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Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”

[Ticker] STICHWORT BAYER 02/2015 – TICKER

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Umbenennungskampagne geht weiter
Am 29. September 2011 jährte sich der Geburtstag des langjährigen BAYER-Generaldirektors Carl Duisberg zum 150. Mal. Um die medialen Ständchen für den Mann zu konterkarieren, der im 1. Weltkrieg verantwortlich für den Einsatz von Giftgas und die Ausbeutung von ZwangsarbeiterInnen war und später einen maßgeblichen Anteil an der Gründung des Mörderkonzerns IG FARBEN hatte, rief die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) eine Kampagne ins Leben. Sie mahnte anlässlich des Jahrestags die Umbenennung von Straßen, Schulen und anderen Einrichtungen an, die Duisbergs Namen tragen. Viele Menschen ließen sich davon anregen und trugen die Forderung in die zuständigen Kommunal-Vertretungen. In Dortmund und Lüdenscheid hatte das schon Erfolg (siehe auch SWB 1/15), während Bonn einen entsprechenden Antrag ablehnte. Aus Waldshut-Tiengen kam ebenfalls ein abschlägiger Bescheid. In anderen Orten, wie z. B. in Frankfurt, Marl und Dormagen, läuft die Kampagne unterdessen weiter. Zudem gibt es neue Aktivitäten. So schrieb ein CBG-Mitglied an Bundestagsmitglieder, um eine Umbenennung der „Carl-Duisberg-Gesellschaft“ (CDG) anzuregen, die auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe tätig ist und staatliche Förderungen erhält. Die Politiker wandten sich wiederum an das Entwicklungshilfe-Ministerium. Dieses antwortete, keine rechtliche Handhabe dafür zu haben, die Gesellschaft umzutaufen, sagte aber zu, mit der CDG eine „neutrale Namensgebung bei öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen“ zu erörtern. Und die CBG selber forderte die „Gesellschaft deutscher Chemiker“ auf, den „Carl-Duisberg-Gedächtnispreis“ nicht länger zu verleihen und sich für die Auszeichnung einen neuen Namenspatron zu suchen. Dem dürfte der Verband allerdings kaum nachkommen, denn in seinem Vorstand sitzt auch ein BAYER-Vertreter. Allerdings sagte der Chefredakteur der Verbandszeitschrift Nachrichten aus der Chemie, Dr. Ernst Guggolz, zu, sich in einer der nächsten Ausgaben mit der Causa Duisberg zu befassen. Darüber hinaus hat sich die Coordination mit dem Begehr an die Universität Marburg gewandt, Duisberg die 1927 verliehene Ehrendoktor-Würde wieder abzuerkennen.

Duisberg-Veranstaltung in Leverkusen
Am 4. März 2015 hielt die Historikerin Kordula Kühlem in Leverkusen einen Vortrag zum Thema „Carl Duisberg, BAYER und der Erste Weltkrieg“. Kühlem, die 2012 die Briefe Carl Duisbergs – with a little help from BAYER – herausgegeben hat, stellte den ehemaligen Generaldirektor des Konzerns als eine historische Randfigur ohne großen politischen Einfluss dar. Diese Bild korrigierte CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes jedoch, indem er auf die Mitgliedschaft des Chemikers in der rechtsextremen „Deutschen Vaterlandspartei“ und die entscheidende Rolle hinwies, die dieser bei der Rekrutierung von ZwangsarbeiterInnen aus dem „Menschenbassin Belgien“ im Ersten Weltkrieg spielte. Unvermeidlich kam bei der Veranstaltung auch der aktuelle Streit um Umbenennungen von „Carl-Duisberg-Straßen“ zur Sprache (s. o.). Die Geschichtswissenschaftlerin räumte in der Diskussion zwar ein, dass man aufgrund von Carl Duisbergs Beteiligung an der Entwicklung von chemischen Kampfstoffen „zu dem Schluss kommen könne, Ehrenbezeugungen rückgängig zu machen“, ihrer eigenen Position entspreche dies jedoch nicht. Für Kordula Kühlem überwogen weiterhin die Verdienste des Mannes.

Promis gegen „Food Partnership“
Die bundesdeutsche Entwicklungshilfe-Politik setzt auf Kooperationen mit der Privatwirtschaft. So hat das „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (BMZ) mit dem Leverkusener Multi, BASF, SYNGENTA und ca. 30 weiteren Konzernen die „German Food Partnership“ (GFP) gegründet (SWB 4/13). Staatliche Mittel fließen unter anderem in zwei Projekte mit BAYER-Beteiligung, die „Better Rice Initiative in Asia“ (BRIA) und die „Competitive African Rice Initiative“ (CARE). Diese dienen dem Agro-Riesen als Vehikel, um seinen nach einer agro-industriellen Produktionsweise verlangenden, sich nicht zur Wiederaussaat eignenden Hybrid-Reis zu vermarkten. Gegen diese Entwicklungshilfe zur Selbsthilfe der Konzerne haben jetzt zahlreiche bekannte Persönlichkeiten gemeinsam mit der Initiative OXFAM protestiert. Der Hamburger TV-Koch Ole Plogstedt setzte einen unter anderem von Jan Delay, Roger Willemsen und Jan Josef Liefers unterzeichneten Offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Entwicklungshilfe-Minister Gerd Müller auf. In dem Schriftstück fragen Plogstedt, Delay & Co. die PolitikerInnen: „Forscher und Nichtregierungsorganisation sind sich einig, dass nur das kleinbäuerliche Anbau-Modell langfristig den globalen Hunger beenden könnte – und nicht die industrielle Landwirtschaft. Wie kommt also das deutsche Ministerium für Entwicklung (BMZ) dazu, Konzern-Giganten wie BAYER, BASF und MONSANTO mit der Hunger-Bekämpfung zu beauftragen?“ Der Leverkusener Multi hingegen weist die Kritik als reflexhaft zurück. „Sobald ein Konzern mit großem Namen im Spiel ist, wird das verteufelt“, moniert „Nachhaltigkeitssprecher“ Martin Märkl nicht ohne zu betonen, wie sehr dem Konzern doch das Los der Kleinbauern und -bäuerinnen am Herz lege.

Unterschriften gegen Alt-Pipeline
Der Leverkusener Multi hat bereits eine Kohlenmonoxid-Pipeline in Betrieb. Seit 2002 darf er das Giftgas nämlich von Dormagen nach Leverkusen in einer zehn Kilometer langen Leitung transportieren. Und das alles unter noch prekäreren Sicherheitsbedingungen als bei dem jetzt zwischen Dormagen und Krefeld fertiggestellten, aber immer noch seiner Betriebsgenehmigung harrenden Röhren-Werk. Die Bezirksregierung Köln hat BAYER damals nämlich einfach erlaubt, eine 1968 für den Transport von Kohlendioxid errichtete Verbindung umzuwidmen und für CO zu benutzen. Dem Global Player zufolge entspricht diese aber gleichwohl dem „Stand der Technik“. Gottfried Schweitzer, langjähriges Mitglied der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN aus Leverkusen, zweifelt das allerdings an. Er hat nicht nur eine Klage gegen die Genehmigung eingereicht, sondern startete auch eine Unterschriften-Aktion zur Stilllegung der Giftgas-Pipeline.

CBG-Vortrag in Drüpplingsen
Ende Januar 2015 hatte der UMWELTVEREIN DRÜPPLINGSEN CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes zu einem Vortrag über die Risiken und Nebenwirkungen von BAYERs Landwirtschaftsgeschäft eingeladen. Bei dessen Bestandsaufnahme, die von Ackergiften bis hin zur Veterinär-Medizin reichte, musste er viel Überzeugungsarbeit leisten. Gut die Hälfte des Publikums bestand nämlich aus Bauern und Bäuerinnen, und überdies zählte ein Pestizid-Berater der Landwirtschaftskammer zu den Gästen. Der CBGler tat sein Bestes und hatte auch gute Argumente, aber alle Anwesenden konnte er trotzdem nicht zur ökologischen Landwirtschaft bekehren.

Aprilscherz der taz
Unter der Überschrift „BAYER unterstützt kritischen Journalismus“ meldete die taz: „Der Pharma-Riese richtet eine Stiftungsprofessur für investigativen Journalismus ein – ausgerechnet an der Hochschule, mit der das Unternehmen selbst Geheimverträge unterhält.“ Aber der Leverkusener Multi tat dies dem Blatt zufolge mit Bedacht. Als ein „klares Bekenntnis zu Transparenz in der privaten Hochschul-Finanzierung“ wollte BAYER-Vorstand Werner Baumann diesen Schritt verstanden wissen. Hochschul-Direktor Axel Freimuth pflichtete ihm bei und nannte die Stiftungsprofessur mit Blick auf die Zusammenarbeit zwischen der Uni und dem Pillen-Riesen auf dem Gebiet der Pharma-Forschung ein „fehlendes Beweisstück für die durchweg lautere Kooperation“. Allein, es war alles zu schön, um wahr zu sein – einen Tag später kam die Ernüchterung. „Von Bewerbungen bei BAYER als Professor bittet die taz abzusehen“, schrieb die Zeitung, bei der Meldung habe es sich um einen Aprilscherz gehandelt.

KAPITAL & ARBEIT

Verkauf der Diagnostika-Sparte
2006 hatte BAYER zur Finanzierung der SCHERING-Übernahme die Diagnostika-Sparte für 4,2 Milliarden Euro an SIEMENS abgestoßen. Nur die Abteilungen mit Kontrastmitteln und Diabetes-Apparaturen verblieben im Unternehmen. Das Geschäft mit den Röntgenkontrastmitteln MAGNEVIST und ULTRAVIST hat der Leverkusener Multi einstweilen seiner Tochterfirma MEDRAD zugeschlagen. Dasjenige mit den Blutzucker-Messgeräten stellte er 2013 gleich ganz zum Verkauf, denn Billiganbieter und die neue Politik der Krankenkassen, die Kosten für die Teststreifen nicht mehr in allen Fällen zu übernehmen, hatten für sinkende Profite gesorgt. Allerdings fand der Pharma-Riese dafür lange keinen Interessenten. Dies gelang erst im Juni 2015. In diesem Monat veräußerte er das Diabetes-Care-Geschäft für rund eine Milliarde Euro an PANASONIC HEALTHCARE, eine dem Unternehmen PANASONIC und dem Finanzinvestor KKR gehörende Gesellschaft. Wie viele Arbeitsplätze damit im Konzern verloren gehen, teilte der Pharma-Riese nicht mit.

Erfolg für belgische Beschäftigte
Im letzten Jahr hatte BAYER die Trennung von der Kunststoff-Sparte BAYER MATERIAL SCIENCE (BMS) bekanntgegeben. Die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE wehrte sich bis zuletzt gegen diesen Schritt, konnte sich letztlich aber nicht durchsetzen. Als „Schmerzensgeld“ gestand das Management der Gewerkschaft eine Arbeitsplatz-Garantie für die BMS-Beschäftigten bis 2020 – also auch noch für die ersten Jahre der Post-BAYER-Zeit – zu. Allerdings galt diese Übereinkunft nur für die rund 6.500 KollegInnen in den deutschen Werken. Das Schicksal der 10.000 anderen Belegschaftsmitglieder in den über die ganze Welt verstreuten Niederlassungen war nicht Gegenstand der Gespräche. Die belgische Gewerkschaft ALGEMEEN BELGISCH VAKVERBOND (ABVV) reagierte prompt und forderte, die Regelung auf die BMS-WerkerInnen am Standort Antwerpen zu übertragen. Der Konzern weigerte sich jedoch lange. Erst nach zähem Ringen gelang es den BetriebsrätInnen schließlich, eine Gleichbehandlung durchzusetzen.

Institute comes home
Der Leverkusener Multi hat die Pestizid-Produktion im US-amerikanischen Institute wieder an seinen früheren Besitzer UNION CARBIDE verkauft. In die Schlagzeilen geriet die Niederlassung 2008 durch eine verheerende Explosion, bei der zwei Arbeiter starben. Auch vorher schon hatten sich in dem einstigen Schwester-Werk der berühmt-berüchtigten Anlage von Bhopal immer wieder Störfälle ereignet. Nach dem großen Knall musste BAYER aus Sicherheitsgründen die Herstellung der Chemikalie Methylisocyanat aufgeben. Zudem drängten die US-amerikanischen Aufsichtsbehörden den Chemie-Riesen dazu, die Fabrikation des gesundheitsgefährdenden Ackergifts Aldicarb und anderer Pestizide einzustellen. Damit begründet das Unternehmen jetzt auch die Desinvestition. „Ohne zusätzliche Produktionskapazität hat BAYER CROPSCIENCE nicht die benötigte kritische Masse, um die Anlage in eigener Regie weiterhin profitabel betreiben zu können“, sagte ein Konzern-Sprecher. Lediglich die Fertigung von Thiodicarb erhält der Pillen-Riese dort – in nun angemieteten Hallen – aufrecht. Dies bietet jedoch nicht genug Beschäftigung für die 150 Belegschaftsangehörigen. Den meisten von ihnen steht deshalb eine ungewisse Zukunft bevor.

Wenning einflussreichster Aufsichtsrat
Mit seinem Posten als BAYER-Aufsichtsratschef fühlt sich Werner Wenning noch längst nicht ausgelastet. Dieselbe Position bekleidet er bei E.ON, und bei SIEMENS rückte er jüngst zum Aufsichtsratsvize vor. Einfache Mandate nimmt er zudem in den Kontrollgremien der DEUTSCHEN BANK und der Versicherungsgesellschaft TALANX wahr. Darüber hinaus hat Wenning Sitze in den Gesellschafter-Ausschüssen von HENKEL und FREUDENBERG. Wegen dieser Ämterhäufung bestimmte die „Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz“ den ehemaligen BAYER-Chef nun zum einflussreichsten Aufsichtsrat der Deutschland AG.

Manager, wechsel-dich
ManagerInnen ist es egal, was sie wo machen, nur ein Schritt auf der Karriere-Leiter muss es sein. Deshalb herrscht seit einiger Zeit ein reges Kommen und Gehen in BAYERs Führungsetage. Olivier Brandicourt, der erst 2013 Jörg Reinhardt als Pharma-Boss ersetzt hatte, weil dieser den Chef-Posten bei NOVARTIS ergattern konnte, kündigte beim Leverkusener Multi, um Vorstandsvorsitzender bei SANOFI zu werden. Geld bekam Reinhardt schon, bevor er überhaupt dort auftauchte: Der französische Pillen-Riese zahlte ihm eine „Antrittsprämie“ in Höhe von vier Millionen Euro. Die Politik reagierte empört. „Diese Leute haben noch nicht einmal die Leitung einer Firma übernommen und bekommen schon eine unverhältnismäßige Zahlung“, kritisierte Regierungssprecher Stephane Le Foll.

BAYER gegen Frauen-Quote
Im März 2015 hat der Bundestag ein Gesetz verabschiedet, das Aktien-Gesellschaften vorschreibt, den Frauen-Anteil in ihren Aufsichtsräten auf mindestens 30 Prozent zu steigern. BAYER zeigte sich darüber alles andere als erfreut. „Ein Freund von vorgeschriebenen Quoten sind wir nicht“, sagte Konzern-Sprecher Markus Siebenmorgen: „Wir besetzen Positionen grundsätzlich nach der jeweiligen Qualifikation und nicht nach Geschlecht.“ Jetzt muss das Unternehmen sich sputen. In seinem Aufsichtsrat sitzen gegenwärtig nämlich nur zu 20 Prozent Frauen, und im Konzern-Führungskreis sind die Herren Manager sogar zu 87 Prozent unter sich.

BAYER zahlt Bonus
Der Leverkusener Multi hat 2014 mal wieder einen Rekord-Gewinn eingefahren und gibt dafür seinen Angestellten auch artig Trinkgeld, sich dabei sichtlich in der Rolle des guten Königs gefallend. 420 Millionen Euro schüttet er an die 18.200 Tarif-Beschäftigten in der Bundesrepublik aus, 90 Millionen mehr als im letzten Jahr. Die Belegschaftsangehörigen von BAYER MATERIALSCIENCE dürften sich jedoch kaum über die Bonus-Zahlung gefreut haben, denn für sie wird es eine der letzten gewesen sein. Der Konzern will nämlich in Zukunft noch höhere Rekord-Gewinne einfahren und betrachtet die Kunststoff-Sparte dabei als Hindernis. Deshalb beschloss er, sich von dem Bereich zu trennen. Wie immer bei BAYER trägt also ein Teil der Belegschaft die Kosten für das, was das Unternehmen „ein sehr erfolgreiches Geschäftsjahr“ nennt.

KONZERN & VERGANGENHEIT

Vor 60 Jahren: Freispruch für Peters
DEGESCH, eine Tochterfirma der vom Leverkusener Multi mitgegründeten IG FARBEN, lieferte im „Dritten Reich“ das Zyklon B für die Gaskammern. Deshalb verurteilte ein Gericht 1949 Gerhard Peters als Geschäftsführer des Unternehmens, das noch bis 1986 zu 37,5 Prozent BAYER gehörte, wegen Beihilfe zum Mord zu einer fünfjährigen Zuchthaus-Strafe. Peters erreichte jedoch – mit Unterstützung von 200 bekannten Persönlichkeiten – eine Wiederaufnahme des Verfahrens, das 1955 tatsächlich mit einem Freispruch endete. Er hatte zwar nach Ansicht der RichterInnen den KZs wirklich das Zyklon B zur Verfügung gestellt und wusste auch genau, wofür, aber die JuristInnen mochten das ganze DEGESCH-Gift nicht komplett als eine Mordwaffe betrachten. Es kann „nicht bewiesen werden, dass mit dem von dem Angeklagten gelieferten Zyklon jemand getötet worden ist“, hieß es im Urteil.

Duisberg auf der Flucht
Der Leverkusener Multi betont bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit, was für ein inniger ArbeiterInnen-Freund sein ehemaliger Generaldirektor Carl Duisberg war (siehe auch AKTION & KRITIK). So hob der Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers auf der vorletzten BAYER-Hauptversammlung – konfrontiert mit der Kritik der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN an Duisberg wegen seiner Verantwortung für den Einsatz von Giftgas und die Ausbeutung von ZwangsarbeiterInnen im Ersten Weltkrieg – die sozialpolitischen Verdienste des Chemikers hervor. „Er ließ Wohnungen für die Arbeiter bauen, verringerte deren wöchentliche Arbeitszeit, er führte soziale Versicherungssysteme ein“, so Dekkers. Besondere Beliebtheit unter den abhängig Beschäftigten hat Carl Duisberg dies jedoch nicht eingebracht. So musste er sich nach der November-Revolution 1918 zweimal auf die Flucht begeben, weil er fürchtete, von KommunistInnen verhaftet zu werden. Und einmal war er dabei sogar gezwungen, sich in die Obhut des ehemaligen Feindes zu begeben: Er suchte in Köln Unterschlupf bei den Besatzungstruppen.

POLITIK & EINFLUSS

Trotz Subventionen: St. Joseph dicht
Anfang 2014 gelang es BAYER, die US-amerikanische Gemeinde St. Joseph mit Abwanderungsplänen so unter Druck zu setzen, dass diese dem Konzern Subventionen für eine Erweiterung der Tierarznei-Produktion gewährte (Ticker 3/14). Ein „Job-Erhaltungsprogramm“ nannte der Stadtverwaltungsmitarbeiter Clint Thompson die Maßnahme damals und hielt zur drohenden Schließung der Fertigungsstätten fest: „Die Gefahr war sehr real.“ Doch all die Steuer-Gelder halfen nichts: Kaum ein Jahr später machte sich der Leverkusener Multi vom Acker. Er verlagerte die Herstellung der Produkt-Reihen DVM und EXPERT CARE nach Shawnee und stellte die Fertigung der übrigen ein (siehe auch IMPERIUM & WELTMARKT).

Duin lädt zum 2. Chemie-Gipfel
Im Herbst 2014 lud der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) zum 2. Chemie-Gipfel. „Die Chemische Industrie nimmt eine Schlüsselposition in der Wirtschaftspolitik der Landesregierung ein. Deshalb wollen wir den Austausch zwischen Vertretern der Branche und der Politik im partnerschaftlichen Dialog weiter intensivieren“, so Duin zum Sinn der Übung. Die BAYER-Belange fanden dabei durch Günter Hilken und Frank Löllgen Berücksichtigung. Hilken sitzt nämlich nicht nur der NRW-Sektion des „Verbandes der Chemischen Industrie“ vor, sondern auch der 60-prozentigen BAYER-Tochter CURRENTA. Und Löllgen, der Vorsitzende des Nordrhein-Bezirkes der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE), hat beim Leverkusener Multi seine Ausbildung zum Chemie-Laboranten absolviert. Auf der Tagesordnung des Treffens stand unter anderem das Thema „Energiekosten“, das der Minister nutzte, um seinen unermüdlichen Einsatz für die Chemie-Unternehmen hervorzuheben. So verwies er darauf, bei den Beratungen zum „Erneuerbare-Energien-Gesetz“ mit dafür gesorgt zu haben, dass energie-intensive Betriebe weiterhin Rabatte bei der Ökostrom-Umlage erhalten. Hilgers honorierte das auch: „Wir begrüßen es sehr, bei Minister Duin stets auf offene Ohren für die Herausforderungen unserer Branche zu treffen.“ Zum großen Bedauern der Runde stoßen BAYER & Co. draußen nicht auf so aufnahmebereite Hör-Organe. Doch daran wollen Wirtschaft und Politik weiter arbeiten: „Übereinstimmend betonten die Teilnehmer, dass die Akzeptanz für Industrie und Infrastruktur-Projekte in der Bevölkerung weiter gestärkt werden muss“. Als Stärkungsmittel dienen ihnen dabei unter anderem Nachbarschaftsbüros, Public-Viewing-Veranstaltungen bei Sport-Events und pseudo-partizipative Formate wie „Dialog schafft Zukunft“.

Weihnachtsempfang ohne SPD-Granden
Sonst haben SozialdemokratInnen eigentlich kaum Berührungsängste mit dem Leverkusener Multi. Aber zum Berliner Weihnachtsempfang des Global Players traute sich keiner von den Granden. Ein unterer Partei-Charge musste sie bei Norbert Lemken, dem Leiter des BAYER-Verbindungsbüros in der Hauptstadt, entschuldigen: Die Ober-GenossInnen dürften in allzu nahem Dunstkreis der Industrie leider nicht gesehen werden.

Dekkers will Wagniskapital-Gesetz
Die Bundesregierung und die bundeseigene „Kreditanstalt für Wiederaufbau“ unterstützen bereits den Hightech-Gründerfonds II von BAYER, BASF, BOSCH & Co., der jungen Pharma- und Biotech-Firmen Startkapital zur Verfügung stellt. Auf dem von der Zeitung Die Welt veranstalteten „Wirtschaftsgipfel“, an dem unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel, EZB-Chef Mario Draghi, Finanzminister Wolfgang Schäuble und Innenminister Thomas de Maizière teilnahmen, forderte Ober-BAYER Marijn Dekkers die Große Koalition jedoch auf, mehr zu tun. „Ein ganz wichtiges Thema ist für mich die Finanzierung junger Unternehmen. Wir brauchen ein neues Wagniskapital-Gesetz“, verlangte er und erhielt dafür viel Zustimmung.

PROPAGANDA & MEDIEN

BAYER: Null Problemo mit ASPIRIN
Wenn BAYER-WissenschaftlerInnen erforschen, was BAYER-WissenschaftlerInnen zu den Risiken und Nebenwirkungen einer Pille erforschten, die BAYER-WissenschaftlerInnen entwickelt hatten, dann ist das Ergebnis unschwer zu erraten: Es spricht nichts gegen die Arznei. Trotzdem räumte die Pharmazeutische Zeitung BAYERs Pharma-Manager Uwe Gessner sechs Seiten für das Unterfangen ein, dem immer wieder wegen der Nebenwirkung „Magenbluten“ inkriminierten ASPIRIN (Wirkstoff: Acetylsalicylsäure) einen Persilschein auszustellen. „In der Meta-Analyse auf Basis der individuellen Daten von über 13.000 Patienten ergab sich, dass bei der für die Selbstmedikation von akuten Schmerzen, Fieber und Erkältungssymptomen üblichen niedrigen Dosierung und kurzer Behandlungsdauer das Risiko unerwünschter Ergebnisse unter Acetylsalicylsäure gering ist. Insbesondere traten praktisch keine schwerwiegenden gastrointestinalen (zum Beispiel Blutung oder Perforation) oder nicht-gastrointestinalen (zum Beispiel Hirnblutung) Komplikationen auf“, lautet sein wenig überraschender Befund. Vorsichtshalber hat Gessner nicht meta-analysiert, was für unerwünschte Arznei-Effekte ASPIRIN bei Menschen hervorruft, die das Pharmazeutikum über einen längeren Zeitraum hinweg nehmen, beispielsweise weil sie der BAYER-PR Glauben schenkten, das Produkt beuge Herzinfarkten vor.

Mehr BAYCUSAN-Werbung
Der Leverkusener Multi erschließt seinen unter dem Namen BAYCUSAN als Rohstoffe für die Kosmetik-Branche vertriebenen Mikroplastik-Produkten immer neue Absatzmärkte (siehe WASSER, BODEN & LUFT) und sorgt so für eine immer größere Belastung der Weltmeere mit Schadstoffen. Jetzt hat der Konzern sogar eine Werbeagentur verpflichtet, um Polyurethan-32 & Co. unter dem Motto „Beauty made possible“ bei der internationalen Schönheitsindustrie noch bekannter zu machen.

BAYERs Kreislauf-Kurzschluss
BAYERs Kunststoff-Produktion entspricht mitnichten ökologischen Kriterien. Sie basiert zum größten Teil auf fossilen Grundstoffen, verbraucht Unmengen von Strom, bei dessen Erzeugung Erneuerbare Energien nur eine verschwindend geringe Rolle spielen, und die Produkte selber wie zum Beispiel Mikroplastik (s. o.) gefährden Mensch, Tier und Umwelt in beträchtlichem Maße. Das alles hält den Konzern aber nicht davon ab, sich als Umweltengel zu präsentieren. So lud er auf einer Kunststoff-Fachmesse in Holland zu einer Veranstaltung, bei der die Entwicklung von Lösungen zu nachhaltigeren Herstellungstechniken auf der Agenda stand. Und das verleitete das Fachblatt MM Maschinenmarkt dann zu der Überschrift: „BAYER lebt Kreislaufwirtschaft.“

Viel mehr Geld für Selbsthilfegruppen
BAYER sponsert Selbsthilfegruppen und PatientInnen-Organisationen in hohem Maße. Gegenüber 2013 verdoppelte der Leverkusener Multi seinen Etat fast noch einmal und schüttete über 500.000 Euro aus. Zuwendungen erhalten hauptsächlich diejenigen Verbände, für die der Konzern die entsprechenden Medikamente bereithält: Sehbehinderten-, Diabetes-, Krebs-, Bluter-, Lungenkrankheiten- sowie Multiple-Sklerose-Vereinigungen. Allein solche Gesellschaften wie der „Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband“ , die dem Pharma-Riesen KundInnen für sein Augen-Präparat EYLEA zuführen könnten, bekamen mit 271.000 Euro beinahe genauso viel wie im Jahr zuvor alle Vereine zusammen. Der Leverkusener Multi selber weist hingegen finanzielle Motive für sein Engagement weit von sich und führt andere Gründe an. „BAYER betrachtet die Zusammenarbeit mit Patienten-Organisationen als wichtigen Bestandteil seiner Arbeit, um die Bedürfnisse der Betroffenen besser identifizieren und verstehen zu können“, so Jens Lipinski von der Abteilung „Patient Relations“.

EYLEA-Rundumbetreuung

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Der Leverkusener Multi versucht zunehmend, Kranke mit „Patienten-Unterstützungsprogrammen“ längerfristig an seine Arzneien zu binden. Solche Angebote hält der Pharma-Riese nicht nur Menschen für mit Multipler Sklerose bereit, sondern auch für solche, die wegen einer Makula-Degeneration – einer Augenerkrankung, die zur Blindheit führen kann – sein Gentech-Präparat EYLEA nehmen, das in den Zulassungstests anderen Mitteln gegenüber bloß seine „Nicht-Unterlegenheit“ demonstrierte. Und um die Rundumbetreuung namens „VisusVital“ bekannt zu machen, hat BAYER viele Partner gewinnen können. So verpflichtete der Konzern Professor Dr. Norbert Schrage für einen Auftritt auf der „SightCity“, einer Messe für Sehbehinderten-Hilfsmittel. „Patienten mit chronischen Augenerkrankungen haben besondere Bedürfnisse, die in der Arztpraxis nicht immer erfüllt werden. Denn sie benötigen mehr als reine medikamentöse Therapien. Diese müssen durch geeignete Unterstützungs- und Versorgungsangebote optimiert werden“ – mit diesen Worten warb der Chefarzt der Augenklinik Köln-Merheim auf dem vom Global Player arrangierten Pressegespräch für das PatientInnen-Unterstützungsprogramm. Mit Markus Georg ließ sich auch der Geschäftsführer der PatientInnen-Organisation „Pro Retina“, die im Jahr 2014 33.000 Euro vom Pillen-Produzenten erhielt, in die PR-Kampagne einspannen. Zudem gelang es dem Unternehmen noch, die Reklame für „VisusVital“ in dem Fachblatt Der Augenarzt unterzubringen, das gerne auch BAYER-Pressemeldungen zu EYLEA unkommentiert abdruckt.

EYLEA-Rundumbetreuung

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Nicht nur die an einer Makula-Degeneration leidenden PatientInnen will der Leverkusener Multi zur Verkaufsförderung seines Gentech-Mittels EYLEA enger an sich binden (s. o.), sondern auch deren Angehörige. So bietet er in Tateinheit mit MedizinerInnen, der BARMER-Krankenkasse sowie den – von ihm großzügig alimentierten – PatientInnen-Organisationen AMD-Netz und „Pro Retina“ Workshops für Familien-Mitglieder der Erkrankten an.

WFH-Präsident in BAYER-Diensten
BAYERs Investitionen in PatientInnen-Organisationen lohnen sich, denn diese revanchieren sich mit „Freundschaftsdiensten“. So erteilte der Präsident des Bluter-Verbandes „World Federation of Hemophilia“, Mark Skinner, jüngst einem neuen Therapie-Ansatz des Leverkusener Multis die Absolution, obwohl die Entwicklung sich noch in einem frühen Stadium befindet. Zu den Versuchen des Leverkusener Multis, ein Gen, das den Gerinnungsfaktor VIII produziert, direkt in die Leber einzuführen, um so das bisher nötige tägliche Spritzen zu ersetzen (Ticker 4/14), lässt er sich mit den Worten vernehmen: „Eine einzige Behandlung wäre ein Segen und würde die Belastungen einer lebenslangen prophylaktischen Therapie enorm senken.“

Bienen-Kümmerer BAYER
Der Leverkusener Multi steht wegen seiner bienenschädigenden Pestizide GAUCHO und PONCHO, welche die EU vorerst bis Ende 2015 aus dem Verkehr gezogen hat, in der Kritik. Darum verstärkt der Konzern seine PR-Aktivitäten. Wo das Unternehmen nicht schlicht versucht, die Fakten abzustreiten, da inszeniert es sich als Bienenkümmerer. Der Global Player fördert nicht nur das Anlegen von Ackerrand-Streifen mit pollen-reichen Blütenpflanzen sowie von Bienenweiden und gründet „Bee Care Center“, sondern unterstützt auch Forschungsvorhaben zum Erhalt der Bienengesundheit. Im Februar 2015 spendete er in den USA zudem 100.000 Dollar, um die Ernährungslage der Bienen vor Beginn der Mandelblüte zu verbessern.

ASPIRIN-Sozialpreis an App
Während der Konzern de facto immer unsozialer wird, indem er Arbeitsplätze vernichtet und Arbeitsbedingungen verschärft, macht seine PR-Abteilung seit einiger Zeit verstärkt auf „sozial“. So hat diese den ASPIRIN-Sozialpreis ins Leben gerufen. 2015 ging die Auszeichnung an die EntwicklerInnen einer App, die Ess-Gestörten dabei hilft, die Nahrungsaufnahme zu protokollieren.

TIERE & ARZNEIEN

BAYTRIL-Mengenrabatt
Der massenhafte Einsatz von Antibiotika wie BAYERs BAYTRIL in der Massentierhaltung führt zur Entwicklung resistenter Krankheitserreger. Gelangen diese in den menschlichen Organismus, so können MedizinerInnen oftmals nichts mehr gegen die Keime ausrichten, was eine massive Gesundheitsgefahr darstellt. Ein Grund für die Verbreitung der Mittel sind auch die oligopol-haften Strukturen bei den VeterinärInnen. So bedienen die zehn größten Praxen die Geflügel- und Kälbermastbetriebe fast im Alleingang: Ihr Marktanteil beträgt 90 Prozent. Und sie können BAYTRIL & Co. zu Konditionen anbieten, zu denen es manche TierärztInnen nicht einmal im Einkauf bekommen, weil die Pharma-Riesen Mengen-Rabatte gewähren. Die GESELLSCHAFT FÜR GANZHEITLICHE TIERMEDIZIN und der BUND fordern deshalb die Einführung von Festpreisen, um die Kosten für die Arzneien zu erhöhen und so Anreize für einen geringeren Verbrauch zu setzen.

DRUGS & PILLS

ESSURE ruft FDA auf den Plan
Bei ESSURE, BAYERs ohne Hormone auskommendes Mittel zur Sterilisation, handelt es sich um eine kleine Spirale, deren Kunststoff-Fasern für ein so großes Wachstum des Bindegewebes sorgen sollen, dass sich nach etwa drei Monaten die Eileiter verschließen. Allzu oft jedoch bleibt die Spirale nicht an dem vorgesehenen Ort, sondern wandert im Körper umher und verursacht Risse an den Wänden innerer Organe, was zu lebensgefährlichen inneren Blutungen führen kann. Auch Hautausschläge, Kopfschmerzen, Übelkeit und Allergien zählen zu den möglichen Gesundheitsschädigungen. Vier Meldungen über Todesfälle und mehr als 5.000 über unerwünschte Arznei-Effekte hat die US-Gesundheitsbehörde FDA seit der Zulassung des Medizin-Produktes im Jahr 2002 bereits erhalten. Viele dieser Nebenwirkungen haben schon die Probandinnen in den Zulassungstests erlitten. In den Protokollen der Klinischen Prüfungen tauchten diese Angaben jedoch oft nicht auf. Eine Teilnehmerin berichtete dem US-Sender ABC, wenn sie über starke Menstruationsbeschwerden klagte, hätten die ÄrztInnen das „stark“ in dem Versuchsprotokoll einfach gestrichen. Auch vermerkten diese darin, es wäre unwahrscheinlich, dass die schweren Menstruationsblutungen der Frau auf das Präparat zurückgingen. Eine Gruppe von ESSURE-Geschädigten hat die FDA deshalb in einer Petition aufgefordert, die Zulassungstests noch einmal zu überprüfen. Und die Behörde hat daraufhin eine Untersuchung eingeleitet.

Gefälle bei YASMIN-Verordnungen
Frauen, die drospirenon-haltige Pillen wie BAYERs YASMIN zur Empfängnis-Verhütung nehmen, tragen im Vergleich zu solchen, die levonorgestrel-haltige Kontrazeptiva bevorzugen, ein bis zu doppelt so hohes Risiko, eine Thromboembolie zu erleiden. Das hat bereits zu hunderten von Todesfällen geführt und die Gesundheitsbehörden einiger Länder zu Reaktionen veranlasst. So erstatten etwa die Krankenkassen in Frankreich die Kosten für YASMIN & Co. nicht mehr. Das hat sich merklich auf die Verordnungszahlen ausgewirkt: Sie sanken 2013 um 45 Prozent. Gleichzeitig gingen die Fälle von Lungen-Embolien bei den 15- bis 45-jährigen Frauen um 11,2 Prozent und bei den 15- bis 19-jährigen Frauen sogar um 27,9 Prozent zurück. Hierzulande hat sich allerdings noch nichts getan. Immer noch entfallen auf YASMIN und andere Präparate der 3. Generation zwei Drittel aller Rezepte. Das industrie-unabhängige Fachblatt arznei-telegramm (a-t) macht dafür neben nicht ausreichend vor den Gefahren warnenden Fach-Informationen auch das Verhalten der ÄrztInnen-Verbände verantwortlich. So bezeichnet etwa der „Berufsverband der Frauenärzte“ (BVF) Thrombosen infolge der Einnahme dieser Präparate als „sehr seltene Komplikation“ und attestiert ihnen eine bessere Verträglichkeit als Pillen der 1. und 2. Generation. Auch führen Drospirenon-Produkte im Gegensatz etwa zu levonorgestrel-haltigen Arzneien dem BVF zufolge nicht zu einer Gewichtszunahme. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hat die MedizinerInnen-Organisation wie auch die „Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe“ angeschrieben und wegen ihrer Verharmlosung von YASMIN & Co. scharf kritisiert. Der BVF wies die Vorwürfe zurück und stützte sich dabei auf eine Studie des nicht gerade industrie-fernen Berliner ZEG-Institutes. Zu dessen Leitern gehört mit Jürgen C. Dinger nämlich ein ehemaliger Beschäftigter des SCHERING-Konzerns, der YASMIN entwickelt hatte und damit 2006, als BAYER die Berliner Aktien-Gesellschaft übernahm, die Produktpalette des Leverkusener Multis erweiterte. Das arznei-telegramm fordert derweil eine Überarbeitung der Fach-Informationen und einen Ausschluss von Pillen mit dem Wirkstoff Drospirenon aus der Erstattungspflicht. Ein kompletter Verzicht auf diese Medikamente würde die Zahl der Thrombose-Vorfälle um 250 senken, konstatiert das a-t.

Leitlinien-Empfehlung für XOFIGO
XOFIGO, BAYERs Medikament zur Behandlung der Prostatakrebs-Art CRPC, hat Aufnahme in die Leitlinien zur Prostatakrebs-Therapie gefunden. Die zuständige Kommission bezeichnete die Arznei mit dem Wirkstoff Radium-223-Dichlorid, mit dem ÄrztInnen PatientInnen bestrahlen dürfen, wenn eine Hormon-Behandlung erfolglos geblieben ist und sich zudem noch Metastasen im Knochen gebildet haben, als eine „Option“. Dabei verlängerte das Mittel bei den Klinischen Tests die Lebensdauer der Krebs-Kranken noch nicht einmal um drei Monate. Aber der Leverkusener Multi konnte sich auf das Votum von willigen MedizinerInnen wie den Professoren Dr. Axel Heidenreich und Dr. Kurt Miller verlassen, die er auf seiner Gehaltsliste führt. Heidenreich gehört einem Beratungsgremium von BAYER an und hält Vorträge für den Pharma-Riesen. So machte der Leiter der Urologie am Klinikum Aachen etwa bei dem Symposium „Mehr als ASPIRIN – BAYER in der Onkologie“ Werbung für XOFIGO, die das Deutsche Ärzteblatt anschließend unter dem Titel „Radium-223-Dichlorid: Innovativer Wirk-Mechanismus gegen Knochen-Metastasen“ veröffentlichte. Und auch bei der Jahrestagung der „Deutschen Gesellschaft für Urologie“ pries der Arzt das Mittel an. Dr. Miller von der Berliner Charité verdingte sich derweil bei dem Pressetermin zur Zulassung des BAYER-Präparats als Mietmaul und verdiente sich zudem noch etwas durch XOFIGO-Workshops dazu.

NICE ändert seine XOFIGO-Meinung
Im März hatte das britische „National Institute for Health and Care Excellence“ (NICE) eine Kosten/Nutzen-Analyse von BAYERs Strahlentherapie-Medikament XOFIGO durchgeführt und der Arznei kein gutes Zeugnis ausgestellt (Ticker 4/14). Die vom Leverkusener Multi eingereichten Unterlagen gaben nicht genügend Hinweise darauf, dass „die Vorteile die beträchtlichen Kosten rechtfertigen“, so die Behörde damals. Nachdem der Konzern Dokumente nachgereicht hatte, entschied sich das NICE jedoch um und sprach eine Empfehlung für das Präparat aus.

Endometriose-Fortschritte bei EVOTEC
Der Leverkusener Multi unternimmt derzeit einige Anstrengungen, mehr Mittel zur Behandlung der Endometriose, einer gutartigen Wucherung der Gebärmutter-Schleimhaut, herauszubringen. Neben der Markt-Einführung von VISANNE, in deren Gefolge er die Produktion der ebenfalls zur Therapie dieser Gesundheitsstörung geeigneten, aber viel preiswerteren Verhütungsmittel VALETTE und CHLORMADINON kurzerhand einstellte (Ticker 4/14), unterhält der Konzern noch mehrere Endometriose-Forschungskooperationen. So arbeitet er auf diesem Gebiet mit der Universität Oxford und mit dem Hamburger Biotech-Unternehmen EVOTEC zusammen. Dieses verkündete nun entscheidende Entwicklungsfortschritte.

BEPANTHEN bei Tattoo-Entfernung?
Dank BAYER-Geld hat die Wissenschaft festgestellt: Zur Nachbehandlung der Haut bei Tattoo-Entfernungen per Laser eignet sich die BAYER-Salbe BEPANTHEN hervorragend. „Nach unseren Forschungsergebnissen ermöglicht BEPANTHEN Wund- und Heilsalbe eine raschere Wundheilung als Vaseline“, erklärte Dr. Jens Malte Baron von der Aachener „Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule“ auf einer Presse-Veranstaltung des Leverkusener Multis zu den Resultaten einer vom Global Player gesponserten Studie. Sogar die Entwicklung des Versuchsmodells, das der Untersuchung zugrunde liegt, finanzierte der Konzern.

GADOVIST für Kleinstkinder
Der Leverkusener Multi hat in den USA für sein Röntgen-Kontrastmittel GADOVIST (auch GADAVIST) eine erweiterte Zulassung erhalten. MedizinerInnen dürfen das Präparat künftig auch bei Kindern unter zwei Jahren verwenden. Der Entscheidung der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA lagen Tests des Pharma-Riesen zugrunde, die dem Mittel eine ausreichende Sicherheit für einen solchen Einsatz bescheinigten. Dabei gehen von GADOVIST ebenso wie von BAYERs anderem Kontrastmittel MAGNEVIST sehr wohl Gesundheitsgefahren aus. Die beiden Präparate enthalten nämlich Gadolinium, das bei Nierenkranken ein unkontrolliertes Wachstum des Bindegewebes mit Todesfolge auslösen kann, weshalb der Konzern sich schon mit Schadensersatz-Klagen konfrontiert sah (Ticker 3/11).

Kein STIVARGA bei Darmkrebs
BAYERs Krebsmedikament STIVARGA mit dem Wirkstoff Regorafenib ist als Mittel der 2. Wahl zur Behandlung von fortgeschrittenem Darmkrebs zugelassen. Zudem dürfen es die MedizinerInnen bei PatientInnen mit GIST – einer bestimmten Art von Verdauungstrakt-Tumoren – anwenden. Auf eine Erweiterung des Anwendungsspektrums kann der Konzern vorerst jedoch nicht zählen. Er musste eine Studie zur Therapie einer Darmkrebs-Art, bei der die Metastasen in die Leber streuen, abbrechen, weil sich nur 25 statt 750 ProbandInnen fanden. Die Anforderungen an die TeilnehmerInnen seien zu speziell gewesen, verlautete aus der Firmen-Zentrale. Aber der Pharma-Riese lässt sich davon nicht entmutigen: „Wir werden (...) weiter schauen, was für Möglichkeiten es noch gibt, den Einsatz von Regorafenib auch im Bereich von Darmkrebs weiter zu untersuchen.“

Arznei-Tests: vereinheitlicht und schneller
Die Pillen-Riesen lagern immer mehr Arznei-Tests in ärmere Länder aus. Dort winken günstigere Preise, ein großes Reservoir an ProbandInnen und eine mangelhafte Aufsicht. Die Folge: Immer wieder kommt es zu Todesfällen. So starben 2011 in Indien 20 Menschen bei Erprobungen von BAYER-Medikamenten. Die EU bemüht sich jedoch darum, wieder mehr Pillen-Prüfungen in heimische Gefilde zurückzuholen und begegnet der Konkurrenz, indem sie ihrerseits die Sicherheitsstandards senkt. So hat Brüssel mit der Verordnung Nr. 536/2014 ein beschleunigtes und europa-weit vereinheitlichtes Genehmigungsverfahren für Medikamenten-Erprobungen eingeführt.

Fünf Arzneien in beschleunigter Entwicklung
In der Pharma-Forschung hat der Leverkusener Multi fünf Wirkstoffe als besonders aussichtsreich identifiziert und forciert deshalb deren Entwicklung besonders. Dabei handelt es sich um Molidustat zur Behandlung von Blutarmut mit begleitender Nierenschwäche, einen Phosphatidylinositol-Hemmer zur Tumor-Therapie, Vilaprisan für das Anwendungsgebiet „Gebärmutter-Geschwüre“ sowie Finerenon und einen Guanylatcyklase-Hemmer für die Indikation „Herzinsuffizienz“.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Mehr Pestizide wg. Klimawandel
Der Klimawandel, den BAYER & Co. durch den massenhaften Ausstoß von Kohlendioxid befördern, hat auch Einfluss auf den Pestizid-Verbrauch. Durch die Erderwärmung blühen nämlich die Ackerfrüchte früher – und mit ihnen auch die Wildgräser und Schadpilze. Darum lag hierzulande beispielsweise die Nachfrage nach Agro-Chemikalien im Februar und März 2014 um 15 Prozent über derjenigen des Vorjahres-Zeitraums. „Aufgrund der milden Witterung gab es ein durchgehendes Wachstum von Ungräsern im Wintergetreide, was dann höhere Aufwand-Mengen bei den Herbiziden erforderlich machte. Bei Fungiziden waren ungewöhnlich früh erste Rost-Infektionen zu verzeichnen. Insgesamt führte dieses Befallsgeschehen zu einem früheren und höheren Bedarf an Pflanzenschutzmitteln“, resümierte BAYER die Lage erfreut.

Neues Wurm-Mittel
Die Absatz-Chancen für Pestizide auf biologischer Basis vergrößern sich. ExpertInnen sagen für das Jahr 2020 ein Markt-Potenzial von drei Milliarden Dollar voraus. Darum baut BAYER diese Sparte aus. Der Leverkusener Multi will seinen Agrogift-Schrank jedoch nicht gleich entsorgen; „best of both worlds“ lautet die Devise. Und diese gedenkt er jetzt sogar in einem einzigen Produkt zusammenzuführen. Der Konzern entwickelt ein Mittel gegen Würmer, das sowohl mit der Agro-Chemikalie Fluopyram als auch mit dem Bodenpilz Purpureocillium lilacinum bestückt ist. Dieses Biologikum, den der Global Player als „BioAct“ markenrechtlich geschützt hat, soll bereits die Eier von Fadenwurm & Co. befallen und so eine Vermehrung verhindern.

Mehr Glufosinat aus Höchst
BAYERs Pestizid-Wirkstoff Glufosinat erfreut sich derzeit einer großen Nachfrage, weil immer mehr Wildpflanzen der MONSANTO-Substanz Glyphosat trotzen. Der Leverkusener Multi will deshalb am Standort Höchst die Produktion der Substanz, die er unter anderem in Kombination mit gentechnisch verändertem Saatgut vermarktet, auf 16.000 Tonnen im Jahr verdoppeln. Zuvor hatte der Agro-Riese bereits die Kapazitäten in Hürth bei Köln erweitert, obwohl die EU angekündigt hat, die Substanz 2017 wegen ihrer Gefährlichkeit aus dem Verkehr zu ziehen. Der Global Player hat es nämlich hauptsächlich auf die Absatz-Märkte in Südamerika und in den USA, wo er unlängst mit dem Bau einer neuen Glufosinat-Fertigungsstätte begonnen hat, abgesehen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN kritisiert diese Praxis der doppelten Standards scharf und fordert ein weltweites Verbot der Chemikalie. „Es ist zynisch, im Ausland eine Anbau-Technik zu forcieren, die mit der Verwendung eines hochgiftigen und bei uns demnächst verbotenen Pestizids verknüpft ist. Das Schicksal der LandarbeiterInnen und Landarbeiter in Lateinamerika oder Asien ist dem Konzern augenscheinlich gleichgültig.“

Weniger GAUCHO aus Ontario
GAUCHO und PONCHO, die beiden BAYER-Pestizide aus der Gruppe der Neonicotinoide, haben einen großen Anteil am weltweiten Bienensterben. Die EU hat die Mittel deshalb vorerst bis Ende 2015 aus dem Verkehr gezogen und prüft ein generelles Verbot. Und jetzt hat auch ein kanadischer Bundesstaat reagiert: Ontario will den Einsatz von GAUCHO & Co. bis 2017 um 80 Prozent reduzieren. Vorausgegangen war der Entscheidung eine Untersuchung der Aufsichtsbehörde PMRA, nach der sich 2012 und 2013 in über 70 Prozent der toten Bienen Spuren von Neonicotinoiden fanden.

Neue Neonicotinoid-Studien
WissenschaftlerInnen finden immer mehr Beweise für die bienenschädigende Wirkung von GAUCHO, PONCHO und anderen Pestiziden aus der Gruppe der Neonicotinoide (s. o.). Gleich drei neue Studien legen Belege dafür vor. ForscherInnen der schwedischen Lund-Universität haben auf Rapsfeldern einmal BAYERs ELADO, das neben dem Neonicotinoid Clothianidin auch Beta-Cyfluthrin gegen Pilz-Befall enthält, und einmal nur Beta-Cyfluthrin pur ausgebracht. Ergebnis: Auf den Äckern ohne Neonicotinoide vermehrten sich Wildbienen und Hummeln deutlich besser; nur bei den Honigbienen zeigten sich keine Unterschiede. Eine Studie des EU-Wissenschaftsnetzwerks EASAC kam zu einem ähnlichen Befund und stellte zudem negative Auswirkungen von GAUCHO & Co. auf Pflanzen-Bestäuber wie Motten und Schmetterlinge fest. Und ForscherInnen der Newcastler Hochschule verglichen die Mittel sogar mit Drogen. „Die Tatsache, dass Bienen eine Vorliebe für neonicotinoid-belastete Nahrung haben, ist besorgniserregend, weil sie vermuten lässt, dass die Neonicotinoide ähnlich wie Nikotin als Droge wirken“, konstatierten sie. Darum reicht es ihnen zufolge nicht aus, den Bienen in der Nähe der kontaminierten Felder Blühstreifen mit Nahrungsalternativen anzubieten. Eine Einschränkung der Neonicotinoid-Verwendung sei womöglich der einzige Weg, den Rückgang der Bestäuber-Populationen aufzuhalten, so ihr Votum laut dpa. BAYER bezweifelt die Ergebnisse jedoch. Den WissenschaftlerInnen aus Newcastle wirft der Leverkusener Multi vor, mit zu hohen Wirkstoff-Konzentrationen gearbeitet zu haben, und bei der Untersuchung aus Schweden macht er methodische Mängel aus und bestreitet überdies die „Robustheit der Daten“.

Mangelhafte CALYPSO-Beratung
Der BUND hat untersucht, inwieweit Gartencenter und Baumärkte beim Kauf von Haushaltsgiften auf Risiken und Nebenwirkungen hinweisen. Dazu hat die Initiative in 17 Geschäften die BAYER-Produkte SCHÄDLINGSFREI CALYPSO und ZIERPFLANZENSPRAY LIZETAN sowie MONSANTOs ROUNDUP erworben. Die Bilanz fiel nicht eben gut aus. So resümiert der Umweltverband die Verkaufsgespräche zu CALYPSO wie folgt: „Auf die Gesundheitsgefahren (...) wurde bei der Beratung kaum eingegangen. Selten wurde empfohlen, bei der Ausbringung des Mittels Haut, Augen und Mund zu schützen. Die mögliche krebserregende Wirkung von SCHÄDLINGSFREI CALYPSO wurde nicht benannt.“

GENE & KLONE

Milliarden-Schaden durch LL601
Im Jahr 2006 war gentechnisch veränderter Langkorn-Reis von BAYER weltweit in Supermärkten aufgetaucht, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch nirgendwo eine Zulassung für die gegen das hochgefährliche Herbizid Glufosinat (Produktname: LIBERTY) resistente Sorte vorlag. Rund 30 Prozent der US-amerikanischen Ernte hatte der LL601-Reis verunreinigt. Für die LandwirtInnen, die Verarbeiter, die Exporteure und den Handel entstanden dadurch Verluste in Höhe von 1,18 bis 1,72 Milliarden Dollar. Das errechnete der „Schadensbericht Gentechnik“, den der „Bund ökologische Lebensmittel-Wirtschaft“ herausgegeben hat. An Entschädigung hat der Leverkusener Multi hingegen nur 560 Millionen Dollar gezahlt. Insgesamt verursachten die vier bisher größten Gen-Desaster Schäden in Höhe von 5,4 Milliarden Dollar.

Keine Kennzeichnung in Oregon
Seit einiger Zeit gibt es in US-amerikanischen Bundesstaaten Initiativen zur Einführung einer Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel mit gentechnisch veränderten Bestandteilen. BAYER & Co. investieren viel Geld, um diese Vorhaben zu Fall zu bringen und können leider schon Erfolge verbuchen. Nachdem bereits in Washington und Kalifornien BürgerInnen-Begehren scheiterten, erlitten die Gentechnik-GegnerInnen jetzt auch in Colorado und Oregon Niederlagen. In Vermont allerdings muss auf Nahrungsmitteln weiterhin draufstehen, was drin ist: Eine Klage der Lebensmittel- und Agrarindustrie gegen das entsprechende Gesetz scheiterte Ende April 2015, die Konzerne können jedoch noch in die Berufung gehen.

MON88701 mit Glufosinat-Resistenz
Schadinsekten gewöhnen sich zunehmend an die Pestizide, welche die Hersteller im Kombipack mit ihren gegen diese Wirkstoffe resistenten Genpflanzen verkaufen. Deshalb gehen die Multis nach der Devise „Doppelt hält besser“ immer mehr dazu über, ihre Sorten gleich gegen mehrere Agrochemikalien immun zu machen und gewähren sich gegenseitig Zugriff auf ihre Technologien. So haben die US-Behörden jüngst MONSANTOs Gen-Soja MON88701 zugelassen, das sowohl gegen Dicamba als auch gegen BAYERs Ultragift Glufosinat (siehe PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE) resistent ist.

Import-Zulassung für BAYER-Baumwolle
Bislang hatte die Europäische Union zentral über die Zulassung von Genpflanzen entschieden. Jetzt will Brüssel dies jedoch den Mitgliedsländern selber überlassen, wovon sich BAYER & Co. mehr Chancen für die Risiko-Technologie erhoffen (Ticker 3/14). Im Zuge dieser Veränderung hat die EU schnell noch reinen Tisch gemacht und alle Genehmigungsanträge für Gen-Importe bearbeitet. Ende April 2015 stand das Ergebnis fest. Die Kommission ließ neun Pflanzen neu zu. Darunter befanden sich auch zwei Labor-Früchte des Leverkusener Multis. Grünes Licht erhielten die Baumwoll-Sorten LLCotton25xGHB614, die gegen Glyphosat und BAYERs Ultragift Glufosinat (siehe auch PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE) resistent ist, und T304-40, welcher die Gen-WerkerInnen ebenfalls eine Immunität gegen Glufosinat und zudem noch das gegen Insekten wirkende Protein des „Bacillus thuringiensis“ (Bt) eingebaut haben. Darüber hinaus verlängerte die EU-Kommission zehn bereits bestehende Zulassungen. Jetzt muss sie nur noch über den 1507-Mais von PIONEER und DOW AGROSCIENCES befinden, der mit dem „Bacillus thuringiensis“ (Bt) bestückt ist und darüber hinaus über eine Glufosinat-Resistenz verfügt. Die Initiative TESTBIOTEST kritisiert das Schnellverfahren und kündigt eine Beschwerde an. „Die Risiken der jeweiligen Pflanzen wurden nicht ausreichend erforscht. Kombinierte Auswirkungen auf die Gesundheit, die auftreten können, wenn die Pflanzen in Nahrungsmitteln gemischt werden, wurden sogar überhaupt nie untersucht“, moniert die Organisation.

Neue EYLEA-Indikationen
BAYERs Gentech-Augenpräparat EYLEA, 2011 zunächst nur zur Behandlung der feuchten Makula-Degeneration – einer Augenerkrankung, die zur Blindheit führen kann – zugelassen, vermochte sein Anwendungsspektrum seither kontinuierlich zu erweitern. 2015 kamen zwei weitere Zulassungen hinzu. MedizinerInnen dürfen das Mittel künftig zur Therapie von solchen Flüssigkeitsansammlungen im Auge einsetzen, die nach einem Zentralvenen-Verschluss an der Netzhaut auftreten. Darüber hinaus genehmigten die Aufsichtsbehörden seinen Einsatz bei krankhaften Gefäß-Neubildungen auf der Netzhaut in Folge einer starken Kurzsichtigkeit.

WASSER, BODEN & LUFT

BAYCUSAN jetzt auch in China
Immer mehr Plastik-Abfälle gelangen in die Weltmeere und bedrohen das aquatische Ökosystem (siehe auch SWB 2/15). Eine besondere Gefahr stellt dabei Mikroplastik dar, denn diese Kleinst-Partikel enthalten nicht nur selbst Giftstoffe, sie wirken obendrein wie ein Magnet auf andere. Seine wasserabweisende und fettlösliche Oberfläche lockt nämlich Schadstoffe wie Polychlorierte Biphenyle (PCB), Pestizide, Medikamenten-Rückstände, Quecksilber, Blei oder Chrom an, die über die Nahrungskette gemeinsam mit den Mini-Kunststoffen auch in den menschlichen Organismus gelangen können. BAYER produziert diese Substanzen hauptsächlich für die Hersteller von Haarpflege- und Haarstyling-Mitteln, Wimperntusche sowie anderen Schmink-Utensilien. „Unsere Rohstoffe machen es der Kosmetik-Industrie überhaupt erst möglich, immer bessere Produkte zu entwickeln“, preist der Konzern seine Mikroplasten Polyurethan-32, Polyurethan-34, Polyurethan-35 und Polyurethan-48 an. Dem Unternehmen zufolge sorgen sie unter anderem für „samtige Haut“, „glänzendes Haar“ „geschmeidigen Glanz“ und „natürlichen Halt“. Im Frühjahr 2015 gelang es dem Leverkusener Multi, für seine unter dem Label BAYCUSAN angebotenen Mikroplastik-Artikel ein neues Absatz-Gebiet zu erobern. Er erhielt eine Zulassung für den chinesischen Markt.

Kochsalz aus Abwässern
Der Leverkusener Multi nimmt am Standort Krefeld eine Pilotanlage zur Wiedergewinnung von Kochsalz aus Prozess-Abwässern in Betrieb. Allerdings trägt er die Kosten dafür nicht allein. Der Bund subventionierte das Recycling-Projekt mit 738.000 Euro.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Härtere Zeiten für Bisphenol
BAYER ist mit einer Jahresproduktion von ca. einer Million Tonnen einer der größten Produzenten der Industrie-Chemikalie Bisphenol A. Drei Prozent davon finden in Lebensmittel-Verpackungen wie etwa Konservendosen Verwendung, und das bringt Gesundheitsrisiken mit sich. Die Substanz ähnelt in ihrem chemischen Aufbau nämlich Hormonen, was Auswirkungen auf den menschlichen Stoffwechsel hat und zu Schädigungen des Nervensystems, Übergewicht, Unfruchtbarkeit, Diabetes sowie Herz- und Lebererkrankungen führen kann. Deshalb steht der Stoff seit Jahren in der Kritik. Die EU, die im März 2011 bereits seine Verwendung in Babyflaschen untersagt hatte, erhöhte unlängst die Grenzwerte (Ticker 1/15). Frankreich ging noch weiter. Der Staat erließ einen kompletten Bann für Bisphenol in Nahrungsmittel-Behältnissen. Das wiederum nahm der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel (Bündnis 90/Grüne) zum Anlass, strengere Maßnahmen auch hierzulande zu fordern: „Das ist ein deutliches Zeichen. Frankreich hat mit diesem Verbot den richtigen ersten Schritt getan. Deutschland muss nun folgen.“ Gemeinsam mit seinen KollegInnen aus Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein startete er deshalb auf der Bundeskonferenz der Landesumweltschutz-MinisterInnen eine entsprechende Gesetzes-Initiative.

Bisphenol in Zahn-Füllungen
Die gefährliche Chemikalie Bisphenol A treibt nicht nur in Lebensmittel-Verpackungen ihr Unwesen (s. o.), sondern auch in Zahn-Füllungen. Zudem finden sie in Zahn-Klebern und -Versieglern Verwendung. „Trotz sorgfältigster Verarbeitung können diese Substanzen im Mund freigesetzt werden“, warnt die Umweltzahnmedizinerin Dr. Hiltrud Boeger.

PLASTE & ELASTE

BMS entwickelt neuen Kunststoff
Die Chemie-Unternehmen nutzen zunehmend Biomasse zur Kunststoff-Fertigung. Als Ausgangsstoffe für die Erdöl-Alternative dienen unter anderem Milchsäure und Zucker. Mit Pentamethylen-Diisocyanat (PDI) hat auch BAYER MATERIALSCIENCE (BMS) ein solches Produkt entwickelt. „Die Umweltverträglichkeit wird zur Markt-Erfordernis“, so begründete die vor der Loslösung vom Konzern stehende Sparte diesen Schritt. Bedenken, die Nutzung der Äcker als Rohstoff-Reservoir für die Plaste-Produktion könnte den Anbau von Pflanzen für die Lebensmittel-Herstellung beeinträchtigen, weist BMS zurück. Die Biomasse-Gewinnung erfolge „ohne direkte Konkurrenz zur Nahrungsmittel-Produktion“, beteuert die Teil-Gesellschaft.

STANDORTE & PRODUKTION

Duisberg-Park noch ohne Statuen
Im Januar 2012 hatten MetalldiebInnen den Leverkusener Carl-Duisberg-Park heimgesucht und mehrere Skulpturen aus der Sammlung des ehemaligen BAYER-Generaldirektors Carl Duisberg (siehe auch AKTION & KRITIK) entwendet. Dankenswerterweise sackten sie dabei auch einige Werke des Nazi-Künstlers Fritz Klimsch ein, der unter anderem Büsten von Ludendorff und Hitler anfertigte und von Goebbels das Attribut „der reifste unter unseren Plastikern“ verliehen bekam. Nach dem Raub baute der Pharma-Riese die noch im Park verbliebenen Kunstwerke ab. Er kündigte an, ein Sicherheitskonzept zu erarbeiten und die Hervorbringungen von Klimsch & Konsorten dann wieder öffentlich zu präsentieren. Ursprünglich sollte dies schon 2013 der Fall sein. Dann verschob der Konzern die Sache auf 2015, und inzwischen nennt er gar kein Datum mehr.

Planungsstau wg. Chemie-„Parks“
Die Notwendigkeit, ihre EinwohnerInnen vor den Gefahren zu schützen, die von BAYERs Chemie-„Parks“ ausgehen, stellt die Standort-Städte vor zunehmende Probleme. Die Seveso-Richtlinie der EU schreibt nämlich einen ausreichenden Abstand zwischen Industrie-Anlagen und anderen Gebäuden vor. In Leverkusen, wo der Pharma-Riese vor zwei Jahren auch selber seinen Plan begraben musste, in unmittelbarer Nähe des Werksgeländes einen Kindergarten zu errichten, liegen aus diesem Grund derzeit Pläne brach, den Süden Wiesdorfs zu entwickeln. Die Kommune hat erst einmal ein Seveso-Gutachten in Auftrag gegeben, um die Realisierungschancen zu evaluieren. Das tat auch Dormagen, obwohl die – nicht zuletzt wegen magerer Gewerbesteuer-Zahlungen von BAYER – darbenden Kommune dafür einiges Geld investieren musste. „Das fällt uns in der gegenwärtigen Haushaltslage nicht leicht. Ohne das Gutachten könnten wir aber anstehende Baugenehmigungen nicht erteilen und hätten einen Stillstand in der Stadtentwicklung“, erklärte Bürgermeister Erik Lierenfeld (SPD). Bis zum Ende des Jahres erste Zwischenergebnisse vorliegen, müssen Projekte in Dormagen-Mitte, Horrem, Hackenbroich, Rheinfeld und auf dem Areal der ehemaligen Zuckerfabrik mindestens noch auf ihre Ausführung warten. Und in Monheim steht derweil das Vorhaben der Stadt, die Rheinauen nach ökologischen Kriterien umzugestalten und besser für den Tourismus zu erschließen, auf dem Prüfstand.

Instandhaltung mit BILFINGER
Am Standort Frankfurt übernimmt der Bau-Konzern BILFINGER weiterhin die Instandhaltung und Wartung der Produktionsanlagen von BAYER CROPSCIENCE. Auch für Umbauten bleibt er die nächsten drei Jahre zuständig. Einen entsprechenden, 40 Millionen Euro schweren Vertrag schlossen die beiden Unternehmen im Januar 2015.

JENAPHARM verkauft Pharma-„Park“
Der Leverkusener Multi stutzte seine Tochter-Firma JENAPHARM Stück für Stück. 2006 schloss er die Forschungs- und Ende 2011 die Entwicklungsabteilung. 2013 schließlich wanderte die Logistik in die BAYER-Zentrale ab. Durch diesen Schrumpfungsprozess gab es im Jenaer Pharma-„Park“ immer mehr Leerstände. Und da die Geschäftsleitung die Suche nach Mietern und das gesamte Immobilien-Management nicht mehr selber übernehmen wollte, verkaufte sie das Gelände an das Unternehmen INFRAREAL, das in Marburg bereits das Grundstück des Arznei-Herstellers BEHRING erworben hatte.

VOTIVO-Grundstoff aus Bergkamen
Die Bergkamener Niederlassung des Leverkusener Multis, die bisher nur pharmazeutische Produkte herstellte, fertigt jetzt auch den Grundstoff für BAYERs Bio-Pestizid VOTIVO. In einer Anlage des Werkes wird der Bakterienstamm „Bacillus firmus“ herangezüchtet, der Mais-Pflanzen vor Fadenwürmern schützen soll. Die Weiterverarbeitung findet allerdings in Leverkusen statt und die Endproduktion in einer französischen Konzern-Niederlassung, so dass in dem nordrhein-westfälischen Werk keine neuen Arbeitsplätze entstehen.

Mehr Propamocarb aus Hürth
BAYER hat am Pestizid-Produktionsstandort Hürth, wo sich im Oktober 2014 ein Brand ereignete (Ticker 4/14), eine neue Anlage zur Fertigung von Propamocarb in Betrieb genommen. Mit ihr will der Leverkusener Multi die Herstellungsmenge der Substanz, die er unter dem Namen VOLARE vertreibt, verdoppeln. Für Mensch, Tier und Umwelt ist das keine gute Nachricht. Das Mittel wirkt nämlich hormon-ähnlich. Es kann deshalb den menschlichen Organismus aus dem Gleichgewicht bringen und zu Krebs, Stoffwechsel-Störungen, Unfruchtbarkeit und neurologischen Erkrankungen führen.

Brunsbüttel im Abwind
Der Leverkusener Multi betreibt in Brunsbüttel eine Kunststoff-Produktion. Frank Nägele, der Wirtschaftsstaatssekretär der rot-grünen Landesregierung in Schleswig-Holstein, zeichnete jetzt ein düsteres Bild der wirtschaftlichen Zukunft der Stadt und machte dafür nicht zuletzt die Geschäftspolitik des Global Players verantwortlich. „Das Industrie-Gebiet Brunsbüttel hat seinen Zenit überschritten“, sagte er bei einer Veranstaltung zum möglichen Ausbau des Hafens. Als Gründe nannte der Sozialdemokrat neben der Stilllegung der CHEMISCHEN FABRIK BRUNSBÜTTEL (CFB), in der unter anderem Teile von BAYERs einstiger Textilfarben-Produktion aufgegangen waren, auch die Entscheidung des Leverkusener Multis, sich von seiner Kunststoff-Sparte zu trennen. „Allein schon der Name ‚BAYER’ wird damit als Zugpferd fehlen“, so Nägele.

IMPERIUM & WELTMARKT

Veterinär-Sparte vor Verkauf?
In der Tierarznei-Branche hat ein Konzentrationsprozess eingesetzt, der BAYER unter Druck setzt. „Das lässt uns vor allem auf die Frage blicken, bis zu welchem Grad kritische Größe wichtig für die Tiermedizin ist“, sagte Konzern-Chef Marijn Dekkers und kündigte an, die Sparte auf den Prüfstand zu stellen. Unterdessen hat der Pharma-Riese sich schon von einigen Pharmazeutika für Pferde getrennt. Zudem machte er ein Werk im US-amerikanischen St. Joseph dicht (siehe auch POLITIK & EINFLUSS) und führt mit DVM und EXPERT CARE lediglich zwei der dort hergestellten Produkt-Reihen weiter. Plänen, die Veterinär-Abteilung zu vergrößern, erteilte Dekkers indes im Herbst 2014 bei einer Telefon-Konferenz mit Investoren eine Absage.

Mehr Ackergifte für China
Der Leverkusener Multi will mehr von der Industrialisierung der chinesischen Landwirtschaft profitieren (siehe Ticker 1/15) und kündigte an, bis zum Jahr 2020 mehr als 20 neue Produkte in dem Land herauszubringen und seine Belegschaft zu erweitern.

RECHT & UNBILLIG

LIZETAN-Klage: BUND siegt
BAYER-Pestizide aus der Gruppe der Neonicotinoide haben einen großen Anteil am weltweiten Bienensterben. Die Ackergifte GAUCHO und PONCHO hat die EU deshalb bereits vorerst aus dem Verkehr gezogen. Andere Mittel wie etwa SCHÄDLINGSFREI CALYPSO und ZIERPFLANZENSPRAY LIZETAN vertreibt der Agro-Riese hingegen weiter; und er bezeichnet die beiden Produkte mit dem Wirkstoff Thiacloprid sogar als „nicht bienengefährlich“. Als eine Irreführung der VerbraucherInnen stellte der BUND das dar, was der Leverkusener Multi nicht auf sich sitzen lassen wollte: Er verklagte die Organisation. Das Düsseldorfer Landgericht gab der Initiative jedoch Recht. Die Richterin sah in der BUND-Kritik eine Aussage, die „als Meinungsäußerung einen erhöhten Schutz genießt“. „Wir freuen uns über diesen Erfolg. Das ist ein Sieg für die Bienen und für die Meinungsfreiheit“, kommentierte der BUND-Pestizidexperte Thomas Brückmann. Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger forderte derweil politische Konsequenzen: „Die Bienengefährlichkeit der BAYER-Produkte mit dem Neonicotinoid-Wirkstoff Thiacloprid ist belegt. BAYER muss sie umgehend vom Markt nehmen.“. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hatte den BUND bei dieser juristischen Auseinandersetzung unterstützt und sich an Protestaktionen zu den Prozess-Terminen vor dem Düsseldorfer Landgericht beteiligt.

CBG-Klage wg. Schleichwerbung
„BAYER duldet keine Gesetzes-Verstöße bei der Vermarktung seiner Produkte. Verantwortungsvolles Marketing steht auch für ethisch-moralische Grundsätze“, heißt es in einem Nachhaltigkeitsbericht des Leverkusener Multis. Dennoch überschreitet er immer wieder die Grenzen des Erlaubten. Beispielsweise hat die österreichische Konzern-Tochter die PR-Agentur Mhoch3 engagiert, um „Online-Reputationsmanagement“ zu betreiben und im Netz mittels gefaketer Postings Anti-Flohmittel für Katzen und andere Produkte des Unternehmens anzupreisen (siehe auch SWB 1/15). Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) entschloss sich, gegen diese Werbe-Praxis von BAYER gerichtlich vorzugehen und Anzeige zu erstatten. Die Staatsanwaltschaft beabsichtigt jedoch, das Verfahren einzustellen. Das Heilmittel-Werbegesetz verbiete es zwar, „eine aus fachkundigen Kreisen vorgegebene objektive Informationsvermittlung vorzutäuschen“, aber im vorliegenden Fall hätten ja Laien gehandelt, weshalb das Paragrafen-Werk nicht greife, so die JuristInnen zur Begründung. Zudem handle es sich um eine ausländische Firma, für die bundesdeutsches Recht nicht gelte, meinten die StaatsanwältInnen, obwohl sich die Gesellschaft zu 100 Prozent in BAYER-Besitz befindet und weisungsgebunden ist. Die Coordination will eine Ablehnung der Klage deshalb nicht akzeptieren und hat Beschwerde beim Generalstaatsanwalt eingelegt.

IPPNW-Beschwerde wg. Schleichwerbung
Die Organisation INTERNATIONALE ÄRZTE FÜR DIE VERHÜTUNG DES ATOMSKRIEGS (IPPNW) hat BAYERs Schleichwerbung im Netz mittels gefaketer Postings zur Hormon-Spirale MIRENA und anderen Produkten (s. o.) zum Anlass genommen, bei der „Freiwilligen Selbstkontrolle der Arzneimittel-Industrie“ eine formelle Beschwerde einzureichen. Das Gremium akzeptierte diese jedoch nicht. Zunächst verwies es wie die Kölner Staatsanwaltschaft wegen des Firmensitzes „Österreich“ auf Nichtzuständigkeit, und als der IPPNW dieses Argument mit Verweis auf die genauen Besitzverhältnisse entkräftete, lehnte das vermeintliche Selbstkontroll-Organ die Eingabe einfach mit der Begründung „Verjährung“ ab.

NEXAVAR-Prozess

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2012 erlaubte das Indian Patent Office (IPO) dem Generika-Hersteller NATCO PHARMA, eine preisgünstige Version von BAYERs patent-geschütztem Krebs-Medikament NEXAVAR herauszubringen. Das IPO begründete die Ausstellung einer Zwangslizenz damit, dass der Pharma-Riese es versäumt habe, den Preis für das Medikament (monatlich 4.200 Euro) auf eine für indische PatientInnen bezahlbare Höhe herabzusetzen. Zudem habe der Konzern die Arznei den Kranken nicht in ausreichender Menge zur Verfügung gestellt. Das räumte BAYER auch unumwunden ein. „Wir haben diese Arznei nicht für Inder entwickelt (...) Wir haben sie für westliche PatientInnen entwickelt, die sie sich auch leisten können“, so der Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers. Trotzdem versuchte der Leverkusener Multi alles, um das IPO-Votum rückgängig zu machen. Er konnte sich aber bisher nicht durchsetzen. So schmetterte der Mumbai High Court im Juli 2014 seine Patentverletzungsklage ab, und auch im Berufungsverfahren vier Monate später scheiterte das Unternehmen. Wie der Global Player auf das Urteil reagieren wird, ließ ein Sprecher der Aktien-Gesellschaft noch offen.

NEXAVAR-Prozess

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Neben dem Patent-Streit, der in Indien um BAYERs Krebs-Medikament NEXAVAR tobt (s. o

[Plastikmüll] STICHWORT BAYER 02/2015

CBG Redaktion

BAYERs Umweltsünden

Ein Meer von Plastik

Immer mehr Plastik-Abfälle gelangen in die Weltmeere, bilden dort riesige Müllteppiche und bedrohen das aquatische Ökosystem. Als einer der weltgrößten Kunststoff-Produzenten trägt BAYER maßgeblich zu diesem Umweltverbrechen bei.

Auf dem Pazifischen Ozean treibt ein Müllteppich, dessen Ausmaße diejenigen Indiens übertreffen. „Gewebt“ vor allem aus Kunststoff-Abfällen, die unterschiedlichen Meeres-Strömungen zusammengetrieben haben, erstreckt er sich auf einer Fläche von 3,4 Millionen Quadratkilometern.
Durch die Hinterlassenschaften menschlicher Zivilisation in den Meeren hat sich sogar schon eine neue Gesteinsart gebildet. „Plastiglomerate“ nennen GeologInnen die Gebilde aus Plaste & Elaste, Lava, Korallen-Teilen und Sand, wobei die Plastik-Komponenten oft noch Spuren ihres Vorlebens als Zahnbürste, Besteck oder Schnüre erkennen lassen. Aber nicht nur toter Materie rücken die Industrie-Produkte zu Leibe. Im Jahr 2012 wurde an der Südküste Spaniens ein lebloser Pottwal angespült, in dessen Magen sich unter anderem 30 Quadratmeter Kunststoff-Folie, viereinhalb Meter Schlauch, eine Leine, diverse Tüten und ein Kleiderbügel befanden. Schätzungen zufolge sterben jedes Jahr bis zu 100.000 Meeressäuger an einer Überdosis Plastik. Auch See-Vögel verenden auf diese Weise. In 90 Prozent der Kadaver fanden WissenschaftlerInnen Zivilisationsmüll dieser Art.
Eine besondere Bedrohung stellen Kleinst-Partikel dar, die entweder schon so winzig in die Meere gelangt sind oder dort zermahlen wurden. Das Mikroplastik enthält nämlich nicht nur selbst Giftstoffe, es wirkt auch wie ein Magnet auf andere, denn seine wasserabweisende und fettlösliche Oberfläche lockt Schadstoffe wie Polychlorierte Biphenyle (PCB), Pestizide, Medikamenten-Rückstände, Quecksilber, Blei oder Chrom an.

Plastik im Fisch
Was die Teilchen in Muscheln anrichten, haben die Meeresbiologin Angela Köhler und ihre KollegInnen vom Alfred-Wegener-Institut untersucht. Die Kunststoff-Fragmente reichern sich im Magen und in der Leber an, bevor die Zellen sie wieder abstoßen. Erst an ihrem neuen Ort schlagen sie dann so richtig zu. „Das Interessante, was wir da gesehen haben, ist, dass diese entsorgten Plastik-Partikelchen im Umgebungsgewebe ganz extreme Entzündungsreaktionen auslösen und es zu einer Bildung bindegewebiger Kapseln kommt, um diese Fremdkörper einzuschließen. Die pathologischen Phänomene, die erinnern uns auch sehr an das, was man im Menschen als die Anfänge von Asbestosis beschrieben findet“, berichtet die Wissenschaftlerin. Der Ökotoxikologe Stephan Pflugmacher-Lima, der an der Technischen Universität Berlin ebenfalls Muschel-Experimente durchgeführt hat, warnt deshalb: „Mikroplastik stellt auch für den Menschen eine Gefahr dar.“ Zumal schon Mikroorganismen wie Zoo-Plankton die Stoffe aufnehmen und in die marine Nahrungskette einspeisen, von wo aus diese auch in die humane geraten können.
Die Abwasser-Reinigung ist nicht in der Lage, den Eintrag der Substanzen in die Gewässer zu verhindern. Das Alfred-Wegener-Institut überprüfte das gesäuberte Wasser von zwölf Kläranlagen in Norddeutschland und wies darin 86 bis 714 Mikroplastik-Fragmente pro Kubikmeter nach. Dazu kamen dann noch 98 bis 1.479 Kunststofffaser-Reste, die meistens von Fleece-Pullovern herrührten. Nur das Klärwerk, das über einen Tuchfilter verfügte, vermochte die Einträge weitgehend zu stoppen. So strömen dann allein von diesen Anlagen aus über die Flüsse rund zwölf Milliarden Plaste-Partikel und -Fasern pro Jahr in die Nordsee.
Und zu allem Übel gelangen die Kunststoffe nicht nur in die Gewässer. Der bei den Reinigungsprozessen anfallende Klärschlamm absorbiert ebenfalls Mikroplastik – und gibt es in seinem späteren Leben als Brennstoff oder Dünger auch nicht zu knapp wieder ab. Von den 1,2 bis 5,7 Milliarden Teilchen, welche die Klärschlamm-Jahresproduktion allein der Wasseraufbereitungsbetriebe Brake, Varel, Oldenburg, Scharrel, Holdorf und Schillig enthält, emittiert so ein ansehnlicher Scherflein wieder in die Umwelt, mit entsprechenden Konsequenzen für die menschliche Ernährung. In Bier, Milch, Mineralwasser und Honig stießen die Wissenschaftler schon auf Kunststoff-Spuren.
Die meisten Rückstände finden sich allerdings in Fischen, denn die Ozeane müssen Unmengen von Mikro- und Makroplastik aufnehmen und haben schwer daran zu schlucken – der Abbau-Prozess kann bis zu 500 Jahre dauern. Die US-amerikanische Umweltingenieurin Jenna Jambeck und ihr Team haben nur die in Küstennähe eingeleiteten Frachten näher untersucht und taxieren die jährlich in die Meere fließenden „Plaste & Elaste“-Abfälle auf bis zu 12,7 Millionen Tonnen. Nach Berechnungen der UNO-Umweltagentur UNEP tummeln sich dort in toto schon 142 Millionen Tonnen Kunststoffe. Der Bundesregierung zufolge haben diese chemischen Substanzen am gesamten Meeresmüll-Aufkommen einen Anteil von 75 Prozent. „Wenn wir uns den marinen Bereich anschauen, dann geht das dort, denke ich mal, schon in Richtung Desaster“, sagt Stephan Pflugmacher.

Mikroplastik von BAYER
Ein Großteil der Plastik-Abfälle gelangte erst in den letzten Jahrzehnten in die Gewässer. Betrug die globale Jahresproduktion Mitte der 1950er Jahre noch ca. 1,5 Millionen Tonnen, stellen die Konzerne jetzt bereits 280 Millionen Tonnen her. BAYER leistet einen gehörigen Beitrag zu diesem Kunststoff-Berg. Einige Substanzen, wie das Polycarbonat und das TDI, entstammen sogar den Laboren des Leverkusener Multis. Entsprechend rund laufen die Geschäfte mit den Konzern-Erfindungen. Bei Polycarbonaten und MDI, das bei der Produktion von Hartschaumstoffen Verwendung findet, ist der Leverkusener Multi weltweit der größte Hersteller. Bei TDI kommt er auf einen Marktanteil auf rund 25 Prozent.
Und selbstverständlich hat das Unternehmen auch Mikroplastik im Angebot. So hält es etwa für die Kosmetik-Industrie Produkte der BAYCUSAN-Reihe bereit. In Haarpflege- und Haarstyling-Mitteln, Lotions, Sonnen- und Hautcremes, Wimperntusche und anderen Schmink-Utensilien kommen die Polyurethane (PUR) zum Einsatz. Das Polyurethane-32 etwa soll dafür sorgen, dass sich Gesichtsmasken besser ablösen lassen. Das Polyurethane-34 und das Polyurethane-48 versprechen laut BAYER exzellenten Locken-Halt sowie hohen Glanz, während das Polyurethan-35 Kosmetika angeblich zu einer sehr guten Wasserbeständigkeit verhilft und ihnen „ein natürliches Hautgefühl“ verleiht. Der Leverkusener Multi hat den Schönheitsmarkt erst vor relativ kurzer Zeit entdeckt, sich aber zum Ziel gesetzt, in diesem Jahr die Top-Position bei den Mikroplastik-Zulieferern einzunehmen. „Wir wollen uns bis 2015 den Hauptanteil der PUR-Technologie sichern. Als Newcomer muss man in dieser hart umkämpften Branche forsch auftreten“, hieß es 2009 zum Produktionsstart von BAYCUSAN.
Aber auch auf anderen Feldern kommen die Mini-Kunststoffe des Konzerns noch zum Einsatz. So setzt er etwa einigen Medikamenten wie dem Bluthochdruckmittel ADALAT oder dem Kontrazeptivum JAYDESS Polyethyle zu, um eine kontrollierte, sich auf einen längeren Zeitraum erstreckende Wirkstoff-Abgabe zu ermöglichen. In der Knochenabbau entgegenwirkenden Arznei BONEFOS erfüllt Polyvinyl-Alkohol diese Funktion. Arznei-Verpackungen mischt der Multi ebenfalls Mikroplastik wie Polypropylen bei. Zudem stellt er Moskito-Netze her, die aus insektizid-haltigen Polypropylen-Fasern bestehen. Darüber hinaus enthalten viele Lackrohstoffe des Unternehmens die kleinen Kunststoff-Partikel. So findet sich dann Mikroplastik made by BAYER in vielen Meeren wieder, wo sie dann zusammen mit den Kleinstkunststoff-Hinterlassenschaften aus Reifen, Fleece-Pullovern, Fischernetzen, Zahnpasten und Seifen ihr Unwesen treiben. Und zu allem Überfluss beschränken sich die Einleitungen des Leverkusener Multis in die Gewässer nicht auf Plaste & Elaste aller Gewichtsklassen. Auch mit Pestizid-Wirkstoffen, Schwermetallen, organisch gebundenen Kohlenstoffen, Phospor, Stickstoff und anderen Substanzen setzt er ihnen zu.

Politik bleibt untätig
Trotzdem hat BAYER von Seiten der Politik nicht viel zu befürchten. CDU und SPD bekennen im Koalitionsvertrag zwar: „Wir werden die EU-Kommission beim Kampf gegen die Vermüllung der Meere unterstützen, insbesondere beim Vorgehen gegen Plastik-Einträge“, aber wehtun möchten sie den Unternehmen dabei nicht. Als die Grünen in einer kleinen Anfrage zum Thema „Wirksamer Meeresschutz“ von der Bundesregierung wissen wollten, welchen Beitrag die Kunststoff-Industrie nach Meinung der Großen Koalition leisten müsse, um das in der Meeres-Rahmenrichtlinie der Europäischen Union formulierte Ziel einer Abfall-Reduktion erreichen zu können, blieben CDU und SPD die Antwort schuldig.
Die Kosmetik-Industrie will Berlin ebenfalls nicht in die Pflicht nehmen; gesetzliche Maßnahmen in Sachen „Mikroplastik“ bleiben ihr erspart. Stattdessen beabsichtigen Merkel & Co., die Hersteller in einem Dialog zu einem freiwilligen Verzicht auf die umstrittenen Substanzen zu bewegen. Das Übrige regelt aus ihrer Sicht das Kreislaufwirtschaftsgesetz mit seinen Recycling-Vorschriften. Der Umgang mit Industrie-Produkten am Ende ihres Lebenszyklusses ist in den Augen der Bundesregierung nämlich „ein weiterer wichtiger Aspekt für den Meeresschutz“. Dass der Kunststoff-Kreis bei all dem Plaste-Müll, der allein aus deutschen Landen in die Ozeane treibt, nicht allzu rund sein kann, ficht Christ- und SozialdemokratInnen dabei nicht an. Ein Rückbau der Plastikwelt, mehr Müll-Vermeidung oder wenigstens eine Vorschrift zur obligatorischen Ausstattung von Klärwerken mit Tuchfiltern steht nicht auf ihrer Agenda.
Unterlassungssünden bescheinigt der Bundesrepublik auch die EU. Den Bericht der Bundesregierung über den Zustand der Nordsee, der als Handlungsgrundlage für einen besseren Schutz der Meere dienen sollte, bezeichnete die Europäische Kommission als nicht ambitioniert genug. Eine Schutzgebietsverordnung für dieses Meer gemäß der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie haben die GroßkoalitionärInnen ebenfalls noch nicht erlassen, weshalb Brüssel zur Zeit ein Vertragsverletzungsverfahren prüft.
Der einzige Sektor, der sich unter Schwarz-Rot auf neue Regularien einstellen muss, ist die Landwirtschaft. Hier planen die beiden Parteien, das Düngen mit Klärschlamm zu verbieten. Ansonsten verweisen sie in ihrer Antwort auf die kleine Anfrage der Grünen bloß noch auf ihre Mitwirkung an den Meeresschutz-Übereinkommen „Ospar“ und „Helcom“. In deren Rahmen haben die Länder zwar schon Aktionspläne verabschiedet, aber rechtlich verbindliche Vorschriften enthalten die Schriftstücke nicht. Zum Mikroplastik-Eintrag in die Meere heißt es vage, er „soll verhindert werden“, die Produktion nachhaltigeren Kunststoffes schlagen die Vertragsparteien lediglich vor, und die Reinigung von Stränden, des Meereswassers und des Meeresbodens ist gar nur „angedacht“.
So dürfte „die neueste globale Gefahr unserer Zeit“, als die der Ozeanograf Charles J. Moore die Kunststoff-Belastung der Weltmeere bezeichnet, kaum zu bannen sein. Eine Fortsetzung des Kurses „in Richtung Desaster“ scheint deshalb vorprogrammiert, sollte nicht eine breite Gegenbewegung entstehen, wie es sie Anfang der 1980er Jahre schon einmal gab. Damals unternahmen COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN, GREENPEACE und andere Initiativen spektakuläre Aktionen gegen die Verklappung von Dünnsäure in der Nordsee, was 1990 schließlich auch dazu führte, BAYER & Co. diesen Entsorgungsweg zu untersagen. Von Jan Pehrke

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Mirena

CBG Redaktion

28. Februar 2015

Nebenwirkungen der Hormonspirale MIRENA

Radiofeature des BR: http://bit.ly/1CieErI

Der Bayrische Rundfunk informiert heute in einem 50-minütigen Radiofeature über die Risiken der Hormonspirale MIRENA. In der Sendung kommt Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren zu Wort.

Die Broschüren von BAYER behaupten, die Spirale wirke lediglich „lokal in der Gebärmutter“. Auch kommen in dem Feature Frauenärzte zu Wort, die diese Aussagen wiederholen: es komme zu keinen Nebenwirkungen, da die MIRENA keine Hormonbelastung verursache. Tatsächlich aber zeigen unabhängige Studien, dass die Hormonkonzentration im Blutserum vergleichbar ist mit der von Nutzerinnen der Antibaby-Pille.

Der Beitrag des BR erläutert, dass die Entlastungs-Studien für MIRENA zu den Themen Brustkrebs und Uterus-Perforationen ausgerechnet vom Berliner ZEG-Institut durchgeführt wurden. Das ZEG-Institut wird von ehemaligen Schering-Mitarbeitern geleitet (Schering gehört heute zu BAYER). Von einer unabhängigen Evaluation kann also keine Rede sein.

Eine in der Fachzeitschrift Gynecological Endocrinology veröffentlichte Studie zeigt, dass bis zu 60% aller MIRENA-Benutzerinnen die Anwendung vorzeitig abbrechen. Häufigster Grund sind die – oft schweren - Nebenwirkungen. Der Autor der Studie, der britische Frauenarzt Dr. Ayman A. Ewies, fordert alle Gynäkologen auf, Frauen rechtzeitig auf die Risiken hinzuweisen, da dies von BAYER nicht gewährleistet werde.

Hier findet sich das Skript. Gerne senden wir den Beitrag auch als Podcast zu. Email an Info(at)CBGnetwork.org

=> Schleichwerbung für Mirena: CBG stellt Strafanzeige

=> die in der Zeitschrift Gynecological Endocrinology veröffentlichte Studie sowie ein Erfahrungsbericht

=> BAYER-Hauptversammlung: Reden von Geschädigten 2012 und 2014

=> Strafzahlung für verharmlosende MIRENA-Werbung

=> website Risiko Hormonspirale

=> USA: Werbe-Verbot der Aufsichtsbehörde FDA sowie eine Petition von Betroffenen

Bienensterben

CBG Redaktion

23. Februar 2015

Bienensterben durch Pestizide

BAYER: Einschüchterung von Umweltgruppen vor Gericht

Am Düsseldorfer Landgericht wurde heute die Frage verhandelt, ob der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) seine Aussage wiederholen darf, zwei von BAYER hergestellte Pestizide seien für Bienen gefährlich. Das Gericht will am 11. März eine Entscheidung verkünden. Die Richterin ließ durchblicken, dass die Ansicht des BUND als zulässige Meinungsäußerung gewertet wird, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht.

Der Anwalt des BUND erklärte vor Gericht, das Vorgehen von BAYER sei der „Versuch einer Einschränkung der freien Meinungsäußerung“. Am Eingang zum Landgericht demonstrierten als Bienen verkleidete Aktivist/innen gegen die Einschüchterungsversuche des Konzerns. Hierzu hatte auch die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) aufgerufen. Die CBG arbeitet seit 1998 zu bienenschädigenden Pestiziden.

Neonikotinoid-Wirkstoffe gelten als einer der Auslöser des weltweiten Bienenvölkersterbens. Daher hatte die EU-Kommission ab 1. Dezember 2013 die Zulassung für drei Neonikotinoide zunächst für zwei Jahre für bienenrelevante Kulturen wie zum Beispiel Raps eingeschränkt.

Alle Infos zur Kampagne

23. Februar 2015; Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)

Bayer gegen BUND – Urteil im Streit um Bienengefährlichkeit von Pestiziden ergeht am 11. März

Düsseldorf/Berlin: Am 23. Februar wurde vor dem Düsseldorfer Landgericht darüber verhandelt, ob der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) seine Aussage wiederholen darf, zwei von Bayer hergestellte Pestizide seien für Bienen gefährlich. Der Pestizidhersteller Bayer CropScience hatte gegen den BUND letzten Jahres eine einstweilige Verfügung in dieser Sache erwirkt. Zur Begründung hatte das Unternehmen angegeben, der BUND habe die Bayer-Produkte „Schädlingsfrei Calypso“ und „Zierpflanzenspray Lizetan“ ungerechtfertigt als für Bienen gefährlich bezeichnet. Der in diesen Produkten enthaltene Wirkstoff Thiacloprid, der zu den sogenannten Neonikotinoiden gehört, habe jedoch eine gültige Zulassung vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und werde von ihr als „bienenungefährlich B4“ eingestuft.

Auslöser des Streits war eine vom BUND 2014 veröffentlichte Broschüre mit dem Titel „Pestizidverkauf in Bau- und Gartenmärkten – BUND-Einkaufscheck“, mit der die Umweltschützer darauf aufmerksam machten, dass Verkäufer in Garten- und Baumärkten die Kunden sehr häufig falsch über den Einsatz verschiedener Unkraut- und Insektenbekämpfungsmittel informierten.

Das Landgericht Düsseldorf hat die Verkündung des Urteils nun für den 11. März angesetzt. „Nach der mündlichen Verhandlung sind wir optimistisch, dass die einstweilige Verfügung aufgehoben wird. Alles andere wäre für uns ein schwerwiegender Eingriff in die freie Meinungsäußerung. Uns liegen überzeugende wissenschaftliche Gutachten vor, die den Bayer-Pestizidwirkstoff Thiacloprid als bienengefährlich bewerten“, sagte die BUND-Chemieexpertin Patricia Cameron.

„Thiacloprid ist ein Nervengift und stört die Orientierungs- und Kommunikationsfähigkeit der Bienen erheblich. Das haben meine Versuche, die über mehrere Jahre liefen, klar aufgezeigt. Bienen, die nicht zu ihrem Stock zurückfinden werden nicht überleben“, sagte der Bienenexperte Randolf Menzel von der Freien Universität Berlin.

Neonikotinoid-Wirkstoffe gelten mit als Auslöser des weltweit zu beobachtenden Bienenvölkersterbens. Daher hatte die EU-Kommission ab 1. Dezember 2013 die Zulassung für drei Neonikotinoide zunächst für zwei Jahre für bienenrelevante Kulturen wie zum Beispiel Raps eingeschränkt. Dagegen klagen die Hersteller Bayer und Syngenta derzeit vor dem Europäischen Gerichtshof.

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[Bienensterben] Montag: Solidaritätskundgebung in Düsseldorf

CBG Redaktion

BAYER verklagt Umweltverband BUND

Der BUND veröffentlichte Anfang Dezember eine Broschüre zu Pestiziden in Bau- und Gartenmärkten. Darin kritisierte der Verband zwei Produkte von Bayer Cropscience, die den Wirkstoff Thiacloprid enthalten. Der BUND hält diese Produkte für bienengefährlich und stützt sich dabei auf neueste wissenschaftliche Erkenntnisse. Bayer Cropscience hat daraufhin eine einstweilige Verfügung gegen den BUND erwirkt.
Unterstützer/innen des BUND treffen sich am Montag vor dem Gericht zu einer Solidaritätskundgebung.

Wo: Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf
Wann: 23. Februar 2015, 10.30 Uhr

wer nicht an der Aktion teilnehmen kann, kann hier einen Brief an BAYER schreiben: www.bund.net/index.php?id=21820

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren kämpft seit 1998 gegen Bienenkiller aus dem Hause BAYER. Ausführliche Infos unserer Kampagnenseite

Bayer gegen BUND - Streit um Bienengefährlichkeit von Pestiziden geht vor Gericht

(BUND) Am 23. Februar 2015 wird vor dem Düsseldorfer Landgericht darüber verhandelt, ob der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) seine Aussage wiederholen darf, zwei von Bayer hergestellte Pestizide seien für Bienen gefährlich. Der Pestizidhersteller Bayer CropScience hatte dazu Ende letzten Jahres eine einstweilige Verfügung gegen den BUND erwirkt. Als Begründung wurde angegeben, der BUND habe die Bayer-Produkte „Schädlingsfrei Calypso“ und „Zierpflanzenspray Lizetan“ in Publikationen ungerechtfertigt als für Bienen gefährlich bezeichnet. Der in diesen Produkten enthaltene Wirkstoff Thiacloprid, der zu den sogenannten Neonikotinoiden gehört, habe jedoch eine gültige Zulassung vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und werde von ihr als „bienenungefährlich B4“ eingestuft. Der BUND darf daher seine Aussage derzeit nur wiederholen, wenn er zugleich auf die behördliche Zulassung hinweist.

Auslöser des Streits war eine vom BUND 2014 veröffentlichte Broschüre mit dem Titel „Pestizidverkauf in Bau- und Gartenmärkten – BUND-Einkaufscheck“, mit der die Umweltschützer darauf aufmerksam machten, dass Verkäufer in Garten- und Baumärkten die Kunden sehr häufig falsch über den Einsatz verschiedener Unkraut- und Insektenbekämpfungsmittel informierten.

„In dem Vorgehen von Bayer sehen wir nicht nur den Versuch einer Einschränkung der freien Meinungsäußerung. Inakzeptabel ist auch das Ignorieren wissenschaftlicher Erkenntnisse seitens des Unternehmens. Fakt ist, die in Pestiziden enthaltenen Neonikotinoide stehen im dringenden Verdacht, das weltweite Bienensterben mit zu verursachen. Deshalb werden wir auch in Zukunft vor diesen die Bienen gefährdenden Stoffen warnen. Wir fordern das zuständige Bundesamt auf, Thiacloprid umgehend vom Markt zu nehmen. Und da wir die derzeit gültige Zulassung für falsch halten, müssen wir aus unserer Sicht auch nicht jedes Mal darauf hinweisen, dass dieser Wirkstoff als bienenungefährlich zugelassen ist“, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.

Bayer CropScience verwendet in mehreren seiner Präparate Thiacloprid. Dieser Pestizidwirkstoff beeinträchtigt Kommunikation, Navigation und die Pollensammel¬tätigkeit der Honigbienen. Das belegen Forschungsergebnisse, die der Neurobiologe Prof. Randolf Menzel von der Freien Universität Berlin bereits im März 2014 veröffentlicht hat. Das staatliche Deutsche Bienenmonitoring (DEBIMO) gab zudem ebenfalls 2014 bekannt, dass Thiacloprid am häufigsten als Rückstand im sogenannten „Bienenbrot“, dem von den Bienen neben dem Honig produzierten Pollenmaterial, nachgewiesen wird.

Nach Ansicht des BUND müssten die Studien zu den Gefahren durch Thiacloprid dem Unternehmen Bayer CropScience bekannt sein. „Trotz der Erkenntnisse über die Bienenschädlichkeit von Thiacloprid druckt Bayer auf seine Produkte Schädlingsfrei Calypso und Lizetan Zierpflanzenspray ein Logo mit der Benennung ‚nicht bienengefähr¬lich‘, was auch der behördlichen Einstufung entspricht“, sagte die BUND-Chemieexpertin Patricia Cameron. „Auf keinem Produkt darf ‚nicht bienengefährlich‘ draufstehen, wenn auch nur der Verdacht einer Bienengefährlichkeit besteht. Bienen sind die wichtigsten Nutzinsekten der Welt, ihr Schutz muss oberste Priorität haben. Dem muss auch Bayer Rechnung tragen, das seine Produkte gern als ökologisch und nachhaltig bewirbt“, sagte Cameron.

Neonikotinoid-Wirkstoffe gelten mit als Auslöser des weltweit zu beobachtenden Bienenvölkersterbens. Daher hatte die EU-Kommission ab 1. Dezember 2013 die Zulassung für drei Neonikotinoide zunächst für zwei Jahre für bienenrelevante Kulturen wie zum Beispiel Raps eingeschränkt. Dagegen klagen die Hersteller Bayer und Syngenta derzeit vor dem Europäischen Gerichtshof.

Interferone

CBG Redaktion

Presse Information vom 19. Februar 2015

Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.
Initiative Selbsthilfe Multiple Sklerose Kranker e.V. (MSK)

umstrittenes MS-Präparat von BAYER

„Hohe Kosten bei zweifelhaftem Nutzen“

Das MS-Präparat BETAFERON gehört mit einem Umsatz von über einer Milliarde Euro zu den profitabelsten Medikamenten der Firma BAYER. Unabhängige Studien bescheinigen dem Präparat jedoch wenig Nutzen. Kritiker fordern die Offenlegung aller Industrie-Zuwendungen an Ärzte, Fachgesellschaften und Selbsthilfegruppen.

Trotz häufiger Nebenwirkungen werden die meisten MS-Patienten zu einer Therapie mit BETAFERON oder anderen Interferonen gedrängt. Dabei zeigen unabhängige Untersuchungen, dass die Behandlung nur einen geringen Nutzen hat. So wertete die Cochrane Collaboration, ein unabhängiges Netzwerk von Ärzten, Wissenschaftlern und Patientenvertretern, 44 Studien aus und folgerte, dass „das Kosten/Nutzen-Verhältnis ungünstig sein könnte“.

So können Interferone bei lediglich 16 Prozent der frisch Erkrankten einen zweiten Schub verhindern; bei fünf von sechs Patienten zeigen sie keinerlei Wirkung. Im Fall einer chronifizierten, schubförmig verlaufenden MS helfen die Präparate bloß in vierzehn Prozent der Fälle. Die Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf kommt daher zu dem Ergebnis, dass „die Vorstellungen zur Wirkung von Interferonen auf Vermutungen basieren“. Bei einer von Beginn an manifesten Multiplen Sklerose ohne Schübe hätten die Mittel, so die Hamburger Ärzte, keinerlei Nutzen.

Die Gabe von Interferonen ist häufig mit schweren Nebenwirkungen verbunden, darunter Nierenleiden (bis hin zu Todesfällen), Fieber, Muskelschmerzen und Depressionen. Laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) können Nierenschädigungen noch Jahre nach den Injektionen auftreten. Dennoch wird die Mehrzahl der MS-Betroffenen mit Interferonen behandelt. Die jährlichen Behandlungskosten pro Patient liegen bei 15 – 20.000 Euro. Den Kassen entstehen dadurch enorme Kosten - laut dem jüngsten Arzneimittelreport der Barmer GEK sind MS-Präparate einer der großen Kostenfaktoren im Arzneimittelbereich.

Jan Pehrke von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Der Großteil der MS-Kranken wird mit teuren und nebenwirkungsreichen Präparaten behandelt, deren Nutzen gering ist. Dies lässt sich nur mit dem großen Einfluss der Hersteller auf Ärzte, Fachgesellschaften und Selbsthilfegruppen erklären. Wir fordern eine Offenlegung aller Zuwendungen, um eine unabhängige Bewertung von Interferonen zu ermöglichen.“

Richard Grabinski von der Selbsthilfe Multiple Sklerose Kranker (M.S.K.) ergänzt: „In der Fachzeitschrift Lancet erschien eine Untersuchung zur Wirksamkeit von Interferonen. Hierfür wurden alle randomisierten und plazebokontrollierten Studien zur schubförmigen MS einer genauen Auswertung unterzogen. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass durch die große Anzahl von Studienabbrechern, die in den Auswertungen der Interferon-Studien nicht berücksichtigt wurden, das Ergebnis „geschönt“ wurde. Eine breite Anwendung der Interferone sei daher nicht zu rechtfertigen. Kritisiert wird in der Meta-Studie auch, dass es "eine verheerende Entwicklung ist, wenn die beteiligten Pharmaunternehmen Einfluss auf die Auswertung nehmen oder die Veröffentlichung unbequemer Ergebnisse verhindern können.““ Die M.S.K. ist gemeinnützig und lässt sich nicht sponsern, um ihre Unabhängigkeit zu bewahren.

Die Firma BAYER hat beste Beziehungen zu Ärzten, medizinischen Fachgesellschaften und Selbsthilfegruppen aufgebaut. 21 der 24 Ärzte, welche die Behandlungsleitlinie für Multiple Sklerose erstellt haben, fanden sich bereits auf der Lohnliste der Industrie. Zuwendungen flossen für Forschungsvorhaben sowie für Vorträge, Berater- oder Gutachter-Tätigkeiten. Dass sich die Investitionen lohnen, zeigt das Fazit der Leitlinie: „Die mittlerweile über 20-jährige Erfahrung mit den rekombinanten Beta-Interferonen in der Behandlung der MS belegen deren gutes Nutzen/Risiko-Profil in der Basis-Therapie.“

Wegen der langen Behandlungsdauer von MS-Betroffenen ist das Segment besonders lukrativ. Die Fertigung von Interferonpräparaten war ursprünglich kostenintensiv, was zu hohen Medikamentenpreisen führte. Dieses Preisniveau blieb für alle folgenden MS-Präparate der Maßstab, obwohl die Herstellungskosten inzwischen deutlich sanken. BAYER produziert BETAFERON inzwischen nicht mehr selbst, sondern lässt es von einem Zulieferer preisgünstig herstellen.

weitere Informationen:
=> Initiative Selbsthilfe Multiple Sklerose Kranker
=> Deutsches Ärzteblatt: „Therapie-Leitlinien bei MS: Zu wessen Nutzen?“
=> Artikel „Große Kosten, kleiner Nutzen“
=> Ergebnisse Cochrane Collaboration
=> Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage
=> Uni Hamburg: „Immuntherapien der Multiplen Sklerose“

[GEW] Carl Duisberg

CBG Redaktion

siehe auch den Artikel der Frankfurter Rundschau Bürger wollen Duisbergstraße umbenennen

10. Februar 2015

GEW setzt sich für die Umbenennung der Duisbergstraße ein

Im Ortsbeirat 2 wurde am 9.2. bei einer Gegenstimme ein interfraktioneller Antrag mit folgendem Wortlaut angenommen: „Der Magistrat wird um eine Einschätzung zur Eignung des Namens von Friedrich Carl Duisberg als Bestandteil einer Straßenbezeichnung gebeten.“ Die GEW hat 100 Jahre nach dem Giftgasangriff auf Ypern im April 1915 diesen Antrag mit folgender Stellungnahme unterstützt:

Nachdem es der Stadt Dortmund im November 2014 nach dreijähriger Diskussion gelungen ist, den Namen „Carl-Duisberg-Straße“ aus dem Straßenverzeichnis zu streichen, wäre Frankfurt gut beraten, Gleiches zu tun.
Nachdem ich in der Zeitung „Stichwort Bayer“, die von der Coordination gegen Bayer-Gefahren herausgegeben wird, vom Leben und „Wirken“ Duisbergs gelesen habe, freue ich mich besonders, dass es nun in Frankfurt auch eine Initiative gibt, die dagegen arbeitet, diesen Industriellen durch einen Straßennamen zu ehren.
Duisberg, so habe ich gelesen, hat sich nicht nur dadurch „verdient“ gemacht, dass er im 1. Weltkrieg mit anderen Industriellen zusammen massiv die Deportation belgischer Zivilisten zur Zwangsarbeit in Deutschland forderte, woraufhin 60 000 Menschen verschleppt wurden, wovon wiederum 12 000 starben.
Als Chemiker entwickelte er vielmehr auch Giftgas, ließ dies auf dem Truppenübungsplatz Köln-Wahn testen und drang danach mit allen Mitteln darauf, es auch einzusetzen. Daran hatte er nicht zuletzt auch deshalb Interesse, weil er Generaldirektor der Farbenfabriken (später IG Farben, heute Bayer Leverkusen) war, die durch die Profite aus der Kriegsproduktion steinreich wurden. Duisberg kannte keine Gnade im Gedanken an die Menschen, die an dem Giftgas leiden und sterben würden. Obwohl er selbst sagte, das Gas sei „das gemeinste Zeug, das ich kenne“, verlangte er, es an der Front endlich auszuprobieren, da sich andernfalls eine solche passende Gelegenheit so schnell nicht wieder ergeben würde.
Duisberg war Gewerkschaftsfeind und verlangte als Mitglied der rechtsextremen Deutschen Vaterlandpartei die Annexion der im 1. Weltkrieg besetzten Gebiete in Belgien und Frankreich. Schon bald danach forderte er „deutschen Lebensraum“ in Polen und Russland und unterstützte die aufkommenden Nationalsozialisten, denen die IG Farben mit Millionen-Spenden auf die Beine halfen, wofür diese sich nach der Machtübernahme 1933 mit Absatz- und Mindestpreisgarantien für synthetisches Benzin bedankten.
Duisberg war bis zu seinem Tod im Jahr 1935 Aufsichtsratsvorsitzender der IG Farben, die wenig später durch die Lieferung wichtiger rüstungswirtschaftlicher Güter und Vorbereiter des industriellen Massenmordes durch das Giftgas Zyklon B traurige Berühmtheit erlangten.
Die GEW Frankfurt unterstützt die Initiative, die Duisbergstraße umzubenennen, mit Nachdruck. Um ein Gegengewicht zu den wieder stärker werdenden rechtsnationalen Tendenzen zu setzen, schlagen wir vor, die Straße nach einem Menschen zu benennen, der im Widerstand gegen die Nationalsozialisten aktiv war. Dazu schlagen wir Lore Wolf vor, die als Zeitzeugin vor vielen Schülerinnen und Schülern gesprochen hat. Wir sind gerne bereit, weitere Informationen zu liefern. Marianne Friemelt

alle Infos zur Kampagne

Xarelto

CBG Redaktion

9. Februar 2015

Zur Studie „Bleeding rate of Rivaroxaban”

Stellungnahme von Dr. Sigrid Süßmeyer (Internistin)

Mit Welteroberungsphantasien halten die drei großen Hersteller der NOAKs weltweit zusammen.

Auf dem Online-Portal www.Pharma-Fakten.de bezeichnet die Pharmaindustrie am 22. Januar die Therapie mit NOAKs versus Vitamin K abhängiger Antikoagulantien als „neue Standardtherapie“. Zur Begründung wird unter anderem auf die jüngste Publikation „Bleeding rate of rivaroxaban in real world clinical practice consistent with trial results“ verwiesen (Clin. Cardiol. 2015 (in press); DOI:10.1002/clc.22373, http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/clc.22373/abstract).

Ich wurde durch eine Häufung schwerer gastrointestinaler Blutungen nach dem Einsatz von NOAKs wach gerüttelt. Diese Studie unterstützt nun meine Beobachtungen.

2012 wurde über ganz Deutschland anlässlich der Zulassungsstudie ROCKET für das für die Indikation chronisches Vorhofflimmern (VHF) eine Flut an Fortbildungen und Pharmavertretern ausgesandt, um das Präparat Xarelto vor allem für fragile, alte, polymorbide Patienten als sicheres Medikament zu bewerben.

Zunächst konnte ich in Erfahrung bringen, dass alle Patienten älter als 70 Jahre in der Zulassungsstudie ROCKET ausgeschlossen waren. Genau das Kollektiv, für das später gezielt Werbung gemacht wird, ist in der Zulassungsstudie also nicht getestet worden. VHF ist aber eine im Alter exponentiell zunehmend häufige Erkrankung mit letztendlich 10% VHF bei den über 80jährigen Menschen. Das macht zahlenmäßig die größte Gruppe aus; allein in Deutschland sind rund eine Million Personen betroffen. Weil diese Zielgruppe so lukrativ ist, wurden die Daten unrechtmäßig auf dieses Kollektiv übertragen. Diese Gruppe als besonders geeignet darzustellen ist eine dreiste Lüge! In Wahrheit haben diese Menschen besonders viele GI-Blutungen.

Dies belegt auch die o.g. Studie von 2014: innerhalb von nur 15 Monaten hatten 7% der über 85jährigen eine „major bleeding“, also jeder 14te Patient. Major bleedings waren zu 88.5% schwere gastrointestinale Blutungen. Bei den 75 bis 84jährigen sind es 4,66%, also jeder 21te Patient. Zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass die Studie von der Firma BAYER, also dem Hersteller von Xarelto, finanziert wurde.

Dem Medikament Xarelto sollte auf Grund dieser Daten die Zulassung für Menschen ab 70 Jahren entzogen werden, zumindest für Dosierungen 15mg bis 20mg am Tag. Ohne neue Dosisfindungsstudie für diese Altersgruppe ist die Therapie mit Xarelto ein gefährlicher Blindflug.

Im Deutschen Ärzteblatt (2. September 2013, Heft 35-36, Jg. 110, Seite 575-582) wird in einer Arbeit der Einfluss pharmazeutischer Unternehmen auf die Leitlinien untersucht. Das ist der Schlüssel, wie es zu den voreiligen Empfehlungen eines Medikaments ohne Langzeitdaten kommt: manipulierte Datengewinnung, wirtschaftliche Interessen der Leitlinienautoren, im Falle von Xarelto sogar die Unterschlagung zweier verstorbener Probanden, so dass das FDA eingreifen muss. Der Abstand zur Kriminalität ist dann im letzen Falle nicht mehr erkennbar.

Meine Erfahrungen wurden sehr verkürzt am 21. Januar 15 in der ARD (Plusminus) wiedergegeben.

mehr Infos zu Xarelto

[Giftgas] Giftgas-Produktion im 1. Weltkrieg

CBG Redaktion

In der sehenswerten Ausstellung Köln 1914. Metropole im Westen wird auch ein Bild zum Gaskrieg gezeigt. Hierzu heißt es in der Ausstellung:

Giftgas aus Leverkusen
Die Verwaltungsgebäude der Farbenfabriken Bayer werden mit Gemälden von Otto Bollhagen ausgestattet. 1916 beauftragt ihn Generaldirektor Carl Duisberg, Szenen der Kriegsproduktion für das Frühstückszimmer zu malen. Er nutzt die Bilder auch auf Vortragsreisen. Dazu zählt dieses Gemälde.
Die Bayer Werke produzieren Salpeter, Sprengstoffe und Giftgas, ab Oktober 1914 entwickelt von Duisberg und Fritz Haber. Im April 1915 setzen als erste die Deutschen Giftgas ein. Gleichzeitig produziert Bayer die nötigen Gasmasken. Das Gemälde zeigt deren Erprobung mit aus Flaschen ausgelassenem Tränen- oder Reizgas in der Wahner Heide.

weitere Infos zu Carl Duisberg und Giftgas

[Marl] Carl Duisberg

CBG Redaktion

31. Januar 2015, Marl Aktuell

Ist Carl Duisberg unwürdig?

Marl. Taugte Carl Duisberg als Straßenname? Vor 92 Jahren war die Schulstraße in Hüls umbenannt worden, jetzt fordert die Bürgerliste Wir für Marl erneut eine Umbenennung: Unter dem Vorsitz von Duisberg war im Ersten Weltkrieg Giftgas produziert worden.

Der Vorstoß ist nicht neu. Schon einmal vor 15 Jahren hatte die Bürgerliste den Antrag im Rat gestellt. Auch die Wählergemeinschaft Die Grünen forderte eine Änderung. Doch die danach einsetzende Diskussion endete in einem unüberbrückbaren Streit, welchen Stellenwert die wissenschaftliche Arbeit Duisbergs im Vergleich zur Nutzung des von ihm entwickelten Giftgases habe.
Inzwischen hat die Stadt Dortmund beschlossen, die Straße (60 Meter lang, ein Studentenwohnheim) umzubenennen. Auch in Bonn, Krefeld und Dormagen wird das diskutiert. In Leverkusen ist Duisberg Ehrenbürger, in Wuppertal ist ein Gymnasium nach ihm benannt.

Jetzt fordert die Marler Bürgerliste, dass die Carl-Duisberg-Straße ihre Widmung verliert und die Verwaltung Vorschläge für eine neue Namensgebung erarbeitet.

Hintergrund für die Namensgebung im September 1923 war übrigens eine taktische Überlegung des damaligen Bergdirektors von Auguste Victoria, Paul Stein. Der wollte damit Carl Duisberg zum 40-jährigen Dienstjubiläum schmeicheln, der damals Vorsitzender der Kreditkommission der IG Farben war. Denn Stein brauchte dringend Geld für den Wiederaufbau des zusammengebrochenen Schachtes 3. Die Hauptzugangsstraße wurde deshalb umbenannt und Carl Duisberg bedankte sich im Dezember 1923 dafür überschwänglich bei Paul Stein.

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[Dormagen] Carl Duisberg

CBG Redaktion

29. Januar 2015

heutige Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses

Anträge auf Umbenennung der Carl-Duisberg-Straße

Der Dormagener Planungs- und Umweltausschuss berät heute über die Anträge der Grünen sowie von Linken/Piraten über die Umbenennung der Dormagener Carl-Duisberg-Straße. Die Fraktionen schlagen vor, dem Vorbild der Städte Dortmund und Lüdenscheid zu folgen, die Ende des Jahres für eine Namensänderung votiert hatten. Bürgermeister Erik Lierenfeld schlägt alternativ vor, zunächst vom Kreisarchiv alle Dormagener Straßen auf belastete Namenspaten zu untersuchen.

Jan Pehrke von der Coordination gegen BAYER-Gefahren begrüßt die Anträge von Grünen, Linken und Piraten: „Carl Duisberg ist als Vorbild für künftige Generationen nicht geeignet. Daher fordern wir den Stadtrat von Dormagen auf, den Namen der Carl-Duisberg-Straße zu ändern.“

Das Dortmunder Stadtarchiv hatte zur Lebensgeschichte von Carl Duisberg geschrieben: „Duisberg gehörte zu den führenden deutschen Industriellen, die während des Krieges die - auch nach dem damals geltenden internationalen Kriegsrecht illegale - Deportation belgischer Zivilisten zur Zwangsarbeit nach Deutschland durchsetzten. (…) Als Patriarch lehnte er bis zu seinem Tod Gewerkschaften entschieden ab. Er war von Beginn an Gegner der Weimarer Demokratie.“ Auch Duisbergs Unterstützung des antisemitischen „Alldeutschen Verbands“ wird genannt, siehe: www.cbgnetwork.org/downloads/Stellungnahme_Stadtarchiv_Dortmund.pdf

Das Lüdenscheider Stadtarchiv schreibt unter anderem: „Während des Ersten Weltkriegs wurde unter Duisbergs Vorsitz bei Bayer Giftgas für den Kriegseinsatz produziert. Abfallprodukte der Chemischen Industrie, die mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten kämpfte, dienten als Rohstoffe. In Leverkusen war das u. a. Phosgen, ein Gas, das besonders grausam wirkt“, siehe: www.cbgnetwork.org/downloads/Duisberg_Stadtarchiv_Luedenscheid.pdf

Im 1. Weltkrieg hatte Duisberg gegenüber den Generälen Hindenburg und Ludendorff den Mangel an Arbeitskräften beklagt. Mit dem Ausspruch „Öffnen Sie das große Menschenbassin Belgien“ forderte er den Einsatz von Zwangsarbeitern. Das Reichsamt des Inneren griff Duisbergs Vorschlag auf und ließ 1916 zehntausende Belgier deportieren. Mehrere Tausend starben. Die Verschleppung gilt unter Historikern als Vorläufer des mörderischen Zwangsarbeiter-Programms im 2. Weltkrieg.

Zur selben Zeit entwickelte Carl Duisberg gemeinsam mit Fritz Haber Giftgase wie „Grünkreuz“ und „Senfgas“, testete diese erstmals an der Front und verlangte vehement ihren Einsatz. Auch forderte Duisberg im 1. Weltkrieg die Annexion großer Gebiete in Osteuropa – ebenfalls eine Forderung, die 25 Jahre später Früchte trug. Zu Kriegsende flohen Duisberg und Haber in die Schweiz, da sie sich auf den Auslieferungslisten der Alliierten befanden und eine Anklage als Kriegsverbrecher fürchteten.

Der Weimarer Republik stand Duisburg von Anfang an ablehnend gegenüber. Duisburg organisierte Spenden an nationalistische Parteien, spätestens seit 1930 auch an die NSDAP. Im Gegenzug für ihre Millionen-Spenden erhielt die IG FARBEN von den Nationalsozialisten Absatzgarantien für synthetischen Treibstoff und Kautschuk. Kein anderes Unternehmen kollaborierte in der Folgezeit so eng mit dem Dritten Reich.

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Bisphenol A

CBG Redaktion

Presse Info vom 22. Januar 2015

Bisphenol A: EU verschärft Grenzwerte

CBG fordert Verbot in verbrauchernahen Anwendungen

Der Grenzwert für die hormonaktive Chemikalie Bisphenol A (BPA) wird deutlich verschärft. Die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA setzte den Wert gestern von 50 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag auf vier Mikrogramm herunter. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert die Bundesregierung auf, BPA nun in allen verbrauchernahen Produkten zu verbieten.

Hiltrud Breyer, langjährige EU-Abgeordnete und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der CBG: „Die Entscheidung der EFSA ist ein Schritt in die richtige Richtung. Jetzt muss Deutschland in den Wettbewerb um die besten Verbraucher-Standards einsteigen und alle Risiko-Anwendungen von Bisphenol A verbieten. Langfristig können wir mit Ländern wie China nicht über den Preis konkurrieren, sondern nur über die höchsten Sicherheitsstandards!“

Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren ergänzt: „Hormonaktive Substanzen haben in Produkten des täglichen Bedarfs schlichtweg nichts verloren. Die Leugnung der Risiken durch BAYER, Dow und Co. darf nicht länger zur Schädigung von Verbraucherinnen und Verbrauchern führen. Wir fordern die Hersteller auf, den Einsatz von Bisphenol A in Trinkflaschen, Kassenbons, Lebensmittelverpackungen und Konservendosen endlich zu beenden“.

Die hormonaktive Wirkung der Chemikalie ist seit Jahrzehnten bekannt. BPA kann schon in geringsten Dosen das Nervensystem schädigen und bei Säuglingen zu Entwicklungs-Störungen führen. Zahlreiche Studien bringen Bisphenol A zudem mit Übergewicht, Unfruchtbarkeit, Krebs, Diabetes und Herzerkrankungen in Verbindung. Trotz der Risiken presst der BAYER-Konzern die Substanz weiter rücksichtslos in den Markt.

Seit 2011 ist in der EU die Verwendung von Bisphenol A in Babyflaschen verboten. Seit Anfang des Jahres sind in Frankreich auch Produktion und Verkauf BPA-haltiger Lebensmittelverpackungen untersagt. Ähnliche Bestrebungen gibt es in Dänemark, Schweden und in Belgien. Das deutsche Umweltbundesamt hingegen setzt sich seit Jahren vergeblich für weitergehende Verbote ein.

Erst 2008 hatte die EFSA den Grenzwert von 10 auf 50 Mikrogramm gelockert. Dabei berief sich die Behörde auf eine einzige, von der Industrie finanzierte Studie, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal publiziert war. Die Vielzahl von unabhängigen Untersuchungen, die zum größten Teil ein Gefährdungspotential fanden, waren bewusst ignoriert worden.

Jährlich werden mindestens vier Millionen Tonnen der Chemikalie hergestellt; der BAYER-Konzern gehört zu den Marktführern. BAYER produziert BPA in Krefeld, Antwerpen, Baytown/Texas, Map Ta Phut/Thailand und Shanghai/China.

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Bisphenol A

EU-Behörde verschärft Grenzwert für umstrittenes Umwelthormon

Endokrin aktive Substanzen, sogenannte Umwelthormone, stehen in Verdacht, das Hormonsystem irreversibel zu schädigen. EU-Behörden ringen schon lange um strengere Regulierungen. Nun wird der Grenzwert für das umstrittene Bisphenol A verschärft.

21. Januar 2015 -- Der Grenzwert für die umstrittene Chemikalie Bisphenol A (BPA) ist deutlich verschärft worden. Die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA setzte den Wert des Stoffes von 50 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag auf 4 herunter. Bisphenol A steckt in zahlreichen Lebensmittelverpackungen: In Plastikflaschen, Konserven- und Getränkedosen, aber auch in Mehrweg-Plastikgeschirr und Kochutensilien. Zudem ist es in Kassenbons aus Thermopapier und zahlreichen weiteren Alltagsgegenständen wie beispielsweise Hüllen von CDs enthalten.

Der Wert sei noch vorläufig, solange die Ergebnisse einer Langzeitstudie noch ausstünden, teilte die EFSA am Mittwoch in Parma mit. Der hormonähnliche Stoff steht im Verdacht Erkrankungen des Hormonsystems sowie des Herzkreislauf- und Nervensystems auszulösen und die Fortpflanzung zu beeinflussen. Forschern zufolge gibt es zudem Anzeichen dafür, dass Bisphenol A die Gehirnentwicklung bei Ungeborenen und Kleinkindern schädige. In Babyfläschchen ist der Stoff seit Januar 2011 EU-weit verboten. Als erstes EU-Land hat Frankreich zum 1. Januar 2015 die Chemikalie sogar in allen Lebensmittelverpackungen untersagt.

Europa erwägt, auch andere endokrin aktive Substanzen (EAS) - allgemein unter dem Begriff Umwelthormone bekannt - zu regulieren. Aufgrund der vermuteten gesundheitsschädlichen Wirkung von Umwelthormonen wird in der Europäischen Union schon seit Jahren um striktere Grenzwerte oder gar Verbote gerungen. Die chemische Industrie bestreitet die gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch EAS und spricht sich gegen eine weitreichende Regulierung aus.

In der neuen Bewertung, wie gefährlich BPA ist und wie stark Menschen dem Stoff ausgesetzt sind, kamen die Experten zu dem Schluss, „dass BPA bei der derzeitigen Verbraucherexposition für keine Altersgruppe ein Gesundheitsrisiko darstellt“. Die Exposition über Ernährung oder eine Kombination verschiedener Quellen wie Ernährung, Staub, Kosmetika und Thermopapier von Kassenbons liege deutlich unterhalb der sicheren Obergrenze. Die neue Risiko-Einschätzung der EFSA ist auch eine Reaktion auf die anhaltende Debatte.

Die EFSA stellt aber auch fest, dass sich BPA „in hohen Konzentrationen“, die den Grenzwert um mehr als das Hundertfache überschreiten, „wahrscheinlich schädlich auf Leber und Nieren auswirkt“. Zugleich konstatiert die Behörde: „Auswirkungen auf die Fortpflanzungsorgane, das Stoffwechsel-, Herz-Kreislauf-, Nerven- und Immunsystem sowie auf die Entstehung von Krebserkrankungen werden derzeit nicht als wahrscheinlich erachtet, konnten aber anhand der verfügbaren Daten nicht ausgeschlossen werden.“ Sie seien daher für den neuen Grenzwert berücksichtigt worden. Die EFSA kann den Grenzwert zwar feststellen, aber nicht bindend vorschreiben. Für die Festsetzung bindender BPA-Werte in Lebensmittelverpackungen und anderen Waren ist der Gesetzgeber zuständig.

Dhünnaue

CBG Redaktion

Der Neubau der Autobahn über der Leverkusener Giftmüll-Deponie „Dhünnaue“ soll ohne Klagemöglichkeit genehmigt werden. Bedenken bzgl. des Chemiemülls sollen nicht groß diskutiert werden. Hintergründe zur Dhünnaue hier

Leverkusener Anzeiger, 21. Januar 2015

LEVERKUSENER RHEINBRÜCKE

Klagemöglichkeiten bei A1-Planung sollen eingeschränkt werden

Im Leverkusener Rathaus herrscht Entsetzen über die Pläne, nicht nur die Rheinbrücke sondern auch die Stelzenstrecke nach dem Beschleunigungsgesetz zu bauen. Wie es dazu kommen konnte, kann sich niemand erklären. Von Thomas Käding

Nur die Rheinbrücke hätte man nie nach dem Beschleunigungsgesetz bauen können. Sagt Laurenz Braunisch, Sprecher bei Straßen NRW. Im Rathaus hatte man das anfangs anders gesehen und gedacht, dass man die Einschränkung der Klagemöglichkeiten nur bei der abgängigen Brücke in Kauf nehmen muss. Inzwischen ist klar, dass mindestens der Abschnitt bis zum Autobahnkreuz Leverkusen-West beschleunigt betrieben wird: „So ein Abschnitt muss einen eigenen verkehrstechnischen Wert haben“, erläutert Braunisch auf Anfrage. Das bedeutet: Die Mindestlänge ist von einer Anschlussstelle zur nächsten. In diesem Fall von der Auffahrt Niehl über die Brücke zum Kreuz West einschließlich Spaghettiknoten.

Damit könnte man im Rathaus ja noch leben, erklärt Andrea Deppe. Aber die Baudezernentin ist genau so wie ihr Chef Reinhard Buchhorn entsetzt über den Plan des Bundesverkehrsministers, auch die Stelze beschleunigt zu planen und zu bauen. „Ich finde, dass das eine Ausnahme sein muss“, sagt die Baudezernentin mit Blick auf das Beschleunigungsgesetz. Dessen Effekt beschränkt sich auf die Möglichkeit, gegen ein Projekt zu klagen: Normalerweise können Bürger einen Planfeststellungsbeschluss zunächst vor dem Verwaltungsgericht anfechten. Es folgen das Oberverwaltungs-, schließlich das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Solche Verfahren können sich hinziehen.

Wird aber nach dem Beschleunigungsgesetz gebaut, bleibt Gegnern nur der Weg nach Leipzig. Und der will wegen der Kosten wohlüberlegt sein. Das sieht auch Andrea Deppe so. „Das könnten sicher nur die Bürgerinitiativen“, glaubt sie. Dabei müssen auch die schon jetzt eifrig Geld sammeln für ihre tägliche Arbeit.
Nach Auffassung von Deppe gibt es für den Plan des Bundesverkehrsministers, die A 1 bis zum Leverkusener Kreuz nach der Notfallverordnung zu errichten, keinen stichhaltigen Grund: Die Stelze sei nicht so marode, als dass sie ganz dringend ersetzt werden müsse – „jedenfalls ist uns davon bisher nichts bekannt“, schränkt die Baudezernentin ein. Deshalb spreche überhaupt nichts dafür, die Klagerechte für die Bürger einzuschränken. Für den Normalfall „haben wir nun mal eine Gesetzeslage“. Die solle dann auch gelten.

Wie es dazu kommen konnte, dass die gesamte Planung für die Autobahn 1 beschleunigt behandelt werden soll, kann sich im Rathaus bisher niemand erklären. Aber jetzt steht es im Entwurf für die Änderung des Bundesfernstraßengesetzes. Dort rangiert Leverkusen auf dem zweiten Platz.

Xarelto

CBG Redaktion

Plusminus (ARD), 21. Januar 2015

Medikamente

Teure neue Arzneien nicht ohne Risiko

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Noch heute wird sie wütend, wenn sie ihre Krankenhausakten ansieht und sie weiß immer noch nicht, wie viel Blut sie damals verloren hat. Der Schreck sitzt Sorika Creß auch jetzt noch in den Knochen.

»Das Blut lief wie Wasser weiter. Und das ganze Bettlaken war dann durchgeblutet und die Schwester war ja unterwegs, den Arzt zu verständigen. Und dieses Warten auf den Arzt, da hatte ich schon das Gefühl, wenn er nicht bald kommt, dann verblute ich jetzt. Und das ganze Bett, das Bad, da sah es aus wie im Schlachthaus.«

Nach einer Krampfaderoperation bekommt Sorika Creß ein Mittel zur Blutverdünnung: Xarelto. Es soll das Entstehen eines Blutgerinnsels verhindern. Erst später stellt sie fest, dass auch Blutungen als Nebenwirkungen auftreten können.

Das Medikament Xarelto, produziert von Bayer, gehört zu einer neuen Generation von Blutverdünnern - neben Pradaxa von Boehringer Ingelheim und Eliquis von Bristol Myers Squibb. Alle drei werden vor allem auch zur Vorbeugung gegen Schlaganfälle eingesetzt. Bislang nehmen die Patienten dafür einen anderen Wirkstoff, am bekanntesten ist das Mittel Marcumar. Doch dabei muss regelmäßig Blut abgenommen werden, um die Wirkung zu kontrollieren. Bei den neuen Präparaten sei dies nicht nötig.

Ein wichtiges Werbeargument der Hersteller: »Bei Pradaxa ist es nicht erforderlich, die Blutgerinnung regelmäßig zu prüfen. Es ist auch nicht erforderlich, die Dosis immer wieder anzupassen.«

Um den Milliardenmarkt der Blutverdünner ist ein heftiger Kampf entbrannt. Bislang war die Therapie günstig, denn für die alten Mittel ist der Patentschutz längst abgelaufen. Eine Jahrestherapie damit kostet gerade mal um die 60 Euro. Die neuen Medikamente sind 20 Mal teurer, ein gigantischer Kostenschub für die Krankenkassen.

Und die Verschreibungszahlen steigen: Bei Pradaxa um rund 80, bei Xarelto sogar um mehr als 200 Prozent. Experten wie Prof. Wolf-Dieter Ludwig sind der Meinung, die neuen Mittel sollten nur in bestimmten Fällen eingesetzt werden, etwa wenn die alten nicht vertragen werden.

Prof. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: »Es ist sicherlich so, dass die Schwelle, diese Blutverdünner einzusetzen natürlich viel niedriger ist als bei Marcumar. Man braucht keine Tests. Man kann das Medikament einnehmen, ohne dass der Patient regelmäßig zum Arzt geht. Dabei werden aber natürlich die Risiken übersehen.«

Auch die Hausärztin Sigrid Süßmeyer setzt anfangs auf die neuen Mittel. Auf Fortbildungen hört sie, die Präparate seien neuer Standard. Xarelto-Patient Ludwig Schlichtherle hätte es beinahe nicht überlebt.

Dr. Sigrid Süßmeyer, Fachärztin für Innere Medizin: »Sie sind in die Notaufnahme gekommen und sind dann in der Notaufnahme kollabiert. Und dann sind alle zusammengelaufen. Das wissen Sie alles gar nicht mehr. Und haben dann letztendlich drei Blutkonserven bekommen.«

Ludwig Schlichtherle: »Ich habe nichts mehr mitgekriegt, was man gemacht hat.« Dr. Sigrid Süßmeyer, Fachärztin für Innere Medizin: »Sie wären ein Stunde später tot gewesen.«

Blutungen können auch bei den alten Blutverdünnern wie Marcumar auftreten. Allerdings gibt es hier ein wirksames Gegenmittel, anders als bei den neuen Präparaten. Prof. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: »Da wir kein Gegenmittel haben, ist es dann möglicherweise sogar mit schwerwiegenden Komplikationen verbunden. Und ich denke, dass wir langfristig, wenn wir weitere Daten haben, aus sogenannten Registern, also Langzeitbeobachtungen unter Alltagsbedingungen, möglicherweise sehen werden, dass Blutungsrisiko möglicherweise höher ist oder gleich wie bei den älteren Blutverdünnern.«

Im Jahr 2014 sind beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte mehr als 2.600 Verdachtsmeldungen über unerwünschte Nebenwirkungen bei den neuen Blutverdünnern eingegangen, darunter 244 Todesfälle.

Allerdings: Ein Kausalzusammenhang sei nicht sicher belegt. Darauf verweisen auch die Hersteller. Bayer zum Beispiel teilt uns auf Anfrage mit: »Das Sicherheitsprofil von Xarelto wird von Bayer kontinuierlich überprüft, denn Patientensicherheit hat bei Bayer höchste Priorität.«

Bei Sigrid Süßmeyer ist Ludwig Schlichtherle nicht der einzige Patient, der Probleme bekam. Der schlimmste Fall war der eines 86-jährigen Mannes. Dr. Sigrid Süßmeyer, Fachärztin für Innere Medizin: »Die Polizei öffnet die Türe und findet dann den Mann im ersten Stock. Das war ganz schlimm: Eine riesen Blutspur die Treppe rauf hat man da gesehen. Dann im ersten Stock war das Telefon am Bett. Und da war auch alles voller Blut. Und er lag vor dem Telefon in einer Blutlache. Alle Hilfe war zu spät.«

Die Hersteller verweisen darauf, dass die neuen Produkte in ihren Studien zu weniger schweren Blutungen führen als die herkömmlichen. Doch wie sieht es bei der Anwendung im Alltag aus? Prof. Gerd Glaeske hat die Nebenwirkungen bei Versicherten einer Krankenkasse ausgewertet. Die bislang unveröffentlichte Studie zeigt Alarmierendes: Prof. Gerd Glaeske, Arzneimittelexperte Universität Bremen: »Das sieht nicht mehr so besonders günstig für die neuen Mittel aus. Das heißt, wir haben durchaus höhere Risiken von Blutungen in ganz bestimmten Bereichen, die bei den neuen Mitteln gegenüber den bewährten Mitteln häufiger auftreten, zwischen 6 Prozent und 12 Prozent.«

Erst jetzt, Jahre nach der Markteinführung, sollen Gegenmittel angeboten werden. Boehringer etwa will laut eigener Aussage die Zulassung noch dieses Halbjahr beantragen. Doch warum warten die Ärzte nicht ab und verschreiben weiterhin massenhaft die neuen Mittel?

Prof. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: »Ich persönlich denke, dass das Marketing eine ganz entscheidende Rolle spielt. Ich habe selten eine derartige Kampagne gesehen, wie bei diesen neuen Blutverdünnern. Es gibt eine Vielzahl von Artikeln in gekauften Zeitschriften der Industrie. Es gibt Meinungsführer, die ziemlich skrupellos diese neuen Medikamente propagieren, obwohl es dafür keinen klaren Grund derzeit gibt und es gibt Fortbildungsveranstaltungen, in denen so genannte Meinungsführer mit Interessenkonflikten auftreten und durch ihre Aussagen ganz wesentlich ein unkritisches Verordnungsverhalten fördern.«

Dr. Sigrid Süßmeyer, Fachärztin für Innere Medizin: »Bei 14 Patienten habe ich dann Schluss gemacht. Da haben neun geblutet davon, vier schwer, einer war tot. Und da sind genau fünf Patienten übrig geblieben, die keine Komplikationen hatten. Und dann habe ich gesagt: Dieses Medikament wird bei mir ausrangiert. Seitdem verwende ich es nicht mehr und erlebe halt bei den Kollegen diese Blutungen, die das noch verwenden.«

Sie verordnet jetzt wieder herkömmliche Mittel. Damit hat sie gute Erfahrungen gemacht. Wichtig ist, dass Patienten die neuen Blutverdünner nicht einfach ohne ärztliche Begleitung absetzen. Denn das könnte lebensbedrohlich sein.

Plusminus-Hinweis: Wenn Sie Blutverdünner einnehmen und Fragen haben, handeln Sie nicht eigenmächtig, sondern gehen Sie zunächst zum Arzt und lassen sich von ihm beraten.

weitere Infos zu Xarelto

[Blockupy] Termin

CBG Redaktion

23. Januar 2015, 10.30 Uhr
Axel Köhler-Schnura gegen das Land Hessen
Verwaltungsgericht, Saal 4
Adalbertstr. 18
60486 Frankfurt

Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG)
ethecon - Stiftung Ethik & Ökonomie

Am 1. Juni 2013 wurde das Gründungs- und Vorstandsmitglied der Coordination gegen BAYER-Gefahren bzw. von ethecon, Axel Köhler-Schnura, als Teilnehmer der friedlichen Blockupy-Demonstration in Frankfurt gegen Finanz-Spekulation, Konzernmacht und Banken-Profite Opfer von brutaler Polizeigewalt. Es gelang ihm, die skandalösen Vorfälle damals direkt bundesweit breit öffentlich zu machen (siehe Anhang „Erlebnisbericht“).

Auch reichte er zwei Klagen ein: Eine Strafanzeige gegen die unbekannten Täter sowie eine Verwaltungsklage zur Klärung der Zulässigkeit der von den zuständigen Behörden gedeckten polizeilichen Gewalt-Maßnahmen. Beide Klagen sind noch immer anhängig, im Fall der Verwaltungsklage kommt es jetzt, mehr als anderthalb Jahre später, zur ersten (!) Verhandlung.

Wir sind mit unserem Vorstandsmitglied Axel Köhler-Schnura solidarisch, verurteilen das Vorgehen der Staatsmacht und fordern die juristische Aufklärung und Aburteilung der Täter und der Verantwortlichen.

Wir wünschen Axel viel Erfolg bei der anstehenden öffentlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt und freuen uns über möglichst große öffentliche Beteiligung an diesem Termin.

Zugleich rufen wir zu Spenden für die Finanzierung der Prozess-Kosten auf.
Spenden bitte unter dem Stichwort „Gegen Polizeigewalt!“
Spenden-Konto der Stiftung ethecon
bei der EthikBank
IBAN DE 58 830 944 95 000 30 45 536
BIC GENODEF1ETK
Konto 30 45 536
BLZ 830 944 95
Sie können auch per PayPal auf unserer Seite oben rechts spenden.
Oder spenden Sie per Lastschriftverfahren hier.
Solidaritätsgrüße richten Sie bitte an Axel persönlich: axel@koehler-schnura.de
Es folgt die Erklärung anlässlich des anstehenden Prozesstermins.

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Information vom 16.01.2015

War die Polizei-Brutalität gegen friedliche TeilnehmerInnen der Blockupy-Demonstration am 01. Juni 2013 in Frankfurt rechtlich zulässig?
Was wird das Verwaltungsgericht dazu sagen?

Der Kläger
Am 01. Juni 2013 begab sich der Kläger (Jg. 1949) nach Frankfurt/Main, um an einer Demonstration teilzunehmen. Aufgerufen hatte das Aktionsnetzwerk Blockupy.
Der Kläger wollte im Rahmen dieser Demonstration seinem Unmut Ausdruck verleihen darüber,
dass einige wenige Ultrareiche im Interesse ihrer Profite und ihrer Macht die Welt in eine seit 2008 andauernde und nach wie vor unkalkulierbare Krise gestürzt haben;
dass die im (Aktien-)Besitz dieser Ultrareichen befindlichen Banken und Konzerne allgemein menschliche Moral und Ethik missachten und den Frieden, die Umwelt und die Rechte der Menschen mit Füßen treten;
dass die herrschende Politik diese für die Menschheit und den Planeten gefährlichen Profite der Ultrareichen mit Steuermitteln in Billionenhöhe fördert und stützt;
dass die Milliarden und Abermilliarden, die den „systemrelevanten“ Banken und Konzernen in den Rachen geworfen werden, der öffentlichen Daseinsfürsorge entzogen werden;
dass die Ultrareichen für die durch ihr profitgetriebenes Handeln angerichteten Schäden aus jeder strafrechtlichen und sonstigen Haftung entlassen werden und stattdessen die Folgen der Allgemeinheit aufgebürdet werden.
Im Verlauf der friedlichen Demonstration wurde der Kläger - ebenso wie zahlreiche andere DemonstrantInnen, wie die Demonstration als Ganzes und wie auch viele VertreterInnen der Medien - Opfer von Polizeiwillkür und von brutaler Polizeigewalt (die Schilderung der Erlebnisse des Klägers anbei in einem Bericht „Getreten, geprügelt, mit Giftgas bekämpft“ vom 02. Juni 2013).
Den DemonstrantInnen - und damit dem Kläger - wurden die ihnen nach Verfassung und Gerichtsbeschluss zustehende Demonstration und die ihnen ebenfalls nach Verfassung und Gerichtsbeschluss zustehende Demonstrationsroute gewaltsam verweigert. Es gab Hunderte von der Polizei verletzte Menschen. Darunter der Kläger.

Der Rechtsbruch

Axel Köhler-Schnura: „Innenministerium und Polizeiführung brachen bei der Blockupy-Demonstration vorsätzlich und ohne jeden Anlass die Verfassung und die Grundrechte. Sie hinderten mich, und mit mir Tausende anderer friedlicher Menschen, im Rahmen des Demonstrationsrechtes ihrer Meinung Ausdruck zu verleihen. Schlimmer noch, sie ließen stundenlang wahllos auf friedliche Menschen einprügeln, ließen Giftgas und Schlagstöcke einsetzen. Nur der Besonnenheit der DemonstrantInnen ist es zu verdanken, dass es nicht zu Tumult und Aufruhr kam. Eine schwarze Stunde der Demokratie.“

Die Verfahren

Strafanzeige
Wegen der ärztlich dokumentierten Körperverletzung erstattete Axel Köhler-Schnura Strafanzeige (Aktenzeichen bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt 6130 Ujs 412271/13).
Zweitens
Wegen der Verletzung seiner Grundrechte reichte Axel Köhler-Schnura Klage vor dem Verwaltungsgericht ein (Aktenzeichen Verwaltungsgericht Frankfurt 5 K 4435/13).

Die Sachstände

Strafsache
Die Staatsanwaltschaft und die Kriminalpolizei haben größte Schwierigkeiten, die TäterInnen ausfindig zu machen. Und zwar, weil sämtliche prügelnden PolizistInnen - wie allgemein und seit Jahren üblich - komplett vermummt (!) waren und keinerlei erkennbare Identifikationsmerkmale trugen. Der Kläger dringt auf weitere Ermittlungsschritte und fordert im übrigen die Kennzeichnungspflicht für ausnahmslos alle PolizistInnen im Dienst.

Verwaltungsklage
In der Verwaltungssache versucht die Polizeiführung in umfangreichen Schriftsätzen ihr Verhalten gegenüber dem Gericht zu rechtfertigen. Selbst Filme, die die willkürlichen und gewalttätigen Übergriffe dokumentieren (siehe ausführliches Filmprotokoll anbei), werden wortreich gerechtfertigt. Im Rahmen der öffentlichen Verhandlung am 23. Januar 2015 wird die Unhaltbarkeit dieser Ausflüchte nachgewiesen werden.

Steuerflucht

CBG Redaktion

Presse Info vom 15. Januar 2015

Die Steuertricks der BAYER AG

„Konzerne angemessen besteuern!“

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat heute eine Untersuchung zu Steuertricks des Leverkusener BAYER-Konzerns veröffentlicht. Darin wird gezeigt, wie das Unternehmen Gewinne in Länder mit niedriger Steuerlast verschiebt. Die Stadt Leverkusen, Sitz von Deutschlands wertvollster Firma, blutet derweil aus.

Die BAYER AG hat in den vergangenen Jahren systematisch Gewinne in Niedrigsteuer-Länder verschoben. Mehrere Jahre lang zahlte der Konzern in Deutschland keine Gewerbe- und Körperschaftssteuer. Städte wie Leverkusen und Wuppertal mussten daher Nothaushalte verabschieden. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert, den ruinösen Steuer-Wettlauf zu beenden. Jan Pehrke vom Vorstand der CBG: „Die Armrechenkünste internationaler Konzerne kosten die Finanzämter viele Milliarden Euro pro Jahr. Die Finanzierung des Staatshaushalts wird dadurch immer mehr der lohnabhängigen Bevölkerung aufgebürdet. Es wird höchste Zeit, große Unternehmen angemessen an der öffentlichen Steuerlast zu beteiligen!“.

Allein in Holland besitzt BAYER 15 Tochtergesellschaften. Mit den heimatlichen Gefühlen des Vorstandsvorsitzenden Marijn Dekkers hat das jedoch wenig zu tun. Der Nachbar wirbt vielmehr aggressiv mit Angeboten zum Sparen von Unternehmenssteuern. So ist die Nutzung von geistigem Eigentum und Namensrechten in so genannten „Patent-Boxen“ für nur fünf Prozent Körperschaftssteuer zu haben. Auf diese Weise können die BAYER-Töchter die Gebühren, die sie etwa für eine ASPIRIN-Lizenz entrichten müssen, steuermindernd geltend machen, während diese in Holland als Einnahmen kaum ins Gewicht fallen. Auch als Standort für eine konzern-interne Bank, die den Teilgesellschaften Geld für Investitionen leiht, eignet sich das Land. Die für die Kredite zu zahlenden Zinsen wirken in Deutschland steuermindernd, indessen sie in Mijdrecht bei BAYER WOLRD INVESTMENTS B.V. den Gewinn kaum schmälern.

BAYER verschob daher im Jahr 2012 Anteile im Wert von 1,4 Milliarden Euro aus den USA zur holländischen Tochterfirma BAYER WORLD INVESTMENTS. BAYER GLOBAL INVESTMENTS bekam 526 Millionen Euro schwere Anteile von französischen Teilgesellschaften. Darüber hinaus hat der Konzern in den Niederlanden zu günstigen Konditionen eine Euro-Anleihe über 1,3 Milliarden Euro begeben, für welche die BAYER CAPITAL CORPORATION eine Haftungsverpflichtung eingegangen ist.

Auch nach Belgien steuerflüchtet BAYER, da das Land Zinsen auf Eigenkapital gewährt. Im Jahr 2011 verdoppelte das Unternehmen die Mittel seiner in Antwerpen ansässigen Tochter-Gesellschaft auf acht Milliarden Euro und konnte seinen Gewinn von 254,8 Millionen Euro fast komplett mit nach Hause nehmen. Lediglich 10,8 Millionen Euro musste er dort lassen – das entspricht einer Steuerquote von 4,3 Prozent. In Luxemburg hingegen nutzt BAYER das günstige versicherungswirtschaftliche Klima und hat dort sowohl die INDURISK RÜCKVERSICHERUNG AG als auch die PANDIAS RE AG angesiedelt.

Gewinne dort anfallen zu lassen, wo es nichts kostet, und Verluste da, wo der Fiskus droht, bezeichnet Finanz-Vorstand Werner Baumann als „eine veränderte regionale Ergebnis-Verteilung“. Baumann untersteht eine Abteilung für „Global Tax Projects“. Die Angestellten dort befassen sich unter anderem mit dem „Tax Planning“ und dem „Transfer Pricing“, also der Ermittlung von Preisen für konzern-interne Deals mit Markenrechten, Lizenzen oder realen Produkten.

Wie sehr das Steuerdumping dem Gemeinwesen schadet, zeigt das Beispiel Leverkusen. Die Stadt, immerhin Stammsitz des wertvollsten DAX-Konzerns, darbt seit zwei Dekaden. Mehrere Jahre lang musste die Kommune mit Nothaushalten über die Runden kommen, weil BAYER weniger Gewerbesteuern überwies und manchmal – wie 1999, 2001, 2003 und 2004 – auch gar keine. 2013 musste Leverkusen gar dem Stärkungspakt Stadtfinanzen beitreten.

Die letzte Hiobsbotschaft erreichte Leverkusen im Zusammenhang mit der Übernahme der Sparte für nicht-verschreibungspflichtige Produkte vom US-Unternehmen MERCK. „BAYER rechnet ab dem ersten Jahr nach dem Vollzug mit signifikanten Steuer-Einsparungen“, verlautbarte der Konzern bei der Bekanntgabe des Deals. Im September 2014 gab die Firma dem Stadtkämmerer Frank Stein die genaue Größe bekannt. Stein muss als Synergie-Defekt nicht nur „Einbrüche im zweistelligen Millionen-Bereich“ hinnehmen, sondern für die beiden letzten Jahre auch noch Gewerbesteuer-Einnahmen rückerstatten. Gerade einmal 60 Millionen Euro Gewerbesteuer wird die Kommune in diesem Jahr einnehmen. Zum Vergleich: 1990 hatte allein BAYER das Doppelte überwiesen.

Jan Pehrke von der Coordination gegen BAYER-Gefahren abschließend: „Die Konzerne entziehen sich immer weiter ihrer Verantwortung für die Allgemeinheit - zu Lasten der arbeitenden Bevölkerung, die über steigende Steuern und Abgaben die Zeche zahlen muss. Es ist nicht hinzunehmen, dass BAYER und Co. immer weniger zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen.“

Die vollständige Untersuchung finden Sie hier

Bisphenol A

CBG Redaktion

Jährlich werden rund vier Millionen Tonnen Bisphenol A hergestellt. Der BAYER-Konzern gehört neben den US-Firmen Dow Chemicals und Hexion sowie den taiwanesischen Unternehmen Nan Ya Plastics und Chang Chun Plastics zu den größten Herstellern weltweit.

Telepolis, 5. Januar 2015

Frankreich verbietet Bisphenol A in Lebensmittelverpackungen

Seit 1. Januar des neuen Jahres ist in Frankreich die Herstellung, der Import wie auch der Export von Lebensmittelverpackungen verboten, die Bisphenol A enthalten. Ähnliche Bestrebungen soll es auch in Dänemark, Schweden und in Belgien geben, aber bislang gilt Frankreich als „Vorreiter“. Laut Medienberichten, die die Avant-Garde-Rolle herausstellen, ist aber noch unklar, wie sich das Gesetz mit EU-Regelungen verträgt.

Zwar, so schreibt Le Monde, sei in EU-Regeln zum freien Güterverkehr festgelegt, dass er Einschränkungen dort findet, wo es um den Schutz der Gesundheit und des Lebens der Individuen geht, aber es sei fraglich, ob das auch praktisch durchgesetzt werden könne, wenn ein Staat gegen 27 andere stehe. Frankreich sei „an dieser Front beachtenswert isoliert“, stellt die Zeitung fest, es sei das einzige Land der Welt, das entschieden habe, die Exposition seiner Bevölkerung an die chemische Verbindung drastisch zu reduzieren - zu Lasten seiner Wettbewerbsfähigkeit, zumindest auf kurze Frist. In Zeiten, wo genau die Wettbewerbsfähigkeit das große Wirtschaftsthema im Nachbarland ist, ließe sich hinzufügen.

Bisphenol A (BPA) ist in vielen Gütern zum Alltagsgebrauch enthalten. Es bildet „das chemische Rückgrat der meisten formstabilen, transparenten Polycarbonatkunststoffe“, veranschaulicht ein Spektrum-Bericht. Die Chemikalie findet sich in Plastikwasserflaschen, in Kochuntensilien, Plastikgeschirr, Plastikbesteck, aber auch in Beschichtungen von Konservendosen, Getränkedosen, in Gehäusen von Elektrogeräten und in CDs etc. Auch im Feinstaub hat man Spuren von BPA entdeckt.

BPA kann unter bestimmten Umständen, etwa Hitze, in Lebensmittel diffundieren. Seit Jahren wird BPA, das Ähnlichkeiten mit dem Hormon Östrogen hat, verdächtigt, „negative Auswirkungen auf die Gesundheit zu haben“ (siehe Pubertät bei Mädchen beginnt immer früher und Angriff auf das männliche Gehirn), weswegen Babyflaschen mit Bisphenol A seit Januar 2011 EU-weit verboten sind.

Doch vor einem weitergehenden Verbot hat sich die EU bislang gescheut. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nimmt zwar eine mögliche Schädlichkeit durch BPA-Exposition auf „Leber und Nieren sowie Auswirkungen auf die Brustdrüsen“ und ein damit verbundenes Risiko durch die BPA-Exposition zur Kenntnis, spricht aber vor allem von „möglichen schädlichen Wirkungen“ und davon, dass „weiterhin Unwägbarkeiten hinsichtlich einer Reihe weiterer Gesundheitsgefährdungen bestehen“.

So entschied die EFSA bisher, „dass BPA ein geringes Gesundheitsrisiko für Verbraucher darstellt“, da die Exposition gegenüber dem chemischen Stoff weit unter den vorläufigen Grenzwerten liege. Im Dezember 2014 wurde „eine umfassende Neubewertung der Risiken der Chemikalie fertiggestellt“. Ende Januar soll sie vorgestellt werden.

Ob damit die Chancen auf ein weiterreichendes Verbot wachsen, sei unsicher, läßt der Le Monde-Bericht anklingen. Denn in der Sache Bisphonal A sei eine „Kluft überdeutlich“: diejenige zwischen den Forschungsresultaten und dem Verhalten der großen Aufsichtsbehörden wie die EFSA in Europa und der FDA in den USA. Zwischen 1996 und 2014 seien mehrere tausend wissenschaftliche Arbeiten zur BPA erschienen, die meisten würden Verbindungen zwischen der Chemikalie und einer Vielzahl von Krankheiten - Diabetes Typ 2, Übergewicht, Unfruchtbarkeit, Prostatakrebs u.a. - feststellen bzw. bestätigen, aber die Aufsichtsbehörden würden sich demgegenüber versperren. Möglich aber, dass die Weiterentwicklung von Ersatzstoffen zu einer anderen Haltung führt. Von Thomas Pany

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[Werbung Xarelto] STICHWORT BAYER 01/2015

CBG Redaktion

BAYERs Verkaufsoffensive

Der XARELTO-Masterplan

Der Leverkusener Multi drückt seinen neuen Gerinnungshemmer XARELTO aggressiv in den Markt. Er geht dabei nach einem Masterplan vor, der einen erschütternden Einblick in die kruden Marketing-Methoden des Konzerns gewährt.

Von Jan Pehrke

„Ich bin in Eindhoven aufgewachsen, mich haben die Erfahrungen von PHILIPS geprägt. PHILIPS hat vor 30 Jahren vieles erfunden, aber es waren meistens andere, die am Markt erfolgreich waren“, mit diesen Worten begründete BAYER-Chef Marijn Dekkers in der Süddeutschen Zeitung, warum ihm das Marketing so sehr am Herzen liegt. Folgerichtig bestand eine seine ersten Amtshandlungen beim Leverkusener Multi darin, die Aufwendungen in diesem Bereich zu erhöhen. Beliefen sich die sogenannten Vertriebskosten im Jahr 2010 noch auf „nur“ 8,8 Milliarden Euro, so steigerten sie sich unter der Ägide des Holländers bis 2013 auf über zehn Milliarden Euro. „Die neuen Produkte müssen schließlich auch verkauft werden“, heißt es dazu lapidar. Ein Großteil des Werbe-Etats floss dabei in den Pharma-Sektor und diente hauptsächlich der Lancierung eines Medikamentes: des Gerinnungshemmers XARELTO mit dem Wirkstoff Rivaroxaban.

BAYERs Märchenstunde
Nach einem detailliert ausgearbeiteten Masterplan geht der Pillen-Riese bei seinen Vermarktungsaktivitäten vor. „Die Kraft des Geschichtenerzählens entfesseln“ – so heißt die Strategie für 2014. Da das Jahr eines „mit wenig ‚harten Neuigkeiten’“ ist, halten die PR-ExpertInnen fest: „Es wird wichtig für uns sein, unsere eigenen Neuigkeiten zu kreieren.“ Und den Rahmen für die diesjährige Märchenstunde steckt der „2014 XARELTO PR Plan“ ab. Zwei Geschichten stellt er den Pharma-DrückerInnen zur Auswahl: die „Giving back“-Geschichte und die „Continuing to Circulate“-Geschichte.
In der „Giving back“-Story gibt die Arznei allen etwas zurück. Den PatientInnen winken weniger ÄrztInnen-Termine, mehr Komfort und mehr Freiheit. Die MedizinerInnen dürfen sich derweil dank des unkomplizierten Handlings über mehr Zeit und folglich mehr Geld freuen. Auf Kongressen rechnete BAYER ihnen schon haarklein die Effizienz-Gewinne vor, die sich daraus ergeben, auf das Spritzen des Medikamentes verzichten zu können. Die „Stoppuhr-Studie“ wartete mit dem Befund auf, „dass für die Gabe einer Tablette durchschnittlich 46 Sekunden weniger aufgewendet werden müssen als für eine Injektion. Auf einer Station mit 40 Betten ergibt sich so eine tägliche Zeitersparnis von ca. 30 bis 40 Minuten“. Damit nicht genug, passt die „Zurückgeben“-Story den Werbe-StrategInnen zufolge auch noch bestens zu dem Ansinnen des Leverkusener Multis, „mittels Sponsoring und Fortbildungsinitiativen“ die Marktführerschaft bei den Gerinnungshemmern zu übernehmen.
Die Zirkulationsgeschichte hingegen handelt von einem sagenumwobenen Elixir, das den roten Saft in den Adern auf wundersame Weise ertüchtigt und so arme Seelen wieder dem Rad des Lebens zuführt, ohne die Kreise der weißen Halbgötter weiter durch lästige Blut-Untersuchungen zu stören.
Unabhängig davon, für welche der Geschichten sich die Pharma-Manager schließlich entschieden haben, Alona Rudnitsky dürfte in jeder von ihnen eine Rolle gespielt haben. Diese Figur haben sich die Pillen-PoetInnen ausgedacht, um für den nötigen „Human Touch“ zu sorgen. Und das hört sich dann so an: „Alona Rudnitsky, 69, musste jahrelang jeden Monat ihre Gerinnungswerte kontrollieren lassen. Jetzt verbringt sie diese Stunden mit ihrer Enkelin und muss sich um ihre Gerinnungswerte keine Sorgen mehr machen.“ Auch die Krankengeschichte Hillary Clintons, in deren Kopf ÄrztInnen schon zweimal Blutgerinnsel aufgespürt haben, halten die ÖffentlichkeitsarbeiterInnen für erzählenswert, weil sie am Beispiel einer weithin bekannten Person die Dringlichkeit der Gabe von Blutverdünnern unterstreicht.
Der Frage der Risiken und Nebenwirkungen von XARELTO will der Masterplan offensiv begegnen. „BAYER HEALTHCARE durch eine proaktive Kommunikation der Blutungsrisiken und der verantwortungsvollen Einnahme als tonangebend in der Sicherheitsdebatte positionieren“, nimmt er sich vor. Darum rät er den Konzern-Beschäftigten auch, den heiklen Punkt, dass es zu der Arznei kein Gegenmittel gibt, das im Falle eines Falles Blutungen stillen kann, wie es bei Marcumar und anderen Vitamin-K-Antagonisten (VKA) das Vitamin K als Antidot tut, von selber anzusprechen. Dabei gilt es allerdings, den Nutzen dieser Notfall-Medizin in Zweifel zu ziehen. Die „Mythen rund um VKA-Antidote“ zu zerstreuen, lautet die entsprechende Arbeitsanweisung.
Die entsprechenden Textbausteine dafür hatte vorher schon eine Handreichung bereitgestellt, welche die Außendienst-MitarbeiterInnen in die Lage versetzen wollte, auf den Spiegel-Artikel „BAYER-Blutverdünner XARELTO unter Verdacht“ zu reagieren, der von 72 Todesfällen und 750 Meldungen über unerwünschte Arznei-Wirkungen allein in den ersten acht Monaten des Jahres 2013 berichtet hatte. Während der Leverkusener Multi – letztlich erfolglos – versuchte, via Presserat gegen die Veröffentlichung vorzugehen, lieferte das Schriftstück „Talking Lines“ für die Krisen-Kommunikation. Eigentlich bräuchte XARELTO gar kein Antidot, lautete eine der Sprachregelungen, denn schon ein simples Absetzen rufe den Vitamin-K-Effekt hervor, da sich das BAYER-Produkt schon binnen 8 bis 12 Stunden im Körper abbaue und nicht erst nach ein paar Tagen wie Marcumar & Co. Auch die schon von zahlreichen BAYER-Hauptversammlungen bekannte rhetorische Figur, welche die Meldungen über Nebenwirkungen als bloße Verdachtsfälle abtut, empfehlen die AutorInnen zur Weiterverwendung: „Es ist wichtig festzuhalten, dass gemeldete unerwünschte Arznei-Effekte nicht notwendigerweise bedeuten, dass es einen Kausalzusammenhang zwischen ihnen und dem Produkt gibt.“ Vier Hauptbotschaften sollten die mit dem Medikament befassten Beschäftigten MedizinerInnen, Medien und Öffentlichkeit dem Dokument zufolge übermitteln: Das Nutzen/Risiko-Profil von XARELTO bleibt günstig; das sich in der Praxis herauskristallisierte Sicherheitsprofil bestätigt die Ergebnisse der klinischen Tests; das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ hat jüngst das positive Nutzen/Risiko-Profil bestätigt; BAYER tut alles, ÄrztInnen dazu anzuhalten, einen verantwortlichen Umgang mit dem Gerinnungshemmer zu pflegen.

Beziehungsarbeit
Damit „die Macht des Geschichtenerzählens“ auch ihr ganzes Potenzial zu entfesseln vermag, müssen ihr viele Kanäle zur Verbreitung zur Verfügung stehen. Für BAYERs PR-Abteilungen in den einzelnen Ländern gibt der „2014 XARELTO PR Plan“ deshalb die Devise aus: „Das Netzwerk mit den einheimischen MedienvertreterInnen stärken und ausweiten“. Darüber hinaus hält er es für angeraten, Beziehungen zu besonders einflussreichen JournalistInnen aufzubauen. Auch direkte Anrufe bei Redaktionen zur Lancierung des Medikamentes – im Fachjargon „media sell-in“ genannt – gehören zum Instrumentarium. Zudem regt das 50-seitige Strategie-Papier an, Roundtables mit SchreiberInnen zu organisieren, „um die XARELTO-Story zu pushen“, und Fortbildungsveranstaltungen abzuhalten.
In medizinische Fachzeitschriften wollen die Verkaufsprofis mittels anerkannter ExpertInnen dringen, die sich als Mietmäuler hergeben und dem Gerinnungshemmer so die nötige wissenschaftliche Autorität verleihen. Schon 2013 hatte sich Dr. Michael Spannagl von der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität für so etwas zur Verfügung gestellt. Auf Kongressen und Fortbildungsveranstaltungen pries der Herr Professor das Pharmazeutikum an. Bis August 2013 brachte er es auf 19 Referate zum Thema – und einen Nebenverdienst von 16.200 Euro. Zudem gelang es ihm, in der Publikation Der Allgemeinarzt eine XARELTO-Laudatio zu platzieren, ohne seine Beziehungen zu BAYER offenzulegen. Ein „klares Versäumnis“ sei das gewesen, gesteht Spannagl dem Spiegel später und räumt auch ein, XARELTO und die anderen neuen Gerinnungshemmer seien „im Marketing zu banal dargestellt“ worden. Andere „Key Opinion Leader“, die in dem betreffenden Jahr auf der Payroll des Konzerns landeten und als Werbeträger für die Arznei dienten, waren Professor Dr. Rupert Bauersachs vom Klinikum Darmstadt und Professor Dr. Johannes Brachmann vom Klinikum Coburg. Auch anderweitig nutzte der Pillen-Riese noch Kongresse und andere Branchen-Zusammenkünfte „als Plattform, um die XARELTO-Story zu erzählen“. So bestückte er sie mit Werbeständen und hielt auf ihnen Symposien zu dem Produkt ab.
Frühere PR-Pläne für das Medikament setzten sogar auf eine Art von Direkt-Marketing. BAYER sandte ÄrztInnen XARELTO-Muster per Post zu. Weil dieses seit Mitte der 1980er Jahre aber eigentlich verboten ist, sofern keine Anforderung vorliegt, ließ der Konzern die ÄrztInnen Empfangsbestätigungen unterschreiben, die ihm als „Just-in-Time“-Antrag für die Proben galten. Das brachte dem Leverkusener Multi nicht nur eine Anzeige der industrie-unabhängigen Publikation arznei-telegramm ein, sondern auch eine Vorladung bei der „Freiwilligen Selbstkontrolle für die Arzneimittel-Industrie“ (FSA). In den USA bekam das Unternehmen ebenfalls Ärger. Die Gesundheitsbehörde FDA verwies die XARELTO-Geschichte, wonach dem Mittel eine Herzinfarkt-vorbeugende Wirkung zukomme, ins Reich der Märchen. Sie wies den Pharma-Riesen stattdessen an, sich an den weit profaneren Text des Beipackzettels zu halten, der die Story ein wenig anders erzählt und vor einem erhöhten Herzinfarkt-Risiko warnt.
Davon ließ die Marketing-Abteilung sich aber nicht sonderlich beeindrucken. Sie spintisierte munter weiter und fand genug Gläubige. Die Verkäufe schossen in den Himmel. In den ersten neun Monaten des Jahres 2014 konnte XARELTO die Zahlen im Vergleich zu 2013 fast verdoppeln. Von 633 Millionen Euro auf 1,16 Milliarden Euro kletterten sie und verwiesen das Konkurrenz-Produkt PRADAXA mit dem Wirkstoff Dabigatran klar auf die Plätze. Dabei hatte das Medikament bereits 2013 enorm zugelegt. Den Grund dafür wusste der „Arzneimittelreport 2014“ ganz deutlich zu nennen: „Da Dabigatran länger auf dem Markt erhältlich ist und früher eine Zulassungserweiterung als Rivaroxaban bekommen hatte und da bis heute keine pharmakologischen Vorteile oder gravierenden Unterschiede zwischen den beiden Wirkstoffen belegt wurden, kann diese extreme Steigerung bei Rivaroxaban nur durch Marketing- und Werbemaßnahmen zustande gekommen sein.“

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