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Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”

[Ticker 03/2005] STICHWORT BAYER 03/2005 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Berkeley: Ausgliederung gestoppt
Die BAYER-Niederlassung im kalifornischen Berkeley plante, ihre Pförtnerdienste auszugliedern und 54 Angestellte zu entlassen, um sie durch billigere VertragsarbeiterInnen zu ersetzen. Aber die Gewerkschaft INTERNATIONAL LONGSHOREMAN‚S WAREHOUSE UNION kündigte Proteste an und hatte Erfolg. „BAYER wurde klar, dass wir bis zum Streik gehen würden, deshalb sind die Pläne jetzt vom Tisch“, sagte Donald Mahon. Lohneinbußen müssen die PförterInnen künftig nicht hinnehmen, auf die Details der Verhandlungen zwischen Gewerkschaft und Betriebsführung wollte Mahon jedoch nicht eingehen.

FarmerInnen fordern Rechtshilfe
In einer australischen Raps-Lieferung nach Japan fanden sich Spuren der von BAYER CROPSCIENCE hergestellten, genveränderten Raps-Sorte „Topas 19/2“ (siehe auch SWB 3/05), weshalb die Behörden die Ladung beschlagnahmten. Den LandwirtInnen entstand ein beträchtlicher finanzieller Verlust. Das NETWORK OF CONCERNED FARMERS (NCF) appelliert deshalb an die Regierung ihres Landes, gesetzgeberisch tätig zu werden. „Die Politik muss strikte Haftungsregeln einführen, damit der Verursacher für den Schaden aufkommt, nicht die Betroffenen“, so Julie Newman vom NCF.

BUKO für unabhängige Forschung
Die BUKO-PHARMAKAMPAGNE hat in einer Stellungnahme zum geplanten Forschungsrahmen-Programm der EU eine Stärkung industrie-unabhängiger medizinischer Untersuchungen gefordert. „Da sich kommerziell finanzierte Forschung naturgemäß auf Medikamente ausrichtet, müssen verstärkt auch nicht-medikamentöse Ansätze in der Forschung berücksichtigt werden“, heißt es in dem Positionspapier.

BUKO für strengere Arzneiprüfungen
Am 23. Juni 2005 veranstaltete das Bundesgesundheitsministerium einen Workshop zur Pharmapolitik, an dem PolitikerInnen, ÄrztInnen, PharmakritikerInnen und Industrie-EmissärInnen teilnahmen. Ein Vertreter der BUKO PHARMAKAMPAGNE forderte in der Runde mit Verweis auf die von LIPOBAY und VIOXX ausgelösten Arzneimittelskandale strengere Zulassungsprüfungen. Er stieß damit auf Unverständnis bei den TeilnehmerInnen. Die große Pillenkoalition gab zwar zu, dass die Risiken von neuen Mitteln größtenteils nicht bekannt seien, sprach sich aber trotzdem für die Beibehaltung des alten Brauchs aus, die gesamte Bevölkerung zu Versuchskaninchen zu machen.

BUKO schreibt der WHO
Die BUKO-PHARMAKAMPAGNE und andere Initiativen haben in einem Offenen Brief an die Weltgesundheitsorganisation WHO einen Richtungswechsel bei der Entwicklung und Vermarktung von Arzneimitteln gefordert. Die Gruppen sprachen sich gegen die preistreibenden Patentschutz-Regelungen aus, weil sie die Präparate für arme Länder unerschwinglich machen und überdies weitere Forschungen erschweren. Demgegenüber traten die Gruppen für eine Pharmakologie ein, welche Gesundheit als ein öffentliches Gut betrachtet und Medikamente im Interesse der Allgemeinheit produziert.

Anti-Umweltpreis an BAYER
Das Grundwasser in der Umgebung des im südafrikanischen Durban gelegenen BAYER-Werks ist stark durch Krebs erregende Chrom-Verbindungen belastet (siehe auch SWB 4/04). Darum haben Umweltverbände des Landes dem Leverkusener Multi wegen fehlender Verlässlichkeit und Verantwortung den „Accountability and Liability Sucks-Preis“ zugesprochen.

Petition gegen Ohioer Werksleitung
Im US-amerikanischen Addyston, dem dieses Jahr von LANXESS übernommenen BAYER-Standort, ereignen sich permanent Störfälle. Erst im Herbst 2004 trat zweimal in kurzen Abständen das Krebs erregende Gas Acrilonitril aus. Die Initiative OHIO CITIZEN ACTION hat deshalb in einer Petition die Ablösung der Werksleitung gefordert. 425 der 790 AddystonerInnen unterzeichneten sie.

Hoppe gegen Arznei-Agentur
Die Bundesregierung plant, das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ durch die „Deutsche Arzneimittel-Agentur“ zu ersetzen und gibt damit Forderungen von BAYER & Co. nach. Die Agentur soll sich durch die Gebühren der Hersteller für die Arznei-Zulassungsverfahren finanzieren und nach Akkord arbeiten: Je mehr Pillen sie in kurzer Zeit auf Verträglichkeit und Heilwirkung hin überprüft, desto mehr Geld nimmt sie ein (siehe auch POLITIK & EINFLUSS). Die Wahrscheinlichkeit von Pharma-Skandalen, wie sie z. B. BAYERs Cholesterin-Senker LIPOBAY auslöste, steigt damit stark an. Entsprechend alarmiert reagierte Bundesärztekammer-Präsident Jörg Hoppe. „Bei einer solchen Agentur, die sich im Wettbewerb mit europäischen Zulassungsbehörden behaupten soll, besteht zwangsläufig die Gefahr, dass Anträge nicht ausreichend geprüft werden und Wirkstoffe vorschnell zugelassen werden“, meint Hoppe. Zudem kritisierte er die unverhohlen marktwirtschaftliche Ausrichtung der Agentur scharf. „In dem Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums ist ohne Umschweife vom Wirtschaftsstandort, von hoher Wertschöpfung, Exportquoten und Wettbewerbsfähigkeit die Rede. Die Zulassung von Arzneimitteln wird als Kerngeschäft bezeichnet. Die Begriffe Patient und Arzt kommen bemerkenswerterweise in der Begründung kein einziges Mal vor“, so der Ärzte-Sprecher.

ISDB kritisiert Arznei-Sicherheitsstandards
Die europäische Sektion der Medizinzeitschriften-Organisation INTERNATIONAL SOCIETY OF DRUG BULLETINS (ISDB) hat sich kritisch zum Stand der Arzneimittelsicherheit geäußert und ausführliche Verbesserungsvorschläge gemacht. Sie fordert eine lückenlose Dokumentation der in klinischen Tests beobachteten Nebenwirkungen und eine Verbesserung des Meldewesens, so dass - wie im Falle LIPOBAY geschehen - nicht zunächst die Börse über Pharma-GAUs informiert wird und dann erst die Öffentlichkeit. Zudem tritt die ISDB dafür ein, MedizinerInnen mit Industrie-Kontakten künftig die Mitarbeit in Kontrollgremien zu verwehren. Darüber hinaus verlangt die Organisation von BAYER & Co., die Sicherheitsüberwachung bei ihren pharmakologischen Prüfungen zu verbessern und die VerbraucherInnen rechtzeitig und umfassend über unerwünschte Arznei-Effekte zu informieren.

CDU-Anfrage wg. Phosgen
Mit der Erweiterung der Kunststoff-Fertigung im Uerdinger BAYER-Werk ist auch die vermehrte Produktion des hoch giftigen Gases Phosgen verbunden (SWB 1/03). Das ist nicht einmal der Uerdinger CDU so ganz geheuer. Die Fraktion der Bezirksvertretung Süd erbat sich von der Stadtverwaltung in einer Anfrage sicherheitsrelevante Informationen. Sie wollte wissen, ob die Verantwortlichen die Stadt an dem Genehmigungsverfahren beteiligt haben und ob es eine Umweltverträglichkeitsprüfung gab. Zudem erkundigten die PolitikerInnen sich danach, wie die Stadt das Risiko-Potenzial der aus Produktionsgründen ständig im Werk gelagerten Menge von 34 Tonnen Phosgen einschätzt und ob sie auf eine weit ungefährlichere „just in time“-Herstellung oder gar eine phosgen-freie Kunststofffertigung drängt. Darüber hinaus verlangten die CDUlerInnen nach Informationen über Katastrophenpläne für den Ernstfall. Fragen ähnlicher Art hatte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) bereits einmal dem Staatlichen Umweltamts in Krefeld gestellt, aber trotz monatelanger Wartezeit nur unzureichende Antworten bekommen.

CBG ißt gegen BAYER
Am 11. September fand die bundesweite Aktion „tafeln! für Bio - gegen Gentechnik“ statt. An 118 Orten kamen AktivistInnen zu einer Mahlzeit aus ökologischen Lebensmitteln zusammen und protestierten genüßlich gegen das Genfood von BAYER & Co. Allein in Berlin folgten 6.000 Menschen dem Aufruf des BUNDES FÜR ÖKOLOGISCHE LEBENSMITTELWIRTSCHAFT und anderer Verbände. Für die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) kochte und aß am Kölner Heumarkt Geschäftsführer Philipp Mimkes mit und fand zwischen den einzelnen Gängen noch genug Zeit, um Interessierte über den Gen-Giganten BAYER zu informieren.

Immer mehr Regionen ohne Gentech
Die Zahl der ländlichen Gebiete in der Bundesrepublik, die auf Gentechnik verzichten wollen, steigt immer mehr. Mittlerweile haben sich VertreterInnen von 66 Regionen zu einer Landwirtschaft ohne Gentechnik bekannt.

Meacher warnt vor Pestiziden
Nach Meinung des ehemaligen englischen Umweltministers Michael Meacher schützt die britische Regierung die Bevölkerung nur unzureichend vor den gesundheitlichen Gefahren, die von Pestiziden ausgehen. Mit dem Hinweis auf zahlreiche Studien, die einen Zusammenhang zwischen Agrochemikalien und Krankheiten wie Asthma, Krebs und Parkinson (siehe auch PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE) sehen, kritisierte er die laxe Zulassungspraxis des „Pesticide Safety Directorate“, die der finanziellen Abhängigkeit von BAYER & Co. geschuldet ist.

AKTION & REAKTION

Anerkennung aus Italien
Die italienische Zeitung Il Golem L‘indensabile, zu deren Herausgebern unter anderem der Schriftsteller Umberto Eco gehört, hat im Rahmen eines Artikels über das in Italien weitgehend unbekannte Phänomen der Kritischen AktionärInnen insbesondere die regelmäßigen Aktionen und Gegenreden der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) auf den BAYER-Hauptversammlungen als beispielhaft gewürdigt.

Romy Quijano ausgezeichnet
Dr. Romy Quijano hat für die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) auf philippinischen Bananenplantagen Recherchen zu der gesundheitsgefährdenden Wirkung von BAYER-Pestiziden gemacht. Nicht einmal von Klagen der Bananen-Barone hat er sich dabei abschrecken lassen. Für dieses Engagement hat der Mediziner in den USA nun einen Umweltpreis erhalten.

KAPITAL & ARBEIT

Wirbel um LANXESS-Betriebsrat
In BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS ist innerhalb der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) eine Kontroverse um den Posten des Gesamtbetriebsratschefs entbrannt. Im Vorfeld der Trennung hatte der Betriebsrat des „Mutterhauses“ Ralf Deitz für diese Position auserkoren. Die LANXESSer fügten sich dieser Entscheidung allerdings nicht und wollten Werner Czaplik an der Spitze ihres Betriebsrates sehen. Darüber waren die BAYER-GewerkschaftlerInnen so erbost, dass sie ihrem Mann trotz gewonnener Wahl das Mandat entzogen. „Ein Machtkampf dieser Dimension ist bislang ohne Beispiel in der IG BCE“, kommentierte die Financial Times Deutschland. Offensichtlich spiegelt sich darin die Unzufriedenheit der permanent von Arbeitsplatzvernichtung bedrohten LANXESS-Beschäftigten mit der Gewerkschaft wider, welche der Herauslösung der Chemie-Sparte weitgehend tatenlos zugesehen hatte.

Arbeitsplatzvernichtung bei LANXESS
Wieder einmal Arbeitsplatzvernichtungen bei LANXESS: Ende Juni 2005 hat sich BAYERs Chemie-Abspaltung ihr Werk im französischen La Wantzenau für Rationalisierungsmaßnahmen auserkoren. Der Vorstand will dort Einsparungen in einem Volumen von 11 Millionen Euro realisieren und 86 Jobs dafür opfern.

Rationalisierungen bei LANXESS
BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS hat am spanischen Standort Tarragona ein Kostensenkungsprogramm gestartet, das unter anderem Flexibilisierungsmaßnahmen und eine Erhöhung der Jahresarbeitszeit vorsieht. Um den Beschäftigten die Verschlechterungen schmackhaft zu machen, kommt auch die obere Etage nicht ganz ungeschoren davon: Die MitarbeiterInnen in Führungspositionen müssen auf ein bis drei Prozent ihres Jahresbonus verzichten.

LANXESS sucht Kunstfaser-Käufer
BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS plant, sich von seinem Kunstfaser-Geschäft zu trennen und damit viele Arbeitsplätze zu vernichten. LANXESS-Boss Axel Heitmann verhandelt bereits mit einem Interessenten, der die Sparte ganz oder teilweise - im Rahmen eines Joint Ventures - übernehmen will.

AGFA: Spaltprozess geht weiter
Trennt sich ein Unternehmen von einem Geschäftsbereich, setzt das oft einen Teilungsprozess bis zum bitteren Ende in Gang. Die von BAYER 1999 an die Börse gebrachte AGFA ist dafür ein Beispiel. Ende 2004 verkaufte die Gesellschaft ihre Leverkusener Fotosparte an Finanzinvestoren weiter, im Juni 2005 stellte diese einen Insolvenzantrag. Im September gab die Geschäftsleitung der AGFA AG nun eine weitere Aufspaltung bekannt. Die Bereiche „Medizintechnik“, „Grafische Systeme“ und „betriebliche Altersversorgung“ firmieren nun als eigenständige Gesellschaften. Nach Beendigung dieses Prozesses geht die Muttergesellschaft AGFA AG in Liquidation, ihre Aktien werden an der Frankfurter Börse nur noch bis zum 18. November 2005 gehandelt. Die strategische Leitung übernimmt dann der belgische Unternehmensteil AGFA GEVAERT NV. Eine ähnliche Entwicklung könnte dem von BAYER in die Selbständigkeit entlassenen LANXESS-Konzern bevorstehen.

Nur noch 500 Jobs bei AGFA-FOTO
Die ehemals zu BAYER gehörende Fotosparte von AGFA stellte Ende Mai einen Insolvenzantrag. Seither verhandelt der Insolvenzverwalter Andreas Ringstmeier mit Investoren. Ging er zunächst davon aus, 850 der ursprünglich 1.787 Arbeitsplätze erhalten zu können, hat er im September die Erwartungen zurückgeschraubt: Es bleiben lediglich 500 Jobs übrig. Wenn der interessierte Finanzinvestor den Zuschlag erhalten sollte, sind die Tage des Standortes Leverkusen gezählt. Dieser Anleger hat es nämlich vornehmlich auf AGFAs Laborgeräte abgesehen, und die produzieren die Werke in München und Peiting.

Verringerung des Sortiments
BAYER CROPSCIENCE plant, sich auf neue und deshalb renditeträchtigere Ackergifte zu konzentrieren und will ältere Agrochemikalien ausmustern. Bis 2008 soll das Sortiment um 20 Wirkstoffe auf 93 schrumpfen - und die Zahl der Arbeitsplätze dürfte da gleich mitschrumpfen.

Erweiterter Drogentest
Im Jahr 2002 hat der VEREIN ZUR FÖRDERUNG DES ÖFFENTLICHEN BEWEGTEN UND UNBEWEGTEN DATENVERKEHRS e.V. (FoeBuD) BAYER den BigBrotherAward verliehen, weil der Konzern bei BewerberInnen Drogen-Tests durchführt (SWB 4/02). Das hat den Leverkusener Chemie-Multi allerdings nicht davon abgehalten, die Nachweis-Technologie zu vervollkommnen. Seine Diagnostika-Apparaturen ADVIA 1650 und 2400 können nun auch Opiate, Barbiturate, Kokain sowie sechs weitere Drogenarten aufspüren.

Wieder nur 1.000 Lehrlinge
Um mehr als ein Drittel ist die Zahl der Ausbildungsplätze bei BAYER in den letzten fünfzehn Jahren zurückgegangen. Gab es 1990 in den Werken noch 1.600 Lehrstellen, so strich der Konzern diese bis zum Herbst 2005 auf rund 1.000 zusammen. Rund ein Viertel der Lehrlinge stehen dabei gar nicht mehr in den Diensten des Agromultis. Er bildet sie vielmehr im Auftrag von BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS aus, die selbst keinerlei Ausbildungsanstrengungen unternimmt.

Mehr Arbeitsplätze in China
BAYER investiert kräftig in China und schafft dort auch neue Arbeitsplätze. So plant der Konzern, die Zahl seiner MitarbeiterInnen in dem Land auf 5.600 zu verdoppeln.

Roncalli-Direktor bei BAYER
Um seinen Jung-ManagerInnen etwas zu bieten, kaufte BAYER zur Abschluss-Veranstaltung der Führungskräfte-Qualifizierung den Direktor des Zirkus Roncalli, Bernhard Paul, für das Unterhaltungsprogramm ein.

Widerstand gegen Verhaltensvorschriften
Die Niederlassung von BAYER CROPSCIENCE im französischen Lyon will ihre MitarbeiterInnen auf „gesetzmäßiges und verantwortliches Handeln“ verpflichten.. Die Richtlinie hält die Beschäftigten zu „Rechtstreue und ethischem Verhalten“ und zu einem verantwortlichen Umgang mit Chemikalien an. Zudem fordern die BAYER-Gebote von den Belegschaftsangehörigen, den Vorstand über alle eventuelle Verstöße zu informieren, bei Zuwiderhandlungen drohen Geldstrafen und andere Sanktionen. Darüber hinaus verlangt die Lex BAYER von den Angestellten, für die „Wahrung des guten Rufes des Unternehmens“ einzutreten, auch und gerade bei „politischen Aktivitäten“. Mit dem „Compliance Commitee“ hat der Multi sogar eine betriebsinterne Gerichtsbarkeit eingeführt. Die Geschäftsleitung führte die Benimmregeln ein, obwohl der Gesamtbetriebsrat das Vorhaben abgelehnt hatte. Die Gewerkschaft CGT gibt aber nicht auf und organisiert weiterhin Widerstand gegen die undemokratische „Hausordnung“.

Lustig ist das Betriebsratsleben?
Bei VW haben die Arbeitnehmer-VertreterInnen durch „Social Sponsoring“ der Geschäftsleitung auf großem Fuße gelebt. Den BAYER-Betriebsräten geht es aber auch nicht schlecht. So kann zum Beispiel der Dormagener Betriebsratsvorsitzende Karl-Josef Ellrich seinen Mercedes CLS 350 im Wert von 80.000 Euro - with a little help von BAYER - mittels günstiger Leasingbedingungen finanzieren. Seine Arbeit beeinflussen nette Gesten dieser Art nach eigenem Bekunden nicht. „Ich achte streng darauf, meine absolute Unabhängigkeit zu wahren“, behauptet Ellrich. Äußerungen in der Öffentlichkeit lassen an seiner Unabhängigkeit allerdings zweifeln. So betrachtete er in einem Interview mit der Neuß-Grevenbroicher Zeitung die Willfährigkeit der Gewerkschaft als Standortvorteil im internen Wettbewerb der einzelnen Niederlassungen um BAYER-Investitionen. Wenn in Fragen der flexiblen Arbeitszeit und der Bereitschaft zur Weiterbildung „alle Werke etwa gleich liegen, wird auch nach der Umgänglichkeit und Flexibilität des Betriebsrates gefragt. Da ist der Betriebsrat gefordert, sich einzubringen, so der sich selbst als “Change Manager„ bezeichnende Ellrich untertänigst. Deshalb vermutete dann auch ein Leser der Zeitung treffsicher, “dass die Konzernherren wahrscheinlich grinsend hinter der Gardine stehen, wenn Ellrich in seinem BAYER-geförderten Mercedes-Benz 350 CLS anrollt, um dort ‚absolut unabhängig‚ über Betriebsschließungen, die Streichung von betrieblichen Sonderzahlungen, die Ausgliederung von Betriebsteilen in billigere Tarifverträge oder gar in billigere Gegenden dieser Welt zu verhandeln„.

ERSTE & DRITTE WELT

Entwicklungshilfe à la BAYER
Die Bundesrepublik will nach Informationen von “www.german-foreign-policy.com„ die Entwicklungshilfe privatisieren und BAYER & Co. stärker in die konzeptionellen Planungen einbinden. Um “Chancen und Nutzen von Entwicklungspolitik für die deutsche Wirtschaft zu bestimmen„, hat die “Bundesagentur für Außenwirtschaft„ deshalb Ende August 2005 in Köln eine dreitägige “Weltkonferenz„ abgehalten, an der VertreterInnen von 100 Unternehmen teilnahmen. Entwicklungshilfe definierte der Wirtschaftsstaatssekretär Bernd Pfaffenbach bei dem Meeting “als wirtschaftliche Einstiegshilfe in sensible Regionen„. Die Politik hatte im Vorfeld bereits Forderungen der “Arbeitsgemeinschaft Entwicklungspolitik„ des “Bundesverbandes der Deutschen Industrie„ erfüllt und Staaten mit aussichtsreichen Märkten wie China, Brasilien, Mexiko und Südafrika zu “Ankerländern„ der Entwicklungszusammenarbeit erklärt.

POLITIK & EINFLUSS

Kahlschlag bei REACH
Die REACH genannte Chemikalien-Richtlinie der EU, die Tausende niemals getestete Substanzen erstmals auf ihre gesundheitsschädliche Wirkung hin untersuchen will, gerät unter dem Druck von BAYER & Co. immer industriefreundlicher. Im September 2005 einigten sich Ministerrat und EU-Parlament auf eine erneute Abschwächung. Für Stoffe, deren Produktionsmenge unter zehn Tonnen liegt, brauchen BAYER & Co. fortan nur noch detaillierte Datensätze vorlegen, wenn die Gefährlichkeit der Substanzen bereits bekannt ist. Die unbekannten Chemie-Wesen bleiben also weiterhin unbekannt. Folgerichtig sprach der “Verband der Chemischen Industrie„ nach der frohen Kunde aus Brüssel von einem “ermutigendem Zeichen für die Branche„.

Schröder bei BAYER
Anfang Juni 2005 besuchte Bundeskanzler Gerhard Schröder das Bitterfelder BAYER-Werk und den um die Niederlassung herum entstandenen Chemie“park„.

Wenning bei der CDU
Auf Einladung des Pforzheimer Wirtschaftsrates der CDU hielt der Vorstandsvorsitzende des Leverkusener Agro-Multis, Werner Wenning, einen Vortrag zur Lage der Nation unter besonderer Berücksichtigung der BAYER-Interessen. In routiniert düsterer Manier schilderte er den Zustand des Patienten “Deutschland„, um Zustimmung für eine Roßkur à la BAYER zu erheischen: Weg mit den Windrädern, weg mit den angeblich zu hohen Unternehmenssteuern und weg mit den Gentechnik-Restriktionen. Bei der CDU war er mit diesen Forderungen an der richtigen Adresse.

Wenning VCI-Vorsitzender
BAYER-Chef Werner Wenning hat im September 2005 für zwei Jahre den Vorsitz des “Verbandes der Chemischen Industrie„ (VCI) übernommen.

Wahlerklärung des Konventes
Dem “Konvent für Deutschland„ gehören neben dem BAYER-Aufsichtsratschef Manfred Schneider unter anderem Klaus von Dohnanyi, Roland Berger, Hans-Olaf Henkel, Roman Herzog und Oswald Metzger an. Das Gremium “berät„ PolitikerInnen und versucht sie besonders fürs kapitale Rucks in Sachen Bildung, Finanzen und Föderalismus zu erwärmen. Auch im Vorfeld der Bundestagswahlen meldete sich der Konvent zu Wort. Als dringlichste Aufgabe der neuen Regierung mahnte Herzog einen Kassensturz an, “der diese Bezeichnung wirklich verdient.„ Wortkarger gerieren sich die Konventler, wenn ReporterInnen Fragen nach der Finanzierung ihrer Arbeit stellen. “Da gibt sich der Konvent eher schmallippig, pocht aber auf seine Unabhängigkeit. Der Vermutung, dass die Geldgeber langfristig nichts gegen sichtbare Erfolge ihrer Investition in den Konvent haben würden, wird aber nicht sehr laut widersprochen„, kommentierte der dpa-Journalist Martin Bialecki süffisant.

Neues von der Schneider AG
BAYERs Aufsichtsratsvorsitzender Manfred Schneider hat dieses Amt auch bei LINDE inne und sitzt außerdem in den Kontroll-Gremien von ALLIANZ, DAIMLER CHRYSLER, METRO, RWE und TUI. Aufsichtsratsausschüsse mitgezählt, kommt Schneider auf 19 Mandate und führt damit die Präsenzliste der Industriekapitäne an. Der ehemalige BAYER-Chef und 17 weitere Top-Manager haben die Deutschland AG quasi unter sich aufgeteilt: Sie bekleiden insgesamt 158 Positionen in DAX- bzw. MDAX-Unternehmen.

Hasta la vista, BAYER
Zum Anlass der Eröffnung einer neuen KOGENATE-Produktionsanlage im US-amerikanischen Berkeley (siehe auch IMPERIUM & WELTMACHT) schickte der kalifornische Gouverneur Arnold Schwarzenegger dem Leverkusener Multi ein Grußwort. Darin bezeichnete er BAYER als “hoch geschätztes„ Unternehmen, welches beste klinische Forschung mit medizinischer Innovation zum Wohle des Patienten vereine. Und als ehemaliger Bodybuilder mit reichlich pharmakologischer Erfahrung muss Arni ja wissen, wovon er spricht.

SPDler besuchen BAYER
Die SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen aus Wenden besuchte das Leverkusener BAYER-Werk. Neben einer Besichtigung stand ein Treffen mit dem Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Erhard Gipperich auf dem Programm.

Für schnellere Arznei-Zulassungen
Während der 90er Jahre ist die Dauer der Zulassungsverfahren für Medikamente auf Druck von BAYER & Co. von drei auf anderthalb Jahren gesunken. Nicht einmal der LIPOBAY-Skandal mit seinen über 100 Toten hat der Bundesregierung intensivere Überprüfungen notwendig erscheinen lassen. BAYER tritt auf Bundes- und EU-Ebene sogar unverhohlen für eine weitere Deregulierung ein. Diesem Zweck diente auch eine Podiumsdiskussion der Fachgruppe Gesundheit im Leverkusener Veranstaltungszentrum “Baykomm„, an der im April 2005 WissenschaftlerInnen, Arznei-KontrolleurInnen und VertreterInnen von Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung teilnahmen (siehe auch AKTION & KRITIK).

Extrem-Lobbying in den USA
Die USA stellen für BAYER und die anderen bundesdeutschen Konzerne den zweitgrößten Absatzmarkt der Welt dar. Deshalb gehören sie auch zur zweitgrößten ausländischen Lobbygruppe in den Vereinigten Staaten. 72 Millionen Dollar investierten sie in die politische Meinungsbildung auf Feldern wie Handels- und Steuergesetze, Gesundheit und Arbeitsrecht. BAYER ließ sich in diesem Jahr vor allem die “Überzeugungsarbeit„ zur Abwendung des Verbotes für das umstrittene Tierantibiotikum BAYTRIL (siehe auch RECHT & UNBILLIG) so einiges kosten.

BAYER in Berliner Landesvertretung
Im Juni 2005 hatte der Leverkusener Multi in der Berliner Landesvertretung Sachsen-Anhalts ein Heimspiel. Der Konzern richtete dort ein Symposion zur Zukunft des bundesdeutschen Gesundheitssystems aus. 100 AkteurInnen des Gesundheitswesens nahmen daran teil. Darunter befanden sich unter anderem der sachsen-anhaltinische Gesundheitsminister Gerry Kley und der BAYER seit längerem freundschaftlich verbundene Leiter des Münsteraner Arteriosklerose-Institutes, Professor Dr. Gerd Assmann. BAYERs Pharmachef Wolfgang Plischke nutzte die Veranstaltung, um mit Abwanderung zu drohen, falls es in der Bundesrepublik nicht bald zu einem Dreiklang zwischen Wirtschafts-, Forschungs- und Sozialpolitik komme.

PROPAGANDA & MEDIEN

Kooperation mit National Geographic
Hoch giftige Einleitungen, Dünnsäure-Verklappung in der Nordsee, Rückstände von BAYER-Pestiziden in fast allen größeren Flüssen - der Leverkusener Multi lässt kaum ein Wässerchen ungetrübt. Deshalb erscheint es besonders wichtig, sich ein Saubermann-Image zu verpassen. Zu diesem Zweck
fördert der Konzern via “Global Exploration Fund„ wissenschaftliche Arbeiten zur Schonung der Ressource “Wasser„ mit einer Summe von 250.000 Euro und lässt die frohe Kunde über das als Medienpartner der Aktion fungierende Magazin National Geographic in einer Auflage von 250.000 Exemplaren bei einer ökologisch sensiblen Klientel verbreiten. Die Zeitschrift findet nichts dabei, dem Multi bei dessen “Greenwashing„-Aktivitäten zu assistieren und den Brunnenvergifter BAYER als Wasserretter darzustellen, weshalb die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) gemeinsam mit anderen Initiativen einen Protestbrief an den Chefredakteur geschrieben hat (siehe auch SWB 3/05).

Greenwashing in Polen
BAYER verbindet nach alter Gewohnheit Marktoffensiven mit Imageoffensiven. Seit einiger Zeit setzt die Landwirtschaftssparte BAYER CROPSCIENCE stark auf Polen (siehe auch PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE). Nun sind aber die Pestizide des Agromultis Gift für Mensch, Tier und Umwelt. Deshalb stellt sich der Konzern in dem Land medial als Umweltengel dar. Zusammen mit der größten polnischen Zeitung TV Polen hat er einen Foto-Wettbewerb zum Thema “Umwelt„ ausgelobt und die prämierten Arbeiten auf einer Ausstellung in Warschau präsentiert.

Propaganda-Preis für Heiner Springer
Den Beschäftigten des Leverkusener Chemie-Multis und der Öffentlichkeit eine Zerschlagung des Unternehmens mit der Vernichtung von 20.000 Arbeitsplätzen innerhalb des Konzernverbundes als Wohltat zu verkaufen, stellt eine schwere Aufgabe dar. BAYERs Kommunikationschef Heiner Springer hat sie nach Meinung der “Deutschen Public Relation Gesellschaft„ (DPRG) meisterlich gelöst. Sie zeichnete die flankierenden Maßnahmen von Springer & Co. zur Trennung vom Chemiegeschäft mit dem ersten Preis aus. Als äußerst gelungen betrachtete die DPRG auch die Darstellung der Greenwashing-Aktivitäten im Rahmen von BAYERs Kooperation mit den Vereinten Nationen und die mediale Aufbereitung des Börsenganges der Chemie-Abspaltung LANXESS.

Neue LEVITRA-Werbung
BAYER hat sich von dem Potenzmittel LEVITRA einen Umsatz von einer Milliarde per anno versprochen, im letzten Jahr lag er jedoch nur bei 200 Millionen. Jetzt soll eine neue Werbekampagne helfen, den Marktanteil von 11 auf 20 Prozent zu erhöhen.

Kooperation mit VITA
Die Medizinzeitschrift VITA macht unverhohlen Reklame für LEVITRA, BAYERs Lifestyle-Präparat gegen “Erektile Dysfunktion„ (ED). Ein Artikel über die Einstellung von Männern über 40 zur Sexualität nennt als Quellenangabe freimütig eine “Presseveranstaltung der BAYER HEALTH CARE AG„. Er präsentiert eine “Studie„, nach der sich 46 Prozent der Zielgruppe ein erfüllteres Sexualleben wünscht und weiß auch gleich ein Mittel. “Sie brauchen nur den nächsten Schritt zu tun - einen Arzt aufsuchen - und da es heute mit LEVITRA eine effektive, schnell wirkende ED-Therapie gibt, kann das frühzeitige Ansprechen des Themas eine Menge Stress ersparen„, zitiert das Blatt den Professor Siegfried Meryn, Leiter einer ominösen “International Society for Men‘s Health and Gender„.

Millionen für Hämophilie-Forschung
Seit Mitte der 80er Jahre starben Tausende Bluter an AIDS-verseuchten Blutplasma-Produkten von BAYER, weil der Konzern sich aus Profit-Gründen weigerte, die Präparate einer Hitze-Behandlung zu unterziehen. In der Folge brachten Hämophilie-PatientInnen Präparaten des Leverkusener Multis ein großes Misstrauen entgegen. Der Konzern versucht es durch unterschiedliche PR-Maßnahmen wieder abzubauen. So hat er ein Forschungsprogramm initiiert, das wissenschaftliche Arbeiten zur Bluterkrankheit fördert. Drei Millionen Dollar ließ der Pharmariese sich das in diesem Jahr kosten.

BAYER startet “Bayrad 2005„
Gemeinsam mit der “Deutschen Herzstiftung„ und einigen Krankenkassen hat BAYER die Aktion “Bayrad 2005„ ins Leben gerufen. Sie will auf den gesundheitsfördernden Effekt von sportlicher Betätigung auf dem Fahrrad hinweisen und zum In-die-Pedale-treten animieren. Die geschäftsfördernde Nebenwirkung: Das Unternehmen kann die verschiedenen Akteure des Gesundheitswesens enger an sich binden. Für jeden zurückgelegten Kilometer auf den über 60 im Bundesgebiet aufgestellten Standgeräten überweist der Pharma-Riese der Herzstiftung nämlich 33 Cent, womit er den Verein für seine industrie-freundliche Haltung belohnt. So pries dessen Vorsitzender Professor Hans-Jürgen Becker erst im letzten Jahr ASPIRIN als herzinfarkt-vorbeugend an, obwohl das unter Fachleuten höchst umstritten ist.

Bild kämpft für BAYER
Die Hallensesche Ausgabe der Bild-Zeitung widmete den Schreibtischen der einflussreichsten Manager aus Sachsen-Anhalt eine Serie und stattete dabei auch dem Bitterfelder BAYER-Boss Georg Frank einen Besuch ab. Der nutzte die Gelegenheit, auf seinem Arbeitsplatz gleich drei ASPIRIN-Schachteln vor die Linse des Fotografen zu schieben und Propaganda für die von vielen ExpertInnen bestrittene herzinfarkt-vorbeugende Wirkung des Medikamentes zu machen. “Eine ist gegen Kopfschmerzen, die andere gegen Erkältungen. Die ASPIRIN-PROTECT nehme ich täglich als Vorsorge gegen Herzinfarkt. Daran starb mein Vater„, public-relatete Frank etwas missverständlich.

“Jugend forscht„ bei BAYER
Im Frühjahr 2005 lud BAYER zum Finale des “Jugend forscht„-Wettbewerbs nach Leverkusen. “Es war schon immer ein erklärtes Ziel von BAYER, den Forschungsdrang von Kindern und Jugendlichen zu fördern„, erklärte ein Konzern-Mitarbeiter. Den Forschungsdrang seiner eigenen Beschäftigten schränkt das Unternehmen jedoch drastisch ein. So vernichtete es am Wuppertaler Pharmaforschungszentrum 440 der 3.000 Arbeitsplätze. Zudem fuhr der Multi die Investitionen zurück und engte den wissenschaftlichen Ehrgeiz der PharmakologInnen auf vier Krankheitsfelder ein.

PR-Arbeit in China
Seine Geschäftsabsichten im boomenden China flankiert BAYER auch mit PR-Maßnahmen. So gehört der Konzern zu den finanziellen Unterstützern der Organisation “MercyCorps„, die armen LandwirtInnen und FischerInnen Kredite gibt.

BAYER wäscht grüner
Die Zahl der Störfälle bei BAYER steigt beharrlich, Konzernchef Wenning wettert permanent gegen umweltfreundliche Technologien wie die Windkraft, und der Konzern findet nichts dabei, hierzulande wegen ihrer Gefahr für Mensch, Tier und Umwelt längst verbotene Ackergifte in Ländern der Dritten Welt weiter zu vertreiben. Trotzdem erdreistet sich das Unternehmen, sich im Rahmen einer Kooperation mit den Vereinten Nationen als Hüter der Schöpfung aufzuspielen und UmweltbotschaftlerInnen auszubilden. 44 der Unglücklichen besuchten im August 2004 Leverkusen und erhielten aus unberufenem Munde Nachhilfe zum Thema “Nachhaltige Entwicklung„. Sogar zum Landesumweltamt führte sie der zum Gärtner gemachte Bock BAYER - “mit dem Ziel, den jungen Menschen ein umfassendes Verständnis für die Rollen und das Zusammenspiel von Industrie, Behörden und privaten Haushalten im Bereich Umweltschutz zu vermitteln„, wie es in der Zeitschrift Sicherheitsbeauftragter heißt. Dass zu diesem “Zusammenspiel„ auch gehörte, den damaligen Kölner Regierungspräsidenten Franz-Josef Antwerpes zu verklagen, weil dieser den Multi zu einer Direktübermittlung von Emissionsdaten an die staatlichen Aufsichtsämter zwingen wollte, vermittelte der Agroriese seinen BotschaftlerInnen vermutlich aber nicht.

Oberlehrer BAYER
Der Leverkusener Multi hat es geschafft, sich den unter knappen finanziellen Mitteln leidenden Schulen im Umfeld der Werke als eine Art naturwissenschaftliche Hilfsschule anzudienen. Ein kurzer Blick auf das Angebot genügt, um festzustellen, welche wirtschaftspädagogische Absicht hinter dem BAYER-Lehrplan steckt. “Spielzeug aus Kunststoff von BAYER„, “Unser Hund hat Flöhe - Was tun?„, und “Wie funktioniert eine Kläranlage„ bietet der Konzern als Projekte an, und ältere Semester können an Diskussionsforen zu den Themen “Gentechnik„, “Tierversuche„ und “Aktiengesellschaft„ teilnehmen.

Fuhlrott-Museum ohne BAYER
BAYER hat sein Publikumslabor aus dem naturkundlich ausgerichteten Fuhlrott-Museum in Wuppertal abgezogen und in sein Aprather Pharmaforschungszentrum verlegt. Nun richtet das Land dort einen außerschulischen Lernort ein - und änderte gleich den Lehrplan. Die Gentechnik, der BAYER durch seine “Museumspädagogik„ zu mehr Akzeptanz verhelfen wollte, ist künftig kein Hauptfach mehr.

Chinesisches Fußball-Projekt
BAYER begleitet sein Engagement im neu-kapitalistischen Eldorado “China„ mit zahlreichen PR-Maßnahmen. So startete der Konzern ein Fußball-Projekt für Jugendliche. Nach Auskunft des Multis ist die pädagogische Absicht dabei, “unsere Ziele wie Fairness und Teamplay zu vermitteln„. Wenn es nicht um die Ziele, sondern die real existierende Unternehmenspraxis ginge, hätte BAYER den jungen Chinesen das Rugby-Spiel näher bringen müssen.

BAYER fördert Vogelstation
BAYERs Pestizide bringen vielen Vögeln den Tod. Die US-amerikanischen VogelschützerInnen der AMERICAN BIRD CONSERVANCY treten deshalb beispielsweise schon seit langem für ein Verbot des Mittels FENTHION (europäischer Handelsname: LEBAYCID) ein. Um so wichtiger ist es für den Konzern, sich in der Öffentlichkeit als Vogelfreund darzustellen. Zu diesem Behufe fördert der Multi in Neuseeland jetzt eine Aufzuchtstation für Vögel.

Umweltprogramm in Neuseeland
BAYERs Greenwashing-Aktivitäten nehmen ein immer größeres Ausmaß an. Jetzt hat der Konzern in Neuseeland gemeinsam mit der “Royal Society„ für 120.000 Dollar auch noch das Jugendumweltprogramm “BAYERBOOST„ gestartet.

Global Reporting mit BAYER
Die Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen steht immer noch im Mittelpunkt von BAYERs Greenwashing-Bemühungen - keiner wäscht grüner als Kofi Annan. Darum ist der Leverkusener Multi jetzt auch noch Mitglied der “Global Reporting Initiative„ geworden. Sie kooperiert in Sachen “Nachhaltige Entwicklung„ mit dem UN-Umweltprogramm und dem “Global Compact„, einer weiteren zwecks Image-Aufpolierung mit den Vereinten Nationen verbandelten Organisation von BAYER & Co..

Partnerschaft mit medizinischer Vereinigung
Gewohnheitsmäßig lässt BAYER PatientInnen-Verbänden und medizinischen Vereinigungen große Spenden zukommen. Im Gegenzug erhält der Konzern dann Unterstützung bei der Vermarktung seiner Pillen. So hat die “American Heart Association„ ASPIRIN als Mittel zur Herzinfarkt-Prophylaxe empfohlen, obwohl die US-amerikanische Gesundheitsbehörde dem Leverkusener Multi eine Zulassung für diese Indikation verweigerte. Gleiches erwartet sich das Unternehmen nun von der “World Heart Federation„, mit der es eine dreijährige Zusammenarbeit vereinbart hat. Bereits auf dem “World Heart Day„ waren die Federation und BAYER gemeinsam im Einsatz.

Adolf Muschg in Leverkusen
BAYER hat sich als Festredner zur Eröffnung der neuen Spielzeit des Kulturprogrammes im September den Präsidenten der Berliner “Akademie der Künste„, den Schweizer Schriftsteller Adolf Muschg, geangelt.

  • TIERE & ARZNEIEN

BAYTRIL verboten
BAYERs Antibiotikum BAYTRIL kommt in der Massentierhaltung massenhaft zum Einsatz. Als Folge davon bilden immer mehr Krankheitskeime Resistenzen gegen den Wirkstoff Fluorchinolon aus. Zu den Fluorchinolon-resistenten Krankheitserregern gehören u.a. Salmonellen- und Campylobacter-Stämme. In den Nahrungskreislauf gelangt, können sie beim Menschen schwere Magen-Darminfektionen auslösen, gegen die Human-Antibiotika auf Fluorchinolon-Basis wie BAYERs CIPROBAY dann machtlos sind. Deshalb treten die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und andere Initiativen seit Jahren für ein BAYTRIL-Verbot ein. Im Sommer 2005 konnte die Kampagne einen Erfolg verbuchen. Die US-Gesundheitsbehörde FDA untersagte mit sofortiger Wirkung den Gebrauch von BAYTRIL in der Geflügelzucht.

ADVOCATE: präventive Wirkung?
Nichts lässt die Kassen der Hersteller so sehr klingeln wie regelmäßig eingenommene Präparate. Das gilt für menschliche und tierische PatientInnen gleichermaßen. Deshalb behauptet der Leverkusener Multi auch, ADVOCATE, sein neues Antiparasiten-Mittel für Hunde, würde bei permanenter Anwendung prophylaktisch wirken. Dabei dürften seine zwei Inhaltsstoffe Moxidectin und Imidacloprid allerdings nicht nur Parasiten schaden. ImkerInnen auf der ganzen Welt machen Imidacloprid als Wirksubstanz des Pestizides GAUCHO nämlich für ein Bienensterben in großem Ausmaß verantwortlich.

BAYER profitiert von Fischfarmen
Die Zahl der in Fischfarmen gezogenen Shrimps nimmt immer weiter zu. Im Jahr 2003 betrug die Jahresproduktion schon 1,8 Millionen Tonnen. Ohne Chemie geht deshalb in der industrialisierten Fischwirtschaft nichts. So verfügt BAYER HEALTH CARE über ein Sortiment von 30 Produkten für die Aqua-Kulturen, das unter anderem aus Desinfektionsmitteln, Antibiotika und speziellen Bakterien besteht. Allein in Vietnam stieg der Umsatz der Mittel von 2000 bis 2003 um das Fünfzehnfache.

DRUGS & PILLS

Arznei-Ausgaben: plus 19 %
Nach Berechnungen der Krankenkassen werden ihre Ausgaben für Arzneien in diesem Jahr um 19 Prozent gegenüber denen von 2004 steigen. “Nicht nachvollziehbare Mengenausweitungen bei neuen und teuren Arzneimitteln ohne therapeutischen Fortschritt„ nannte der Betriebskrankenkassen-Vorsitzende Wolfgang Schmeinck als einen Grund für die Kosten-Explosion. Aber nicht nur die Überredungskünste der Pharma-DrückerInnen von BAYER & Co. in den Praxen der Republik haben zu den Mehrausgaben geführt. Die Pillen-Produzenten profitierten auch davon, den Krankenkassen nicht mehr 16, sondern nur noch sechs Prozent Rabatt auf ihre Medikamente einräumen zu müssen.

GLUCOBAY hilft dem Herz nicht
Nach Aussage des Leverkusener Multis beugt das Diabetes-Präparat GLUCOBAY mit dem Wirkstoff Acarbose auch Herzinfarkten vor. Anzeigen-finanzierte Spezialzeitschriften wie Der Internist helfen dem Konzern bei der Verbreitung der Mär. So führte ein Artikel in der Augustausgabe 2005 gleich zwei neue Studie zum Beweis der BAYER-These an. Ein im industrie-unabhängigen Fachmagazin arznei-telegramm erschienener Forschungsbericht kam jedoch zu ganz anderen Ergebnissen. “Entgegen den Werbeaussagen der Firma BAYER ist auch bei Patienten mit gestörter Glukose-Toleranz (d. i. DiabetikerInnen, Anm. SWB) (...) kein Einfluss von Acarbose auf kardiovaskuläre Erkrankungen nachgewiesen„, heißt es in der Zeitschrift.

Magenblutungen durch ASPIRIN
Mit Vehemenz versucht BAYER seit geraumer Zeit, ASPIRIN als herzinfarkt-vorbeugendes Mittel zu bewerben. Jetzt hat eine neue Studie aus Australien mit 20.000 Männern und Frauen über 70 Jahren zwar einen Einfluss des Wirkstoffes Acetylsalicylsäure auf das Herz-Kreislauf-System festgestellt, aber zugleich auch gravierende Nebenwirkungen. Bei 321 Frauen und 398 Männern hat ASPIRIN das Herzinfarkt-Risiko und bei 35 Frauen und 19 Männern die Schlaganfall-Gefahr gesenkt. Dafür bekamen aber 572 weibliche Versuchspersonen und 499 männliche schwere Magen/Darm-Blutungen. Zudem diagnostizieren die ForscherInnen bei 60 ProbandInnen Blutungen in der Hirnregion.

6.500 Todesfälle durch ASPIRIN & Co.
Magenbluten stellt die gefährlichste Nebenwirkung von Schmerzmitteln wie ASPIRIN dar. Nach einer Untersuchung des Mediziners Michael Wolfe von der “Boston University School of Medicine„ sterben in den USA durch die von ASPIRIN & Co. verursachten Blutungen jährlich 6.500 Menschen.

Nierenschäden durch ASPIRIN & Co.
Schmerzmittel wie ASPIRIN schaden bei regelmäßiger Einnahme den Nieren. Nach Einschätzung des Nieren-Experten Professor Wolfgang Pommer müssen sich in der Bundesrepublik jährlich 400 PatientInnen einer Dialyse-Behandlung unterziehen, weil ASPIRIN & Co. ihnen ihre lebenswichtigen Organe zerstört haben.

Blind durch LEVITRA
Bei den staatlichen Stellen häufen sich Informationen über Sehstörungen nach der Einnahme von BAYERs LEVITRA und anderen Potenzmitteln. In den USA ist ein Mann durch die Lifestyle-Pille aus Leverkusen sogar blind geworden. Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA hat auf die Entwicklung reagiert und die Pharma-Multis verpflichtet, auf ihren Beipackzetteln vor der Gefahr des Sehverlustes zu warnen. Auch die kanadische Gesundheitspolitik hat Maßnahmen eingeleitet und VertreterInnen des Pharmariesen einbestellt. Die BAYER-Verantwortlichen zeigen sich allerdings nicht gerade schuldbewusst. “Ein kausaler Zusammenhang zwischen der Einnahme von PDE-Hemmern wie LEVITRA und einer Sehnerv-Erkrankung konnte bisher nicht hergestellt werden„, so ein Unternehmenssprecher.

Kein Geld mehr für LEVITRA
Die für die Versorgung sozial Schwacher mit Medikamenten aufkommenden US-Gesundheitsprogramme “Medicaid„ und “Medicare„ übernehmen künftig nicht mehr die Kosten für LEVITRA und andere Potenzmittel. Damit drohen dem nicht nur in den Vereingten Staaten mit 193 Millionen Dollar jährlich ohnehin hinter den Umsatzerwartungen zurückbleibenden Mittel weitere Einbußen.

TRASYLOL bei Hüft-OPs?
Dem Leverkusener Multi mangelt es an neuen lukrativen Medikamenten, weshalb er nach neuen Verwendungsmöglichkeiten für die alten sucht. Das BAYER-Medikament TRASYLOL mit dem Wirkstoff Aprotinin soll aus diesem Grund künftig nicht nur bei Operationen am offenen Herzen zum Anwendung finden, sondern auch beim beim Einsetzen von künstlichen Hüftgelenken. Im Moment befindet sich das Präparat gerade in der Phase III der klinischen Tests für dieses Indikationsgebiet.

Neues KOGENATE
BAYER hat kaum neue Medikamente in der Entwicklung. Deshalb versucht der Konzern, die Pharma-Erträge durch geringfügige Veränderungen der bereits vermarkteten Arzneien zu steigern. Zu diesem Zweck hat er mit Erprobung einer länger wirksamen Spielart des Bluter-Präparates KOGENATE begonnen.

AVELOX bei Haut-Infektionen
Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA hat die Zulassung für das BAYER-Antibiotikum AVELOX erweitert. MedizinerInnen dürfen es fortan auch bei Weichteil- und Hautinfektionen verschreiben, die Bakterien ausgelöst haben.

3. Testphase für Thrombosemittel
BAYERs momentan in der Entwicklung befindliches Thrombosemittel geht im Herbst 2005 in die dritte und letzte Phase der klinischen Erprobung.

CIPROBAY BAYERs Nr.1
Mit einem Umsatz von 837 Millionen Euro ist das Antibiotikum CIPROBAY BAYERs umsatzstärkstes Medikament. Es folgen ADALAT (670 Millionen), ASPIRIN (615 Millionen), AVELOX (318 Millionen), GLUCOBAY (278 Millionen), LEVITRA (193 Millionen) und TRASYLOL (171 Millionen).

Erweitere Zulassung für Herz-Test
Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA hat die Zulassung für einen Herzschwäche-Test von BAYER erweitert. Diese gilt nunmehr nicht bloß für die Bestimmung einer Herzinsuffizienz, sondern auch für Prognosen über den Gesamtzustand des Organs und über die Überlebenschancen der PatientInnen. Das gentechnische Diagnose-Verfahren misst die Konzentration eines stress-anzeigenden Eiweiß-Spaltproduktes, des natriurethischen Peptides vom Typ B, und will darüber Aussagen über die Verfassung des Herzens treffen.

FDA lässt vier Hepatitis-Tests zu
Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA genehmigte im Jahr 2005 vier Hepatitis-Tests von BAYER: einen auf Hepatitis A, einen auf Hepatitis-A-Antikörper, einen auf Hepatitis-B-Antikörper und einen auf Hepatitis C. BAYER ist einer der weltgrößten Hersteller von Diagnostika-Geräten, die wegen ihrer Fehler-Anfälligkeit häufig in der Kritik stehen.

Pharma-Zukäufe möglich
BAYER plant, die Sparte mit rezeptfreien Medikamenten durch Akquisitionen auszubauen. So gehört der Konzern zu Kauf-Interessenten des entsprechenden Sortiments von BOOTS HEALTHCARE INTERNATIONAL.

Kooperation mit KEYNEUROTEK
Das Magdeburger Unternehmen KEYNEUROTEK hat ein Medikament für PatientInnen mit einem Schädel/Hirn-Trauma in der Entwicklung, das BAYER für profitträchtig erachtet, weshalb der Konzern mit der Firma einen Kooperationsvertrag geschlossen hat.

GENE & KLONE

Superunkraut durch Genraps
Englische ForscherInnen haben auf einem Versuchsfeld mit Genraps das Wachsen eines Superunkrauts beobachtet. Pollen des gentechnisch gegen ein Antiunkrautmittel resistent gemachten Raps' haben sich in eine Senfgras-Art eingekreuzt und die Herbizid-Resistenz “weitervererbt„, so dass gegen die Pflanze nunmehr kein Kraut mehr gewachsen ist. “Die Untersuchung hat uns die Möglichkeit des Entstehens von transgenen Superunkräutern vor Augen geführt - mit gravierenden Folgen für Landwirtschaft und Umwelt„, kommentierte Emily Diamand von FRIENDS OF THE EARTH die beunruhigende wissenschaftliche Entdeckung.

EU gegen BAYERs Genraps
Der Leverkusener Agromulti hat den EU-Genehmigungsantrag für gentechnisch verändertes Rapsöl-Saatgut zurückgezogen und ist damit einer absehbaren negativen Entscheidung der Kommission zuvorgekommen. Laut Auskunft der Sprecherin von Umweltkommissar Stavros Dimas gab es nämlich “Bedenken bei den EU-Regierungen, einige haben die Sicherheitsklausel beim Zulassungsverfahren für die Gen-Rapsölsaat gezogen„. Das mochte der Konzern in einer Stellungsnahme zu dem Rückzug natürlich nicht zugeben. “Wir sehen auf absehbare Zukunft aufgrund der politischen Lage keinen Anreiz für den Anbau und die Vermarktung von Genraps in der EU„, hieß es aus der Zentrale. Auf eine EU-Einfuhrgenehmigung für anderswo angebauten Genraps hofft der Gengigant allerdings weiterhin.

EU gegen BAYERs Genmais
Vor geraumer Zeit hatte die EU-Kommission beantragt, die herrschenden Verbote von genetisch verändertem Mais und Maissaatgut aufzuheben. Die UmweltministerInnen der Europäischen Union lehnten das jedoch ab. So müssen der T25-Mais und das Saatgut von BAYER sowie Sorten von MONSANTO und SYNGENTA vorerst in den Labors bleiben.

Gentech-Moratorium der EU
Der EU-Umweltkommissar Stavros Dimas hat ein Moratorium für die Zulassung von Genpflanzen verkündet, weil es bisher weder für das Nebeneinander von Gentech-Früchten und konventionell oder ökologisch angebauten Sorten noch für das Problem der Saatgut-Verunreinigungen befriedigende Lösungen gibt.

Mehr Gentech-Saatgut verkauft
Im Geschäftsjahr 2004 hat BAYER den Umsatz mit gentechnisch verändertem Saatgut um 14,8 Prozent auf 311 Millionen Euro gesteigert. Für das Ertragsplus sorgten vor allem Gen-Saaten für Canola-Raps und Baumwolle.

Lebensmittel gen-kontaminiert
Die Zeitschrift Ökotest hat 56 Lebensmittelprodukte untersucht und in einem Drittel von ihnen Gentech-Spuren gefunden, die sich zumeist in dem Bereich von 0,1 Prozent bewegten. Der Grenzwert, ab dem die Rückstände der Laborfrüchte von BAYER & Co. der Kennzeichnungspflicht unterliegen, beträgt 0,9 Prozent.

BAYER stiftet Professur
BAYER CROPSCIENCE finanziert der “Texas Tech University„ eine sich der “Molekulargenetik von Baumwolle„ widmende Stiftungsprofessur (siehe auch FORSCHUNG & LEHRE).

Biotech-Forschungen in Aprath
BAYERs Pharma-Zentrum in Aprath setzt verstärkt auf Forschungskooperationen. Allein im Bereich “Genmedizin„ gibt es zur Zeit vier solcher Projekte.

Individualisierte Gendiagnostik
Die individualisierte Medizin gilt als zukunftsträchtig. Die Pharmaunternehmen versprechen sich von der so genannten Pharmakogenetik ganz auf den/die EinzelneN abgestimmte Diagnose-, Therapie- und Präventionskonzepte - und damit auch weniger Nebenwirkungen. ExpertInnen wie Regine Kollek vom Hamburger “Institut für Technikfolgenabschätzung„ bleiben da skeptisch, weil nicht eine bestimmte Veranlagung, sondern Fehlverschreibungen und Arznei-Wechselwirkungen die unerwünschten Effekte verursachen. Von der Umsetzung der neuen Pharmakologie trennen BAYER & Co. ohnehin noch Welten, ganz real sind allerdings schon die Gefahren durch die “Zukunftstechnologie„. Immer mehr Biobanken sammeln alle verfügbaren Gesundheitsdaten der Bevölkerung und kartographieren ihr Erbgut. Bei den PatientInnen mit Erbkrankheiten steigt deshalb die Angst vor einer Ausgrenzung. Bei einer Umfrage unter Mitgliedern der “Deutschen Huntington-Hilfe„ gaben 80 Prozent der unter dieser erblichen Gesundheitsstörung leidenen an, bereits Erfahrungen mit Diskriminierungen gemacht zu haben. BAYER stört sich daran nicht. Das Unternehmen wittert einen neuen Markt und hat von den Firmen DXS und BTG Lizenzen für Gentech-Tests erworben, die es angeblich ermöglichen, die Wahrscheinlichkeit eines Krankheitsausbruches vorherzusagen und eine speziell auf den/die PatientIn zugeschnittene Behandlungsart zu entwickeln.

Diagnostika-Lizenz gekauft
BAYER hat von dem Unternehmen ERAGEN BIOSCIENCES eine Lizenz für ein auf Gentechnik beruhendes Diagnoseverfahren zum Nachweis der zystischen Fibrose erworben.

Zulassungsantrag für Sorafenib
Der Leverkusener Multi hat für das gemeinsam von ihm und ONYX gentechnisch entwickelte Krebsmedikament Sorafenib eine Zulassung zur Behandlung von Nierenkrebs im fortgeschrittenen Stadium beantragt. Darüber hinaus strebt der Konzern Genehmigungen für die Therapiefelder Haut- und Leberkrebs an.

BAYER will Gentech-Kraftstoffe
Der Leverkusener Multi versucht der grünen Gentechnik einen neuen Markt zu erschließen. In Zeiten steigender Ölpreise entwirft BAYER CROPSCIENCE-Chef Friedrich Berschauer die Vision der Produktion von Biokraftstoff durch gentechnisch veränderte Pflanzen. Vorzeigbares hat der Konzern da zwar noch nicht aufzuweisen, aber darum ging es Berschauer bei seinem Auftritt vor der “Wirtschaftspublizistischen Vereinigung„ auch gar nicht. Da die grüne Gentechnik den Nachweis ihrer Nützlichkeit bis heute schuldig geblieben ist und deshalb an Akzeptanzproblemen leidet, wollte Berschauer den JournalistInnen die Risikotechnologie nur einmal zumindest virtuell als Problemlöser schmackhaft machen.

WASSER, BODEN & LUFT

Produktionsstopp wg. Rita
Mit den aus den Schornsteinen der BAYER-Werke jährlich aufsteigenden 6,1 Millionen Tonnen Kohlendioxid trägt der Konzern maßgeblich zur Klimaerwärmung und damit auch zum vermehrten Auftreten von Wirbelstürmen bei. In den USA hat der Multi die Auswirkungen seines verantwortungslosen Handelns zum ersten Mal am eigenen Leib zu spüren bekommen. Er musste wegen des herannahenden Hurrikans “Rita„ die Produktion des Werkes im texanischen Baytown stoppen. Zur einer Änderung seiner Klimapolitik dürfte diese Erfahrung den Multi aber wohl kaum bewegen.

Giftfracht aus Holland
Als würde der konzerneigene Giftmüll nicht schon reichen, steigt BAYER zunehmend ins Entsorgungsgeschäft ein. So kann sich die Deponie in Bürrig über 10.000 Tonnen Altlasten des niederländischen Unternehmens ATM freuen. Die Rückstände aus der Farb- und Lackproduktion sowie der Bodenaufbereitung kommen binnen der nächsten zwei Jahre zur Klärschlammverbrennung nach Leverkusen.

Pro Tonne 48 kg Sondermüll
Bei der Herstellung von BAYER-Produkten fallen pro Tonne 48 kg Schadstoff-belastete Abfälle an; 1992 waren es sogar noch 123 kg. An flüssigen Giftfrachten hat allein das Dormagener Klärwerk täglich 60.000 Kubikmeter zu bewältigen.

BAYTRIL ist überall
Die in der Massentierhaltung massenhaft verwandten Antibiotika wie BAYERs BAYTRIL (siehe auch TIERE & ARZNEIEN) machen Krankheitserreger immun gegen die Mittel. Durch den Verzehr von industriell produziertem Fleisch in den menschlichen Organismus gelangt, können diese dort Krankheiten auslösen, gegen die kein Kraut mehr gewachsen ist. Nach einer Studie der Universität Paderborn stellen die Antibiotika aber auch eine Gefahr für die Umwelt dar. Über die als Dünger verwandte Gülle aus Schweinemastbetrieben verseuchen sie Gewässer, Böden und Pflanzen, die oft als Tierfutter dienen und BAYTRIL & Co. so wieder in die Nahrungskette einspeisen.

BAYER-Zulieferer in der Kritik
Ein mexikanisches Unternehmen, das BAYER mit Agrochemikalien beliefert, verschmutzt die Umwelt mit seinen Produktionsrückständen in so hohem Maße, dass die mexikanischen Sektionen von GREENPEACE und dem PESTIZID-AKTIONS-NETZWERK die Schließung des Werkes fordern.

Verseuchter Klärschlamm
Bei der Abwasseraufbereitung der Klärwerke fällt Schlamm an, den die Landwirtschaft teilweise weiterverwertet. Da sich in diesen Klärrückständen eine Vielzahl der von BAYER & Co. stammenden Schadstoffe wie Chemikalien und Schwermetalle tummeln, kam eine vom Land Nordrhein-Westfalen durchgeführte Untersuchung zu dem Schluss, diese Art von “Recycling„ “im Hinblick auf die Schutzgüter Boden und Grundwasser sowie die Nahrungsmittelproduktion teilweise als kritisch anzusehen„.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Pestizid-Vergiftungen in Indien
In Indien leiden zahlreiche Menschen unter Vergiftungen durch Pestizide, wie eine Studie der Universität Wageningen dokumentiert. Das Versprühen der Ackergifte auf den Feldern löst bei 39 Prozent der Kleinbauern und -bäuerinnen leichte Vergiftungserscheinungen wie Kopfschmerzen, Atembeschwerden und brennende Augen aus. 38 Prozent der LandwirtInnen zeigen mittelschwere Symptome wie Muskelkrämpfe oder Erbrechen. Bei 16 Prozent der untersuchten Personen stellten die WissenschaftlerInnen schwere Vergiftungserscheinungen wie Bewusstlosigkeit oder Anfälle fest. Die inkriminierten Wirkstoffe wie Endosulfan, Aldicarb, Monocrotophos und Imidacloprid finden sich vielen BAYER-Produkten, aber auch Generika-Hersteller vermarkten sie. Das in der Bundesrepublik längst verbotene Monocrotophos lässt der Leverkusener Multi in Fabriken der Region Vapi herstellen, wo es keinerlei Umwelt- und Sicherheitsauflagen gibt und sich entsprechend oft Chemie-Unfälle ereignen (siehe auch SWB 1/04).

Immer mehr Pestizide
Im Jahr 2004 stieg der Verbrauch von Pestiziden auf bundesdeutschen Äckern gegenüber 2003 um 4,6 Prozent. Auch weltweit brachten die LandwirtInnen mehr Agrochemikalien aus, was für BAYER und die anderen Agromultis eine Umsatzsteigerung gegenüber dem Vorjahr von 13 Prozent auf 32,2 Milliarden Dollar bedeutete.

Immer mehr Pestizid-Altlasten
In Lateinamerika gibt es weit mehr ungesichert gelagerte Altpestizide als bisher angenommen. Ging die Ernährungs- und Landwirtschaftorganisation der UN, die FAO, immer von ungefähr 10.000 Tonnen aus, so schätzt sie die Zahl jetzt auf 30.000 bis 50.000 Tonnen. Die FAO-ExpertInnen fanden Agrochemikalien in unmittelbarer Nähe von Wohngebieten oder von Gewässern. In Kolumbien machten sie sogar auf einem Gelände, auf dem eine Armensiedlung entstehen sollte, 5.000 Tonnen verscharrter Agrochemikalien dingfest. Zu den Altpestiziden gehörten auch Wirkstoffe von BAYER wie z. B. das von der WHO als extrem gefährlich eingestufte Parathion-Methyl, der Inhaltsstoff von ME 605 Spritzpulver. Überall auf der Welt verseuchen solche BAYER-Altlasten Mensch, Tier und Umwelt, zuletzt sorgten GREENPEACE-Funde im Nepal für einen handfesten Skandal. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) fordert den Konzern deshalb auf, sich an den Kosten für eine fachgerechte Entsorgung zu beteiligen.

Immer mehr Pestizid-Rückstände
Nach einer Untersuchung des “Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit„ nimmt die Belastung von Lebensmitteln mit Pestiziden zu. 57 Prozent aller geprüften Proben wiesen Rückstände auf - eine Steigerung von 5,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dabei fanden sich im importierten Obst und Gemüse mit einer Quote von 61,4 Prozent mehr Ackergiftspuren als in bundesdeutschen Produkten (46,5 Prozent). In acht Prozent der Fälle überschritten die Rückstände der Agrochemikalien von BAYER & Co. die zulässigen Grenzwerte.

Chlorpyrifos in Erdbeeren
Das “Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart„ untersuchte Erdbeeren und wies in 96 Prozent aller Früchte aus deutschen Landen Pestizidrückstände nach. Durchschnittlich fanden sich Spuren von vier Agrochemikalien in den Proben. Importierte Ware war zu 93 Prozent belastet, einige Erdbeeren aus Italien und Spanien lagen sogar über dem zulässigen Grenzwert. In ihnen war am häufigsten der Wirkstoff Chlorpyrifos am Werk, der in mehreren BAYER-Produkten enthalten ist, unter anderem in dem Madenstreumittel RIDDER, dem Anti-Insektenmittel BLATTANEX und in dem Haushaltsschaben-Köder PROFICID.

Aus für Aldicarb?
Die US-amerikanische Umweltbehörde EPA erwägt, BAYER die Zulassung für den uralten Pestizidwirkstoff Aldicarb zu entziehen. Der Konzern hat gleich alle Hebel in Bewegung gesetzt, um das zu verhindern und sogar Baumwoll-FarmerInnen für seine Ziele einspannen können.

Grünes Licht für Menschenversuche
Seit Jahren drängt BAYER die US-amerikanische Umweltbehörde EPA, die Ergebnisse von Pestizid-Tests an Menschen bei den Zulassungsverfahren für Agrochemikalien zu berücksichtigen. Die Untersuchungen schätzen das Gefahrenpotenzial der Mittel nämlich deutlich niedriger ein als bisherige wissenschaftliche Arbeiten und müssten deshalb nach dem Kalkül des Leverkusener Multis zu einer Lockerung der Grenzwerte führen. Die EPA beugte sich schließlich dem Druck der Pestizid-Produzenten, obwohl eine jüngst veröffentlichte Studie bei den Menschenversuchen gravierende Verstöße gegen medizinethische Standards festgestellt hat. Anfang nächsten Jahres will die Behörde die genauen Regularien für solche Versuchsreihen bekannt geben.

Kooperation bei Reis-Pestizid
BAYER und das japanische Unternehmen SUMITOMO wollen gemeinsam ein Pestizid gegen die Reis-Bräune entwickeln, das im Jahr 2010 auf den Markt kommen soll.

Parkinson durch Pestizide
Pestizide wirken auf das Nervensystem ein. Deshalb stoßen mmer mehr Untersuchungen auf einen Zusammenhang zwischen dem Ausbruch der Parkinson-Krankheit (Schüttellähmung) und einem Kontakt mit Agrochemikalien (siehe auch Ticker 3/03). Eine neue Studie mit 767 Parkinson-PatientInnen und ca. 2.000 gesunden ProbandInnen hat bei Personen, die mit Ackergiften umgingen wie z. B. LandwirtInnen, ein um 43 Prozent erhöhtes Krankheitsrisiko festgestellt.

Gute Geschäfte in Osteuropa
Seit der EU-Erweitung betreiben die osteuropäischen Länder eine intensive Landwirtschaft. Da dies mit einem intensiven Pestizid-Verbrauch verbunden ist, laufen die Geschäfte für BAYER gut. “Wir haben im vergangenen Jahr ein sehr gute Entwicklung in Polen, Rumänien, Tschechien und auch Ungarn verzeichnen können„, freut sich der BAYER CROPSCIENCE-Chef Friedrich Berschauer. Der Umsatz in den zehn neuen EU-Mitgliedsstaaten stieg zwischen 2001 und 2004 von 50 auf 160 Millionen Euro; in Polen kommt BAYER mittlerweile schon auf einen Marktanteil von 25 Prozent.

Hohe Erwartungen in China
Der Pestizid-Verkauf in China lässt für BAYER noch zu wünschen übrig. Die dortigen LandwirtInnen setzen meistens billige Nachahmer-Produkte ein, die Patent-Bestimmungen werden oft verletzt und mit den Zulassungsverfahren haben es die Agro-Multis auch nicht so ganz einfach. “Wir sehen aber durchaus Bestrebungen seitens der chinesischen Regierung, vergleichbare Zulassungsstandards wie in den USA oder der EU auch in China zu etablieren„, freut sich BAYER CROPSCIENCE-Chef Friedrich Berschauer. Auf anderen Gebieten sieht der Konzern die Industrialisierung der Landwirtschaft ebenfalls auf einem guten Wege - und damit auch die Profit-Aussichten steigen. So hat der Gouverneur der Provinz Fujian laut BAYER Report 1/2005 ein millionen-schweres Landwirtschaftsprogramm aufgelegt, das die kleinbäuerlichen Strukturen zerschlagen und die Erträge der Äcker erhöhen will.

CHEMIE & BELASTUNG

Chemie in der Muttermilch
Eine vom BUND FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ DEUTSCHLAND (BUND) in Auftrag gegebene Studie hat in der Muttermilch 300 verschiedene Schadstoffe nachgewiesen. Mit Weichmachern, Flammschutzmitteln, Duftstoffen und anderen Substanzen war fast die gesamte Produktpalette von BAYER & Co. vertreten. Die ForscherInnen spürten in der Milch sogar längst verbotene Chemikalien auf. Die Initiative wertet die Ergebnisse der Untersuchung als erneuten Beleg dafür, wie wichtig ein strenges, dem Druck von BAYER & Co. standhaltendes EU-Chemikaliengesetz zum vorbeugenden Gesundheitsschutz ist.

PLASTE & ELASTE

Ölpreis-Kosten
Bei der Kunststoff-Produktion ist Öl ein wichtiger Rohstoff. Eine Verteuerung um 10 Dollar pro Barrel verursacht für BAYER Mehrkosten in Höhe von 1,4 Milliarden Euro. Da der Konzern sich seit der LANXESS-Abspaltung auf die Herstellung veredelter Spezial-Kunststoffe konzentriert, kann er das nach den Worten des Vorstandsvorsitzenden Werner Wenning jedoch “durch Preiserhöhungen kompensieren„.

Mehr MAKROLON
Das Absatz des Kunststoffes MAKROLON boomt. Deshalb will BAYER die Produktion ausweiten. Bis zum Jahresende sollen die Werke bis zu eine Million Tonnen herstellen können.

Kooperation mit PTS
BAYER und die PTS PLASTIC TECHNOLOGY SERVICE GmbH haben eine Zusammenarbeit bei der Entwicklung von thermoplastischen Kunststoffen vereinbart.

STANDORTE & PRODUKTION

75 Jahre Leverkusen
Der BAYER-Standort Leverkusen begeht in diesem Jahr mit großem Aufwand sein 75-jähriges Jubiläum. Auf die wenig feierliche Geschichte von BAYER-Town machte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) in einer Presseerklärung aufmerksam. So hat der Chemie-Multi sich Leverkusen einst nur auserkoren, weil er dort ungehindert Schadstoffe ausstoßen konnte, was am alten Stammsitz Wuppertal massive Proteste verhindert hatten. Zudem ergaben sich für den Stadtteil Wiesdorf durch die rasche Expansion der Niederlassung zahlreiche Probleme. Die nötigen Investitionen in die Infrastruktur und kommunale Einrichtungen wie Schulen sorgten für eine immense Schuldenlast der Gemeinde. Und heutzutage treibt die “kreative Buchführung„ des Konzerns Löcher in den Haushalt, weil durch sie die Gewerbesteuergelder gar nicht mehr oder nur noch spärlich fließen.

Neuer Chef in Dormagen
Dr. Walter Leidinger folgt Walter Schulz als Leiter des Dormagener Chemie“parks„ nach.

Neuer Chef in Bitterfeld
Am 1. Oktober 2005 hat Hans-Joachim Raubach Dr. Georg Frank als Geschäftsführer der Bitterfelder BAYER-Niederlassung abgelöst.

Ausbau von Bitterfeld
BAYER plant, sein Werk in Bitterfeld auszubauen, weil sich die Arzneiproduktion nach die Übernahme der ROCHE-Sparte für rezeptfreie Medikamente ausweitet und der Konzern von den Billiglöhnen im Osten profitieren will.

Schneller Bauen in China
Um schneller Anteil am Wirtschaftsboom in China zu haben, beschleunigt BAYER den Bau einer Makrolon-Anlage in Shanghai. Statt 2009 soll er nun schon 2007 abgeschlossen sein.

Weniger Geld für Kunstverein
BAYER hat die Zuschüsse für den Dormagener “Kunstverein Galerie-Werkstatt„ um die Hälfte gekürzt. Die Initiative hat nun beträchtliche Schwierigkeiten, den Betrieb im Kloster Knechtsteden, wo MalerInnen, GrafikerInnen, FotografInnen und BildhauerInnen arbeiten, aufrecht zu erhalten. Sie sah sich zu drastischen Einsparmaßnahmen und zu einer Erhöhung der jährlichen Mitgliedsbeiträge von 118 auf 153 Euro gezwungen. Schon in der Vergangenheit hat der Leverkusener Agro-Multi seine Kulturförderung erheblich reduziert. So schloss er Werksgalerie und -bibliothek und strich die Unterstützung für Kleinkunst-Veranstaltungen.

Feuerwehr: Wer zahlt?
In Wuppertal hat BAYER die Werksfeuerwehr abgeschafft (Ticker 2/05), stattdessen rückt die kommunale Feuerwehr ein. Von den 32 Werksfeuerwehr-Männern bleiben nur 12 übrig, die künftig gemeinsam mit ihren städtischen Kollegen Dienst schieben. Der - nicht zuletzt wegen der nur spärlich fließenden Gewerbesteuer von BAYER - defizitären Wuppertaler Stadtkasse spült der Deal einiges Geld in die Kasse. Aber er könnte sie auch einiges kosten. So streiten die LokalpolitikerInnen sich momentan mit dem Konzern darüber, wer den neuen, speziell für Chemieunfälle ausgerüsteten Feuerwehrwagen kaufen muss, wenn es der alte mal nicht mehr tut.

IMPERIUM & WELTMARKT

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Griesheimer Werk verkauft
BAYER hat sein Werk im Griesheimer Industrie“park", das Pestizidwirkstoffe herstellte, an CLARIANT verkauft. Der neue Besitzer übernimmt 16 Beschäftigte, die übrigen 20 Mitarbeiter bleiben beim

[NRW] STICHWORT BAYER 03/2005

CBG Redaktion

Neue NRW-Regierung:

Schwarz-Gelb auf BAYER-Kurs

Nur eine rot-grüne Regierungskoalition hat Kriegseinsätze der Bundeswehr und drastische Sozialkürzungen beschließen können, ohne die innere Sicherheit durch Massenproteste zu gefährden. Aber jetzt haben SPD und Grüne für BAYER & Co. ihre Schuldigkeit getan. In Nordrhein-Westfalen, dem Homeland des Chemie-Multis, begann mit dem Wahlsieg von Jürgen Rüttgers der Anfang vom Ende für Rot-Grün.

Von Hubert Ostendorf

Die neue schwarz-gelbe NRW-Landesregierung hat, wie nicht anders zu
erwarten, einen industrie-freundlichen Kurs eingeschlagen. Nicht zuletzt
der BAYER-Konzern als größtes Chemie-Unternehmen im Land kann sich
darüber freuen. Mit dem Bauern Eckhard Uhlenberg haben die
Christdemokraten in der Umweltpolitik endlich wieder einen Bock zum
Gärtner gemacht. Der neue Umwelt- und Landwirtschaftsminister doziert
wie aus einem Strategiepapier der Leverkusener Zentrale: „Sinnvolle
Investitionen sollen nicht mehr von einer restriktiven Umweltpolitik
blockiert oder verhindert werden.“ Die rot-grüne Vorgänger-Regierung
habe den Umweltschutz als Wachstumsbremse in Misskredit gebracht. Ganz
im Sinne von BAYER dürfte auch sein, dass die neue Landesregierung die
Gentechnik in der Landwirtschaft weiter stärken will. Um die Chancen der
Gentechnik auf dem Acker zu verbessern, will die Landes-CDU eine
bundesweite Änderung des Haftungsrechts erwirken. Nach der bisherigen
Regelung haften LandwirtInnen für Schäden, die durch Pollenflug
gentechnisch veränderter Pflanzen entstehen. Ohne Änderung werde sich
kein deutscher Landwirt an diesen Bereich, der europaweit enorme
Zuwächse verspreche, heranwagen, so Uhlenberg. Er schlägt daher einen
Haftungsfonds vor, in den Staat und Industrie einzahlen.

Nur logisch, dass Rüttgers Club darüber hinaus plant, das ohnehin nur
schlecht verankerte Klagerecht von Verbänden einzuschränken. Die Grünen
sehen darin schon jetzt einen „Angriff auf den Naturschutz und die
Mitwirkungsrechte der Naturschützer“.

Rückwärts gerichtet sind auch die schwarz-gelben Vorstelleungen zur
Massentierhaltung: Den „Schweinehaltungserlass“, der den Tieren in den
Ställen ein Mindestmaß an Würde garantieren will, hat Uhlenberg als
„Arroganz pur“ gebrandmarkt und sofort gestoppt, weil er angeblich weit
über EU-Recht hinausgehe. Die Massentierhaltung dürfte künftig also noch
massiver werden - und die damit verbundenen Krankheiten auch, was
wiederum die Absatzchancen für BAYERs Veterinärprodukte erhöht.
Auch beim Hochwasserschutz und den erneuerbaren Energien vertritt
Uhlenberg Konzern-Interessen. Überschwemmungsgebiete für den Rhein
sollen wieder landwirtschaftlich genutzt werden. „Ein Restrisiko bleibt
immer“, so Uhlenberg dreist. Auch gegen die scheinbare „Verspargelung
der Landschaft“ durch Windkraftanlagen zieht er zu Felde und macht sich
damit eine BAYER-Position zu Eigen. Der Konzern kämpft nämlich schon
seit Jahren gegen Windräder. „So sollten wir uns fragen, ob es
tatsächlich sinnvoll ist, Windkrafträder bis 2010 mit zehn Milliarden
Euro zu subventionieren - eine erwiesenermaßen ineffiziente
Energiequelle“, mahnte BAYER-Chef Werner Wenning auf der diesjährigen
Hauptversammlung des Unternehmens Und der ehemalige Leiter des
Brunbütteler Werkes, Willy Schiwy, hat sogar schon einmal genau
ausgerechnet, dass den Chemie-Multi die Windrad-Förderung über das
„Erneuerbare-Energien-Gesetz“ (EEG) 2,5 Millioen Euro im Jahr kostet.
Obwohl der neue Minister auf seiner heimischen Scholle selbst eines
stehen hat, beabsichtigt er, die Vorschriften zur Errichtung neuer
Windkraftanlagen in bevölkerungsstärksten Bundesland deutlich zu
verschärfen. Als flankierende Maßnahme will sein fürs Bauen zuständiger
Ministerkollege Oliver Wittke in Berlin gegen die „Überförderung“ der
Windenergie durch das EEG Stimmung machen. „Ganz im Sinne des
Energie-Riesen RWE, der dieses Regelungswerk schon seit vielen Jahren
vehement bekämpft. Nach einer Berechnung des Essener Konzerns, welche
die Landesregierung unverblümt übernimmt, werden nach dem EEG derzeit
rund neun Cent pro ins Netz eingespeister Kilowattstunde vergütet und
auf den Strompreis umgelegt. Dass Schwarz-Gelb die Förderung der
Windkraft nun zurückfährt, passt auch zu ihrer Ankündigung im Falle
eines Wahlsiegs im Bund die Restlaufzeiten der Atomkraftwerke zu
verlängern.

Ganz im Sinne von BAYER & Co. agiert die liberal-konservative Koalition
auch in ihrer Chemiepolitik. Bei der Ablehnung der geplanten
Chemie-Richtlinie der europäischen Union (REACH), die Tausende niemals
getestete Substanzen erstmals auf ihre gesundheitlichen Risiken hin
untersuchen will, stützt sich Uhlenberg geradezu auf die Vorgaben des
Leverkusener Chemiemultis. Seit Jahren bekämpft die Chemie-Industrie,
BAYER vorneweg, diese Neuregelung im Interesse des
VerbraucherInnenschutzes. REACH müsse deutlich abgespeckt werden, sagt
NRW-Europaminister Michael Breuer (CDU) und übernimmt das demagogische
Zauberwort der Industrie: „Die Chemie-Politik REACH darf nicht zu einem
Jobkiller werden.“ Die Richtlinien, die nach den bisherigen Planungen
2007 in Kraft treten soll, wünscht sich Breuer „pragmatisch,
praxisgerecht und kosteneffizient“. Und der Europa-Minister ist
zuversichtlich, dass das EU-Parlament einen Kompromiss findet, der auch
„von den betroffenen Betrieben mitgetragen werden“ könne. Dies bedeutet
eine die Abkehr von den ursprüngliche Zielen des REACH-Projektes, das
anstrebte, Gefahrenpotenziale von Chemikalien in Bau- und Werkstoffen,
Nahrungsmitteln und Textilien zu untersuchen. BAYER ist in fast allen
dieser Bereiche tätig und wird sich freuen. Auf den Konzern und die
gesamte Unternehmerschaft trifft offensichtlich nicht zu, was
Ministerpräsident Jürgen Rüttgers als Leitlinie seiner neuen Politik
herausgegeben hat: „Jeder muss Opfer bringen.“

CBG protestiert gegen Konzernmacht
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) protestiert gegen die neue
Umwelt- und Industriepolitik der schwarz-gelben Landesregierung.
CBG-Vorstandssprecher Axel Köhler-Schnura: „Die Konzerne setzen
rücksichtslos ihre Profitinteressen durch und gefährden damit die Umwelt
sowie die Interessen der ArbeitnehmerInnen. Wir fordern eine umwelt- und
arbeitnehmerfreundliche, menschengerechte Politik unter demokratischer
Kontrolle.“ Wir bitten alle LeserInnen von STICHWORT BAYER, gegen die
industriefreundliche Politik zu protestieren. Postkarte oder E-mail an
die CBG, wir leiten die Kritik an die Landesregierung weiter.

Fußball

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 30. Juni 2005

Neue Zahlen zum Fußball-Sponsoring der Bayer AG:

„Sportliche Erfolge sollen Störfälle und giftige Produkte in den Hintergrund drängen“

Der Kölner Express enthüllte Anfang der Woche den Umfang des Sponsorings der Bayer AG zugunsten des Werks-Clubs Bayer 04 Leverkusen. Demnach überwies der Konzern in den vergangenen vier Jahren rund 200 Millionen Euro und gab zudem zinsgünstige Kredite in Höhe von 75 Millionen. Mit einem jährlichen „Imagegeld“ von 25 Mio bleibt Bayer auch künftig größter Einzelsponsor der Bundesliga.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Bayer ist für eine endlose Liste von Skandalen verantwortlich. Im Schwarzbuch Markenfirmen wurde Bayer gar als „übelstes Unternehmen“ bezeichnet. Das umfangreiche Sport-Sponsoring ist ein durchsichtiger Versuch, das durch Störfälle und hochgefährliche Produkte verursachte Negativ-Bild des Konzerns zu verbessern.“ Mimkes kritisiert, dass Bayer den beliebtesten Sport der Welt zu einem bloßen Imagefaktor degradiert.

Bayer 04 Leverkusen ist neben Bayern München der Motor für die voranschreitende Kommerzialisierung des Fußballs. Der Club war der erste, der in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wurde, hierfür mussten 1998 eigens die DFB-Statuten geändert werden. Seitdem kickt die Mannschaft laut Handelsregistereintrag ”zum Zweck des Einsatzes als Werbeträger für die Bayer AG”. Gleichzeitig stellt BAYER immer weniger Geld für den Breitensport bereit. „Wenn sich das Unternehmen für das Gemeinwesen einsetzen wollte, müsste BAYER als erstes angemessene Steuern zahlen" so Philipp Mimkes weiter. Dank bilanztechnischer Tricks hat die Bayer AG in den vergangenen Jahren kaum Steuern abgeführt - trotz gleichzeitiger Milliardengewinne.

Letztlich ist den Verantwortlichen im Konzern der sportliche Aspekt gleichgültig. Selbst die bei den Fans langersehnten Meisterschaft ist zweitrangig - wichtig ist allein das Erreichen der lukrativen Champions League. Die Bundesliga ist schließlich nur eine Komponente im „Marketing-Mix“ des Konzerns, zu dem auch Sponsoring für die Olympischen Spiele sowie die Fußball Weltmeisterschaft gehören.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren tritt für eine konsequente Besteuerung von Konzerngewinnen sowie ein Verbot von Sponsoring ein. Der Verein überwacht den Konzern seit 25 Jahren.

[Lev Anzeiger] Kampagne Landesgartenschau

CBG Redaktion

24.06.05, Leverkusener Anzeiger

Landesgartenschau-Gelände musste geräumt werden

Die Senioren der St.-Johannes-Gemeinde aus dem sauerländischen Sundern formieren sich zum Zählappell. Nacheinander kommen weitere Mitglieder der Reisegruppe durch die Drehtür am Haupteingang der Landesgartenschau. Die Gesichter sind betreten. Ein Ausflugstag ist ins Wasser gefallen, man organisiert die Rückreise ins Sauerland und offen bleibt die Frage: „Wer bezahlt uns das alles?“

Die gut 30 Reisenden haben eine Evakuierung hinter sich, nachdem gegen 13.35 Uhr aus bislang ungeklärter Ursache am Rohr eines Produktionsbetriebs des Bayer Chemieparks ein Leck aufgetreten und laut Bayer-Sprecher Jörg Brückner „geringe Mengen Chlor“ ausgetreten waren. Entsprechend sei es auf dem Gartenschaugelände und in der unmittelbaren Nachbarschaft zu Geruchsbelästigungen gekommen.
Daraufhin informierte man die Feuerwehr und die Geschäftsführung der Landesgartenschau und setzte ein Sicherheitskonzept in Gang, das laut Brückner vorsichtshalber „ein paar Stufen höher“ angesetzt worden sei.

Wie die sauerländische Reisegruppe berichtete, wurde man in die oberen Stockwerke eines Gebäudes gebracht, dessen Fenster abgeriegelt waren. Später sei man gebeten worden, das Gelände zu verlassen. Vorsorglich wurden auch die öffentlichen Straßen bis hin zum Kreisverkehr an der Rheinallee und sogar bis hin zur Dhünnstraße gesperrt.

An der „Wacht am Rhein“ hatte die Berufsfeuerwehr derweil ihre liebe Not, Passanten und Radfahrer aufzuhalten, die sich über die Gefahren eines möglichen Chemieunfalls offenbar nicht ganz im Klaren waren und munter weiter liefen und radelten. Laut Brückner empfahl man um 15.20 Uhr, die Sperrungen wieder aufzuheben.

Erstmals zeigte sich, dass das Gelände in der Nachbarschaft der Industrieanlagen unmittelbar betroffen war. Doch Brückner hält Ängste für unangebracht. Die Messungen hätten ergeben, dass keine gesundheitsgefährdenden Belastungen in der Luft gelegen hätten. Gut eine Stunde brauchte es, um den Schaden am Rohr zu beheben.
VON JAN STING

[National Geographic] Offener Brief

CBG Redaktion

Offener Brief an National Geographic:

Umweltverbände protestieren gegen Kooperation mit dem BAYER-Konzern

Klaus Liedtke
Chefredakteur National Geographic Deutschland
Kehrwieder 8
20457 Hamburg

23. Juni 2005

Sehr geehrter Herr Liedtke,

mit Verärgerung haben wir die Kooperation zwischen National Geographic Deutschland und der Bayer AG bei der Gründung des Global Exploration Fund „Süßwasser“ zur Kenntnis genommen. Wir sind der Meinung, dass das sinnvolle Anliegen, Forschung zum Schutz des Trinkwassers zu befördern, durch die Zusammenarbeit mit einem der größten Wasserverschmutzer Deutschlands diskreditiert wird.

Fabriken und Produkte des Bayer-Konzerns belasten Grund- und Oberflächenwässer in aller Welt. Sie sollten dem Unternehmen nicht gestatten, dies durch einen Griff in die Portokasse zu kaschieren.

Zur Problematik „Wasserverschmutzung durch den Bayer-Konzern“ einige Beispiele:
* Bayer gehört zu den 10 größten Direkteinleitern von Schadstoffen in Deutschland. Das Unternehmen emittiert über das Abwasser jährlich rund 600 Tonnen Phosphor, 3.400 to Stickstoff, 1,5 Mio to anorganischer Salze, 73 to Chlororganika und 29 to Schwermetalle (Werte für 2002 bzw. 2003). Das Grundwasser rund um Bayer-Werke ist häufig stark belastet – so wurden kürzlich in der Nachbarschaft der Bayer-Fabrik in Durban/Südafrika bis zu 4800 mg Chrom pro Liter Grundwasser gefunden.
* Bayer ist der weltweit größte Pestizid-Hersteller. Agrogifte belasten in aller Welt Böden und Grundwasser. Allein in Deutschland werden jährlich mehr als 30.000 to Pestizide versprüht, rund 30% des Grundwassers sind dadurch belastet. Die Wasserwerke müssen jährlich dreistellige Millionenbeträge ausgeben, um das Trinkwasser frei von Pestiziden zu halten.
* Täglich verbraucht der Bayer-Konzern rund 2,1 Millionen cbm Wasser. Allein das Werk Leverkusen erzeugt doppelt so viel Abwasser wie die benachbarte Millionenstadt Köln. Die meisten Werke des Unternehmens entnehmen dem Boden hochqualitatives Grundwasser und leisten hierfür aufgrund „alter Wasserrechte“ nicht einmal Abgaben.
* Jahrzehntelang gelangten aus der Dhünnaue, einer der weltweit größten Chemie-Deponien, hohe Mengen Schadstoffe in den Rhein. Der Bayer-Konzern hatte in der Dhünnaue mehrere hunderttausend Tonnen Chemiemüll ungesichert gelagert.
* Seit vielen Jahren fordern Umweltgruppen die Veröffentlichung der Einleiterdaten der Bayer-Werke. Das Unternehmen verweigert dies. Als der „Verein zum Schutze des Rheins und seiner Nebenflüsse“ die Daten für das Werk Leverkusen einsehen wollte, rief Bayer sogar die Gerichte an. Es wollte seine in die Flüsse eingeleiteten Schadstoffmengen per Urteil zum Betriebsgeheimnis erklären lassen, kam aber mit seinem Ansinnen nicht durch. „Chemie im Dialog“ sieht anders aus.
* Zahlreiche Produkte des Unternehmens belasten noch nach Jahrzehnten die Umwelt. So gehörte Bayer zu den weltweit größten PCB-Herstellern – auch dann noch, als die Risiken Polychlorierter Biphenyle durch Gesundheitsbeeinträchtigungen in den Produktionsanlagen allgemein bekannt waren. Das Hafenbecken von Oslo ist beispielsweise stark mit PCB aus Schiffsanstrichen verseucht, größtenteils durch Lacke von Bayer.

Der Konzern sucht seit Jahren Kooperationen mit glaubwürdigen Organisationen (z.B. UNEP, WHO, Umweltverbänden). Dabei wählt Bayer gezielt solche Bereiche aus, in denen das Unternehmen in der Kritik steht. Solche „best practice“-Projekte verstellen jedoch den Blick darauf, dass Chemie-Unternehmen für eine große Zahl von Umweltproblemen verantwortlich sind.

Wir fordern Sie auf, die Zusammenarbeit mit der Bayer AG einzustellen. Diese Kooperation schadet dem Umwelt- und Trinkwasserschutz.

In Erwartung Ihrer Antwort verbleiben wir mit freundlichen Grüßen,

Prof. Dr. Jürgen Rochlitz, Chemiker, Mitglied der Störfallkommission
Philipp Mimkes, Coordination gegen BAYER-Gefahren
Harald Gülzow, Verein zum Schutz des Rheins und seiner Nebenflüsse
Dirk Jansen, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland NRW
Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany)
Peter Willers, Aktionskonferenz Nordsee
Udo Buchholz, Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU)
Henry Mathews, Dachverband Kritischer Aktionärinnen und Aktionäre
Nikolaus Geiler, Ak Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU)

Presseerklärung der Aktionskonferenz Nordsee e.V.

Schmutziges Geld für saubere Ziele?

Bremen, 22.06.2005. Die National Geographic Society Deutschland hat dieser
Tage bekannt gegeben, dass ihre renommierte und ehrwürdige Institution ggemeinsam mit dem Chemieriesen Bayer AG ein Forschungsprogramm zum Gewässerschutz zu fördern beabsichtigt. Gefördert werden sollen speziell
Wissenschaftler im deutschsprachigen Raum. Das Programm wird mit 250.000 Euro ausgestattet.

Es steht außer Frage, dass der Mangel an Süßwasser weltweit zu einem der größten Menschheits- und Umweltprobleme geworden ist. Für die Aktionskonferenz Nordsee (AKN) allerdings stellt sich der Umstand, dass ausgerechnet die Bayer AG als einer der größten globalen Gewässerverschmutzer diese Forschung sponsert, als eine schamlose Public-Relations-Kampagne dar.

AKN und andere nationale und internationale Umweltorganisationen weisen schon seit Jahrzehnten auf die skrupellose Verschmutzungspraxis von Bayer hin. In politischen Verhandlungen ist es Bayer und den Chemieverbänden jedoch immer wieder gelungen, notwendige Neuregelungen zum Gewässerschutz zu hintertreiben.

Forschung und Forschungsförderung sind wichtig, das ist unbestritten. Wenn Bayer jedoch - wie sie betonen - am schonenden Umgang mit Wasser wirklich gelegen wäre, könnte das Unternehmen mit nachhaltiger Wirkung im eigenen Hause anfangen.

AKN hat National Geographic gebeten, seine fragwürdige Kooperation noch einmal zu überdenken. Und an die Wissenschaft, unter anderem den Bremer Meeresgeologen Professor Gerold Wefer, appelliert AKN, Forschung nicht mit schmutzigem Geld aus der Portokasse von Bayer zu finanzieren und sich nicht zu nützlichen Idioten der Chemieindustrie machen zu lassen.

lesen Sie hierzu auch einen Artikel aus „Telepolis“

Pestizidtests

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 18. Juni 2005

Bayer, Shell, Cheminova: Pestizidtests an Menschen

Bericht von US-Kongressabgeordneten: „Verletzung ethischer Standards“

Die amerikanischen Abgeordneten Harry Waxman und Barbara Boxer üben scharfe Kritik an der Praxis von Chemieunternehmen, hochgefährliche Pestizide direkt an Menschen zu testen. Die US-Administration hatte im vergangenen Jahr ein Moratorium von Präsident Clinton gekippt und solche Tests bei der Risiko-Bewertung von Agrogiften zugelassen. Die Pestizid-Produzenten erhoffen sich hierdurch eine Lockerung von Grenzwerten in Lebensmitteln und im Wasser.

Waxman und Boxer legten gestern einen Report vor, in dem sie 24 Studien von Pestizid-Herstellern analysieren. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass die Studien ethische Standards systematisch verletzen. Unter anderem wurden unerwünschte Ergebnisse verschwiegen, Probanden mangelhaft auf Risiken hingewiesen und Testpersonen gesundheitlich geschädigt.

Der deutsche BAYER-Konzern, größter Pestizid-Hersteller der Welt, drang jahrelang auf eine Zulassung solcher Menschenversuche und ging juristisch gegen die US-Umweltbehörde vor, die Tests an Menschen als „unnötig und unethisch“ bezeichnet hatte. Drei Studien des Unternehmens werden nun in dem Untersuchungsbericht genannt. In einer Studie schluckten acht Testpersonen über einen Monat das Organophosphat Azinphos-Methyl - die WHO stuft dieses Insektizid als „hoch gefährlich„ ein. Alle Probanden äußerten Gesundheitsbeschwerden, diese wurden in der abschließenden Bewertung jedoch verschwiegen. Die Informationen, die BAYER zuvor zu Verfügung gestellt hatte, gingen in keinster Weise auf drohende Gesundheitsrisiken ein.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Das Vorgehen von BAYER und anderen Pestizidproduzenten ist unmoralisch und scharf zu verurteilen. Die Gesundheit der Probanden wird vorsätzlich aufs Spiel gesetzt. Weitere Testreihen sind zu befürchten – entweder in Ländern der Dritten Welt oder unter Ausnutzung materiell benachteiligter Menschen.“

Erik Olson, Sprecher des amerikanischen NATURAL RESOURCES DEFENCE COUNCIL kritisiert: “Es verwundert nicht, dass bei den Testpersonen keine Spätfolgen entdeckt wurden - schließlich gab es keinerlei Langzeituntersuchungen, die solche Schäden hätten feststellen können.“

Bruce Turnbull aus Edinburgh/Schottland war Teilnehmer einer weiteren Versuchsreihe mit Azinphos-Methyl. Er dachte, er würde an einem Pharmatest teilnehmen: „Die Krankenschwestern sprachen immer von einem Medikament. Vor dem Test erhielt ich zwar Informationsmaterial, aber die Fachausdrücke darin habe ich nicht verstanden.“ Turnbull eine von 50 Testpersonen gewesen, die für einen Lohn von rund 1000 Euro eine Pille mit Azinphos-Methyl schluckten und daraufhin sieben Tage lang beobachtet wurden. „Wer vor Ablauf der Woche nach Hause ging, musste eine Strafe zahlen. Danach habe ich nie wieder von dem Forschungsinstitut gehört, weitere ärztliche Untersuchungen wurden nicht angestellt.“ Auch der Auftraggeber der Testreihe wurde den Probanden nicht mitgeteilt. Erst drei Jahre später wurde Turnbull von Journalisten auf die Hintergründe der Versuche hingewiesen.

Nach dem „Nürnberger Kodex“ von 1947 sind Tests an Menschen nur legitim, wenn „Ergebnisse für das Wohl der Gesellschaft“ zu erwarten sind – wozu die Lockerung von Grenzwerten kaum zählt. Die Testpersonen müssen Ziele und Risiken erfahren und verstehen. Die „Helsinki Deklaration" der World Medical Association fordert zudem, dass solche Tests der Bevölkerungsgruppe, aus der die Teilnehmer stammen, zugute kommen müssen.

weitere Informationen: Artikel aus Spiegel Online, Übersichtsartikel aus den USA

Der vollständige Report: www.democrats.reform.house.gov/Documents/20050616110407-47162.pdf

[HV Lanxess] Lanxess

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 16. Juni 2005

Hauptversammlung der Lanxess AG: Entlastung verweigert

„Ausgliederung geht zu Lasten von Belegschaft und Umwelt“

Anlässlich der heutigen Hauptversammlung der Lanxess AG in Düsseldorf monieren Kritiker den Sparkurs des neuen Unternehmens. Dieser gehe zu Lasten von Belegschaft und Sicherheit. Axel Köhler-Schnura von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Die Chemie-Produktion bei BAYER war keinesfalls defizitär - sie genügte nur nicht den Profitzielen der Kapitaleigner. Die Zeche für die Ausgliederung zahlt nun die Belegschaft“. Lanxess kündigte Anfang Juni an, knapp 1000 Arbeitsplätze zu vernichten und die Gehälter zu kürzen. Das Lanxess-Werk in Dormagen soll größtenteils geschlossen, der Bereich Kunstfasern zudem verkauft werden. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert, Vorstand und Aufsichtsrat wegen der unsozialen Geschäftspolitik nicht zu entlasten.

Auch die Sicherheitslage in den teilweise hochgefährlichen Werken hat sich durch die Ausgliederung nicht erhöht - im Gegenteil. Im spanischen Murcia brannte ein Werk fast vollständig ab, die Produktion ruht seitdem. Im Leverkusener Werk gab es im Januar einen Großbrand. Unter besonderer Kritik steht auch die Lanxess-Fabrik im südafrikanischen Durban, in deren Nähe hochgefährliches Chrom im Grundwasser gefunden wurde - Lanxess musste für die Sanierung eine Rückstellung von 40 Millionen Euro bilden. Die CBG fordert, die zurückgestellten Gelder für eine gründliche Dekontamination des Geländes und eine Entschädigung aller Vergiftungsopfer zu verwenden.

Proteste gibt es zudem gegen die hohe Zahl von Störfällen im Lanxess-Werk Addyston/USA. Dort war mehrfach das krebserregende Acrylnitril ausgetreten. Ruth Breech von Ohio Citizen Action, einem Umweltverband mit 100.000 Mitgliedern: „Das Werk befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft von einem Kindergarten und einer Grundschule. Allein im letzten halben Jahr gab es 16 Unfälle, neun Mal traten giftige Chemikalien aus.“ Ohio Citizen Action fordert anlässlich der Lanxess-Hauptversammlung eine Entlassung der Werksleitung von Addyston und ein sofortiges Ende der Vergiftung der Nachbarschaft des Werks.

Philipp Mimkes von der CBG ergänzt: „Die Vernachlässigung von Gesundheit und Umwelt zugunsten von Konzernprofiten hat bei BAYER und Lanxess System. Durch die angekündigten weiteren Sparmaßnahmen wird die Sicherheitslage in den Lanxess-Werken noch prekärer. Die Produktion gefährlicher Stoffe wie Acrylnitril oder Phosgen hat nichts in der Nähe von Wohngebieten zu suchen“.

[Phosgen] CDU Duisburg

CBG Redaktion

Stadt Duisburg, Bezirksvertretung Süd - 12.05.2005 - öffentlich
Tagesordnungspunkt 22 - Drucksache Nr. 05-1681

Ausweitung der Phosgenproduktion bei der Firma Bayer Uerdingen

Anfrage der CDU-Fraktion

II/97-11 Schmoock, 7134

Anfrage
Die kürzlich bekannt gewordene Ausweitung der Phosgenproduktion im benachbarten Krefeld hat bei der Bevölkerung in den angrenzenden Stadtteilen des Duisburger Südens große Angst ausgelöst.
Prof. Dr. Jürgen Rochlitz, Mitglied der deutschen Störfall-Kommission, sagt, dass die Phosgenproduktion zu den risikoreichsten Anlagen in NRW zählt. Bayer hat die Produktion auf 60.000 t pro Jahr erhöht. Berüchtigt ist Phosgen aus dem 1. Weltkrieg, wo es als tödliches Kampfgas eingesetzt wurde. Heute wird Phosgen als Vorprodukt bei der Kunststoffproduktion verwendet.
Die Genehmigung der Anlagen datieren aus den Jahren 1963 bzw. 1984. Also aus heutiger Sicht alte Anlagen. Zur Aufrechterhaltung der Produktion dient eine Menge an Phosgen von 34 t.

Aufgrund der hohen Mortalität von Phosgen und vor dem Hintergrund, dass bei einem Störfall bei vorherrschendem Westwind im Duisburger Süden die Hauptbetroffenen leben, bitten wir den Oberbürgermeister folgende Fragen zu beantworten:

1. Welche Informationen liegen der Stadt bezüglich des
Genehmigungsverfahrens nach § 10 BimSchG vor?
2. Wurde die Stadt als Nachbargemeinde beteiligt? Wenn ja, wie?
3. Liegen dem Umweltamt Daten einer durchgeführten
Umweltverträglichkeitsprüfung vor? Wenn ja, welche?
4. Wenn nein, wurde eine solche Prüfung durchgeführt?
5. Wie wird die Sicherheit des „Hold ups“ von 34 t Phosgen gewährleistet?
6. Welche Informationen liegen über die Notwendigkeit zur Vorhaltung in
einem solchem Umfang (34 t) vor?
7. Wurden seitens der Stadt angeregt, nur kleinere Mengen vorzuhalten?
Wenn nein, warum nicht?
8. Wurde angeregt, eine phosgenfreie Produktion von Makrolon und
Isocyanaten zu wählen? Wenn nein, warum nicht?
9. Welche Maßnahmen zur Sicherung der Bürger wie z.B. die Einführung von
Sirenen (Beispiel Krefeld) sind in den betroffenen Duisburger Stadtteilen
vorgesehen?
10. Welche Maßnahmen sollen im Einzelnen Störfälle verhindern?
11. Wurde von Seiten der Stadt angeregt, die Anlage mit einem Containment
ähnlich wie bei DOW in Stade zu versehen?

Beratungsergebnis
Die Verwaltung sagte eine Beantwortung zu

Hauptversammlung

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 29. April 2005

Proteste auf der heutigen BAYER-Hauptversammlung in Köln

„Vorstand muss Entlastung verweigert werden“

Kritiker des BAYER-Konzerns attackieren auf der heutigen Hauptversammlung in Köln die Geschäftspolitik des Unternehmens. Im Mittelpunkt der Proteste stehen die Arbeitsplatzvernichtung bei BAYER, umweltschädliche Chemikalien, illegale Kartellbildung sowie Kinderarbeit bei Zulieferern des Unternehmens.

Daniela Rosche vom europäischen Netzwerk Women in Europe for a Common Future bemängelt den anhaltenden Widerstand der deutschen Industrie gegen eine verbesserte EU-Chemikaliengesetzgebung (REACH): „Ist ihnen die Gesundheit ihrer Familie, ihrer Arbeitnehmer und der nachkommenden Generationen wirklich egal? Warum sonst setzen sie sich in Brüssel für Veränderungen am REACH-Vorschlag ein, die ihnen und uns allen nur Nachteile bringen, da sie keinerlei Beitrag zum Gesundheitsschutz leisten werden?“, so Rosche an die Adresse des BAYER-Vorstands.

Jan Pehrke von der Coordination gegen BAYER-Gefahren kritisiert den anhaltenden Abbau von Arbeitsplätzen bei gleichzeitiger Erhöhung der Vorstandsbezüge: „Die vier Vorstandsmitglieder strichen im vergangenen Geschäftsjahr gut zwei Millionen Euro mehr ein als 2003, allein BAYER-Boss Werner Wenning genehmigte sich eine Lohnerhöhung von 48 Prozent. Gleichzeitig vernichtete der Konzern an den deutschen Standorten 2.400 Arbeitsplätze. Dieses Jahr fallen weitere 750 Stellen weg.“

In seinen Gegenanträgen weist der Verein auch darauf hin, dass sich BAYER seit Jahren an illegalen Kartellen beteiligt. „Allein im vergangenen Jahr wurde BAYER vier Mal bei Preisabsprachen erwischt, die Strafzahlungen liegen bei über 100 Millionen Dollar. Seit Jahren ändert sich nichts an dieser Praxis, Kontrollmechanismen oder auch nur ein Unrechtsbewußtsein scheinen im BAYER-Vorstand nicht zu existieren“, so Pehrke weiter.

Ein weiterer Kritikpunkt in der Versammlung: Mehr als 1.500 Kinder arbeiteten im abgelaufenen Geschäftsjahr für indische Zulieferer des BAYER-Tochterunternehmens ProAgro. Auf öffentlichen Druck hin räumte das Unternehmen die Mißstände ein und legte in dieser Woche einen Aktionsplan vor. „Wir freuen uns gemeinsam mit unseren indischen Partnern, dass BAYER jetzt mit neuen Plänen auf die Proteste reagiert“ sagt Udo Schlüter, Geschäftsführer des Eine Welt Netz NRW: „Es kommt zukünftig darauf an, dass BAYER seine Versprechen ernsthaft umsetzt und dass die Ursachen für Kinderarbeit beseitigt werden.“

An den Protesten beteiligen sich auch Imker, da das BAYER-Pestizid Imidacloprid für das großflächige Bienensterben in Europa mitverantwortlich ist. Die Kritiker fordern wegen der Fülle von Problemen, die durch die Geschäftspolitik von BAYER verursacht werden, die Nicht-Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat (siehe den Gegenantrag im vollen Wortlaut).

taz

CBG Redaktion

taz vom 16.4.2005

Gefährliche Düngemittel

Umweltgruppen wollen anlässlich der heutigen Eröffnung der Landesgartenschau in Leverkusen daran erinnern, dass Bayer das Gelände als Giftmülldeponie genutzt hat

KÖLN taz Uwe Friedrich ist empört: „Mit Hilfe der Landesgartenschau soll vergessen gemacht werden, dass der Bayer-Konzern über Jahrzehnte die Gefahren der Dhünnaue verharmlost hat.“ Wenn Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) und Landesumweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) heute in Leverkusen die Landesgartenschau (LaGa) eröffnen, wird auch Uwe Friedrich dabei sein - als Demonstrant.

Friedrich ist Mitglied der Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG), die mit Vertretern weiterer Umweltgruppen ab 14 Uhr am „Eingang Mitte“ daran erinnern wird, dass die LaGa auf dem Gelände einer bis in die 60er Jahre genutzten Giftmülldeponie des Bayer-Konzerns angelegt wurde. Unter dem Motto „Kein Feigenblatt auf der Dhünnaue“ wollen Demonstranten auf die Gefahren hinweisen, die nach wie vor von dieser Altlast ausgehen, und verhindern, dass die vom Bayer-Konzern verursachten, gravierenden Umweltbelastungen in Vergessenheit geraten.

Uwe Friedrich zufolge habe die Deponie „das Grundwasser vergiftet und die Gesundheit zahlreicher Anwohner geschädigt“. Auf der Deponie lagern hoch gefährliche Schadstoffe wie die Schwermetalle Chrom und Blei sowie giftige organische Verbindungen.

Die Umweltverbände argumentieren, dass trotz einer 110 Millionen Euro teuren Sanierung des Geländes keine nachhaltige Sicherung erfolgt sei und bei Hochwasser weiterhin Giftstoffe in den Rhein gelangen könnten. Die Sprecherin der Landesgartenschau, Irmgard Schenk-Zittlau, sagte dazu: „Die Vorwürfe gehen an der Realität vorbei.“ Sie verwies darauf, dass die technische Sicherung des Geländes auf dem neuesten Stand und somit der bestmögliche Umgang mit der ehemaligen Deponie erfolgt sei. Es hätte auch keine Möglichkeit bestanden, den Giftmüll an eine andere Stelle zu schaffen.

Eine fortdauernde Gefährdung von Mensch und Umwelt schloss die LaGa-Sprecherin aus. Sie merkte an, dass die Anwohner dies auch so sähen. Auch der Kritik, wonach Bayer seine Verantwortung durch das Entstehen eines Vorzeigeprojektes kaschiere, trat sie energisch entgegen, da die LaGa die Geschichte der Dhünnaue eindeutig dokumentiere. HANS-CHRISTIAN MÜLLER

Dhünnaue

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 15. April 2005

„Kein Feigenblatt auf der Dhünnaue“

Proteste zur morgigen Eröffnung der Landesgartenschau in Leverkusen

Anlässlich der morgigen Eröffnung der Landesgartenschau in Leverkusen üben Umweltorganisationen scharfe Kritik an dem „Feigenblatt auf der Dhünnaue“. Unter dem Gelände der LaGa liegen mehrere hunderttausend Tonnen Giftmüll aus dem BAYER-Werk Leverkusen, darunter hochgefährliche Schwermetalle und Chlorverbindungen. Mehrere Gruppen werden morgen am „Eingang Mitte“ der Landesgartenschau protestieren. Ab 14 Uhr spielen Jugendliche mit der BUNDjugend NRW Straßentheater und greifen in einem selbst erarbeiteten Stück die Problematik der Giftmülldeponie auf.

Uwe Friedrich von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Mit Hilfe der Landesgartenschau soll vergessen gemacht werden, dass der BAYER-Konzern über Jahrzehnte hinweg die Gefahren der Dhünnaue - der größten bewohnten Giftmülldeponie Europas - verharmlost hat. Die Deponie vergiftete das Grundwasser und schädigte die Gesundheit zahlreicher Anwohner. Nur teilweise abgesichert soll nun im wahrsten Sinne des Wortes Gras über den Skandal wachsen.“

Dirk Jansen, Geschäftsleiter des Bund für Umwelt und Naturschutz NRW, ergänzt: „Ich halte es für bedenklich, dass eine Altlast von BAYER zur Kaschierung des Skandals in ein Vorzeigeprojekt veredelt wird - und das auch noch mit öffentlichen Geldern.“

Von einer nachhaltigen Sicherung der Deponie kann nicht gesprochen werden: Das verseuchte Erdreich wurde weder abgetragen noch vollständig umschlossen. Teile des Geländes wurden nur mit einer oberflächlichen Abdeckung versehen. Nach unten ist die Müllkippe weiterhin offen, daher müssen stündlich 750 Kubikmeter verseuchtes Wasser abgepumpt und gereinigt werden. „Bei Hochwasser können noch immer Gifte ausgespült werden und in den Rhein gelangen“, so Uwe Friedrich weiter.

Auf der Dhünnaue wurden in den 50er Jahren 300 Wohneinheiten, eine Schule, ein Altersheim und ein Kindergarten errichtet. Medizinische Gutachten zeigten bei hunderten von Anwohnern Veränderungen des Blutbilds. In der Hauptschule Adolfsstraße, die am Rand des Geländes lag, traten laut SPIEGEL 15 Krebserkrankungen und fünf Todesfälle auf - viel mehr, als statistisch zu erwarten wäre (s. Artikel unten). Die Gesamtzahl der Opfer ist jedoch unbekannt. Weder BAYER noch die Stadt Leverkusen erfassten die Erkrankungen im Umfeld der Deponie systematisch.

In einem Gutachten hatte das „Landesamt für Abfall und Wasser“ schon 1987 festgestellt: „Die untersuchten Boden-Eluate zeigen eine mehr oder weniger hohe, teilweise extreme Belastung des Bodens mit Schadstoffen. Die Schadstoffe sind bereits so weit in den Untergrund eingedrungen, dass auch das Grundwasser davon betroffen ist. Dieser Umstand ist äußerst bedenklich, vor allem im Hinblick auf eine mögliche Gefahr für das Trinkwasser (...) Eine Kontamination z. B. spielender Kinder oder weidendem Vieh ist nicht auszuschließen“.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert eine vollständige Sicherung des Geländes auf Kosten des BAYER-Konzerns sowie einen Gedenkstein für die Opfer der Dhünnaue auf dem Gelände der Landesgartenschau. Uwe Friedrich von der CBG: „Der Premium Sponsor BAYER darf die Geschichte der Dhünnaue nicht umschreiben. Die Landesgartenschau hat nur dann eine Berechtigung, wenn sie die Gefährdung von Umwelt und Bevölkerung durch die Chemie-Industrie umfassend thematisiert.“

„DER SPIEGEL“ 13/1992, S. 80 bis 85

Bitterfeld am Rhein

Leverkusen erlebt einen beispiellosen Chemieskandal. Bei Menschen, die auf einer Giftmüllkippe leben, häufen sich Krebserkrankungen.

Von 1968 bis 1987 hatte Bernward Prinz an der Gemeinschaftshauptschule im Leverkusener Stadtteil Wiesdorf unterrichtet. Als Werkkunstlehrer musste Prinz häufig in die Abstellräume im Keller, und da, erinnert sich der Pädagoge, „stank es schon mal“. Vor zwei Jahren, Prinz war als Konrektor an eine Kölner Schule gewechselt, spürte der 49jährige Schluckbeschwerden. Der sechste Arzt, den Prinz aufsuchte, stellte eine deprimierende Diagnose: „Tonsillen-Karzinom“, ein Krebs der Mandeln. Fünf schwere Operationen hat der Pädagoge seither durchlitten, nun erwartet er seine Zwangspensionierung.

Edwald Möller war Hausmeister an der Wiesdorfer Schule. Im Keller des Gebäudes trocknete er in seinen 20 Dienstjahren nach Rhein-Hochwassern „Pfützen mit Farben, so schillernd wie ein Regenbogen“. Hin und wieder fand der Pedell „bunte Ausblühungen hinter abbröckelndem Putz“. Im Jahr 1989, lange nach seiner Pensionierung, klagte der damals 70jährige über Schlaflosigkeit und Schweißausbrüche. Ärzte teilten dem Kranken mit, er leide an „chronisch-lymphatischer Leukämie“, einem Blutkrebs.

Der Ort, an dem Möller und Prinz jeweils 20 Jahre lang wirkten, lässt sich unwirtlicher kaum denken: Eine Aschenbahnlänge trennt die 1960 errichtete Schule an der Wiesdorfer Adolfsstraße vom dröhnenden Lärm der Autobahn Al im Norden. Im Westen schmiegen sich die Schulgebäude und ein benachbarter Kindergarten eng an den Autobahnzubringer Westring. Von Süden her grüßen die qualmenden Schlote des Chemieweltkonzerns Bayer (165000 Beschäftigte, über 40 Milliarden Mark Jahressumsatz).

An Abgase und Autolärm hatten sich die Anrainer der sogenannten Dhünnaue in Leverkusen wohl oder übel gewöhnen müssen. Einen Schock aber löste bei vielen die Mitteilung aus, dass sie gleichsam auf einer gigantischen Müllkippe hocken: einer Deponie von 68 Hektar, auf der die Bayer AG zwischen den zwanziger Jahren und 1963 Schutt, Produktionsrückstände und andere giftigen Chemiemüll abgeladen hatte.

Wie in einem „Fortsetzungsdrama ohne Ende“, sagt Marianne Hurten, Grünen-Abgeordnete im Düsseldorfer Landtag, komme nun, nach und nach, die Wahrheit ans Licht.

Die Grünen-Politikerin, zugleich Betriebsrätin der Bayer-Werke, vergleicht die Dhünnaue mit der meistverseuchten Chemieregion im deutschen Osten: „Die Bitterfelder haben ihren Silbersee“, sagt sie, „in der Farbenstadt Leverkusen war alles etwas bunter - eben eine Farbkloake“.

Bereits im Mai 1989 hatte die „Beratende Ingenieursgesellschaft Dr.-Ing. Björnsen“ in einem Gutachten für die Stadt Leverkusen gefordert, die Dhünnaue südlich der Al „unverzüglich“ zu sichern und zu versiegeln: „Geeignete Maßnahmen“ seien von Nöten, um „die Kontaktmöglichkeit Mensch-Boden zu unterbinden“.

Auf dem bislang untersuchten Areal dürfe „keine landwirtschaftliche und gärtnerische Nutzung des Bodens“ mehr erfolgen. Die Altlast solle „nicht mehr als Lebensraum für Pflanzen und Tiere genutzt werden“.

Was die Bayer AG einst - im Einvernehmen mit der von ihr finanziell weitgehend abhängigen Stadt Leverkusen - alles in die Dhünnaue gekippt hat, ist heute nur noch zu erahnen. Bislang wurden lediglich Proben aus dem 25 Hektar umfassenden Gebiet südlich der Al und westlich der Schule Adolfsstraße entnommen. Allein hier hat der Chemiekonzern rund drei Millionen Tonnen Müll abgeladen.
Womöglich, warnte bereits der Düsseldorfer FDP-Landtagsabgeordnete Hans-Joachim Kühl nach Gesprächen mit Bayer-Beschäftigten, sei das „Gefährdungspotential“ der Dhünnaue-Deponie größer als die Bedrohung durch die Gifte „in der Erde von Bitterfeld“. Diese Befürchtung hätten ihm Mitarbeiter der Umweltschutzabteilung von Bayer anvertraut.

Die vom Ingenieurbüro Björnsen ausgewerteten Boden- und Wasserproben stützen das Szenario von einem Bitterfeld am Rhein: „Im Oberboden“ der Deponie fanden sich „auffällig hohe Konzentrationen“ von Schwermetallen und giftigen organischen Verbindungen wie Chlorbenzole, Chlortoluole und polychlorierte Biphenyle.
Der „eigentliche Deponiekörper“ ist sogar „mit einem erweiterten Spektrum an Schadstoffen und in deutlich höheren Konzentrationen belastet“; die giftigen Schwermetalle Chrom und Blei finden sich in schier unglaublichen Konzentrationen (22 beziehungsweise 34 Gramm je Kilogramm - g/kg), für Chlorbenzole wurden Werte bis zu 45 g/kg gemessen.

Das Grundwasser ist im gesamten Untersuchungsbereich durch deponiebürtige Stoffe deutlich belastet; „Kratzproben von Kellerfußböden in den Häusern der Siedlung Rheinallee belegen, dass die Deponie ihr Gift gleichsam ausschwitzt - nachgewiesen wurden Blei (21 g/kg), Chrom (20 g/ kg) und eine ganze Palette giftiger organischer Verbindungen.

Die Luft nahe dem Boden “außerhalb bebauter Flächen„ weist “relative Konzentrationen„ von Schadstoffen wie Benzol auf; im Laub von Pflanzen wurden “erhöhte Gehalte„ an Schwermetallen wie Blei, Chrom, Arsen und Cadmium entdeckt. “Mehr als 20„ der 57 in den Proben nachgewiesenen “Stoffe bzw. Stoffgruppen„ gelten als “kanzerogenverdächtig„ oder sind sogar “nachgewiesenermaßen krebserregend„.

Vollends zum Skandal wird der Fall Dhünnaue durch den Umstand, dass, allen Warnungen zum Trotz, noch immer 106 Familien auf der Giftmüllkippe zwischen Rhein und Al leben - in Häusern, die zwischen 1952 und 1953 errichtet wurden.
Und: Nach wie vor unterrichten Lehrer ihre Schüler an der Gemeinschaftshauptschule Adolfsstraße, tummeln sich Pennäler auf dem Schulhof, bringen Eltern ihre Kinder in den benachbarten Kindergarten. Den Betroffenen, so beschwichtigte noch vor vier Wochen der SPD-Landtagsabgeordnete Ludgerus Hovest, sei durch das “Verbreiten von Horrorgemälden„ nicht geholfen.

Nötig, so der SPD-Politiker, sei vielmehr die “Analyse des Problems, das Aufzeigen von Lösungen und deren Umsetzung„. Die “Altlast Dhünnaue„, bestätigte SPD-Umweltminister Klaus Matthiesen die Sicht des Genossen Hovest, sei “ein hochkomplexer und schwieriger Fall, zu dem es bundesweit bisher kaum eine Parallele gibt„.

Ruchbar wurde der Umweltskandal 1987, als für einen Teil der Dhünnaue zu Planungszwecken eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgenommen wurde. Damals waren, unter anderem in Kellerräumen der Schule, alarmierende Konzentrationen von Giften wie Xylol entdeckt worden.

Was seither geschah, liest sich wie eine Chronik des Versagens: Die Stadt reagierte auf die Xylol-Funde von 1987 lediglich mit ein paar Empfehlungen -die Gartennutzung müsse eingeschränkt werden, Kinder dürften nicht mehr auf den Wiesen der Dhünnaue spielen, unbefestigte Wege und Freiflächen wurden mit einem “Begehungsverbot„ (Ordnungsstrafe: 200 Mark) belegt.

Im Februar 1988 bekannte sich Bayer zu seinen Altlasten und gelobte, sich an der Sanierung der Deponie zu beteiligen. Einen Monat später verlangten Leverkusener Ärzte, die Bewohner der Deponie aus medizinischen Gründen umgehend umzusiedeln. Juni desselben Jahres begann der medizinische Gutachter Hans Joachim Einbrodt mit der Untersuchung von 828 Betroffenen. Im Februar 1989 wurden Kinder aus der Adolfsstraße erneut überprüft.

Ergebnis: 25 Prozent der Probanden von 1988 wiesen “auffällige Befunde„ des Blutbildes auf. Bei 16 Prozent der untersuchten Schüler fanden sich Veränderungen am Blutbild. Eine “akute„ Gefährdung der Betroffenen vermochte der Gutachter zwar nicht zu erkennen, er riet gleichwohl dazu, die Schule zu schließen. Denn über eine mögliche “chronische Gefährdung der Probanden„, so Einbrodt, könne er keine Aussagen machen.

Im Februar 1990 mahnte schließlich auch das Gesundheitsamt die Politiker, “die Einrichtung Schule und Kindergarten aus Vorsorgegründen„ zu verlegen - doch wieder geschah nichts.

Den meisten Lehrern und Schülern der Adolfsstraße dämmerte erst später, in welchem Maße ihre Gesundheit womöglich durch die Giftmülldeponie bedroht wird. Letztes Jahr, so erinnert sich Barbara Ulbricht, Lehrerin der Schule Adolfsstraße, sei ein kranker Kollege von der Schulaufsicht angerufen worden: Er möge sich doch, wurde dem Pädagogen mitgeteilt, “mal vom Amtsarzt untersuchen lassen„.

Im Dezember letzten Jahres schließlich erfuhren die Lehrkräfte, dass es an ihrer Schule in den letzten 15 Jahren insgesamt 15 Krebserkrankungen gegeben habe, darunter fünf mit tödlichem Ausgang - weit mehr, als statistisch zu erwarten gewesen wäre. Und jetzt erst, so bestätigte die Staatsanwaltschaft Köln, wird “in Sachen Schule Adolfsstraße„ wegen des Verdachts der Gesundheits- und Körperverletzung ermittelt.

“Patentrezepte„, beschwichtigt nun die Stadt Leverkusen die verbitterten Bewohner und Anrainer der Giftdeponie am Rhein, habe es “für die Dhünnaue leider nicht gegeben„. Immerhin, lobten die Kommunalverwalter ihr eigenes Engagement, seien von den 259 Familien der Siedlung Rheinallee “heute 156 versorgt„ mit neuem Wohnraum; Ende dieses Monats “sollen es 189 sein„. Bis zum Oktober, verspricht die Stadt, werde “das Kapitel „neue Wohnungen“ abgeschlossen„ sein.
Ein anderes Kapitel des Skandals ist noch nicht einmal angegangen worden: Zwei Tage vor Weihnachten 1989 hatte die Firma Bayer, festtäglich gestimmt, versprochen, das Gelände mit ihrer Müll-Altlast mittels einer Spundwand abzusichern - geschätzte Kosten: 150 Millionen Mark.

Doch bis zum heutigen Tag ist nicht eine einzige Stahlplanke von der versprochenen Spundwand eingerammt worden. Dabei warnen Experten, dass Deponiegifte schon bei mittlerem Rheinwasserstand mit dem Grundwasser ins Landesinnere geschwemmt und bei ablaufendem Rheinwasser in den Strom gesogen werden.

Insgesamt zehn Verträge sind bislang zwischen der Bayer AG und der Stadt Leverkusen abgeschlossen worden. Dieser von der Stadt so genannte “partnerschaftliche„ Weg wurde eingeschlagen, weil es, wie Minister Matthiesen erläutert, “wegen der Unklarheit der Rechtslage nicht erfolgversprechend erschien„, gegen den Konzern mit “Ordnungsverfügungen vorzugehen„.
Zu den Betroffenen, die unter dem Hickhack leiden, zählen auch die Bewohner eines Altenheimes am Rande der Deponie. “Über den Fortbestand des Altenwohnheims„, so die Stadt, werde “in nächster Zeit in Abstimmung zwischen allen Beteiligten" eine Entscheidung gefällt.

Vor den Alten sind die Haustiere evakuiert worden: Der Verein für Deutsche Schäferhunde e.V., der das Gebiet der Deponie lange Zeit als Klub- und Übungsgelände nutzte, hat das giftbelastete Areal bereits verlassen.

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USA

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 6. April 2005

größte Hersteller: Bayer, Dow, GE Plastics

USA: Verbot von Bisphenol A in Babyflaschen gefordert

Die kalifornische Abgeordnete Wilma Chan fordert in einem Gesetzesentwurf ein Verbot der Chemikalie Bisphenol A in allen Produkten, mit denen Kleinkinder in Kontakt kommen. Chan ist Vorsitzende des Gesundheits-Ausschuss des kalifornischen Parlaments, vor zwei Jahren setzte sie bereits ein Verbot giftiger Flammschutzmittel durch.

“Die meisten Eltern wären sicherlich schockiert, wenn sie erführen, dass Plastik-Babyflaschen die Gesundheit ihrer Kinder schädigen können. Wenn man sich die wissenschaftlichen Untersuchungen ansieht, gibt es keinen Zweifel, dass diese Chemikalien in Babyprodukten verboten werden müssen“, so Wilma Chan.

Bisphenol A (BPA) wird bei der Herstellung von Plastikflaschen, der Innenbeschichtung von Konservendosen, in Lebensmittel-Verpackungen und in Zahnfüllungen eingesetzt. Die hormonellen Risiken der Chemikalie sind seit Jahrzehnten bekannt. Säuglinge, deren Hormonsystem noch nicht ausgereift ist, sind besonders gefährdet - Unfruchtbarkeit, Fehlbildungen und verfrühte sexuelle Reife können die Folge einer Exposition sein. Neue Studien zeigen, dass schon die Aufnahme geringster Dosen BPA die Entwicklung des Gehirns behindert. Untersuchungen ergaben zudem, dass BPA aus Babyflaschen, besonders nach längerem Gebrauch, in die Nahrung austritt.

Prof. Jürgen Rochlitz, Mitglied der Deutschen Störfallkommission und Beirat der Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.: „Bisphenol A und andere hormonaktive Substanzen haben in Produkten des täglichen Bedarfs absolut nichts verloren.“ Philipp Mimkes vom Vorstand des Vereins ergänzt: „Seit Jahrzehnten ist die hormonelle Wirkung von Bisphenol A bekannt – trotzdem verharmlost der größte deutsche Hersteller, der Leverkusener Bayer-Konzern, beharrlich die Risiken und verhindert durch politische Einflussnahme ein Verbot risikoreicher Anwendungen. Wir fordern ein sofortiges Verbot in allen Produkten, die mit Nahrungsmitteln in Kontakt kommen“. Auch das Umweltbundesamt möchte die Verwendung von Bisphenol A einschränken - kann sich jedoch nicht gegen die Wirtschaftslobby durchsetzen. In Japan hingegen wurde die Verwendung von Bisphenol A in Babyflaschen vom Gesundheitsministerium stark reglementiert.

In den USA werden jährlich über eine Million Tonnen BPA produziert, in Europa rund 700.000 to. Die größten Produzenten sind Bayer, Dow Chemicals und GE Plastics. Bayer produziert die Chemikalie in Baytown/USA, Uerdingen und Antwerpen. In den vergangenen Jahren hat Bayer neue BPA-Fabriken in Thailand und China eröffnet.

Lesen Sie zu dem geplanten Verbot in Kalifornien einen aktuellen Artikel des San Francisco Chronicle: http://sfgate.com/cgi-bin/article.cgi?f=/c/a/2005/03/31/BAGIOC13FM1.DTL

[Kinderarbeit] STICHWORT BAYER 02/2005

CBG Redaktion

Weiterhin Kinderarbeit im Baumwollsaat-Anbau

Internationale Kampagne mit ersten Erfolgen

Vor zwei Jahren veröffentlichte die Coordination gegen BAYER-Gefahren eine Studie indischer Arbeits-Wissenschaftler. Die Ergebnisse der Untersuchung waren erschreckend: zehntausende Kinder arbeiten im indischen Saatgutanbau, viele befinden sich in Schuldknechtschaft. Auch Zulieferer multinationaler Konzerne profitieren von den Billiglöhnen. Eine internationale Kampagne führte dazu, dass die Unternehmen ihre Verantwortung einräumten und wirksame Schritte ankündigten. Bislang sank die Zahl der beschäftigten Kinder jedoch nur geringfügig.

von Philipp Mimkes

Bis zu 400.000 Kinder, überwiegend Mädchen zwischen 6 und 14 Jahren, arbeiten in kleinen Zulieferbetrieben, die für Agro-Unternehmen wie BAYER, SYNGENTA und MONSANTO Baumwoll-Saatgut produzieren. Die Zulieferer sind zwar nominell unabhängig, aber durch Qualitäts- und Preisvorgaben sowie durch langfristige Lieferverträge vollständig an die Saatgut-Multis gebunden. Diese nehmen auf den Farmen regelmäßige Kontrollen vor und sind daher über den Einsatz von Kindern im Bilde. Die Kinder werden ihren Eltern von lokalen Werbeagenten für einen Vorschuss abgeworben, viele sind über Jahre hinweg auf den selben Feldern tätig, um immer wieder neue Vorschüsse abzuarbeiten. Sie sind giftigen Pestiziden ausgesetzt - es kam bereits zu Todesfällen - und erhalten für eine 12-Stunden-Schicht unter 50 Cent. Da sie keine Schulbildung erhalten, haben sie keine Chance, jemals dem Armutskreislauf zu entfliehen.
Dies sind Ergebnisse der Studie „Kinderarbeit im indischen Baumwollanbau - die Rolle multinationaler Saatgut-Unternehmen“, die von dem in Hyderabad ansässigen Institut „Glocal Research and Consultancy Services“ (GRCS) erstellt wurde. Geleitet wird das GRCS von dem Arbeitswissenschaftler Dr. Davuluri Venkatesvarlu, der für die Untersuchung Dutzende von Baumwollfarmen inspizierte.

Internationale Kampagne
Mit der Übersetzung und Veröffentlichung der Studie in Deutschland startete die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) im Sommer 2003 eine Kampagne, um auf die Mit-Verantwortung des BAYER-Konzerns für die Ausbeutung von Kindern aufmerksam zu machen. Der Kampagne haben sich unterdessen weitere Gruppen angeschlossen: GERMANWATCH, der GLOBAL MARCH AGAINST CHILD LABOUR, die ARBEITSGEMEINSCHAFT SOLIDARISCHE WELT und das EINE WELT NETZ NRW. Auch in Holland, England und den USA arbeiten Gruppen zu dem Thema, indischer Partner ist die renommierte MV FOUNDATION. Medien im In- und Ausland berichteten ausführlich.
Einen ersten Erfolg verbuchten die Gruppen nur wenige Wochen nach Veröffentlichung der Studie: die kritisierten Unternehmen erklärten sich zu einem Treffen mit der MV FOUNDATION bereit und übernahmen darin die Verantwortung für das Auftreten von Kinderarbeit bei ihren Zulieferern. Die Firmen gründeten eine task force, die „Child Labour Elimination Group“ (CLEG), in der BAYER den Vorsitz übernahm. Die Zulieferer sollten offengelegt und somit unabhängige Kontrollen ermöglicht werden. Für das darauffolgende Frühjahr - also Anfang 2004 - strebten die Unternehmen eine weitgehende Ersetzung der Kinder durch erwachsene Arbeitskräfte an. Wegen der höheren Löhne, die an Erwachsene gezahlt werden, würde dies in den betroffenen Regionen auch zu einer Verbesserung der sozialen Lage führen.
Monatelang bewegte sich jedoch nichts. GERMANWATCH, COORDINATION und GLOBAL MARCH wandten sich daher in einem Offenen Brief an den BAYER-Konzern. Darin forderten sie die Zahlung höherer Abnahmepreise, um die Einstellung erwachsener Arbeitskräfte zu ermöglichen, sowie Wiedereinschulungs-Programme für Kinderarbeiter. In seiner Antwort wies das Unternehmen darauf hin, selbst keine Kinder zu beschäftigen (was auch niemand behauptet hatte) und ansonsten „die Anbauer für das Thema Kinderarbeit zu sensibilisieren“ - durch Öffentlichkeitskampagnen, Kontrollen und entsprechenden Klauseln in den Lieferverträgen.

BAYER-Vorstand diskutiert
Tatsächlich beließen es BAYER und SYNGENTA nicht bei reinen Lippenbekenntnissen (im Gegensatz zu den Unternehmen MONSANTO und ADVANTA) und starteten einige Aktivitäten: Radiospots und Anzeigen forderten dazu auf, Kindern eine Schulbildung zu ermöglichen; Firmenvertreter führten Kontrollen bei Zulieferern durch, um das Ausmaß des Problems genauer abschätzen zu können - eigene Untersuchungen hatten die Firmen bis dahin nicht durchgeführt; BAYER schickte zudem für die Gespräche mit der MV FOUNDATION mehrfach Firmenvertreter nach Indien.
Die Auswirkungen dieses Engagements waren jedoch ernüchternd. Eine Folgestudie im Herbst 2004 zeigte, dass die Zahl der arbeitenden Kinder kaum gesunken war - bei Zulieferern der BAYER-Tochter PROAGRO von gut zweitausend auf rund 1.650. Der Rückgang war hauptsächlich auf eine Dürreperiode und der damit einhergehenden Verringerung der Anbaufläche zurück zu führen. Weder wurden die Abnahmepreise erhöht, was eine Beschäftigung Erwachsener erleichtert hätte, noch wurden die Standorte der Zulieferer vollständig offen gelegt. Zwar führten einige Abnehmer, darunter auch BAYER, in ihre Lieferverträge Verbote für die Verwendung von Kindern ein, mangels wirksamer Kontrollen oder Strafzahlungen hatte dies jedoch keine realen Konsequenzen.
Zwischen der BAYER-Zentrale in Leverkusen und der indischen Tochterfirma kam es in diesem Prozess zu Spannungen - offenbar drängte der Firmensitz wegen der Negativ-Publicity auf wirksamere Schritte. In Treffen mit der MV FOUNDATION räumten BAYER-Vertreter ein, dass das Thema bis hin zum Vorstand des Konzerns diskutiert wurde. Auch auf der Hauptversammlung des Konzerns sprachen Kritiker das Thema an. „Es war ganz eindeutig, dass die Firma nur aufgrund des Drucks von dieser Seite zu Diskussionen mit uns bereit war“, unterstreicht denn auch Shanta Sinha, Vorsitzende der MV FOUNDATION, die Bedeutung der Kooperation von lokalen und internationalen Aktivisten.

OECD Beschwerde
Da sich trotz der Zusagen an dem realen Problem kaum etwas änderte, entschlossen sich die deutschen Vertreter der Kampagne im Herbst 2004, eine Beschwerde gegen den BAYER-Konzern wegen Verstoßes gegen die „OECD-Leitlinien für multinationale Unternehmen“ einzureichen. Die OECD-Leitlinien verbieten Kinderarbeit und legen eine Verantwortlichkeit auch für direkte Zulieferer fest. Wörtlich heißt es daher in der Beschwerde: „Die Produktion in den Zulieferfirmen wird direkt von den Auftraggebern überwacht. Die einzelnen Schritte der Produktion (Zeitpunkt der Aussaat, Bewässerung, Arbeitsumfang, Qualität, Abnahmepreise) werden vertraglich exakt festgelegt. Die Marktstellung von Proagro/Bayer ist der der Zulieferer überlegen: Proagro liefert das Saatgut, gibt Kredite, hat das Recht, jederzeit Kontrollen durchzuführen, etc.“ Das OECD-Verfahren ist nach Meinung der beteiligten Gruppen auch deshalb notwendig, weil dem BAYER-Konzern das Problem jahrelang bekannt gewesen war, Konsequenzen aber erst nach der Veröffentlichung der Studie und den nachfolgenden Medienberichten gezogen wurden.
„Schon seit letztem Jahr versuchen wir, im Dialog mit der indischen Bayer-Tochter ProAgro das Problem der Kinderarbeit bei ihren Zulieferern zu lösen, leider ohne Erfolg. Deshalb wollen wir jetzt mit der OECD-Beschwerde den Druck auf das Unternehmen erhöhen und auch die staatliche Ebene in Deutschland einbeziehen“, erläutert Cornelia Heydenreich von GERMANWATCH. Rainer Kruse von der deutschen Sektion des GLOBAL MARCH drängt auf unverzügliches Handeln: „Die Gesundheit und das Leben der Kinder darf nicht länger aufs Spiel gesetzt werden. Und sie müssen wieder in die Schule gehen können. Jede weitere Arbeitssaison schädigt eine neue Generation von Kindern.“

Bonuszahlungen und Musterdörfer
Das Thema zieht mittlerweile immer weitere Kreise: die WELTHUNGERHILFE wandte sich zu Beginn dieses Jahres per Brief an Bayer und beklagte die mangelnde Umsetzung der von den Firmen angekündigten Schritte. Im Februar startete das EINE WELT NETZ NRW eine Kampagne unter dem Titel „Wer hat mit Kinderarbeit und Kopfschmerzen zu tun.... und reimt sich auf MAYER?“. Hunderte Unterstützer sandten Briefe an den Vorsitzenden von Bayer CropScience, Friedrich Berschauer, und forderten höherere Abnahmepreise, wirksame Kontrollen und ein ernsthaftes Engagement des Konzerns. Auf der BAYER-Hauptversammlung am 30. April gab es erneut Protestaktionen (siehe den Artikel „Das Misstrauensvotum“ in diesem Heft).
Erneut reagierte der Konzern: VertreterInnen von WELTHUNGERHILFE und EINE WELT NETZ wurden zu Gesprächen nach Monheim eingeladen. In Hyderabad gab es ein Treffen mit den indischen Partnergruppen. Der Konzern stellte dabei ein neues Konzept vor: Die Saatgut-Produktion von BAYER/PROAGRO soll in den nächsten Jahren auf wenige, besser zu kontrollierende „Musterdörfer“ konzentriert werden. Auf nachweislich ohne Kinderarbeit hergestelltes Saatgut soll ein Bonus von bis zu 15% bezahlt werden. Im Juni soll die MV FOUNDATION - wie schon vor zwei Jahren versprochen - eine Liste der Vertragspartner erhalten, um unabhängige Kontrollen durchführen zu können. Außerdem will BAYER in einer Kooperation mit der NAANDI FOUNDATION Schulprojekte initiieren. Die Strategie sei mit den Firmen SYNGENTA und EMERGENT GENETICS abgestimmt. Ein Vorgehen innerhalb des indischen Saatgut-Verbands Association of Seed Industries (ASI) wäre nicht zustande gekommen, da mehrere Unternehmen nach wie vor kein Interesse an dem Thema haben.

Guter Kritiker, böser Kritiker
Wie schon bei früheren Streitthemen bleibt der Konzern bei der Strategie, seine Kritiker in „gut“ und „böse“ aufzuteilen. Während WELTHUNGERHILFE und EINE WELT NETZ zu Gesprächen eingeladen werden, ließ das Unternehmen einen Termin im Bundeswirtschaftsministerium, in dem die OECD-Beschwerde diskutiert werden sollte, platzen. Grund für die Absage: die Teilnahme der COORDINATION, die „ideologisch motivierte Kampagnen“ gegen BAYER führe und die „für uns keine ernstzunehmende und seriöse Organisation“ darstellt. Kein Wort darüber, dass die Veröffentlichungen der CBG die Kampagne in Deutschland überhaupt erst ins Rollen gebracht hatten....

Skepsis bleibt bestehen
Die neue Anbau-Saison beginnt im Juli, so dass im Moment nicht absehbar ist, ob die von BAYER angekündigten Konzepte greifen oder ernst gemeint sind. Auch bleibt unklar, wieweit das Handeln der Unternehmen über einige „Vorzeigeprojekte“ hinaus Erfolg verspricht.
Dr. Venkatesvarlu, dessen Studie die Basis der Kampagne darstellt, äußert Zufriedenheit, dass die meisten Forderungen der MV FOUNDATION erfüllt wurden. Darüberhinaus sei eine Bewertung im Moment jedoch nicht möglich - Venkatesvarlu erinnert daran, dass ähnlich lautende Versprechen aus dem Jahr 2003 nicht umgesetzt wurden und dass „BAYER nur aufgrund des kontinuierlichen Drucks von Gruppen aus ganz Europa“ zu weiteren Zugeständnissen gebracht werden konnte.
Skeptischer äußert sich Rainer Kruse vom GLOBAL MARCH AGAINST CHILD LABOUR: „Multinationale Unternehmen sind auf Profite aus und haben naturgemäß keine altruistischen Ziele. Wenn sie Kooperationen mit NGOs suchen, dann vor allem um ihr öffentliches Image zu verbessern. Alle Organisationen, die gegen Kinderarbeit kämpfen, sollten ihre Unabhängigkeit bewahren und so lange wie nötig öffentlichen Druck auf die Firmen ausüben“. Auch das Prinzip der „Musterdörfer“ kritisiert Kruse: „Die von BAYER angekündigten Extra-Zahlungen an solche Bauern, die keine Kinder einstellen, laufen letztlich darauf hinaus, dass für die Einhaltung der indischen Kinderschutzgesetze ein Bonus bezahlt wird - ein völlig falsches Signal. Zudem hat das Konzept keinen langfristigen Effekt, nach Beendigung des Projekts wird alles wie zuvor sein. Wegen der hohen Kosten ist das Konzept zudem nicht in größeren Regionen nachahmbar. Bonuszahlungen sind das Gegenteil von bewusstseinsbildenden Maßnahmen, die bislang die Stärke der indischen NGOs waren.“ Kruse leitete 26 Jahre lang das Indienreferat von BROT FÜR DIE WELT.

langer Atem nötig
Selbst wenn sich die Situation im indischen Saatgut-Anbau in Bezug auf Kinderarbeit verbessert, ist weiterhin ein langer Atem gefragt. Sprecher von BAYER räumten bereits ein, dass auch im kommenden Jahr Kinder auf Vertragsfarmen arbeiten werden. Auch wurde bereits eine Verlagerung des Problems in andere Regionen Indiens beobachtet.
Die beteiligten Gruppen sind an einer Fortführung der Kampagne interessiert - bleibt zu hoffen, dass die von BAYER betriebene Strategie des „divide et impera“, mit der der Widerstand auseinander dividiert werden soll, nicht aufgeht.

[MCS] STICHWORT BAYER 02/2005

CBG Redaktion

Chemie-Opfer klagen an

„Die sollten wissen, wie die Situation in diesem Lande ist!“

Der Fall des Ehepaars Fischer ist typisch für PatientInnen mit Multipler Chemikalien-Unverträglichkeit (MCS). Ebenso sehr wie unter ihrer Krankheit leiden sie darunter, dass diese nicht als eine solche anerkannt wird. BAYER & Co. haben erfolgreich alles darangesetzt, Chemie als Auslöser schwerster Gesundheitsstörungen aus den Medizin-Büchern zu tilgen. Die Betroffenen gelten deshalb als eingebildete Kranke. „Alles psychisch“- lautet die Diagnose stets. Das Düsseldorfer Gesundheitsamt leitete gegen Ellen Fischer sogar ein Entmündigungsverfahren ein.

Von Jan Pehrke

Im Sommer 1991 fiel Ruth Fischer plötzlich bewusstlos vom Fahrrad. Die mit ihrem Mann in der US-amerikanischen Kleinstadt Stuart lebende Frau kam sofort in ein Krankenhaus. Die ÄrztInnen versorgten die Deutsch-Amerikanerin, konnten sich ihren Zusammenbruch aber nicht erklären. Bald darauf zeigte ihr Körper weitere auffällige Reaktionen. Ruth Fischer erblindete kurzzeitig, bekam Schweißausbrüche und litt unter Schlaflosigkeit. Es begann eine Odyssee durch Praxen und Kliniken. Die Diagnosen entsprachen fast der Anzahl der konsultierten MedizinerInnen und reichten bis zu Darm- und Bauchspeicheldrüsen-Krebs. Erst nach einem Jahr fand ein Doktor die wahre Ursache ihrer Beschwerden heraus. Ein toxischer Schock hatte ihren Körper an dem Sommertag getroffen, ausgelöst durch Haushaltsinsektizide. Mit diesen war Ruth Fischer in Kontakt gekommen, weil die Verwaltung der Wohnanlage, in der sie mit ihrem Mann lebte, regelmäßig Kammerjäger in die Häuser schickte. Sie verspritzten hauptsächlich das von DOW ELANCO hergestellte - und inzwischen verbotene - Organophosphat DURSBAN mit dem Wirkstoff Chlorpyrifos, der sich auch in den BAYER-Produkten RIDDER, BLATTANEX und PROFICID befindet. Später wiesen die ExpertInnen im Hausstaub noch weitere Stoffe nach wie Permethrin, enthalten in ADVANTIX, BAYERs Anti-Flohmittel für Hunde. Die Insekten-JägerInnen hatten nämlich eigene Gift-Mixe angerührt, um die potentiellen Plagegeister nicht an eine Substanz zu gewöhnen. Allerdings gewöhnte sich auch der menschliche Körper nicht an die Biozide. „Es gibt kein gefahrloses Biozid“, erklärt der kurz nach seiner Frau ebenfalls an MCS erkrankte Siegfried Fischer, „Das sagt ja der Name schon: ‚Bio‚ für Leben und ‚zid‘ für Tod“.
Nach diesem Befund entschlossen sich die Fischers, in die Bundesrepublik zurückzukehren. Dort, wo BAYER-Forscher in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Pestizide entwickelt hatten, sollten doch auch die Behandlungsmethoden für die durch diese Substanzen hervorgerufenen Vergiftungserscheinungen am weitesten gediehen sein, dachte das Ehepaar - ein folgenreicher Irrtum. In BAYERs homeland kann nicht sein, was nicht sein darf. Nicht die Chemie stimmt nicht, sondern der Mensch. „Wer nach einer Organophosphat-Vergiftung nicht innerhalb von zwei Wochen gestorben ist, bei dem ist nach der deutschen amtsmedizinischen Meinung alles psychosomatisch“, zitiert Siegfried Fischer den MCS-Experten Müller-Mohnssen. Mit diesem Verdikt müssen auch die Fischers leben. Einer wahren Menschenverfolgung sehen die Fischers sich ausgesetzt, „weil der Industrie das Wort ‚Chemie' nicht passt“. Nicht auf ärztliches Unvermögen, sondern eindeutig auf den Druck von BAYER & Co. führt er die Ignoranz der Krankheit gegenüber zurück. Nur einmal schien sich eine Kehrtwende anzudeuten. Die SPD veranstaltete 1998 kurz vor der Bundestagswahl ein Hearing zum Thema „MCS“ und versprach, die Krankheit offiziell anzuerkennen. Später wollte die Partei nichts mehr davon wissen. „Die hat uns zu 100 Prozent verraten“, empört sich der Mann.
Dabei hat Fischer zufolge der Anschlag in der U-Bahn von Tokyo mit dem BAYER-Gift Sarin noch einmal eindeutig Aufschluss über MCS gegeben. Die unterschiedlichsten Reaktionsweisen zeigten sich. 12 Menschen starben sofort, einige konnten sich nicht mehr bewegen, bei nicht wenigen versagte das Sprachzentrum, andere wiederum blieben unversehrt. Welche Symptome sich herausbildeten, hing von der Konstitution der Einzelnen ab, dass sie aber alle auf das Sarin als Auslöser zurückgingen und nicht etwa dem subjektiven Faktor geschuldet waren, darin waren sich die Fachleute einig.
Aber auf die Wissenschaft hierzulande machte das wenig Eindruck. „Wäre rechtzeitig, z. B. in der Universität Düsseldorf, die Vergiftungsfolge überhaupt mal erwogen worden, man hätte uns noch helfen können“, klagt Siegfried Fischer. Jetzt bemüht der Rentner sich nur noch darum, den Gesundheitszustand seiner Frau so gut es geht stabil zu halten. Aber selbst dabei helfen ihm die medizinischen Einrichtungen nicht. Ellen Fischer ist inzwischen ans Bett gefesselt und zeigt bei der geringsten Dosis der in unserem Alltag allgegenwärtigen Chemie Besorgnis erregende Reaktionen. Deshalb ersuchte Fischer das Düsseldorfer Gesundheitsamt um Unterstützung bei der Isolation seiner Frau von der „chemischen Gesellschaft“, der Suche nach einer Wohnung ohne Gifte. Aber die Behörde scheute die Kosten. Sie war schnell mit der Diagnose „alles psychisch“ bei der Hand und leitete sogar ein Entmündigungsverfahren gegen Ellen Fischer ein, um das lästige Ehepaar loszuwerden. Siegfried Fischer zog vor das Amtgericht und bekam Recht zugesprochen. „Bei dem Betroffenen bestehen schwere neuro-toxische Schäden sämtlicher Organsysteme nach Vergiftung durch Organophosphate. Dies folgt aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere aus dem Gutachten des Dr. Kiefer“, urteilten die Richter. Ein Verfahren vor den Sozialgerichten gegen die Krankenkasse läuft bereits seit drei Jahren. Sie weigert sich nämlich, Ruth Fischer von der Pflegestufe I in die Pflegestufe II zu setzen und spielt auf Zeit. Und die Gerichte spielen mit. Seinen Glauben an die Unabhängigkeit der Justiz hat Siegfried Fischer längst verloren: „Die Richter müssen tun, was die Mächtigen sagen“. Das Ehepaar hätte das Land längst verlassen, wenn Ellen Fischer transportfähig wäre, sagt der Mann verbittert.
In den USA haben nämlich Justizwesen und staatliche Institutionen gegenüber dem Einfluss der Chemie-Lobby eine gewisse Autonomie bewahrt, wie ein dort anhängiges Verfahren zeigt. DOW ELANCO haben die Fischers allerdings nicht auf die Anklagebank bekommen. Die Rechtsanwälte rieten ihnen von diesem Schritt ab. Das Unternehmen hätte sich sofort auf die Position zurückgezogen, nicht DURSBAN an sich, sondern lediglich eine falsche Anwendung hätte zu der Vergiftung geführt und damit wahrscheinlich auch Erfolg gehabt, prophezeiten die JuristInnen. So hat das Ehepaar Fischer den Kammerjäger, bzw. die Versicherung seiner Berufsvereinigung, verklagt. Seit acht Jahren läuft der aufwändige Prozess schon. Mehrmals reisten US-AnwältInnen und ExpertInnen nach Düsseldorf, um sich vor Ort ein Bild von dem Gesundheitszustand Ellen Fischers zu machen. Zudem hörten die RichterInnen zahlreiche WissenschaftlerInnen an. Bislang bestätigten alle Fachleute den Zusammenhang zwischen der Insektizid-Ausbringung und der Erkrankung - „mit Ausnahme der Deutschen“, bemerkt Siegfried Fischer. In den Vereinigten Staaten haben nämlich staatliche Einrichtungen wie das sich für Benachteiligte einsetzende Wohnungsamt „U.S. Department of Housing and Urban Development“ und die Umweltbehörde EPA MCS offiziell anerkannt. In einem Memorandum der EPA heißt es: „Chlorpyrifos und andere Insektizide stehen nach Berichten in Zusammenhang mit chronischen Schädigungen bei Menschen wie peripherale Neuropathie und chronischen, auf Nervenschädigungen zurückgehende Verhaltensstörungen (beides Nervenleiden, Anm. SWB) sowie einer Überempfindlichkeit gegenüber vormals keinerlei negative Reaktionen hervorrufenden Chemikalien“. Diese amtliche Beglaubigung von MCS ließ rund 70 Prozent aller Klagen vor den Sozialgerichten zugunsten der Opfer ausgehen. Auch Siegfried Fischer äußert Zuversicht: „Ich hab keine Bedenken, dass nicht zu unseren Gunsten entschieden wird“. Aber für ihn und seine Frau dürften die Mühlen der Justiz zu langsam mahlen. „Für uns bringt das nichts mehr, aber für die Nachwelt, da sind ja so viele Menschen, die sollten wissen, wie die Situation in diesem Lande ist“, ereifert sich Fischer. Darum bezeichnet er es als sein Hauptanliegen, die Öffentlichkeit zu informieren. So könnte er vielleicht wenigstens anderen das Schicksal ersparen, das er und seine Frau erleiden müssen.

[IG Farben] STICHWORT BAYER 02/2005

CBG Redaktion

Die IG FARBEN unterstützten die NSDAP massiv

Die Hitler-Macher

Eine große Geschichtsrevision greift um sich. Als via Sozialpolitik willig gemachte Helfer Hitlers begreift Götz Aly die ganze Bevölkerung, Guido Knopp und andere Fernseh-Historiker schreiben die ganze Macht des Nationalsozialismus den Verführungskünsten des Diktators zu und neuere Unternehmensgeschichten schreiben den Anteil der Industrie an der Machtergreifung klein. Stichwort BAYER hingegen demonstriert nochmal am Beispiel der von BAYER mitgegründeten IG FARBEN den Wahrheitsgehalt des Horkheimer-Satzes: „Wer vom Kapitalismus nicht reden will, soll vom Faschismus schweigen“.

Von Dr. Janis Schmelzer (Historiker)

Der Kurzschluss mit der Poltik hatte bei der IG FARBEN eine lange Tradition. Im Mai 1934 berief sich der Konzern in seinem Firmenkalender auf den Zusammenschluss der deutschen Chemiewerke zur IG am 18. August 1916: „Auch hier waren es im stärksten Maße volkswirtschaftliche, vor allem kriegswirtschaftliche Erwägungen, die zum Zusammenschluss führten. Die Front brauchte die deutsche Chemie nicht minder wie Stahl und Eisen“ (1). Neun Jahre nach dem endgültigen Zusammenschluss zur IG FARBEN AG vom 2. Dezember 1925 kann die Formulierung „auch hier“ nicht nur allein auf den Gründungsakt im 1. Weltkrieg bezogen ausgelegt werden. Immerhin galt während des Zweiten Weltkrieges das interne Motto des Kriegsverbrecherkonzerns: „Was an Rüstung des Soldaten nicht Eisen ist, ist Chemie - auch der Uniformrock.“ (2)
Nach Auffassung der IG FARBEN hat Deutschland den Krieg nur deshalb verloren, weil das wilhelminische Kaiserreich „die Bedeutung wehrwirtschaftlicher Arbeiten vor dem Kriege“ unterschätzt habe und korrigierende Maßnahmen erst während des 1. Weltkrieges „im Drange der Ereignisse improvisiert werden mussten“ (3). Das durfte sich nicht wiederholen. Die seit der Gründung der IG FARBEN 1925 mit den verbliebenen Generälen bestehende Zusammenarbeit war bis 1934 so weit gediehen, dass für den Tag X alles parat stand. Es fehlte nur noch eine politische Kraft, die gemeinsam mit den Militärs für die Realisierung der Kriegsziele des Konzerns garantieren konnte. Die Großkonzerne suchten nach dem „starken Mann“, der in der Weimarer Republik unter den konservativen Parteien auszuwählen war. Der Vorsitzende der BAYER AG, Carl Duisberg hatte 1931 eine Vision: „Fortwährend ruft das deutsche Volk nach einem Führer, der es aus seiner unerträglichen Lage befreit. Kommt nun ein Mann, der bewiesen hat, dass er keine Hemmungen hat, und der gesonnen ist, den Geist der Frontgeneration in friedlicher Befreiungsarbeit einzusetzen und zu verwirklichen, so muss diesem Mann unbedingt Folge geleistet werden.“ (4) Im September 1933, nach der Machtübergabe an Hitler bekannte sich Duisberg zu seiner Rede von 1931: „Meine auf der ersten großen Tagung des Reichsverbandes unter meinem Vorsitz dargelegte Meinung hat sich heute noch nicht geändert: Das Wichtigste für die Industrie ist ein starker Staat, eine machtvolle und energische Regierung.“(5) Offiziell konnte Duisberg die neue deutsche Regierung „unter dem Führer Adolf Hitler“ mit einem dreifachen „Sieg Heil“ bereits am 15. Juli 1933 aus Anlass der Einweihung des Schwimmbades in Leverkusen hochleben lassen.
Die ersten Beziehungen zwischen der NSDAP und den IG FARBEN liegen viel weiter zurück. Seit spätestens 1930 hatte Duisberg im Namen der IG FARBEN und als Vorsitzender des Reichsverbandes der Deutschen Industrie finanziell zu den Wahl-Erfolgen der NSDAP beigetragen. Der Polizeipräsident von Berlin informierte am 5. Januar 1932 den Minister des Innern, dass „in früheren Zeiten, auch noch vor der letzten Reichstagswahl“ die NSDAP Gelder erhalten habe. Genannt wurden seinerzeit Graf Helldorf, Geheimrat Duisberg und Dr. Keil (6). Später nahm die „Bosch-Fraktion“ maßgeblichere Kontakte zur NSDAP auf. Die direkten Kontakte zur NSDAP liefen über die „Zweite Reihe“ der IG-Führungselite, Gattineau, Ilgner, Bütefisch und Dr.Schieber.
1930 gründete Max Ilgner die Zentralfinanzverwaltung der IG FARBEN (Zefi) in Berlin, die den offiziellen Kontakt zu den Behörden und Parteien aufzunehmen hatte. Zur gleichen Zeit stieß der Duisbergs Privatsekretär Heinrich Gattineau, ein Studienfreund von Rudolf Heß, zum Büro Ilgner und unterstützte diesen bei der Pflege der Verbindungen zur NSDAP, die er seit 1923 hatte. Für den zur gleichen Zeit bestehenden Kalle-Kreis, dem „Kränzchen“ der IG FARBEN, schuf Gattineau den Kontakt zum wirtschaftspolitischen Pressedienst der NSDAP. Hitlers Wirtschaftsexperte für Kontakte zu Wirtschaftskreisen, der NS-Journalist Walter Funk, erhielt auf Anfrage seitdem monatliche finanzielle Unterstützung durch das neu geschaffene Büro Gattineau (7). Vor dem Sturz Brünings setzte sich das „Kränzchen“ mit Funk in Verbindung, um auszuloten, ob die NSDAP die Geldwährung in Ordnung bringen könne, wenn sie am Regierungssteuer säße. In der ersten Hälfte des Jahres 1932 fanden zwei Zusammenkünfte mit Funk statt, eine davon in der IG-FARBEN-Zentrale Unter den Linden. Einmal arrangierte Funk für Geheimrat Hermann Schmitz, Ilgners Onkel, eine Begegnung mit Hitler. Zur gleichen Zeit sind aus dem zentralen Fonds der IG Gelder an die NSDAP gegangen. Gattineau erklärte gegenüber Ilgner, er wisse, dass der Kalle-Kreis Spenden von 20.000 bis 30,000 Reichsmark an die NSDAP übergeben habe. Im Winter 1933/34 zeigte sich die IG-FARBEN-Zentrale mit ihrer Spende für die SA in Höhe von 200.000 RM großzügiger. Die Spitze erreichte die IG FARBEN mit ihrer „Wahlspende“ vom 20. Februar. Sie belief sich auf 400.000 RM - der größte Einzelbeitrag eines deutschen Konzerns für die vereinigte Rechte von NSDAP, DNVP und DVP. Göring hatte über 20 Repräsentanten aus der Wirtschaft und Hochfinanz in seine Wohnung eingeladen, darunter befanden sich allein vier Herren der IG FARBEN, u.a. Carl Bosch und Georg von Schnitzler.
Die weiteren, inhaltlich anders gelagerten Kontakte zur NSDAP im Jahre 1931 konzentrierten sich auf die Medienkampagne zur Herstellung synthetischen Benzins. Um den Angriffen der Nazi-Presse, vor allem im Völkischen Beobachter, entgegenwirken zu können, veranstaltete die IG FARBEN seit Oktober 1931 offene Führungen in Leuna (7b). Einladungen gingen an alle Parteien des Reichstages außer an die KPD sowie an JournalistInnen. Der Leiter der Wirtschaftspolitischen Abteilung der Reichsleitung der NSDAP, Otto Wagener erklärte nach einem IG-Imbiß, dass das Benzin-Projekt völlig mit den Zielen des Nationalsozialismus übereinstimme. Nachdem es erneut zu NS-Presseangriffen kam, entschloß sich Carl Bosch, direkt an Hitler heranzutreten. Gattineau, der über einen direkten Draht zur NSDAP-Führung verfügte, hatte über Haushofer ein Treffen der IG FARBEN mit Hitler für das Frühjahr 1932 arrangiert. Tatsächlich fand es aber erst im Juni 1932 statt. Gattineau, Bütefisch, Heß und Hitler trafen sich in München. Hitler versprach, die Angriffe auf das Hydrierungsprojekt in der NS-Presse zu stoppen und die Importzölle auf Erdöl aufrechtzuerhalten, wenn er an der Regierung sei. Die Herstellung synthetischen Benzins für die Motorisierung Deutschlands und den Bau von Autobahnen begrüße er (8). Bosch, der Organisator des Hitler-Treffens, betrachtete das Ergebnis des Treffens als Erfolg. Doch ihm ging es um mehr. Als Kernpunkt bezeichnete er die Haltung der deutschen Wehrmacht zum Benzin-Projekt. Der stellvertretende Vorsitzende der IG-eigenen Länderbank, Geheimrat Lederer, kannte den Leiter des Heereswaffenamtes, Exzellenz Bockelberg, der wie der Finanzminister besonders auf die Vorbereitung zu einem neuen Krieges hinwies. Darauf kam es zur Besichtigung der Leuna-Werke unter Leitung Ilgners, an der Bütefisch, Schmitz und Bockelberg teilnahmen. In den abschließenden Verhandlungen zwischen dem Heereswaffenamt und der IG in der ersten Hälfte des Jahres 1932 - bereits vor dem Treffen vom 25.Juni mit Hitler - ging es um die Garantie für die Weiterführung der kriegswirtschaftlichen Konzeption des Chemiekonzerns. Die IG FARBEN hatte bereits 300-400 Millionen RM an Forschungs-und Entwicklungskosten für Leuna investiert. Die IG FARBEN konnte nunmehr auf die beiden Säulen, die Wehrmacht und die NSDAP setzen. Zum im August 1931 gegründeten „Mitteleuropäischen Wirtschaftstag“ (MWT) gehörte neben dem „Stahlhof“ in Düsseldorf auch der spätere Vizepräsident Max Ilgner. Dieser Kern der großkapitalistischen Macht erwies sich als industrielle Schaltstelle zur Förderung des Hitler-Regimes. Als Gegenleistung erhofften sie sich unter anderem die Erfüllung des Duisberg-Traumes von einem „geschlossenen Wirtschaftsblock von Bordeaux bis Sofia“ (9), um die südosteuropäischen Rohstoffquellen erschließen zu können.
Die konkreten Summen, welche die IG FARBEN-Zentrale zur Unterstützung der NSDAP aufbrachte, konnten im Nürnberger IG-Prozeß nicht festgestellt werden, ebensowenig die von einzelnen Sparten der IG FARBEN zur Verfügung gestellten Gelder.
Bislang unbekannt ist die Tatsache, dass die IG FARBEN bereits Anfang 1932 Kontakte zu Mussolini, seiner faschistischen Partei und den italienischen faschistischen Gewerkschaften hatte und dass IG-FARBEN-Dokumente zum „Kampf um die Rückeroberung der Kolonien“ seit April 1932 vorliegen. Die Deutsche Kolonialgesellschaft erhielt von dem IG FARBEN-Spendenbüro im Auftrag von Duisberg seit 1925 beachtliche Geldbeträge (10).

Zusammenfassend lässt sich sagen:

- Die Führungseliten, die späteren Wehrwirtschaftsführer der IG FARBEN, haben lange vor Hitlers Machtübernahme eine Diktatur gewünscht, die ohne Rücksicht auf die Volksmassen „handeln“ konnte.

- Sie strebten die Beherrschung der europäischen Industrie, und wenn möglich außerhalb Europas an.

- Noch bevor die Macht an Hitler übertragen wurde, hatte die IG FARBEN Abmachungen für eine Regierungsunterstützung zur Ausdehnung ihrer Anlagen für synthetisches Benzin abgeschlossen.

- Die IG FARBEN arbeitete aufs Engste mit den militärischen Führern zusammen und nahm an der Planung für den Aufbau einer gigantischen deutschen Armee und Luftwaffe teil.

- Als Vorkämpfer für die unbegrenzte Wiederaufrüstung Deutschlands stellte sich die IG FARBEN mit ihrem gesamten Gewicht hinter Göring.

- Carl Krauch war führender Mann der gesamten chemischen Industrie Deutschlands und arbeitete bei der Umsetzung des Vierjahres-Plans der IG FARBEN eng mit Göring zusammen.

- Die Leiter der IG FARBEN wussten infolge ihrer strategischen Position auf dem Gebiet von Gummi, Benzin und Giftgas, dass die Wiederaufrüstung bei weitem jeden vorstellbaren Verteidigungszweck überstieg.

- Die Beratungen der IG FARBEN mit den militärischen und politischen Führern überstiegen bei weitem das Gebiet der technischen Angelegenheiten, waren äußerst aggressiv und in jeder Beziehung auf den Krieg gerichtet.

In diesem Zusammenhang hielt die US-Anklage folgendes Dokument fest, das in die Geschichte als „Krauch-Memorandum“ einging:
„Es ist unerlässlich für Deutschland, sein eigenes Kriegspotential, ebenso wie das seiner Verbündeten, so zu stärken, dass dieser Zusammenschluss praktisch den Kräften der übrigen Welt gleichkommt. Dies kann jedoch nur durch neue, starke und gemeinsame Anstrengungen aller Bundesgenossen erreicht werden, indem das Wirtschaftsgebiet zunächst friedlich auf den Balkan und auf Spanien ausgedehnt wird, entsprechend den verbesserten Rohstoffverhältnissen unserer Bundesgenossen. Wenn diesen Überlegungen nicht mit größter Eile Taten folgen, werden alle Blutopfer des nächsten Krieges umsonst sein und es wird uns das bittere Ende nicht erspart bleiben, das wir uns selbst durch unsern Mangel an Voraussicht und Ziellosigkeit beschert haben. (11)“
Dieser Krauch-Bericht an Göring vom April 1938 gilt als offizielles Dokument der Anklage des US-Militär-Tribunals zum Anklagepunkt I, Verschwörung zur Planung und Durchführung von Angriffskriegen.
In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass Duisbergs Annexions-Pläne aus dem 1. Weltkrieg nach 1933 wieder aktuell wurden. Während der Brest-Litowsker Friedensverhandlungen hatte die IG 3 Millionen Reichsmark für die Errichtung von Siedlungsgesellschaften im Baltikum zur Verfügung gestellt. Duisbergs Idee „Die Annexion unmittelbar an das Reich grenzender Gebiete schon unter dem Gesichtspunkt der Nahrungsmittelversorgung in einem zukünftigen Krieg“ sicherzustellen, wurde nach dem Diktatfrieden von Brest-Litowks nicht aufgegeben. Im Juli 1918 beteiligte sich Duisberg an der Gründung des „Osteuropa-Syndikats“ mit dem Ziel, eine dauernde Beherrschung Deutschlands über Rußland, die Ukraine und den Kaukasus zu erlangen. Die IG-FARBEN-Konzeption vom Großraum im Osten war eine Vorwegnahme der Hitlerschen Russland-Politik (12).

Anmerkungen

(1) Betriebsarchiv VEB Filmfabrik Wolfen
(2) Zit.nach Willi A.Boelcke, Die deutsche Wirtschaft 1930-1945. Interna des Reichswirtschaftsministeriums, Düsseldorf 1983,S.238, in: Günther Luxbacher, Roh-und Werkstoffe für die Autarkie, Textilforschung in der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, Berlin 2004, S.5.
(3) Vermittlungsstelle Wehrmacht, 11.02.1936, Betriebsarchiv Elektrochemisches Kombinat Bitterfeld S. 1087.
(4) Carl Duisberg, Abhandlungen, Vorträge und Reden aus den Jahren 1932-1933, Berlin 1933, S. 135.
(5) Carl Duisberg, Meine Lebenserinnerungen, Leipzig 1933, S.138.
(6) Martin Seckendorf, Fundst¸cke, Berliner Gesellschaft für Faschismus-und Weltkriegsforschung, 29.05.04, www.berliner-gesellschaft.org.
(7) Eidesstattliche Erklärung Dr.Heinrich Gattineau, Document NO. NI-4833 Office of Chief of Councel for War Crimes, in: Der Auschwitz-Prozeß, Hrsg. Fritz Bauer Institut Frankfurt/Main und Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau
(7b) Anfang 1932 hatte der VB zum Benzin-Projekt wohlwollend berichtet, doch erneuerte seine Anwürfe. Es wurden Zweifel geäu_ert, ob das Projekt und die Unterstützung durch die Regierung gerechtfertigt sei. Es handle sich doch um eine Firma, die unter dem Einfluß ausbeuterischer „internationaler Finanzherren“ stehe. Vor 1933 waren diese Auffassungen in der NSDAP verbreitet, später duldete die Parteiführung sie nicht mehr.
(8) Henry Ashby Turner, Jr., Die Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers, Siedler, Berlin 1985, S.302 ff.
(9) Carl Duisberg, Abhandlungen...a.a.O., S.173
(10) vgl. Janis Schmelzer, Aus der Geschichte der Filmfabrik Wolfen, Heft 10, IG-Farben stoßen nach Afrika, Bitterfeld-Wolfen, 1965; Heft 13. Die Herren Generale, Wolfen 1966; Heft 16. Die braune Box, Wolfen 1967
(11) Nuremberg Trials. War Crimes and International Law, Ergänzte Sonderausgabe, Übersetzung aus dem Englischen von Ruth Kempner, Zürich 1951, S. 92
(12)Thomas Portz, Großindustrie, Kriegszielbewegung und OHL, Siegfrieden und Kanzlersturz. Carl Duisberg und die deutsche Au_enpolitik, Lauf a.d.Pegnitz, 2000, S.280f

Die IG FARBEN, die Geldhäuser & die NSDAP

Eine Bank für Hitler

Ein Schlüsselrolle im Verhältnis der IG FARBEN und anderer Konzerne zur NSDAP kam der Kölner Bankiersfamilie von Schnitzler mit ihren vielfältigen Verbindungen zu. Der zu ihrem Clan gehörende Kurt Freiherr von Schröder war es, der Hitler in den Düsseldorfer Industrie-Club lud und ihn dort die Allianz von Faschismus und Kapitalismus besiegeln ließ.

Von Axel Köhler-Schnura

In welchem Umfang hat BAYER die Nazis und Hitler finanziert? Inwieweit haben die IG FARBEN - der Zusammenschluß von BAYER, HOECHST und BASF zum damals größten Wirtschaftsimperium der Welt - die Nazidiktatur finanziell und politisch in den Sattel gehoben? Welchen Anteil hatte BAYER-Chef Carl Duisberg daran? - Die Antworten auf diese Fragen sind noch heute nicht völlig klar. Die betroffenen Konzerne halten die Dokumente in ihren Archiven unter Verschluss, klare Auskünfte werden verweigert, entsprechende Feststellungen werden als „Beleidigung“, „Diffamierung“, „haltlos“ etc. zurückgewiesen.

Doch es gibt einen Zeugen der Anklage: Karl-Eduard von Schnitzler. Er ist Spross einer Bankiersfamilie aus Köln und mit drei Hauptakteuren verwandt, die seinerzeit das Scharnier zwischen dem zur Macht strebenden Hitler und der fest im Sattel der Macht sitzenden IG FARBEN bzw. BAYER/Leverkusen bildeten. Es handelt sich um:
- Richard von Schnitzler, Onkel von Karl Eduard von Schnitzler, I.H. Stein-Bank/Köln, Aufsichtsratsmitglied der IG FARBEN;
- Georg von Schnitzler, Vetter von Karl Eduard von Schnitzler, Mitglied des Vorstands der IG FARBEN;
- Kurt Freiherr von Schröder, ein weiterer Vetter von Karl Eduard von Schnitzler, Direktor der I.H.STEIN-BANK/Köln, Schwiegersohn von Richard von Schnitzler.

Im Zentrum des verhängnisvollen Geschehens steht die Familienbank I.H. STEIN. Über diese Bank schreibt Kurt Gossweiler in seinem Buch „Sturz ins Dritte Reich“: „Das Bankhaus I.H. STEIN war bereits 1921 ... mit den beiden tragenden Säulen des deutschen Imperialismus, der Ruhrschwerindustrie und der chemischen Industrie aufs Engste verbunden.“ Direktor der Bank war der oben erwähnte Kurt Freiherr von Schröder, der Schwiegersohn des ebenfalls erwähnten Richard von Schnitzler. Die Bank war nicht nur eine der Hausbanken von BAYER und der IG FARBEN, sondern saß bei dieser auch im Aufsichtsrat. Vertreten durch Heinrich von Stein und Richard von Schnitzler, Schröders Schwiegervater.

Direktor Kurt Freiherr von Schröder, Direktor der Hausbank von BAYER und der IG FARBEN, war auch der „Erfinder“ der Idee, für jede Tonne geförderter Ruhrkohle fünf Reichspfennige an die faschistische Harzburger Front zu zahlen. Damit wurde noch lange vor den üblichen direkten Industriespenden an die NSDAP Hitler direkt finanziert, denn der stärkste Partner der Harzburger Front war Hitlers NSDAP.
Es war aber auch eben dieser Direktor Schröder, der höchstpersönlich das alles entscheidende Treffen zwischen Hitler und der deutschen Industrie organisierte. Er machte es möglich, dass Hitler seine faschistischen Großmachtpläne einem handverlesenen Kreis von Generaldirektoren deutscher Banken und Konzerne im Düsseldorfer Industrieclub vortragen durfte. Bekanntlich kam es nach dieser Rede vor den Industriellen zu stehenden Ovationen. Die offizielle Einladung von Adolf Hitler in den Industrieclub sprach übrigens Jost Henkel vom Düsseldorfer HENKEL-Konzern aus. Auch hier sind die Bande zur IG FARBEN unübersehbar.

Und schließlich war es eben jener Schröder, in dessen Haus in Köln am 4. Januar 1933 das Treffen zwischen Hitler und dem Reichskanzler Papen stattfand, dessen Ergebnis die Machtübergabe an Hitler war. Schröder selbst sagte unter Eid vor dem Nürnberger Kriegsverbrecher-Tribunal aus: „Bevor ich den Schritt (zu diesem Treffen, d. Verf.) unternahm, besprach ich mich mit einer Anzahl von Herren der Wirtschaft und informierte mich allgemein, wie sich die Wirtschaft zu einer Zusammenarbeit der beiden stellte. Die allgemeinen Bestrebungen der Männer der Wirtschaft gingen dahin, einen starken Führer in Deutschland an die Macht kommen zu sehen, der eine Regierung bilden würde, die lange Zeit an der Macht bleiben würde.“

Nun, „den starken Führer“ verlangte BAYER-Boss Carl Duisberg mit genau diesen Worten bereits in den 20er Jahren. Und so schließt sich der Kreis: Die Drahtzieher im Hintergrund, die Hitler bereits sehr frühzeitig finanzierten und die dem Faschisten den Durchbruch zur Macht verschafften, waren Carl Duisberg und seine IG FARBEN. So erklärt sich auch das unüberschaubare Meer faschistischer Traditionsfahnen und Nazi-Uniformen zu Carl Duisbergs Tod.

Nachbemerkung: Karl Eduard von Schnitzler hat sich von den „Hitler-Machern“ (K.E. v. Schnitzler) in seiner Familie getrennt und wurde Kommunist. Er trat mit seinen Informationen an die Öffentlichkeit, nachdem das ZDF im Jahr 1995 in einer skandalösen „historisch-fundierten“ Fernseh-Serie Hitler als Alleintäter präsentierte.

[Nachhalitigkeit] STICHWORT BAYER 02/2005

CBG Redaktion

Nachhaltig unökologisch: Der Bayer-Nachhaltigkeitsbericht 2004

von Prof. Dr. Jürgen Rochlitz, Mitglied der deutschen Störfallkommission

Nachdem Bayer sich in seinem vorangegangenen Nachhaltigkeitsbericht mit Kofi Annan und Ernst Ulrich von Weizsäcker schmückte, werden nun die künstlerischen Talente von Kindern werbewirksam vermarktet. Leider wissen diese Kinder noch nicht, wie sehr Bayer mit seiner gesamten Geschäftspolitik gerade ihre Zukunft verbauen und ihre Vorstellungen davon zerstören kann.

Wohin die Richtung dieser Geschäftspolitik weist, wird gleich im Anschluss an das Bekenntnis von Bayer zu den Prinzipien der Nachhaltigen Entwicklung („Sustainable Development“) und damit zur sozialen und ethischen Verantwortung und zur gleichrangigen Behandlung von Ökonomie, Ökologie und sozialem Engagement deutlich: „Es gilt, den Unternehmenswert nachhaltig zu steigern“. Damit wird die wahre aber perverse Auffassung von Nachhaltigkeit formuliert: nachhaltige Gewinn-Maximierung im Interesse der AktionärInnen. Alle anderen Aussagen dazu verdrehen die Wirklichkeit - wie in Orwells „1984“ vorgemacht.

Die Umstrukturierung des Konzerns, „schneller und nachhaltiger als jemals zuvor in der Unternehmensgeschichte“, wird als Beispiel für die verantwortliche Unternehmenspolitik des Konzerns verkauft. Tatsächlich dient die Neuorganisation von Bayer vornehmlich der Profitsteigerung. Die neue strategische Holding ermöglicht es mit ihrer unübersichtlichen Vielfalt, die Arbeitnehmer, die kontrollierenden Behörden, die Finanzbehörden und die Öffentlichkeit auszutricksen - z. B. mit nicht nachzuvollziehenden Statistiken. Mit dem in diesem Jahr vollzogenen Börsengang von LanXess, der Nachfolgegesellschaft mit Zuständigkeit für viele chemische Produktionen, wurde schon einer der Effekte der neuen Holding deutlich. Der Leverkusener Chemie-Multi nutzte die Trennung vom Chemie-Geschäft dazu, Schulden in Milliarden-Höhe bei LanXess zu entsorgen, welche die Chemie-Firma mit Kosteneinsparungen durch Arbeitsplatz-Vernichtung tilgt.

Bayer hat richtig erkannt, dass die Börse soziale und ökologische Engagements honoriert und prahlt mit guten Platzierungen in den entsprechenden Indices. Es zahlt sich also aus, wenn der Multi Nachhaltigkeit besonders betont und werbewirksam über ihre angebliche Verwirklichung berichtet - die tatsächliche Praxis überprüft ja niemand. Immerhin richtete das Unternehmen eigens ein Konzernvorstandsbüro speziell für die Planung der Bayer-Nachhaltigkeit ein. Wie sehr jedoch diese Bayer-Nachhaltigkeit gegenüber den Ursprungsideen pervertiert worden ist, zeigen die folgenden Beispiele:

1) Gesellschaftliches und soziales Engagement - eine der Säulen der Nachhaltigkeit - wird in diesem Nachhaltigkeitsbericht besonders betont. Und tatsächlich können einige Projekte und Projektchen in der Größenordnung von einigen Millionen Euro aufgeführt werden. Doch verblassen diese Renommierobjekte angesichts des ständigen Abbaus der Gesamtzahl der MitarbeiterInnen. Wenn die verwirrende Graphik-Darstellung nicht täuscht, wurden im Zeitraum von 1998 bis 2002 ca. 28.000 Arbeitsplätze weltweit abgebaut. Dies bedeutet für den Konzern eine Einsparung von Milliarden; speziell für die deutsche Gesellschaft ist es ein Beitrag zur Zerstörung der sozialen Marktwirtschaft, für die übrigen nationalen Gesellschaften an den Bayer-Standorten sind es deutliche soziale Einschnitte. Denn mit diesen 28.000 Arbeitsplätzen an den Bayer-Standorten sind wiederum sekundäre und tertiäre Arbeitsplätze verknüpft, die parallel entfallen sind. Bayer hat damit auch einen Beitrag zur weltweiten Massenarbeitslosigkeit geleistet, und der Konzern ist dabei, diesen Prozess weiterzutreiben. Die Umstrukturierung des Global Player hat hauptsächlich diesen Zweck. Eine solche unsoziale Geschäftspolitik ist alles andere als nachhaltig. Wenn in Jahren mit Rekordgewinnen immer weiter an der Schraube des Job-Abbaus gedreht wird, dann ist dies nicht nur unnachhaltig sondern unmoralisch.

2) Schutz der Biodiversität wird von Bayer auch in einigen Projekten betrieben, um das Aussterben bedrohter Tierarten zu verhindern. Selbstverständlich ehrenwert. Doch auch dieses Engagement verblasst angesichts des systematischen Angriffs auf die Artenvielfalt durch Bayer Cropscience. Vor allem der Einsatz von Pestiziden aller Art hat ganz besonders in Mitteleuropa dazu beigetragen, dass eine Todeszone der Artenvielfalt entstanden ist, in der viele Pflanzen, Insekten und andere Tiere auf den roten Listen gelandet sind, da sie entweder schon ausgestorben, vom Aussterben bedroht oder im Bestand gefährdet sind. Diese Geschäftspolitik ist ökologisch unverantwortlich und darf auf keinen Fall als Beitrag zur Nachhaltigkeit angesehen werden.

3) „Verantwortungsvoller Umgang mit der Gentechnik“ ist eine dreiste Behauptung, da in der sogenannten grünen Gentechnik, bei Bayer „Pflanzenbiotechnologie“ genannt, prinzipiell weder eine ökologische noch eine ökonomische Sicherheit existiert. Pflanzenanbau mit transgenen Pflanzen und verstärktem Pestizide-Einsatz ist ökologisch nicht zu verantworten wegen der Beeinträchtigung von Böden, Grundwasser, Artenvielfalt und wegen der Weiterverbreitung gentechnisch veränderter Organismen. Zudem ist völlig ungeklärt, welche human- oder tiertoxikologischen Wirkungen die gentechnisch veränderten landwirtschaftlichen Produkte besitzen. Ökonomisch ungesichert ist der Anbau, weil die Gefahr einer Verunreinigung benachbarter Grundstücke mit gentechnisch veränderten Organismen nicht auszuschließen ist. Die daraus resultierenden ökonomischen Schäden sind in keinem Fall absehbar und können den Gentechnik anwendenden Landwirt ebenso treffen wie den konventionell oder ökologisch arbeitenden in der Nachbarschaft. Besonders unverantwortlich war es, das Haftungsrisiko den Landwirten aufzubürden - ein Glanzstück des Lobbyismus. Die eigentlichen Verursacher der Schäden an den Schreibtischen in Leverkusen und in den Labors von Monheim wurden so vom Gesetzgeber geschont. Die grüne Gentechnik bietet der Chemie-Industrie den Einstieg in die totale Beherrschung der Landwirtschaft. Nicht nur die benötigten Industriedünger und Pestizide sondern auch das Saatgut sind nämlich im Gentech-Paket enthalten.

4) Die sogenannte ökologische Bilanz (Aufzählung der Emissionen in Luft und Wasser, Abfall, Energie) ist in diesem sonst als Anti-Nachhaltigkeitsbericht verfassten Pamphlet das einzig Erfreuliche - aber auch nur auf den ersten Blick. Die deutliche Senkung von Belastungen der Umwelt ist nämlich nur eine Folge der Betriebsstilllegungen und Arbeitsplatz-Vernichtungen. Zudem zählt heutzutage nicht mehr die Produktion zum Hauptbelastungsfaktor für Mensch, Tier und Umwelt, diesen Rang haben die Produkte eingenommen. Dazu gehören nicht nur die schon erwähnten Pestizide, sondern auch Weichmacher,Tenside und ihre Vorstufen. Die Produktionslinien, die ausgehend von der Chlorproduktion über Phosgen immer noch an diesen höchstgefährlichen Zwischenprodukten festhalten, sind als ganz und gar nicht nachhaltig zu bezeichnen.

Um die Nachhaltigkeit bei Bayer steht es also insgesamt betrachtet ziemlich schlecht. Nur mit großem journalistischem Aufwand auf der Basis Orwellscher Verdrehungen und Ausblendungen ist ein Bericht entstanden, der sowohl die Bayer-Aktie als auch die Bayer-AktionärInnen beflügeln soll. Nur der flüchtige Leser wird davon eingenommen, der kritische bemerkt dagegen schon bald die bloß dekorative Funktion des Nachhaltigkeitsbegriffs.

[Gaga Laga] STICHWORT BAYER 02/2005

CBG Redaktion

Gaga Laga

Heute erzähle ich euch mal ein Märchen. Es handelt von dem schönen Städtchen Leverkusen, jener großen Apotheke an der Stadtgrenze zu Köln. Also: Es war einmal vor ca. 80 Jahren in einer Zeit, als es noch keine Umwelt gab, aber dafür umso mehr Hochwasser. Da haben die in Leverkusen den ganzen Abfall der BAYER AG - die hieß damals noch IG FARBEN, aber das darf heute keiner mehr wissen - da haben die den ganzen Abfall einfach ans Rheinufer gekippt. Die haben sich gedacht: Lieber langfristig vergiftet als kurzfristig ersoffen. Und so ist am Rheinufer in Leverkusen die größte Giftmülldeponie der Welt zusammengekippt worden. Sage und schreibe drei Millionen Tonnen an Substanzen, von denen bis heute keiner weiß, was die eine mit der anderen so treibt.
Und nach dem Krieg, als die Deutschen wieder mehr Lebensraum im Westen brauchten, weil das im Osten bekanntlich nicht so richtig hingehauen hat, da hat man dann den ganzen Dreck mit ein bisschen Muttererde zugeschüttet und Häuser drauf gebaut. Und natürlich ein Krankenhaus. Für die Leute, die in den Häusern gewohnt haben.
Und 1987, als das Krankenhaus mittlerweile voller war als die Häuser, da hat man die Häuser dann wieder abgerissen. Und seitdem wurde da aufgeschüttet und abgedeckt und wieder aufgeschüttet und wieder abgedeckt, bis heute wurden insgesamt 110 Millionen Euro aufgeschüttet und abgedeckt.
Tja, und dann hat man das Ganze schön bepflanzt, und deshalb gibt es jetzt in Leverkusen die Laga, die Landesgartenschau. Und die produziert so putzige Schlagzeilen wie: „Das Rheinufer in Leverkusen hofft auf rosige Zeiten“. Na, dann wollen wir mal hoffen, dass die Zeiten am Ende nicht einfach nur rissig werden.

Der Kabarettist Wilfried Schmickler ist aus der TV-Sendung „Mitternachtsspitzen“ bekannt und schreibt in der taz Köln die Kolumne „schmickler macht ernst“, die Stichwort BAYER mit freundlicher Genehmigung der Zeitung nachdruckte.

[Störfälle] STICHWORT BAYER 02/2005

CBG Redaktion

Lanxess-Werk in Addyston/USA

Anwohner protestieren gegen Störfälle und Luftverschmutzung

Mehrere hundert Unfälle in neun Jahren, drei Giftwolken innerhalb weniger Monate – dies ist die Störfall-Bilanz der Chemiefabrik Addyston im US-Bundesstaat Ohio. Regelmäßig verheimlichte die Werksleitung den Austritt krebserregender Stoffe. Der Umweltverband Ohio Citizen Action protestiert gegen die Vergiftung der umliegenden Gemeinden und mobilisiert die Bevölkerung.

von Philipp Mimkes

107 meldepflichtige Unfälle allein im vergangenen Jahr. Drei Störfälle, bei denen große Mengen krebserregender Stoffe austraten, innerhalb von vier Monaten. Jährlich 700 Tonnen Emissionen von Schwefeldioxid, Stickoxiden, Kohlenmonoxid und Feinstäuben im „Normalbetrieb“ – dies sind die Eckdaten der täglichen Vergiftung rund um das Chemiewerk Addyston im Bundesstaat Ohio. Die Kunststoff-Fabrik wurde 1996 von der BAYER Corporation übernommen. Nach der Ausgliederung der Chemie-Sparte des Konzerns im vergangenen Herbst gehört sie nun zur Lanxess AG.

Ruth Breech von Ohio Citizen Action, einem Umweltverband mit mehr als 100.000 Mitgliedern: „Das Werk befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft von einem Kindergarten und einer Schule. Allein im letzten halben Jahr traten mindestens neun Mal giftige Chemikalien aus.“ Breech fordert die Firma auf, die Kontamination der Umgebung sofort zu stoppen und jegliche Störung sofort bekannt zu geben. Mitglieder des Verbands sandten rund 11.000 Briefe an das Unternehmen und forderten ein Ende der Verschmutzung von Luft und Wasser.

Die Proteste kulminierten, als Lanxess einräumen musste, dass bei einer Störung im vergangenen Herbst eine halbe Tonne Acrylnitril ausgetreten war. Obwohl zur selben Zeit in unmittelbarer Nähe ein Volksfest mit hunderten von Besuchern stattgefunden hatte, wurde die Öffentlichkeit erst Monate später informiert. Im Dezember traten erneut 700 Pfund der Chemikalie aus, eine großräumige Untersuchung der Gesundheit der Bevölkerung fand indes nicht statt. Acrylnitril ist krebserzeugend und kann die Lungen- und Nervenfunktion schädigen. Bei weiteren Unfällen traten Budadien, Styrol und organische Lösemittel aus.
Die Umweltbehörde des Bezirks Hamilton, in dem Addyston liegt, forderte die Werksleitung ultimativ aus, bis zum 18. April einen Plan vorzulegen, wie weitere Austritte von Acrylnitril ausgeschlossen werden können. Im Falle weiterer Gift-Austritte wurden Strafen angekündigt. Auch Die US-Umweltbehörde EPA nahm eine Untersuchung des Werks vor. Umweltschützer forderten den Rücktritt der Werksleitung, da diese trotz gegenteiliger Versicherungen die Unfallserie nicht beendete. „In einem Gespräch Anfang Dezember räumte die Werksleitung ein, dass der Acrylnitril-Unfall im Oktober nicht hinnehmbar sei. Zwei Groß-Unfälle in den vergangenen Monaten zeigen jedoch, dass sich nichts zum besseren gewandelt hat. Nun muss die Werksleitung ausgetauscht werden, genug ist genug“, so Ruth Breech weiter.

Axel Köhler Schnura von der Coordination gegen BAYER-Gefahren ergänzt: „Die Vernachlässigung von Gesundheit und Umwelt zugunsten von Konzernprofiten hat bei BAYER und LanXess System. Durch die angekündigten Sparmaßnahmen wird die Sicherheitslage in den Lanxess-Werken voraussichtlich noch prekärer. Die Produktion gefährlicher Stoffe wie Acrylnitril oder Phosgen hat nichts in der Nähe von Wohngebieten zu suchen". Die Coordination gegen BAYER-Gefahren, die seit den 80er Jahren einen Ausstieg aus der Chlorchemie fordert, sprach das Thema auch auf der BAYER-Hauptversammlung am 29. April an.

[Ticker 02/2005] STICHWORT BAYER 02/2005 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

GREENPEACE-Aktion in Antwerpen
BAYER produziert in Antwerpen den Weichmacher Bispenol A, der durch seine hormon-ähnliche Wirkung den menschlichen Organismus schädigen kann. Wäre das EU-Chemikaliengesetz REACH schon in Kraft, das den Chemie-Konzernen die Pflicht auferlegen will, Tausende niemals auf ihre gesundheitsschädliche Wirkung hin untersuchte Stoffe zu überprüfen, hätte der Multi die Substanz womöglich schon längst aus dem Verkehr ziehen müssen. Darum hat GREENPEACE mit einer spektakulären Aktion bei BAYER/Antwerpen auf die Notwendigkeit aufmerksam gemacht, REACH ohne die Änderungswünsche der Industrie zu verabschieden. Die AktivistInnen erklommen die Türme einiger Anlagen und brachten darauf weithin sichtbare Transparente mit den Aufschriften „BAYER ohne Gift“ und „Produziert sicherere Substanzen“ an. „Unternehmen wie BAYER und BASF sollten sich klar für ein Ersetzen problematischer Stoffe aussprechen“, forderte der GREENPEACE-Chemieexperte Fawaz Al Bitar und verwies auf Konzerne wie SONY, IKEA und H&M, die gefährliche Chemikalien in ihren Produkten schon substituiert haben.

Aus für Gentech-Hühnerfutter
GREENPEACE hat in Australien Hühner-Züchter aufgefordert, auf gentechnisch produzierte Soja- und Rapssorten made by BAYER und MONSANTO zu verzichten und hatte Erfolg: Die größten Züchter-Gesellschaften erklärten, künftig kein Gen-Futter mehr zu verwenden.

Proteste gegen Genraps
Im japanischen Tokio haben GREENPEACE, LandwirtInnen-Organisationen, UmweltschützerInnen und VerbraucherInnen-Initiativen vor der kanadischen Botschaft gegen die Genraps-Ausfuhren des Landes protestiert. Sie schichteten einen Flaschenberg mit Rapsöl auf, um der Botschaft plastisch die Folgen eines möglichen Boykotts vor Augen zu führen. „Stoppen Sie die Kontamination Japans mit Gentech-Pflanzen“ forderte die Koalition die DiplomatInnen auf. 80 Prozent des in Japan eingeführten Rapses stammen aus Kanada, bei 80 Prozent davon handelt es sich um von BAYER oder von MONSANTO gentechnisch veränderte Sorten. Schon bei der Anlandung in den Häfen verbreiten sich die Raps-Samen in der Umwelt. Ein japanisches Forschungsinstitut hat noch 30 Kilometer von den Verladestationen entfernt Spuren des Genrapses nachgewiesen.

Proteste bei BAYER CROPSCIENCE
Vom 11. bis zum 15. April 2005 fand in Lyon die Gentech-Konferenz „BioVision“ statt, zu deren Hauptsponsoren BAYER CROPSCIENCE zählte. Zudem gehörten Konzern-VertreterInnen zu den TeilnehmerInnen der Gesprächsrunden. Das nahmen französische Gentech-GegnerInnen zum Anlass, der Lyoner CROPSCIENCE-Niederlassung einen Besuch abzustatten. Sie luden - organischen - Müll vor dem Eingangstor ab, um gegen die Risikotechnologie im Allgemeinen und Freisetzungsversuche mit Genpflanzen im Besonderen zu protestieren.

PAN gegen LINDAN
Seit BAYER die US-Firma GUSTAFSON erwarb, befindet sich das nicht nur durch den Holzgifte-Skandal mit seinen unzähligen Opfern berühmt-berüchtige Pestizid LINDAN wieder im Sortiment des Konzerns. Die USA gehören zu den wenigen Staaten, die seinen Gebrauch noch nicht komplett untersagt haben, obwohl sich Rückstände des Ultragifts in 62 Prozent aller menschlichen Körper nachweisen lassen. Die US-amerikanische Sektion des PESTIZID-AKTIONS-NETZWERKS (PAN) hat deshalb einen „call in day“ inititiiert, um BAYER zu einem Verkaufsstopp zu bewegen. 200 Menschen beteiligten sich an der Aktion und sprachen beim Konzern telefonisch in Sachen „LINDAN“ vor. Zudem startete PAN eine Brief-Kampagne. Auch die COORDINATION wandte sich an BAYER und sprach das Thema zudem in der Hauptversammlung des Konzerns an.

Neue „Corporate Crime“-Website
Die Asien-Sektion des PESTIZID-AKTIONS-NETZWERKS (PAN) baut eine homepage zu Konzernverbrechen der Agro-Multis BAYER, MONSANTO und SYNGENTA auf. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat der „Corporate Crime“-Site auf Anfrage viele Informationen zur Verfügung gestellt.

Frauen-Demo gegen Chemiegefahren
Die chemie-kritische Initiative WOMEN IN EUROPE FOR A COMMON FUTURE hat in Berlin unter dem Motto „Frauen werden giftig“ eine Demonstration mit 100 TeilnehmerInnen durchgeführt. Auf der Protestveranstaltung ließ sich auch Bundesumweltminister Jürgen Trittin sehen, um „seine Unterstützung zu zeigen“.

BAYER-Tag auf der LAGA
Am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, hatte „Premiumsponsor BAYER“ zum Sonntagsausflug auf die Landesgartenschau (LAGA) geladen. Und dies zu Premiumbedingungen: MitarbeiterInnen, deren Angehörige und Freunde durften zum Firmenrabatt das fast schattenlose Leverkusener Deponiegelände bei 30 Grad Celsius besichtigen. Der große Andrang machte die Sache noch schweißtreibender, auch für die Aktiven der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG). Diese informierten die BAYER-Gemeinde über die ungeschminkte Geschichte der ehemaligen Giftmüllhalde; über all das, was die von BAYER gestaltete Ausstellung auf der LAGA verschweigt oder beschönigt wie die Krankheits- und Todesfälle und die Restrisiken der Altlast. So endete also der Sonntagsausflug für so manche/n BesucherIn nachdenklich.

Imkerbund schreibt BAYER
Im Rahmen der Landesgartenschau präsentiert BAYER auch die Aktvitäten von HobbyimkerInnen. Der Konzern verweist dabei zwar auf Bedrohungen für die Bienenbestände, über den Bienentod durch das hauseigene Pestizid GAUCHO verliert er jedoch kein Wort. Der bundesdeutsche Erwerbsimkerbund kritisierte dieses Vorgehen und erwirkte eine Änderung der Darstellung.

CBG für Friedenspreis vorgeschlagen
Die Stiftung „AnStifter“ hat die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) gemeinsam mit 22 weiteren Gruppen für den „Stuttgarter Friedenspreis“ nominiert. Der Vorschlag kam von baden-württembergischen ImkerInnen, die das Engagement der CBG gegen das bienengefährliche BAYER-Pestizid GAUCHO als preiswürdig erachteten.

Spanische ImkerInnen protestieren
In Madrid haben 3.000 spanische ImkerInnen gegen das Sterben ihrer Bienenvölker durch das BAYER-Pestizid GAUCHO mit dem Wirkstoff Imidacloprid protestiert und ein Verbot gefordert.

Alternativer ImkerInnenbund gegründet
Im April 2005 hat sich in Königswinter der ALLGEMEINE DEUTSCHE IMKERBUND konstituiert. Hauptgrund für die Neugründung stellte die Verärgerung der BienenzüchterInnen über die lasche Reaktion des Berufsimkerbundes auf das Bienensterben durch das BAYER-Pestizid GAUCHO dar. Nicht zuletzt weil der Verband Spenden vom Leverkusener Multi erhält, sucht er in Sachen „GAUCHO“ nämlich immer einvernehmliche Lösungen mit dem Agro-Multi.

Beschäftigte demonstrieren
Den MitarbeiterInnen von BAYERs abgespaltener, nun unter dem Namen LANXESS firmierender Chemie-Sparte am Standort Uerdingen drohen Entgelt-Einbußen von bis zu 800 Euro, weil das Unternehmen übertarifliche Leistungen und sonstige beim Leverkusener Multi übliche Zulagen nicht länger gewährt. Im Durchschnitt kürzt die Geschäftsleitung die Bezüge um 179 Euro. Deshalb ging die Belegschaft am 19.1.05 auf die Straße; 2.500 Beschäftigte nahmen an der Demonstration teil. Jetzt hat die Firmenleitung zumindest einen Abbau der Übertarife in Stufen zugesagt, LANXESS will die Zahlungen mit künftigen Entgelt-Erhöhungen verrechnen.

LANXESS bekommt Besuch
In Addyston, dem US-amerikanischen Standort von BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS im Bundesstaat Ohio, gehören Störfalle zum Normalfall. Seit der Leverkusener Multi das Werk 1996 von MONSANTO übernahm, ereigneten sich dort 66 Unfälle. Erst im Herbst 2004 trat zweimal in kurzen Abständen das Krebs erregende Gas Acrylnitril aus. Im März reiste ein Vertreter der Initiative OHIO CITIZEN ACTION in die Bundesrepublik, um dem LANXESS-Vorstand einen Protestbrief zu überreichen.

Protest gegen „AIDS“-Anzeige
Mit großflächigen Zeitungsannoncen, auf denen ein Schwulenpaar abgebildet ist, wirbt der BAYER-Konzern derzeit für Diagnostika zur Bestimmung des HI-Virus und setzt sich damit als ein Unternehmen in Szene, das sich bei der Behandlung von „AIDS“ besonders engagiert. Diese Selbsteinschätzung verweist das WISSENSCHAFTLICH-HUMANITÄRE KOMMITEE (whk) ins Reich der Illusionen. „Für das whk sind diese Äußerungen blanker Hohn. Es ist allgemein bekannt, dass sich BAYER aus der Erforschung wirksamer Medikamente gegen HIV und AIDS weitgehend zurückgezogen hat. Wenn der Konzern nun schwulen Männern, die in den westlichen Industrieländern nach wie vor am meisten von AIDS betroffen sind, ausgerechnet die Methode der Resistenzbestimmung nun als wichtigen Schritt gezielter und individueller ‚Hilfe‚ verkaufen will, ist das mehr als zynisch. Vor dem Hintergrund des von BAYER-Medikamenten verursachten weltweiten AIDS-Skandals bekommt die Anzeige sogar den Charakter einer regelrechten Desinformationskampagne“, kritisierte die Initiative und rief zu Protesten auf.

Resolution gegen die Order 81
Die im Irak neu eingeführte Order 81 (SWB 1/05) sichert BAYER und anderen Agro-Multis den industriellen Zugriff auf die Landwirtschaft des Landes. Darum wandten sich Träger des Alternativen Nobelpreises und andere TeilnehmerInnen der Konferenz „Die Alternative - Ausblicke auf eine andere Globalisierung“ gegen das Gesetz. „Die ‚Order 81‘ wurde vom US-Beauftragten für den Wiederaufbau des Irak, Paul Bremer, erlassen. Sie hat zum Ziel, dass die irakischen Bäuerinnen und Bauern zukünftig daran gehindert werden, ihre uralten Saaten und Kulturpflanzen anzubauen. Die Bäuerinnen und Bauern werden dazu gezwungen, nur noch industriell entwickeltes, gentechnisch manipuliertes und von Unternehmen patentiertes Saatgut zu verwenden. Wir fordern von der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika wie von der Regierung des Irak, die ‚Order 81' zurückzunehmen“, heißt es in der unter anderem von Vandana Shiva, Hans Peter Duerr und Johan Galtung unterschriebenen Erklärung.

Chemie-Kritik im TV
Das spanische Fernsehen zeigte einen Bericht über die Risiken der Chemie-Produktion bei BAYER & Co., zu dem auch die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) Informationen geliefert hatte. Der Journalist bedankte sich bei der CBG und gab zugleich einen Eindruck davon, wie schwierig es ist, in den Medien Kritik an den Konzernen zu üben. „Es war keine leichte Sache, diesen Film zu machen. Der Druck war so groß, dass wir am Ende vieles weglassen mussten, um den Rest zu schützen. Eines, was wir weglassen mussten, waren konkrete Bemerkungen zu konkreten Produkten. Deswegen musste die BAYGON-Sequenz (BAYER-Pestizid, Anm. Ticker) weg. Aber immerhin ist DIAZINON (dito) geblieben“, schrieb er.

KAPITAL & ARBEIT

Mehr Arbeit, weniger Lohn
BAYERs für Bau und Unterhalt von Anlagen zuständige Gesellschaft BAYER TECHNOLOGY SERVICES kündigte die Vernichtung von 255 Arbeitsplätzen an. Mit diesem Erpressungspotenzial ging das Unternehmen in die Verhandlungen mit dem Betriebsrat und erreichte gegen die Zusicherung, „nur“ 155 Stellen zu streichen, die Zustimmung zu einer 40-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich. Eine Öffnungsklausel im Tarifvertrag machte eine solche Lösung möglich. Der für eine alternative Gewerkschaftsgruppe im Betriebsrat sitzende Klaus Hebert-Okon kritisierte das Ergebnis der Einigung von Vorstand und IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE). Er befürchtet durch solche einseitigen Maßnahmen wahlweise eine den Zusammenhalt der BAYER-WerkerInnen schwächende neue Unübersichtlichkeit bei den Arbeitsbedingungen oder aber den Startschuss zu einer alle betreffenden größeren Lohnkürzungsoffensive.

Schlechtes Betriebsklima
Selbst führende ManagerInnen bewerten das Betriebsklima bei BAYER negativ. Bei einer Umfrage unter Leitenden Angestellten von 20 Chemie-Konzernen belegte der Leverkusener Agro-Multi mit einer Durchschnittsnote von 3,59 nur den 18. Platz.

126 Entlassungen in Lyon
BAYER CROPSCIENCE hat am französischen Standort Lyon 126 Beschäftigte entlassen.

BAYER schließt TDI-Anlage
BAYER hat im US-amerikanischen New Martinsville eine Anlage zur Produktion des Kunststoffs Tolylendiisocyanat (TDI) geschlossen und damit 30 Arbeitsplätze vernichtet. Im Zuge der Abwicklung drosselt der Multi auch die Herstellung von TDI-Beiprodukten am Standort. Von ehemals acht TDI-Fertigungsstätten bleiben jetzt nur noch die in Baytown, Dormagen und Brunsbüttel übrig. Ob sie alle überleben, wenn der Multi im Jahr 2009 sein neues Werk im chinesischen Shanghai in Betrieb nimmt, dürfte fraglich sein.

Arbeitsplatzvernichtung bei LANXESS
BAYER entschied sich Ende 2003, die Chemie- und Teile der Kunststoff-Sparte abzuspalten und unter dem Firmen-Namen LANXESS am 31. Januar 2005 an die Börse zu bringen. Seither reißen die Meldungen über Rationalisierungsmaßnahmen, Lohn-Kürzungen, und Arbeitsplatzvernichtung nicht ab. Im Juni beschloss die Geschäftsführung die Streichung von 960 Stellen in der Bundesrepublik. 500 Stellen fallen in der Leverkusener Feinchemie-Produktion weg. LANXESS plant überdies eine Veräußerung dieses Geschäftszweigs, der vor allem unter mangelnder Nachfrage von BAYERs verkleinerter Pharma-Sparte leidet - das wäre dann die Abspaltung der Abspaltung. 300 Jobs streicht der Konzern im Bereich Styrol-Harze und ABS-Kunststoffe am Standort Dormagen und 150 Jobs beim Beschäftigten-Pool. Darüber hinaus führt die Chemie-Firma die 35-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich ein. Zunächst stand sogar die Schließung von einem der beiden Feinchemie-Standorte im Raum - aber das war nur Teil „der sehr geschickten Taktik von Vorstandschef Axel Heitmann“, wie die Süddeutsche Zeitung schrieb. „Den Wettbewerb zwischen Dormagen und Tarragona heizte er immer wieder mit der Ankündigung an, nur einer von beiden könne überleben. In einer solchen Gemengelage sind Mitarbeiter bereit, Zugeständnisse zu machen, wenn es der Sicherung von Arbeitsplätzen dient“, so die Zeitung weiter. Die Börse honorierte die Poker-Qualitäten Heitmanns. Kurz nach Bekanntwerden der Rationalisierungsmaßnahmen stieg der Kurs der LANXESS-Aktie um bis zu fünf Prozent. Er dürfte in Zukunft noch mehr steigen, denn Heitmann kündigte weitere Arbeitsplatzvernichtungen an.

LANXESS ohne Papier-Chemie?
Die BAYER-Abspaltung LANXESS kündigte an, einen Partner für das Geschäft mit Papier-Chemikalien zu suchen. Auch einen Verkauf der Sparte hält der Vorstandschef Axel Heitmann für möglich. Den 350 MitarbeiterInnen an den Standorten Leverkusen und Bushy Park stehen also ungewisse Zeiten bevor. Bei anderen den Profit-Erwartungen nicht entsprechenden Betriebsteilen will das Unternehmen Heitmann zufolge ähnlich vorgehen.

Bei LANXESS geht die Angst um
Wie es um das Betriebsklima bei der permanent neue Arbeitsplatzvernichtungen bekannt gebenden BAYER-Abspaltung LANXESS bestellt ist, hat der Stern dokumentiert. Das Magazin zitiert einen Beschäftigten: „Es heißt, bei LANXESS sind die Betriebsteile, die keine oder geringe Rendite machen. Ja bin ich denn auch ein scheiß-unrentabler Mitarbeiter?“. Von Zukunftsangst gequält, schildert er den JournalistInnen seinen Gemütszustand: „Ich habe manchmal das Gefühl, ich fahre im Blindflug auf eine Straßenkreuzung zu und weiß nicht, ob es da weitergeht“.

LANXESS ohne Standort-Vereinbarung?
Finanz-AnalystInnen werten die von der BAYER-Abspaltung LANXESS übernommene „Standort-Sicherungsvereinbarung“, die bis 2007 betriebsbedingte Kündigungen ausschließt, als Bremse für den Börsenkurs. Deshalb stellt Unternehmenschef Axel Heitmann sie jetzt zur Disposition und will Unterredungen mit dem Betriebsrat führen. Die unerwartet schlechte Geschäftslage lasse ihm keine andere Wahl, bekundete Heitmann. Sollten die Gewerkschaften sich nicht gesprächsbereit zeigen, müsse LANXESS noch mehr Standorte als geplant schließen, drohte er. Eine einseitige Kündigung des Standort-Vertrages schloss der Vorstandsvorsitzende allerdings aus.

Sanierung auf Kosten von LANXESS
Wie von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) vorausgesagt, vergeht kaum ein Monat ohne Hiobsbotschaft von LANXESS. Nach Standortschließungen und massiver Arbeitsplatz-Vernichtung stellt die BAYER-Abspaltung nun auch noch die „Standort-Sicherungsvereinbarung“ in Frage (s. o.). Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass der Pharma-Riese sich auf Kosten von LANXESS saniert hat. „Die Abspaltung des Chemie-Konzerns LANXESS von BAYER ist eine rundherum gelungene Veranstaltung - für BAYER“, schreibt die Faz. Der Pharma-Riese habe dem neu gegründeten Unternehmen Milliarden-Schulden aufgebürdet, profitable Chemie-Geschäfte wie WOLFF WALSRODE vorenthalten und es damit in eine schwierige ökonomische Lage gebracht, kommentierte die Zeitung.

Illegale Beschäftigung bei BAYER
Der Leverkusener Multi hat im Antwerpener Werk illegal ChinesInnen beschäftigt und sie auch noch zu chinesischen Konditionen (ca. 1 Euro Stundenlohn) bezahlt. Der Konzern beabsichtigte, sie für die Arbeit in der voraussichtlich 2009 fertiggestellten Kunststoff-Anlage in Shanghai zu schulen. Die hautnahe Konfrontation mit der chinesischen BAYER-Zukunft hat zudem bei den belgischen Beschäftigten Ängste vor Arbeitsplatzvernichtungen in Antwerpen entstehen lassen.

Hunderte in MitarbeiterInnen-Pools
Der „Standortsicherungsvertrag“ schließt bis 2007 betriebsbedingte Kündigungen aus. Deshalb parkt BAYER immer mehr MitarbeiterInnen in den so genannten Beschäftigten-Pools, wo sie dann auf Einsätze als SpringerInnen warten. Hunderte Belegschaftsangehörige, vor allem wegrationalisierte LaborantInnen und ChemikantInnen, befinden sich derzeit in dem „Zwischenlager“. Nach Ansicht der BASIS BETRIEBSRÄTE, einer oppositionellen Gewerkschaftsgruppe im Leverkusener BAYER-Werk, soll die perspektivlose Pool-Zeit die MitarbeiterInnen so mürbe machen, dass sie der Auflösung ihrer Verträge gegen Zahlung einer Abfindung zustimmen.

BAYER reduziert Übertarif
Das schlechte Beispiel der BAYER-Abspaltung LANXESS macht Schule (siehe AKTION & KRITIK). Wie das nunmehr selbstständige Chemie-Unternehmen reduziert nun auch der Leverkusener Multi die übertariflichen Zahlungen, indem er sie mit künftigen Entgelt-Erhöhungen verrechnen will.

BAYER-Betriebsrat gegen Grüne
Die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) hat schon vor langer Zeit ihren „sozialen Frieden“ mit dem Kapital gemacht. Angesichts von mehr als fünf Millionen Arbeitslosen zwingt sie das zu abenteuerlichen Volten. Da BAYER & Co. als unantastbar gelten, haben sie die Umweltpolitik der Grünen als Grund der Misere ausgemacht. „Die Grünen tun mit ihren ständigen Bedenken alles, um die deutsche Wirtschaft kaputt zu machen“, hetzte BAYERs Gesamtbetriebsratschef Erhard Gipperich und trat offen für eine Große Koalition in Nordrhein-Westfalen ein. Er brachte die „Initiative Pro Industriepolitik“ mit auf den Weg, der Betriebsräte von BAYER, TELEKOM, THYSSEN, FORD angehören. 1,2 bis 1,5 Millionen Beschäftigte repräsentiert sie nach Gipperichs Worten. Erste Tat der KollegInnen der Bosse: Sie schrieben einen Offenen Brief an den damaligen NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück, in dem sie eine Neujustierung des Verhältnisses zwischen Ökonomie und Ökologie forderten. Aber selbst Mitglieder der Initiative distanzierten sich von Gipperichs markigen Worten. Und andere Gewerkschaftler reagierten empört über den Wahlkampf des BAYER-Betriebsratlers: „Ein ziemlich dreistes Stück“.

Schneider für weniger Gewerkschaftsmacht
BAYERs Aufsichtsratsvorsitzender Manfred Schneider tritt dafür ein, die paritätische Mitbestimmung abzuschaffen und fordert eine Reduzierung der Gewerkschaftsmandate. „Mitbestimmung ist kein Exportschlager. Es muss sich etwas ändern“, so Schneider.

Das Baden-Badener Netzwerk
Die seit 1954 stattfindenden „Baden-Badener Unternehmensgespräche“ sind eine wichtige Kaderschmiede der bundesdeutschen Wirtschaft. Alljährlich schickt die Deutschland AG ihren Manager-Nachwuchs auf die drei Wochen dauernden Lehrgänge. Viele der TeilnehmerInnen wie etwa Jürgen Schrempp oder Klaus Kleinfeld haben später Spitzenpositionen übernommen. BAYER-Chef Werner Wenning ist selbstverständlich auch ein Baden-Badener, er war 1991 beim 87. Unternehmergespräch mit von der Partie. Sein Amtsvorgänger Manfred Schneider holte sich beim 77. den „letzten Karriereschliff“, wie die Welt schreibt.

Verschärfte Eingangskontrollen
Die Pressefreiheit endet bei BAYER spätestens vor dem Werkstor. Die heiligen Hallen der Produktion bleiben JournalistInnen in der Regel verschlossen - der Konzern wird schon wissen, warum. Im letzten Jahr bemühten sich ReporterInnen aber doch einmal, in Leverkusen einen Blick hinter die Kulissen zu erhaschen, was das Unternehmen als den Versuch wertete, „in Industrie- und Chemieanlagen einzudringen“. Der Multi zog sofort Konsequenzen und machte sich an die „Optimierung der Zugangsregelung“. Ein Betreten des Geländes ist jetzt nur noch mit einem Ausweis möglich, dessen Gültigkeit ein Lesegerät prüft. Zudem schloss BAYER einige Eingangstore.

Krankenkassen-Beiträge für BAYER gesenkt
Der 1. Juli 2005 hat das Ende der paritätischen Krankenversicherung besiegelt. Seither zahlen BAYER & Co. prozentual weniger als die Beschäftigten. Während ihr Beitragssatz um 0,45 Prozent sinkt, steigt er für die Belegschaftsangehörigen um ebendiesen Anteil. Nach der Rechnung des Regierungsberaters Bert Rürup entlastet das die Unternehmen über die nächsten zwei Jahren um bis zu zehn Milliarden Euro.

Beschäftigte denken, BAYER kassiert
Die Verbesserungsvorschläge von Belegschaftsangehörigen rechnen sich für BAYER weit mehr als für die Kreativen selber. Die Umsetzung von 15.000 MitarbeiterInnen-Ideen brachte dem Leverkusener Multi im Jahr 2004 einen Rationalisierungsgewinn von über 9,6 Millionen Euro ein, der sich 2005ff fortschreiben dürfte. Den ErfinderInnen zahlte er für den Zugriff auf ihr geistiges Eigentum aber insgesamt nur 3,5 Millionen Euro an Prämien.

BAYER zahlt Bonus
Vor der 1997 geschlossenen „Standortsicherungsvereinbarung“ zahlte BAYER der Belegschaft noch einen jährlichen Bonus von 85 Prozent eines durchschnittlichen Monatseinkommens. Mittlerweils beträgt er lediglich 35 Prozent des Monatsentgelts. Das ergab für die 23.000 bundesdeutschen Tarif-Beschäftigten im Jahr 2005 eine Prämie in Höhe von 39 Millionen Euro.

ERSTE & DRITTE WELT

„Entwicklungshelfer“ BAYER
In Guatemala tritt der Leverkusener Agro-Multi als Entwicklungshelfer auf. Gemeinsam mit der bundesdeutschen „Gesellschaft für technische Zusammenarbeit“ (GTZ) lehrt er LandwirtInnen in der Region Las Verapaces „Nachhaltige Entwicklung“ à la BAYER: Die Bauern und Bäuerinnen sollen auf Brandrodungen verzichten und ihre Erträge lieber mit Saatgut und Pestiziden made in Leverkusen steigern.

Malaria-Initiative in der Kritik
Im Jahr 1998 startete die Weltgesundheitsorganisation WHO die Malaria-Initiative „Roll back Malaria“. In dessen Rahmen unterstützten die Weltbank und die Bill-Gates-Stiftung BAYER bei der Entwicklung und Vermarktung eines neuen Malaria-Mittels, dessen Wirkstoff Artemisone ForscherInnen der „Hongkong University of Science and Technology“ entdeckten. Im April 2005 zog das medizinische Fachjournal The Lancet eine ernüchternde Zwischenbilanz des WHO-Programmes. Nach Meinung der WissenschaftlerInnen ist „Roll back Malaria“ weit hinter den selbstgesteckten Zielen zurückgeblieben, 60 Prozent der Erkrankten sofort eine medizinische Versorgung zu ermöglichen und so die Zahl der Malaria-Toten bis zum Jahr 2010 um die Hälfte zu senken. Jean-Marie Kindermans von ÄRZTE OHNE GRENZEN unterstützte den Vorstoß von The Lancet und kritisierte BAYER & Co. dafür, nicht genügend Artemisone-haltige Präparate zur Verfügung zu stellen. Für das Vorzeige-Projekt des Leverkusener Multis sieht es also schlecht aus.

IG FARBEN & HEUTE

Prinz Bernhard bei IG FARBEN
Der im Dezember 2004 verstorbene Prinz Bernard, der 1911 in Jena zur Welt kam, arbeitete in Amsterdam als Jurist bei dem von BAYER mitgegründetem Mörderkonzern IG FARBEN. Der Prinz war auch Mitglied der NSDAP und der SS.

IG-Gründung prosperiert
Die 1935 auf Initiative der IG FARBEN ins Leben gerufene „Gesellschaft für Konsumforschung“ (GfK) mit Sitz in Nürnberg weitet ihren Einfluss immer weiter aus. Mittlerweile gehören 120 Firmen zu ihrem Imperium, das sich über mehr als 60 Länder erstreckt. Damit gehört die GfK zu den weltgrößten Marktforschungsunternehmen. Die Idee zur Gründung der Gesellschaft hatte seinerzeit der im IG-Vorstand für BAYER zuständige Rudolf Wilhelm Mann. Der Arzneimittelverbrauch der „Volksgemeinschaft“ zählte deshalb zu den ersten Untersuchungsgegenständen der KonsumforscherInnen. Später widmeten sie sich vorzugsweise den Märkten derjenigen Länder, denen die Eroberungsgelüste der Nazis galten. So verfasste der spätere Bundeskanzler Ludwig Erhard eine „Südosteuropa-Untersuchung“ für die GfK, die auch heute noch gut in den ost- und südosteuropäischen Staaten vertreten ist.

POLITIK & EINFLUSS

Der Genosse der BAYER-Bosse
Die Bundesregierung unternimmt verstärkte Anstrengungen, um die Marktposition der bundesdeutschen Industrie in Südamerika vor allem gegen die wachsende chinesische Konkurrenz zu verteidigen. So führte die „Lateinamerika-Initiative der deutschen Wirtschaft“ im Mai 2005 gemeinsam mit VertreterInnen der Bundesregierung im kolumbianischen Cartagena die 9. Lateinamerika-Konferenz der deutschen Wirtschaft durch. Im Juli richtet der BDI mit Unterstützung aus dem Wirtschaftsministerium in Brasilien die deutsch-brasilianischen Wirtschaftstage aus, an der auch die „Agrobusiness-Initiative“ von BAYER & Co. teilnimmt. Es folgen weitere Aktivitäten, als deren Höhepunkt die für Ende des Jahres geplante Südamerika-Reise des Bundeskanzlers geplant ist - Flugbegleitung aus dem Hause BAYER dürfte obligatorisch sein.

Standort-Werbung durch WM
Im Herbst 2004 trafen sich Manager von BAYER und anderen Konzernen mit Bundeskanzler Schröder, um zu bereden, wie man die Fußballweltmeisterschaft als Werbung für die Unternehmen nutzen könnte. So entstand die Idee zum „1. FC Deutschland 06“. Der Sportbeauftragte des Leverkusener Multis, Meinolf Sprink, hat dabei gar keine Gewissensbisse. „Es ist richtig, Deutschland im Zuge der WM als Industriestandort zu präsentieren“, so Sprink. Noch dazu, wenn es so billig ist: der „1. FC Deutschland 06“-Vereinsbeitrag beträgt für BAYER und die anderen Sponsoren der Kampagne „Deutschland - Land der Ideen“ nur 100.000 Euro.

Wenning kritisiert Gentechnik-Politik
BAYER-Chef Werner Wenning hat die Haltung der Bundesregierung in Sachen „grüne Gentechnik“ scharf angegriffen. „Wir fürchten, dass die Pflanzen-Biotechnologie in Deutschland wegen der Haftungsregelungen nicht stattfindet“, sagte er. In einem anderen Interview sprach der Große Vorsitzende von einer „Forschungsblockade“ und „einem fundamentalen Konservatismus, der dem Standort Deutschland schadet“.

Garthoff kritisiert Gentechnik-Politik
BAYER CROPSCIENCE-Vorstandsmitglied Bernward Garthoff hat das Gentechnik-Gesetz kritisiert, über das der Vermittlungsausschuss verhandelt. Wegen der strengen Haftungsregelungen macht es seiner Meinung nach den Anbau von Gentech-Pflanzen in der Bundesrepublik unmöglich. „Wir verpassen die Chance, das Potenzial für eine Schlüsseltechnologie weiterzuentwickeln“, warnt er und stimmt den Standort-Blues an.

Gentech-Gesetz verändert
Die Kritik von BAYER & Co. am Gentechnik-Gesetz zeigt Wirkung. Die rot-grüne Bundesregierung hat bereits Veränderungen an dem Paragrafenwerk vorgenommen und damit den CDU-Ministerpräsidenten im Bundesrat die Zustimmung leichter gemacht. Für die Risiken und Nebenwirkungen steuerfinanzierter Freisetzungsversuche haftet jetzt nicht mehr die Industrie, sondern der/die SteuerzahlerIn. Zudem stehen die Informationen über die genaue Lage der Gentech-Äcker niemand mehr offen, der nicht erfolgreich ein „berechtigtes Interesse“ nachweisen kann. „Die Bundesregierung reduziert damit die Transparenz und mindert den Verbraucherschutz“, kritisiert der Präsident des NATURSCHUTZBUNDES DEUTSCHLAND (NABU), Olaf Tschimpke.

Gen-LobbyistInnen bei Künast & Co.
Nach Recherchen des Verbandes FRIENDS OF THE EARTH haben hohe BeamtInnen vom „Bundesamt für Verbraucherschutz“ und von der „Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft“, welche die Bundesrepublik auch bei der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit vertreten, intensive Beziehungen zur Biotech-Industrie. Einige waren sich nicht einmal dafür zu schade, in den „Pro-Gentech“-Werbevideos von BAYER & Co. aufzutreten. Über ihre Entscheidungen bei der Zulassung von Freisetzungsversuchen und Gen-Pflanzen dürfte deshalb kaum Unklarheit bestehen.

Zuwachs im Verbindungsbüro
Im Oktober 2003 eröffnete der Leverkusener Multi seine Berliner Repräsentanz am Pariser Platz in unmittelbarer Nähe zum Regierungsviertel. Sinn und Zwecks des „Verbindungsbüros“ definiert BAYER-Chef Werner Wenning so: „Wir bei BAYER verstehen uns als Bestandteil der Gesellschaft und sehen es daher als unsere Pflicht, uns in die gesetzgeberischen Entscheidungsprozesse einzubringen“. Diese „Pflichterfüllung“ macht soviel Arbeit, dass der Agro-Riese das Personal aufstocken musste. Britta von Scharpen verstärkt jetzt das Team und lässt Böses ahnen. Die Dame soll sich nämlich vor allem um Fragen der Forschungs- und Sozialpolitik kümmern.

Synergieeffekt „Winnacker“
Ernst-Ludwig Winnacker ist so etwas wie das Drehkreuz der bundesdeutschen Gentechnik-Politik. Der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft gehört dem BAYER-Aufsichtsrat an, hat eigene Biotech-Firmen gegründet, berät Bundeskanzler Schröder in Sachen „Klone & Co.“ und schaltet und waltet im Genomforschungsnetzwerk. Für Unternehmen, bei denen er einen Aufsichtsratsposten inne hat, machte er im „Bundesministerium für Bildung und Forschung“ (BMBF) Millionen locker, wie das Buch „Die Gesundheitsmafia“ enthüllte. Für BAYERs Projekt „Entwicklung von biologischen Markern“ floss ein BMBF-Betrag in Höhe von 1,97 Millionen Euro.

BAYER kooperiert mit Umweltamt
BAYER hat gemeinsam mit dem nordrhein-westfälischen Landesumweltamt einen „Tag der Umwelt“ veranstaltet, der im Uerdinger Werk und auf dem Laborschiff „Max Prüss“ stattfand. Zur Feier des Tages waren auch 44 TeilnehmerInnen von BAYERs image-trächtig gemeinsam mit der UN initiiertem UmweltbotschaftlerInnen-Programm anwesend. Ihnen gaukelte der Konzern erfolgreich vor, der Rhein wäre ein reiner Fluss. „Sie haben es geschafft, dass der Rhein wieder sauberes Wasser führt. Wir möchten in Deutschland lernen, um unsere eigenen Probleme lösen zu können“, zeigte sich die in Singapur lebende Dorothy Cloaro begeistert. Der 1999 erschienene letzte Gewässergütebericht des Landes Nordrhein-Westfalen kam da zu ganz anderen Ergebnissen. Besonders in der Nähe der BAYER-Werke ließ die Wasser-Qualität zu wünschen übrig. So hatten die BAYER-Werke Dormagen und Wuppertal an den im Rhein nachgewiesenen Pestizid-Rückständen einen Anteil von 5-10 Prozent. Allein das Produkt DIURON fand sich in 73 Prozent aller Wasserproben. Ebenfalls ganz vorne mit dabei: Wirkstoffe der Ackergifte RAPIR, HEDOMAT, ECONAL und GOLTIX.

SPD-Bundestagsabgeordnete bei BAYER
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein besuchte BAYERs Biotech-Forschungszentrum im nahe Potsdam gelegenen Hermannswerder. Sie ließ sich durch die schöne neue Genwelt führen, die Folien, Papier, Klebstoff, Mayonnaise, Puddingpulver, Reis und Kartoffelstärke im Reagenzglas produziert und zeigte sich beeindruckt. „Faszinierend“, so ihr fachfrauliches Urteil. Die wackere Sozialdemokratin würde sogar kraftvoll in ein Gentech-Brötchen beißen: „Ich würde das essen, garantiert!“

Reul referiert bei BAYER
Im November 2004 besuchte der Industrieausschuss der Düsseldorfer „Industrie- und Handelskammer“ die BAYER-Niederlassung in Monheim. Auf der Tagesordnung stand eine Diskussion über die Zukunft der Gentechnologie in Nordrhein-Westfalen und ein Vortrag des für die CDU im Europaparlament sitzenden Herbert Reul. Der Politiker gehört dem Straßburger Forschungsausschuss an und sprach über die „Aktuelle Forschungsförderung in Europa“.

„Oberaufseher“ Schneider
Als „Oberaufseher“ der bundesdeutschen Wirtschaft bezeichnet die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung BAYERs Aufsichtsratsvorsitzenden Manfred Schneider. „Niemand weiß mehr über das Innenleben deutscher Konzerne“, so die Zeitung. Schneider ist Aufsichtsratsvorsitzender bei BAYER und LINDE und hat einen Sitz in den Kontroll-Gremien von ALLIANZ, DAIMLER CHRYSLER, METRO, RWE und TUI. Damit bleibt er knapp unter der vom Aktiengesetz noch als tolerierbar erachteten Ämterhäufung. Über Unternehmen mit einem Börsenwert von 129 Milliarden Euro, einem Umsatz von 375 Milliarden und 1.1 Millionen Angestellten wacht Mister Aufsichtsrat und arbeitet dabei mit allen Großkopferten der Deutschland AG von Josef Ackermann bis zu Jürgen Schrempp zusammen.

Erleichterte Pillen-Zulassungen in der EU
Nach dem geplanten EU-Arzneimittelrecht soll die Zulassung einer Arznei in einem Mitgliedsstaat reichen, um sie auch in den anderen Ländern der Union auf den Markt bringen zu können. Dank der starken Lobbyarbeit von BAYER & Co. fallen dann zusätzliche nationale Untersuchungen z. B. über die Wechselwirkungen eines Medikamentes mit anderen Pillen und Studien mit AllergikerInnen oder Angehörigen anderer Risikogruppen über die Verträglichkeit eines Präparates weg. Aber die neue Regelung schränkt durch die erleichterten Genehmigungsverfahren nicht nur die Arzneimittelsicherheit ein - die Krankenkassen befürchten zudem eine Schwemme neuer, teurer und nur bedingt nützlicher Pharmazeutika.

Freundschaftsdienste von Florenz
In dem Europa-Parlamentarier Karl-Heinz Florenz (CDU) hat der Leverkusener Agro-Multi einen ganz treuen politischen Außendienstmitarbeiter. Nicht nur in Sachen „Chemikaliengesetz“ erweist sich der BAYER-Dauergast als treuer Sachwalter von Konzern-Interessen, auch in der Pharma-Politik erwirbt er sich Verdienste. Der Vorsitzende des EU-Parlamentsausschusses für Umwelt und Gesundheit hat an neuen Leitlinien mitgearbeitet, die den EU-Ländern Nachprüfungen anderswo bereits zugelassener Medikamente erschwert, was den Produkten von BAYER & Co. einen besseren Marktzugang sichert (s. o.).

Abgeordnete schreiben BAYTRIL-Brief
BAYER lässt nichts unversucht, das drohende Verbot des vor allem auf Hühnerfarmen verwendeten Antibiotikums BAYTRIL zu verhindern (siehe auch RECHT & UNBILLIG). Der Konzern engagierte den Lobbyisten Wayne Valis, um mit BeamtInnen aus dem Weißen Haus und mit FDA-Offiziellen über eine Aufhebung des geplanten BAYTRIL-Bannes zu verhandeln. Zusätzlich heuerte die Industrie-Vereinigung „Animal Health Institute“ für jährlich 75.000 Dollar den Ex-Senator Robert W. Kasten Jr. an, der seine alte Kontakte in den Dienst der BAYER-Sache stellen sollte. Als das alles nichts nutzte, tat sich der Multi im Kongress um und brachte den Republikaner Charles W. Pickering Jr. hinter sich. Unterstützt vom Lobbyisten Christopher Myrick setzte er mit 26 Kongress-Mitgliedern einen Brief an den FDA-Zuständigen Lester M. Crawford auf, in dem die PolitikerInnen die Veterinär-Antibiotika „als absolut notwendig zum Schutz der Gesundheit der Tiere“ bezeichneten, obwohl immer mehr BAYTRIL-resistente Bakterien in den Nahrungskreislauf gelangen und im menschlichen Organismus schwer behandelbare Infektionen auslösen. Die Gesundheitsbehörde reagierte schroff und teilte Pickering mit, sein Versuch, Crawford umzustimmen, stelle einen Bruch der US-Gesetze dar. „Als eine unfaire und unangebrachte Einmischung des Kongresses in ein juristisches Verfahren“ bezeichnete der Ex-FDAler Stanley Brand das Schreiben der Abgeordneten. Sein früherer Kollege Donald Kennedy sagte der Washington Post: „Ich habe während eines solchen quasi-juristischen Entscheidungsprozesses niemals solche Briefe erhalten und sollte sie auch nicht erhalten haben. Es ist schlicht ungehörig“.

PROPAGANDA & MEDIEN

Grünflächen zu Werbeflächen
Der Leverkusener Multi nutzte die über seiner ehemaligen Giftmüll-Deponie Dhünnaue errichtete Landesgartenschau ausgiebig als Werbeplattform. So veranstaltete der Konzern einen „Tag der Männergesundheit“, um für sein hinter den Umsatzerwartungen zurückbleibendes Potenzmittel LEVITRA Reklame zu machen. Zudem ließ er seine Werksfeuerwehr für ein sensationslüsternes Publikum den Ernstfall proben und gab HobbygärtnerInnen Pflegetipps inklusive Pestizidberatung. Parallel dazu stellte BAYER CROPSCIENCE im Rahmen der „Gärten des Lebens“ den so genannten Pflanzenschutzgarten vor. Angesichts von jährlich drei Millionen Pestizid-Vergiftungen wäre „Garten des Todes“ sicher ein angemessenere Bezeichnung. BAYER HEALTH CARE richtete dazu den „Gesundheitsgarten“ her - nur vor der Einrichtung eines „Gentech-Gartens“ schreckte BAYER wg. Akzeptanzproblemen zurück. Dafür bewarb der Konzern eine Veranstaltung der rheinischen WanderimkerInnen, die unter dem Motto „Gesunde Bienen für gesunden Honig“ stand, obwohl das BAYER-Pestizid GAUCHO wegen seiner bienentötenden Wirkung BienenzüchterInnen auf der ganzen Welt gegen den Agro-Riesen aufbringt.

Habemus BAYER
BAYER sponsort den Katholizismus und stellt dem im August in Köln stattfindenden Weltjugendtag Sachleistungen im Gesamtwert von ca. 400.000 Euro zur Verfügung. Der Multi erwartet einen Pilgerstrom von ca. 80.000 Menschen in Richtung BayArena. An diesem denkbar profanen Ort wollen die Gläubigen unter anderem Messfeiern abhalten. Bei dem zu erwartenden TV-Rummel und der damit einhergehenden medialen Präsenz des BAYER-Logos hat der Konzern seinen Kollektenbeitrag sicherlich gut angelegt.

Chinesische Ballon-Meisterschaft mit BAYER
Der Leverkusener Chemie-Multi nutzt alle Mittel und Wege, um den Namen BAYER im Boom-Land China bekannt zu machen. So nahm der Luftsport-Club BAYER an den „Internationalen Chinesischen Ballon-Meisterschaften“ teil und fuhr das übergroß auf dem Luft-Fahrzeug prankende BAYER-Kreuz 1.000 Kilometer durch das Reich der Mitte spazieren.

BAYER schult ApothekerInnen
Die Gesundheits„reform“ gestattet MedizinerInnen nur noch in Ausnahmefällen, rezeptfreie Arzneien zu verordnen. Aber BAYER hatte vorgesorgt und seine Werbeanstrengungen auf andere Zielgruppen verlagert. „Wir haben bereits vor fast 10 Jahren die strategische Entscheidung getroffen, uns in der Kommunikation auf den Endverbraucher und den Apotheker zu konzentrieren“, sagt Wolf-Ullrich Scherhag, der beim Konzern die Abteilung „Gesundheitspolitik“ leitet. Das Unternehmen nahm die jüngsten Entwicklungen aber zum Anlass, sich noch stärker auf die PharmazeutInnen zu konzentrieren. So kümmert sich der Pharma-Riese mit der „BayUni“ verstärkt um die konzern-konforme Fortbildung der ApothekerInnen. In Zusammenarbeit mit der „European Business School“ unterrichtet er sie in den Fächern „Kunden-Kommunikation“, „Handelsmarketing“ und natürlich besonders „Produkt-Präsentation“.

BAYER umwirbt Frauen als Kundinnen
Der Leverkusener Multi hat gemeinsam mit dem Kuratorium „Frau und gesunde Lebensführung“ eine Werbe-Offensive gestartet, um Frauen verstärkt als Kundinnen für rezeptfreie Medikamente zu gewinnen. In 2.000 Apotheken hat er Broschüren zum Thema „Frauengesundheit“ platziert. Zudem will der Konzern mit einer Umfrage die wachsende Bedeutung der Selbstmedikation statistisch belegen. „Frauentypische Bereiche, in denen die eigenverantwortliche Behandlung mittels Selbstmedikation möglich ist, sind beispielsweise Regelschmerzen, Vaginalpilz-Infektionen, Verdauungsbeschwerden und Migräne-Kopfschmerzen“, gibt die Pharma-Rundschau BAYER-Informationen wieder und vergisst nur, die dazugehörigen Produkte wie ASPIRIN, AKTREN, CANESTAN und RENNIES zu erwähnen.

BAYER betreibt Museumspädagogik
Sehr museal kommt das in Wuppertal ansässige Naturkunde-Museum Fuhlrott nicht daher. Es gibt sich „mit freundlicher Unterstützung von BAYER“ sehr gegenwartsbezogen und praxisorientiert. Der Konzern hat in dem Bau nämlich Labors eingerichtet, wo Molekular-BiologInnen des Unternehmens SchülerInnen unter anderem in DNA-Analysen unterweisen. Über die Motive dieses Engagements lässt der Leverkusener Agro-Multi kaum Zweifel aufkommen. „Wir tun das auch, um mit dem Interesse an Naturwissenschaften auch Arbeitskräfte für die Zukunft zu gewinnen“, sagt der BAYER HEALTH CARE-Leiter Bernd von der Linden.

Schulen erhalten 11.000 Euro
Schulen im Umfeld des Bitterfelder BAYER-Werkes haben vom Leverkusener Agro-Multi und anderen im Verband der Chemischen Industrie (VCI) organisierten Unternehmen insgesamt 11.000 Euro für die Anschaffung von Chemie-Lehrmitteln erhalten. Aber der Scheck kam nicht allein. „Zusätzlich legte der Chemie-Konzern eine Experimentieranleitung zur Herstellung von ASPIRIN mit bei“, schrieb die Mitteldeutsche Zeitung und gab so gründlicher Aufschluss über BAYERs Motive.

TIERE & ARZNEIEN

Immer noch BAYTRIL-Resistenzen
Im Jahr 2000 forderte die US-Gesundheitsbehörde FDA die Unternehmen BAYER und ABBOTT auf, ihre in der Massentierhaltung verwendeten Antibiotika vom Markt zurückzuziehen, weil immer mehr Bakterien gegen die Mittel Resistenzen ausbilden und - in die Nahrungskette gelangt - schwer behandelbare Krankheiten verursachen. So löst die Campylobacter-Bakterie nach Angaben eines medizinischen Instituts jährlich 2,4 Millionen Infektionen aus. Während ABBOTT sich der Entscheidung der FDA fügte, akzeptierte BAYER sie nicht. Trotzdem verzichten einige große Hühnerfarmen seitdem auf BAYTRIL. Aber die Wirkung der Tierarznei hält noch an. Selbst ein Jahr nach Absetzen des Mittels fanden ForscherInnen noch BAYTRIL-resistente Krankheitskeime in dem untersuchten Fleisch. In 33 Prozent der Proben des Hühnerzüchters TYSON wiesen sie Campylobacter-Bakterien nach, 96 Prozent davon waren gegen BAYTRIL immun. Hühner eines anderen Anbieters waren zu 19 Prozent von dem Erreger befallen, 43 Prozent davon resistent gegen das BAYER-Antibiotikum.

DRUGS & PILLS

Blind durch LEVITRA
BAYERs Potenzpille LEVITRA hat zahlreiche Nebenwirkungen. Als solche zählt eine von BAYER selbst in Auftrag gegebene Studie Kopfschmerzen, Gesichtsrötungen, Nasenschleimhaut-Entzündungen, Grippe-Symptome und Verdauungsbeschwerden auf (Ticker 1/03). Jetzt hat die US-Gesundheitsbehörde FDA auch eine Meldung über einen Fall von Blindheit nach Einnahme des Präparates gegen „erektile Dysfunktion“ bekommen. VIAGRA hat sogar schon 38 Menschen die Sehkraft geraubt.

FDA: Keine Infarkte durch ALEVE
Nach einer im Herbst 2004 vom US-amerikanischen „National Institute of Aging“ (NIA) veröffentlichten Studie steigerte BAYERs Schmerzmittel ALEVE mit dem Wirkstoff Naproxen für die ProbandInnen das Risiko, einen Herzinfarkt zu bekommen, um 50 Prozent. Die Verantwortlichen stoppten den Test sofort und informierten die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA (siehe SWB 1/05). Diese überprüfte die ALEVE-Wirkung anhand von Daten, die BAYER bereitstellte, und stufte das Medikament im Gegensatz zum NIA als sicher ein.

Nr. 3 bei rezeptfreien Pillen
Im letzten Jahr übernahm BAYER die ROCHE-Sparte mit rezeptfreien Medikamenten und gehört seither weltweit zu den drei größten Anbietern in diesem Segment. Besonders auf dem Vitamin-Sektor hat der Pharma-Riese zugelegt. Neu zum Sortiment gehören die Multivitamine BEROCCA, SANATOGEN, SUPRADYN und die Spezial-Vitamine CAL-D-VITA, ELEVIT und REDOXON. Der Leverkusener Chemie-Multi vermarktet diese Mittel gern in armen Ländern als Stärkungsmittel, was regelmäßig Proteste von Initiativen wie der BUKO PHARMAKAMPAGNE hervorruft. „Multivitamin-Präparate oder Tonika zur Prophylaxe von Mangelerscheinungen anzupreisen, ist vor dem Hintergrund chronischer Mangelernährung zynisch und spricht nicht für das Verantwortungsbewusstsein der betroffenen Firmen“, kritisiert die Gruppe.

Bald noch mehr rezeptfreie Pillen?
Mit dem Erwerb der ROCHE-Sparte ist BAYER zum weltweit drittgrößten Anbieter von rezeptfreien Medikamenten aufgestiegen. Von Vitamintabletten über Magenpillen bis zu Haarwuchsmitteln wie PRIORIN und Kosmetika reicht nun das Sortiment. Da der Markt in diesem Segment wächst, allein im ersten Quartal 2005 um sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr, plant der Konzern weitere Zukäufe. Vor allem nach Husten- und Erkältungsarzneien hält er Ausschau.

Konzentration auf dem Pillen-Markt
Seit der Gesundheits„reform“ erstatten die Krankenkassen vom Arzt verordnete rezeptfreie Medikamente nicht mehr. In der Folge brach der Markt ein. BAYER und andere große Hersteller waren allerdings die Krisengewinnler. Sie konnten sich dank großer Etats rechtzeitig auf den Wandel einstellen und ihre Werbemaßnahmen auf Apotheken und VerbraucherInnen umstellen (siehe auch PROPAGANDA & MEDIEN). Während kleinere Hersteller Einbußen von 20 Prozent hinnehmen mussten und in ihrer Existenz bedroht sind, reduzierte sich der Umsatz von BAYER & Co. im Geschäftsjahr 2004 nur um fünf Prozent - und dank der Erkältungswelle zum Jahreswechsel macht Big Pharma inzwischen schon wieder ein kräftiges Plus.

Neues Blasen-Medikament
BAYER bringt mit EMSELEX (Wirkstoff: Darifenacin) ein neues Medikament für PatientInnen mit überaktiver Blase heraus. Die Lizenz zur Vermarktung des Präparats hat der Pharma-Riese von NOVARTIS erworben.

BAYER die Nr.18
In der Liste der weltweit größten Pharma-Unternehmen nimmt BAYER den Rang 18 ein.

BAYER gesundet an Grippewelle
Der Umsatz von BAYERs Gesundheitssparte stieg im ersten Quartal 2005 um rund fünf Prozent auf 2,1 Milliarden Euro. Die Grippewelle erhöhte den Absatz von Erkältungspräparaten dermaßen, dass der Konzern sogar die starken Verluste durch den Ablauf des exklusive und entsprechend lukrative Vermarktung garantierenden Patents für das Antibiotikum CIPROBAY ausgleichen konnte.

CIPROBAY zum Inhalieren
Im Jahr 2003 lief der eine Monopol-Stellung garantierende Patentschutz für BAYERs Antibiotikum CIPROBAY aus. Die drohenden Einnahme-Verluste fing der Chemie-Multi zum Teil durch eine Umstellung der Darreichungsform oder eine geringfügige, neue Anwendungsgebiete erschließende Veränderung der Rezeptur ab. Die US-Gesundheitsbehörde FDA spielte das Recycling-Spiel jeweils mit und verlängerte das Patent bereits dreimal. Anfang 2005 kündigte der Leverkusener Multi nun wieder eine Schein-Innovation an. Er will gemeinsam mit dem US-Unternehmen NEKTAR eine CIPROBAY-Variante zum Inhalieren für Mukoviszidose-PatientInnen mit chronischer Lungenentzündung entwickeln.

GENE & KLONE

Gefährlicher Genraps
Jüngst veröffentlichte die britische Regierung die letzten Ergebnisse einer Studie über Risiken und Nebenwirkungen von Gen-Pflanzen. Die ForscherInnen legten Felder mit Herbizid-resistentem Gentech-Winterraps von BAYER und solche mit konventionellen Sorten an, zogen sie unter Pestizid-Einsatz auf und studierten die Umweltauswirkungen. Der Vergleich ging zu ungunsten des Rapses made in Leverkusen aus. Die Ackergifte auf den Genfeldern vernichteten Pflanzen, die Vögeln und Insekten als Nahrung dienen, und schränkten so die Biodiversität ein. Darüber hinaus kam es zu einem vermehrten Unkraut-Wuchs, der wiederum mehr Pestizide nötig machte. Der Agro-Multi zog die Konsequenzen. Er wollte auf einen Anbau des Winterrapses innerhalb der Europäischen Gemeinschaft verzichten und ihn lediglich noch in die EU-Region importieren. Brüssel jedoch akzeptierte eine entsprechende Änderung des Zulassungsantrages nicht. Eine endgültige Entscheidung fällt im Jahr 2006.

Gen-Pflanzen: Umsatzanteil 5 %
Im Geschäftsjahr 2004 betrug der Jahresumsatz von BAYER CROPSCIENCE 5,9 Milliarden Euro. Das Geschäft mit der Gentechnik hatte daran einen Anteil von fünf Prozent. Ca. 300 Millionen Euro spülte es in die Kassen.

Gentech-Boom in Brasilien
Brasiliens Präsident Lula da Silva hat im Jahr 2003 grünes Licht für die „Grüne Gentechnik“ gegeben. BAYER nahm die Einladung dankend an und pflanzt in dem südamerikanischen Land nun genmanipulierte Baumwoll-, Raps- und Reissorten an.

BIOGENIUS in Monheim
BAYERs „Start-Up-Initiative“ hat sich zum Ziel gesetzt, junge Biotech-Unternehmen zu unterstützen, um später von ihren Entwicklungen zu profitieren. Zu solchen Förderkandidaten zählt BIOGENIUS, das sich jetzt im Monheimer Chemie„park“ angesiedelt hat. Die Firma testet Haushaltsinsektizide gemäß der Biozid-Richtlinie der EU, übernimmt aber auch die Entwicklung von Mücken-Sprays und anderen Haushaltsgiften bis zur Marktreife, was beim Leverkusener Pestizid-Multi Outsourcing-Fantasien nähren könnte.

Kooperation mit ICON
BAYER CROPSCIENCE hat eine Zusammenarbeit mit ICON GENETICS vereinbart. Das Biotech-Unternehmen mit Firmensitzen in Halle und München will für den Agro-Multi pflanzliche Proteine finden, die in der Medikamenten-Produktion einsetzbar sind.

3. Testphase für Hautkrebs-Mittel
Der gemeinsam von BAYER und ONYX gentechnisch entwickelte Wirkstoff Sorafenib hat als Präparat zur Behandlung von Hautkrebs die Phase III der Erprobung erreicht. Gemeinsam mit den Chemotherapeutika Carboplatin und Paclitaxel soll BAY 43-9006 das Wachstum von Melanomen hemmen. Parallel dazu testen WissenschaftlerInnen die Substanz als Mittel gegen Nieren- und Leberkrebs.

BAYER sucht das Infarkt-Gen
BAYER, der „Herz-Kreislauf-Verbund Nordrhein-Westfalen“ und WissenschaftlerInnen der Universität Münster wollen die DNA von Herzinfarkt-PatientInnen mit der von gesunden Menschen vergleichen und so Aufschluss über eine etwaige genetische Veranlagung für Kreislauferkrankungen gewinnen. Ein absurdes Vorhaben, da die medizinische Fachwelt übereinstimmend eine ungesunde Lebensweise als Hauptrisikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall ausgemacht hat. Davon hat auch der Institutsdirektor Professor Gerd Assmann gehört. Diesen Zusammenhang hält er aber für genügend erforscht, ihn interessiert die Suche nach dem Herzinfarkt-Gen. „Was uns in den nächsten Jahre umtreiben wird, ist der Versuch, die genetische Disposition besser zu verstehen“, so der Arzt

SAATGUT & LANDWIRTSCHAFT

Neuer Raps von BAYER
BAYER CROPSCIENCE hat eine Zusammenarbeit mit dem US-Unternehmen CARGILL vereinbart. Die Konzerne wollen gemeinsam eine neue Rapssorte herstellen und vermarkten. BAYER stellt das Hybrid-Saatgut für eine Rapsart mit weniger gesättigten Fettsäuren her, CARGILL macht daraus Öl und verkauft es der Lebensmittel-Industrie. Darüber hinaus einigten sich die Geschäftspartner darauf, künftig gemeinsam Forschungsanstrengungen in Sachen Rapsöl zu unternehmen.

WASSER, BODEN & LUFT

Weitere Chrom-Untersuchungen
Das Grundwasser in der Umgebung des im südafrikanischen Durban gelegenen BAYER-Werks ist stark durch Krebs erregende Chrom-Verbindungen belastet (siehe auch SWB 4/04). Später fanden WissenschaftlerInnen das durch den Julia-Roberts-Film „Erin Brockovich“ berühmt-berüchtigte Chrom 6 auch in unmittelbarer Nähe von Wohnhäusern. Die Initiative SOUTH DURBAN ENVIRONMENTAL ALLIANCE forderte daraufhin flächendeckende Untersuchungen der DurbanerInnen, die im Umkreis der mittlerweile zu LANXESS gehörenden Niederlassung leben. Die Stadtverwaltung gab sie auch in Auftrag und will die Kosten dem Chemie-Unternehmen in Rechnung stellen.
In der unmittelbaren Nachbarschaft des Werkes geht die Angst um. „Wir leben auf Abruf. So sehe ich es. Wir wissen eben nicht, ob wir betroffen sind“, sagte Anil Ramlukan der südafrikanischen Sonntagszeitung The Times. Und Babs Govender erzählte dem Reporter: „Wir sind besorgt. Wir wissen nicht, ob das Chrom in unser Trinkwasser gelangt ist“. Der Konzern hingegen beschwichtigt. Wenn Personen nicht unmittelbar mit dem verseuchten Wasser in Verbindung gekommen sind, besteht keine Gesundheitsgefahr, so ein Sprecher. Zudem versucht die Firmenleitung sich der Verantwortung zu entziehen, indem sie auf angebliche Chrom-Belastungen weit vor der Zeit von BAYER/LANXESS verweist.

Marode Abwasser-Kanäle
Die Abwasser-Kanäle auf dem Gelände des BAYER-Chemie„parks“ Leverkusen entsprachen nicht mehr den heutigen Anforderungen. Der Konzern musste 7,5 Millionen Euro in die Sanierung investieren.

Weniger Quecksilber in der EU?
Die EU plant, der Industrie Auflagen zur Reduzierung ihrer Quecksilber-Emissionen zu machen. BAYER leitet jährlich 33 Kilogramm des Schwermetalls, das massive Schädigungen des Nervensystems hervorrufen kann, in die Gewässer ein.

Noch mehr Giftmüll in Dormagen
BAYER betreibt die Abfall-Entsorgung mittlerweile als Geschäft und nimmt auch Fremdaufträge für die Deponien in Krefeld und Rheinfeld bei Dormagen an. So hat der Leverkusener Multi im Auftrag des „Altlastensanierungs- und Altlastenaufbereitungsverbands Nordrhein-Westfalen“ (AVV) im Februar 2005 ca. 30.000 Tonnen belasteter Böden und Schlacken nach Rheinberg gebracht und die AnwohnerInnen wohlweislich schon vorher vor Geruchsbelästigungen beim Einlagern gewarnt.

BAYER wirbelt Staub auf
Durch die neue EU-Richtlinie gerieten die durch Feinstäube ausgelösten Gesundheitsschädigungen in das Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit. In der Diskussion über die Ursachen für die Besorgnis erregenden Werte spielten BAYER & Co. jedoch kaum eine Rolle, die Emissionen wurden hauptsächlich dem Autoverkehr angelastet. Dabei bliesen die BAYER-Werke allein im Jahr 2000 ca. 1.900 Tonnen Feinstäube in die Luft.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Nr. 2 bei Pestiziden
BAYER war im Geschäftsjahr 2004 mit einem Umsatz von 7,30 Milliarden Dollar der weltweit zweigrößte Pestizidanbieter. Der Branchenführer SYNGENTA nahm 7,46 Milliarden ein.

GAUCHO vergiftet afrikanische Bienen
Eine Insekten-Plage führte in verschiedenen afrikanischen Ländern zu einem Großeinsatz von BAYERs berühmt-berüchtigtem Ackergift GAUCHO. In der Folge setzte ein massives Bienensterben ein. Besonders marokkanische ImkerInnen erlitten herbe Verluste. GAUCHO „hat Millionen Bienen getötet und die überlebenden so geschädigt, dass sie keinen Honig mehr produzieren“, klagt ein Bienenzüchter. UmweltschützerInnen befürchten auch eine Schädigung des Grundwassers durch das schwer abbaubare Insektizid, das in Frankreich wegen seiner „Nebenwirkungen“ nur noch für ganz bestimmte Anwendungen zugelassen ist.

Bienensterben in Zypern
In Zypern leiden BienenzüchterInnen unter einer Dezimierung ihrer Bestände durch das BAYER-Pestizid GAUCHO. Der EUROPÄISCHE IMKERBUND hat zur Beratung der ImkerInnen eine Delegation auf die Insel entsandt.

Noch mehr GAUCHO
Im Jahr 2006 läuft der Patentschutz für den bienentötenden GAUCHO-Wirkstoff Imidacloprid aus. Um drohende Umsatzrückgänge bei dem weltweit meistverkauftesten Insektizid auszugleichen, hat BAYER CROPSCIENCE mit dem israelischen Konzern MAKHTESHIM und dem dänischen Unternehmen CHEMINOVA, die beide GAUCHO-Nachahmerprodukte herstellen wollen, Verträge über Lieferungen der Wirksubstanz abgeschlossen. CROPSCIENCE-Chef Friedrich Berschauer rechnet aber trotz Endes der lukrativen Exklusivvermarktung von Imidacloprid weiter mit guten GAUCHO-Geschäften. „Patentfreie Kopien haben im Pflanzenschutz nicht so viel Bedeutung wie bei Arzneimitteln“, so Berschauer

Neues Anti-Pilzmittel
Der Fungizid-Markt boomt. Deshalb bringt BAYER in diesem Jahr das neue Anti-Pilzmittel PROSARO mit dem Wirkstoff Prothioconazole heraus.

BAYER berät LandwirtInnen
BAYER CROPSCIENCE will künftig mit der Einbecker HOFKONTOR AG bei der Beratung von LandwirtInnen in Sachen „Pestizid-Einsatz“ kooperieren. „Wir bieten dem Landwirt nicht nur Pflanzenschutzmittel an, sondern eine individuelle Beratung für diese Produkte, die individuell auf die Struktur seines Betriebes zugeschnitten sind“, erläutert BAYER CROPSCIENCE-Marketingleiter Ulrich Triebel. Besonders durch die verstärkte Tendenz zu Agrar-Großbetrieben und den damit verbundenen Rationalisierungsoffensiven sieht er die Chancen für „Gift nach Maß“ steigen. Da BAYERs Partner zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe berät, dürfte der Deal dem Konzern auch eine lukrative Monopolstellung im Segment „Pestizide“ bei den HOFKONTOR-KundInnen bescheren.

Holzgifte und kein Ende
BAYERs Tochter-Firma DESOWAG hat bis Mitte der 80er Jahre „Holzschutzmittel“ wie XYLADECOR produziert, die Gesundheitsschädigungen bei 200.000 Menschen verursachten. Erst als Giftopfer den Leverkusener Multi und andere Hersteller im so genannten Holzgifte-Prozess - dem größten Umwelt-Strafverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik - verklagten, trennte das Unternehmen sich von der DESOWAG. Aber immer noch erhält die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) Briefe von Holzgifte-Geschädigten oder deren Anwälten mit Bitten um Unterstützung.

PLASTE & ELASTE

Nr. 48 bei Autozulieferern
In der Rangliste der 100 weltgrößten Autoindustrie-Zulieferer nimmt BAYER MATERIAL SCIENCE die Position 48 ein. 25 Prozent ihres Umsatzes bestreitet die Teilgesellschaft des Konzerns mit VW & Co. Sie beliefert die Autobauer hauptsächlich mit Kunststoff-Produkten und Lacken.

Bisphenol A in Baby-Trinkflaschen
Viele Baby-Trinkflaschen bestehen aus dem auch von BAYER hergestellten Kunststoff Polycarbonat, der wiederum den Weichmacher Bisphenol A enthält. Bisphenol A gleicht in Aufbau und Wirkungsweise menschlichen Hormonen, was zu Fehlreaktionen des menschlichen Organismus führen kann. Die Nachricht, dass WissenschaftlerInnen im Inhalt von Baby-Trinkflaschen Spuren des Weichmachers nachgewiesen haben, alarmierte deshalb die Öffentlichkeit. Einige Hersteller stiegen daraufhin sofort auf ein anderes Material zur Produktion der Flaschen um.

Krebs durch Bisphenol A
Nach neuen Untersuchungen kann das in BAYER-Kunststoffen wie MAKROLON enthaltene Bisphenol A Prostatakrebs verursachen.

NANO & Co.

Kontaktlinsen von BAYER
Die Firma PLASMA-CHEM hat Kontaktlinsen entwickelt, die sechs Monate lang im Auge bleiben können. Die mikroskopisch kleine Werkstoffe verarbeitende Nanotechnik hat ihre Silicium-Oberflächen für Sauerstoff durchlässig gemacht, was Verschmutzungen verhindern soll. Für die Herstellung und Vermarktung der Linsen hat PLASMA-CHEM gemeinsam mit BAYER das Unternehmen LENSWISTA gegründet. UmweltschützerInnen warnen vor der Nanotechnologie, weil bei der Fertigung der winzigen Substanzen ebenso winzige Stäube entstehen, die alle Filter-Anlagen passierend in die Luft vordringen und über die Atemwege auch leicht in den menschlichen Organismus gelangen und Gesundheitsschäden verursachen können.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Lösemittel schädigen die Ohren
Im Jahr 2000 hatten ForscherInnen der Universität Toronto entdeckt, dass werdende Mütter, die während der ersten drei Monate ihrer Schwangerschaft an ihrem Arbeitsplatz mit organischen Lösemitteln wie Aceton, Phenol oder Trichlorethylen in Kontakt gekommen waren, überdurchschnittlich oft taube Kinder gebären (Ticker 1/00). Neuere arbeitsmedizinische Untersuchungen bestätigen jetzt die Gefährlichkeit von Lösemitteln für die Ohren. Toluol und Styrol, die bei BAYER in der Pestizid- und Kunststoff-Produktion Verwendungen finden, sowie Trichlorethylen und Ethylbenzol stehen den Studien zufolge im Zusammenhang mit Hörschädigungen. Ein besonderes Risiko tragen Beschäftigte, die am Arbeitsplatz nicht nur den Chemikalien, sondern zusätzlich noch Lärm ausgesetzt sind, was beim Leverkusener Multi oft der Fall sein dürfte. So weist der Konzern im „Sustainable Development“-Bericht für das Jahr 2000 die Zahl von 130 „anerkannten“ Berufskrankheiten aus und nennt als Auslöser neben Asbest vor allem Lärmexpositionen. Die Berliner Arbeitsmedizinerin Gisela Fox forderte nach Veröffentlichung der Forschungsarbeit: „Dem potenziellen Risiko chemisch induzierten Hörverlustes muss generell mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden“ und tritt unter anderem für Forschungsprojekte zur Bestimmung angemessener Grenzwerte ein.

STANDORTE & PRODUKTION

BAYER zahlt Gewerbesteuer
Wider Erwarten zahlt BAYER nun doch Gewerbesteuer an die Stadt Leverkusen. Aber nicht die im Geschäftsjahr 2004 rasant gestiegenen Umsätze und Gewinne veranlassten die Multi dazu, sondern eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt. Die BeamtInnen entdeckten in den Büchern nämlich so manchen nicht ganz legalen Steuertrick und zwangen den Konzern damit zur Nachzahlung eines zweistelligen Millionen-Betrages.

LINDE liefert Industriegase
BAYER-Aufsichtsratschef Manfred Schneider sitzt auch dem LINDE-Kontrollgremium vor. Das scheint den Geschäftsbeziehungen gut getan zu haben. Der Agro-Riese gab LINDE nämlich den Zuschlag, den Konzern langfristig mit den Industriegasen Wasserstoff und Kohlenmonoxid zu beliefern, die der Leverkusener Multi zur Fertigung von Lack, Klebstoffrohstoffen und Vorprodukten des Kunststoffs Polyurethan benötigt. LINDE baut zur Produktion der Gase auf dem Gelände des Dormagener Chemie„parks“ für 60 Millionen Euro eine Anlage, die im Herbst 2005 ihren Betrieb aufnehmen soll.

LANXESS hält BIS-Anteile
Auch nach dem Rückkauf der Wandelanleihe (siehe IMPERIUM & WELTMARKT) gibt es noch Beziehungen zwischen dem Leverkusener Multi und seiner Chemie-Abspaltung LANXESS. So hält das neugründete Unternehmen an den bundesdeuschen Standorten Anteile an BAYERs Chemie„park“-Betreibergesellschaft BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS), in Dormagen etwa belaufen sie sich auf 40 Prozent.

Produktionsverlagerung nach China
BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS demontiert in Houston eine Anlage zur Herstellung der Chemikalie Hydrazinhydrat und in Leverkusen eine zur Hydrazinhydrat-Weiterverarbeitung, um sie in China wiederaufzubauen. Wieviele Arbeitsplätze der Konzern so an den alten Standorten vernichtet, gab er nicht bekannt.

IMPERIUM & WELTMARKT

LANXESS: BAYER lässt los
Im Juni 2005 hat BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS die vom Konzern zur Verfügung gestellte Wandelanleihe in Höhe von 200 Millionen Euro zurückerworben. Das Bankhaus MORGAN STANLEY verkaufte sie in Form von Aktien an institutionelle Anleger weiter und stockte damit das Grundkapital des neuen Unternehmens beträchtlich auf, das sich durch diese Transaktion finanziell von BAYER abgekoppelt hat.

Kooperation mit HOFKONTOR
BAYER CROPSCIENCE will künftig mit der Einbecker HOFKONTOR AG bei der Beratung von LandwirtInnen in Sachen „Pestizid-Einsatz“ kooperieren (siehe auch PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE).

BAYER kauft ZEPTOSENS
BAYER TECHNOLOGY SERVICES hat von NOVARTIS das Schweizer Unternehmen ZEPTOSENS erworben, das Analyse-Verfahren für die Biotechnologie entwickelt.

BAYER baut für WACKER
Der österreichische Chemie-Konzern WACKER gab BAYER TECHNOLOGY SERVICES (BTS) den 10 Millionen Euro schweren Auftrag, in Shanghai eine Trocknungsanlage für Pulver aus Polymer-Kunststoff zu bauen.

BAYER liefert Chloranlage

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BAYER TECHNOLOGY SERVICES (BTS) baut für ein chinesisches Unternehmen eine Chlortrocknungsanlage in der Volksrepublik. „Chlor ist für die chemische Industrie so wichtig wie Strom für Rechner“, sagt BTS-Sprecher Arnold Rajathurai. Für UmweltschützerInnen hingegen ist die hoch giftige, nur schwer abbaubare Substanz eine der gefährlichsten Chemikalien überhaupt.

BAYER liefert Chloranlage

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BAYER TECHNOLOGY SERVICES (BTS) baut für das Unternehmen BORSODCHEM in Ungarn eine Chlortrocknungsanlage.

BAYER baut in Kasachstan mit
BAYER TECHNOLOGY SERVICES (BTS) beteiligt sich in Kastachstan am Bau einer Bioethanol-Anlage.

Rapsöl-Kooperation mit CARGILL
BAYER CROPSCIENCE hat eine Zusammenarbeit mit dem US-Unternehmen CARGILL vereinbart. Die Konzerne wollen gemeinsam eine neue Rapssorte herstellen und vermarkten (siehe auch GENE & KLONE).

CIPROBAY-Kooperation mit NEKTAR
BAYER will Ciprofloxacin, den Wirkstoff des Antibiotikums CIPROBAY, künftig auch zum Inhalieren anbieten und beauftragte das US-Unternehmen NEKTAR mit der Herstellung des Trockenpulvers und des Inhalationssystems.

Zusammenarbeit mit TEIJIN
BAYER verstärkt die Zusammenarbeit mit dem japanischen Unternehmen TEIIJIN Ltd, mit dem der Konzern im Jahr 2004 bereits das Joint Venture TEIJIN-BAYER POLYTEC Ltd. gegründet hat. Die beiden Unternehmen vereinbarten, sich gegenseitig mit Polycarbonaten zu beliefern. TEIJIN erhält MAKROLON und der Leverkusener Multi im Gegenzug dafür PANLITE.

BAYER wächst in China
Der Leverkusener Multi erwartet Profitsteigerungen in China. Besonders durch die prosperierende Auto-, Bau- und Elektronikindustrie rechnet BAYERs China-Chef Jürgen Dahmer mit Zuwächsen. Auch im Gesundheits- und Agrarsektor erhöhen sich Dahmer zufolge die Marktchancen für Konzern-Produkte. Bislang erwirtschaftete der Global Player mit seinen 17 Niederlassungen in China, Taiwan und Hongkong einen Umsatz von 1,1 Milliarden Euro. Davon entfi