb abgelehnt.

Das Urteil: Un juicio inédito a un laboratorio extranjero.

Schon im Februar 2010 wirft der Gerichtshof von Comellà de Llobregat, einem Vorort von Barcelona, dem BAYER-Konzern schuldhaftes Verhalten vor und verurteilt ihn zu einer Strafzahlung von 145.000 Euro an den Kläger Cayo Yánez, der nach der Einnahme von Liposterol ein Nierenversagen erlitten hat.

In Argentinien zieht sich das Verfahren gegen BAYER über neun Jahre hin. Der Kläger, Flavio Rein, hat nach der Einnahme des Cholesterin-Senkers, vergleichbar mit dem hier beschriebenen deutschen Opfer, schwere Muskelschädigungen (Rhabdomyolyse), Sehstörungen und Nierenschäden erlitten. Das Gericht spricht ihm eine Entschädigung von 968.000 Pesos (etwa 160.000 Euro) zu. Der Gerichtshof von Buenos Aires stellt eindeutig die Schuld des Konzerns fest. Die Anwältin von Flavio Rein, Patricia Venegas, Jura-Professorin an der Universität von Buenos Aires:

„Mit außergerichtlichen Vergleichen wollte BAYER bisher den kausalen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Lipobay und schweren Gesundheitsschäden leugnen. Jetzt steht es schwarz auf weiß fest."

Für deutsche Gerichte steht das nicht fest. Das BAYER-Kreuz blendet die Staatsanwaltschaft Köln. Konzerne wie BAYER machen Politik, diktieren Gesetze, sprechen Recht, beherrschen die Medien.

Die Millionensummen, die BAYER weltweit für den Lobbyismus ausgibt - davon im Jahr 2012 in den USA mehr als 260.000 Euro für den Wahlkampf der Republikaner (honi soit qui mal y pese) - hätten sicherlich ausgereicht, die Opfer von Lipobay in Deutschland angemessen zu entschädigen, zählt man noch die Honorare für die Kanzlei Freshfields Bruckhaus Derringer hinzu - unter anderem für die Lipobay-Tournee ihres Herrn Dietmar Knopp.

Epilog

Die Fahne des Konzerns weht nicht auf Halbmast. Wie viele Tote rechtfertigt die Gewinnmaximierung? Müssen in unserem, von Politikern so oft gepriesenen, Wertesystem die Nebenwirkungen von Gewissenlosigkeit und Gier als Collateral-Schäden hingenommen werden? Darf der Aktienkurs das Maß aller Dinge sein?

HIV

CBG Redaktion

Pharma-Brief der BUKO Pharma-Kampagne, Nr. 6, August 2013

Blutige Geschichte

Dokumente zu HIV-Infektionen durch Cutter-Produkte

Zu Beginn der 1980er Jahre wurde AIDS erstmals beschrieben. Relativ schnell wurde klar, dass die Krankheit auch durch Blutprodukte übertragen wird. Die Bayer-Tochter Cutter versuchte zunächst, die Risiken zu verharmlosen. Trotz Kenntnis der verheerenden Folgen verkaufte sie vor allem in Entwicklungsländern den unsicheren Gerinnungsfaktor weiter. Jetzt – 30 Jahre später – sind eindeutige Belege endlich öffentlich zugänglich.

Insgesamt 58 Dokumente stellte das Drug Industry Document Archive (DIDA) der University of California ins Netz. Sie stammen aus 2008 erhobenen Sammelklagen von HIV-infizierten Bluterkranken gegen Cutter und andere Firmen in den USA. Die Kläger kamen aus Asien, Europa und den USA.
Menschen, die eine angeborene Störung der Blutgerinnung haben, sind oft lebenslang auf Arzneimittel aus Blutplasma (Faktor VIII oder IX) angewiesen.

Pharma-Kampagne warnte früh
Produkte aus menschlichem Blutplasma spielen in der Medizin eine wichtige Rolle. Kommerzielle Sammelsysteme und der internationale Handel mit Blut rückten jedoch erst angesichts des HIV-Risikos ins öffentliche Interesse. Dazu trug auch die Pharma-Kampagne bei. War doch der Blut-Handel eines der ersten Themen, mit dem sie sich intensiv auseinandersetzte. Dabei ging es auch um die unrühmliche Rolle von Cutter. Die Firma betrieb z. B. Plasma-Sammelstationen an der US-Grenze zu Mexiko und lockte so arme MexikanerInnen an. Viele Stationen in den USA befanden sich in Gebieten, wo Menschen unterhalb der Armutsgrenze lebten. Nicht nur die Ausnutzung von Notlagen kritisierte die Pharma-Kampagne, sie wies auch auf die gesundheitlichen Gefahren für die BlutplasmaspenderInnen und EmpfängerInnen von Blutprodukten hin. Gefordert wurde ein nicht-kommerzielles Sammelsystem, um die Risiken zu minimieren.(1)

Risiken waren bekannt
Das kommerzielle Sammeln von Blutplasma war nicht erst seit HIV/AIDS problematisch. Schon Jahre zuvor war deutlich geworden, dass Hepatitis B durch Blutprodukte übertragen werden kann und deshalb Spender, bei denen diese Erkrankung häufig ist, möglichst ausgeschlossen werden sollten.
Das kümmerte Cutter offensichtlich recht wenig. In den Gerichtsunterlagen findet sich ein Brief des Managers des Oakland Plasma Center, der seinem Vorgesetzten über eine Inspektion berichtete. Die Behörden beanstandeten, dass ehemalige Drogenabhängige spenden durften. Der Manager schrieb, das sei nach den Regeln von Cutter zulässig und außerdem bedeute ein Ausschluss, dass man viele SpenderInnen verlieren würde.(2)
Relativ früh war der Übertragungsweg von HIV erkannt. Es lag nahe, dass Maßnahmen, die eine Hepatitis B-Übertragung bei Gerinnungsfaktoren verhinderten, auch gegen HIV helfen würden.
Bereits im Januar 1982 schrieb J. Hjorth in einem internen Cutter-Memo: „Ein Hepatitis-sicherer Faktor IX der Behringwerke befindet sich in klinischen Studien in New York und Dr. Lou Aledort vom Mt. Sinai (Krankenhaus) stellt fest, dass es unethisch wäre, sobald dieses Produkt zugelassen ist, PatientInnen noch eine andere Therapie zu geben.“(3) Allerdings stand bei Cutter nicht die Sorge um die Sicherheit der Kranken im Vordergrund. Denn es heißt weiter: „Ich gebe diese Information weiter, weil wir offensichtlich harten Wettbewerb zu befürchten hätten, wenn Hyland und Behringwerke uns mit Faktor VIII und Faktor IX zu weit voraus wären. Ich wäre sehr an ihrer Einschätzung interessiert, wann wir frühestens Produkte haben, die mit diesen beiden Produkten konkurrieren können.“
Cutter hatte die Entwicklung verschlafen. Ein Jahr später, im Januar 1983, drängte Cutter Mitarbeiter M. Mazen mit Blick auf AIDS, sich mit der Zulassung von sicheren Gerinnungsfaktoren zu beeilen. „Auch ohne harte Daten ist es sicher logisch, dass ein hitzebehandeltes Produkt, ohne die klinische Wirksamkeit zu opfern, potenziell sicherer ist als ein unbehandeltes.“(4)

Beschwichtigen statt handeln
Im Mai 1983 veröffentlichte Cutter in den USA eine neue Ausgabe seiner PatientInnenzeitschrift Echo für Bluterkranke. Einziges Thema: AIDS. „Wir von Cutter möchten Sie wissen lassen, dass ihr Wohlergehen unsere erste Sorge ist. Wir tun alles was möglich ist, (...) Vorsichtsmaßnahmen umzusetzen, mit dem Ziel, das Risiko für Personen mit Hämophilie zu minimieren.“ (5)
Im Oktober 1983 wird bekannt, dass ein regelmäßiger Cutter-Blutspender an AIDS gestorben ist. Auch in der deutschen Bayer-Zentrale ist man beunruhigt. Der Cutter Öffentlichkeitsarbeiter versucht zu beruhigen.(6) Man habe angekündigt, alle Produkte, die Blut von dem Spender enthielten, zurückzurufen. Seines Wissens seien keine Produkte nach Deutschland geliefert worden. Außerdem werde die PR-Agentur Hill-Knowlton eingeschaltet.

Wenns ums Geld geht ...
1983 kursierte bei Cutter ein ausführliches Memo, das die Risiken von AIDS und die Sicherheit von Cutter-Produkten thematisierte und offensichtlich der Außenverteidigung dienen sollte. Allerdings steht dort auch, dass bisher alle Bluterkranken, bei denen ein „AIDS-ähnliches Syndrom“ diagnostiziert wurde, Gerinnungsfaktoren erhalten hatten.(7)
Ende 1983 hatte Cutter endlich ein hitzebehandeltes Produkt am Markt. Doch die Einführung verlief nur schleppend und das alte Produkt wurde weiter verkauft. Während in den Industrieländern – wegen des öffentlichen Drucks die Umstellung langsam voranging, sah das im Fernen Osten ganz anders aus. Cutters Marketingplan für die Region spricht da Bände. Während der Verkauf in Neuseeland wegen AIDS zusammenbrach, wurde in Asien munter das alte Produkt weiterverkauft. Begründung: „AIDS ist in Asien noch kein großes Thema. Vielleicht weil der Region so viele andere Gesundheitsgefahren größere Sorgen bereiten. Das Hepatitis-Risiko amerikanischer Konzentrate ist keine so große Sorge in einer Region, wo Hepatitis B so prävalent ist.“ „Wenn wir Bedarf für das hitzebehandelte Produkt im Fernen Osten sehen, werden wir rasch handeln. Andernfalls werden wir versuchen weiterhin die Märkte mit billigem Standard Koate und Knyne zu dominieren.“(8) Es ging nur ums Geld. Denn bereits 1984 hatte Cutter im Marketingplan festgestellt, ein Umtausch in sichere Produkte in Asien würde zwei Millionen US$ Verlust bedeuten, das mache man nicht.(9)

Komplizen der Industrie
Nicht nur die Hersteller von Blutprodukten handelten verantwortungslos. Auch die Aufsichtsbehörde FDA in den USA versagte. Das geht aus einem Cutter-Memo über ein Gespräch mit der FDA am 21. Dezember 1982 hervor. Damals war der Behörde die mangelnde Kontrolle Cutters, auf gesunde Spender zu achten, wohl doch zu viel geworden. Thema waren die Blutbanken an der mexikanischen Grenze und eine Sammelstelle mit einem hohen Anteil homosexueller Spender (die die höchste Rate von AIDS-Erkankungen aufwiesen). Dr. Donahue von der FDA verlangte von Cutter, wenigstens keine Spenden von Gefängnisinsassen mehr zu Gerinnungsfaktor zu verarbeiten. Dabei ging es ihm nach Ansicht von Cutter weniger darum, die Empfänger zu schützen als etwas gegen das in der Öffentlichkeit „gefühlte Risiko“ zu unternehmen.(10) Donahue bat um einen Brief von Cutter als „Munition“ gegen weitere verpflichtende Kontrollmaßnahmen durch die FDA. Auch solle Cutter unbedingt zu einem öffentlichen Treffen der staatlichen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) kommen, da dort „die Demographie bezahlter Spender diskutiert“ würde.
Ein Treffen der Blutgerinnungsfaktor-Industrie mit der FDA im Mai 1985 zeigt, dass die Komplizenschaft mit den Herstellern anhielt. Damals hatten schon alle Firmen Produkte auf dem Markt, die Virus-inaktiviert waren. Dennoch waren die alten Produkte noch zugelassen. Dr. Harry Meyer forderte die Hersteller auf, freiwillig auf die Vermarktung dieser Produkte zu verzichten. S.J. Ojala von Cutter fasste die Diskussion so zusammen: „(Meyer) erklärte, obwohl die FDA die Zulassungen für ungültig erklären könnte, wolle er keine Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenken, dass die FDA diesen Zustand so lange geduldet hatte. Er wolle die Sache lautlos (Unterstreichung im Original) erledigen, ohne den Kongress, die medizinische Fachwelt und die Öffentlichkeit zu alarmieren.“(11)
Auch in Deutschland hatte die Aufsicht über die Industrie kläglich versagt. Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages befasste sich ausführlich mit den Schwächen im System.(12) Wie berechtigt die Forderungen der Pharma-Kampagne damals waren, zeigen die Erfahrungen aus Belgien und Norwegen. Dort wurden die Bluterkranken mit Gerinnungsfaktor versorgt, der aus freiwilligen Spenden aus dem eigenen Land stammte. Außerdem wurden nicht Tausende von Spenden zusammengekippt. So waren 1985/86 in Belgien 5,9% und in Norwegen 6,3% der Bluterkranken HIV-positiv, in Deutschland dagegen 47,4%.(13)
Autor: Jörg Schaaber

Fußnoten:
1 BUKO Pharma-Kampagne (1982) Das Blut der Armen – Medikamente für die Reichen?
2 Ichikawa D (1981) Letter to R. Barden 19 May. Cutter Laboratories. Oakland Plasma Center. http:dida.library.ucsf.edu/pdf/zeu13j10
3 Hjorth J (1982) Cutter memo to M. Sternberg 27 January http:
dida.library.ucsf.edu/pdf/hgu13j10
4 Mazen M (1983) Chimp testing of hepatitis-safe Koate. Cutter memo to M M Sternberg. 4 Jan.
5 Cutter (1983) Foreword. Echo Vol 4, No. 1, May http:dida.library.ucsf.edu/pdf/lgu13j10
6 Modersbach RJ (1983) Cutter Memo an W Schmidt 31 Oct. www.baumhedlundlaw.com/hemophilia/exhibits/Exhibit-26-FNC.pdf
7 Ashworth JN (1983) Letter to B. Dyos 1 June http:
dida.library.ucsf.edu/pdf/igu13j10
8 Cutter (o.J.) 1985 Far East Region. Preliminary marketing plan. http:dida.library.ucsf.edu/pdf/kfu13j10
9 Cutter (o.J.) 1984 budget Far East. http:
dida.library.ucsf.edu/pdf/hfu13j10
10 Ojala (1982) Cutter memo: More AIDS and FDA. 21 Dec http:dida.library.ucsf.edu/pdf/weu13j10
11 Ojala SJ (1985) Cutter memo: Non-Heat Treat License. 30 May http:
dida.library.ucsf.edu/pdf/ofu13j10
12 Deutscher Bundestag (1994) Zweite Beschlußempfehlung und Schlußbericht des 3. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes. Drucksache 12/8591
13 Deutscher Bundestag (1994) aaO., S. 106

[Unterschriften] Polychlorierte Biphenyle

CBG Redaktion

Wir fordern eine Beteiligung der Firmen MONSANTO und BAYER an den Sanierungskosten PCB-vergifteter Gebäude!

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[Gottfried Arnold] Hauptversammlung 2014

CBG Redaktion

Bayer Hauptversammlung 29.4.2014

Dr. med. Gottfried Arnold, Kinderarzt i.R., Hilden

Sehr geehrte Damen und Herren des Aufsichtsrates und des Vorstandes,
sehr geehrter Herr Dekkers, sehr geehrter Herr Wenning,
sehr geehrte Damen und Herren Aktionäre,

im letzten Jahr hat es wieder viel Ärger gegeben mit Ihren Kohlenmonoxid-Pipelines: der 67-km-langen von Dormagen nach Krefeld, die immer noch nicht in Betrieb genommen werden konnte und der schon seit 2002 mit CO betriebene Pipeline zwischen Dormagen und Leverkusen mit fast 50-Jahre alten maroden Rohren. Als Kinderarzt wundert es mich sehr, dass Sie, Herr Dekkers, nicht in der Lage sind, in 7 Jahren für die neue Giftgas-Pipeline einen Alarm- und Gefahrenabwehrplan (AGAP) zu erstellen, der von der BZR Düsseldorf als abgestimmt anerkannt werden kann.

Dass Sie bei der alten Pipeline Probleme haben, diesen Gefahrenabwehr-Plan öffentlich zu machen, verstehe ich sehr wohl bei den vielen Mängeln mit 202, z.T. massiven Rohrwandverdünnungen und einem funktionsuntüchtigen kathodischen Korrosionsschutz (KKS).

Allerdings ist das keine vertrauensbildende Maßnahme – weder für die Öffentlichkeit noch für die Aktionäre. Die Öffentlichkeit vertraut Ihnen nicht, Herr Dekkers und Herr Wenning, wenn Sie behaupten, Sie täten alles für die Sicherheit.

Sie wissen, dass das Einatmen von 30 mL Kohlenmonoxid ein Kind von 20 kg töten, einen gesunden Erwachsenen bewusstlos und fluchtunfähig machen kann. Ca. 100 mL CO können einen Erwachsenen töten. Sie wissen, dass die Feuerwehren bei einem größeren Leck praktisch niemanden retten können, weil die Zeit bis eine große Rettung angelaufen ist, viel zu kurz ist, um die co-vergifteten Menschen mit dem akuten Sauerstoffmangel zu retten.

Sie wissen auch, Herr Wenning und Herr Dekkers, dass für die beste Behandlungsmöglichkeit einer Kohlenmonoxid-Vergiftung, die Sauerstoffüberdruckbehandlung, in NRW überhaupt kein Platz existiert und in ganz Deutschland nur maximal 8 Plätze im 24-Std-Dienst mit Intensivmedizin vorhanden sind. Bevor überhaupt ein Alarm in Ihrer Sicherheitszentrale ankommt, sind schon in ½ Stunde 210.000 L Kohlenmonoxid aus der Leverkusener-Pipeline ausgetreten und haben eine Vielzahl von Menschen, die sich in dieser Gegend aufhalten, verletzt oder getötet. Dann erst – so muß aus ich der Geheimhaltung des Alarm- und Gefahren-AbwehrPlanes schließen – dann erst beginnen Ihre Mitarbeiter zu überlegen, ob es sich um einen Fehlalarm handelt oder ob sie tatsächlich den imageschädigenden Alarm an die örtlichen Feuerwehren weitergeben sollen. Der Hirnschaden der Betroffenen wird allein dadurch noch größer und noch mehr Menschen müssen dadurch sterben.

Die Leckerkennungsmöglichkeiten entsprechen denen, die wir z.B. gerade bei den Öl-Verschmutzungen des Grundwassers erfahren haben: Millionen Liter gehen verloren, trotzdem findet man kein Leck. Bei der Krefelder Pipeline merken Sie frühestens nach 24 Stunden (– falls das LEOS-System überhaupt funktioniert, was in Lehm und Ton nicht sein kann – ), dass Sie im Pumpenbetrieb 119.000 L CO/h bereits verloren haben. Bei der Leverkusener Leitung bleiben sogar 104.000 L CO/h permanent unentdeckt oder sogar 209.000 L CO/h unentdeckt, solange die Pumpen laufen. Mit dieser katastrophalen Leckerkennung wagen Sie ein hochgiftiges, nicht -wahrnehmbares Gas durch Ortschaften und nahe an Kindergärten vorbeizuleiten!

Was erklären Sie als Pharma-Unternehmen Ihren Aktionären, dass sich mehr als 460 Ärzte gegen Ihre CO-Pipeline schriftlich ausgesprochen haben. Wie wollen Sie die Ärzten da noch anregen, Ihre Medikamente zu verordnen?

Aber nicht nur in der Ärzteschaft bröckelt das Vertrauen in Sie. Im Internet kann man auch sehen, wie sich Ihre Industrie-Partner von Ihnen abwenden und nicht mehr an Ihre CO-Pipeline glauben. Bis vor einiger Zeit hatte die Fa Areva, die Ihr LEOS-System der Krefelder CO-Pipeline geliefert hat, immer noch auf diese Anwendung hingewiesen als besonderes Projekt. Inzwischen kann man auf den Internetseiten von Areva weder etwas über adäquate CO-Erkennung noch über irgendeine CO-Pipeline lesen. Die können auch nicht über 7 Jahre Reklame für ein Projekt machen, das es gar nicht gibt und geben wird.

Zu allem Überfluss fehlen hier und dort die Kampfmitteluntersuchungen und ein Leck in der Leverkusener Leitung ist Ihnen seit 2001 bekannt! Ein kleines Leck wird im Laufe der Zeit immer größer und wird mit Sicherheit eines Tages das Rohr zum
Platzen bringen.

Dadurch steht Bayer so sehr unter Druck und würde das Kohlenmonoxid-Pipeline- Problem lieber heute als morgen los sein, aber findet keinen gangbaren Weg..

Es hilft nur ein Befreiungsschlag:
Tun Sie Ihren Aktionären einen Gefallen und beenden Sie diese beiden hochriskanten Projekte und tun Sie sich, Ihren Mitarbeitern und Ihrem Unternehmen den Gefallen und stoppen Sie die CO-Pipelines, bevor die ganze Welt die Katastrophe einer COMassenvergiftung erleben muß mit vielen Hunderten oder Tausdenden Hirngeschädigten und Toten, die den Zusammenbruch Ihrer Firma und des Names Bayer bedeuten könnten. Beenden Sie diese CO-Projekte, Herr Wenning und Herr Dekkers, bevor Sie sich auch noch vor Gericht verantworten müssen.

[Glyphosatprozess] Presse-Information CBG 20.03.19

CBG Redaktion

BAYER erleidet Niederlage

Gericht macht Glyphosat für Krebsleiden mitverantwortlich

Auch der zweite große Glyphosat-Prozess vor einem US-amerikanischen Gericht droht für den BAYER-Konzern mit einer Niederlage zu enden. Die Geschworenen-Jury des Federal Court von San Francisco urteilte, das unter dem Produkt-Namen ROUNDUP vermarktete Herbizid habe zu einem „erheblichen Faktor“ zu der Krebserkrankung des Klägers Edwin Hardeman beigetragen. Damit hat der 70-jährige Mann gute Aussichten, eine Entschädigung zugesprochen zu bekommen.

Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) begrüßt dieses Votum. „Die Beweislage zur krebserregenden Wirkung von Glyphosat ist eindeutig. Dem hat das Gericht Rechnung getragen. Jetzt muss BAYER die Konsequenzen ziehen und sich freiwillig zu Schadensersatz-Zahlungen bereiterklären“, fordert Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der CBG.

Der Leverkusener Multi hatte für diesen Prozess die noch von Monsanto-AnwältInnen im Rechtsstreit gegen Dewayne Johnson konzipierte Strategie verworfen und einen anderen Angang gewählt. So heuerte er die JuristInnen von der Kanzlei „Arnold & Porter Kaye Scholer“ an, deren Verhandlungsgeschick das Unternehmen schon mehrfach vor Schadensersatz-Zahlungen für seinen mit vielen Nebenwirkungen behafteten Blutverdünner Xarelto bewahrt hatte. Als großen Erfolg verbuchten die RechtsanwältInnen auch sogleich, eine Zweiteilung des Verfahrens erreicht zu haben. Ihnen gelang es, das Gericht dazu zu veranlassen, erst einmal streng wissenschaftlich die Frage der krebserregenden Glyphosat-Effekte zu klären, ehe es über die schmutzigen Tricks von MONSANTO bei der Freisprechung des Pestizides von aller Schuld verhandelt. Sie hofften dabei zweifellos auf einen negativen Bescheid zur Kanzerogenität, der den Geschworenen einen „urteilstrübenden“ Einblick in die ganzen MONSANTO-Manöver ersparen sollte. „Das wird zum Glück nicht passieren. Jetzt kommen die internen MONSANTO-Dokumente auf den Tisch, die selber von einer Krebs-Gefahr durch Glyphosat ausgehen“, so Köhler-Schnura.

„Man kann nicht sagen, dass ROUNDUP nicht krebserregend ist“, hält etwa die MONSANTO-Toxikologin Donna Farmer in diesen Papieren fest: „Wir haben nicht die nötigen Tests mit der Formulierung durchgeführt, um diese Aussage treffen zu können.“ Die Formulierung, also die mit Hilfe von Wirkungsverstärkern und anderen Substanzen erfolgende Weiterverarbeitung des Basis-Stoffes Glyphosat zum fertigen ROUNDUP bereitete ihrem Kollegen William Heydens’ ebenfalls Sorgen: „Glyphosat ist OK, aber das formulierte Produkt verursacht den Schaden.“ Beispielsweise hat es negative Effekte auf das Erbgut. Als eine Auftragstudie in dieser Hinsicht nicht genug Entlastungsmaterial lieferte, sondern den Befund sogar noch zu bestätigen drohte, schlug Heydens einfach vor, sich willigere WissenschaftlerInnen zu suchen.

Nach Ansicht der Coordination kann die Entscheidung der Geschworenen die Bundesregierung nicht unberührt lassen. „CDU und SPD haben sich in ihrem Koalitionsvertrag auf einen Glyphosat-Ausstieg geeinigt. Sie haben aber noch nichts in dieser Hinsicht unternommen. Im Gegenteil, das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittel-Sicherheit“ hat in diesem Jahr sogar noch eine neue Glyphosat-Formulierung zugelassen. So darf es nicht weitergehen, Glyphosat hat auf den Feldern nichts mehr zu suchen“, erklärt der Diplom-Kaufmann abschließend.

[BAYER & der Virus] Profite first

CBG Redaktion

Pandemien wollen nicht so recht ins Profit-Modell von Big Pharma passen. Darum vernachlässigten BAYER & Co. Forschung und Entwicklung in diesem Bereich sträflich. Das trifft nun die Menschen mit voller Wucht. Die mit dem Ausbruch der Corona-Krise einsetzenden hektischen Aktivitäten können die Zeit nicht aufholen, die der Branche mit ihrer Konzentration auf rendite-trächtige Blockbuster-Medikamente hat verstreichen lassen.

Von Jan Pehrke

„Noch nie haben Pharma-Unternehmen und Forschungseinrichtungen so schnell auf einen neuen Erreger reagiert wie auf das neue Corona-Virus SARS-CoV-2, das die Krankheit Covid-19 hervorruft“, lobt sich der von BAYER gegründete „Verband der forschenden Arzneimittel-Hersteller“ (VFA) mit Verweis auf die vielen Bemühungen zur Entdeckung von Impfstoffen und Arzneien selbst. „Reagiert“ – das trifft es. Proaktive Unternehmungen stehen nämlich nicht zu Buche. Dabei sah das nach dem Auftreten des ersten SARS-CoV-Erregers im Jahr 2002 noch ganz anders aus. Damals brach in Labors ähnlich wie jetzt eine hektische Betriebsamkeit aus. 14 Firmen – von den Großen beteiligte sich nur PFIZER – forschten an Gegenmitteln, wie die Fachzeitschrift Pharmaceutical & Diagnostic Innovation 2003 berichtete. Nur hielten sie nicht lange durch. Nachdem sich die erste Aufregung gelegt hatte, stellten die meisten Unternehmen ihre Aktivitäten wieder ein. Spätestens als es galt, mit einem Wirkstoff-Kandidaten in die Klinischen Prüfungen zu gehen, scheuten sie die fälligen Investitionen. Der Appell der damaligen Direktorin der Weltgesundheitsorganisation WHO, Gro Harlem Brundtland, die Arznei-Entwicklung weiterzutreiben, verhallte ungehört. Brundtland hatte 2003 nach der Eindämmung der Pandemie vor einer Rückkehr des Erregers gewarnt, deshalb eine Stärkung der öffentlichen Gesundheitssysteme angemahnt und gefordert: „Die SARS-Forschung muss weitergehen“. Die Industrie aber wandte sich lieber lukrativeren Projekten zu. So gibt es bis heute keinen Impfstoff gegen SARS 1, kein Medikament gegen die damit einhergehende Lungen-Krankheit – und keine Grundlagen-Arbeit, welche die Mediziner*innen in Sachen „Sars-CoV-2“ hätten nutzen können. „Hätten wir einen Impfstoff gegen SARS entwickelt, könnten wir heute Covid-19 vielleicht besser verstehen und bald schon behandeln“, so Francesca Colombo von der „Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (OECD)

Keine Epidemie-Forschung
Mittel für Epidemien zu entwickeln, die vielleicht alle zehn, fünfzehn Jahre mal ausbrechen, vielleicht aber auch nicht, bieten BAYER & Co. kaum Aussicht auf verlässliche Renditen. „Vorsorge ist ein lausiges Geschäftsmodell, wenn es um steigende Margen und Aktien-Kurse geht“, konstatierten Jürgen Kaube und Joachim Müller-Jung jüngst in der FAZ. Der NOVARTIS-Chef Vasant Narasimhan räumte die Schwierigkeiten der Branche mit solchen Phänomen wie Corona dann auch freimütig ein. „Epidemiologische Kontrolle“ wäre das Gebot der Stunde, auf einen Impfstoff gilt es noch mindestens ein Jahr zu warten, sagte er in einem Interview. Auf die anschließende Frage der Journalistin, ob die Industrie angesichts der Seuchen der letzten Zeit wie SARS 1, der Vogelgrippe oder der Schweinepest nicht einmal etwas anderes tun sollte, als nur zu reagieren, nämlich zu versuchen, dem Virus zuvorzukommen, gab er eine klare Antwort. „Wenn diese Epidemien auftreten, gibt es sehr viel Interesse (...), aber danach verliert sich das Interesse wieder, und die Investoren ziehen sich zurück“, so erklärte Narasimhan in der TV-Sendung die Untätigkeit von Big Pharma auf diesem Sektor.
Diese dokumentiert auch der „Access to Medicine Index“. Die jüngste Ausgabe, die im November 2018 herauskam, verzeichnet bei den 20 größten Arznei-Unternehmen kein einziges Forschungsprojekt zu den bekannten Corona-Viren MERS und SARS 1. Dementsprechend unterfinanziert sind die Anstrengungen der Infektiolog*innen. Dem australischen Thinktank „Policy Cures Research“ zufolge flossen in den Bereich an Industrie-Geldern 2016 nicht mehr als 27 Millionen Dollar, 2017 50 Millionen und 2018 36 Millionen. Zum Vergleich: Im Geschäftsjahr 2019 investierte BAYERs Pharma-Sparte – Marketing-Kosten mit eingerechnet – rund 2,7 Milliarden Euro in Forschung & Entwicklung.
Über die Jahre haben immer mehr Firmen das Geschäftsfeld „Infektionskrankheiten“ abgewickelt. Übrig blieben vier große Player, die 80 Prozent des Marktes beherrschen. BAYER hat das Forschungsgebiet gemeinsam mit „Asthma“ und „Urologie“ bereits 2004 aufgegeben und die Sparte 2006 an die SANTOS HOLDING verkauft. Die Abteilung „Atemwegserkrankungen“ schlug der Leverkusener Multi noch früher los. Der Konzern vollzog zu dieser Zeit einen Strategie-Wechsel. Er wollte sich fortan auf viel Gewinn versprechende „High priority“-Projekte wie etwa Krebs-Therapeutika konzentrieren und nicht länger ein umfassendes Arznei-Angebot bereitstellen. Als „Gelübde an den Kapital-Markt“ bezeichnete die Börsen-Zeitung damals die Entscheidung.
Aus der Tropenmedizin – lange nur ein Teilgebiet der Infektionskrankheiten, inzwischen aber darüber hinausgehend – hatte sich der Global Player bereits 1987/88 verabschiedet. Hier konnte er Anfang des 20. Jahrhunderts einige Erfolge dabei erzielen, pharmakologischen Flankenschutz für die kolonialistischen Bestrebungen des Deutschen Reiches – oder wie BAYER es ausdrückt: „die kulturelle und wirtschaftliche Erschließung der Tropen“ – zu gewähren. Darum verlieh er seinem 1923 entdeckten Pharmazeutikum gegen die von der Tsetse-Fliege übertragene Schlafkrankheit auch den patriotischen Namen GERMANIN. Und noch zwei weitere Tropen-Arzneien brachte der Pillen-Riese heraus. Er entwickelte das Malaria-Mittel RESOCHIN, dessen Wirkstoff Chloroquin er 1937 zum Patent anmeldete, 33 Jahre später LAMPIT gegen die Chagas-Krankheit und Mitte der 1970er Jahre schließlich gemeinsam mit MERCK BILTRICIDE zur Behandlung der Bilharziose.
Das war es dann aber auch. Ab einem bestimmten Zeitpunkt verwaltete BAYER nur noch die Bestände, obwohl einzelne Präparate wie etwa RESOCHIN an Wirksamkeit einbüßten. „Ein neues Malaria-Mittel wäre ethisch wünschenswert, aber die Aufwendungen sieht eine Firma nie wieder“, bekundete der Leverkusener Multi. Die Welt am Sonntag veranlasste das zu einem bitteren Kommentar: „Die Pharma-Multis arbeiten nur nach ihren Satzungen – also nicht gegen die Geißeln der Menschheit, sondern für die Dividende. In diesem Umfeld sind Medikamente gegen Malaria und Lepra, Tuberkulose und Bilharziose nur Nischenfüller.“ Wie wichtig es dagegen gewesen wäre, die Tropenmedizin weiterzuführen, zeigt sich daran, dass zu den rund 115 derzeit getesteten Therapien-Ansätzen gegen SARS auch Versuche mit Chloroquin gehören. Ironischerweise verbreitete sich die Nachricht ein paar Monate nachdem das Unternehmen die Substanz aus dem Sortiment genommen hatte. „Grund dafür ist, dass die Herstellung des Arznei-Stoffs Chloroquin-Phosphat nicht mehr in der erforderlichen Qualität erfolgen kann. Die weltweite Suche nach einem alternativen Hersteller verlief laut Konzern erfolglos, sodass die Produktion zum Stoppen kam“, vermeldete das Web-Portal Apotheke adhoc im November 2019. Zuvor war es wegen der Fertigungsprobleme immer wieder zu Lieferengpässen gekommen.
Der Leverkusener Multi hatte dann auch mit der „Anschlussverwendung“ von RESOCHIN gar nichts mehr zu tun. Erste Forschungen mit dem Tuberkulose-Präparat als Antidot zum ersten SARS-Erreger unternahmen holländische Virolog*innen im Jahr 2004, Arbeiten zur Anwendung bei SARS-CoV-2 gab es jüngst in China. Diese bescheinigten dem BAYER-Mittel bei In-vitro-Versuchen „einen gewissen pharmakologischen Effekt“. Ein Test mit 100 Proband*innen schien das zu bestätigen, allerdings fand die Arznei-Prüfung wie auch eine weitere in Frankreich nicht unter den sonst üblichen strengen Bedingungen statt. Der Tübinger Tropenmediziner Peter Kremsner, der das Mittel gerade in einer allen wissenschaftlichen Anforderungen genügenden Doppelblind-Studie untersucht, warnt deshalb vor einer voreiligen Verwendung. „Wenn ich an Covid-19 erkrankt wäre, würde ich es (...) nicht einnehmen“, sagt er mit Verweis auf die Nebenwirkungen und Todesfälle nach Überdosierungen. Und tatsächlich starb in den USA bereits ein Mann an Chloroquin. Der Pillen-Riese aber nutzte die Wiederauferstehung seines just entsorgten Alt-Medikamentes für eine PR-Kampagne und spendete in den USA gleich mal drei Millionen Tabletten – wo immer er diese in der erforderlichen Qualität auf einmal auch hergeholt haben mochte.

Bill Gates als Ausputzer

Tropenmedizin betrieb der Konzern nur noch, wenn er auf öffentliche Unterstützung bauen konnte. So forschte er mit Geldern der „Bill & Melinda Gates Foundation“ (BMGS) an einem neuen Malaria-Medikament. Und NOVARTIS-Chef Narasimhan weiß auf die Frage: „Wie sorgen Sie für ein ausreichendes Investment, wenn das Interesse an Pandemien (...) nachlässt?“, auch nur die eine Antwort: Bill Gates. Er verweist auf die von dem Multi-Millionär mitgegründete „Coalition for Epidemic Preparedness Innovations“ (CEPI), die auch Zuwendungen der Bundesregierung erhält. CEPI fördert momentan unter anderem die Tübinger Firma CUREVAC und das Impfstoff-„Joint Venture“ des staatlichen US-amerikanischen „Instituts für Allergien und Infektionskrankheiten“ (NIAID) mit dem Biotech-Betrieb MODERNA.
„Das Corona-Virus scheint zu der langen Liste von Gesundheitsproblemen zu stoßen, denen die Industrie den Rücken zukehrt, es sei denn, es gibt zusätzliche Anreize von außen“, resümiert Ellen ’t Hoen von der Nichtregierungsorganisation MEDICINES LAW AND POLICY. Selbst wenn die Millionen dann bereitstehen, zieren sich die Firmen noch und besitzen die Unverschämtheit, die Annahme der Schecks an Bedingungen zu knüpfen. So bestanden sie CEPI gegenüber auf Profit-Garantien und Patent-Ansprüchen. ÄRZTE OHNE GRENZEN musste deshalb schon einen eindringlichen Appell an die Institution richten, zu den mit öffentlichen Mitteln geförderten Forschungen auch einen öffentlichen Zugang zu gewähren. Und nicht genug damit, dass die Unternehmen selbst mit leeren Händen dastehen, was SARS-CoV-2 betrifft. Sie scheuen sich nicht einmal, bei der Weiterentwicklung hoffnungsvoller Arznei-Kandidaten ihre Mithilfe zu verweigern. Als NIAID-Direktor Anthony Fauci, mit der Bitte an die Pharma-Multis herantrat, ihre Fertigungskapazitäten zur Verfügung zu stellen, um das von dem Institut gemeinsam mit MODERNA kreierte Vakzin für die anstehenden Klinischen Tests in ausreichender Menge zu produzieren, erhielt er nur Absagen. Es ist „sehr frustierend“, gab Fauci anschließend zu Protokoll.

Die CEPI und die „Bill & Melinda Gates Foundation“ sehen die Pillen-Industrie nicht unbedingt in einem besseren Licht. „Und man kann argumentieren, dass es auf dem Gebiet der Pandemie-Bereitschaft ein massives Marktversagen gibt“, sagt etwa BMGF-Vorstandschef Mark Suzman. Trotzdem kommt ihm kein kritisches Wort zum Gebaren der Branche über die Lippen. Er versteht die Foundation ganz diplomatisch als „Brückenbauer“ zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor, welche die Multis mit Millionen-Zuschüssen dazu verleiten will, nicht nur „in das nächste VIAGRA“ zu investieren. Nur übernimmt die Gates-Stiftung auf diese Weise faktisch die Funktion eines Ausputzers, die mit ihrer Politik dafür sorgt, dass alles so bleiben kann, wie es ist. Es müsste hier aber zu einschneidenden Veränderungen kommen, denn die Dysfunktionalität des Arznei-Business’ hat sich schon vor Corona erwiesen und zeigt sich nicht nur an seiner Vorliebe für gewinnbringende Lifestyle-Präparate.

Dysfunktionales System

BAYER bietet da ein gutes Beispiel. Die pharmazeutische Grundlagen-Forschung hatte der Konzern schon lange vor der Mitte der 2000er Jahre verkündeten „High priority“-Strategie ad acta gelegt. Und der mit deren Implementierung vollzogenen Kehrtwende fielen längst nicht nur die Anti-Infektiva zum Opfer. Auch die Suche nach neuen Antibiotika gab der Pillen-Produzent auf, trotz der immer häufiger auftretenden Resistenzen von Krankheitserregern gegen die alten Mittel. Präparate, welche die Menschen nur über einen bestimmten Zeitraum einnehmen dürfen, rechnen sich eben nicht. „Wir müssen Geld verdienen mit unseren Produkten. Das führt dazu, dass nicht alle Medikamente entwickelt werden, die wir brauchen“, mit diesen Worten umriss der ehemalige Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers einmal die politische Ökonomie des Medikamenten-Geschäfts. Um dieser zu entsprechen, entwickelt der Global Player statt dringend benötigter Mittel jede Menge Pharmazeutika, die niemand braucht. Er schafft es sogar, Krankheiten zu erfinden wie die „Wechseljahre des Mannes“, wenn es gilt, neue Absatz-Märkte zu schaffen. VIAGRA hat das Unternehmen natürlich auch im Angebot, in der Leverkusener Ausführung heißt es LEVITRA. Und anstatt sich den großen Menschheitsplagen zu widmen, kapriziert sich die Aktien-Gesellschaft auf seltene Krankheiten, locken hier doch laxere Zulassungsbedingungen und einträgliche Gewinne. Selbst die zunächst einmal sinnvoll erscheinende Aktivität auf dem Gebiet der Tumor-Behandlung erweist sich bei näherer Betrachtung als fragwürdig. So verlängert das Krebs-Mittel NEXAVAR das Leben der Patient*innen bloß um rund zwölf Wochen, schlägt aber pro Monat mit über 5.000 Euro zu Buche. Und es geht noch teurer: Das Onkologie-Therapeutikum VITRAKVI kostet in den USA 32.800 Dollar.

Zudem betrifft die Dysfunktionalität nicht nur die Produkte, sondern auch die Produktion. Wie andere Hersteller auch, fertigt der Konzern viele Inhalts- oder Grundstoffe für seine Medikamente nicht mehr selber, sondern kauft sie auf dem Weltmarkt ein, vor allem in China und Indien. Diese beiden Länder sind die ersten Glieder der globalen Lieferketten von Big Pharma, allerdings sehr fragile Glieder, weil sich die Fertigung auf immer weniger Anbieter konzentriert. Deshalb kommt es immer wieder zu Lieferengpässen. Davon war bei BAYER längst nicht nur RESOCHIN betroffen. Das die Gehirn-Durchblutung fördernde Produkt NIMOTOP, das Krebs-Präparat XOFIGO, das Herz/Kreislauf-Pharmazeutikum ADALAT, der Blutdruck-Senker BAYOTENSIN, das Kontrastmittel ULTRAVIST, das unter anderem bei der Akut-Behandlung von Herzinfarkten zum Einsatz kommende ASPIRIN i. v. 500 mg sowie die Johanniskraut-Arznei LAIF zur Behandlung milder Depressionen fehlten in den Apotheken ebenfalls schon. Insgesamt traten im vergangenen Jahr bei insgesamt ca. 270 Medikamenten Lieferengpässe auf; 2020 dürften es wegen der Corona-Krise deutlich über 300 werden, den in Wuhan dem Epizentrum der Pandemie, finden sich viele Arzneifabriken.

Alles in allem unterwerfen die Firmen das Gesundheitssystem knallhart dem Diktat des Profits. Die Kranken haben Glück, wenn sie an einer Krankheit leiden, deren Behandlung Renditen abwirft, wenn nicht, stehen sie auf dem Schlauch. Auch müssen die Patient*innen sich auf Gedeih und Verderb in die Abhängigkeit von den weltweiten Pharma-Lieferketten begeben und bei Lieferengpässen Gesundheitsstörungen oder Schlimmeres riskieren, nur weil die Globalisierung der Produktion sich für BAYER & Co. rechnet.

Diese ganzen Missstände führt auch die FAZ in ihrem Artikel „Ein Patient ist kein Kunde“ auf und stellt dann die V-Frage, die das British Medical Journal ebenfalls schon aufgeworfen hatte: „Ist es an der Zeit, die Pharma-Industrie zu verstaatlichen?“ Die FAZ-Autoren Jürgen Kaube und Joachim Müller-Jung beantworten sie angesichts des offensichtlichen Markt-Versagens durchaus positiv. „Wenn das, was sich als entscheidend erweist, um die Freiheit des öffentlichen und privaten Lebens zu schützen, von Firmen allein nicht bereitgestellt wird, sind – mit einem freundlichen Ausdruck – ‚Public Private Partnerships’ ohne Alternative“, schreiben sie. Unfreundlichere Ausdrücke verwenden und von „Verstaatlichung“ oder „Gesundheitssozialismus“ sprechen, wollen die beiden nicht. Aber sie fordern schon „eine stärkere Intervention in die pharmazeutische Grundsicherung, die nicht einfach dem Gewinn-Kalkül überlassen werden sollte, so als sei dieses Kalkül die mit immer demselben Zitat von Adam Smith belegbare Lösung aller Probleme“. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN braucht in ihrer Wortwahl hingegen keine Vorsicht walten zu lassen. Für sie hat die Corona-Krise einmal mehr demonstriert, wie lebensgefährlich die Pillen-Riesen agieren, wenn sie aus Profit-Gründen wichtige Forschungen unterlassen, Arzneien für immer weniger Krankheiten vorhalten, abstruse Lifestyle-Präparate entwickeln und noch nicht einmal für eine reibungslose Lieferung sorgen können. Darum fordert die CBG, dass BAYER & Co. unter gesellschaftliche Kontrolle gestellt werden müssen.

[Aufruf] NIE WIEDER!

CBG Redaktion

Die „Mordgesellschaft“ IG FARBEN sofort auflösen - ZwangsarbeiterInnen endlich entschädigen!

Im Jahr 1947/48 standen die Verantwortlichen der IG FARBEN in Nürnberg vor einem internationalen Gericht. Die Anklagepunkte lauteten u.a.: Beteiligung an Vorbereitung und Durchführung des Angriffskriegs Nazi-Deutschlands, Sklaverei sowie Raub und Plünderung. Heute existiert diese Verbrecher-AG noch immer.

Verantwortung für Krieg und Naziverbrechen
Die IG FARBEN, der Zusammenschluß von AGFA, BASF, BAYER, HOECHST und einiger kleinerer deutscher Chemiefirmen, steht wie kaum ein anderer Konzern für die enge Verflechtung zwischen der deutschen Wirtschaft und dem nationalsozialistischen Terror-Regime der Nazis. Die IG FARBEN profitierte von der Politik der NSDAP wie die Nazis von der Unterstützung der IG FARBEN profitierten. Die IG FARBEN war der größte Einzel-Finanzier der NSDAP; baute maßgeblich Hitler auf, befürwortete ausdrücklich dessen Kriegspläne und schaffte mit ihren Hitler persönlich gemachten Zusicherungen der Lieferung von Treibstoff, Munition etc. überhaupt erst die Möglichkeit für die Nazis, einen internationalen Krieg loszubrechen. Der Vorstand der IG FARBEN legte seine Interessen z.B. in einem Papier mit dem Titel „Neuordnung“ nieder. Dort plante die IG FARBEN die (wirtschaftliche) Eroberung der Welt im Gefolge der nationalsozialistiischen Heerscharen.

Die IG FARBEN mit ihren Niederlassungen, Töchtern und Verbindungen in aller Welt, auch in den USA, verdiente auf beiden Seiten der (West-) Front. Sowohl die Nazi-Bomber, als auch die Maschinen der West- Alliierten flogen mit IG FARBEN-Sprit. Die IG FARBEN verdiente an todbringenden Waffen, an Medikamenten für sterbende Soldaten und zivilen Kriegsopfern, an der „Industrialisierung“ des Völkermords in den KZs, an der massenhaften Versklavung von Häftlingen und „Feindbevölkerung“ sowie an der Einverleibung aller nur irgend geeigneten „eroberten“ Betriebe.

Perverse Verbrechen und Massenmord
In ihrer Profitgier hat die IG FARBEN perverse Verbrechen und Massenmord begangen. Der Konzern perfektionierte das von IG FARBEN-Gründer Carl Duisberg bereits im Ersten Weltkrieg „erfundene“ System der Zwangsarbeit. In allen Werken des Konzerns wurden Abertausende von ArbeitssklavInnen bis zum Tod geknechtet. Mit dem Terrror-Instrument der SS wurde jeder Widerstand unterdrückt.
Für geringste Beträge von der SS „gekaufte“ Häftlinge wurden von den IG FARBEN-Wissenschaftlern in grausamen „medizinischen“ und anderen Versuchen bei vollem Bewußtsein zu Tode gequält. Der KZ-Arzt Mengele, der in berüchtigten Versuchen Häftlinge zu Tode brachte, wurde direkt von der IG FARBEN finanziert. Der Massenmord an der jüdischen Bevölkerung und an den Sinti und Roma wurde mit dem IG FARBEN- Giftgas Zyklon B „perfektioniert“. Im IG FARBEN eigenen KZ Auschwitz III Monowitz (IG Monowitz) und seinen Nebenlagern fanden ca. 30 Tausend Häftlinge den Tod durch brutalste Ausbeutung.

Milde Strafen im Zeichen des Kalten Krieges
Das Urteil für die Kriegsverbrecher der IG FARBEN vom 29. Juli 1948 entsprach in keinster Weise den Verbrechen: nach 152 Verhandlungs-
tagen gab es nur Minimalstrafen für einige Angeklagte von bis zu acht Jahren Haft. Das Urteil stand im Zeichen des bereits ausgebrochenen Kalten Krieges. Die westlichen Aliierten hatten beschlossen, die alten Eliten zu rehabilitieren, um ein wirtschaftlich starkes Westdeutschland als „Bollwerk gegen den Kommunismus“ aufbauen zu können.

Die weiteren geplanten Prozesse, die unter anderem gegen SIEMENS, KRUPP, DRESDNER BANK und DEUTSCHE BANK hätten geführt werden sollen, fanden gar nicht mehr statt. Bereits am 31. Januar 1951 wurden die noch in Haft befindlichen Manger und Direktoren der IG FARBEN begnadigt. Alle Konzern-Führer fanden sich in Westdeutschland in Top-Positionen wieder, viele bei den Nachfolge-Firmen der IG FARBEN, bei BAYER, HOECHST und BASF. Selbst mit dem Bundes-
verdienstkreuz wurden IG FARBEN-Verbrecher ausgezeichnet.

Weder Reue noch Einsicht
Die IG FARBEN müßten nach dem Urteil von 1948 seit spätestens 1953 aufgelöst sein. Aber die „Mordgesellschaft“ existiert noch immer!
Seit nunmehr fast 50 Jahren zieht sie noch immer Profite aus ihren in Reichsmark notierten Aktien. Gleichzeitig verweigert sie - und mit ihr die anderen Nachfolge-Konzerne BASF, BAYER und HOECHST - gerechte und angemessene Wiedergutmachung für die Opfer und Angehörigen der Opfer ihrer Terror-Tätigkeit in der Zeit des Hitler-Faschismus. Sie setzen darauf, daß die Opfer sterben, die Ansprüche stellen könnten.

Und heute?
Seien wir uns stets bewußt: Jede der IG FARBEN-Firmen BASF, BAYER und HOECHST/AVENTIS ist heute um ein Vielfaches mächtiger und gigantischer als die IG FARBEN seinerzeit. Die Profitgier der großen deutschen Konzerne und Banken hat bereits zweimal dazu beigetragen, die Welt innerhalb eines Jahrhunderts in Schutt und Asche zu legen.
Die IG FARBEN hatte wesentlichen Anteil daran. Ohne Aufarbeitung der Vergangenheit besteht jederzeit die Gefahr einer Wiederholung.

Wir rufen auf zur Demonstration:
Einmal jährlich bereitet eine Demonstration den Aktionären, die zur Hauptversammlung der IG FARBEN anreisen, ein „Spalier der Schande“ und konfrontiert sie mit den Forderungen. In aller Regel findet die Hauptversammlung in Frankfurt statt. Termin und Ort der aktuell anstehenden Demonstration können bei uns erfragt werden.

Wir fordern:

* Die IG FARBEN i.A. muß ihre Geschäfte sofort beenden, der Handel mit diesen „Blut-Aktien“ muß unterbunden werden.
* Sofortige Auszahlung des Restvermögens der IG FARBEN an die Überlebenden der Zwangs- und Sklavenarbeit.
* Die angemessene Entschädigung aller IG FARBEN-ZwangsarbeiterInnen und ihrer Hinterbliebenen durch die IG FARBEN sowie die Nachfolgefirmen muß endlich erfolgen.
* Die Ansprüche der Opfer müssen vererbbar werden.
* Die IG FARBEN und die Nachfolgefirmen müssen die Finanzierung und den Erhalt der die IG FARBEN betreffenden Gedenkstätten Auschwitz und Schwarzheide sicherstellen.
* Die IG FARBEN und die Nachfolger müssen endlich freien Zugang zu ihren Archiven gewähren.

Zur Unterstützung der Forderungen bitten wir um Unterzeichnung dieses Aufrufs.

ErstunterzeichnerInnen:

* Aktion Alternativer BASF-AktionärInnen/Mannheim
* Aktion Sühnezeichen Friedensdienste/Berlin
* Auschwitzkomitee/Hamburg
* Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte/Köln
* Coordination gegen BAYER-Gefahren/Düsseldorf
* Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre/Köln
* Deutscher Gewerkschaftsbund/Frankfurt
* Forschungsgruppe ZYKLON B/Dessau
* Interessengemeinschaft der Verfolgten des Nazi-Regimes - Bund der Antifaschisten/Berlin
* Interessengemeinschaft ehemaliger Zwangsarbeiter unter dem NS-Regime/Stuttgart * Lagergemeinschaft Auschwitz/Frankfurt
* Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten/Hannover
* Verein zur Erforschung der IG FARBEN in Auschwitz/Hamburg

Weitere UnterzeichnerInnen:

agimos verlag/Kiel * Aktion Courage/Hilden * Aktionskonferenz Nordsee/Bremen * Allgemeiner StudentInnenausschuß Fachhochschule/Bielefeld * Allgemeiner StudentInnenausschuß Gesamthochschule/Duisburg * Allgemeiner StudentInnenausschuß Heinrich Heine Universität/Düsseldorf * Allgemeiner StudentInnenausschuß Justus-Liebig-Universität/Gießen * Allgemeiner StudentInnenausschuß Technische Universität/Braunschweig * Allgemeiner StudentInnenausschuß Technische Universität/Clausthal * Allgemeiner StudentInnenausschuß Universität/Dortmund * Allgemeiner StudentInnenausschuß Universität/Hannover * Allgemeiner StudentInnenausschuß Universität Köln Ökologiereferat/Köln * Alternative Liste GHS/Duisburg * Alternative Liste/Radevormwald * Anti-Atom-Gruppe StadtpiratInnen/Darmstadt * Antifaschistische Initiative/Hameln-Pymont * Antifaschistisches Jugendbündnis/Darmstadt * Antifa/Dessau * Antirassistische Initiative/Berlin * Arbeitsgemeinschaft Sozialpolitischer Arbeitskreise/München * Arbeitskreis IG FARBEN/Aachen * Arbeitskreis Widerstand und Arbeitergeschichte/Waldkirch * Arbeitskreis Wissenschaftlicher Tierschutz/Stuttgart * Berliner Vereinigung ehemaliger Teilnehmer am antifaschistischen Widerstand, Verfolgter des Naziregimes und Hinterbliebener/Berlin * Bündnis 90/Die Grünen Niedersachsen/Hannover * Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz/Bonn * Bundesfachtagung der Chemiefachschaften/Aachen * Bundesverband gegen Giftgas/Pirmasens * BUNDjugend/Darmstadt * Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen/Frankfurt a.M. * Deutsche Gewerkschaftsjugend/Frankfurt a.M. * Deutsche Kommunistische Partei Parteivorstand/Essen * Die Grünen im Umlandverband/Frankfurt a. M. * „Dritte“ Welt Haus/Frankfurt * Eine Welt Laden/Geisenheim * Fachschaft Chemie Technische Universität/Braunschweig * Förderkreis Friedenserziehung und Völkerverständigung/Bochum * Frauen gegen Gen- und Reproduktionstechnologie/Frankfurt * Friedenskreis/Rothenburg * Friedensladen/Heidelberg * Gewerkschaft Holz und Kunststoff/Frankfurt a. M. * Gewerkschaft Nahrung, Genuß, Gaststätten/Frankfurt a. M. * Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Stadtverband/Bonn * Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Studierendengruppe/Bonn * Grüne Alternative/Witten * Grüne Jugend/Frankfurt * Grüne Liga/Berlin * Grüner Weltladen/Berlin * Industriegewerkschaft Medien/Berlin * Industriegewerkschaft Medien/Frankfurt a. M. * Industriegewerkschaft Medien Hauptvorstand/Stuttgart * Industriegewerkschaft Metall/Frankfurt a. M. * Infoladen ‚Volk und Wissen‘/Dessau * Initiative F.E.N.I./Bremen * Institut für Ökologie und Aktions-Ethnologie/Köln * Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit/Berlin * Internationale Liga für Menschenrechte/Berlin * Interessengemeinschaft Komunale Trinkwasserversorgung in Bayern/Rothenbuch * junge welt LeserInneninitiative/Hameln-Pymont * Jungsozialisten in der SPD Bundesvorstand/Bonn * Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär/Berlin * Kommunistische Partei Deutschlands/Erfurt * Koryphäe/Oldenburg * Kreis für friedenspolitische und demokratische Bildung/Kirchberg * Lagergemeinschaft und Gedenkstätte KZ Moringen/Moringen * Linke Liste/Aachen * Marxistische Blätter/Essen * Marxistisch Leninistische Partei Deutschlands/Essen * Missionszentrale der Franziskaner/Bonn * Naturfreundejugend/Schwerte * Netzwerk Selbsthilfe/Berlin * Ökologische Linke BundessprecherInnenrat/Frankfurt * Partei des Demokratischen Sozialismus Bundesvorstand/Berlin * Pax Christi Deutsches Sekratariat/Bad Vilbel * Projektwerkstatt/Darmstadt * Radiogruppe im AJZ/Bielefeld * Selbstorganisation der Zivildienstleistenden/Frankfurt * Schmetterling Verlag/Stuttgart * Solidarische Kirche/Mönchengladbach * TIAMAT/Düsseldorf * Über den Tellerrand hinaus - Initiative für eine Welt/Bonn * Unrast Verlagskollektiv/Münster * Verband der demokratischen Pharmazeutinnen und Pharmazeuten/Hamburg * Verein zur Förderung der Partnerschaft mit den Völkern der Dritten Welt/Blaustein Herrlingen * Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten Landesverband Hessen/Frankfurt a.M. * Verein ‚Leben und Arbeiten im Gallus und Griesheim‘/Frankfurt a.M. * Verlag Neuer Weg/Essen * Weltladen Bonn

Elisabeth Fritsch/Wien (Austria) * Dietrich Schmiedel/Diest (Belgium) * Ina Ranson-Schmidt/Versailles (France) * Rudy Kennedy/London (Great Britain) * Fred Knoller/London (Great Britain) * Prof. Dr. Grigorij E. Wedel/Woronesh (Russia) * Committee for Appropriate Acknowledgment/Pittsburgh (USA) sowie ca. 1.500 Einzelpersonen

[Peter Gingold] Tod von Peter Gingold

CBG Redaktion

Am 28. Oktober verstarb Peter Gingold. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat gemeinsam mit Peter viele Jahre für die Auflösung der „Blut-Firma“ IG Farben i.A. gekämpft. Das Bild zeigt ihn bei den Protesten gegen die IG Farben-Hauptversammlung 2001.

30.10.06; Neues Deutschland

Résistance - ein Leben lang

Zum Tod des Antifaschisten Peter Gingold

Am Sonnabend verstarb im Alter von 90 Jahren Peter Gingold, antifaschistischer Widerstandskämpfer, Kommunist aus jüdischem Elternhaus, Internationalist. „Résistance ist gleich Widerstand“ war sein Motto. Ein Leben lang.

Geboren am 8. März im Kriegsjahr 1916 erlebte Peter Gingold schon als Kind und heranwachsender Jugendlicher soziale Not und Ausgrenzung - in der ersten deutschen Republik, die sich die Weimarer nannte. Alte Zöpfe aus Kaisers Zeiten hatten noch vielfach das Sagen, alter und neuer Antisemitismus überschattete das Land. So wurde der junge Gingold früh politisiert. Politische Überzeugung und Handeln war für ihn eins. Er organisierte sich in der sozialistischen Arbeiterjugendbewegung und engagierte sich lange vor dem 30. Januar 1933, dem berüchtigten, schwärzesten Tag deutscher Geschichte, als Hitler die Macht übertragen bekam, im antifaschistischen Kampf.
Nach seiner ersten Verhaftung durch die Nazis im Juni 1933 sieht er sich gezwungen, in die Emigration zu gehen. Er übersiedelt nach Paris, wo bereits seine Eltern und Geschwister lebten. Dort setzte er seinen antifaschistischen Kampf fort, gehörte zu den Gründern der überparteilichen Freien Deutschen Jugend (FDJ) und wurde Mitglied der KPD. Hier lernte er auch Ettie Stein-Haller kennen, die er 1940 heiratete. Über sechzig Jahre lebten sie zusammen und haben sich gegenseitig in ihrer politischen Arbeit und Überzeugung gestützt und gestärkt. Nach dem faschistischen Überfall auf Frankreich arbeiteten beide in der französischen Résistance. 1943 geriet Peter Gingold in die Fänge der Gestapo. Ihm gelang jedoch die Flucht. Im August 1944 nahm er am Aufstand zur Befreiung von Paris teil. Den 8. Mai 1945, „das Morgenrot der Menschheit“, erlebte er bei den italienischen Partisanen in Turin. Zurückgekehrt nach Frankfurt (Main) gründeten Peter und Ettie die hessische VVN mit. Politische Heimstatt war wieder die KPD. Doch während Peter für seine antifaschistische Arbeit in Frankreich und Italien geehrt wurde, erlebte er in Deutschland lange Jahre gesellschaftliche Ächtung und Ausgrenzung. Als Widerstandskämpfer und Kommunist wurden ihm und seiner Frau viele Jahre die deutsche Staatsbürgerschaft verweigert. In Gefolge des KPD-Verbots musste Peter Gingold zeitweilig wieder in die Illegalität gehen. Später musste er erleben, dass man auch seine Tochter Sylvia wegen ihrer politischen Überzeugung mit Berufsverbot belegte.
All das hat ihn nicht abgehalten, sich für seine Vision von einer sozialen und menschenwürdigen Gesellschaft, frei von Krieg und Ausbeutung einzusetzen. Dass man dazu einen sehr langen Atem brauche, auch Rückschläge verkraften müsse, vermittelte er in zahllosen Gesprächen und Vorträgen, besonders gegenüber jungen Zuhörern. Und er forderte die jungen Leute stets auf, auch selber aktiv zu werden gegen Neofaschismus, Rassismus und soziale Ungerechtigkeit.
Peter Gingold war ein viel gefragter Redner, Gesprächspartner und Zeitzeuge, der politisch reflektiert, engagiert und persönlich authentisch historische Zusammenhänge vermitteln konnte. Er wurder eingeladen von Gewerkschaften oder der autonomen Antifa, von Universitäten oder der DKP und natürlich von der VVN-BdA, für die er in den letzten Jahren als Bundessprecher politisch aktiv war. Hier - und das zeigte besonders eindrucksvoll die Feier zu seinem 90. Geburtstag im Frankfurter DGB-Haus - erlebte er die Anerkennung, die ihm die bundesdeutsche Gesellschaft verweigert hatte. Von Ulrich Schneider

Frankfurter Rundschau, 30. Oktober 2006
Frankfurter Widerstandskämpfer

Nazi-Gegner Gingold ist tot

Frankfurt - Peter Gingold ist tot. Der frühere Widerstandskämpfer gegen die Nationalsozialisten starb am Samstag im Alter von 90 Jahren. Das teilte Peter Altmann im Auftrag des hessischen Landesverbands der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN) am Sonntag mit. Gingold war viele Jahre Bundessprecher der VVN.

Mit Peter Gingold verliert die Frankfurter Stadtgesellschaft ihren wohl prominentesten noch aktiven Nazi-Gegner. Fast bis zuletzt trat der Niederräder in Schulen, bei Gedenk- und Protestveranstaltungen auf und berichtete von seiner Zeit in der französischen Résistance und warnte vor dem wieder erstarkenden Faschismus.

Der Sohn einer jüdischen Familie wurde 1916 in Aschaffenburg geboren und kam 1929 nach Frankfurt. Er prügelte sich schon 1931 mit Hitler-Anhängern auf der Straße, wurde 1933 verhaftet und ging nach seiner Freilassung mit seiner Familie nach Frankreich. Dort schloss er sich dem kommunistischen Widerstand an. Ab 1940 kämpfte er gegen die deutsche Besatzung. Zwei seiner Geschwister starben im KZ Auschwitz, er selbst entkam der Haft durch einen Trick. 1945 kehrte er nach Frankfurt zurück.

[RP] HV 2007

CBG Redaktion

28.04.2007 Rheinische Post

Bayer hält am Siemenschef fest

Die Bayer-Hauptversammlung lockte gestern ein bunt gemischtes Publikum an: von bieder bis komisch, von kritisch bis analysierend reichte die Besucherpalette. Eines konnten alle: die Bayer-Manager live erleben.

Unter starken Sicherheitsvorkehrungen hat gestern pünktlich um zehn Uhr die Bayer-Hauptversammlung in der Kölner Messehalle 9 begonnen. Über eine Stunde zuvor hatten sich zwei Dutzend Demonstranten vor dem Haupteingang postiert. Sie bauten ein gemaltes Skelett und ein „Giftfass“ auf, um gegen die geplante, aber immer noch nicht genehmigte Verbrennung von australischem Giftmüll zu protestieren.

Bayer will bekanntlich - auch in Leverkusen - Material, das mit dem hochgiftigen Hexachlorbenzol (HCB) belastet ist, in den Sondermüllanlagen vernichten. Dies ist grundsätzlich zulässig. Angeblich gibt es in Australien keine Möglichkeit, diesen Problemmüll dort zu entsorgen. Die Prüfungen, ob der HCB-Transport rund um die halbe Welt überhaupt zugelassen wird, laufen noch - wahrscheinlich bis Ende Mai.

Bei den Demonstranten dabei auch Vertreter des „Eine Welt Netz NRW“.
Der Protest direkt vor dem streng bewachten Haupteingang verlief friedlich. Bayer-Sicherheitskräfte kennen ihre „Gegner“ teils seit fast 30 Jahren, beide Seiten gehen aber inzwischen entspannt miteinander um. Nur einmal musste ein Protestler Personalien angeben: Er hatte mit einem Protestplakat einen geparkten Wagen leicht verschrammt. Vertreter der Demonstranten ergriffen auch auf der Hauptversammlung das Wort. Sie kritisierten angebliche Steuergeschenke für Bayer „auf Kosten der Hartz IV-Empfänger“, sie fragten nach der Lipobay-Krise, nach der HCB-Verbrennung und klagten über die Wiederwahl von Siemenschef Dr. Klaus Kleinfeld in den Aufsichtsrat.

Bayer-Aufsichtsratsvorsitzender Dr. Manfred Schneider stufte einige Aussagen der Bayer-Kritiker als „kommunistisches Manifest“ ein, das „wir seit Jahren hier hören“. Schneider: „Aber glauben Sie nicht, dass Sie uns überzeugen können.“ Am Rednerpult lief auch eine kleine Modenschau ab: vom dezenten Geschäftsanzug, über das leichte ärmellose Sommerkleid bis hin zum T-Shirt, rot-weiß karierter Flätschkappe zum Dreitagebart gab es viele Auftrittsvarianten (Auffallend übrigens auch das fast schon wallende Haupthaar von Schneider.)

Zuvor hatte Bayer-Vorstandsvorsitzender Werner Wenning in einem Kurzbericht die Finanzsituation des Konzerns vorgestellt. Wenning präsentierte erwartungsgemäß erfreuliche Zahlen. Offenbar auch mit Blick auf die Bestechungsaffäre bei Siemens betonte der Bayer-Chef Wenning: „Geschäfte, die nur mit unlauteren Methoden gemacht werden können, kommen für uns nicht in Betracht. Denn nur so sind wir in der Lage nachhaltig zu wachsen.“ Es sei „selbstverständlich, dass wir keinerlei Verstöße gegen Gesetze dulden“.

Ein paar Meter neben Wennings Rednerpult saß derweil Dr. Klaus Kleinfeld, der scheidende Siemens-Manager. Über ihn hatte der Bayer-Aufsichtsratsvorsitzende Schneider schon in der Begrüßung gesagt, dass es bei Kleinfeld „keinerlei Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten“ bei Siemens gebe. „Daher halten wir an unserem Vorschlag (Kleinfeld-Wahl für den Aufsichtsrat) fest“, sagte Schneider. Die Aktionäre im Saal spendeten Beifall. VON ULRICH SCHÜTZ

[Demonstration] Bienensterben: Demonstration vor dem Bundesamt für Verbraucherschutz

CBG Redaktion

Datum: Freitag, den 18. Juli 2008 ab 10:00 Uhr

Honigbienen sind BioIndikatoren, die die Gesundheit der Umwelt anzeigen. Vor kurzem sind in Baden und in Bayern 11.500 Bienenvölker mit 330 Millionen Einzelbienen an dem Gift Clothianidin gestorben. Die Dunkelziffer der toten Wildinsekten, Vögel, Amphibien und anderen Tieren ist unbekannt. Nachweislich ist der Wirkstoff Clothianidin die Ursache für diese Umweltkatastrophe. Kaum einen Monat später wird die Zulassung für Clothianidin erneuert.

Clothianidin ist laut eigenen Angaben des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sehr giftig für Wasserorganismen, giftig für Nutzorganismen, Algen, Insekten, Fische und Vögel. Clothianidin ist giftig für den Menschen.

Trotzdem wurde die Zulassung erneuert. Clothianidin gehört zu einer neuen Generation von Insektiziden, den Neonicotinoiden. Mit einer Anreicherung in der Umwelt ist zu rechnen, vergleichbar mit der weltweiten Anreicherung von DDT. Wußten Sie, daß Sie DDT in sich tragen? Die Honigbienen haben uns gezeigt - das neue DDT ist in Form von Neonicotinoiden im Anmarsch.

Deswegen demonstrieren wir am Freitag, den 18. Juli 2008 um 10:00 Uhr vor dem Gebäude des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Wir demonstrieren für unsere Bienen, unsere Umwelt und ihre Gesundheit.
Helfen Sie uns!
Wir brauchen Sie.

Adresse:
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
Bundesallee 50, Gebäude 247
38116 Braunschweig

Fragen beantwortet Ihnen ihr Imker vor Ort, der Ihnen diesen flyer gegeben hat. Oder Bernhard Heuvel unter der Rufnummer 01774864748. EMail: Bernhardundee@online.de

[Musterbrief] Musterschreiben

CBG Redaktion

Musterbrief zu den Veröffentlichungen von Bayer MaterialScience

Sehr geehrter Herr Breuer,

vielen Dank für Ihr Schreiben. Leider geht aus diesem erneut nicht hervor, warum Bayer nicht am Standort Krefeld-Uerdingen eine neue CO-Produktionsanlage baut. Dann könnte auf den Betrieb der CO-Pipeline und die unnötige Gefährdung der Anwohner gänzlich verzichtet werden.

Sie schreiben, dass CO aus Kohlendioxid, Erdgas und Dampf hergestellt wird, dass CO2 am Standort Dormagen als Nebenprodukt anfällt und dass die Pipeline daher einen Beitrag zur Entlastung der Umwelt leiste. Laut Europäischem Schadstoffregister produziert jedoch die Bayer Industry Services am Standort Uerdingen allein 1,15 Millionen Tonnen CO2 (siehe: http://www.eper.de/eper2/0_common/0_details.php?id=06-05-23%2F9021016%2F0%2F000). Sollte das umstrittene Kohlekraftwerk auf dem Uerdinger Werksgelände gebaut werden, so fielen weitere 4,4 Mio Tonnen Kohlendioxid an. In Uerdingen ist also weit mehr als genug CO2 als „Rohstoff“ vorhanden.

Ihre Aussage „Pipelines sind sowohl unter Sicherheits- als auch unter Umweltaspekten das beste Transportmittel“ suggeriert, dass durch den Transport von CO per Pipeline andere Transporte - z.B. per Schiff oder Lkw - überflüssig werden. Dies wurde auch wiederholt im Landtag oder von Vertretern der IGBCE geäußert. Natürlich ist dies nicht der Fall, da es gegenwärtig keine nennenswerten CO-Transporte gibt. Es sollte dringend das Prinzip bestehen bleiben, dass Gefahrstoffe allenfalls dort produziert werden, wo sie benötigt werden.

Der Bau der Pipeline mag betriebswirtschaftlich Sinn machen. Dem Allgemeinwohl dient er nicht. Daher lässt sich die Gefährdung der Bevölkerung nicht rechtfertigen.

Mit freundlichen Grüßen

[CO Pipeline] CO Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

NRhZ, 10. März 2011

Gefährliche CO-Pipeline von BAYER kommt ab 23. Mai wieder vor Gericht

Kläger: „Bauer Muhr“

Seit mehr als drei Jahren versucht der BAYER-Konzern das 67 Kilometer lange CO-Giftrohr von Köln-Worringen bis nach Krefeld-Uerdingen durchzusetzen. Über die Gefahren für die Anwohner und deren Widerstand gegen das Giftgas-Projekt hat die NRhZ immer wieder berichtet. Nun wurden vom Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf für „die gesamte 21. Kalenderwoche 2011, beginnend Montag, den 23. Mai 2011“, 9.00 Uhr, Verhandlungstermine „gegen die Planfeststellung in Sachen CO-Pipeline“ der Bezirksregierung angesetzt. Einer der Kläger ist der Landwirt Heinz-Josef Muhr.

Der „Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung zur Errichtung und zum Betrieb einer Rohrfernleitungsanlage zum Transport von gasförmigem Kohlenmonoxid von Köln-Worringen bis nach Krefeld-Uerdingen“ mit seinen 478 Seiten trägt das Datum vom 14. Februar 2007. Der Beschluss „regelt“ alles zugunsten von BAYER, kommt aber auf Seite 338 immerhin zu der Feststellung: „Eine absolute Sicherheit ist mit dieser technischen Anlage allerdings niemals zu erreichen und kann weder durch den zukünftigen Betreiber der Rohrfernleitungsanlage noch behördlicherseits durch nochmals weitergehende Auflagen erreicht werden.“ Auf Seite 342 heißt es ergänzend, „dass bei dem Betrieb von Rohrfernleitungen tödliche Unfälle und Verletzungen nicht ausgeschlossen sind.“ Genehmigt wurde trotzdem. Seitdem gab es 27 Planänderungsbescheide und -beschlüsse für die Giftgas-Leitung, weil BAYER immer wieder eigenmächtig „Planabweichungen“ vornahm.

Die Termine für die Verhandlung verfügte der Vorsitzende Richter am VG, Schwerdtfeger, für die 3. Kammer des Gerichts, denn die 3. Kammer ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des VG zuständig für „Planfeststellungs- und Enteignungsrecht nach dem Gesetz über Enteignung und Entschädigung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20. Juni 1989“. 65 „Einwender“ gegen die CO-Pipeline wurden 2007 dokumentiert. Die Befürchtungen der „Einwender“ waren eindeutig. Die Antworten der Bezirksregierung Düsseldorf ebenfalls. Beispiel „Einwender Nr. 61“: „Der Einwender wendet sich gegen die Inanspruchnahme von Flächen.“ Der „Textbaustein“ der Behörde dazu auf Seite 467: „Der Einwand wird zur Kenntnis genommen, eine Abänderung der Trassenplanung bewirkte es nicht.“

Ein „Einwender“, der sich einen solchen Bescheid nicht gefallen ließ, und Kläger in der Auseinandersetzung mit BAYER wurde der 77 Jahre alte Heinz-Josef Muhr. Er ist Landwirt im Monheimer Stadtteil Baumberg und Bürgerrechtler. Als „Bauer Muhr“ wurde er durch seinen Widerstand gegen die Enteignung eines Teils seiner Grundstücke im Trassenverlauf der geplanten Pipeline sogar in überregionalen Medien bekannt. Und die Stadt Monheim koordinierte ihr Vorgehen mit dem “Musterkläger Muhr„, um den Bau der Pipeline für rechtswidrig erklären zu lassen.

Auch die Stadt Düsseldorf war - wie Monheim und andere Städte und Gemeinden entlang der Pipeline-Strecke - nicht bereit, eigene Grundstücke zugunsten des BAYER-Konzerns abzutreten. Dabei musste sie eingestehen, dass sie nur unzureichend von dem “Vorhabenbetreiber“ - also BAYER - und der Genehmigungsbehörde informiert wurde. In ihrer Antwort auf eine Anfrage der DKP im Gerresheimer Rathaus hieß es zum Beispiel: „In welcher Art und Weise die Anforderungen der technischen Regel für Rohrleitungsanlagen (TRFL) - insbesondere hinsichtlich der Hanglage im Bereich des Dahlhofsweges - während des Planfeststellungsverfahrens von der Bezirksregierung Düsseldorf berücksichtigt werden, liegen der Verwaltung keine Informationen vor.“

Als erste Umweltorganisation hatte die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) - die sich bereits seit 30 Jahren mit allen Risiken, die von der Geschäftspolitik der Bayer AG ausgehen, befasst - bereits Anfang 2006 auf die Gefahren der CO-Pipeline hingewiesen. “Wir haben frühzeitig in den Hauptversammlungen der Bayer AG gegen das Projekt protestiert, Flugblätter und Aufkleber gestreut und Demonstrationen mit vorbereitet„, so Philipp Mimkes von der CBG. Gegen die CO-Pipeline gibt es inzwischen mehr als 110.000 Unterschriften. Und es fanden natürlich zahlreiche Demonstrationen gegen die Pipeline statt. - “Bauer Muhr„ ist also nicht allein in seinem Kampf.

Auch die DKP in Gerresheim bei Düsseldorf solidarisierte sich mit ihm. Über mehrere Jahre hat sie immer wieder “Schwachstellen“ im östlichen Düsseldorfer Trassenabschnitt dokumentiert und zur Anzeige gebracht. Ergebnis: Die Polizei gab diese Anzeigen weiter an die Genehmigungsbehörde. Und von der Bezirksregierung gab es bestenfalls einen der oben erwähnten "Textbausteine“ als Antwort. Uwe Koopmann

Alle Infos zur Kampagne der Coordination

[Laudatio] Henry Mathews Preis

CBG Redaktion

Henry Mathews Preis 2011

Laudatio für Axel Köhler-Schnura am 24.09. 2011 in Köln

Von Dorothea Kerschgens, Dachverband der Kritischen Aktionäre

Heute bist Du dran, Axel und erhältst den Henry Mathews Preis.

Axel, Du bist Urgestein bei den Kritischen Aktionären und bei der Coordination gegen Bayer Gefahren. Ich wäre ja gerne Mäuschen gewesen bei den damaligen Gesprächen in der Vorbereitung zu den Kritischen Aktionären vor mehr als 25 Jahren.

Du bist Gründungsmitglied der CBG und bis heute Vorstandsmitglied. Die CBG entwickelte sich seit 1978 aus einer deutschen Bürgerinitiative und vernetzte sich zunächst deutschlandweit, seit Anfang der 1980er Jahre auch international.

Bereits seit 1982 war und ist die CBG auf den jährlichen Aktionärsversammlungen der Bayer AG vertreten. Einmal hast Du für den Aufsichtsrat kandidiert, als sich ein Mitglied dieses Gremiums entschuldigte.

Eine beeindruckende Anzahl von Aktionen hat Eure konzernkritische Arbeit begleitet. Zum Beispiel im Jahr 2000, als Ihr auf dem jährlich stattfindenden Gedenktag „Day of no Pesticides“ an die Bhopalopfer des Giftgasunfalls in Indien 1984 erinnertet und mit Giftspritzen, Kreuzen und Transparenten vor Bayer aufgetreten seid.

Wenn Bayer jetzt Pestizide der von der WHO gelisteten höchsten Gefahrenklasse vom Markt nehmen will, ist das Euer Verdienst. Auch wenn dies aus Eurer Sicht zu spät kommt.

Die Aufdeckung der Zusammenarbeit der Uni Köln mit Bayer geht sicher zum Teil auch auf Euer Konto.

Neben den Hauptversammlungs-Auftritten und Aktionen begleitet Ihr Bayer mit kritischen Analysen. Daneben unterstützt Ihr weltweit Bürgerinitiativen, wenn sie in Euer Aufgabenfeld gehören.

Damit genug von dieser Seite. Du bist auch Wegbegleiter von Henry gewesen, hast ihn gut gekannt und für ihn und uns eine wunderbare Rede bei seiner Trauerfeier vor fünf Jahren gehalten.

Im privaten Umgang erlebe ich dich immer wieder als sehr freundlichen, zugewandten Menschen. Aber in der Kritik mit Konzernen bist du scharf wie eine rote Peperoni. Aus Deinen Reden bei den Bayer Hauptversammlungen lese ich immer wieder Deine tiefe Sorge um Gegenwart und Zukunft, was ökologische und soziale Fragen angeht. Dir sind Gerechtigkeit und Frieden wichtige Ziele. Du lieferst detaillierte Kenntnisse zu dem Konzern, den du schon lange begleitest und schmiedest sie zu einem scharfen Schwert, das du wortreich schwingst.

Dazu stellst du immer wieder auch die Systemfrage, was Kapitalismus, Profitgier anrichten für Mitarbeiter des Konzerns, Verbraucher und sonstige Stakeholder. Du gehst aber auch nicht schonend um mit Deinen Weggefährten, uns den anderen Kritischen Aktionären. Dies zeigt auch Dein Beitrag in der Festschrift. Da könnten wir schon in eine heftige Auseinandersetzung geraten, die ich heute aber nicht führen will.

Menschen wie Dich braucht die Welt, brauchen wir, die wir an gemeinsamen Zielen arbeiten. Ich sage oft, wir brauchen uns gegenseitig. Um uns Mut zu machen, uns zu bestätigen, wenn wir über die Situation verzweifeln und nach neuen Wegen suchen, um wenigstens Teilziele jetzt und hier zu erreichen.

Axel danke für Deine Ausdauer, Deinen Mut und Deine Beharrlichkeit.