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Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”

[Plastikmüll] STICHWORT BAYER 02/2015

CBG Redaktion

BAYERs Umweltsünden

Ein Meer von Plastik

Immer mehr Plastik-Abfälle gelangen in die Weltmeere, bilden dort riesige Müllteppiche und bedrohen das aquatische Ökosystem. Als einer der weltgrößten Kunststoff-Produzenten trägt BAYER maßgeblich zu diesem Umweltverbrechen bei.

Auf dem Pazifischen Ozean treibt ein Müllteppich, dessen Ausmaße diejenigen Indiens übertreffen. „Gewebt“ vor allem aus Kunststoff-Abfällen, die unterschiedlichen Meeres-Strömungen zusammengetrieben haben, erstreckt er sich auf einer Fläche von 3,4 Millionen Quadratkilometern.
Durch die Hinterlassenschaften menschlicher Zivilisation in den Meeren hat sich sogar schon eine neue Gesteinsart gebildet. „Plastiglomerate“ nennen GeologInnen die Gebilde aus Plaste & Elaste, Lava, Korallen-Teilen und Sand, wobei die Plastik-Komponenten oft noch Spuren ihres Vorlebens als Zahnbürste, Besteck oder Schnüre erkennen lassen. Aber nicht nur toter Materie rücken die Industrie-Produkte zu Leibe. Im Jahr 2012 wurde an der Südküste Spaniens ein lebloser Pottwal angespült, in dessen Magen sich unter anderem 30 Quadratmeter Kunststoff-Folie, viereinhalb Meter Schlauch, eine Leine, diverse Tüten und ein Kleiderbügel befanden. Schätzungen zufolge sterben jedes Jahr bis zu 100.000 Meeressäuger an einer Überdosis Plastik. Auch See-Vögel verenden auf diese Weise. In 90 Prozent der Kadaver fanden WissenschaftlerInnen Zivilisationsmüll dieser Art.
Eine besondere Bedrohung stellen Kleinst-Partikel dar, die entweder schon so winzig in die Meere gelangt sind oder dort zermahlen wurden. Das Mikroplastik enthält nämlich nicht nur selbst Giftstoffe, es wirkt auch wie ein Magnet auf andere, denn seine wasserabweisende und fettlösliche Oberfläche lockt Schadstoffe wie Polychlorierte Biphenyle (PCB), Pestizide, Medikamenten-Rückstände, Quecksilber, Blei oder Chrom an.

Plastik im Fisch
Was die Teilchen in Muscheln anrichten, haben die Meeresbiologin Angela Köhler und ihre KollegInnen vom Alfred-Wegener-Institut untersucht. Die Kunststoff-Fragmente reichern sich im Magen und in der Leber an, bevor die Zellen sie wieder abstoßen. Erst an ihrem neuen Ort schlagen sie dann so richtig zu. „Das Interessante, was wir da gesehen haben, ist, dass diese entsorgten Plastik-Partikelchen im Umgebungsgewebe ganz extreme Entzündungsreaktionen auslösen und es zu einer Bildung bindegewebiger Kapseln kommt, um diese Fremdkörper einzuschließen. Die pathologischen Phänomene, die erinnern uns auch sehr an das, was man im Menschen als die Anfänge von Asbestosis beschrieben findet“, berichtet die Wissenschaftlerin. Der Ökotoxikologe Stephan Pflugmacher-Lima, der an der Technischen Universität Berlin ebenfalls Muschel-Experimente durchgeführt hat, warnt deshalb: „Mikroplastik stellt auch für den Menschen eine Gefahr dar.“ Zumal schon Mikroorganismen wie Zoo-Plankton die Stoffe aufnehmen und in die marine Nahrungskette einspeisen, von wo aus diese auch in die humane geraten können.
Die Abwasser-Reinigung ist nicht in der Lage, den Eintrag der Substanzen in die Gewässer zu verhindern. Das Alfred-Wegener-Institut überprüfte das gesäuberte Wasser von zwölf Kläranlagen in Norddeutschland und wies darin 86 bis 714 Mikroplastik-Fragmente pro Kubikmeter nach. Dazu kamen dann noch 98 bis 1.479 Kunststofffaser-Reste, die meistens von Fleece-Pullovern herrührten. Nur das Klärwerk, das über einen Tuchfilter verfügte, vermochte die Einträge weitgehend zu stoppen. So strömen dann allein von diesen Anlagen aus über die Flüsse rund zwölf Milliarden Plaste-Partikel und -Fasern pro Jahr in die Nordsee.
Und zu allem Übel gelangen die Kunststoffe nicht nur in die Gewässer. Der bei den Reinigungsprozessen anfallende Klärschlamm absorbiert ebenfalls Mikroplastik – und gibt es in seinem späteren Leben als Brennstoff oder Dünger auch nicht zu knapp wieder ab. Von den 1,2 bis 5,7 Milliarden Teilchen, welche die Klärschlamm-Jahresproduktion allein der Wasseraufbereitungsbetriebe Brake, Varel, Oldenburg, Scharrel, Holdorf und Schillig enthält, emittiert so ein ansehnlicher Scherflein wieder in die Umwelt, mit entsprechenden Konsequenzen für die menschliche Ernährung. In Bier, Milch, Mineralwasser und Honig stießen die Wissenschaftler schon auf Kunststoff-Spuren.
Die meisten Rückstände finden sich allerdings in Fischen, denn die Ozeane müssen Unmengen von Mikro- und Makroplastik aufnehmen und haben schwer daran zu schlucken – der Abbau-Prozess kann bis zu 500 Jahre dauern. Die US-amerikanische Umweltingenieurin Jenna Jambeck und ihr Team haben nur die in Küstennähe eingeleiteten Frachten näher untersucht und taxieren die jährlich in die Meere fließenden „Plaste & Elaste“-Abfälle auf bis zu 12,7 Millionen Tonnen. Nach Berechnungen der UNO-Umweltagentur UNEP tummeln sich dort in toto schon 142 Millionen Tonnen Kunststoffe. Der Bundesregierung zufolge haben diese chemischen Substanzen am gesamten Meeresmüll-Aufkommen einen Anteil von 75 Prozent. „Wenn wir uns den marinen Bereich anschauen, dann geht das dort, denke ich mal, schon in Richtung Desaster“, sagt Stephan Pflugmacher.

Mikroplastik von BAYER
Ein Großteil der Plastik-Abfälle gelangte erst in den letzten Jahrzehnten in die Gewässer. Betrug die globale Jahresproduktion Mitte der 1950er Jahre noch ca. 1,5 Millionen Tonnen, stellen die Konzerne jetzt bereits 280 Millionen Tonnen her. BAYER leistet einen gehörigen Beitrag zu diesem Kunststoff-Berg. Einige Substanzen, wie das Polycarbonat und das TDI, entstammen sogar den Laboren des Leverkusener Multis. Entsprechend rund laufen die Geschäfte mit den Konzern-Erfindungen. Bei Polycarbonaten und MDI, das bei der Produktion von Hartschaumstoffen Verwendung findet, ist der Leverkusener Multi weltweit der größte Hersteller. Bei TDI kommt er auf einen Marktanteil auf rund 25 Prozent.
Und selbstverständlich hat das Unternehmen auch Mikroplastik im Angebot. So hält es etwa für die Kosmetik-Industrie Produkte der BAYCUSAN-Reihe bereit. In Haarpflege- und Haarstyling-Mitteln, Lotions, Sonnen- und Hautcremes, Wimperntusche und anderen Schmink-Utensilien kommen die Polyurethane (PUR) zum Einsatz. Das Polyurethane-32 etwa soll dafür sorgen, dass sich Gesichtsmasken besser ablösen lassen. Das Polyurethane-34 und das Polyurethane-48 versprechen laut BAYER exzellenten Locken-Halt sowie hohen Glanz, während das Polyurethan-35 Kosmetika angeblich zu einer sehr guten Wasserbeständigkeit verhilft und ihnen „ein natürliches Hautgefühl“ verleiht. Der Leverkusener Multi hat den Schönheitsmarkt erst vor relativ kurzer Zeit entdeckt, sich aber zum Ziel gesetzt, in diesem Jahr die Top-Position bei den Mikroplastik-Zulieferern einzunehmen. „Wir wollen uns bis 2015 den Hauptanteil der PUR-Technologie sichern. Als Newcomer muss man in dieser hart umkämpften Branche forsch auftreten“, hieß es 2009 zum Produktionsstart von BAYCUSAN.
Aber auch auf anderen Feldern kommen die Mini-Kunststoffe des Konzerns noch zum Einsatz. So setzt er etwa einigen Medikamenten wie dem Bluthochdruckmittel ADALAT oder dem Kontrazeptivum JAYDESS Polyethyle zu, um eine kontrollierte, sich auf einen längeren Zeitraum erstreckende Wirkstoff-Abgabe zu ermöglichen. In der Knochenabbau entgegenwirkenden Arznei BONEFOS erfüllt Polyvinyl-Alkohol diese Funktion. Arznei-Verpackungen mischt der Multi ebenfalls Mikroplastik wie Polypropylen bei. Zudem stellt er Moskito-Netze her, die aus insektizid-haltigen Polypropylen-Fasern bestehen. Darüber hinaus enthalten viele Lackrohstoffe des Unternehmens die kleinen Kunststoff-Partikel. So findet sich dann Mikroplastik made by BAYER in vielen Meeren wieder, wo sie dann zusammen mit den Kleinstkunststoff-Hinterlassenschaften aus Reifen, Fleece-Pullovern, Fischernetzen, Zahnpasten und Seifen ihr Unwesen treiben. Und zu allem Überfluss beschränken sich die Einleitungen des Leverkusener Multis in die Gewässer nicht auf Plaste & Elaste aller Gewichtsklassen. Auch mit Pestizid-Wirkstoffen, Schwermetallen, organisch gebundenen Kohlenstoffen, Phospor, Stickstoff und anderen Substanzen setzt er ihnen zu.

Politik bleibt untätig
Trotzdem hat BAYER von Seiten der Politik nicht viel zu befürchten. CDU und SPD bekennen im Koalitionsvertrag zwar: „Wir werden die EU-Kommission beim Kampf gegen die Vermüllung der Meere unterstützen, insbesondere beim Vorgehen gegen Plastik-Einträge“, aber wehtun möchten sie den Unternehmen dabei nicht. Als die Grünen in einer kleinen Anfrage zum Thema „Wirksamer Meeresschutz“ von der Bundesregierung wissen wollten, welchen Beitrag die Kunststoff-Industrie nach Meinung der Großen Koalition leisten müsse, um das in der Meeres-Rahmenrichtlinie der Europäischen Union formulierte Ziel einer Abfall-Reduktion erreichen zu können, blieben CDU und SPD die Antwort schuldig.
Die Kosmetik-Industrie will Berlin ebenfalls nicht in die Pflicht nehmen; gesetzliche Maßnahmen in Sachen „Mikroplastik“ bleiben ihr erspart. Stattdessen beabsichtigen Merkel & Co., die Hersteller in einem Dialog zu einem freiwilligen Verzicht auf die umstrittenen Substanzen zu bewegen. Das Übrige regelt aus ihrer Sicht das Kreislaufwirtschaftsgesetz mit seinen Recycling-Vorschriften. Der Umgang mit Industrie-Produkten am Ende ihres Lebenszyklusses ist in den Augen der Bundesregierung nämlich „ein weiterer wichtiger Aspekt für den Meeresschutz“. Dass der Kunststoff-Kreis bei all dem Plaste-Müll, der allein aus deutschen Landen in die Ozeane treibt, nicht allzu rund sein kann, ficht Christ- und SozialdemokratInnen dabei nicht an. Ein Rückbau der Plastikwelt, mehr Müll-Vermeidung oder wenigstens eine Vorschrift zur obligatorischen Ausstattung von Klärwerken mit Tuchfiltern steht nicht auf ihrer Agenda.
Unterlassungssünden bescheinigt der Bundesrepublik auch die EU. Den Bericht der Bundesregierung über den Zustand der Nordsee, der als Handlungsgrundlage für einen besseren Schutz der Meere dienen sollte, bezeichnete die Europäische Kommission als nicht ambitioniert genug. Eine Schutzgebietsverordnung für dieses Meer gemäß der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie haben die GroßkoalitionärInnen ebenfalls noch nicht erlassen, weshalb Brüssel zur Zeit ein Vertragsverletzungsverfahren prüft.
Der einzige Sektor, der sich unter Schwarz-Rot auf neue Regularien einstellen muss, ist die Landwirtschaft. Hier planen die beiden Parteien, das Düngen mit Klärschlamm zu verbieten. Ansonsten verweisen sie in ihrer Antwort auf die kleine Anfrage der Grünen bloß noch auf ihre Mitwirkung an den Meeresschutz-Übereinkommen „Ospar“ und „Helcom“. In deren Rahmen haben die Länder zwar schon Aktionspläne verabschiedet, aber rechtlich verbindliche Vorschriften enthalten die Schriftstücke nicht. Zum Mikroplastik-Eintrag in die Meere heißt es vage, er „soll verhindert werden“, die Produktion nachhaltigeren Kunststoffes schlagen die Vertragsparteien lediglich vor, und die Reinigung von Stränden, des Meereswassers und des Meeresbodens ist gar nur „angedacht“.
So dürfte „die neueste globale Gefahr unserer Zeit“, als die der Ozeanograf Charles J. Moore die Kunststoff-Belastung der Weltmeere bezeichnet, kaum zu bannen sein. Eine Fortsetzung des Kurses „in Richtung Desaster“ scheint deshalb vorprogrammiert, sollte nicht eine breite Gegenbewegung entstehen, wie es sie Anfang der 1980er Jahre schon einmal gab. Damals unternahmen COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN, GREENPEACE und andere Initiativen spektakuläre Aktionen gegen die Verklappung von Dünnsäure in der Nordsee, was 1990 schließlich auch dazu führte, BAYER & Co. diesen Entsorgungsweg zu untersagen. Von Jan Pehrke

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Mirena

CBG Redaktion

28. Februar 2015

Nebenwirkungen der Hormonspirale MIRENA

Radiofeature des BR: http://bit.ly/1CieErI

Der Bayrische Rundfunk informiert heute in einem 50-minütigen Radiofeature über die Risiken der Hormonspirale MIRENA. In der Sendung kommt Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren zu Wort.

Die Broschüren von BAYER behaupten, die Spirale wirke lediglich „lokal in der Gebärmutter“. Auch kommen in dem Feature Frauenärzte zu Wort, die diese Aussagen wiederholen: es komme zu keinen Nebenwirkungen, da die MIRENA keine Hormonbelastung verursache. Tatsächlich aber zeigen unabhängige Studien, dass die Hormonkonzentration im Blutserum vergleichbar ist mit der von Nutzerinnen der Antibaby-Pille.

Der Beitrag des BR erläutert, dass die Entlastungs-Studien für MIRENA zu den Themen Brustkrebs und Uterus-Perforationen ausgerechnet vom Berliner ZEG-Institut durchgeführt wurden. Das ZEG-Institut wird von ehemaligen Schering-Mitarbeitern geleitet (Schering gehört heute zu BAYER). Von einer unabhängigen Evaluation kann also keine Rede sein.

Eine in der Fachzeitschrift Gynecological Endocrinology veröffentlichte Studie zeigt, dass bis zu 60% aller MIRENA-Benutzerinnen die Anwendung vorzeitig abbrechen. Häufigster Grund sind die – oft schweren - Nebenwirkungen. Der Autor der Studie, der britische Frauenarzt Dr. Ayman A. Ewies, fordert alle Gynäkologen auf, Frauen rechtzeitig auf die Risiken hinzuweisen, da dies von BAYER nicht gewährleistet werde.

Hier findet sich das Skript. Gerne senden wir den Beitrag auch als Podcast zu. Email an Info(at)CBGnetwork.org

=> Schleichwerbung für Mirena: CBG stellt Strafanzeige

=> die in der Zeitschrift Gynecological Endocrinology veröffentlichte Studie sowie ein Erfahrungsbericht

=> BAYER-Hauptversammlung: Reden von Geschädigten 2012 und 2014

=> Strafzahlung für verharmlosende MIRENA-Werbung

=> website Risiko Hormonspirale

=> USA: Werbe-Verbot der Aufsichtsbehörde FDA sowie eine Petition von Betroffenen

Bienensterben

CBG Redaktion

23. Februar 2015

Bienensterben durch Pestizide

BAYER: Einschüchterung von Umweltgruppen vor Gericht

Am Düsseldorfer Landgericht wurde heute die Frage verhandelt, ob der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) seine Aussage wiederholen darf, zwei von BAYER hergestellte Pestizide seien für Bienen gefährlich. Das Gericht will am 11. März eine Entscheidung verkünden. Die Richterin ließ durchblicken, dass die Ansicht des BUND als zulässige Meinungsäußerung gewertet wird, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht.

Der Anwalt des BUND erklärte vor Gericht, das Vorgehen von BAYER sei der „Versuch einer Einschränkung der freien Meinungsäußerung“. Am Eingang zum Landgericht demonstrierten als Bienen verkleidete Aktivist/innen gegen die Einschüchterungsversuche des Konzerns. Hierzu hatte auch die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) aufgerufen. Die CBG arbeitet seit 1998 zu bienenschädigenden Pestiziden.

Neonikotinoid-Wirkstoffe gelten als einer der Auslöser des weltweiten Bienenvölkersterbens. Daher hatte die EU-Kommission ab 1. Dezember 2013 die Zulassung für drei Neonikotinoide zunächst für zwei Jahre für bienenrelevante Kulturen wie zum Beispiel Raps eingeschränkt.

Alle Infos zur Kampagne

23. Februar 2015; Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)

Bayer gegen BUND – Urteil im Streit um Bienengefährlichkeit von Pestiziden ergeht am 11. März

Düsseldorf/Berlin: Am 23. Februar wurde vor dem Düsseldorfer Landgericht darüber verhandelt, ob der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) seine Aussage wiederholen darf, zwei von Bayer hergestellte Pestizide seien für Bienen gefährlich. Der Pestizidhersteller Bayer CropScience hatte gegen den BUND letzten Jahres eine einstweilige Verfügung in dieser Sache erwirkt. Zur Begründung hatte das Unternehmen angegeben, der BUND habe die Bayer-Produkte „Schädlingsfrei Calypso“ und „Zierpflanzenspray Lizetan“ ungerechtfertigt als für Bienen gefährlich bezeichnet. Der in diesen Produkten enthaltene Wirkstoff Thiacloprid, der zu den sogenannten Neonikotinoiden gehört, habe jedoch eine gültige Zulassung vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und werde von ihr als „bienenungefährlich B4“ eingestuft.

Auslöser des Streits war eine vom BUND 2014 veröffentlichte Broschüre mit dem Titel „Pestizidverkauf in Bau- und Gartenmärkten – BUND-Einkaufscheck“, mit der die Umweltschützer darauf aufmerksam machten, dass Verkäufer in Garten- und Baumärkten die Kunden sehr häufig falsch über den Einsatz verschiedener Unkraut- und Insektenbekämpfungsmittel informierten.

Das Landgericht Düsseldorf hat die Verkündung des Urteils nun für den 11. März angesetzt. „Nach der mündlichen Verhandlung sind wir optimistisch, dass die einstweilige Verfügung aufgehoben wird. Alles andere wäre für uns ein schwerwiegender Eingriff in die freie Meinungsäußerung. Uns liegen überzeugende wissenschaftliche Gutachten vor, die den Bayer-Pestizidwirkstoff Thiacloprid als bienengefährlich bewerten“, sagte die BUND-Chemieexpertin Patricia Cameron.

„Thiacloprid ist ein Nervengift und stört die Orientierungs- und Kommunikationsfähigkeit der Bienen erheblich. Das haben meine Versuche, die über mehrere Jahre liefen, klar aufgezeigt. Bienen, die nicht zu ihrem Stock zurückfinden werden nicht überleben“, sagte der Bienenexperte Randolf Menzel von der Freien Universität Berlin.

Neonikotinoid-Wirkstoffe gelten mit als Auslöser des weltweit zu beobachtenden Bienenvölkersterbens. Daher hatte die EU-Kommission ab 1. Dezember 2013 die Zulassung für drei Neonikotinoide zunächst für zwei Jahre für bienenrelevante Kulturen wie zum Beispiel Raps eingeschränkt. Dagegen klagen die Hersteller Bayer und Syngenta derzeit vor dem Europäischen Gerichtshof.

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[Bienensterben] Montag: Solidaritätskundgebung in Düsseldorf

CBG Redaktion

BAYER verklagt Umweltverband BUND

Der BUND veröffentlichte Anfang Dezember eine Broschüre zu Pestiziden in Bau- und Gartenmärkten. Darin kritisierte der Verband zwei Produkte von Bayer Cropscience, die den Wirkstoff Thiacloprid enthalten. Der BUND hält diese Produkte für bienengefährlich und stützt sich dabei auf neueste wissenschaftliche Erkenntnisse. Bayer Cropscience hat daraufhin eine einstweilige Verfügung gegen den BUND erwirkt.
Unterstützer/innen des BUND treffen sich am Montag vor dem Gericht zu einer Solidaritätskundgebung.

Wo: Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf
Wann: 23. Februar 2015, 10.30 Uhr

wer nicht an der Aktion teilnehmen kann, kann hier einen Brief an BAYER schreiben: www.bund.net/index.php?id=21820

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren kämpft seit 1998 gegen Bienenkiller aus dem Hause BAYER. Ausführliche Infos unserer Kampagnenseite

Bayer gegen BUND - Streit um Bienengefährlichkeit von Pestiziden geht vor Gericht

(BUND) Am 23. Februar 2015 wird vor dem Düsseldorfer Landgericht darüber verhandelt, ob der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) seine Aussage wiederholen darf, zwei von Bayer hergestellte Pestizide seien für Bienen gefährlich. Der Pestizidhersteller Bayer CropScience hatte dazu Ende letzten Jahres eine einstweilige Verfügung gegen den BUND erwirkt. Als Begründung wurde angegeben, der BUND habe die Bayer-Produkte „Schädlingsfrei Calypso“ und „Zierpflanzenspray Lizetan“ in Publikationen ungerechtfertigt als für Bienen gefährlich bezeichnet. Der in diesen Produkten enthaltene Wirkstoff Thiacloprid, der zu den sogenannten Neonikotinoiden gehört, habe jedoch eine gültige Zulassung vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und werde von ihr als „bienenungefährlich B4“ eingestuft. Der BUND darf daher seine Aussage derzeit nur wiederholen, wenn er zugleich auf die behördliche Zulassung hinweist.

Auslöser des Streits war eine vom BUND 2014 veröffentlichte Broschüre mit dem Titel „Pestizidverkauf in Bau- und Gartenmärkten – BUND-Einkaufscheck“, mit der die Umweltschützer darauf aufmerksam machten, dass Verkäufer in Garten- und Baumärkten die Kunden sehr häufig falsch über den Einsatz verschiedener Unkraut- und Insektenbekämpfungsmittel informierten.

„In dem Vorgehen von Bayer sehen wir nicht nur den Versuch einer Einschränkung der freien Meinungsäußerung. Inakzeptabel ist auch das Ignorieren wissenschaftlicher Erkenntnisse seitens des Unternehmens. Fakt ist, die in Pestiziden enthaltenen Neonikotinoide stehen im dringenden Verdacht, das weltweite Bienensterben mit zu verursachen. Deshalb werden wir auch in Zukunft vor diesen die Bienen gefährdenden Stoffen warnen. Wir fordern das zuständige Bundesamt auf, Thiacloprid umgehend vom Markt zu nehmen. Und da wir die derzeit gültige Zulassung für falsch halten, müssen wir aus unserer Sicht auch nicht jedes Mal darauf hinweisen, dass dieser Wirkstoff als bienenungefährlich zugelassen ist“, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.

Bayer CropScience verwendet in mehreren seiner Präparate Thiacloprid. Dieser Pestizidwirkstoff beeinträchtigt Kommunikation, Navigation und die Pollensammel¬tätigkeit der Honigbienen. Das belegen Forschungsergebnisse, die der Neurobiologe Prof. Randolf Menzel von der Freien Universität Berlin bereits im März 2014 veröffentlicht hat. Das staatliche Deutsche Bienenmonitoring (DEBIMO) gab zudem ebenfalls 2014 bekannt, dass Thiacloprid am häufigsten als Rückstand im sogenannten „Bienenbrot“, dem von den Bienen neben dem Honig produzierten Pollenmaterial, nachgewiesen wird.

Nach Ansicht des BUND müssten die Studien zu den Gefahren durch Thiacloprid dem Unternehmen Bayer CropScience bekannt sein. „Trotz der Erkenntnisse über die Bienenschädlichkeit von Thiacloprid druckt Bayer auf seine Produkte Schädlingsfrei Calypso und Lizetan Zierpflanzenspray ein Logo mit der Benennung ‚nicht bienengefähr¬lich‘, was auch der behördlichen Einstufung entspricht“, sagte die BUND-Chemieexpertin Patricia Cameron. „Auf keinem Produkt darf ‚nicht bienengefährlich‘ draufstehen, wenn auch nur der Verdacht einer Bienengefährlichkeit besteht. Bienen sind die wichtigsten Nutzinsekten der Welt, ihr Schutz muss oberste Priorität haben. Dem muss auch Bayer Rechnung tragen, das seine Produkte gern als ökologisch und nachhaltig bewirbt“, sagte Cameron.

Neonikotinoid-Wirkstoffe gelten mit als Auslöser des weltweit zu beobachtenden Bienenvölkersterbens. Daher hatte die EU-Kommission ab 1. Dezember 2013 die Zulassung für drei Neonikotinoide zunächst für zwei Jahre für bienenrelevante Kulturen wie zum Beispiel Raps eingeschränkt. Dagegen klagen die Hersteller Bayer und Syngenta derzeit vor dem Europäischen Gerichtshof.

Interferone

CBG Redaktion

Presse Information vom 19. Februar 2015

Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.
Initiative Selbsthilfe Multiple Sklerose Kranker e.V. (MSK)

umstrittenes MS-Präparat von BAYER

„Hohe Kosten bei zweifelhaftem Nutzen“

Das MS-Präparat BETAFERON gehört mit einem Umsatz von über einer Milliarde Euro zu den profitabelsten Medikamenten der Firma BAYER. Unabhängige Studien bescheinigen dem Präparat jedoch wenig Nutzen. Kritiker fordern die Offenlegung aller Industrie-Zuwendungen an Ärzte, Fachgesellschaften und Selbsthilfegruppen.

Trotz häufiger Nebenwirkungen werden die meisten MS-Patienten zu einer Therapie mit BETAFERON oder anderen Interferonen gedrängt. Dabei zeigen unabhängige Untersuchungen, dass die Behandlung nur einen geringen Nutzen hat. So wertete die Cochrane Collaboration, ein unabhängiges Netzwerk von Ärzten, Wissenschaftlern und Patientenvertretern, 44 Studien aus und folgerte, dass „das Kosten/Nutzen-Verhältnis ungünstig sein könnte“.

So können Interferone bei lediglich 16 Prozent der frisch Erkrankten einen zweiten Schub verhindern; bei fünf von sechs Patienten zeigen sie keinerlei Wirkung. Im Fall einer chronifizierten, schubförmig verlaufenden MS helfen die Präparate bloß in vierzehn Prozent der Fälle. Die Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf kommt daher zu dem Ergebnis, dass „die Vorstellungen zur Wirkung von Interferonen auf Vermutungen basieren“. Bei einer von Beginn an manifesten Multiplen Sklerose ohne Schübe hätten die Mittel, so die Hamburger Ärzte, keinerlei Nutzen.

Die Gabe von Interferonen ist häufig mit schweren Nebenwirkungen verbunden, darunter Nierenleiden (bis hin zu Todesfällen), Fieber, Muskelschmerzen und Depressionen. Laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) können Nierenschädigungen noch Jahre nach den Injektionen auftreten. Dennoch wird die Mehrzahl der MS-Betroffenen mit Interferonen behandelt. Die jährlichen Behandlungskosten pro Patient liegen bei 15 – 20.000 Euro. Den Kassen entstehen dadurch enorme Kosten - laut dem jüngsten Arzneimittelreport der Barmer GEK sind MS-Präparate einer der großen Kostenfaktoren im Arzneimittelbereich.

Jan Pehrke von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Der Großteil der MS-Kranken wird mit teuren und nebenwirkungsreichen Präparaten behandelt, deren Nutzen gering ist. Dies lässt sich nur mit dem großen Einfluss der Hersteller auf Ärzte, Fachgesellschaften und Selbsthilfegruppen erklären. Wir fordern eine Offenlegung aller Zuwendungen, um eine unabhängige Bewertung von Interferonen zu ermöglichen.“

Richard Grabinski von der Selbsthilfe Multiple Sklerose Kranker (M.S.K.) ergänzt: „In der Fachzeitschrift Lancet erschien eine Untersuchung zur Wirksamkeit von Interferonen. Hierfür wurden alle randomisierten und plazebokontrollierten Studien zur schubförmigen MS einer genauen Auswertung unterzogen. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass durch die große Anzahl von Studienabbrechern, die in den Auswertungen der Interferon-Studien nicht berücksichtigt wurden, das Ergebnis „geschönt“ wurde. Eine breite Anwendung der Interferone sei daher nicht zu rechtfertigen. Kritisiert wird in der Meta-Studie auch, dass es "eine verheerende Entwicklung ist, wenn die beteiligten Pharmaunternehmen Einfluss auf die Auswertung nehmen oder die Veröffentlichung unbequemer Ergebnisse verhindern können.““ Die M.S.K. ist gemeinnützig und lässt sich nicht sponsern, um ihre Unabhängigkeit zu bewahren.

Die Firma BAYER hat beste Beziehungen zu Ärzten, medizinischen Fachgesellschaften und Selbsthilfegruppen aufgebaut. 21 der 24 Ärzte, welche die Behandlungsleitlinie für Multiple Sklerose erstellt haben, fanden sich bereits auf der Lohnliste der Industrie. Zuwendungen flossen für Forschungsvorhaben sowie für Vorträge, Berater- oder Gutachter-Tätigkeiten. Dass sich die Investitionen lohnen, zeigt das Fazit der Leitlinie: „Die mittlerweile über 20-jährige Erfahrung mit den rekombinanten Beta-Interferonen in der Behandlung der MS belegen deren gutes Nutzen/Risiko-Profil in der Basis-Therapie.“

Wegen der langen Behandlungsdauer von MS-Betroffenen ist das Segment besonders lukrativ. Die Fertigung von Interferonpräparaten war ursprünglich kostenintensiv, was zu hohen Medikamentenpreisen führte. Dieses Preisniveau blieb für alle folgenden MS-Präparate der Maßstab, obwohl die Herstellungskosten inzwischen deutlich sanken. BAYER produziert BETAFERON inzwischen nicht mehr selbst, sondern lässt es von einem Zulieferer preisgünstig herstellen.

weitere Informationen:
=> Initiative Selbsthilfe Multiple Sklerose Kranker
=> Deutsches Ärzteblatt: „Therapie-Leitlinien bei MS: Zu wessen Nutzen?“
=> Artikel „Große Kosten, kleiner Nutzen“
=> Ergebnisse Cochrane Collaboration
=> Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage
=> Uni Hamburg: „Immuntherapien der Multiplen Sklerose“

[GEW] Carl Duisberg

CBG Redaktion

siehe auch den Artikel der Frankfurter Rundschau Bürger wollen Duisbergstraße umbenennen

10. Februar 2015

GEW setzt sich für die Umbenennung der Duisbergstraße ein

Im Ortsbeirat 2 wurde am 9.2. bei einer Gegenstimme ein interfraktioneller Antrag mit folgendem Wortlaut angenommen: „Der Magistrat wird um eine Einschätzung zur Eignung des Namens von Friedrich Carl Duisberg als Bestandteil einer Straßenbezeichnung gebeten.“ Die GEW hat 100 Jahre nach dem Giftgasangriff auf Ypern im April 1915 diesen Antrag mit folgender Stellungnahme unterstützt:

Nachdem es der Stadt Dortmund im November 2014 nach dreijähriger Diskussion gelungen ist, den Namen „Carl-Duisberg-Straße“ aus dem Straßenverzeichnis zu streichen, wäre Frankfurt gut beraten, Gleiches zu tun.
Nachdem ich in der Zeitung „Stichwort Bayer“, die von der Coordination gegen Bayer-Gefahren herausgegeben wird, vom Leben und „Wirken“ Duisbergs gelesen habe, freue ich mich besonders, dass es nun in Frankfurt auch eine Initiative gibt, die dagegen arbeitet, diesen Industriellen durch einen Straßennamen zu ehren.
Duisberg, so habe ich gelesen, hat sich nicht nur dadurch „verdient“ gemacht, dass er im 1. Weltkrieg mit anderen Industriellen zusammen massiv die Deportation belgischer Zivilisten zur Zwangsarbeit in Deutschland forderte, woraufhin 60 000 Menschen verschleppt wurden, wovon wiederum 12 000 starben.
Als Chemiker entwickelte er vielmehr auch Giftgas, ließ dies auf dem Truppenübungsplatz Köln-Wahn testen und drang danach mit allen Mitteln darauf, es auch einzusetzen. Daran hatte er nicht zuletzt auch deshalb Interesse, weil er Generaldirektor der Farbenfabriken (später IG Farben, heute Bayer Leverkusen) war, die durch die Profite aus der Kriegsproduktion steinreich wurden. Duisberg kannte keine Gnade im Gedanken an die Menschen, die an dem Giftgas leiden und sterben würden. Obwohl er selbst sagte, das Gas sei „das gemeinste Zeug, das ich kenne“, verlangte er, es an der Front endlich auszuprobieren, da sich andernfalls eine solche passende Gelegenheit so schnell nicht wieder ergeben würde.
Duisberg war Gewerkschaftsfeind und verlangte als Mitglied der rechtsextremen Deutschen Vaterlandpartei die Annexion der im 1. Weltkrieg besetzten Gebiete in Belgien und Frankreich. Schon bald danach forderte er „deutschen Lebensraum“ in Polen und Russland und unterstützte die aufkommenden Nationalsozialisten, denen die IG Farben mit Millionen-Spenden auf die Beine halfen, wofür diese sich nach der Machtübernahme 1933 mit Absatz- und Mindestpreisgarantien für synthetisches Benzin bedankten.
Duisberg war bis zu seinem Tod im Jahr 1935 Aufsichtsratsvorsitzender der IG Farben, die wenig später durch die Lieferung wichtiger rüstungswirtschaftlicher Güter und Vorbereiter des industriellen Massenmordes durch das Giftgas Zyklon B traurige Berühmtheit erlangten.
Die GEW Frankfurt unterstützt die Initiative, die Duisbergstraße umzubenennen, mit Nachdruck. Um ein Gegengewicht zu den wieder stärker werdenden rechtsnationalen Tendenzen zu setzen, schlagen wir vor, die Straße nach einem Menschen zu benennen, der im Widerstand gegen die Nationalsozialisten aktiv war. Dazu schlagen wir Lore Wolf vor, die als Zeitzeugin vor vielen Schülerinnen und Schülern gesprochen hat. Wir sind gerne bereit, weitere Informationen zu liefern. Marianne Friemelt

alle Infos zur Kampagne

Xarelto

CBG Redaktion

9. Februar 2015

Zur Studie „Bleeding rate of Rivaroxaban”

Stellungnahme von Dr. Sigrid Süßmeyer (Internistin)

Mit Welteroberungsphantasien halten die drei großen Hersteller der NOAKs weltweit zusammen.

Auf dem Online-Portal www.Pharma-Fakten.de bezeichnet die Pharmaindustrie am 22. Januar die Therapie mit NOAKs versus Vitamin K abhängiger Antikoagulantien als „neue Standardtherapie“. Zur Begründung wird unter anderem auf die jüngste Publikation „Bleeding rate of rivaroxaban in real world clinical practice consistent with trial results“ verwiesen (Clin. Cardiol. 2015 (in press); DOI:10.1002/clc.22373, http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/clc.22373/abstract).

Ich wurde durch eine Häufung schwerer gastrointestinaler Blutungen nach dem Einsatz von NOAKs wach gerüttelt. Diese Studie unterstützt nun meine Beobachtungen.

2012 wurde über ganz Deutschland anlässlich der Zulassungsstudie ROCKET für das für die Indikation chronisches Vorhofflimmern (VHF) eine Flut an Fortbildungen und Pharmavertretern ausgesandt, um das Präparat Xarelto vor allem für fragile, alte, polymorbide Patienten als sicheres Medikament zu bewerben.

Zunächst konnte ich in Erfahrung bringen, dass alle Patienten älter als 70 Jahre in der Zulassungsstudie ROCKET ausgeschlossen waren. Genau das Kollektiv, für das später gezielt Werbung gemacht wird, ist in der Zulassungsstudie also nicht getestet worden. VHF ist aber eine im Alter exponentiell zunehmend häufige Erkrankung mit letztendlich 10% VHF bei den über 80jährigen Menschen. Das macht zahlenmäßig die größte Gruppe aus; allein in Deutschland sind rund eine Million Personen betroffen. Weil diese Zielgruppe so lukrativ ist, wurden die Daten unrechtmäßig auf dieses Kollektiv übertragen. Diese Gruppe als besonders geeignet darzustellen ist eine dreiste Lüge! In Wahrheit haben diese Menschen besonders viele GI-Blutungen.

Dies belegt auch die o.g. Studie von 2014: innerhalb von nur 15 Monaten hatten 7% der über 85jährigen eine „major bleeding“, also jeder 14te Patient. Major bleedings waren zu 88.5% schwere gastrointestinale Blutungen. Bei den 75 bis 84jährigen sind es 4,66%, also jeder 21te Patient. Zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass die Studie von der Firma BAYER, also dem Hersteller von Xarelto, finanziert wurde.

Dem Medikament Xarelto sollte auf Grund dieser Daten die Zulassung für Menschen ab 70 Jahren entzogen werden, zumindest für Dosierungen 15mg bis 20mg am Tag. Ohne neue Dosisfindungsstudie für diese Altersgruppe ist die Therapie mit Xarelto ein gefährlicher Blindflug.

Im Deutschen Ärzteblatt (2. September 2013, Heft 35-36, Jg. 110, Seite 575-582) wird in einer Arbeit der Einfluss pharmazeutischer Unternehmen auf die Leitlinien untersucht. Das ist der Schlüssel, wie es zu den voreiligen Empfehlungen eines Medikaments ohne Langzeitdaten kommt: manipulierte Datengewinnung, wirtschaftliche Interessen der Leitlinienautoren, im Falle von Xarelto sogar die Unterschlagung zweier verstorbener Probanden, so dass das FDA eingreifen muss. Der Abstand zur Kriminalität ist dann im letzen Falle nicht mehr erkennbar.

Meine Erfahrungen wurden sehr verkürzt am 21. Januar 15 in der ARD (Plusminus) wiedergegeben.

mehr Infos zu Xarelto

[Giftgas] Giftgas-Produktion im 1. Weltkrieg

CBG Redaktion

In der sehenswerten Ausstellung Köln 1914. Metropole im Westen wird auch ein Bild zum Gaskrieg gezeigt. Hierzu heißt es in der Ausstellung:

Giftgas aus Leverkusen
Die Verwaltungsgebäude der Farbenfabriken Bayer werden mit Gemälden von Otto Bollhagen ausgestattet. 1916 beauftragt ihn Generaldirektor Carl Duisberg, Szenen der Kriegsproduktion für das Frühstückszimmer zu malen. Er nutzt die Bilder auch auf Vortragsreisen. Dazu zählt dieses Gemälde.
Die Bayer Werke produzieren Salpeter, Sprengstoffe und Giftgas, ab Oktober 1914 entwickelt von Duisberg und Fritz Haber. Im April 1915 setzen als erste die Deutschen Giftgas ein. Gleichzeitig produziert Bayer die nötigen Gasmasken. Das Gemälde zeigt deren Erprobung mit aus Flaschen ausgelassenem Tränen- oder Reizgas in der Wahner Heide.

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[Marl] Carl Duisberg

CBG Redaktion

31. Januar 2015, Marl Aktuell

Ist Carl Duisberg unwürdig?

Marl. Taugte Carl Duisberg als Straßenname? Vor 92 Jahren war die Schulstraße in Hüls umbenannt worden, jetzt fordert die Bürgerliste Wir für Marl erneut eine Umbenennung: Unter dem Vorsitz von Duisberg war im Ersten Weltkrieg Giftgas produziert worden.

Der Vorstoß ist nicht neu. Schon einmal vor 15 Jahren hatte die Bürgerliste den Antrag im Rat gestellt. Auch die Wählergemeinschaft Die Grünen forderte eine Änderung. Doch die danach einsetzende Diskussion endete in einem unüberbrückbaren Streit, welchen Stellenwert die wissenschaftliche Arbeit Duisbergs im Vergleich zur Nutzung des von ihm entwickelten Giftgases habe.
Inzwischen hat die Stadt Dortmund beschlossen, die Straße (60 Meter lang, ein Studentenwohnheim) umzubenennen. Auch in Bonn, Krefeld und Dormagen wird das diskutiert. In Leverkusen ist Duisberg Ehrenbürger, in Wuppertal ist ein Gymnasium nach ihm benannt.

Jetzt fordert die Marler Bürgerliste, dass die Carl-Duisberg-Straße ihre Widmung verliert und die Verwaltung Vorschläge für eine neue Namensgebung erarbeitet.

Hintergrund für die Namensgebung im September 1923 war übrigens eine taktische Überlegung des damaligen Bergdirektors von Auguste Victoria, Paul Stein. Der wollte damit Carl Duisberg zum 40-jährigen Dienstjubiläum schmeicheln, der damals Vorsitzender der Kreditkommission der IG Farben war. Denn Stein brauchte dringend Geld für den Wiederaufbau des zusammengebrochenen Schachtes 3. Die Hauptzugangsstraße wurde deshalb umbenannt und Carl Duisberg bedankte sich im Dezember 1923 dafür überschwänglich bei Paul Stein.

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[Dormagen] Carl Duisberg

CBG Redaktion

29. Januar 2015

heutige Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses

Anträge auf Umbenennung der Carl-Duisberg-Straße

Der Dormagener Planungs- und Umweltausschuss berät heute über die Anträge der Grünen sowie von Linken/Piraten über die Umbenennung der Dormagener Carl-Duisberg-Straße. Die Fraktionen schlagen vor, dem Vorbild der Städte Dortmund und Lüdenscheid zu folgen, die Ende des Jahres für eine Namensänderung votiert hatten. Bürgermeister Erik Lierenfeld schlägt alternativ vor, zunächst vom Kreisarchiv alle Dormagener Straßen auf belastete Namenspaten zu untersuchen.

Jan Pehrke von der Coordination gegen BAYER-Gefahren begrüßt die Anträge von Grünen, Linken und Piraten: „Carl Duisberg ist als Vorbild für künftige Generationen nicht geeignet. Daher fordern wir den Stadtrat von Dormagen auf, den Namen der Carl-Duisberg-Straße zu ändern.“

Das Dortmunder Stadtarchiv hatte zur Lebensgeschichte von Carl Duisberg geschrieben: „Duisberg gehörte zu den führenden deutschen Industriellen, die während des Krieges die - auch nach dem damals geltenden internationalen Kriegsrecht illegale - Deportation belgischer Zivilisten zur Zwangsarbeit nach Deutschland durchsetzten. (…) Als Patriarch lehnte er bis zu seinem Tod Gewerkschaften entschieden ab. Er war von Beginn an Gegner der Weimarer Demokratie.“ Auch Duisbergs Unterstützung des antisemitischen „Alldeutschen Verbands“ wird genannt, siehe: www.cbgnetwork.org/downloads/Stellungnahme_Stadtarchiv_Dortmund.pdf

Das Lüdenscheider Stadtarchiv schreibt unter anderem: „Während des Ersten Weltkriegs wurde unter Duisbergs Vorsitz bei Bayer Giftgas für den Kriegseinsatz produziert. Abfallprodukte der Chemischen Industrie, die mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten kämpfte, dienten als Rohstoffe. In Leverkusen war das u. a. Phosgen, ein Gas, das besonders grausam wirkt“, siehe: www.cbgnetwork.org/downloads/Duisberg_Stadtarchiv_Luedenscheid.pdf

Im 1. Weltkrieg hatte Duisberg gegenüber den Generälen Hindenburg und Ludendorff den Mangel an Arbeitskräften beklagt. Mit dem Ausspruch „Öffnen Sie das große Menschenbassin Belgien“ forderte er den Einsatz von Zwangsarbeitern. Das Reichsamt des Inneren griff Duisbergs Vorschlag auf und ließ 1916 zehntausende Belgier deportieren. Mehrere Tausend starben. Die Verschleppung gilt unter Historikern als Vorläufer des mörderischen Zwangsarbeiter-Programms im 2. Weltkrieg.

Zur selben Zeit entwickelte Carl Duisberg gemeinsam mit Fritz Haber Giftgase wie „Grünkreuz“ und „Senfgas“, testete diese erstmals an der Front und verlangte vehement ihren Einsatz. Auch forderte Duisberg im 1. Weltkrieg die Annexion großer Gebiete in Osteuropa – ebenfalls eine Forderung, die 25 Jahre später Früchte trug. Zu Kriegsende flohen Duisberg und Haber in die Schweiz, da sie sich auf den Auslieferungslisten der Alliierten befanden und eine Anklage als Kriegsverbrecher fürchteten.

Der Weimarer Republik stand Duisburg von Anfang an ablehnend gegenüber. Duisburg organisierte Spenden an nationalistische Parteien, spätestens seit 1930 auch an die NSDAP. Im Gegenzug für ihre Millionen-Spenden erhielt die IG FARBEN von den Nationalsozialisten Absatzgarantien für synthetischen Treibstoff und Kautschuk. Kein anderes Unternehmen kollaborierte in der Folgezeit so eng mit dem Dritten Reich.

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Bisphenol A

CBG Redaktion

Presse Info vom 22. Januar 2015

Bisphenol A: EU verschärft Grenzwerte

CBG fordert Verbot in verbrauchernahen Anwendungen

Der Grenzwert für die hormonaktive Chemikalie Bisphenol A (BPA) wird deutlich verschärft. Die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA setzte den Wert gestern von 50 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag auf vier Mikrogramm herunter. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert die Bundesregierung auf, BPA nun in allen verbrauchernahen Produkten zu verbieten.

Hiltrud Breyer, langjährige EU-Abgeordnete und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der CBG: „Die Entscheidung der EFSA ist ein Schritt in die richtige Richtung. Jetzt muss Deutschland in den Wettbewerb um die besten Verbraucher-Standards einsteigen und alle Risiko-Anwendungen von Bisphenol A verbieten. Langfristig können wir mit Ländern wie China nicht über den Preis konkurrieren, sondern nur über die höchsten Sicherheitsstandards!“

Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren ergänzt: „Hormonaktive Substanzen haben in Produkten des täglichen Bedarfs schlichtweg nichts verloren. Die Leugnung der Risiken durch BAYER, Dow und Co. darf nicht länger zur Schädigung von Verbraucherinnen und Verbrauchern führen. Wir fordern die Hersteller auf, den Einsatz von Bisphenol A in Trinkflaschen, Kassenbons, Lebensmittelverpackungen und Konservendosen endlich zu beenden“.

Die hormonaktive Wirkung der Chemikalie ist seit Jahrzehnten bekannt. BPA kann schon in geringsten Dosen das Nervensystem schädigen und bei Säuglingen zu Entwicklungs-Störungen führen. Zahlreiche Studien bringen Bisphenol A zudem mit Übergewicht, Unfruchtbarkeit, Krebs, Diabetes und Herzerkrankungen in Verbindung. Trotz der Risiken presst der BAYER-Konzern die Substanz weiter rücksichtslos in den Markt.

Seit 2011 ist in der EU die Verwendung von Bisphenol A in Babyflaschen verboten. Seit Anfang des Jahres sind in Frankreich auch Produktion und Verkauf BPA-haltiger Lebensmittelverpackungen untersagt. Ähnliche Bestrebungen gibt es in Dänemark, Schweden und in Belgien. Das deutsche Umweltbundesamt hingegen setzt sich seit Jahren vergeblich für weitergehende Verbote ein.

Erst 2008 hatte die EFSA den Grenzwert von 10 auf 50 Mikrogramm gelockert. Dabei berief sich die Behörde auf eine einzige, von der Industrie finanzierte Studie, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal publiziert war. Die Vielzahl von unabhängigen Untersuchungen, die zum größten Teil ein Gefährdungspotential fanden, waren bewusst ignoriert worden.

Jährlich werden mindestens vier Millionen Tonnen der Chemikalie hergestellt; der BAYER-Konzern gehört zu den Marktführern. BAYER produziert BPA in Krefeld, Antwerpen, Baytown/Texas, Map Ta Phut/Thailand und Shanghai/China.

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Bisphenol A

EU-Behörde verschärft Grenzwert für umstrittenes Umwelthormon

Endokrin aktive Substanzen, sogenannte Umwelthormone, stehen in Verdacht, das Hormonsystem irreversibel zu schädigen. EU-Behörden ringen schon lange um strengere Regulierungen. Nun wird der Grenzwert für das umstrittene Bisphenol A verschärft.

21. Januar 2015 -- Der Grenzwert für die umstrittene Chemikalie Bisphenol A (BPA) ist deutlich verschärft worden. Die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA setzte den Wert des Stoffes von 50 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag auf 4 herunter. Bisphenol A steckt in zahlreichen Lebensmittelverpackungen: In Plastikflaschen, Konserven- und Getränkedosen, aber auch in Mehrweg-Plastikgeschirr und Kochutensilien. Zudem ist es in Kassenbons aus Thermopapier und zahlreichen weiteren Alltagsgegenständen wie beispielsweise Hüllen von CDs enthalten.

Der Wert sei noch vorläufig, solange die Ergebnisse einer Langzeitstudie noch ausstünden, teilte die EFSA am Mittwoch in Parma mit. Der hormonähnliche Stoff steht im Verdacht Erkrankungen des Hormonsystems sowie des Herzkreislauf- und Nervensystems auszulösen und die Fortpflanzung zu beeinflussen. Forschern zufolge gibt es zudem Anzeichen dafür, dass Bisphenol A die Gehirnentwicklung bei Ungeborenen und Kleinkindern schädige. In Babyfläschchen ist der Stoff seit Januar 2011 EU-weit verboten. Als erstes EU-Land hat Frankreich zum 1. Januar 2015 die Chemikalie sogar in allen Lebensmittelverpackungen untersagt.

Europa erwägt, auch andere endokrin aktive Substanzen (EAS) - allgemein unter dem Begriff Umwelthormone bekannt - zu regulieren. Aufgrund der vermuteten gesundheitsschädlichen Wirkung von Umwelthormonen wird in der Europäischen Union schon seit Jahren um striktere Grenzwerte oder gar Verbote gerungen. Die chemische Industrie bestreitet die gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch EAS und spricht sich gegen eine weitreichende Regulierung aus.

In der neuen Bewertung, wie gefährlich BPA ist und wie stark Menschen dem Stoff ausgesetzt sind, kamen die Experten zu dem Schluss, „dass BPA bei der derzeitigen Verbraucherexposition für keine Altersgruppe ein Gesundheitsrisiko darstellt“. Die Exposition über Ernährung oder eine Kombination verschiedener Quellen wie Ernährung, Staub, Kosmetika und Thermopapier von Kassenbons liege deutlich unterhalb der sicheren Obergrenze. Die neue Risiko-Einschätzung der EFSA ist auch eine Reaktion auf die anhaltende Debatte.

Die EFSA stellt aber auch fest, dass sich BPA „in hohen Konzentrationen“, die den Grenzwert um mehr als das Hundertfache überschreiten, „wahrscheinlich schädlich auf Leber und Nieren auswirkt“. Zugleich konstatiert die Behörde: „Auswirkungen auf die Fortpflanzungsorgane, das Stoffwechsel-, Herz-Kreislauf-, Nerven- und Immunsystem sowie auf die Entstehung von Krebserkrankungen werden derzeit nicht als wahrscheinlich erachtet, konnten aber anhand der verfügbaren Daten nicht ausgeschlossen werden.“ Sie seien daher für den neuen Grenzwert berücksichtigt worden. Die EFSA kann den Grenzwert zwar feststellen, aber nicht bindend vorschreiben. Für die Festsetzung bindender BPA-Werte in Lebensmittelverpackungen und anderen Waren ist der Gesetzgeber zuständig.

Dhünnaue

CBG Redaktion

Der Neubau der Autobahn über der Leverkusener Giftmüll-Deponie „Dhünnaue“ soll ohne Klagemöglichkeit genehmigt werden. Bedenken bzgl. des Chemiemülls sollen nicht groß diskutiert werden. Hintergründe zur Dhünnaue hier

Leverkusener Anzeiger, 21. Januar 2015

LEVERKUSENER RHEINBRÜCKE

Klagemöglichkeiten bei A1-Planung sollen eingeschränkt werden

Im Leverkusener Rathaus herrscht Entsetzen über die Pläne, nicht nur die Rheinbrücke sondern auch die Stelzenstrecke nach dem Beschleunigungsgesetz zu bauen. Wie es dazu kommen konnte, kann sich niemand erklären. Von Thomas Käding

Nur die Rheinbrücke hätte man nie nach dem Beschleunigungsgesetz bauen können. Sagt Laurenz Braunisch, Sprecher bei Straßen NRW. Im Rathaus hatte man das anfangs anders gesehen und gedacht, dass man die Einschränkung der Klagemöglichkeiten nur bei der abgängigen Brücke in Kauf nehmen muss. Inzwischen ist klar, dass mindestens der Abschnitt bis zum Autobahnkreuz Leverkusen-West beschleunigt betrieben wird: „So ein Abschnitt muss einen eigenen verkehrstechnischen Wert haben“, erläutert Braunisch auf Anfrage. Das bedeutet: Die Mindestlänge ist von einer Anschlussstelle zur nächsten. In diesem Fall von der Auffahrt Niehl über die Brücke zum Kreuz West einschließlich Spaghettiknoten.

Damit könnte man im Rathaus ja noch leben, erklärt Andrea Deppe. Aber die Baudezernentin ist genau so wie ihr Chef Reinhard Buchhorn entsetzt über den Plan des Bundesverkehrsministers, auch die Stelze beschleunigt zu planen und zu bauen. „Ich finde, dass das eine Ausnahme sein muss“, sagt die Baudezernentin mit Blick auf das Beschleunigungsgesetz. Dessen Effekt beschränkt sich auf die Möglichkeit, gegen ein Projekt zu klagen: Normalerweise können Bürger einen Planfeststellungsbeschluss zunächst vor dem Verwaltungsgericht anfechten. Es folgen das Oberverwaltungs-, schließlich das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Solche Verfahren können sich hinziehen.

Wird aber nach dem Beschleunigungsgesetz gebaut, bleibt Gegnern nur der Weg nach Leipzig. Und der will wegen der Kosten wohlüberlegt sein. Das sieht auch Andrea Deppe so. „Das könnten sicher nur die Bürgerinitiativen“, glaubt sie. Dabei müssen auch die schon jetzt eifrig Geld sammeln für ihre tägliche Arbeit.
Nach Auffassung von Deppe gibt es für den Plan des Bundesverkehrsministers, die A 1 bis zum Leverkusener Kreuz nach der Notfallverordnung zu errichten, keinen stichhaltigen Grund: Die Stelze sei nicht so marode, als dass sie ganz dringend ersetzt werden müsse – „jedenfalls ist uns davon bisher nichts bekannt“, schränkt die Baudezernentin ein. Deshalb spreche überhaupt nichts dafür, die Klagerechte für die Bürger einzuschränken. Für den Normalfall „haben wir nun mal eine Gesetzeslage“. Die solle dann auch gelten.

Wie es dazu kommen konnte, dass die gesamte Planung für die Autobahn 1 beschleunigt behandelt werden soll, kann sich im Rathaus bisher niemand erklären. Aber jetzt steht es im Entwurf für die Änderung des Bundesfernstraßengesetzes. Dort rangiert Leverkusen auf dem zweiten Platz.

Xarelto

CBG Redaktion

Plusminus (ARD), 21. Januar 2015

Medikamente

Teure neue Arzneien nicht ohne Risiko

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Noch heute wird sie wütend, wenn sie ihre Krankenhausakten ansieht und sie weiß immer noch nicht, wie viel Blut sie damals verloren hat. Der Schreck sitzt Sorika Creß auch jetzt noch in den Knochen.

»Das Blut lief wie Wasser weiter. Und das ganze Bettlaken war dann durchgeblutet und die Schwester war ja unterwegs, den Arzt zu verständigen. Und dieses Warten auf den Arzt, da hatte ich schon das Gefühl, wenn er nicht bald kommt, dann verblute ich jetzt. Und das ganze Bett, das Bad, da sah es aus wie im Schlachthaus.«

Nach einer Krampfaderoperation bekommt Sorika Creß ein Mittel zur Blutverdünnung: Xarelto. Es soll das Entstehen eines Blutgerinnsels verhindern. Erst später stellt sie fest, dass auch Blutungen als Nebenwirkungen auftreten können.

Das Medikament Xarelto, produziert von Bayer, gehört zu einer neuen Generation von Blutverdünnern - neben Pradaxa von Boehringer Ingelheim und Eliquis von Bristol Myers Squibb. Alle drei werden vor allem auch zur Vorbeugung gegen Schlaganfälle eingesetzt. Bislang nehmen die Patienten dafür einen anderen Wirkstoff, am bekanntesten ist das Mittel Marcumar. Doch dabei muss regelmäßig Blut abgenommen werden, um die Wirkung zu kontrollieren. Bei den neuen Präparaten sei dies nicht nötig.

Ein wichtiges Werbeargument der Hersteller: »Bei Pradaxa ist es nicht erforderlich, die Blutgerinnung regelmäßig zu prüfen. Es ist auch nicht erforderlich, die Dosis immer wieder anzupassen.«

Um den Milliardenmarkt der Blutverdünner ist ein heftiger Kampf entbrannt. Bislang war die Therapie günstig, denn für die alten Mittel ist der Patentschutz längst abgelaufen. Eine Jahrestherapie damit kostet gerade mal um die 60 Euro. Die neuen Medikamente sind 20 Mal teurer, ein gigantischer Kostenschub für die Krankenkassen.

Und die Verschreibungszahlen steigen: Bei Pradaxa um rund 80, bei Xarelto sogar um mehr als 200 Prozent. Experten wie Prof. Wolf-Dieter Ludwig sind der Meinung, die neuen Mittel sollten nur in bestimmten Fällen eingesetzt werden, etwa wenn die alten nicht vertragen werden.

Prof. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: »Es ist sicherlich so, dass die Schwelle, diese Blutverdünner einzusetzen natürlich viel niedriger ist als bei Marcumar. Man braucht keine Tests. Man kann das Medikament einnehmen, ohne dass der Patient regelmäßig zum Arzt geht. Dabei werden aber natürlich die Risiken übersehen.«

Auch die Hausärztin Sigrid Süßmeyer setzt anfangs auf die neuen Mittel. Auf Fortbildungen hört sie, die Präparate seien neuer Standard. Xarelto-Patient Ludwig Schlichtherle hätte es beinahe nicht überlebt.

Dr. Sigrid Süßmeyer, Fachärztin für Innere Medizin: »Sie sind in die Notaufnahme gekommen und sind dann in der Notaufnahme kollabiert. Und dann sind alle zusammengelaufen. Das wissen Sie alles gar nicht mehr. Und haben dann letztendlich drei Blutkonserven bekommen.«

Ludwig Schlichtherle: »Ich habe nichts mehr mitgekriegt, was man gemacht hat.« Dr. Sigrid Süßmeyer, Fachärztin für Innere Medizin: »Sie wären ein Stunde später tot gewesen.«

Blutungen können auch bei den alten Blutverdünnern wie Marcumar auftreten. Allerdings gibt es hier ein wirksames Gegenmittel, anders als bei den neuen Präparaten. Prof. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: »Da wir kein Gegenmittel haben, ist es dann möglicherweise sogar mit schwerwiegenden Komplikationen verbunden. Und ich denke, dass wir langfristig, wenn wir weitere Daten haben, aus sogenannten Registern, also Langzeitbeobachtungen unter Alltagsbedingungen, möglicherweise sehen werden, dass Blutungsrisiko möglicherweise höher ist oder gleich wie bei den älteren Blutverdünnern.«

Im Jahr 2014 sind beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte mehr als 2.600 Verdachtsmeldungen über unerwünschte Nebenwirkungen bei den neuen Blutverdünnern eingegangen, darunter 244 Todesfälle.

Allerdings: Ein Kausalzusammenhang sei nicht sicher belegt. Darauf verweisen auch die Hersteller. Bayer zum Beispiel teilt uns auf Anfrage mit: »Das Sicherheitsprofil von Xarelto wird von Bayer kontinuierlich überprüft, denn Patientensicherheit hat bei Bayer höchste Priorität.«

Bei Sigrid Süßmeyer ist Ludwig Schlichtherle nicht der einzige Patient, der Probleme bekam. Der schlimmste Fall war der eines 86-jährigen Mannes. Dr. Sigrid Süßmeyer, Fachärztin für Innere Medizin: »Die Polizei öffnet die Türe und findet dann den Mann im ersten Stock. Das war ganz schlimm: Eine riesen Blutspur die Treppe rauf hat man da gesehen. Dann im ersten Stock war das Telefon am Bett. Und da war auch alles voller Blut. Und er lag vor dem Telefon in einer Blutlache. Alle Hilfe war zu spät.«

Die Hersteller verweisen darauf, dass die neuen Produkte in ihren Studien zu weniger schweren Blutungen führen als die herkömmlichen. Doch wie sieht es bei der Anwendung im Alltag aus? Prof. Gerd Glaeske hat die Nebenwirkungen bei Versicherten einer Krankenkasse ausgewertet. Die bislang unveröffentlichte Studie zeigt Alarmierendes: Prof. Gerd Glaeske, Arzneimittelexperte Universität Bremen: »Das sieht nicht mehr so besonders günstig für die neuen Mittel aus. Das heißt, wir haben durchaus höhere Risiken von Blutungen in ganz bestimmten Bereichen, die bei den neuen Mitteln gegenüber den bewährten Mitteln häufiger auftreten, zwischen 6 Prozent und 12 Prozent.«

Erst jetzt, Jahre nach der Markteinführung, sollen Gegenmittel angeboten werden. Boehringer etwa will laut eigener Aussage die Zulassung noch dieses Halbjahr beantragen. Doch warum warten die Ärzte nicht ab und verschreiben weiterhin massenhaft die neuen Mittel?

Prof. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: »Ich persönlich denke, dass das Marketing eine ganz entscheidende Rolle spielt. Ich habe selten eine derartige Kampagne gesehen, wie bei diesen neuen Blutverdünnern. Es gibt eine Vielzahl von Artikeln in gekauften Zeitschriften der Industrie. Es gibt Meinungsführer, die ziemlich skrupellos diese neuen Medikamente propagieren, obwohl es dafür keinen klaren Grund derzeit gibt und es gibt Fortbildungsveranstaltungen, in denen so genannte Meinungsführer mit Interessenkonflikten auftreten und durch ihre Aussagen ganz wesentlich ein unkritisches Verordnungsverhalten fördern.«

Dr. Sigrid Süßmeyer, Fachärztin für Innere Medizin: »Bei 14 Patienten habe ich dann Schluss gemacht. Da haben neun geblutet davon, vier schwer, einer war tot. Und da sind genau fünf Patienten übrig geblieben, die keine Komplikationen hatten. Und dann habe ich gesagt: Dieses Medikament wird bei mir ausrangiert. Seitdem verwende ich es nicht mehr und erlebe halt bei den Kollegen diese Blutungen, die das noch verwenden.«

Sie verordnet jetzt wieder herkömmliche Mittel. Damit hat sie gute Erfahrungen gemacht. Wichtig ist, dass Patienten die neuen Blutverdünner nicht einfach ohne ärztliche Begleitung absetzen. Denn das könnte lebensbedrohlich sein.

Plusminus-Hinweis: Wenn Sie Blutverdünner einnehmen und Fragen haben, handeln Sie nicht eigenmächtig, sondern gehen Sie zunächst zum Arzt und lassen sich von ihm beraten.

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[Blockupy] Termin

CBG Redaktion

23. Januar 2015, 10.30 Uhr
Axel Köhler-Schnura gegen das Land Hessen
Verwaltungsgericht, Saal 4
Adalbertstr. 18
60486 Frankfurt

Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG)
ethecon - Stiftung Ethik & Ökonomie

Am 1. Juni 2013 wurde das Gründungs- und Vorstandsmitglied der Coordination gegen BAYER-Gefahren bzw. von ethecon, Axel Köhler-Schnura, als Teilnehmer der friedlichen Blockupy-Demonstration in Frankfurt gegen Finanz-Spekulation, Konzernmacht und Banken-Profite Opfer von brutaler Polizeigewalt. Es gelang ihm, die skandalösen Vorfälle damals direkt bundesweit breit öffentlich zu machen (siehe Anhang „Erlebnisbericht“).

Auch reichte er zwei Klagen ein: Eine Strafanzeige gegen die unbekannten Täter sowie eine Verwaltungsklage zur Klärung der Zulässigkeit der von den zuständigen Behörden gedeckten polizeilichen Gewalt-Maßnahmen. Beide Klagen sind noch immer anhängig, im Fall der Verwaltungsklage kommt es jetzt, mehr als anderthalb Jahre später, zur ersten (!) Verhandlung.

Wir sind mit unserem Vorstandsmitglied Axel Köhler-Schnura solidarisch, verurteilen das Vorgehen der Staatsmacht und fordern die juristische Aufklärung und Aburteilung der Täter und der Verantwortlichen.

Wir wünschen Axel viel Erfolg bei der anstehenden öffentlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt und freuen uns über möglichst große öffentliche Beteiligung an diesem Termin.

Zugleich rufen wir zu Spenden für die Finanzierung der Prozess-Kosten auf.
Spenden bitte unter dem Stichwort „Gegen Polizeigewalt!“
Spenden-Konto der Stiftung ethecon
bei der EthikBank
IBAN DE 58 830 944 95 000 30 45 536
BIC GENODEF1ETK
Konto 30 45 536
BLZ 830 944 95
Sie können auch per PayPal auf unserer Seite oben rechts spenden.
Oder spenden Sie per Lastschriftverfahren hier.
Solidaritätsgrüße richten Sie bitte an Axel persönlich: axel@koehler-schnura.de
Es folgt die Erklärung anlässlich des anstehenden Prozesstermins.

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Information vom 16.01.2015

War die Polizei-Brutalität gegen friedliche TeilnehmerInnen der Blockupy-Demonstration am 01. Juni 2013 in Frankfurt rechtlich zulässig?
Was wird das Verwaltungsgericht dazu sagen?

Der Kläger
Am 01. Juni 2013 begab sich der Kläger (Jg. 1949) nach Frankfurt/Main, um an einer Demonstration teilzunehmen. Aufgerufen hatte das Aktionsnetzwerk Blockupy.
Der Kläger wollte im Rahmen dieser Demonstration seinem Unmut Ausdruck verleihen darüber,
dass einige wenige Ultrareiche im Interesse ihrer Profite und ihrer Macht die Welt in eine seit 2008 andauernde und nach wie vor unkalkulierbare Krise gestürzt haben;
dass die im (Aktien-)Besitz dieser Ultrareichen befindlichen Banken und Konzerne allgemein menschliche Moral und Ethik missachten und den Frieden, die Umwelt und die Rechte der Menschen mit Füßen treten;
dass die herrschende Politik diese für die Menschheit und den Planeten gefährlichen Profite der Ultrareichen mit Steuermitteln in Billionenhöhe fördert und stützt;
dass die Milliarden und Abermilliarden, die den „systemrelevanten“ Banken und Konzernen in den Rachen geworfen werden, der öffentlichen Daseinsfürsorge entzogen werden;
dass die Ultrareichen für die durch ihr profitgetriebenes Handeln angerichteten Schäden aus jeder strafrechtlichen und sonstigen Haftung entlassen werden und stattdessen die Folgen der Allgemeinheit aufgebürdet werden.
Im Verlauf der friedlichen Demonstration wurde der Kläger - ebenso wie zahlreiche andere DemonstrantInnen, wie die Demonstration als Ganzes und wie auch viele VertreterInnen der Medien - Opfer von Polizeiwillkür und von brutaler Polizeigewalt (die Schilderung der Erlebnisse des Klägers anbei in einem Bericht „Getreten, geprügelt, mit Giftgas bekämpft“ vom 02. Juni 2013).
Den DemonstrantInnen - und damit dem Kläger - wurden die ihnen nach Verfassung und Gerichtsbeschluss zustehende Demonstration und die ihnen ebenfalls nach Verfassung und Gerichtsbeschluss zustehende Demonstrationsroute gewaltsam verweigert. Es gab Hunderte von der Polizei verletzte Menschen. Darunter der Kläger.

Der Rechtsbruch

Axel Köhler-Schnura: „Innenministerium und Polizeiführung brachen bei der Blockupy-Demonstration vorsätzlich und ohne jeden Anlass die Verfassung und die Grundrechte. Sie hinderten mich, und mit mir Tausende anderer friedlicher Menschen, im Rahmen des Demonstrationsrechtes ihrer Meinung Ausdruck zu verleihen. Schlimmer noch, sie ließen stundenlang wahllos auf friedliche Menschen einprügeln, ließen Giftgas und Schlagstöcke einsetzen. Nur der Besonnenheit der DemonstrantInnen ist es zu verdanken, dass es nicht zu Tumult und Aufruhr kam. Eine schwarze Stunde der Demokratie.“

Die Verfahren

Strafanzeige
Wegen der ärztlich dokumentierten Körperverletzung erstattete Axel Köhler-Schnura Strafanzeige (Aktenzeichen bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt 6130 Ujs 412271/13).
Zweitens
Wegen der Verletzung seiner Grundrechte reichte Axel Köhler-Schnura Klage vor dem Verwaltungsgericht ein (Aktenzeichen Verwaltungsgericht Frankfurt 5 K 4435/13).

Die Sachstände

Strafsache
Die Staatsanwaltschaft und die Kriminalpolizei haben größte Schwierigkeiten, die TäterInnen ausfindig zu machen. Und zwar, weil sämtliche prügelnden PolizistInnen - wie allgemein und seit Jahren üblich - komplett vermummt (!) waren und keinerlei erkennbare Identifikationsmerkmale trugen. Der Kläger dringt auf weitere Ermittlungsschritte und fordert im übrigen die Kennzeichnungspflicht für ausnahmslos alle PolizistInnen im Dienst.

Verwaltungsklage
In der Verwaltungssache versucht die Polizeiführung in umfangreichen Schriftsätzen ihr Verhalten gegenüber dem Gericht zu rechtfertigen. Selbst Filme, die die willkürlichen und gewalttätigen Übergriffe dokumentieren (siehe ausführliches Filmprotokoll anbei), werden wortreich gerechtfertigt. Im Rahmen der öffentlichen Verhandlung am 23. Januar 2015 wird die Unhaltbarkeit dieser Ausflüchte nachgewiesen werden.

Steuerflucht

CBG Redaktion

Presse Info vom 15. Januar 2015

Die Steuertricks der BAYER AG

„Konzerne angemessen besteuern!“

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat heute eine Untersuchung zu Steuertricks des Leverkusener BAYER-Konzerns veröffentlicht. Darin wird gezeigt, wie das Unternehmen Gewinne in Länder mit niedriger Steuerlast verschiebt. Die Stadt Leverkusen, Sitz von Deutschlands wertvollster Firma, blutet derweil aus.

Die BAYER AG hat in den vergangenen Jahren systematisch Gewinne in Niedrigsteuer-Länder verschoben. Mehrere Jahre lang zahlte der Konzern in Deutschland keine Gewerbe- und Körperschaftssteuer. Städte wie Leverkusen und Wuppertal mussten daher Nothaushalte verabschieden. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert, den ruinösen Steuer-Wettlauf zu beenden. Jan Pehrke vom Vorstand der CBG: „Die Armrechenkünste internationaler Konzerne kosten die Finanzämter viele Milliarden Euro pro Jahr. Die Finanzierung des Staatshaushalts wird dadurch immer mehr der lohnabhängigen Bevölkerung aufgebürdet. Es wird höchste Zeit, große Unternehmen angemessen an der öffentlichen Steuerlast zu beteiligen!“.

Allein in Holland besitzt BAYER 15 Tochtergesellschaften. Mit den heimatlichen Gefühlen des Vorstandsvorsitzenden Marijn Dekkers hat das jedoch wenig zu tun. Der Nachbar wirbt vielmehr aggressiv mit Angeboten zum Sparen von Unternehmenssteuern. So ist die Nutzung von geistigem Eigentum und Namensrechten in so genannten „Patent-Boxen“ für nur fünf Prozent Körperschaftssteuer zu haben. Auf diese Weise können die BAYER-Töchter die Gebühren, die sie etwa für eine ASPIRIN-Lizenz entrichten müssen, steuermindernd geltend machen, während diese in Holland als Einnahmen kaum ins Gewicht fallen. Auch als Standort für eine konzern-interne Bank, die den Teilgesellschaften Geld für Investitionen leiht, eignet sich das Land. Die für die Kredite zu zahlenden Zinsen wirken in Deutschland steuermindernd, indessen sie in Mijdrecht bei BAYER WOLRD INVESTMENTS B.V. den Gewinn kaum schmälern.

BAYER verschob daher im Jahr 2012 Anteile im Wert von 1,4 Milliarden Euro aus den USA zur holländischen Tochterfirma BAYER WORLD INVESTMENTS. BAYER GLOBAL INVESTMENTS bekam 526 Millionen Euro schwere Anteile von französischen Teilgesellschaften. Darüber hinaus hat der Konzern in den Niederlanden zu günstigen Konditionen eine Euro-Anleihe über 1,3 Milliarden Euro begeben, für welche die BAYER CAPITAL CORPORATION eine Haftungsverpflichtung eingegangen ist.

Auch nach Belgien steuerflüchtet BAYER, da das Land Zinsen auf Eigenkapital gewährt. Im Jahr 2011 verdoppelte das Unternehmen die Mittel seiner in Antwerpen ansässigen Tochter-Gesellschaft auf acht Milliarden Euro und konnte seinen Gewinn von 254,8 Millionen Euro fast komplett mit nach Hause nehmen. Lediglich 10,8 Millionen Euro musste er dort lassen – das entspricht einer Steuerquote von 4,3 Prozent. In Luxemburg hingegen nutzt BAYER das günstige versicherungswirtschaftliche Klima und hat dort sowohl die INDURISK RÜCKVERSICHERUNG AG als auch die PANDIAS RE AG angesiedelt.

Gewinne dort anfallen zu lassen, wo es nichts kostet, und Verluste da, wo der Fiskus droht, bezeichnet Finanz-Vorstand Werner Baumann als „eine veränderte regionale Ergebnis-Verteilung“. Baumann untersteht eine Abteilung für „Global Tax Projects“. Die Angestellten dort befassen sich unter anderem mit dem „Tax Planning“ und dem „Transfer Pricing“, also der Ermittlung von Preisen für konzern-interne Deals mit Markenrechten, Lizenzen oder realen Produkten.

Wie sehr das Steuerdumping dem Gemeinwesen schadet, zeigt das Beispiel Leverkusen. Die Stadt, immerhin Stammsitz des wertvollsten DAX-Konzerns, darbt seit zwei Dekaden. Mehrere Jahre lang musste die Kommune mit Nothaushalten über die Runden kommen, weil BAYER weniger Gewerbesteuern überwies und manchmal – wie 1999, 2001, 2003 und 2004 – auch gar keine. 2013 musste Leverkusen gar dem Stärkungspakt Stadtfinanzen beitreten.

Die letzte Hiobsbotschaft erreichte Leverkusen im Zusammenhang mit der Übernahme der Sparte für nicht-verschreibungspflichtige Produkte vom US-Unternehmen MERCK. „BAYER rechnet ab dem ersten Jahr nach dem Vollzug mit signifikanten Steuer-Einsparungen“, verlautbarte der Konzern bei der Bekanntgabe des Deals. Im September 2014 gab die Firma dem Stadtkämmerer Frank Stein die genaue Größe bekannt. Stein muss als Synergie-Defekt nicht nur „Einbrüche im zweistelligen Millionen-Bereich“ hinnehmen, sondern für die beiden letzten Jahre auch noch Gewerbesteuer-Einnahmen rückerstatten. Gerade einmal 60 Millionen Euro Gewerbesteuer wird die Kommune in diesem Jahr einnehmen. Zum Vergleich: 1990 hatte allein BAYER das Doppelte überwiesen.

Jan Pehrke von der Coordination gegen BAYER-Gefahren abschließend: „Die Konzerne entziehen sich immer weiter ihrer Verantwortung für die Allgemeinheit - zu Lasten der arbeitenden Bevölkerung, die über steigende Steuern und Abgaben die Zeche zahlen muss. Es ist nicht hinzunehmen, dass BAYER und Co. immer weniger zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen.“

Die vollständige Untersuchung finden Sie hier

Bisphenol A

CBG Redaktion

Jährlich werden rund vier Millionen Tonnen Bisphenol A hergestellt. Der BAYER-Konzern gehört neben den US-Firmen Dow Chemicals und Hexion sowie den taiwanesischen Unternehmen Nan Ya Plastics und Chang Chun Plastics zu den größten Herstellern weltweit.

Telepolis, 5. Januar 2015

Frankreich verbietet Bisphenol A in Lebensmittelverpackungen

Seit 1. Januar des neuen Jahres ist in Frankreich die Herstellung, der Import wie auch der Export von Lebensmittelverpackungen verboten, die Bisphenol A enthalten. Ähnliche Bestrebungen soll es auch in Dänemark, Schweden und in Belgien geben, aber bislang gilt Frankreich als „Vorreiter“. Laut Medienberichten, die die Avant-Garde-Rolle herausstellen, ist aber noch unklar, wie sich das Gesetz mit EU-Regelungen verträgt.

Zwar, so schreibt Le Monde, sei in EU-Regeln zum freien Güterverkehr festgelegt, dass er Einschränkungen dort findet, wo es um den Schutz der Gesundheit und des Lebens der Individuen geht, aber es sei fraglich, ob das auch praktisch durchgesetzt werden könne, wenn ein Staat gegen 27 andere stehe. Frankreich sei „an dieser Front beachtenswert isoliert“, stellt die Zeitung fest, es sei das einzige Land der Welt, das entschieden habe, die Exposition seiner Bevölkerung an die chemische Verbindung drastisch zu reduzieren - zu Lasten seiner Wettbewerbsfähigkeit, zumindest auf kurze Frist. In Zeiten, wo genau die Wettbewerbsfähigkeit das große Wirtschaftsthema im Nachbarland ist, ließe sich hinzufügen.

Bisphenol A (BPA) ist in vielen Gütern zum Alltagsgebrauch enthalten. Es bildet „das chemische Rückgrat der meisten formstabilen, transparenten Polycarbonatkunststoffe“, veranschaulicht ein Spektrum-Bericht. Die Chemikalie findet sich in Plastikwasserflaschen, in Kochuntensilien, Plastikgeschirr, Plastikbesteck, aber auch in Beschichtungen von Konservendosen, Getränkedosen, in Gehäusen von Elektrogeräten und in CDs etc. Auch im Feinstaub hat man Spuren von BPA entdeckt.

BPA kann unter bestimmten Umständen, etwa Hitze, in Lebensmittel diffundieren. Seit Jahren wird BPA, das Ähnlichkeiten mit dem Hormon Östrogen hat, verdächtigt, „negative Auswirkungen auf die Gesundheit zu haben“ (siehe Pubertät bei Mädchen beginnt immer früher und Angriff auf das männliche Gehirn), weswegen Babyflaschen mit Bisphenol A seit Januar 2011 EU-weit verboten sind.

Doch vor einem weitergehenden Verbot hat sich die EU bislang gescheut. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nimmt zwar eine mögliche Schädlichkeit durch BPA-Exposition auf „Leber und Nieren sowie Auswirkungen auf die Brustdrüsen“ und ein damit verbundenes Risiko durch die BPA-Exposition zur Kenntnis, spricht aber vor allem von „möglichen schädlichen Wirkungen“ und davon, dass „weiterhin Unwägbarkeiten hinsichtlich einer Reihe weiterer Gesundheitsgefährdungen bestehen“.

So entschied die EFSA bisher, „dass BPA ein geringes Gesundheitsrisiko für Verbraucher darstellt“, da die Exposition gegenüber dem chemischen Stoff weit unter den vorläufigen Grenzwerten liege. Im Dezember 2014 wurde „eine umfassende Neubewertung der Risiken der Chemikalie fertiggestellt“. Ende Januar soll sie vorgestellt werden.

Ob damit die Chancen auf ein weiterreichendes Verbot wachsen, sei unsicher, läßt der Le Monde-Bericht anklingen. Denn in der Sache Bisphonal A sei eine „Kluft überdeutlich“: diejenige zwischen den Forschungsresultaten und dem Verhalten der großen Aufsichtsbehörden wie die EFSA in Europa und der FDA in den USA. Zwischen 1996 und 2014 seien mehrere tausend wissenschaftliche Arbeiten zur BPA erschienen, die meisten würden Verbindungen zwischen der Chemikalie und einer Vielzahl von Krankheiten - Diabetes Typ 2, Übergewicht, Unfruchtbarkeit, Prostatakrebs u.a. - feststellen bzw. bestätigen, aber die Aufsichtsbehörden würden sich demgegenüber versperren. Möglich aber, dass die Weiterentwicklung von Ersatzstoffen zu einer anderen Haltung führt. Von Thomas Pany

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[Interview Gotzsche] STICHWORT BAYER 01/2015

CBG Redaktion

Interview mit Prof. Peter Gøtzsche

Autor des preisgekrönten Buchs „Tödliche Medizin und organisierte Kriminalität: Wie die Pharmaindustrie unser Gesundheitswesen korrumpiert“

Professor Gøtzsche, Ihr Buch hat im englischsprachigen Raum große Aufmerksamkeit erlangt. Wann kommt es in Deutschland heraus?
Es erscheint am 14. November im Riva Verlag, München.

Unser Netzwerk beschäftigt sich seit über 30 Jahren speziell mit BAYER. Wie wichtig ist die deutsche Pharmaindustrie, zum Beispiel in Bezug auf Lobbying?
Alle großen Pharmaunternehmen betreiben heftiges Lobbying, auch auf europäischer Ebene.

Die Firma BAYER hat viele Pharmaskandale zu verantworten, von Heroin bis Lipobay. Welche Erfahrung haben Sie mit diesem Unternehmen gemacht?
Wie andere große Pharmaunternehmen auch hat sich BAYER an organisierter Kriminalität beteiligt, zum Beispiel an der Bestechung von Ärzten oder dem Betrug am amerikanischen Gesundheitsprogramm Medicaid.
Im 2. Weltkrieg hat BAYER medizinische Experimente an KZ-Häftlingen durchgeführt. Ein Brief aus dieser Zeit zeigt, dass BAYER vom KZ Auschwitz 150 Frauen für jeweils 170 Mark kaufte. BAYER schrieb an den Kommandanten: „Die Versuche wurden gemacht. Alle Personen starben. Wir werden uns bezüglich einer neuen Sendung bald mit Ihnen in Verbindung setzen.“ Deutsche Unternehmen haben KZ-Häftlingen zum Beispiel Typhusbakterien gespritzt und danach verschiedene Medikamente ausprobiert.

Warum vergleichen Sie die Pharmaindustrie mit dem Organisierten Verbrechen?
Weil ich herausgefunden habe, dass das Geschäftsmodell der zehn größten Pharma-Unternehmen organisierte Kriminalität beinhaltet.

In den 80er Jahren infizierten BAYER-Produkte Tausende Bluter mit HIV. Interne Dokumente zeigen, dass die Firmenleitung die Risiken kannte, die kontaminierten Produkte aber weiter verkaufte. Ist dies ein Beispiel für kriminelle Geschäfte?
An dieser Stelle ist BAYER nicht alleine. Es gab viele Firmen, die kontaminierte Blutprodukte verkauften.

BAYER gibt jährlich rund 10 Milliarden Euro für Werbung und Vertrieb aus. Hierunter fallen Medikamentengaben an Krankenhäuser, Ärzte-Fortbildungen, Pharmareferenten, Spenden an Lobbyverbände etc. Der Konzern verweigert jedoch eine Aufschlüsselung dieser Summe. Sollte die Industrie gezwungen werden, solche Ausgaben im Detail zu veröffentlichen?
Ja, natürlich. Wir sollten aber einen Schritt weiter gehen und Werbung für Medikamente generell verbieten. Tabakwerbung haben wir schließlich auch reglementiert, und das Pharmamarketing ist ebenso gefährlich.

Warum gelingt es den Firmen immer wieder, unnütze und sogar gefährliche Präparate auf den Markt zu drücken?
Es ist üblich, die Ergebnisse von Medikamententests zu verfälschen und die Gefahren von Arzneimitteln zu verheimlichen. Zudem stoßen wir überall auf das Geld der Pharmaindustrie - jeder mit Einfluss im Gesundheitswesen soll gekauft werden. Der Industrie gelingt es auf allen Ebenen, wichtige Personen zu bestechen – bis hin zu Gesundheitsministern.
Aber besonders gefährlich ist das Pharmamarketing. Die Lügen sind häufig so eklatant, dass die Firmen das exakte Gegenteil der Wahrheit behaupten.

Gibt es Abschätzungen, wie viele Menschen an Nebenwirkungen sterben?
Untersuchungen aus verschiedenen Teilen der Welt kommen zu konsistenten Ergebnissen. So sterben in den USA pro Jahr schätzungsweise 200.000 PatientInnen an medikamentösen Nebenwirkungen. Etwa in der Hälfte der Fälle werden die Präparate ordnungsgemäß eingenommen. Die andere Hälfte stirbt wegen Überdosierungen oder weil der behandelnde Arzt nicht auf Interaktionen mit anderen Arzneien geachtet hat. Den Medizinern können wir allerdings kaum einen Vorwurf machen: fast jedes Medikament hat 20 oder mehr Sicherheitshinweise und Kontraindikationen. Es ist absolut unmöglich, diese alle zu kennen.

Welcher Anteil der Präparate auf dem Markt ist denn aus Ihrer Sicht sinnvoll?
Wir könnten auf ziemlich einfachem Weg 95% der Medikamenten-Ausgaben sparen und hätten sogar eine gesündere Bevölkerung. Allein wenn wir bei Präparaten mit derselben Wirkung immer das preiswerteste Mittel auswählen würden, ließe sich etwa die Hälfte der Kosten sparen.
In vielen Fällen wäre es schlichtweg besser, gar keine Medikamente zu verschreiben. Alle Mittel haben unerwünschte Nebenwirkungen, die zusammen genommen für eine schreckliche Anzahl von Todesfällen verantwortlich sind. Schmerzmittel werden beispielsweise viel zu häufig verwendet. Auch sollten wir nur einen winzigen Teil der heute verwendeten Psychopharmaka verschreiben, denn diese sind generell gefährlich, wenn sie länger als ein paar Wochen eingenommen werden.

Antibabypillen aus der Yasmin-Reihe haben ein deutlich erhöhtes Embolierisiko im Vergleich zu älteren Präparaten. Allein in den USA hat BAYER fast zwei Milliarden Dollar an geschädigte Frauen gezahlt. Warum wurden diese Pillen trotzdem noch nicht verboten?
Einer meiner dänischen Kollegen veröffentlichte frühzeitig zwei Studien, die ein erhöhtes Risiko von Blutgerinnseln durch Pillen wie Yaz oder Yasmin zeigten. Er wurde von Ärzten, die auf der Gehaltsliste von BAYER stehen, in aggressiver Weise angegriffen. BAYER hat zudem Studien finanziert, die das erhöhte Risiko bestritten.

BAYER gehört zu den weltweit größten Anbietern freiverkäuflicher Medikamente. Was ist das größte Problem in diesem Bereich?
Vieles davon taugt nichts – außer den Käufern das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Wie beurteilen Sie die regelmäßig wiederkehrenden Versuche, eine tägliche Einnahme von Aspirin als Prävention gegen Herzerkrankungen und spezielle Krebsarten zu etablieren, sogar für Gesunde?
Dagegen ist nichts einzuwenden, schließlich wollen wir alle länger leben. Die Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass sehr wenige von einer solchen Prophylaxe profitieren würden, während viele geschädigt würden. Es ist daher keine gute Idee, die gesamte Bevölkerung präventiv zu behandeln. Generell ist die Überbehandlung von Gesunden eines der größten – zugleich für die Industrie lukrativsten - Probleme im heutigen Gesundheitswesen.

BAYER und die Uniklinik Köln haben 2008 einen weit reichenden Kooperationsvertrag geschlossen. Wir haben vergebens versucht, Einblick in die Abmachung zu erhalten. Stimmen Sie mit uns darin überein, dass solche Geheimkooperationen zu einer Ausrichtung der Forschung nach rein wirtschaftlichen Kriterien führen?
Ich bin ein großer Gegner solcher Kooperationen. Die Erfahrung zeigt, dass die beteiligten Firmen meist die Gewinne abschöpfen und die Ergebnisse für sich beanspruchen. Die Steuerzahler zahlen die Zeche, indem sie viel zu teure Medikamente erstatten müssen.
Außerdem: ist es akzeptabel, eine Kooperation mit einer Branche einzugehen, deren Handeln oftmals kriminell ist und die aus Profitgründen den Tod vieler PatientInnen in Kauf nimmt? Ich meine Nein. Klinische Studien sollten vollkommen unabhängig von der Pharmafirmen durchgeführt werden. Und grundsätzlich darf es im Gesundheitswesen keine geheimen Kooperationen geben. Sie sollten eine Einsichtnahme gerichtlich erzwingen, oder sich bei einem Ombudsmann bzw der Politik beschweren (Anm. der Redaktion: die Politik feierte den Vertrag seinerzeit als „großen Gewinn für die Arzneimittel-Forschung“; vor Gericht scheiterte eine Einsichtnahme bislang).

Öffentlich finanzierte Studien kommen häufig zu anderen Ergebnissen als Untersuchungen der Industrie. Wie kommt das?
Es ist nicht sinnvoll, dass ein Unternehmen, das mit schöngefärbten Studien Milliarden Euro oder Dollar verdienen kann, meist der einzige ist, der jemals die Rohdaten der Studien zu Gesicht bekommt.
Wir haben ein System, in dem die Pharmaunternehmen ihre eigenen Richter sind. Das ist doch merkwürdig, in anderen Bereichen lassen wir dies schließlich auch nicht zu. Es wäre zum Beispiel lächerlich, zu einem Richter zu sagen: „Ich habe selbst ermittelt, hier sind alle Beweise“. Aber genau dieses System haben wir im Gesundheitswesen akzeptiert. Die Industrie macht ihre eigenen Studien und manipuliert sie häufig in einem schrecklichen Ausmaß. Aus diesem Grund können wir den Veröffentlichungen der Unternehmen - selbst in angesehenen Fachzeitschriften - nicht vertrauen.

Nach Ihrer Aussage ist das System voller Interessenkonflikte. Ärzte werden von Pharmaunternehmen bezahlt, Mitarbeiter von Behörden wechseln in die Industrie (und umgekehrt). Wie könnte man diese Situation ändern?
Wir stoßen überall auf das Geld der Industrie. Ich schlage daher vor, Pharmawerbung schlichtweg zu verbieten. Gute Medikamente werden sich immer durchsetzen, hierfür benötigen wir keine Werbung.
Ein Werbeverbot würde dazu führen, dass Ärzte nicht mehr von Pharmareferenten korrumpiert werden können. Die Herausgeber medizinischer Fachzeitschriften hätten nicht mehr so große Angst, Artikel zu veröffentlichen, die nicht im Interesse der Industrie sind. Mit Hilfe einer solchen Reform könnten wir die Fachmagazine aus der Umklammerung von „Big Pharma“ befreien.

Haben Sie weitere Forderungen zur Regulierung der Pharmaindustrie?
Die Industrie behält die Rohdaten ihrer Studien für sich. Stattdessen sollten wir neue Medikamente von öffentlichen Einrichtungen untersuchen lassen. Die Hersteller könnten die Tests bezahlen, sollten aber mit den Studien selbst nichts zu tun haben. Ärzte sollten auch keine Zuwendungen der Industrie annehmen dürfen.
Aktuell sind leider viele Mediziner bereit, als Mit-Autoren von Studien zu fungieren, zu deren Rohdaten ihnen der Zugriff verweigert wird und die in Wahrheit von den Firmen verfasst werden. Dabei könnten die Studien ohne die Mitwirkung der Ärzte und ihrer PatientInnen nicht durchgeführt werden. Dies ist ein Verrat akademischer Integrität und ein Bruch des Patienten-Vertrauens. Ärzte und Selbsthilfegruppen müssen das Geld einer derart korrupten Industrie schlichtweg zurückweisen.

In Ihrem Buch heißt es, dass diejenigen, die das kriminelle Handeln der Pharmaindustrie aufdecken, zu Parias werden. Haben Sie nach dem Erscheinen des Buchs Rückschläge erleben müssen?
Nein, im Gegenteil, das Buch hat viel Lob erhalten. Von der Industrie direkt habe ich natürlich nichts gehört. Es gab aber einige unverblümte Lügen seitens der Lobbyverbände der Industrie und ihrer bezahlten Partner in den Reihen der Ärzteschaft. Die Fragen stellte Philipp Mimkes (CBG)

Prof. Peter Christian Gøtzsche, Direktor des Nordic Cochrane Centers, ist Spezialist für Innere Medizin. Von 1975-83 war er in der Pharmaindustrie in den Bereichen Klinische Studien und behördliche Regulierung tätig. Von 1984-95 arbeitete er in Kopenhagener Krankenhäusern. 1993 gehörte er zu den Gründern der Cochrane Collaboration. Gøtzsche wurde 2010 an der Universität Kopenhagen zum Professor für klinisches Forschungsdesign und Analyse ernannt.

[Werbung Xarelto] STICHWORT BAYER 01/2015

CBG Redaktion

BAYERs Verkaufsoffensive

Der XARELTO-Masterplan

Der Leverkusener Multi drückt seinen neuen Gerinnungshemmer XARELTO aggressiv in den Markt. Er geht dabei nach einem Masterplan vor, der einen erschütternden Einblick in die kruden Marketing-Methoden des Konzerns gewährt.

Von Jan Pehrke

„Ich bin in Eindhoven aufgewachsen, mich haben die Erfahrungen von PHILIPS geprägt. PHILIPS hat vor 30 Jahren vieles erfunden, aber es waren meistens andere, die am Markt erfolgreich waren“, mit diesen Worten begründete BAYER-Chef Marijn Dekkers in der Süddeutschen Zeitung, warum ihm das Marketing so sehr am Herzen liegt. Folgerichtig bestand eine seine ersten Amtshandlungen beim Leverkusener Multi darin, die Aufwendungen in diesem Bereich zu erhöhen. Beliefen sich die sogenannten Vertriebskosten im Jahr 2010 noch auf „nur“ 8,8 Milliarden Euro, so steigerten sie sich unter der Ägide des Holländers bis 2013 auf über zehn Milliarden Euro. „Die neuen Produkte müssen schließlich auch verkauft werden“, heißt es dazu lapidar. Ein Großteil des Werbe-Etats floss dabei in den Pharma-Sektor und diente hauptsächlich der Lancierung eines Medikamentes: des Gerinnungshemmers XARELTO mit dem Wirkstoff Rivaroxaban.

BAYERs Märchenstunde
Nach einem detailliert ausgearbeiteten Masterplan geht der Pillen-Riese bei seinen Vermarktungsaktivitäten vor. „Die Kraft des Geschichtenerzählens entfesseln“ – so heißt die Strategie für 2014. Da das Jahr eines „mit wenig ‚harten Neuigkeiten’“ ist, halten die PR-ExpertInnen fest: „Es wird wichtig für uns sein, unsere eigenen Neuigkeiten zu kreieren.“ Und den Rahmen für die diesjährige Märchenstunde steckt der „2014 XARELTO PR Plan“ ab. Zwei Geschichten stellt er den Pharma-DrückerInnen zur Auswahl: die „Giving back“-Geschichte und die „Continuing to Circulate“-Geschichte.
In der „Giving back“-Story gibt die Arznei allen etwas zurück. Den PatientInnen winken weniger ÄrztInnen-Termine, mehr Komfort und mehr Freiheit. Die MedizinerInnen dürfen sich derweil dank des unkomplizierten Handlings über mehr Zeit und folglich mehr Geld freuen. Auf Kongressen rechnete BAYER ihnen schon haarklein die Effizienz-Gewinne vor, die sich daraus ergeben, auf das Spritzen des Medikamentes verzichten zu können. Die „Stoppuhr-Studie“ wartete mit dem Befund auf, „dass für die Gabe einer Tablette durchschnittlich 46 Sekunden weniger aufgewendet werden müssen als für eine Injektion. Auf einer Station mit 40 Betten ergibt sich so eine tägliche Zeitersparnis von ca. 30 bis 40 Minuten“. Damit nicht genug, passt die „Zurückgeben“-Story den Werbe-StrategInnen zufolge auch noch bestens zu dem Ansinnen des Leverkusener Multis, „mittels Sponsoring und Fortbildungsinitiativen“ die Marktführerschaft bei den Gerinnungshemmern zu übernehmen.
Die Zirkulationsgeschichte hingegen handelt von einem sagenumwobenen Elixir, das den roten Saft in den Adern auf wundersame Weise ertüchtigt und so arme Seelen wieder dem Rad des Lebens zuführt, ohne die Kreise der weißen Halbgötter weiter durch lästige Blut-Untersuchungen zu stören.
Unabhängig davon, für welche der Geschichten sich die Pharma-Manager schließlich entschieden haben, Alona Rudnitsky dürfte in jeder von ihnen eine Rolle gespielt haben. Diese Figur haben sich die Pillen-PoetInnen ausgedacht, um für den nötigen „Human Touch“ zu sorgen. Und das hört sich dann so an: „Alona Rudnitsky, 69, musste jahrelang jeden Monat ihre Gerinnungswerte kontrollieren lassen. Jetzt verbringt sie diese Stunden mit ihrer Enkelin und muss sich um ihre Gerinnungswerte keine Sorgen mehr machen.“ Auch die Krankengeschichte Hillary Clintons, in deren Kopf ÄrztInnen schon zweimal Blutgerinnsel aufgespürt haben, halten die ÖffentlichkeitsarbeiterInnen für erzählenswert, weil sie am Beispiel einer weithin bekannten Person die Dringlichkeit der Gabe von Blutverdünnern unterstreicht.
Der Frage der Risiken und Nebenwirkungen von XARELTO will der Masterplan offensiv begegnen. „BAYER HEALTHCARE durch eine proaktive Kommunikation der Blutungsrisiken und der verantwortungsvollen Einnahme als tonangebend in der Sicherheitsdebatte positionieren“, nimmt er sich vor. Darum rät er den Konzern-Beschäftigten auch, den heiklen Punkt, dass es zu der Arznei kein Gegenmittel gibt, das im Falle eines Falles Blutungen stillen kann, wie es bei Marcumar und anderen Vitamin-K-Antagonisten (VKA) das Vitamin K als Antidot tut, von selber anzusprechen. Dabei gilt es allerdings, den Nutzen dieser Notfall-Medizin in Zweifel zu ziehen. Die „Mythen rund um VKA-Antidote“ zu zerstreuen, lautet die entsprechende Arbeitsanweisung.
Die entsprechenden Textbausteine dafür hatte vorher schon eine Handreichung bereitgestellt, welche die Außendienst-MitarbeiterInnen in die Lage versetzen wollte, auf den Spiegel-Artikel „BAYER-Blutverdünner XARELTO unter Verdacht“ zu reagieren, der von 72 Todesfällen und 750 Meldungen über unerwünschte Arznei-Wirkungen allein in den ersten acht Monaten des Jahres 2013 berichtet hatte. Während der Leverkusener Multi – letztlich erfolglos – versuchte, via Presserat gegen die Veröffentlichung vorzugehen, lieferte das Schriftstück „Talking Lines“ für die Krisen-Kommunikation. Eigentlich bräuchte XARELTO gar kein Antidot, lautete eine der Sprachregelungen, denn schon ein simples Absetzen rufe den Vitamin-K-Effekt hervor, da sich das BAYER-Produkt schon binnen 8 bis 12 Stunden im Körper abbaue und nicht erst nach ein paar Tagen wie Marcumar & Co. Auch die schon von zahlreichen BAYER-Hauptversammlungen bekannte rhetorische Figur, welche die Meldungen über Nebenwirkungen als bloße Verdachtsfälle abtut, empfehlen die AutorInnen zur Weiterverwendung: „Es ist wichtig festzuhalten, dass gemeldete unerwünschte Arznei-Effekte nicht notwendigerweise bedeuten, dass es einen Kausalzusammenhang zwischen ihnen und dem Produkt gibt.“ Vier Hauptbotschaften sollten die mit dem Medikament befassten Beschäftigten MedizinerInnen, Medien und Öffentlichkeit dem Dokument zufolge übermitteln: Das Nutzen/Risiko-Profil von XARELTO bleibt günstig; das sich in der Praxis herauskristallisierte Sicherheitsprofil bestätigt die Ergebnisse der klinischen Tests; das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ hat jüngst das positive Nutzen/Risiko-Profil bestätigt; BAYER tut alles, ÄrztInnen dazu anzuhalten, einen verantwortlichen Umgang mit dem Gerinnungshemmer zu pflegen.

Beziehungsarbeit
Damit „die Macht des Geschichtenerzählens“ auch ihr ganzes Potenzial zu entfesseln vermag, müssen ihr viele Kanäle zur Verbreitung zur Verfügung stehen. Für BAYERs PR-Abteilungen in den einzelnen Ländern gibt der „2014 XARELTO PR Plan“ deshalb die Devise aus: „Das Netzwerk mit den einheimischen MedienvertreterInnen stärken und ausweiten“. Darüber hinaus hält er es für angeraten, Beziehungen zu besonders einflussreichen JournalistInnen aufzubauen. Auch direkte Anrufe bei Redaktionen zur Lancierung des Medikamentes – im Fachjargon „media sell-in“ genannt – gehören zum Instrumentarium. Zudem regt das 50-seitige Strategie-Papier an, Roundtables mit SchreiberInnen zu organisieren, „um die XARELTO-Story zu pushen“, und Fortbildungsveranstaltungen abzuhalten.
In medizinische Fachzeitschriften wollen die Verkaufsprofis mittels anerkannter ExpertInnen dringen, die sich als Mietmäuler hergeben und dem Gerinnungshemmer so die nötige wissenschaftliche Autorität verleihen. Schon 2013 hatte sich Dr. Michael Spannagl von der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität für so etwas zur Verfügung gestellt. Auf Kongressen und Fortbildungsveranstaltungen pries der Herr Professor das Pharmazeutikum an. Bis August 2013 brachte er es auf 19 Referate zum Thema – und einen Nebenverdienst von 16.200 Euro. Zudem gelang es ihm, in der Publikation Der Allgemeinarzt eine XARELTO-Laudatio zu platzieren, ohne seine Beziehungen zu BAYER offenzulegen. Ein „klares Versäumnis“ sei das gewesen, gesteht Spannagl dem Spiegel später und räumt auch ein, XARELTO und die anderen neuen Gerinnungshemmer seien „im Marketing zu banal dargestellt“ worden. Andere „Key Opinion Leader“, die in dem betreffenden Jahr auf der Payroll des Konzerns landeten und als Werbeträger für die Arznei dienten, waren Professor Dr. Rupert Bauersachs vom Klinikum Darmstadt und Professor Dr. Johannes Brachmann vom Klinikum Coburg. Auch anderweitig nutzte der Pillen-Riese noch Kongresse und andere Branchen-Zusammenkünfte „als Plattform, um die XARELTO-Story zu erzählen“. So bestückte er sie mit Werbeständen und hielt auf ihnen Symposien zu dem Produkt ab.
Frühere PR-Pläne für das Medikament setzten sogar auf eine Art von Direkt-Marketing. BAYER sandte ÄrztInnen XARELTO-Muster per Post zu. Weil dieses seit Mitte der 1980er Jahre aber eigentlich verboten ist, sofern keine Anforderung vorliegt, ließ der Konzern die ÄrztInnen Empfangsbestätigungen unterschreiben, die ihm als „Just-in-Time“-Antrag für die Proben galten. Das brachte dem Leverkusener Multi nicht nur eine Anzeige der industrie-unabhängigen Publikation arznei-telegramm ein, sondern auch eine Vorladung bei der „Freiwilligen Selbstkontrolle für die Arzneimittel-Industrie“ (FSA). In den USA bekam das Unternehmen ebenfalls Ärger. Die Gesundheitsbehörde FDA verwies die XARELTO-Geschichte, wonach dem Mittel eine Herzinfarkt-vorbeugende Wirkung zukomme, ins Reich der Märchen. Sie wies den Pharma-Riesen stattdessen an, sich an den weit profaneren Text des Beipackzettels zu halten, der die Story ein wenig anders erzählt und vor einem erhöhten Herzinfarkt-Risiko warnt.
Davon ließ die Marketing-Abteilung sich aber nicht sonderlich beeindrucken. Sie spintisierte munter weiter und fand genug Gläubige. Die Verkäufe schossen in den Himmel. In den ersten neun Monaten des Jahres 2014 konnte XARELTO die Zahlen im Vergleich zu 2013 fast verdoppeln. Von 633 Millionen Euro auf 1,16 Milliarden Euro kletterten sie und verwiesen das Konkurrenz-Produkt PRADAXA mit dem Wirkstoff Dabigatran klar auf die Plätze. Dabei hatte das Medikament bereits 2013 enorm zugelegt. Den Grund dafür wusste der „Arzneimittelreport 2014“ ganz deutlich zu nennen: „Da Dabigatran länger auf dem Markt erhältlich ist und früher eine Zulassungserweiterung als Rivaroxaban bekommen hatte und da bis heute keine pharmakologischen Vorteile oder gravierenden Unterschiede zwischen den beiden Wirkstoffen belegt wurden, kann diese extreme Steigerung bei Rivaroxaban nur durch Marketing- und Werbemaßnahmen zustande gekommen sein.“

Infos zu Xarelto

[Verkauf BMS] STICHWORT BAYER 01/2015

CBG Redaktion

BAYER stößt Plaste-Geschäft ab

Die Chemie stimmt nicht mehr

2013 hatte BAYER noch mit pompösen Feierlichkeiten seinen 150. Geburtstag begangen. Fast auf den Tag genau ein Jahr später legt der Konzern seine Chemie-Geschichte ad acta: Er gibt bekannt, sich von seiner Kunststoff-Sparte trennen zu wollen. Damit beugt der Leverkusener Multi sich dem Drängen der Finanzinvestoren, die einen solchen Schritt seit Langem gefordert haben, und setzt 16.800 Beschäftigte einer ungewissen Zukunft aus.

BAYERs Wurzeln liegen in der Chemie. Seinen Anfang nahm das Unternehmen 1863 mit der Fertigung von synthetischen Farben. Nach und nach kamen dann Arzneimittel, Kunststoffe, Kunstfasern, Pestizide sowie andere Produkte dazu und stellten den Konzern auf vier Säulen: Chemie, Kunststoffe, Pharma und Landwirtschaft. Diese trugen mehr als hundert Jahre. Aber ab den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts geriet die Struktur unter Druck. Der Neoliberalismus und die in seinem Zuge erstarkten Finanzmärkte gaben die Parole „Konzentration auf das Kerngeschäft“ aus. Nach dieser Ideologie sollten die Konzerne den Schwerpunkt auf solche Bereiche legen, in denen sie zu den Top-Anbietern auf dem Weltmarkt gehörten, und den Rest abstoßen. Um den Forderungen Nachdruck zu verschaffen, straften die großen Investoren Zuwiderhandlungen von BAYER & Co. mit einem „Konglomeratsabschlag“. Diesen nahm die Aktien-Gesellschaft lange Zeit in Kauf. Das 4-Säulen-Modell mit seiner komplexen Konstruktion schützte sie nämlich vor feindlichen Übernahmen. Zudem erlaubte es dem Global Player, Schwächephasen einer Sparte mit guten Erträgen bei anderen auszugleichen. Das, was die BörsianerInnen verächtlich „Quersubventionierung“ nannten, half ihm beispielsweise, die Krise um den Cholesterinsenker LIPOBAY zu überstehen, dessen todbringende Nebenwirkungen den Multi zu Schadensersatz-Zahlungen in Milliarden-Höhe zwangen.

BAYER wird zur Holding
Dennoch schwächte der Pharma-GAU das Unternehmen, das sich gerade auf einen Börsengang an der Wall Street vorbereitete, so sehr, dass es den Märkten Entgegenkommen signalisierte – zunächst nur formal. Der Konzern verlieh sich im Jahr 2002 eine Holding-Struktur und spaltete sich in vier voneinander völlig unabhängige Aktien-Gesellschaften auf, was die Loslösung der einzelnen Sparten bedeutend erleichterte. Einen „Umbruch, tief greifender als jeder andere in der BAYER-Geschichte“ nannte der heutige Aufsichtsratsvorsitzende Werner Wenning damals diesen Schritt. Er frohlockte, das Unternehmen werde dadurch „Werttreiber und Wertvernichter noch leichter identifizieren können“ und verkündete unheilvoll: „BAYER wird in der Lage sein, schneller die Konsequenzen daraus zu ziehen.“
Entsprechend positiv reagierte der Aktienmarkt – und entsprechend besorgt zeigten sich Belegschaft und Gewerkschaft. Für sie unterminierte die neue Gesellschaftsform die Tragfähigkeit der Säulen „Chemie“, „Kunststoffe“, „Pharma“ und „Landwirtschaft“. Darüber hinaus sahen sie durch die Vierteilung ihren Einfluss schwinden. Nur zähneknirschend gaben die VertreterInnen der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE im Aufsichtsrat deshalb ihr Placet. Die Zustimmung habe man sich nur durch teure Zugeständnisse abringen lassen, verteidigte sich der damalige Gesamtbetriebsratsvorsitzende Erhard Gipperich und zählte die Übernahme des beschäftigungssichernden Standort-Vertrags durch die AGs, die Schaffung von Standort-Betriebsräten und die Beibehaltung des Gesamtbetriebsrats zu den Verhandlungserfolgen. Der zu dem Zeitpunkt das Amt des IG-BCE-Vorsitzenden innehabende Hubertus Schmoldt kündigte darüber hinaus eine spezielle Tarif-Regelung für die neue Holding an. „Auch das gibt Sicherheit, dass BAYER nicht den Weg der früheren HOECHST beschreitet und sich nach völliger Aufspaltung nur auf den Pharma-Bereich konzentriert“, meinte er.

Die erste Säule fällt
Schon ein Jahr später trieb der Leverkusener Multi dann vermeintliche Wertvernichter auf: Er gab wegen angeblich zu geringer Renditen die Trennung von der Chemie-Abteilung und von Teilen der Kunststoff-Sparte bekannt. Ein Fünftel des Unternehmens stellte der Konzern damit zur Disposition. Nachdem er vorher schon die Geschäftsfelder „Anorganische Chemie“, „Titandioxid“, „Silikon“, „Ingenieur-Keramik“ und „Textil-Farben“ abgestoßen hatte, verabschiedete der Global Player sich nun von diversen Kunststoffen sowie von den Faser-, Leder-, Textil- und Papier-Chemikalien.
Die AktionärInnen jublilierten. Nach den entsprechenden Presse-Meldungen stieg die Aktie um acht Prozent. An den Standorten löste die Nachricht indes einen Schock aus. In Leverkusen gingen BAYER-Beschäftigte sogar auf die Straße und forderten den Erhalt der Chemie-Sparte. Die IG BCE segnete das Vorhaben jedoch – mit dem inzwischen schon habituell gewordenen Zähneknirschen – ab. „Das Herz sagt nein, der Kopf sagt ja”, so Erhard Gipperich. „Hätten wir uns verweigert, wäre es nach 2004 zu Entlassungen gekommen – im großen Stil”, meinte er, abermals auf Konzessionen von Seiten BAYERs verweisend wie etwa die Zusage, die „Standortsicherungsvereinbarung” bis Ende 2007 zu verlängern. Während der inzwischen zum Vorstandsvorsitzenden aufgestiegene Werner Wenning bekundete, der Konzern werde sich künftig „ohne Wenn und Aber” auf Pharma, Landwirtschaft und hochwertige Kunststoff-Materialien stützen, zog die Abspaltung unter dem Namen „LANXESS“ an die Börse. Dort spaltete der als BAYERs „Reste-Rampe“ titulierte Neuling kräftig weiter ab, um die Rendite-Vorgaben des Aktienmarktes erfüllen zu können – und kämpft aktuell mit enormen Schwierigkeiten.

BMS fällt
Der Aderlass ging unterdessen weiter. Dem Manager Magazin zufolge hatte der Leverkusener Multi schon 2007 nach einem Käufer für BAYER MATERIAL SCIENCE (BMS) Ausschau gehalten, aber die Finanzkrise stoppte die Versuche. Zwei Jahre später machten dann Meldungen über Verhandlungen mit der INTERNATIONAL PETROLIUM INVESTMENT COMPANY (IPIC) die Runde. Aber erst der neue BAYER-Chef Marijn Dekkers sollte die Sache schließlich unter Dach und Fach bringen. Schon als die Konzern-Oberen sich auf die Suche nach einem neuen Vorstandsvorsitzenden machten, gehörte ein „Track Record im Portfolio-Management“, also Erfahrung im Kaufen von Firmen und Verkaufen von Betriebsteilen, zum Anforderungsprofil. Und über diese verfügte Dekkers nicht zu knapp. Bei seinem früheren Arbeitgeber hatte er 45 Firmensparten veräußert, die Hälfte der 130 Fabriken dicht gemacht und 5.000 von 13.000 Arbeitsplätzen vernichtet, ehe er FISHER SCIENTIFIC erwarb und damit die Beschäftigtenzahl auf 35.000 erhöhte. Auf solche „Talente“ setzte der Kapitalmarkt. „Von Wennings designiertem Nachfolger Marijn Dekkers erhoffen sich viele Analysten, dass sich der erste nicht im Konzern aufgewachsene Vorstandschef möglichst schnell vom ungeliebten Kunststoff-Geschäft trennt“, hielt der Der Platow-Brief zur Amtseinführung fest. Und das Handelsblatt formulierte ähnliche Erwartungen. Vorerst jedoch hielt der Holländer sich bedeckt. „Für Aussagen ist es viel zu früh“, konstatierte er und nannte als sein Credo: „Evolution statt Revolution“.
Aber im September 2014 gab es dann doch die Revolution, nachdem es vorher schon zu einigen Aufstandsversuchen in Sachen „BMS“ gekommen war. Auch die Übernahme des Geschäfts mit nicht rezeptpflichtigen Arzneien von MERCK & Co. stellt sich im Nachhinein als anti-evolutionäre Tat dar. Durch diese verschoben sich nämlich die Risikoausgleichsmechanismen weg von den drei Säulen zu einer einzigen Sparte hin. Fußpflege-Mittel, Sonnencremes, Allergie- und Magen/Darm-Arzneien sowie Pharmazeutika gegen Erkältungen und Hautkrankheiten werfen zwar keine exorbitanten Profite ab, bescheren dem Konzern aber kontinuierliche Einkünfte und sorgen so für ein gutes Polster, falls einmal eine aussichtsreiche Pharma-Entwicklung floppt.
Eine nicht unwesentliche Rolle bei dem Entschluss, sich BAYER MATERIAL SCIENCE zu entledigen, dürfte der immer größer werdende Einfluss der Finanzinvestoren gespielt haben – aktuell besitzt allein BLACKROCK rund 30 Prozent der BAYER-Aktien (siehe SWB 4/14). Aufspaltung ist nämlich das liebste Spiel der Branche, auch die Mitbewerber DOW CHEMICAL und DUPONT drängen Hedge Funds und andere Akteure momentan, Unternehmensteile zu veräußern. Und so hieß es schließlich: „BAYER will sich in Zukunft ausschließlich auf die Life-Science-Geschäfte HealthCare und CropScience konzentrieren und MaterialScience als eigenständiges Unternehmen an die Börse bringen.“ Bei einem guten Angebot mochten die ManagerInnen einen Verkauf jedoch auch nicht ausschließen.
Was die Rheinische Post „Das Ende einer BAYER-Ära“ nannte, war für Marijn Dekkers lediglich „eine Frage der Investitionspolitik“. Der Süddeutschen Zeitung sagte er: „Wir müssen entscheiden, wofür wir bei BAYER künftig Geld ausgeben wollen (...) Da die Bereiche Gesundheit und Agrarwirtschaft höhere Renditen erwirtschaften, würden wir unsere Ressourcen vor allem dort konzentrieren.“ Er gab dabei sogar noch vor, nicht bloß schnöde Profit-Interessen zu verfolgen, vielmehr auch für BMS nur das Beste zu wollen. Weil die Sparte bei BAYER zu kurz komme, sei es besser, ihr „einen eigenen Zugang zum Kapitalmarkt zu verschaffen“, meinte der Große Vorsitzende. Und im offiziellen Konzern-Statement lässt er sich mit den Worten vernehmen: „Wir sind davon überzeugt, dass MaterialScience die Selbstständigkeit nutzen wird, um die erreichte Stärke noch besser, schneller und flexibler einsetzen zu können.“
Die wirtschaftsfreundliche Presse sprach indes Tacheles. Vom „Abwurf der bisherigen Gift-Pille Chemie“ kündete die Faz, dabei mit ihrer Metaphorik keinesfalls auf die Risiken und Nebenwirkungen von Plaste & Elaste anspielen wollend, sondern lediglich auf die angebliche Ertragsschwäche des Bereichs. Der Aktionär konstatierte derweil trocken: „Last abgestreift“. Und seine Klientel teilte die Einschätzung. Am Tag der Bekanntgabe der Abwicklung erklomm die BAYER-Aktie ein Allzeit-Hoch. „Nun wird das Kind verstoßen – und die Aktionäre applaudieren“, kommentierte die Westdeutsche Zeitung: „Deren Votum ist für den Konzernlenker wichtiger als die Klage der Gewerkschaft, dass die Arbeitnehmer der Kunststoff-Sparte doch zum Weltruhm von BAYER beigetragen hätten.“ In der Börsen-Arithmetik gewann das BAYER-Ganze nach der Devise „Weniger ist mehr“ durch die Subtraktion seiner Teile: Der Konzern stieg im September 2014 zum wertvollsten DAX-Unternehmen auf.
Entsprechend niedergedrückt reagierten Beschäftigte und GewerkschaftlerInnen. „Bei Pharma wird eine Rendite von 30 Prozent erreicht. Wir schaffen zehn Prozent. Aber das reicht dem Vorstand nicht mehr“, so die Uerdinger Betriebsratsvorsitzende Petra Kohnen. „Viele von uns arbeiten in der dritten Generation im Konzern. Nicht als BAYER-Beschäftiger in Rente zu gehen, fällt schwer“, fasste sie die Stimmung unter der Belegschaft zusammen. Immer wieder hatten die ArbeiterInnen und Angestellten an den Kunststoff-Standorten Opfer erbracht, um die angeblich schlechten Geschäftszahlen zu verbessern und die Sparte im Unternehmen zu halten. Sie hatten in den letzten Jahren die Vernichtung von über 2.000 Arbeitsplätzen, Werksschließungen, untertarifliche Bezahlung, Effizienz-Programme und die Streichung von Boni erduldet – und jetzt stellt sich heraus: Das alles war umsonst. Im Aufsichtsrat hatten sich die GewerkschaftsvertreterInnen lange gegen den Plan der BAYER-Oberen gestemmt, mussten letztendlich aber klein beigeben: „Die durch uns kritisierte Abkehr von der Drei-Säulen-Strategie ist durch die Arbeitnehmer-Vertreter im Aufsichtsrat, trotz intensivster Beratungen, nicht zu verhindern gewesen.“ Sonst hätte das Management keine finanziellen Mittel mehr bereitgestellt, womit der Bereich eine äußerst kritische Entwicklung genommen hätte, erläuterten die Delegierten.

Absehbare Reaktionen
Abermals jedoch machte die IG BCE gute Miene zum bösen Spiel. Wie üblich verwies die Gewerkschaft dabei auf dem Global Player abgetrotzte Konzessionen wie die Regelungen der neuen Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV), die eine Arbeitsplatz-Garantie für die BMS-Beschäftigten bis 2020 – also auch noch für die ersten Jahre der Post-BAYER-Zeit – vorsehen. „Die Trennung von MaterialScience ist ein tiefgreifender Einschnitt für die Kolleginnen und Kollegen. Mit dieser Vereinbarung ist es uns jedoch gelungen, eine gute Basis für die Zukunftssicherung der Arbeitsplätze in beiden Gesellschaften zu schaffen“, stellte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Thomas de Win fest. Allerdings gilt diese Übereinkunft nur für die rund 6.500 KollegInnen in den deutschen Werken. Das Schicksal der 10.000 anderen Belegschaftsmitglieder in den über die ganze Welt verstreuten Niederlassungen war nicht Gegenstand der Gespräche. Darum erheben nun auch diese entsprechende Ansprüche. So erklärte Levi Sollie, Vertrauensmann der belgischen Gewerkschaft ALGEMEEN BELGISCH VAKVERBOND (ABVV) bei BAYER MATERIALSCIENCE in Antwerpen: „Die Gewerkschaften fordern eine Jobgarantie, so wie sie die deutsche Belegschaft erhalten hat. BAYER hat die Verantwortung, unsere Löhne und Arbeitsbedingungen für die kommenden Jahre zu garantieren. Im März 2015 wird das Antwerpener BAYER-Werk seinen 50. Geburtstag begehen - den meisten Arbeitern ist aber nicht nach Feiern zu Mute. Worauf wir jetzt zählen, ist ein Abkommen zur Sicherung der Arbeitsplätze“. Darüber gab es zwar erste Verhandlungen, aber dieselben Konditionen wie ihren deutschen KollegInnen wollte der Multi den AntwerpenerInnen nicht zugestehen. So sollte etwa die Arbeitsplatz-Garantie bloß bis 2017 gelten.
Boomende Börsen, betretene Beschäftige, zähneknirschende Zustimmung von Seiten der Gewerkschaft – um das übliche chemische Reaktionsschema bei den Abspaltungsprozessen zu komplettieren, fehlte jetzt eigentlich nur noch die Bestandsgarantie für die verbliebenen Säulen, und auch die folgte umgehend. Mittelfristig stehe eine Trennung vom Pestizid-Geschäft nicht zur Debatte. Es werde auch in fünf Jahren auf jeden Fall noch zu BAYER gehören, gab Dekkers dem Handelsblatt zu Protokoll. In einem anderen Interview kündigte er sogar eine engere Zusammenarbeit der ForscherInnen aus beiden Sparten an. Ob aber die eher vage Klammer „Life Science“ zwei so unterschiedliche Sphären wirklich auf Dauer zusammenhalten kann, bleibt abzuwarten. Die Börsen-Zeitung sieht die Landwirtschaftsabteilung jedenfalls schon auf dem besten Wege, den Staffelstab des „Wertvernichters“ von BMS zu übernehmen: „In diese Position wird in einem Life-Science-Konzern auch das Pflanzenschutz-Geschäft geraten, das zudem zyklisch ist.“ Auf alle Fälle steht der Leverkusener Multi nun vor einem Umstrukturierungsprozess, denn für das, was von dem Konglomerat übrig geblieben ist, braucht es kein Holding-Konstrukt mehr. „Wir werden uns die Organisation ansehen“, sagt der Vorstandsvorsitzende deshalb auch.
Zunächst einmal ist der Konzern jedoch vollauf mit der Abwicklung von BMS beschäftigt. Trotz formaler Eigenständigkeit gestaltet sich die Loslösung nämlich gar nicht so einfach, weil es doch noch viele Verbindungen zu den anderen Unternehmenstöchtern und der Muttergesellschaft gibt. So unterhält MaterialScience zum Chem„park“-Betreiber CURRENTA, einem Gemeinschaftsunternehmen von BAYER und LANXESS, Geschäftsbeziehungen. Auch arbeiten die Dienstleister BAYER BUSINESS SERVICES und BAYER TECHNOLOGY SERVICES für die Kunststoff-Abteilung. Ebenso gilt es, die Vermögenswerte auseinanderzudividieren – und die Schulden. LANXESS hatte der Global Player nämlich damals zum Abschied noch Belastungen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro mit auf den Weg gegeben, was dort für ernstliche Verstimmung sorgte.
Die alte BMS-Mannschaft wollte der Vorstand aus verständlichen Gründen nicht mit den Trennungsaufgaben betrauen. So nimmt jetzt Klaus Schäfer die Position des bisherigen Produktionschefs Tony Van Osselaer ein, der in Rente ging, und auch den Posten des Finanz-Vorstandes besetzte BAYER um. Mit Frank Lutz füllt ihn jetzt ein Mann aus, der auf Erfahrungen bei der DEUTSCHEN BANK und bei GOLDMAN SACHS verweisen kann. Diese beiden Finanzhäuser sind es dann auch, welche den Weg der Plaste & Elaste-Sparte in die Selbstständigkeit vorbereiten. BAYER favorisiert dabei einen regulären Börsengang. Der Konzern-Mutter würde ihr verstoßenes Kind auf diese Weise nämlich einen großen Batzen Geld einbringen. Sollte das Klima an den Aktienmärkten jedoch nicht genügend Erlöse versprechen, so hätte der Konzern noch die Alternative, genauso wie bei der Abspaltung von LANXESS zu verfahren und den bisherigen AktionärInnen des Unternehmens in einem sogenannten Spin-Off Papiere des ausgemusterten Firmenteils zu schenken. „BAYER hätte dann keine Erlöse, dafür müsste die Kunststoff-Sparte erhebliche Teile der Konzern-Schulden tragen“, hält das manager-magazin fest.
Begehrlichkeiten haben aber auch schon Beteiligungsgesellschaften angemeldet. Die Private-Equity-Multis ADVENT, CARLYLE, CINVEN, CVC und KKR haben Ende Oktober 2014 die Gründung eines Konsortiums angekündigt, um MaterialScience zu erwerben. „Kein Kommentar“ – hieß es dazu aus Leverkusen. Die für die Linkspartei im Bundestag sitzende Sahra Wagenknecht warnt den Leverkusener Multi eindringlich davor, auf eine solche Offerte einzugehen. „Beim Börsengang müssen alle Möglichkeiten genutzt werden, damit eine Übernahme des Tochter-Unternehmens durch Zockerbuden so unwahrscheinlich wie möglich wird. Schon 2006 hatte die BAYER AG mit HC STARCK ein Tochter-Unternehmen direkt den Heuschrecken überlassen. Das Ergebnis für die Beschäftigten waren rücksichtloser Stellenabbau und schlechtere Arbeitsbedingungen.“
Aber von moralischen Erwägungen lässt BAYER sich nicht leiten. Sonst hätte der Konzern BMS gar nicht erst zur Disposition gestellt und damit rund 17.000 Beschäftigte einer ungewissen Zukunft ausgesetzt. Das Unternehmen orientiert sich nur am Profit-Prinzip und an den Rendite-Erwartungen von Aktionären wie BLACKROCK, hinter denen Pensionsfonds und Superreiche stehen. Und ein solches Wohlverhalten belohnt die Börse. Sie machte den Global Player nach Bekanntgabe der Trennung von der Plaste-Abteilung nicht nur zum wertvollsten bundesdeutschen Konzern, sie sieht sogar noch Luft nach oben. So gab jüngst die BAADER BANK eine Kauf-Empfehlung ab, weil die Entflechtungsarbeiten so zügig vorankämen. Damit nicht genug, krönte das Manager Magazin den BAYER-Filetierer Marijn Dekkers für seine Schandtat zu schlechter Letzt auch noch zum „Manager des Jahres“. Von Jan Pehrke