Am 3. Dezember vor 35 Jahren kam es im indischen Bhopal zum bisher größten Chemie-Unfall aller Zeiten. Dort starben bei der Explosion einer Pestizid-Fabrik von UNION CARBIDE allein in den ersten drei Tagen 8.000 InderInnen. Bis heute leiden Millionen Menschen an den Spätfolgen der Detonation, die Methylisocynat (MIC) und andere Chemikalien freisetzte.
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Jan Pehrke
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Pressestimmen: Die Arbeit der Coordination im Spiegel der Medien.
Am vergangenen Freitag hat die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) am bundesweiten Klimastreik teilgenommen. Letztes Mal sind wir dort marschiert, wo wir selber ansässig sind: In Düsseldorf. Dieses Mal sind wir – zum zweiten Mal – in Leverkusen mitmarschiert. BAYER ist einer der größten Klimasünder in der Region. Ein guter Grund, die Aufmerksamkeit der vielen Demonstrant*innen aus den verschiedensten Spektren auf diesen Konzern zu lenken. Und wir waren nicht nur mit einem Transparent und Schildern dabei. In einem Redebeitrag thematisierten wir den Anteil von Glyphosat an BAYERs CO2-Ausstoß. Und dieser hat sich seit der Übernahme von MONSANTO verdoppelt. Wir sprachen über die Tendenz zur Konzentration in der Chemiebranche- Ein echtes Problem für jeden Staat, der sich gesetzgeberisch mit den immer größeren Lobby-Schwergewichten anlegen will.
Verfahren gegen die Privatisierung des Versammlungsrechts durch BAYER
CBG reicht Verfassungsbeschwerde ein
Im Rechtsstreit mit der Polizei und der Versammlungsbehörde der Stadt Bonn zieht die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) nun vor das Bundesverfassungsgericht. Die Coordination hatte nach der BAYER-Hauptversammlung im April 2017 Klage wegen Verstoßes gegen das Versammlungsrecht eingereicht, weil der BAYER-Konzern die Proteste zur geplanten Übernahme des MONSANTO-Konzern durch die Platzierung eines Riesen-Zeltes vor dem Eingang des World Conference Center Bonn (WCCB) und die Errichtung eines übermannshohen Zaunes massiv behindert hat. Zur Legitimation der Inbeschlagnahme öffentlichen Raums hatte der Leverkusener Multi die Gefährdungslage angeführt, die umfangreiche, in dem Gebäude selber nicht durchführbare Sicherheitschecks erfordere. Ohne das Sicherheitskonzept BAYERs in Augenschein genommen, geschweige denn geprüft zu haben, oder sich gar zu einer eigenen Einschätzung der Situation angehalten zu sehen, segneten die Stadt Bonn und die Polizei die Verbarrikadierung des WCCB ab.
Ein von der CBG angestrengtes Eilverfahren gegen die beabsichtigte Maßnahme hatte keinen Erfolg. Auch nach der Hauptversammlung eingereichte Feststellungsklagen zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit von BAYERs Vorgehen scheiterten. Deshalb ruft die Coordination jetzt das Bundesverfassungsgericht an.
„Die Versammlungsbehörde hat bei ihrem Eingriff in das Recht der Versammlungsfreiheit ausschließlich auf Angaben privater Dritter zurückgegriffen, ohne eine eigene Gefahrenanalyse durchzuführen. Eine solche faktische Übertragung hoheitlicher Entscheidungen auf einen privaten Dritten ist mit Art. 8 GG nicht vereinbar und widerspricht der Grundrechtsverpflichtung des Staates“, sagt CBG-Rechtsbeistand Sven Forst zur Begründung des Schrittes. Zur Einschränkung des Versammlungsrechtes müssen triftige Gründe vorliegen. Auch dies sieht die CBG im vorliegenden Fall nicht gegeben, da sich die Gefahrenprognose auf bloße Verdachtsmomente und Vermutungen stützte.
In den vorausgegangenen Verfahren machten die Coordination und ihr Anwalt oftmals wundersame Erfahrungen. Zwar prozessierte sie offiziell gegen die Polizei Bonn, während BAYER nur als beigeladene Partei involviert war. Doch regelmäßig waren die Konzern-AnwältInnen schneller. Sie waren es, die zu den von der Coordination aufgeworfenen Rechtsfragen Stellung nahmen. Schriftstücke der Stadt Bonn schlossen sich oftmals denen von BAYER lediglich an – bloß weniger elaboriert und mit großer zeitlicher Verzögerung.
„Wie schon bei der Auseinandersetzungen um den Ablauf der Hauptversammlungskundgebung haben sich die Stadt Bonn und die Polizei auch vor Gericht als Juniorpartner BAYERs erwiesen“, kommentiert CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann den Verlauf.
Die CBG zieht vor das höchste deutsche Gericht, weil es ihr um eine grundsätzliche Frage geht. Sollten sich Versammlungsbehörden bei ihren Entscheidungen über Maßnahmen, die das Versammmlungsrecht einschränken, auch in Zukunft auf von privaten Dritten angeführte, unkonkrete Sicherheitsbedenken stützen dürfen, wäre der Macht von Konzernen Tür und Tor geöffnet. Diese könnten dann den öffentlichen Raum nach freien Stücken in Beschlag nehmen und gegen Protest abriegeln. Stelzmann misst dem Verfahren daher eine große allgemeine Bedeutung zu: „Die Fragen, um deren Beantwortung wir hier kämpfen, werden bald auch andere KonzernkritikerInnen betreffen. Wir werben daher um Solidarität. Es handelt sich um einen Präzedenzfall für alle, die gegen Konzernmacht aufstehen!“
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Den Kampf gegen die Privatisierung von Risiko-Einschätzungen und die damit verbundene Auslieferung des Versammlungsrechtes an Konzern-Interessen führt die CBG nicht nur im Eigeninteresse. Im Gegenteil wollen wir einen Präzendenzfall verhindern, der allen zivilgesellschaftlichen Gruppen, die gegen Konzernherrschaft antreten, Freiheiten nimmt.
Dieser Kampf ist aufwendig und langwierig. Und er kostet sehr viel Geld. Alleine können wir ihn nicht führen. Wir sind auf Eure Unterstützung angewiesen.
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BAYER erhält Frist-Verlängerung bis zum 2. November
Immer noch kein Glyphosat-Vergleich in Sicht
Die Vergleichsverhandlungen BAYERs mit den AnwältInnen der Glyphosat-Geschädigten machen keine substanziellen Fortschritte. Bei der gestrigen Anhörung konnte der Konzern kaum neue Abschlüsse vermelden.
Die Gespräche unter der Leitung des Mediators Ken Feinberg waren auf Anregung des Richters Vince Chhabria zustandegekommen, der dafür die anhängigen Schadensersatz-Prozesse erst einmal aussetzte. Sollte der Leverkusener Multi bis zum 2. November keine Ergebnisse vorlegen können, würde er das Moratorium wieder aufheben, kündigte Chhabria nach dem Hearing an.
Eigentlich hatte der Global Player bereits am 24. Juni eine zehn Milliarden Euro schwere Lösung für bis zu drei Viertel aller 125.000 Klagen präsentiert. Diese Angaben erwiesen sich jedoch als falsch. In vielen Fällen lagen bloß Absichtserklärungen vor. Tatsächlich gab es bis Ende August lediglich 30.000 Deals. Als VertreterInnen der KlägerInnen Chabria darüber informierten, reagierte dieser einigermaßen ungehalten. „Ich habe leichte Probleme damit, die Pressemitteilung von BAYER aus dem Juni mit den Zahlen, die sie mir jetzt nennen, in Einklang zu bringen“, konstatierte er und warf dem Agro-Riesen vor, „manipuliert“ zu haben. Daraufhin sputete sich der Agro-Riese und schloss weitere 15.000 Vergleiche ab. Am Donnerstag wartete BAYER-Anwalt Willian Hoffman nun mit weiteren 3.000 Vereinbarungen bzw. Fast-Vereinbarungen auf.
„Es ist eine Farce. Im Juni 2018 begann der erste Glyphosat-Prozess. Mittlerweile liegt die Zahl der Klagen allein in den USA bei 125.000. Und während die ersten Betroffenen bereits sterben, hat BAYER immer noch keinen Cent Entschädigung gezahlt“, kritisiert Marius Stelzmann von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG).
Gestaltet sich bereits der Umgang mit den bisherigen Klagen schwierig, so dürfte der mit den künftigen noch problematischer werden. Solche sind nämlich zu erwarten, da die Aktien-Gesellschaft Glyphosat auf Teufel komm raus am Markt halten will. Nach den Vorstellungen BAYERs soll über die Rechtsmäßigkeit dieser Ansprüche kein Gericht mehr urteilen, sondern ein Wissenschaftsgremium. Diesem hat das Unternehmen die Aufgabe zugedacht zu entscheiden, ob das Pestizid Lymphdrüsen-Krebs zu verursachen vermag und deshalb Zahlungen zu leisten sind. Aber der Versuch, den Leidtragenden den Rechtsweg zu verbauen, fand nicht die Zustimmung Chhabrias. Er stellte die Verfassungsmäßigkeit des Vorschlags in Frage und schickte den Konzern erneut in Klausur. Ob es dem Multi gelang, in die Anhörung schon ein überarbeitetes Konzept einzubringen, erscheint fraglich, denn die Presse vermeldet nichts in dieser Richtung.
„Es gibt nur eine Lösung: BAYER muss Glyphosat vom Markt nehmen, dann gibt es auch keine Klagen mehr. Zudem verlangt die CBG in ihrer „Stopp Glyphosat jetzt!“-Kampagne eine angemessene Entschädigung aller Betroffenen, eine Offenlegung aller Firmen-Unterlagen zu dem Pestizid sowie eine Bestrafung der Verantwortlichen“, so Stelzmann abschließend.
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Im Rahmen der „Glyphosatstopp jetzt!“-Kampagne:
CBG schreibt BAYER Offenen Brief
Am 24. Juli machte der BAYER-Konzern seine Vorschläge zur Beilegung der Klagen von Glyphosat-Geschädigten in den USA publik. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) hält diese für völlig unzureichend. Sie legt ihre Kritik in einem Offenen Brief dar, den sie am kommenden Freitag um 11.00 Uhr an der Unternehmenszentrale in Leverkusen übergibt. Mit dem Schreiben, das viele andere Organisationen unterzeichnet haben, lässt es die Coordination aber nicht genug sein. Es läutet nur den Auftakt der Kampagne „Krebserregend. Klimaschädlich. Umweltgiftig. Glyphosatstopp jetzt!“ ein.
„BAYER möchte die Geschädigten mit Brotkrumen abspeisen und zukünftigen KlägerInnen den Rechtsweg verbauen. Alles, um den Profit mit dem Gift im großen Stil aufrechtzuerhalten. Dem gilt es Widerstand entgegenzusetzen“, erläutert CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann.
Die in Aussicht gestellte Vergleichssumme von 8,8 bis 9,6 Milliarden US-Dollar scheint zunächst zwar hoch zu sein. Auf die immense Zahl der KlägerInnen umgeschlagen, bleibt im Schnitt aber lediglich eine Summe von 60.000 bis 70.000 Dollar übrig. Das reicht längst nicht aus, um die von Glyphosat verursachten Krebserkrankungen, die hohe physische und psychische Belastungen und die umfangreiche materiellen Schäden, die diese nach sich ziehen, zu kompensieren.
Auch will BAYER zukünftigen Geschädigten den Rechtsweg verbauen. Einem mit WissenschaftlerInnen besetzten „Class Science Panel“ soll es stattdessen in Zukunft obliegen, über die krebserregenden Eigenschaften des Total-Herbizids zu befinden und gegebenenfalls Zahlungen freizugeben. Dieses Vorhaben wurde bereits vom zuständigen US-Richter Vince Chhabria kritisiert, der die Verfassungs- und Gesetzmäßigkeit des Panels anzweifelte.
Die Kampagne „Krebserregend. Klimaschädlich. Umweltgiftig. Glyphosatstopp jetzt!“ versteht sich als Antwort auf BAYERs Plan, das Kapitel „Glyphosat“ nur juristisch, nicht aber ökonomisch zu schließen und stattdessen an der Vermarktung des gefährlichen Pestizids festzhalten zu wollen.
CBG-Vorstand Axel Köhler Schnura nennt die Forderungen: „Weltweit müssen die Glyphosat-Geschädigten angemessen entschädigt werden. Weltweit müssen die Umweltschäden, die auf Glyphosat zurückgehen, auf Kosten des Konzerns beseitigt werden. Zudem hat die Öffentlichkeit ein Recht darauf, Einblick in alle geheimen Glyphosat-Unterlagen von BAYER und MONSANTO zu nehmen. Es hat auch eine juristische Aufarbeitung zu geschehen. Die ManagerInnen, die diese Konzernverbrechen zu verantworten haben, müssen bestraft werden. Und vor allem muss die Produktion von Glyphosat umgehend eingestellt werden. Glyphosatstopp jetzt!“
UnterzeichnerInnen des Offenen Briefes sind bisher: Wir haben es satt!, Slow Food Youth Deutschland, Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany), Umweltinstitut München, Institute for Responsible Technology, James Hayes (Glyphosat-Geschädigter), Dachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, Fridays for Future Leverkusen, Aktion Agrar und die Kampagne Block BAYER.
Es wird eine Live-Berichterstattung zur Aktion geben.
Informationen dazu und zur Kampagne allgemein unter:
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Zynische Kalkulation mit Menschenleben!
BAYER speist Glyphosat-Geschädigte ab
Am gestrigen Mittwoch, dem 24. Juni gab BAYER die Einigung im Mediationsverfahren um die Klagen von Glyphosat-Geschädigten in den USA bekannt. Mit der Zahlung von 8,8 bis 9,6 Milliarden US-Dollar will der Konzern drei Viertel der anhängigen 125.000 Krebs-Klagen abschließen. 1,25 Milliarden hält BAYER für potenzielle künftige Vereinbarungen mit Geschädigten vor, die durch das vom Unternehmen vornehmlich unter dem Produkt-Namen ROUNDUP vermarktete Agrargift am Non-Hodgin-Lymphom leiden.
Was sich öffentlichkeitswirksam nach einer riesigen Summe anhört, bedeutet für die Krebserkrankten aber nur erbärmliche Brotkrumen. Die US-amerikanische Journalistin Carey Gillam von der Initiative U.S. Right to Know kritisiert: „Nach Abzug der Anwaltshonorare und -kosten werden einige KlägerInnen sehr wenig Geld erhalten, verglichen mit den großen Urteilen, die wir bisher gesehen haben in den drei Fällen, die bis vor Gericht kamen. Außerdem arbeitet BAYER daran, dass künftige KlägerInnen ihre Ansprüche nicht vor einer Jury geltend machen können.“
James Hayes, ein Glyphosat-Kläger in den USA, sagt gegenüber der CBG: „Es ist enttäuschend zu hören, dass keine Warnhinweise auf ihren (BAYER-) Produkten erscheinen werden. Tabakkonzerne haben diesen Schritt vor Jahrzehnten getan.“
In der Tat ergibt eine erste Schätzung der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG), vorbehaltlich der intransparenten Zahlen von BAYER, pro KlägerIn nur 60.000 bis 70.000 Dollar. Unterstellt, dass die von Glyphosat verursachten Krebserkrankungen, die hohe psychische Belastungen auslösen sowie umfangreiche materielle Schäden nach sich ziehen, den Tod der Betroffenen durchschnittlich vielleicht zwanzig Jahre vorverlegen, bleiben gerade einmal 300 US-Dollar Entschädigungszahlung pro verlorenem Monat Lebenszeit.
„Das menschliche Leben ist BAYER weniger wert als ein Mindestlohn“, kommentiert CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann. „Die so genannte Entschädigung würdigt nicht nur nicht den Verlust von Gesundheit und Lebensqualität der Betroffenen, sie reicht noch nicht einmal annähernd für die erheblichen medizinischen und anderen Folgekosten, unter denen sie und ihre Familien zu leiden haben. Das ist menschenverachtender Zynismus.“ Zum Vergleich: In einem ersten Gerichtsverfahren zu Glyphosat erhielt der Hausmeister einer Schule in den USA, Dewayne Johnson, einen Schadensersatz von 39 Millionen Dollar zugesprochen.
Im Rahmen seines Vergleichs will der Leverkusener Agrar- und Pharma-Multi allen, die in Zukunft durch das Pestizid Gesundheitsschäden erleiden, oftmals sogar mit Todesfolge, den Rechtsweg verbauen. Mit ihren Beschwerden soll sich kein Gericht mehr befassen, sondern ein von BAYER organisiertes „unabhängiges Wissenschaftsgremium (Class Science Panel)“. Das soll entscheiden, „ob ROUNDUP das Non-Hodgin-Lymphom verursachen kann“, frohlockt der Chemiegigant. Allerdings braucht er für diese „konzernbetriebenen Gerichte“ noch den Segen der US-Justiz.
BAYER leugnet weiter beharrlich und wider alle offenkundigen Belege jede Schuld. So ließ der Agrar-Riese auch nun wieder verlauten, dass die Vereinbarungen keinerlei Eingeständnis einer Schuld oder eines Fehlverhaltens beinhalten. Dabei liegen eindeutige Beweise auf dem Tisch, von der jetzigen BAYER-Tochter MONSANTO hat sie selbst geliefert. So informierte beispielsweise ein Beschäftigter bereits frühzeitig die US-Toxikologin Donna Farmer laut internen Firmen-Dokumenten über eine Untersuchung zum Zusammenhang zwischen Glyphosat und dem Non-Hodgkin-Lymphom. „Die Fall-Kontroll-Studie ergibt ein Chancen-Verhältnis von 2,02 für Glyphosat-Exposition (eine verdoppelte Wahrscheinlichkeit, die Krankheit zu bekommen)“, heißt es in der Mail. Farmers Kollege William Heydens wusste sogar schon genauer, wo sich bei dem Herbizid der neuralgische Punkt befindet. Er verortete ihn nicht in dem Wirkstoff Glyphosat selbst, sondern in der endgültigen, noch mit Wirkungsverstärkern und anderen Substanzen angereicherten Zusammensetzung ROUNDUP. „Glyphosat ist OK, aber das formulierte Produkt verursacht den Schaden“, so Heydens.
BAYER behauptet, die anhaltende Prozesswelle durch den Abschluss dieser Vergleichszahlungen beendet zu haben.
Dem widerspricht Marius Stelzmann von der CBG energisch: „Weitere ca. 35 Tsd. Prozesse sind allein in den USA anhängig, viele KlägerInnen haben dem Vergleich nicht zugestimmt. Außerdem sind weitere Klagen sicher, immerhin kippt der Konzern nach wie vor Abermillionen Liter des hochgiftigen Stoffes in die Umwelt. Auch hier in Deutschland und der EU. Der Aktienkurs hat sich mehr als halbiert durch die Glyphosat-Verbrechen und leidet nach wie vor, trotz des von BAYER gefeierten Vergleichs.“
Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren zu dem Deal: „Die von BAYER erhoffte Normalität wird keinesfalls einkehren, da die Massenvergiftung anhält. Die Proteste, der Widerstand, die Prozesse gegen BAYER werden andauern. Der Konzern verseucht für maximale Profite gnadenlos Mensch und Umwelt im ganz großen Stil. Es geht um Körperverletzung, wenn nicht sogar um Mord; und um hohe materielle Schäden sowie um irreparable Zerstörung der Umwelt. Die verantwortlichen BAYER-MangerInnen müssen mit aller Härte des Gesetzes bestraft werden, Produktion und Vertrieb von Glyphosat müssen sofort eingestellt werden, die Betroffenen und ihre Familien und Hinterbliebenen müssen gerecht entschädigt werden. Auch in den Ländern, die unter korrupten und konzernhörigen Regimes stehen.“
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===Am 2. Juni beginnt das erste Berufungsverfahren in Sachen &
- 8222;Glyphosat“===
BAYERs Prozess-Strategie ist menschenverachtend
Am 2. Juni geht das Schadensersatz-Verfahren in Sachen &
- 8222;Glyphosat“, das der US-Amerikaner Dewayne Johnson angestrengt hatte, in die zweite Runde. Erst-instanzlich hatte Johnson im August 2018 gewonnen. Die Geschworenen sahen es als erwiesen an, dass das Pestizid bei dem Schul-Hausmeister Krebs ausgelöst hat. Darum sprachen sie dem damals 46-Jährigen ein Schmerzensgeld in Höhe von 39 Millionen Dollar zu. Zusätzlich verurteilte die Jury die BAYER-Tochter MONSANTO zu einer Strafzahlung von 250 Million Dollar, da diese ihre Einschätzung nach um die Gefährlichkeit des Mittels wusste und es trotzdem nicht aus dem Verkehr zog.
Die BAYER-AnwältInnen streben an, den Prozess noch einmal komplett neu aufzurollen. Dazu wird es nach Informationen der Initiative &
- 8222;U. S. Right to Know“ jedoch eher nicht kommen. Das Gericht hat im Vorfeld nämlich angekündigt, sich auf Fragen zum Schadensersatz konzentrieren zu wollen und beide Parteien gebeten, sich darauf vorzubereiten. Anders als im zweiten Glyphosat-Verfahren darf der Leverkusener Multi auch nicht auf Beistand von oben hoffen. Während das US-Justizministerium zum Fall „Hardeman“ eine Stellungnahme abgeben konnte und dies zu einem Plädoyer pro BAYER nutzte, ließen die RichterInnen in San Francisco eine solche Intervention nicht zu.
In ihrer Eingabe zum Berufungstermin verlangen die JuristInnen des Leverkusener Multis, die &
- 8222;punitive damages“ in Höhe von 250 Millionen Dollar ganz zu streichen, obwohl dem Gericht 2018 eindeutige Beweise für ein schuldhaftes Vorgehen MONSANTOs vorlagen. Gleich eine ganze Reihe von firmen-internen Unterlagen, aus denen hervorgeht, welch umfassende Kenntnisse die WissenschaftlerInnen des Agro-Unternehmens über die gesundheitsschädliche Wirkung von Glyphosat besaßen, hatten Johnsons AnwältInnen präsentiert. So wurde die Toxikologin Donna Farmer etwa von einem Kollegen über das Risiko informiert, sich durch das Pestizid das Non-Hodgkin-Lymphom – eine Krebs-Form, welche die Lymph-Drüsen befällt – zuzuziehen. „Die Fall-Kontroll-Studie ergibt ein Chancen-Verhältnis von 2,02 für Glyphosat-Exposition (eine zweifache Wahrscheinlichkeit, die Krankheit zu bekommen)“, heißt es in dem Schriftstück.
Überdies drängen die Rechtsbeistände des Konzerns darauf, das Schmerzensgeld von 39 Millionen Dollar drastisch zu reduzieren. Dieser Posten setzt sich in den USA aus den vergangenen und zukünftigen ökonomischen und nicht-ökonomischen Verlusten der Geschädigten zusammen und legt auf der Basis der durchschnittlichen Lebenserwartung für jedes Jahr eine Million Dollar fest. Das jedoch erscheint den Kanzleien &
- 8222;Horwitz & Levy“ und „Bryan Cave Leighton Paisner“ in Anbetracht der wenigen Zeit, die Johnson vermutlich noch bleibt, viel zu hoch. „Das Gericht sollte die vorgesehenen Zahlungen für zukünftige nicht-wirtschaftliche Schäden einer Revision unterziehen, da diese Zahlungen nicht der projizierten Lebenserwartung des Klägers zur Zeit des Prozesses entsprechen“, schreiben die JuristInnen.
&
- 8222;Diese Verteidigungsstrategie ist menschenverachtend. Nach ihrer Logik käme BAYER gerade deshalb glimpflich davon, weil die Wirkung von Glyphosat so fatal ist und die Lebenszeit der Geschädigten drastisch verkürzt. Johnson und seine Familie haben ein Anrecht auf die volle Summe. Ganz zu Recht hatten seine RechtsanwältInnen auch Geld für die Jahre eingefordert, die das Pestizid ihm geraubt hat“, hält Marius Stelzmann von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fest.
Der Glyphosat-Geschädigte T. B., der ebenfalls gegen BAYER klagt und deshalb seinen vollen Namen nicht nennen möchte, pflichtet dem bei: &
- 8222;Ich hoffe und vertraue darauf, dass das Ergebnis der Berufungsverhandlung in Dewayne Johnsons Fall sein wird, an der ursprünglichen Entschädigungssumme festzuhalten. Die Entscheidung damals war sehr klar, und der Rechtsstreit zieht sich für den schwerkranken Johnson schon viel zu lange hin.“
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Jan Pehrke 0211/30 58 49
Lebensmittel-Importe dürfen Rückstände von EU-weit verbotenen Pestiziden enthalten
Brüssel knickt vor BAYER & Co. ein
Die Europäische Union duldet bei Nahrungsmittel-Importen Rückstände von Agro-Chemikalien, die auf ihrer eigenen Verbotsliste stehen. Im Rahmen der neuen Landwirtschaftsstrategie &
- 8222;From farm to fork“ bekennt sie sich zu „Einfuhr-Toleranzen für Pestizid-Wirkstoffe, die in der EU nicht mehr genehmigt sind“. Nur vage konzediert Brüssel, bei der Prüfung der entsprechenden Anträge auch „Umwelt-Aspekte berücksichtigen“ zu wollen. „Das ist ein Offenbarungseid. Die EU-Kommission räumt den Konzern-Interessen den Vorrang vor der menschlichen Gesundheit ein. Das Extrem-Lobbying von BAYER & Co. hat wieder einmal Erfolg gehabt“, kritisiert Marius Stelzmann von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG). Zudem brüskiert die Entscheidung die europäischen LandwirtInnen, die auf ihren Feldern weniger gefährliche Stoffe einsetzen, konstatiert der CBG-Geschäftsführer.
Wie massiv die Interventionen der Agro-Branche waren, offenbaren Dokumente, die das &
- 8222;Corporate Europe Observatory“ unter Berufung auf die Transparenz-Verordnung der EU einsehen konnte. Zahllose Zusammenkünfte von Konzern-VertreterInnen und EmissärInnen von Lobby-Organisationen mit hochrangigen EU-FunktionärInnen fanden den Unterlagen zufolge statt. So brachte ein BAYER-Abgesandter im Februar 2017 bei einem Treffen mit einem Kabinett-Mitglied des damaligen Landwirtschaftskommissars Phil Hogan die Erwartung des Konzerns zum Ausdruck, dass die EU die Frage der Agrochemie-Rückstände bei Einfuhren „im Einklang mit den WTO-Regeln zur Vermeidung von Handelsbarrieren“ behandle. Zwei Tage später sprach der Leverkusener Multi in der Angelegenheit bei Nathalie Chaze vor, die während der Amtszeit von Gesundheitskommissar Vyvenis Andriukaites dessen Kabinett angehörte. Chaze erteilte dem Global Player allerdings eine Abfuhr. Es sei das erklärte Ziel der EU, „die Konsumenten vor Rückständen von unter das Ausschluss-Kriterium fallenden Substanzen in der Nahrung zu schützen, egal, woher sie stammen“, so Chaze. Und auch Andriukaites selber ließ nicht mit sich reden. Bei EU-weit inkriminierten Pestiziden „Rückstände über der Nachweis-Grenze zuzulassen, würde ein inakzeptables Gesundheitsrisiko darstellen“, konstatierte Andriukaites.
Doch BAYER blieb beharrlich. Im November 2017 präsentierte das Unternehmen der Handelskommission eine Studie, wonach striktere Import-Regelungen Agrar-Einfuhren im Wert von 70 Milliarden Euro zur Disposition stellen würden. Diese Zahl findet sich später auch in der WTO-Beschwerde gegen das EU-Vorhaben, welche die USA und Australien im gleichen Monat einreichten. Der Druck zeigte schließlich doch Wirkung auf die Europäische Union: &
- 8222;Nach Diskussionen mit den Mitgliedsländern über den ursprünglichen Vorschlag und im Angesicht der Reaktionen von Stakeholdern und Drittstaaten findet ein weiteres Nachdenken statt, um den Ansatz der Kommission festzulegen“, hielt die Generaldirektion Gesundheit fest. Und in den Dokumenten zu den Verhandlungen mit Kanada über ein Handelsabkommen heißt es sogar: „Das langfristige Ziel der EU ist es, sich von einem gefahren-basierten Ausschluss-Kriterium bei Regulierungsentscheidungen wegzubewegen.“ Dieses fordern BAYER & Co. seit Langem ein. Sie plädieren stattdessen für ein risiko-basiertes Modell, das keine absoluten Gesundheitsgefährdungen kennt, sondern nur relative und deshalb durch Grenzwerte einhegbare.
&
- 8222;Mit dem Zugeständnis von Import-Toleranzen für EU-weit verbotene Ackergifte steht die Glaubwürdigkeit der ganzen Pestizid-Politik Brüssels in Frage. Jetzt ist zu befürchten, dass die am letzten Mittwoch verkündete Absicht, den Agrochemie-Einsatz bis 2030 um 50 Prozent zu senken, ebenfalls am Widerstand der Konzerne und handelspolitischen Erwägungen scheitert, so Stelzmann abschließend.
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Jan Pehrke 0211/30 58 49
Keine Arznei, kein Impfstoff, keine Forschung – CBG stellt Gegenantrag
BAYER versagt im Angesicht von Corona
Der BAYER-Konzern ist das größte Pharma-Unternehmen Deutschlands. Trotzdem zeigt BAYER sich den Herausforderungen, welche die Corona-Krise stellt, nicht einmal im Ansatz gewachsen. Alle Gebiete, die Erkenntnisse zur Behandlung von Covid-19 hätten liefern können wie „Atemwegserkrankungen“, „Infektionskrankheiten“ oder „Tropenmedizin“ hat der Pillen-Riese schon vor Jahrzehnten aufgegeben. Stattdessen konzentriert er sich auf Krankheiten wie Krebs, weil er für Tumor-Arzneien – bei noch dazu oft zweifelhaftem Nutzen – Mondpreise verlangen kann. Der ehemalige BAYER-Chef Marijn Dekkers charakterisierte diese Geschäftspolitik 2015 in einem Spiegel-Interview einmal so: „Wir müssen Geld verdienen mit unseren Produkten. Das führt dazu, dass nicht alle Medikamente entwickelt werden, die wir brauchen.“
Der Aufsichtsrat trägt diese Strategie mit. Darum hat die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) zur morgigen Hauptversammlung einen Gegenantrag eingereicht, der dessen Nicht-Entlastung fordert. In einem weiteren Gegenantrag verlangt die CBG, die Dividende bis auf den Mindest-Sockel von 10 Cent pro Aktie zu kürzen und die frei werdenden Summen zum Aufbau einer Pharma-Sparte zu nutzen, die den Ansprüchen der Zeit besser gerecht wird.
„Corona traf Big Pharma völlig unvorbereitet. Keiner der 20 größten Pillen-Konzerne hat zu den Vorgänger-Viren von SARS-CoV-2 wie SARS 1 und MERS geforscht. Diese Lücke macht sich jetzt schmerzlich bemerkbar. ‚Marktversagen’ lautet die Diagnose. Aber Epidemien, die alle paar Jahre einmal auftreten oder auch nicht, bieten eben keine belastbare Kalkulationsgrundlage für die rendite-orientierten Geschäftsmodelle von BAYER & Co.“, kritisiert CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann.
Besonders die Abwicklung der Tropenmedizin Ende der 1980er Jahre erweist im Angesicht der grassierenden Pandemie als fatal. Ein Erzeugnis dieser Sparte – das 1937 von BAYER als Malaria-Wirkstoff zum Patent angemeldete Chloroquin – macht jetzt nämlich gerade eine zweifelhafte Karriere als Wundermittel gegen SARS-CoV-2. Holländische VirologInnen hatten der Substanz bereits 2004 bei In-vitro-Versuchen mit dem ersten SARS-Virus „einen gewissen pharmakologischen Effekt“ bescheinigt. Der Leverkusener Multi aber reagierte nicht und startete keine Erprobung auf breiterer Basis. Hätte das Unternehmen dies getan, lägen jetzt belastbare Resultate vor, und die Gesundheitsbehörden bräuchten angesichts von elf Toten bei einem Klinischen Test in Brasilien und Sterbefällen durch Selbstmedikation nicht dringend vor einer Chloroquin-Einnahme zur Covid-19-Therapie zu warnen.
„Sieht sich BAYER durch die zunehmenden Zweifel an der Wirksamkeit und Verträglichkeit von Chloroquin bei der Behandlung von Covid-19-PatientInnen gehalten, zu einem vorsichtigeren Umgang mit dem Medikament zu raten?“, lautet deshalb eine der Fragen, mit denen die Coordination den Vorstand auf der bevorstehenden Hauptversammlung konfrontrieren will. Zudem hat sie weitere Gegenanträge zu Themen wie „Chemische Kampfstoffe in Nord- und Ostsee“, „Klimawandel“, „Glyphosat“ und „MONSANTO-Listen“ gestellt.
Alle Gegenanträge der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) finden sich auf der BAYER-Internetseite
https:www.bayer.de/de/hv-2020-gegenantraege.pdfx
Die CBG vertritt mehrere hundert KleinaktionärInnen mit mehren zehntausend Aktien. Sie hat Redebeiträge/Fragen und Wahlvorschläge von 28 Kritischen AktionärInnen eingereicht.
Morgen 9 bis 10.30 Uhr demonstriert die CBG mit vielen anderen vor der Konzern-Zentrale in Leverkusen/Kaiser-Wilhelm-Allee 1B unter der Losung
- stopBAYER/MONSANTO
Im Internet finden die Proteste per Livestream ganztägig mit zahlreichen KünstlerInnen, Organisationen und PolitikerInnen aus dem In- und Ausland statt http:www.cbgnetwork.org/7604.html
Pressekontakt
Jan Pehrke 0211/30 58 49
Marius Stelzmann 0211/33 39 11
PresseErklärung 26. April 2020
Proteste am 28. April rund um die BAYER-HV 2020
Virtuell im Internet und real auf der Straße gestartet
- StopBayerMonsanto
Gemeinsam gegen Konzernverbrechen!
Straßen-Proteste am 28. April, 9-11 Uhr Konzernzentrale Leverkusen (Kaiser-Wilhelm-Allee 1b)
Online-Proteste ganztägig ab 9 Uhr parallel zur BAYER-HV im Internet unter www.CBGnetwork.org/HV
• Möglichkeit für Exklusiv-Interviews am Di vor der Konzernzentrale und während des Livestreams / Anfragen an info2@CBGnetwork.org
• Vier exklusive Presseblöcke um 9.30 Uhr, 12.30 Uhr, 16.00 Uhr und am Ende der HV Möglichkeit für Medienvertreter per eMail und Telefon-Hotline Fragen zu stellen (0)211 - 22 95 09 11 / info2@CBGnetwork.org
• Exklusive Musik- und Kulturbeiträge von Konstantin Wecker, Gerd Schinkel, Jane Zahn u.a.
• Beiträge von Betroffenen von BAYER-Konzernverbrechen wie etwa Glyphosat-, Yasmin- und Duogynonschäden
• sowie Beiträge von:
Sarah Wiener, Österreich, Abgeordnete im Europaparlament (Grüne), Fernseh-Köchin “für mündige Esser”
Carey Gillam, USA, Research Dir. U.S. Right to Know
Gesine Lötzsch, ehem. Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Bundestages (stellvertretende Fraktionsvorsitzende DIE LINKE im Bundestag)
Renate Künast, ehem. Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Sprecherin für Ernährungspolitik der Fraktion B90/GRÜNE im Bundestag)
Sarah Wagenknecht, Mitglied des Bundestags für Düsseldorf-Süd (ehem. Fraktionsvorsitzende DIE LINKE im Bundestag)
BLOCK BAYER Protestnetzwerk
Bettina Müller, Powershift
Jeffrey Smith, USA, Institute for Responsible Technology
u.v.a.m. (genaues Programm im Rahmen der Moderation am Dienstag, 28. April)
u.v.w. Beiträgen aus Argentinien, Deutschland, Italien und den USA
• Kritische AktionärInnen melden sich mit Fragen an den Vorstand zu Wort, hunderte AktionärInnen haben der Coordination gegen BAYER-Gefahren die Stimmrechte übertragen
• Dokumentarfilm „Tödliche Agrikultur“ mit aktuellem Begleitwort zur BAYER-HV von der Filmemacherin und investigativen Journalistin Gaby Weber
Der BAYER-Konzern steht nicht nur wegen seiner MONSANTO-Übernahme im Zentrum breiter öffentlicher Kritik und hat international mit mehr als 48.000 Klagen zu kämpfen. Mit einem eigens erlassenen Aktionärs-Notstandsgesetz versucht er den massiven Protesten sowie der Kritik vieler seiner mehreren hunderttausend (Klein)AktionärInnen zu entkommen. Die CBG hat zusammen mit dem Dachverband der Kritischen Aktionäre bereits Anfang April mit einem Offenen Brief zu diesem Skandal Stellung genommen (findet sich auf unserer Homepage http:www.cbgnetwork.org/7591.html). Wirtschaftsmedien wie „Capital“ und „Wirtschaftswoche“ und andere sprechen von einer „Entmachtung der KleinaktionärInnen“.
Am Samstag, 25. April starteten die nationalen und internationalen Proteste
- StopBAYERMONSANTO zur diesjährigen Aktionärshauptversammlung 2020 des BAYER-Konzerns. Es sind viele Organisationen im In- und Ausland aktiv, darunter das internationale Netzwerk der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG).
In der Schweiz fand am 25. April der ersten Online March Against BAYER & SYNGENTA“ statt. Am 26. April organisierte die CBG einen Live International Panel. An diesem nahmen neben Brad Harris, einem Glyphosat-Betroffenen aus den USA, und Falko Schröder, einem Vertreter von Fridays For Future, u.a. auch die Fernsehköchin Sarah Wiener aus Österreich und Jeffrey Smith, Vorstand des Institute for Responsible Technology, aus den USA teil.
Am Dienstag, 28. April werden die Proteste real auf der Straße vor der Konzern-Zentrale in Leverkusen und parallel zum HV-Livestream des BAYER-Konzerns den ganzen Tag über im Internet stattfinden.
Axel Köhler-Schnura, Gründungsvorstand der CBG erklärte dazu: „Anstatt seine Hauptversammlung zu verschieben, hat sich der BAYER-Konzern ins Internet verzogen. Doch die Coordination gegen BAYER-Gefahren wird trotz aller von BAYER errichteten Hürden auch auf dieser Hauptversammlung das Wort ergreifen und den Konzern mit den Kehrseiten seiner Geschäftstätigkeit konfrontieren.“
Hier der
Original Livestream des BAYER-Konzerns
Di 28. April / 10 Uhr / Online
BAYER-Hauptversammlung 2020
Auf der Internetseite des BAYER-Konzerns
https:www.bayer.de/de/hauptversammlung-2020.aspx
Kontakt
HV-Proteste Hotline
nur Di. 28. April 9 bis 18 Uhr
(0)211 - 22 95 09 11
info2@CBGnetwork.org
Marius Stelzmann (Geschäftsführer, alle Fragen zur Organisation)
info@CBGnetwork.org
0211 – 33 39 11
Simon Ernst (CBG-Aktionärshotline)
se@CBGnetwork.org
0211 – 26 11 210
Pharmakonzerne ruinieren Gesundheitssystem und Medikamentenforschung
CBG mit Statement zur Coronakrise
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) hat die aktuelle Coronakrise mit einem Statement kommentiert, das hier zu finden ist. Die Pandemie traf die Pharma-Industrie und das Gesundheitswesen völlig unvorbereitet. Sie brach in einer Zeit aus, da BAYER & Co. kaum noch auf dem für sie nur wenig einträglichen Gebiet der Infektionskrankheiten forschten und die Krankenhäuser sich Einspar-Wellen, Effizienz-Programmen und Privatisierungen gegenübersahen. Die verheerende Wirkung, die das Coronavirus auf die Gesellschaft hat, wäre nicht denkbar ohne die jahrelangen Privatisierungs-Attacken auf das Gesundheitssystem.
In dem Statement zeigt die Coordination die weitreichenden Folgen von Privatisierung und „Deregulierung“ von staatlichem Gesundheitssystem und medizinischer Forschung detailliert am Beispiel des BAYER-Konzerns auf. So machte sich BAYER dafür stark, mehr Leistungen aus dem Erstattungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung auszuklammern. Die Versicherten sollten die Kosten selbst tragen. Auch kritisiert die Coordination das starke Zusammenstreichen der pharmazeutischen Forschung beim Leverkusener Pharma-Giganten. Dass dem Konzern im Zweifel Profite vor Bedürfnissen von Kranken gehen, illustriert eine Aussage des ehemaligen BAYER-Vorstandsvorsitzenden Marijn Dekkers: „Wir müssen Geld verdienen mit unseren Produkten. Das führt dazu, dass nicht alle Medikamente entwickelt werden, die wir brauchen“.
Neben der Entwicklung wurde auch die Herstellung von Pharmazeutika auf ihre Profitträchtigkeit zugeschnitten. Dies bedeutet Fertigung in Billiglohnländern und krisenanfällige Lieferketten. CBG-Vorstand Axel Köhler-Schnura hält zu den planeten-umspannenden Lieferketten fest: „Man sollte nicht vergessen, dass die Konzerne bewusst ihre Produktion in Billiglohnländer verlegt haben, um das Maximum an Profit herauszuschlagen,. Dort sparen sie die Kosten, die eine faire und angemessene Entlohnung ihrer Arbeitskräfte mit sich bringen würde. Die Verzögerungen und Ausfälle in der Lieferkette sind also kalkulierte Inkaufnahmen von nicht mehr stattfindender Versorgung mit potentiell lebenswichtigen Medikamenten.“
Die Coordination zieht das Fazit, dass die Corona-Krise das verheerende Ausmaß der Konsequenzen einer auf Profitmaximierung ausgerichteten Pharma-Industrie offenbart. Daher fordert sie einen umfassenden Umbau des weltweiten Gesundheitssystems in Richtung Gemeinwohl-Orientierung. CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann stellt fest: „Es ist unfassbar, dass lebenswichtige Dinge wie die Produktion von Medikamenten in den Händen von Konzernen sind, die nur auf ihre Profit-Maximierung schauen. Dringend notwendige Impfstoff-Forschung- und Produktion, ebenso wie die Herstellung von Medikamenten müssen sofort unter gesellschaftliche Aufsicht gestellt werden.“
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Immer mehr Klagen, immer weniger Jobs, immer schlechtere Umwelt-Werte
BAYERs MONSANTO-Krise verschärft sich
Die MONSANTO-Krise macht BAYER immer mehr zu schaffen. Das belegen die zur Bilanzpresse-Konferenz vorgelegten Zahlen. Die Klagen von Glyphosat-Geschädigten erhöhten sich noch einmal deutlich auf nunmehr 48.600. Zudem kommt es wegen der Risiken und Nebenwirkungen des Pestizids Dicamba zu immer mehr gerichtlichen Auseinandersetzungen; 170 nennt der Geschäftsbericht. Ein erstes Verfahren endete für BAYER und BASF mit der Verurteilung zu einer Summe in Höhe von 265 Millionen Dollar.
Eines ist jetzt schon klar: Der Aufsichtsratsvorsitzende Werner Wenning muss seinen Hut nehmen. Die Großaktionär*innen des Konzerns schassen ihn offenkundig, weil er derjenige ist, der für die MONSANTO-Übernahme hauptverantwortlich ist und es ihm nun seit Jahren nicht gelingt, die damit verbundenen Skandale und Katastrophen einzudämmen. Es war Wenning, der den Vorstandsvorsitzenden Werner Baumann ins Amt gehievt hat und seine Hand schützend über diesen und den desaströsen MONSANTO-Deal hielt. Baumann wurde auf der vergangenen BAYER-HV 2019 wegen der drohenden „Reputationsschäden durch die MONSANTO-Übernahme“ die Entlastung verweigert. Noch in der Nacht nach der HV stellte sich Wenning vor Baumann und hielt ihn im Amt. Der vorzeitige Rückzug des Aufsichtsratsvorsitzenden Werner Wenning erscheint da nur folgerichtig, als „Signal an die Investoren“ meint das „Handelsblatt“.
Das Management aber macht gute Miene zum bösen Spiel und verweist dabei auf den um 3,5 Prozent gestiegenen Umsatz. „Der BAYER-Konzern war im vergangenen Jahr strategisch und operativ erfolgreich“, heißt es in der Pressemitteilung des Unternehmens. „Geliefert haben wir auch mit Blick auf die Ende 2018 angekündigten Portfolio-, Effizienz- und Strukturmaßnahmen“, erklärt der Vorstandsvorsitzende Werner Baumann. Bestellt hatten das Paket die Investoren nach dem ersten Glyphosat-Prozess, der eine Strafzahlung von 78 Millionen Dollar zur Folge hatte, was BLACKROCK & Co. angesichts der vielen weiteren Klagen das Schlimmste befürchten ließ. Und bezahlt haben es die Beschäftigten. Hinter den „Portfolio-, Effizienz- und Strukturmaßnahmen“ verbirgt sich nämlich die Vernichtung von 12.000 Arbeitsplätzen.
Auf die Umweltbilanz wirkt sich die Aquisition ebenfalls verheerend aus: Die Kohlendioxid-Emissionen stiegen von 2,88 auf 3,71 Millionen Tonnen. Und auch dafür trägt wieder hauptsächlich Glyphosat die Verantwortung. Die Gewinnung des Glyphosat-Vorprodukts Phosphor aus Phosporit ist nämlich extrem energie-aufwendig. Auf eine Betriebstemperatur von 1500° muss der Ofen kommen, damit das Phosphorit das Phosphor preisgibt. Der Geschäftsbericht gibt dazu jedoch nur verklausuliert Auskunft. „Mit dem akquirierten Agrargeschäft haben wir neben Standorten für die Saatgutproduktion u. a. auch eine Rohstoffgewinnung für die Herstellung von Pflanzenschutzmittel-Vorprodukten übernommen, mit der energieintensive Auf- und Weiterverarbeitungen verbunden sind“, steht da zu lesen. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hatte da schon auf der letzten Hauptversammlung Handlungsbedarf angemahnt, der Konzern hat aber offensichtlich nichts unternommen. Überhaupt hat der Konzern seine Umweltberichterstattung auf Schrumpfstufe gestellt. So fehlen etwa Angaben zum Ausstoß von Phosphor, Schwermetallen, Schwefeldioxid und Stickstoff. Die ständigen Bekenntnisse zur Nachhaltigkeit erscheinen angesichts dessen wie blanker Hohn.
„Reine Profitgier hat den BAYER-Konzern dazu getrieben, MONSANTO zu übernehmen. Jetzt zeigen sich die Auswirkungen dieses rücksichtslosen Handelns auf allen Ebenen: Die Zahl der Glyphosat-Klagen nimmt immer mehr zu, 12.000 Beschäftigte kostete der Deal bisher schon den Job und die Glyphosat-Fabrik in Soda Springs entpuppt sich als veritabler Klima-Killer. Wann zieht das Management endlich die Konsequenzen aus dem Desaster?“, so Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren.
Nur folgerichtig, wenn der erste Gegenantrag (siehe Anhang) der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) zur BAYER-Hauptversammlung am 28. April 2020 mit Verweis auf das Glyphosat-Desaster die Nicht-Entlastung des Vorstands fordert.
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Urteil des höchsten französischen Gerichts
Frankreich verbietet giftige Exporte! Jetzt muss Deutschland handeln!
Am vergangenen Freitag hat das französische Verfassungsgericht die Rechtmäßigkeit eines Exportverbotes für solche Pestizide bestätigt, deren Gebrauch in der EU untersagt ist. Der Conceil constitutionnel wies damit die Klage von BAYER, SYNGENTA und anderen im Unternehmensverband UIPP organisierten Hersteller gegen das Agrikultur- und Nahrungsmittelgesetz (Egalim) ab. Die Konzerne hatten den Conseil angerufen, weil sie die verfassungsmäßig garantierte Freiheit des Unternehmertums durch den ab dem Jahr 2022 geltenden Ausfuhr-Bann eingeschränkt sahen. Das Verfassungsgericht wog diese jedoch gegen die ebenfalls verfassungsmäßig garantierten Rechte auf Gesundheitsschutz und eine intakte Umwelt ab und erklärte den entsprechenden Egalim-Passus daraufhin für rechtmäßig.
Während BAYER & Co. sofort verheerende Folgen für den Wirtschaftsstandort Frankreich heraufbeschworen und mit Abwanderung drohten, begrüßten Umweltrechtler*innen und Aktivist*innen das Urteil. Der Jurist Sébastien Mabile bezeichnete es sogar als „historisch“.
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) kritisiert die Praxis der doppelten Standards bei der Vermarktung von Pestiziden schon seit Langem und hält den Richter*innen-Spruch für nur konsequent. „Es ist bei BAYER & Co. Standard, nach einem Verbot hierzulande die betroffenen Gifte in anderen Ländern weiter zu verkaufen, die noch nicht so weit sind. Das zeigt, dass den Konzernen das Leben und die Gesundheit von Menschen vollkommen egal sind. Das Einzige was zählt, sind die Profite. Jetzt muss Deutschland nachziehen! Auch hier muss den Giftmischern von BAYER & Co. klar verboten werden, ihre innerhalb der EU nicht mehr handelbaren Ackergifte nach Afrika, Asien, Nord- und Südamerika oder sonst wohin zu exportieren“, so CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann.
Allein in Brasilien bietet der Leverkusener Multi zwölf in der Europäischen Union wegen ihres Gefährdungspotenzials verbotene Stoffe an: Carbendazim, Cyclanilid, Ethiprole, Ethoxysulfuron, Fenamidone, Indaziflam, Ioxynil, Oxadiazon, Propineb, Thidiazuron, Thiodicarb und Thiram. Zur Rechtfertigung dieser Praxis erklärt der Global Player lapidar: „Auf der Welt herrschen unterschiedliche gesellschaftliche, wirtschaftliche oder auch klimatische Bedingungen. Daher unterscheiden sich mitunter auch die rechtlichen Rahmenbedingungen.“
Eigentlich müsste der Agro-Riese umgekehrt vorgehen und in den Staaten des Südens ungefährlichere statt gefährlichere Substanzen vertreiben. In diesen Absatz-Gebieten ist nämlich die Analphabet*innen-Rate hoch, weshalb viele die Warnhinweise auf den Agrochemie-Packungen nicht lesen können. Überdies verfügen zahllose Landwirt*innen nicht über eine geeignete Schutzkleidung. So aber überrascht es nicht weiter, dass sich die meisten Vergiftungen in den Entwicklungs- und Schwellenländern ereignen. Auf der BAYER-Hauptversammlung im April 2019 nannte Alan Tygel aus Rio de Janeiro von der PERMANENTEN KAMPAGNE GEGEN AGRARGIFTE UND FÜR DAS LEBEN die Zahlen für Brasilien: 2.185 Sterbefälle in der Zeit von 2007 bis 2017. „Für Euch Europäer ist Carbendazim verboten, und die anderen drei erwähnten Wirkstoffe haben Grenzwerte, die um den Faktor 1.200 niedriger liegen als in Brasilien. Sind unsere brasilianischen Körper etwa widerstandsfähiger gegen Agrargifte als die Körper der Europäerinnen und Europäer?“, fragte er Vorstand und Aktionär*innen.
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Coordination zieht vor Bundesverfassungsgericht
Jetzt unter Stichwort „Versammlungsrecht“ an den CBG-Rechtshilfefonds spenden!
2017 waren zur BAYER-Hauptversammlung in Köln große Proteste angesagt. Der Konzern hatte gerade MONSANTO übernommen, nicht nur die Landwirte standen auf den Barrikaden.
Der Konzern flüchtete. BAYER verlegte wenige Tage vor dem Termin die Hauptversammlung aus den Köln-Deutzer Messehallen in das „World Conference Center Bonn“ (WCCB) und baute dieses städtische Kongress-Zentrum zu einer veritablen Festung aus. Gegen eine vor der Hauptversammlung angemeldete Demonstration wehrte sich BAYER und sorgte mit Polizei und Stadt Bonn dafür, dass dort, wo die Demonstration angemeldet war, ein riesiges BAYER-Zelt hinkam und das ganze Gelände großräumig abgesperrt wurde.
Die Demonstration der CBG sollte nach dem polizeilichen Bescheid jetzt weitab vom Geschehen etwa 300 Meter Luftlinie entfernt stattfinden.
Bei der Begründung für die Verlegung die Verweigerung der Demonstration am angemeldeten Ort beriefen sich Stadt und Polizei auf die Sicherheitskonzepte von BAYER.
Dieses Vorgehen ist ein Skandal!
Im Rechtsstreit mit der Polizei und der Versammlungsbehörde der Stadt Bonn zieht die CBG nun vor das Bundesverfassungsgericht.
Keine Privatisierung von Grundrechten wie Versammlungsfreiheit!
Die CBG zieht vor das höchste deutsche Gericht, weil es ihr um eine grundsätzliche Frage geht. Sollten sich Versammlungsbehörden bei ihren Entscheidungen über Maßnahmen, die das Versammmlungsrecht einschränken, auch in Zukunft auf von privaten Dritten angeführte, unkonkrete Sicherheitsbedenken stützen dürfen, wäre der Macht von Konzernen Tür und Tor geöffnet. Diese könnten dann den öffentlichen Raum nach freien Stücken in Beschlag nehmen und gegen Protest abriegeln.
Rechtsgutachten im Rahmen der Verfassungsbeschwerde
Im Rahmen des bereits mehr als drei Jahre laufenden Prozesses um die Versammlungsrecht-Einschränkung der Proteste im Rahmen der BAYER-Hauptversammlung 2017 hat die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) nun dem Bundesverfassungsgericht ein Rechtsgutachten zugehen lassen. Dieses Gutachten soll die Klärung der Rechtsfrage, ob die Versammlungsbehörde sich beim Ausgleich der Interessen zweier Privatrechtssubjekte ausschließlich auf ein von einem Privaten dargelegtes Sicherheitskonzept verlassen kann oder sie vielmehr im Rahmen ihrer Pflicht zur Amtsermittlung für die Gefahrenprognose eigenständige Ermittlungen vornehmen muss. Das Gutachten überreicht die CBG im Rahmen ihrer Verfassungsbeschwerde, welche sie im vergangenen November beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eingereicht hatte.
Hier findet Ihr unser Rechtsgutachten.
Zum Gutachten
haben wir eine Presse-Erklärung herausgegeben.
Lest außerdem hier unsere Presse-Erklärung zur Verfassungsbeschwerde und hier unsere Verfassungsbeschwerde.
CBG-Rechtshilfefonds unterstützen!
Den Kampf gegen die Privatisierung von Risiko-Einschätzungen und die damit verbundene Auslieferung des Versammlungsrechtes an Konzern-Interessen führt die CBG nicht nur im Eigeninteresse. Im Gegenteil wollen wir einen Präzendenzfall verhindern, der allen zivilgesellschaftlichen Gruppen, die gegen Konzernherrschaft antreten, Freiheiten nimmt.
Dieser Kampf ist aufwendig und langwierig. Und er kostet sehr viel Geld. Alleine können wir ihn nicht führen. Wir sind auf Eure Unterstützung angewiesen.
Deshalb haben wir für diesen Prozess, und für unsere anderen gerichtlichen Kämpfe, den CBG-Rechtshilfefonds gegründet. Er soll sicher stellen, dass wir uns auch im Gerichtssaal gegen den Riesen wehren können, wenn das nötig ist.
Spendet bitte mit dem Stichwort „Versammlungsrecht“ an den Rechtshilfefonds der CBG.
Damit Konzerne nicht über Versammlungsfreiheit bestimmen können, brauchen wir Eure Spende.
CBG-Vorstand zum Verfahren
CBG-Vorstandsmitglied Axel Köhler-Schnura hat zu diesem Fall einen Artikel verfasst, der in der monatlichen Zeitung der Roten Hilfe erschienen ist.
Eure Unterschrift für Versammlungsfreiheit!
Uns helfen nicht nur Geldspenden. Zeigt mit Eurer Unterschrift, dass Ihr unsere juristische Kampagne unterstützt.
Soeben ist die Herbst-Ausgabe des Stichwort BAYER (SWB) erschienen. Sie bietet von nun an noch mehr Lesestoff als gewohnt. Seit Neuestem nämlich hat sie noch eine weitere Zeitschrift im Gepäck: BIG Business Crime (BBC). „Wir begrüßen es, dass wir eine Beilage zur Zeitschrift machen können und freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit“, erklärt der BBCler Reiner Diederichs. Darauf freut sich auch die SWB-Redaktion. „Da BIG Business Crime „Wirtschaftskriminalität“ als ihren Schwerpunkt gewählt hat, ergänzen sich beide Publikationen optimal“, so Jan Pehrke vom Stichwort.
Wer die Probe aufs Exempel machen will, kann das anhand der beiden Schnupper-Artikel weiter unten tun. Aus der SWB-Ausgabe haben wir aus gegebenem Anlass einen längeren Text über die digitale Landwirtschaft ausgewählt, will der BAYER-Konzern sich doch zum APPLE der Äcker aufschwingen. Und aus BIG Business Crime gibt es vorab etwas zum Dauerbrenner „Unternehmensstrafrecht“ zu lesen.
Wir hoffen, dass beide journalistische Arbeiten neugierig machen und dazu anhalten können, das Stichwort BAYER zu abonnieren. Wer nach der Lektüre noch unschlüssig ist und zusätzliche Anreize braucht: Im Heft finden sich noch weitere interessante Beiträge zu den Risiken und Nebenwirkungen der Gentechnik und des BAYER-Magenmittels IBEROGAST sowie zu den Schnüffler*innen-Listen von MONSANTO. Und natürlich darf ein Update zu BAYERs MONSANTO-Krise im Allgemeinen und den Glyphosat-Prozessen im Besonderen nicht fehlen.
Das aquatische Nachleben der Produkte von BAYER & Co.
In den Gewässern finden sich Rückstände von vielen Stoffen, die Mensch, Tier und Umwelt gefährden. Eine besonders hohe Belastung geht von dem zweiten Leben aus, das Pestizide, Human- und Veterinär-Arzneien unter Wasser führen. Als großer Produzent dieser Substanzen trägt BAYER maßgeblich dazu bei.
Von Susanne Smolka, Susan Haffmans (PESTIZID AKTIONS-NETZWERK) und SWB-Red.
Nahezu die Hälfte aller Süßgewässer in der Europäischen Union sind mit organischen Schadstoffen belastet. Das hat nicht nur schädliche Auswirkungen auf die Artenvielfalt, sondern auch auf die „Serviceleistungen“ der aquatischen Ökosysteme für uns Menschen, wie die Verfügbarkeit von sauberem, unbelasteten Trinkwasser, landwirtschaftlicher Bewässerung und Lebensmitteln. Die Befunde stammen von einer Untersuchung, bei der 4.000 Stellen in 91 Flusseinzugsgebieten beprobt und die mittleren und maximalen Konzentrationen von insgesamt 223 Chemikalien ausgewertet wurden. An rund 14 Prozent der Probe-Entnahmestellen wurde der Richtwert für das akute Risiko überschritten und an 42 Prozent der Wert für das chronisches Risiko. Für die potentiellen akuten Schädigungen waren fast ausschließlich Pestizide verantwortlich. Die WissenschaftlerInnen der Studie stellen fest, dass nicht nur die Belastungssituation mit Gewässer-Schadstoffen in der EU unterschätzt wird, sondern auch der „toxische Druck“, der durch Schadstoff-Gemische auf den Ökosystemen lastet.
Pestizide & Biozide
Das renommierte „Helmholtz Zentrum für Umweltforschung“ hatte mit Blick auf die Pestizid-Belastungen bereits vorher Alarm geschlagen. Die WissenschaftlerInnen kritisieren, dass im Rahmen der Wirkstoff- und Produktzulassungen die realen Risiken von Misch-Expositionen außer Acht gelassen und deshalb die schädlichen Auswirkungen von Pestizid-Gemischen auf Gewässer-Ökosysteme unterschätzt werden.
Mit Blick auf die amtliche Gewässer-Überwachung von Pestiziden gibt es aber noch mehr Baustellen. Beispielsweise geht aus dem Gewässer-Zustandsbericht des Umweltbundesamtes von 2017 hervor, dass von den 61 unter Beobachtung stehenden Pestiziden bei 15 eine Überwachung gar nicht möglich ist, weil die festgelegten Umweltqualitätsnomen (UQN) so niedrig sind, dass sie unterhalb der analytischen Bestimmungsgrenzen liegen. Es erhalten also umweltgefährliche Pestizide Zulassungen, obwohl klar ist, dass den zuständigen Überwachungsbehörden keine adäquaten und bezahlbaren analytischen Methoden zu ihrem Nachweis zur Verfügung stehen.
Ein weiteres großes Problem ist das Fehlen eines systematischen Gewässer-Monitorings von Bioziden in Deutschland. Biozide sind Pestizide, die außerhalb des Pflanzenschutzes eingesetzt werden. Dazu zählen z. B. Haushaltsinsektizide, Rattengifte, Holzschutzmittel, Fassadenschutzfarben oder sog. Antifoulings gegen den Bewuchs von Boots- und Schiffsrümpfen, aber auch Desinfektionsmittel und antibakterielle Reinigungsprodukte (s. VerbraucherInnen-Informationen des Umweltbundesamtes unter: www.biozid.info). Allein in Deutschland sind über 40.000 Biozid-Produkte mit insgesamt rund 260 unterschiedlichen Wirkstoffen gemeldet. Zum Vergleich: Im Pflanzenschutzbereich sind derzeit 1.465 Mittel (Handelsnamen) mit 270 Pestizid-Wirkstoffe zugelassen. Rund 60 Wirkstoffe werden gleichzeitig als Pestizid und als Biozid verwendet.
Bei diesen vielfältigen Verwendungen gibt es vielfältige Eintragspfade in Gewässer. Die Substanzen werden z. B. direkt aus den Antifoulingfarben von Sportbooten in die Gewässer freigesetzt, gelangen über die Regen-Kanalisation aus Fassaden-Anstrichen oder via Abwässer der Haushalte über die Kläranlagen in die Gewässer. Darüber kann sich dann über den Weg der Ufer-Filtration die Verbreitung in das oberflächen-nahe Grundwasser fortsetzen. Das Umweltbundesamt hat mittlerweile Empfehlungen für eine systematische Umwelt-Überwachung von Bioziden veröffentlicht. Verantwortlich für die Umsetzung sind aber die Bundesländer. Ob und im welchem Umfang die Landesbehörden diese Überwachungslücke schließen oder zumindest verkleinern werden, bleibt bislang ungewiss.
Insgesamt werden zurzeit viele potentiell gewässer-relevante Stoffe gar nicht oder nur unzureichend in der Gewässer-Überwachung berücksichtigt, und insofern bleibt der Kenntnisstand über Gewässer-Belastungen begrenzt. Außerdem orientieren sich die Regelungen der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) an großen Fluss-Einzugsgebieten mit Flächen von über 10 km². Kleingewässer sind aber ökologisch sehr bedeutsame Gebiete und in Agrarlandschaften wichtige Refugien für Vögel, Amphibien sowie für Nützlings- und Bestäuberinsekten. Wissenschaftliche Untersuchungen weisen für diese Räume erhebliche Belastungssituationen nach, besonders in Agrarlandschaften. Beispielsweise zeigten Kleingewässer in Schleswig-Holstein bei rund 55 Prozent der Proben Mehrfach-Belastungen mit bis zu 36 Pestiziden pro Gewässerprobe. Zumindest sind in Bezug auf diese Gefährdungssituation mittlerweile Initiativen gestartet worden, um zukünftig ein Kleingewässer-Monitoring zu etablieren.
Abgesehen von diesen vielen Lücken und Defiziten der Gewässer-Überwachung – was zeigen die verfügbaren Befunde? Die Umwelt-Ziele der Wasserrahmenrichtlinie für den chemischen Zustand der Oberflächengewässer werden in Deutschland nicht erreicht. Ein Grund sind offensichtlich unzureichend wirksame Maßnahmen, um den Eintrag von gefährlichen und besonders gefährlichen Stoffen zu reduzieren.
Bei der Überwachung der Umweltqualitätsnormen gemäß WRRL im Zeitraum von 2013 bis 2015 zeigten sich (abgesehen von den genannten 15 nicht meßbaren Wirkstoffen) Überschreitungen bei 16 Pestiziden/Bioziden. Darunter waren BAYER-Pestizide wie das Neonicotinoid Imidacloprid sowie die Herbizide 2,4-D, Diuron, Mecoprop und Flufenacet.
Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser hat eine Auswahl an Pestiziden genauer unter die Lupe genommen, die nicht oder nur unzureichend im Rahmen des üblichen amtlichen Monitorings beprobt werden. In Bezug auf das Schutzgut Trinkwasser zeigt sich, dass das – unter anderem auch vom Leverkusener Multi vertriebene – umstrittene Totalherbizid Glyphosat und sein Abbauprodukt AMPA bundesweit an über 40 Prozent der untersuchten Mess-Stellen in Oberflächen-Gewässern in Konzentrationen oberhalb des Trinkwasser-Grenzwertes von 0,1 Mikrogramm pro Liter nachzuweisen sind. Glyphosat kontaminiert aber schon längst das Grundwasser, die wichtigste Trinkwasser-Ressource in Deutschland. Der Wirkstoff zählt zu den TOP 20 der Pestizide, die am häufigsten den Trinkwasser-Grenzwert überschreiten. Weitere BAYER-Pestizide auf der unrühmlichen TOP 20-Liste sind Mecoprop, Terbutylazin und Lenacil.
Human-Arzneien
Aber nicht nur die Pestizide und Biozide der Konzerne belasten das Wasser stark. Die von ihnen produzierten Medikamente strapazieren es ebenfalls. Chemisch äußerst stabil konstruiert, damit der Organismus sie nicht frühzeitig zersetzt und sie auch ihren Bestimmungsort im Körper erreichen, kann der Stoffwechsel die Arzneien nur zu 20 bis 30 Prozent verarbeiten. So gelangen Rückstände von ihnen über die menschlichen Ausscheidungen in die Gewässer, denn auch die Klärwerke können sie nicht knacken. Und ein Übriges tun per Toiletten-Spülung entsorgte Pharmazeutika, Krankenhaus-Abwässer sowie Einleitungen von Pillen-Produzenten.
Da kommt dann so einiges zusammen. WissenschaftlerInnen wiesen schon 192 Arzneien bzw. deren Abbau-Produkte – die sogenannten Metaboliten - in bundesdeutschen Gewässern nach. 131 dieser Stoffe gelten als umwelt-relevant, und für nicht wenige von ihnen haben die ForscherInnen bedenkliche Konzentrationen gemessen, so z. B. für das Hormon Ethinylestradiol, den Inhaltsstoff von BAYERs Kontrazeptivum MELIANE und weiteren Verhütungsmitteln.
Andere Pharmazeutika des Global Players finden sich ebenfalls häufig in den Flüssen wieder. Auf der Liste der 16 Stoffe, die sich der Studie „Pharmaceuticals in the environment“10 zufolge in den Gewässern aller Erdteile aufspüren lassen, stehen mit Naproxen (Wirkstoff des Schmerzmittels ALEVE), Ciprofloxacin (Wirkstoff des Antibiotikums CIPROBAY) und Acetylsalicylsäure (Wirkstoff von ASPIRIN) drei Substanzen, die auch der Leverkusener Multi vermarktet. Damit nicht genug, machten Untersuchungen zudem Telmisartan (Wirkstoff des Bluthochdruck-Präparats KINZAL) sowie Gadolinium, den Inhaltsstoff der Röntgen-Kontrastmittel GADOVIST, PRIMOVIST und MAGNEVIST, im Wasser aus.
Welche Risiken und Nebenwirkungen von dem zweiten Leben der Pillen bzw. deren Metaboliten ausgehen, haben WissenschaftlerInnen noch nicht systematisch erforscht. Nur für einige Medikamente liegen Befunde vor. Die hormonellen Wirkstoffe von Verhütungsmitteln wie MELIANE etwa können das Hormon-System von Fischen stören und Verweiblichungsprozesse einleiten, welche die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen und so für einen Rückgang der Populationen sorgen. Das zu den Schwermetallen zählende Gadolinium löst diese Prozesse ebenfalls aus und schädigt überdies das Nervensystem von Wasser-Lebewesen. Bestimmte Psychopharmaka wie Oxazepam, unter anderem von HEXAL vermarktet, haben wiederum negative Effekte auf Flussbarsche. Sie werden aktiver, und ihr Sozialverhalten ändert sich: Die Tiere zeigen sich ihrem Schwarm gegenüber rücksichtsloser. Zudem agieren sie weniger vorsichtig. Diese Wirkung ruft bei ihnen auch DIAZEPAM hervor – eine unter anderem von RATIOPHARM produzierte Arznei zur Behandlung von psychischen Krankheiten, Epilepsie und Schlafstörungen. Und das Schmerzmittel VOLTAREN mit seinem Inhaltsstoff Diclofenac, das beispielsweise NOVARTIS vertreibt, greift Nieren, Leber und Kiemen der Fische an.
Folgen ganz anderer Art haben BAYERs CIPROBAY und andere Antibiotika. Ihr hoher Gehalt im Wasser bringt bakterielle Krankheitserreger dazu, sich auf die Wirkstoffe einzustellen und Resistenzen herauszubilden. Gelangen diese Keime dann in den menschlichen Organismus, können sie Gesundheitsstörungen auslösen, gegen die kein Kraut mehr gewachsen ist. Besonders in der Nähe von Kläranlagen haben ForscherInnen solche multi-resistenten Bazillen schon entdeckt.
Hierzulande stellt sich die Situation aber noch vergleichsweise harmlos dar. Viel schlimmere Verhältnisse herrschen in China und Indien. Diese beiden Länder bilden die ersten Glieder der Lieferkette der globalisierten Arzneimittel-Herstellung (siehe auch SWB 3/17). Hier entstehen die Grundstoffe für die meisten gängigen Präparate von Big Pharma, denn als Standort-Vorteile winken niedrige Kosten und geringe Umweltauflagen. Dementsprechend unsäglich stellen sich die Produktionsbedingungen dar. Kaum oder gar nicht aufbereitet gelangen die Abwässer aus den Fabriken in die Umwelt. Im Falle von Ciprofloxacin und anderen Antibiotika-Wirkstoffen führt das zu Konzentrationen im Wasser von bis zu 31.000 Mikrogramm pro Liter.
Tier-Arzneien
Aber nicht nur Antibiotika aus der Humanmedizin, sondern auch solche aus dem Veterinär-Bereich belasten die Gewässer. Rund 600 Arzneimittel-Wirkstoffe sind als Tierarzneimittel zugelassen. In der Veterinärmedizin werden vor allem Antibiotika gegen bakterielle Infektionen und Antiparasitika, aber auch Entzündungshemmer und hormonell wirksame Substanzen beispielsweise zur Brunft-Steuerung eingesetzt. Die verabreichten Wirkstoffe gelangen hauptsächlich mit der Gülle, aber auch über Hofabflüsse oder mit der Stallabluft auf die Böden und von dort in die Gewässer. Aus Labor-Untersuchungen ist bekannt, dass beispielsweise das als Antiparasitikum eingesetzte Deltamethrin Zuckmücken-Larven im Sediment abtöten kann.
Aufgrund fehlender Monitoring-Daten auch für Veterinär-Arzneien ist eine deutschlandweite einheitliche Darstellung der Belastungssituation von Oberflächen-Gewässern und für das Grundwasser nicht möglich. Im Schnitt der letzten fünf Jahre wurden per anno rund 1.200 Tonnen antibiotischer Wirkstoffe jährlich in deutschen Tierställen eingesetzt. Seit Erfassung der Abgabemengen im Jahr 2011 sind die Mengen um mehr als 50 Prozent zurückgegangen11.
Auch wenn nicht alle Tierantibiotika in der Erhebung erfasst werden, ist dies eine gute Nachricht, denn was nicht eingesetzt wird, kann auch nicht in die Gewässer gelangen. Allerdings sagt die Zahl noch nichts über einen sparsameren Umgang mit den Pharmazeutika in den Ställen aus. Mit Mitteln wie dem Antibiotika BAYTRIL können wesentlich mehr Tiere behandelt werden als mit Mitteln aus den herkömmlichen Antibiotika-Klassen. Eine Tonne BAYTRIL reicht beispielsweise für die Behandlung von über zwei Millionen Mastschweinen aus, die gleiche Menge an Tetrazyklin würde gerade einmal für 39.000 Schweine reichen. Ob heute tatsächlich weniger Tiere mit Antibiotika behandelt werden als vor fünf Jahren, lässt sich also anhand der reinen Tonnagen nicht eindeutig sagen. Sicher ist: In Regionen mit hoher Viehdichte sind nicht nur die Menschen stärker mit resistenten Keimen aus der Tierhaltung belastet, sondern auch die Umwelt.
Bedenklich ist zudem aus Sicht eines vorsorgenden Umwelt- und Gesundheitsschutzes, dass im gleichen Zeitraum gut 13 Prozent mehr Fluorchinolone und knapp 10 Prozent mehr Cephalosporine der 3. Generation an TierhalterInnen abgegeben wurden, also Arzneimittel, die nach Einstufung der Weltgesundheitsorganisation zu den letzten noch wirksamen Mitteln gehören, wenn es um lebensbedrohliche Infektionen bei Menschen geht, und die zum Erhalt der Wirksamkeit für den Menschen nach Ansicht der WHO nicht bei Nutztieren eingesetzt werden sollten. Denn der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung fördert nachweislich die Ausbreitung von Resistenzen. Auch das BAYER-Produkt BAYTRIL mit dem Wirkstoff Enrofloxacin gehört zur Klasse der Fluorchinolone und damit zu den Reserveantibiotika und wird Geflügel, Rindern, Schafen und Schweinen verabreicht.
Antibiotika wie die Fluorchinolone oder die in großen Mengen eingesetzten Tetracycline binden sich überdies an Boden-Partikel. Tetracycline bewirken in Böden eine erhöhte Selektion antibiotika-resistenter Bodenbakterien und führen zu einer Verschiebung in der Zusammensetzung der Boden-Mikroflora. Der Fluorchinolon-Wirkstoff Enrofloxacin hemmt das Wachstum von Grünalgen, Wasserlinsen und Cyonobakterien. In der Veterinär-Medizin zum Einsatz kommende hormonell wirksame Arzneimittel stören wie ihre humanmedizinischen Counterparts selbst in sehr geringen Konzentrationen die Fortpflanzungsfähigkeit von Fischen und können Amphibien schädigen. Von den in deutschen Oberflächengewässern in Konzentrationen oberhalb von 0,1 μg/l nachgewiesenen Arzneimittel-Wirkstoffen befinden sich vier Tierarzneimittel-Wirkstoffe: Sulfadimidin, Sulfamethoxazol, Erythromycin und Trimethoprim. Auch im Grundwasser konnten bereits Arzneimittel aufgespürt werden12. Zu den nachgewiesenen Veterinär-Antibiotika zählen Sulfonamide (Sulfamethoxazol und Sulfamethazin (synonym: Sulfadimidin) sowie Tetracycline (Tetracyclin, Chlortetracyclin, Oxytetracyclin), Trimethroprim und Tylosin. Noch sind die gemessenen Konzentrationen gering und die Funde selten. Dennoch ist es alarmierend, dass Antibiotika überhaupt in unserem Grundwasser zu finden sind. Wir brauchen unser Grundwasser nicht nur als Reservoir für Trinkwasser. Grundwasserkörper sind besonders empfindliche Lebensräume.
Forderungen
Handlungsbedarf, um den Gewässerschutz zu verbessern, sowohl auf Ebene der Gewässerüberwachung als auch hinsichtlich der Risiko-Bewertung und des Risiko-Managements von Pestiziden, Bioziden oder von Tier- und Humanarzneimittel besteht in mehrfacher Hinsicht. Es ist beispielsweise nicht nachvollziehbar, dass Zulassungen erfolgen, obwohl Umweltbelastungen des Wirkstoffes gar nicht überwacht werden können, da eine entsprechend feine Analytik fehlt oder eine Überwachung gar nicht systematisch vorgesehen ist. Die großen Kenntnislücken zur Anwendung und zur Gewässer-Belastung von Bioziden müssen schnellstens geschlossen werden. Darüber hinaus sollten grundsätzlich Maßnahmen zur Reduzierung des Einsatzes von potenziell umweltgefährlichen Stoffen ausgebaut werden, denn die realen Risiken von Stoff-Gemischen werden nicht oder nur unzureichend in der Stoff-Regulierung berücksichtigt. So sollten beispielsweise Alternativen und Innovationen für einen nicht-chemischen Pflanzenschutz und ein nicht-chemisches Schadinsekten-Management viel stärker gefördert werden. Damit einhergehend sollte die Bevölkerung besser über Möglichkeiten zum Verzicht auf Pestizide in Haus- und Kleingärten oder zum Verzicht von biozid-haltigen Anstrichen oder Haushaltsprodukten informiert werden.
Zudem stehen die Firmen in der Pflicht, sich an den Kosten der Trinkwasser-Aufbereitung zu beteiligen. Dies gilt auch für die Produzenten von Pharma-Produkten. Eine entsprechende Forderung hat der Umweltausschuss des Bundesrates bereits im März 2016 gestellt. Auch der „Verband Kommunaler Unternehmen“ (VKU) erwartet das von den Konzernen. „Die Hersteller müssen die Auswirkungen auf Umwelt und Gewässer überwachen und gemeinsam Verantwortung übernehmen“, so die Hauptgeschäftsführerin Katherina Reiche. Bisher haben sich die Pillen-Riesen diesem Anliegen allerdings strikt verweigert. Der von BAYER mitgegründete „Verband der forschenden Arzneimittel-Hersteller“ (VfA) etwa spielt das Problem herunter und will von einer Bringschuld nichts wissen. Dem Geschäftsführer Siegfried Throm zufolge machen Arznei-Stoffe nur „einen geringen Prozentsatz der ingesamt im Abwasser gefundenden Mikro-Verunreinigungen aus. Schon deshalb wäre es unberechtigt, Geldforderungen speziell an die Pharma-Industrie zu stellen“, meint er.
Sodann haben sich die Unternehmen nach dem Kodex der „Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ zu richten, der sie dazu anhält, entlang ihrer gesamten Zuliefer-Kette „um eine Verbesserung ihrer Umwelt-Ergebnisse“ bemüht zu sein.
Überdies kommen BAYER & Co. nicht umhin, eine nachhaltige Pharmazie zu entwickeln, die das Übel an der Wurzel packt und schädliche Rückstände erst gar nicht entstehen lässt. Dafür ist es nach Ansicht des Chemie-Professors Klaus Kümmerer nötig, dass die Pillen-Produzenten sich von einem ihrer ehernen Grundsätze verabschieden. „Wenn ein Wirkstoff am Markt erfolgreich sein soll, dann muss er stabil sein“ – dieses Axiom hinterfragt der Wissenschaftler. „Das ist (...) nur Marketing und aus chemischer Sicht nicht unbedingt sinnvoll“, urteilt er. Der Forscher, der an der Lüneburger Leuphana-Universität lehrt, schlägt stattdessen vor, Arzneien zu schaffen, die im Magen mit anderen Substanzen reagieren und sich in der Umwelt dann zu Kohlenstoff und Wasser umwandeln.
Der Gesetzgeber schließlich ist gehalten, die Umweltverträglichkeit von Medikamenten zu einem Zulassungskriterium zu machen und das Wasserrecht zu verschärfen. Auch sollte er das in den Apotheken 2009 abgeschaffte Rückgabe-System für nicht aufgebrauchte Medikamente wieder einführen. Und die EU hat endlich ihre schon seit September 2015 ausstehende Strategie zum Schutz des Wassers vor Pharmazeutika zu verabschieden.
Das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN) plädiert darüber hinaus dafür, Grenzwerte/Schwellenwerte bzw. Umweltqualitätsnormen sowohl für Tier- als auch für Human-Arzneimittel-Rückstände in Gewässern einzuführen. Für Pestizide und Biozide gibt es diese seit Langem. Zudem müssten Arzneimittel-Verunreinigungen mithilfe der Mess-Programme der Wasserrahmen-Richtlinie (WRRL) systematisch erfasst werden. Neben den Antibiotika, die schon aufgrund ihrer großen Anwendungsmengen umwelt-relevant sind und den hormonellen Wirkstoffen, die bereits in sehr geringen Konzentrationen in ökologische Prozesse und Organismen eingreifen können, sind diejenigen Arzneistoffe besonders umwelt-problematisch, bei denen langfristige Auswirkungen erwartet werden, wie bei Substanzen, die als langlebig (persistent), bioakkumulierbar und toxisch eingestuft sind, sogenannte PBT-Substanzen wie z. B. BAYERs CYDECTIN-Antiparasitika mit dem Wirkstoff Moxidectin.
Parallel hierzu sind Vorkehrungen zur Minimierung von Tierarzneimittel-Einträgen in die Umwelt zu treffen. Sie sollten an der „Quelle“ ansetzen, also dort, wo Krankheiten vermieden werden können: Durch verbesserte Tierhaltung und Tierzucht.
Mit all diesen Maßnahmen wäre zumindest ein kleiner Schritt getan, um das für den Menschen lebenswichtige Element „Wasser“ vor den gröbsten Belastungen zu schützen.
Anmerkungen
Malaj, E. et al. (2014). Organic chemicals jeopardize the health of freshwater ecosystems on the continental scale. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 111(26): 9549–54. DOI:10.1073/pnas.1321082111
Helmholtz Zentrum für Umweltforschung, UFZ (2013): Pestizide reduzieren die Artenvielfalt in Gewässern deutlich. Momentane Risikobewertung schützt nicht ausreichend. Pressemitteilung vom 17. Juni 2013: http:www.ufz.de/index.php?de=35329
Umweltbundesamt, UBA (2017): Gewässer in Deutschland: Zustand und Bewertung. http:www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1968/publikationen/170829_uba_fachbroschure_wasse_rwirtschaft_mit_anderung_bf.pdf
Sachverständigenrat für Umweltfragen, SRU (2016): Umweltgutachten 2016 - Impulse für eine integrative Umweltpolitik, Kapitel 6: Verbesserter Schutz der Biodiversität vor Pestiziden: https:www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/01_Umweltgutachten/2016_Umweltgutachten_HD.html
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, BVL (2017): Meldungen gemäß § 64 Pflanzenschutzgesetz für das Jahr 2016: http:www.bvl.bund.de
Umweltbundesamt, UBA (2017): Sind Biozideinträge in die Umwelt von besorgniserregendem Ausmaß? Empfehlungen des Umweltbundesamtes für eine Vorgehensweise zur Untersuchung der Umweltbelastung durch Biozide. UBA-Texte 15/2017: http:www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2017-02-27_texte_2017-15_biozideintraege.pdf
Ulrich, U. et al. (2015): Datenlage zur Belastung der Kleingewässer durch Pestizide in Deutschland: ein Statusbericht. In: Hydrologie und Wasserwirtschaft 59 (5). S. 227-238
Müller A. (2014): Themenschwerpunkt Gewässermonitoring/ -schutz. Vortrag im Forum NAP, 03.-04. Dezember 2014, Alexandra Müller, UBA IV 1.3 / Pflanzenschutzmittel: https:www.nap-pflanzenschutz.defileadmin/user_upload/_imported/fileadmin/SITE_MASTER/content/Dokumente/Grundlagen/Forum/2014/13_2_Praesentation_TOP_9_UBA_Mueller_02.pdf
LAWA (2016): Mikroschadstoffe in Gewässern: http:www.lawa.de/documents/Uml24-2016_20160126_LAWA_Bericht_Mikroschadstoffe_in_Gewaessern_final_761.pdf
10 Tim aus der Beek et. al. (2016): Pharmaceuticals in the environment – Global Occurences and perspectives. Environmental Toxicology and Chemistry; Volume 35, Issue 4
11 BVL (2017): Vergleich der Abgabemengen der Wirkstoffklassen 2011 bis 2016. https:www.bvl.bund.de/SharedDocs/Bilder/09_Presse/Download_Bilddateien_Presse_Hintergrundinformation/20170911_Tabelle_Antibiotika_Abgabemenge2016_Print.html?nn=1401276
12 PAN (2017): Antibiotikafunde im Grundwasser. Studie unterstützt Forderung nach Einführung eines Grenzwertes für Arzneimittel http:www .pan-germany.org/download/pestizid-brief/PB2_2016_Antibiotika%20im%20GW_2016_FIN.pdf




