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Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”

[Ticker] STICHWORT BAYER 01/2013 TICKER

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Keine Gewerkschaften in Kolumbien
Der kolumbianische Gewerkschaftler Guillermo Correa Montoya hat bundesdeutsche Unternehmen dafür kritisiert, an ihren Standorten in dem Land keine Beschäftigten-Vertretungen zu dulden. Neben dem Verhalten von SIEMENS und DHL rügte der stellvertretende Leiter der Gewerkschaftsschule ENS auch die Geschäftspolitik des Leverkusener Multis. „Ein anderes Beispiel ist die BAYER AG. Die hat eine Firmengeschichte von mehr als hundert Jahren in Kolumbien, aber weder im Werk Barranquilla noch in jenem in Cali gibt es eine Gewerkschaft. Das ist kein Zufall“, so Correa Montoya in einem Interview des Neuen Deutschland. In Nordamerika versucht der Konzern ebenfalls zu verhindern, dass die Beschäftigten sich organisieren. So hat er in Emeryville die Gründung einer Gewerkschaft hintertrieben, indem er mit Stellen-Streichungen drohte und die BelegschaftsvertreterInnen als „Schmarotzer“ diffamierte, die es nur auf die Beiträge der ArbeiterInnen abgesehen hätten (Ticker 3/11). Und auf den Philippinen kündigte der Pharma-Riese Anfang der 2000er-Jahre GewerkschaftlerInnen mit fadenscheinigen Begründungen, was ihm sogar eine Klage wegen Verletzung der OECD-Richtlinien für Global Player einbrachte.

CBG gegen Produktionserweiterung
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat Einspruch gegen das Vorhaben BAYERs eingelegt, am Standort Brunsbüttel die Produktion des Kunststoff-Zwischenprodukts MDI zu erweitern (siehe auch STANDORTE & PRODUKTION). Nach Ansicht der Coordination berücksichtigen die Pläne die Möglichkeit eines Austrittes großer Mengen des Giftgases Phosgen nicht in ausreichendem Maße. So will das Unternehmen die Anlage zwar mit einer Einhausung schützen, womit er einer langjährigen Forderung der Umweltverbände nachkommt, diese aber nicht aus Beton, sondern nur aus Blechplatten errichten. Zudem verzichtet der Konzern auf eine so genannte Ammoniak-Wand als zweites Sicherheitssystem. Darüber hinaus hält die Fertigungsstätte den Mindestabstand zu bewohnten Gebieten nicht ein.

Antibiotika: CBG schreibt Aigner
1.734 Tonnen Antibiotika landeten nach Angaben der Bundesregierung 2011 in den Tier-Ställen. Mittel aus der Gruppe der Fluorchinolone, zu denen BAYERs BAYTRIL zählt, waren mit acht Tonnen dabei. Einen Umsatz von 118 Millionen Euro machte der Leverkusener Multi in diesem Marktsegment weltweit mit dem Produkt – und produzierte dabei Risiken und Nebenwirkungen en masse. Darum sandte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) einen Offenen Brief an die Adresse von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner. „Der übermäßige Einsatz antimikrobieller Substanzen führt zur Entwicklung resistenter Erreger. Immer mehr Menschen sprechen daher auf eine Behandlung mit Antibiotika nicht mehr an – eine mitunter tödliche Gefahr“, heißt es in dem Schreiben. Im Fall von BAYTRIL ist diese Gefahr besonders groß. Der Leverkusener Multi bietet nämlich für den Humanmedizin-Bereich mit CIPROBAY ebenfalls ein Medikament aus der Gruppe der Fluorchinole an, das sogar den Status eines Reserve-Antibiotikas für besonders schwierig zu behandelnde Infektionen besitzt. Darum forderte die CBG die Ministerin auf, den Gebrauch von BAYTRIL in der Massentierhaltung zu verbieten und daran zu arbeiten, mittelfristig alle Antibiotika aus den Zuchtbetrieben zu verbannen.

BAYERs Steuergeheimnis
Auf der von TRANSPARENCY INTERNATIONAL (TI) veröffentlichten Transparenz-Rangliste der 105 größten Global Player landete BAYER auf Platz 25. Während der Pharma-Riese für seine Angaben zur Konzern-Organisation die volle Punktzahl erhielt und für diejenigen zu seinen Antikorruptionsprogrammen 8,1 von 10 möglichen, bekam er nur zwei Punkte für seine Auskunftsfreudigkeit in bezug auf die im Ausland gezahlten Steuern. Die TI-Vorsitzende Edda Müller kritisierte diese Verschwiegenheit des Leverkusener Multis und anderer bundesdeutscher Firmen: „Unternehmen sollten länder-spezifische Zahlen wie Umsatz, Vorsteuer-Ergebnis und Steuern veröffentlichen. Nur so können Bürger dieser Länder feststellen, inwieweit Unternehmen Zahlungen an die Regierungen tätigen, Gelder verschwunden sind oder durch entsprechende Konstruktionen Steuern vermieden werden.“

Protest gegen Freihandelsabkommen
Da es der Welthandelsorganisation WTO kaum noch gelingt, auf globaler Ebene Handelsliberalisierungen durchzusetzen (Ticker 4/12), geht die EU dazu über, mit einzelnen Ländern oder Staaten-Verbünden entsprechende Verträge abzuschließen. Diese Vereinbarungen gehen dabei in der Regel noch über die im internationalen Patentabkommen TRIPS getroffenen Regelungen hinaus. So gelang es der Europäischen Union in den Verhandlungen mit Peru und Kolumbien, beste Markt-Bedingungen für BAYER & Co. zu schaffen. Sie erreichte unter anderem eine Verlängerung des Pillen-Patentschutzes über die bisher geltenden 20 Jahre hinaus, eine die Entwicklung von Nachahmer-Präparaten verzögernde 5-jährige Sperrfrist für die Daten aus den Klinischen Prüfungen und eine strengere Ahndung von Verletzungen des geistigen Eigentums. Solche Zugeständnisse will Brüssel nun auch in den Abkommen mit Thailand, Indien und der ASEAN-Gruppe durchsetzen. Doch dagegen erhebt sich Protest. Thailändische Initiativen wie die AIDS ACCESS FOUNDATION, das CANCER PATIENT NETWORK und die FOUNDATION FOR CONSUMERS sehen durch das geplante Freihandelsabkommen die Versorgung der Bevölkerung mit erschwinglichen Medikamenten gefährdet, weshalb sie das Europäische Parlament in einem Offenen Brief aufforderten, eine Verschärfung der TRIPS-Bestimmungen in dem Vertragswerk nicht zuzulassen.

Protest gegen Aschen-Aufbereitung
Die 60-prozentige BAYER-Tochter CURRENTA will auf ihrem Gelände in Leverkusen-Bürrig für die Betreiber-Gesellschaft AVEA eine Ofenschlacken-Aufbereitungsanlage errichten und diese auch für bis zu 25.000 Tonnen Rostasche aus eigener „Produktion“ nutzen (Ticker 4/12). Doch gegen die Pläne regt sich Widerstand. AnwohnerInnen befürchten Giftstaub-Emissionen, weil die Beschäftigten die Asche auf offenen Förderbändern nach wertvollen Metall-Resten durchsuchen sollen und es keine Lagerhäuser gibt. Zudem rechnen sie mit Belästigungen durch den Liefer-Verkehr. „Das alles ist eine Zumutung für uns Bürger“, sagt etwa Manfred Zans. Er fordert einen geschlossenen Betrieb und hat bei der Stadt deshalb Einspruch gegen das Projekt erhoben.

KAPITAL & ARBEIT

Arbeitsplatzvernichtung in Berlin
Das 800 Millionen Euro schwere Rationalisierungsprogramm, das 4.500 Arbeitsplätze vernichtet, reicht BAYER noch nicht. Zusätzlich kündigte der Leverkusener Multi nun an, am Pharma-Standort Berlin im Bereich der chemisch-pharmazeutischen Entwicklung 130 Stellen zu streichen. Darüber hinaus will der Konzern 170 Jobs nach Wuppertal verlegen. Er begründete den Schritt mit dem notwendigen Abbau von Doppel-Strukturen nach der 2006 erfolgten Übernahme von SCHERING und versuchte abzuwiegeln: „Berlin ist und bleibt unser wichtigster Pharma-Standort.“ Der Bezirksleiter der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE, Oliver Heinrich, zeigte sich trotzdem „aufs Höchste alarmiert“. Der Betriebsratsvorsitzende Yüksel Karaaslan reagierte ähnlich: „Wir fürchten hier in Berlin eine Demontage auf Raten“. Und wirklich hat der Pharma-Riese der Hauptstadt-Belegschaft schon übel mitgespielt. Unmittelbar nach dem SCHERING-Deal stellte der Global Player den Beschäftigten noch Vorteile aus dem Zusammenschluss in Aussicht. Die Realität sah jedoch anders aus. 1.000 Belegschaftsangehörige mussten sofort gehen. Mit dem neuen BAYER-Chef Marijn Dekkers brachen dann noch härtere Zeiten an. Er tilgte den Namen SCHERING, unterstellte die Pillen-Schmiede direkt dem Kommando des Pillen-Chefs Jörg Reinhardt und begrub auch die hochtrabenden Pläne für einen „Pharma-Campus“ auf dem Firmen-Gelände. „BAYER scheint schon fast Lust daran zu haben, hier in Berlin Unruhe zu schüren“, beklagte sich ein anonym bleiben wollender Beschäftigter in einem Beitrag für die Berliner Morgenpost. „Besonders bitter stößt uns diese Debatte auf, weil der BAYER-Konzern gerade seine Gewinn-Erwartung erhöht hat“, heißt es in dem Artikel, der mit dem Satz schließt: „Kampflos werden wir unser Arbeitsplätze hier nicht aufgeben, so viel ist klar.“

Betriebsräte polieren Pharma-Image
Betriebsräte großer Pharma-Firmen machen nicht etwa die Profit-Jagd der Unternehmen für Arbeitsplatz-Vernichtungen und immer neue Rationalisierungsmaßnahmen verantwortlich, sondern die staatliche Gesundheitspolitik. Diese Lage-Beurteilung führt sie auch dazu, über die neu gegründete „Arbeitsgemeinschaft Pharma-Betriebsräte“ Lobby-Arbeit für BAYER & Co. zu treiben. So kritisierte der Verband bei Treffen mit PolitikerInnen wie dem Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Ulrike Flach (FDP), Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz scharf, weil es den Pharma-Riesen mehr Rabatte abverlangt und eine Kosten/Nutzen-Bewertung für Medikamente eingeführt hat. Auch über die angeblich ebenfalls Job kostenden hohen Forschungskosten beklagte er sich und forderte eine steuerliche Absetzbarkeit dieser Ausgaben. Darüber hinaus beabsichtigen die Beschäftigten-VertreterInnen, etwas gegen das schlechte Image der Branche zu tun. „Wir wollen zeigen, dass wir gute Dinge produzieren und eine hohe Wertschöpfung erzielen“, kündigte der BAYER-Betriebsrat Willy Beumann an.

Service-GesellschaftlerInnen unzufrieden
BAYERs Beschäftigten-Befragung bescherte dem Konzern Zustimmungswerte, die von 58 Prozent für das obere Management über 67 Prozent für Vergütung und 73 Prozent für Zufriedenheit bis zu 85 Prozent für das Engagement des Pharma-Riesen gingen. Allerdings traten deutliche Unterschiede zwischen der Belegschaft der drei Sparten „Pharma“, „Kunststoffe“ und „Landwirtschaft“ und den bei den Service-Gesellschaften unter Vertrag Stehenden auf. Während letztere das Unternehmen negativer beurteilten als noch vor zwei Jahren, verteilten erstere bessere Noten als 2010. Ein deutliches Indiz für die 2-Klassen-Gesellschaft beim Leverkusener Multi, die sich unter anderem in der Bezahlung widerspiegelt.

253 LeiharbeiterInnen
Die Zahl der LeiharbeiterInnen ging beim Leverkusener Multi von 650 vor der Wirtschaftskrise auf nunmehr 253 zurück. Das hält der Nachhaltigkeitsbericht für das Jahr 2011 fest. Allein der Aderlass bei BAYER BUSINESS SERVICES (Ticker 4/12) kostete 290 prekär Beschäftigte ihren Job. Ob sich die Konditionen für die ZeitarbeiterInnen seit den Zeiten um 2008, da der Konzern sie mit 6,24 Euro abspeiste und dafür sogar eine Klage von der IG METALL hinnehmen musste (SWB 4/08), inzwischen gebessert haben, darüber steht in dem Report nichts. Auch die Menge der bloß per Werksvertrag beim Global Player malochenden ArbeiterInnen nennt er nicht.

Mangelware Tarifverträge
Weltweit hat der Leverkusener Multi nur mit knapp der Hälfte seiner Beschäftigten Tarifverträge abgeschlossen. Während BAYER in Europa solche Vereinbarungen mit 88 Prozent der Belegschaftsangehörigen getroffen hat, beträgt die Quote in Lateinamerika 46, in der Asien/Pazifik-Region 16 und in den Vereinigten Staaten gar nur drei Prozent. Dort ging sie binnen eines Jahres um fünf Prozent zurück. Die „rückläufige Entwicklung gewerkschaftlich organisierter Beschäftigter in den USA“ nennt der Konzern dann auch als eine der Hauptursachen für die Absenkung des Anteils der tariflich Angestellten von 55 auf 53,6 Prozent im Geschäftsjahr 2011. An dieser Tendenz hat der Global Player freilich kräftig mitgewirkt, denn er macht GewerkschaftlerInnen das Leben schwer, wo er nur kann. (siehe auch AKTION & KRITIK).

Viele befristete Verträge
Von den 72.800 männlichen Beschäftigten bei BAYER (Stand: 2011) hatten 69.400 unbefristete Arbeitsverträge und 3.400 befristete. Von den 39.000 weiblichen Belegschaftsangehörigen waren 36.900 unbefristet und 2.100 befristet angestellt.

Viele chinesische AkademikerInnen
Der Leverkusener Multi verortet seine Wachstumspotenziale hauptsächlich in den aufstrebenden Schwellenländern. Das zeigt sich unter anderem daran, dass er diese Nationen nicht länger als verlängerte Werksbank betrachtet, sondern dort auch neue Produkte entwickeln will und dafür gut ausgebildetes Personal rekrutiert. So stellte der Konzern 2011 in China 1.900 Uni-AbsolventInnen ein und in Indien 750, in der Bundesrepublik dagegen nur 400 und in den USA bloß 250.

Kündigung nach Kritik
Der Leverkusener Multi bietet seinen Beschäftigten Aktien des Konzerns zum Vorzugspreis an. So vorzüglich ist dieser jedoch gar nicht, wie ein Jurist des Unternehmens erfahren musste. Er kaufte die Anteilsscheine, um ein wenig später zu erfahren, dass er diese bei seiner Hausbank für 500 Euro weniger hätte erhalten können. Der Mann sprach den Fall auf einer Management-Versammlung an und erntete für diesen Mut das Lob von Belegschaftsangehörigen. „Die Kollegen haben mir deshalb hinterher auf die Schulter geklopft, aber auch sofort prophezeit, dass es das für mich bei BAYER war“, berichtet er. „So etwas vergisst der Kardinal nicht“, hatten sie ihn gewarnt. Und der Kardinal vergaß tatsächlich nicht und sandte dem Rechtsexperten ein Kündigungsschreiben. Dieser aber lässt sich das nicht gefallen und ficht vor einem Arbeitsgericht nicht nur seine Entlassung, sondern auch den Aktien-Verkauf an.

Renten-Beiträge: Merkel liefert
Bereits seit Längerem fordern BAYER & Co. eine Senkung der Rentenversicherungsbeiträge (Ticker 1/12). So traten die Unternehmen für eine stufenweise Reduzierung auf 19,1 Prozent ein, eine Kosten-Ersparnis von rund vier Milliarden Euro anvisierend. Nun liefert die Bundesregierung und geht mit der Absenkung der Beiträge auf 18,9 Prozent sogar noch über die von den Konzernen gewünschte Entlastung hinaus.

ERSTE & DRITTE WELT

Kontrazeptiva als Entwicklungshilfe

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Der Leverkusener Multi lässt sich den Absatz seiner Antibaby-Pillen in ärmeren Ländern kräftig sponsern: Verhütung gilt als Entwicklungshilfe. So übernimmt etwa die US-amerikanische Entwicklungsbehörde USAID die Kosten für Erstellung und Verbreitung von Informationsmaterial zu YASMIN & Co in Äthiopien (Ticker 1/12). Und Gelder aus dem mit 400 Millionen Euro gefüllten Topf der Bundesregierung „für Vorhaben zur Förderung der Familienplanung und Frauengesundheit“ griff der Multi ebenfalls ab. Sogar bei der Rekrutierung von Personal greift das Unternehmen auf öffentliche Mittel zurück. So qualifizierte er im Rahmen des Programms „Afrika kommt“ mit freundlicher Unterstützung des Auswärtigen Amtes Spitzenkräfte aus Trikont-Staaten weiter, die ihm nun gute Dienste in ihren Herkunftsländern leisten. Willis Omondi Ogutu etwa kümmert sich nach einer neun Monate langen Schulung am BAYER-Standort Berlin in Kenia um den Vertrieb der Kontrazeptiva und kann dabei auf seine guten Kontakte bauen. Er arbeitete dort nämlich bereits für eine Nichtregierungsorganisation, die sich im Bereich der AIDS- und Malaria-Prävention engagierte.

Kontrazeptiva als Entwicklungshilfe

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„Fünf gegen das Wachstum der Bevölkerung investierte Dollar sind wirksamer als hundert für das Wirtschaftswachstum investierte Dollar“, sagte einst der ehemalige US-Präsident Lyndon B. Johnson. Zur Freude des Leverkusener Multis teilen auch andere Ex-Präsidenten des Landes diese Ansicht, denn die „gigantischen Fruchtbarkeitsmärkte“ in den armen Ländern versprechen gute Absatzchancen für die Verhütungsmittel des Konzerns. So einigte BAYER sich mit der „Clinton Health Access Initiative“ von Bill Clinton und der „Children’s Investment Fund Foundation“ darauf, den Organisationen das Hormon-Implantat JADELLE zur „Entwicklunghilfe“ um 50 Prozent verbilligt zur Verfügung zu stellen; im Gegenzug gingen diese eine Kauf-Verpflichtung für sechs Jahre ein.

Kontrazeptiva als Entwicklungshilfe

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Der Leverkusener Multi klärt gemeinsam mit der von ihm gesponserten „Deutsche Stiftung Weltbevölkerung“ Uganda auf. Im Rahmen des Projekts „Improving the Sexual and Reproductive Health of Young Adolescents in Uganda“ informiert der Konzern über die AIDS-Prävention und Verhütungsmethoden. Und er vermeldet Erfolge: Während vor dem Start des Programms weniger als 20 Prozent der SchülerInnen mehr als zwei Methoden der Familienplanung kannten, verfügen jetzt mehr als 70 Prozent über umfangreiches Wissen zur Familienplanung – das umfangreichste macht dabei sicherlich dasjenige über die Kontrazeptiva aus dem Hause BAYER aus. Zudem wenden die Jugendlichen ihre Kenntnisse auch an und sorgen so dafür, dass die Armen sich nicht mehr so schnell vermehren. „Mehr als 90 Prozent der Schüler gaben an, dass sie ihr erstes Kind mit 21 oder später haben wollen“, vermeldet das Unternehmen stolz. Sein Nachhaltigkeitsbericht liefert derweil die Angaben über die Anzahl der in das Land gelieferten Pillen nach: 7.420 Zyklus-Packungen. Insgesamt beglückte der Pharma-Riese die so genannten Entwicklungsländer – nicht zuletzt dank der Entwicklungshilfe diverser staatlicher und privater Einrichtungen (s. o.) – 2011 mit 119 Millionen Zyklus-Packungen.

Neoliberale Entwicklungshilfe

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Die Neoliberalisierung der Entwicklungshilfe unter Minister Dirk Niebel schreitet voran. So will er ausgerechnet mit BAYER, BASF und SYNGENTA einen nachhaltigen Beitrag zur Ernährungssicherheit in Schwellen- und Entwicklungsländern leisten und den Aufbau einer lokalen Agrar- und Ernährungswirtschaft fördern. Zu diesem Behufe gründete sich unter seiner Schirmherrschaft nämlich die „Deutsche Initiative für die Agrarwirtschaft und Ernährung in Schwellen- und Entwicklungsländern“ (DIAE), der außer den Multis noch die „Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit“ (GIZ) und die „Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) angehören.

Neoliberale Entwicklungshilfe

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Mitte Mai 2012 haben die G8-Staaten auf ihrem Treffen in Camp David eine „Neue Allianz für Ernährungssicherung“ gegründet, der mit BAYER, MONSANTO & Co. die üblichen Verdächtigen angehören. Und diese erklären sich auch gleich zu allen Schandtaten bereit. So nimmt sich die Organisation in einem Strategie-Papier vor, die „Verteilung von frei verfügbarem und nicht verbessertem Saatgut systematisch zu beenden“ und „Regeln zu den Eigentumsrechten an Saatgut umzusetzen“. Damit müssten Kleinbauern und -bäuerinnen fortan Lizenzgebühren zahlen, wenn sie ihre Saaten wiederverwenden wollen, was ihre ohnehin schon oft prekäre Lage nochmals verschärfen würde. Auch den Aufkauf von Ackerflächen, das so genannte Landgrabbing, möchte die Allianz erleichtern. Es sieht also alles ganz nach Entwicklungshilfe zur Selbsthilfe aus, was die Global Player da treiben. Dem Bundesentwicklungsministerium (s. o.) macht das nichts aus. Es unterstützt das Unternehmen der Konzerne mit über 50 Millionen Euro.

Gentech-Moratorium in Indien?
Ein Beratergremium hat eine erste Bilanz der „grünen Gentechnik“ in Indien gezogen. Das Ergebnis fällt negativ aus. „Die Erfahrungen der vergangenen Dekade mit transgener Agro-Technik haben gezeigt, dass zwar die Industrie stark profitiert hat, bei der überwiegenden Mehrheit der armen Bauern aber kein positiver Effekt angekommen ist“, heißt es in ihrem 484 Seiten starken Zwischenbericht. Die ExpertInnen empfehlen deshalb dem Obersten Gerichtshof des Landes, ein zehnjähriges Moratorium für Feldversuche zu verhängen. Ob es dazu kommen wird, bleibt jedoch zweifelhaft. Die RichterInnen vertagten Anfang November 2012 einstweilen ihre Entscheidung, während es der Regierung bei dem Termin gelang, einen neuen Sachverständigen in die Beratungskommission berufen zu lassen, was Einfluss auf die Endfassung des Reports haben könnte.

KONZERN & VERGANGENHEIT

Die Flamme weitertragen
Die Geschichtswissenschaftlerin Kordula Kühlem hat den Briefwechsel von BAYERs langjährigem Generaldirektor Carl Duisberg herausgegeben. Bei der Buchvorstellung Anfang Oktober 2012 würdigte der „Leib und Magen“-Historiker des Leverkusener Multis, Werner Plumpe, Duisberg als einen Mann, der den Konzern zu einem Global Player machte, in seiner Amtszeit die modernsten Labore der Welt errichtete, Leverkusen „erfand“ und eine große soziale Ader hatte. Von seiner Verantwortung für den Giftgas-Einsatz und für die Verpflichtung von ZwangsarbeiterInnen im Ersten Weltkrieg sowie von seinem maßgeblichen Anteil an der Gründung des Mörderkonzerns IG FARBEN war dagegen nicht die Rede. Der Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers litt ebenfalls an selektiver Wahrnehmung. „Tradition heißt nicht, die Asche zu bewahren, sondern die Flamme weiterzutragen“, zitierte er bei der Präsentation der Korrespondenz Thomas Morus und gab damit schon einmal einen Ausblick darauf, wie der Pharma-Riese bei den 2013 anstehenden Feiern zu seinem 150-jährigen Bestehen mit seiner dunklen Vergangenheit umgehen dürfte.

Kontroverse um Ausstellung
Die Universität Köln zeigt in ihren Fakultäten eine Ausstellung zu dem von BAYER mitgegründeten Mörder-Konzern IG FARBEN. Nachdem diese im Hauptgebäude und im Chemie-Bereich zu sehen war, sollte sie zur Medizin wandern. Dies stieß jedoch auf Ablehnung, ist der Leverkusener Multi doch Kooperationspartner dieses Hochschulteils und an Forschungsvorhaben beteiligt (Ticker berichtete mehrfach). Aber die KRITISCHEN MEDIZINSTUDIERENDEN setzten sich erfolgreich für die Schau ein, und nun können sich in ihrer Fachbibliothek auch die angehenden ÄrztInnen ein Bild von der unheilvollen Geschichte des Pharma-Riesen machen.

POLITIK & EINFLUSS

Keine Kennzeichnung in Kalifornien
In Kalifornien scheiterte ein BürgerInnen-Begehren zur Kennzeichnungspflicht von Lebensmitteln, die Gentech-Ausgangsstoffe enthalten, knapp mit 46,9 zu 53,1 Prozent der Stimmen. Die 25 Millionen Dollar, die BAYER und andere Gen-Multis in eine Gegen-Kampagne investierten, haben sich damit ausgezahlt. Aber die InitiatorInnen der Abstimmung lassen sich nicht entmutigen und versuchen nun in anderen US-amerikanischen Bundesstaaten ihr Glück.

EU fördert Antibiotika-Entwicklung
Immer mehr Krankheitserreger entwickeln Resistenzen gegen Antibiotika. Auch die Präparate des Leverkusener Multis erweisen sich zunehmend als wirkungslos – und das nicht von ungefähr. Der Konzern bietet nämlich Mittel aus derselben Wirkstoff-Gruppe zugleich für die Veterinär- und die Humanmedizin an. Und wenn sich ein Keim im Massentierstall erst einmal an BAYTRIL gewöhnt hat, dann kann ihm, wenn er in den menschlichen Organismus gelangt ist, CIPROBAY ebenfalls nichts mehr anhaben. Unter anderem deshalb stieg die Zahl der CIPROBAY-resistenten „Staphylococcus aureus“-Erreger nach Angaben des „German Network for Antimicrobial Resistance Surveillance“ von 1990 sechs Prozent auf über 26 Prozent im Jahr 2006. Die Zahl der CIPROBAY-resistenten „Staphylococcus epidermides“-Keime nahm der PEG-Resistenzstudie zufolge von 1995 55,3 Prozent auf 2004 70,1 Prozent zu, die der „Escherichia coli“-Erreger von 5,2 auf 21,9 Prozent. Trotz dieses alarmierenden Befundes sucht BAYER ebenso wenig wie viele andere Konzerne nach neuen Substanzen, denn der aus medizinischen Gründen erwünschte sparsame Einsatz erschwert profitable Geschäfte. Deshalb will die EU den Unternehmen das Forschen nun schmackhafter machen. Der Brüsseler „action plan against antimicrobial resistence“ verspricht Big Pharma vereinfachte Zulassungsverfahren und „angemessene Markt- und Preisbedingungen“.

BAYER EU-Lobbyist No. 1
Kein Pillen-Riese lässt sich die Lobby-Anstrengungen auf EU-Ebene so viel kosten wie BAYER. Das ergab eine Untersuchung, die HEALTH ACTION INTERNATIONAL und CORPORATE EUROPE OBSERVATORY durchgeführt haben. Divide & Conquer zufolge gab der Leverkusener Multi im Jahr 2011 über 2,5 Millionen Euro für die Beeinflussung von EU-Kommission und -ParlamentarierInnen aus. Unter anderem investierte er das Geld in ein „Life Science Dinner“ mit ausgewählten Mitgliedern des Europäischen Parlaments, ihren MitarbeiterInnen und Offiziellen der Europäischen Kommission. In den USA wandte der Konzern für seine Einfluss-Arbeit 3,3 Millionen Euro auf und kam damit auf Platz fünf in der „Big Pharma“-Rangliste. Bei dem, was das Unternehmen als seine Pflicht, sich „in die gesetzgeberischen Entscheidungsprozesse einzubringen“, betrachtet, nutzte es auch die Dienste des berüchtigten PR-Giganten BURSON-MARSTELLER, der einst die argentinische Militär-Junta und den rumänischen Diktator Nicolae Ceau&

  • 537;escu zu seinem KundInnen-Stamm zählte.

Gesundheitswirtschaft beim BDI
Der „Bundesverband der deutschen Industrie“ (BDI) betrachtet die industrielle Gesundheitswirtschaft als einen „der großen Wachstumstreiber der deutschen Wirtschaft“ und hat deshalb einen „Ausschuss für Gesundheitswirtschaft“ ins Leben gerufen. Den Vorsitz übernahm der BAYER-Vorstand Wolfgang Plischke. Zum obersten Ziel des neuen Gremiums erklärte er „die Entwicklung einer branchen-übergreifenden Perspektive für alle im Gesundheitssektor tätigen Unternehmen“.

Teures Verbindungsbüro
„Wir bei BAYER verstehen uns als Bestandteil der Gesellschaft und sehen es daher als unsere Pflicht, uns in die gesetzgeberischen Entscheidungsprozesse einzubringen“, sagte der damalige Vorstandsvorsitzende Werner Wenning bei der Einweihung des Berliner „Verbindungsbüros“. 2011 ließ der Leverkusener Multi sich die Arbeit seiner Hauptstadt-LobbyistInnen 1,2 Millionen Euro kosten und besetzte auch den Chef-Sessel neu. Seit Juli führt der auf Gesetzesvorhaben der EU spezialisierte Stephan Schraff die Einflüsterungsgeschäfte.

BAYER muss draußen bleiben
BAYER, MONSANTO und andere Gen-Multis haben ihren privilegierten Zugang zum französischen Parlament verloren. Sie mussten ihren Akkreditierungsausweis zurückgeben. Damit wollen die regierenden SozialistInnen dem Extrem-Lobbyismus vorbeugen, der bei den kommenden Entscheidungen des Abgeordnetenhauses zur Risiko-Technologie zu erwarten steht. Eine BAYER-Sprecherin zeigte sich „erstaunt“ über die Maßnahme: „Eine solche Entscheidung (...) ähnelt einer Stigmatisierung“. Den Konzernen bleiben aber auch so noch genügend Mittel und Wege offen, ihren Einfluss geltend zu machen.

BAYER will politischer werden
Aktuelle Projekte des Leverkusener Multis wie die Kohlenmonoxid-Pipeline sehen sich einem erbitterten Widerstand gegenüber. Bei neuen Vorhaben soll sich das nicht wiederholen. „BAYER wird seine politische Arbeit verstärken“, droht die Propaganda-Postille direkt an und zitiert den Vorstandsvorsitzenden Marijn Dekkers: „Wir müssen unsere Geschäfte auf eine breite Basis der Akzeptanz stellen.“

Wenning gegen Banken-Zerschlagung
Die Rolle der Banken in der Finanzkrise hat auch viele ManagerInnen dazu bewogen, am Universalbanken-Prinzip zu zweifeln und eine Trennung von Kredit- und Investment-Aktivitäten zu fordern. BAYERs Aufsichtsratschef Werner Wenning tritt in einem Interview mit dem Manager-Magazin jedoch für die Beibehaltung des alten Systems ein: „Weil es gerade der globalen Industrie nutzt. Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung als Vorstandsvorsitzender von BAYER sagen, dass es enorm wichtig ist, Finanzpartner zu haben, die nicht nur das eigentliche Kredit-Geschäft betreiben.“

BAYER im Sparkassen-Beirat
Seit 2003 existiert der 24 Mitglieder umfassende Wirtschaftsbeirat der LEVERKUSENER SPARKASSE. Dort „tauschen sich Unternehmer und Verantwortliche in großen Firmen regelmäßig aus“, wie der Leverkusener Anzeiger weiß. Und seit diesem Jahr tauscht in der Runde auch BAYERs Finanzvorstand Werner Baumann mit.

BAYER-Auszubildende bei Ulrike Flach
Die FDP-Politikerin Ulrike Flach (FDP) unterhält beste Kontakte zum Pillen-Riesen. Im letzten Jahr besuchte die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium den Leverkusener Chemie-„Park“ und heuer hat sie in Berlin neben der „Arbeitsgemeinschaft Pharma-Betriebsräte“ (siehe KAPITAL & ARBEIT) auch schon 20 BAYER-Lehrlinge empfangen, mit denen sie über Nachhaltigkeit plauderte.

Kraft bei BAYER
Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) besuchte im August 2012 den BAYER-Stand im Essener „Ideen-Park“, der Kinder und Jugendliche für Naturwissenschaft, so wie sie die Konzerne verstehen, gewinnen will. Besonders angetan zeigte sich die Politikerin von dem Projekt „Dream Production“, das den Einsatz von Kohlendioxid als Rohstoff zur Kunststoff-Herstellung erprobt, obwohl WissenschaftlerInnen den Recycling-Effekt als gering einschätzen. „Die stoffliche Nutzung kann keine riesigen Mengen binden, weil wir einfach viel, viel mehr Kohlendioxid freisetzen“, sagt etwa der Chemie-Ingenieur Arno Behr von der „Technischen Universität Dortmund“ (Ticker 1/10).

Landesminister bei BAYER
Anfang Oktober 2012 besuchten der schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) und der Energiewende-Minister Robert Habeck (Grüne) Brunsbüttel. Sie schauten sich in Begleitung des parteilosen Bürgermeisters Stefan Mohrdieck den Elbe-Hafen sowie die Schleusen-Anlagen an und machten auch bei BAYER Halt. Dort nahm Habeck kein Blatt vor den Mund. Während Mohrdieck im Namen der heimischen Wirtschaft vor allem Infrastruktur-Verbesserungen einforderte (siehe auch STANDORTE & PRODUKTION), verlangte Habeck von der Industrie eine Reduktion des Kohlendioxid-Ausstoßes: „Auch für Sie kann nicht gelten ‚Immer weiter wie bisher’.“

EU lockert Werbe-Verbot nicht
Unter massivem Lobby-Einsatz hatte BAYER in Tateinheit mit der gesamten Branche versucht, das EU-weite Werbe-Verbot für Medikamente zu kippen, um unter dem Siegel der „PatientInnen-Information“ mit seinem Milliarden-Etat noch ein wenig mehr Marketing betreiben zu können. Initiativen wie die BUKO-PHARMA- KAMPAGNE liefen Sturm gegen den Plan – und konnten sie durchsetzen. Die Europäische Union verfolgt das Gesetzes-Vorhaben vorerst nicht weiter.

PROPAGANDA & MEDIEN

„Verantwortungsvolles Marketing“
Über zwei Milliarden Euro gab BAYER im Geschäftsjahr 2011 für Werbung und „Kundenberatung“ aus. Neuerdings sieht sich der Leverkusener Multi dabei zu einem „verantwortungsvollen Marketing“ verpflichtet. Der Konzern bekennt sich in seinem Nachhaltigkeitsbericht dazu, bei der Reklame für Arzneien und sonstige Produkte klar und deutlich auf Risiken hinzuweisen, keine missverständlichen Aussagen zu machen und nur behördlich genehmigte Anwendungsgebiete zu propagieren. Gehalten hat der Global Player sich an seine eigenen Grundsätze jedoch nicht. Auch im Berichtszeitraum mussten die Aufsichtsbehörden wieder einschreiten (Ticker 4/11). So rügte das Selbstkontroll-Organ der britischen Pharma-Industrie, die „Prescription Medicines Code of Practice Authority“ (PMCPA), eine Annonce für das Verhütungsmittel YASMIN als „hochgradig unethisch“, weil der Pharma-Riese darin das Kunststück fertiggebracht hatte, das Kontrazeptivum mit dem Zusatznutzen „gegen Akne“ und „gegen Wassereinlagerungen“ zu bewerben, um dann im Kleingedruckten just „Akne“ und „Wassereinlagerungen“ als mögliche Nebenwirkungen aufzuführen. Zudem kritisierte die Einrichtung den Global Player dafür, die Kommunikationsplattform Twitter dafür genutzt zu haben, verbotenerweise verschreibungspflichtige Arzneien anzupreisen.

ÄrztInnen-Fortbildung in China
In den ländlichen Regionen Chinas organisiert der Leverkusener Multi gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium unter dem Label „Go West“ Fortbildungskurse für MedizinerInnen, „um verbesserte Diagnose, Therapie und Patienten-Beratungen zu erreichen“, sprich: mehr BAYER-Pillen in Umlauf zu bringen. 3.500 ÄrztInnen und 3.100 Krankenhaus-Angestellte haben seit 2007 die entsprechenden Programme durchlaufen.

Kooperationsvertrag mit Schule
2004 hat BAYER mit dem Monheimer Otto-Hahn-Gymnasium einen Kooperationsvertrag geschlossen. Seither suchen jährlich sechs ReferentInnen des Leverkusener Multis die Schule heim. Im Mai 2012 hielt Dr. Norbert Mencke, in der Tiermedizin-Abteilung des Konzerns für das „Global Marketing“ zuständig, einen Vortrag über Infektionskrankheiten bei Mensch und Tier. Welche Lernziele das Unternehmen bei solchen Übungen verfolgt, darüber gab eine Pädagogin einmal der Wirtschaftswoche Auskunft. „Natürlich bekommen die Schüler dort den Eindruck vermittelt, Gentechnik sei das Nonplusultra, und ohne BAYER und seine Pflanzenschutzmittel würde keine Nutzpflanze auf dieser Welt überleben“, sagte sie der Zeitschrift. Die Chemie-Lehrerin der Otto-Hahn-Schule ist da allerdings anderer Ansicht. „Eine Win-win-Situation“ nannte Katja Lücke das Arrangement mit dem Global Player.

Diabetes-Dialog in Dubai
BAYER hat im April 2012 in Dubai eine Diabetes-Konferenz veranstaltet, zu der unter anderem MedizinerInnen und PolitikerInnen aus Ägypten, Kuwait, Saudi Arabien, Bahrein und den Vereinigten Arabischen Emiraten anreisten. „In den Teilnehmer-Regionen des ersten Symposiums herrscht dringender Bedarf an neuen lokalen Perspektiven zum Diabetes-Management“, meint der Leverkusener Multi mit Blick auf die Krankheitsraten in den Ländern – und hofft diese Aussichten mit seinen Medikamenten und Blutzucker-Messgeräten zu gewähren. Ob das gelingt, steht allerdings in Frage, denn die Diabetika des Konzerns haben nicht den besten Ruf. So bescheinigte der Pharmazeut Gerd Glaeske dem Präparat GLUCOBAY, „gerade mal so wirksam wie Müsli“ zu sein.

160.000 Euro für PatientInnen-Gruppen
Im Jahr 2011 spendete BAYER bundesdeutschen PatientInnen-Organisationen 162.000 Euro; nur NOVARTIS, PFIZER und ROCHE zeigten sich spendabler. Die Auswahl des Pharma-Riesen richtete sich dabei strikt nach seinem Produkt-Portfolio. Mit 62.000 Euro erhielt die „Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft“ als Zielgruppe des Medikamentes BETAFERON am meisten Geld, mit 20.000 Euro folgten dann die potenziellen KOGENATE-AbnehmerInnen von der „Deutschen Hämophilie-Gesellschaft zur Bekämpfung von Blutungskrankheiten“. In Zukunft dürften die Verbände noch mehr bekommen. Die Bundesregierung will nämlich die Mitsprache-Rechte der PatientInnen unter anderem bei der Zulassung von Arzneimitteln und der Frage der Kostenerstattung durch die Krankenkassen stärken, und da ist eine verstärkte Pflege der medizinischen Landschaft geboten.

Preis vom Bluterverband
Von all den PatientInnen-Vereinigungen, die der Leverkusener Multi sponsert, bedenkt er Bluter-Verbände am reichlichsten, gilt es doch, vergessen zu machen, dass in den 1990er Jahren Tausende Bluter an HIV-verseuchten Blutprodukten des Konzerns starben, weil er sein Präparat KOGENATE aus Kostengründen keiner Hitze-Behandlung unterzogen hatte. 5,5 Millionen Euro erhielten die verschiedenen Organisationen im Geschäftsjahr 2010. Und die Investition lohnt sich. Im Juli 2012 bekam BAYER von der „World Federation of Hemophilia“ den „Robert Koch Award“ – ausgerechnet für die Entwicklung von KOGENATE. „Der renommierte Preis unterstreicht, wofür BAYER steht: Science for a better Life“, konnte der BAYER-Manager Liam Condon in seiner Dankesrede sagen.

PatientInnen-Akademie gegründet
BAYER & Co. intensivieren ihre Bemühungen, PatientInnen-Organisationen für sich zu gewinnen (s. o.). Zu diesem Zweck haben sie jetzt die „Europäische Patienten-Akademie zu therapeutischen Innovationen“ (Eupati) gegründet. „Mit einem geeigneten Training können Patienten-Vertreter akzeptierte Partner in Wissenschaft, Ethik- und Kontrollausschüssen werden und dabei klinische Studien, Arzneimittel-Entwicklung und Zugangsstrategien verbessern und beschleunigen“, meinen die Unternehmen. Zu allem Überfluss lassen die Pillen-Riesen sich die Nachhilfe in Sachen Lobbying auch noch teilweise von der EU finanzieren. Die Kosten für die Eupati in Höhe von zehn Millionen Euro übernimmt nämlich die von Brüssel mit insgesamt zwei Milliarden Euro geförderte „Innovative Medicines Initiative“, eine „Public Private Partnership“ zwischen der EU-Kommission und den europäischen Pillen-Riesen. Der Leverkusener Multi lässt sich bei Eupati durch die beiden Manager Jutta Ulbrich und Mark Fairbourn sowie durch den Medizin-Professor und BAYER-Berater Dr. Wolf See (s. u.) vertreten. Das Trio sorgt dort unter anderem für das generelle Management, die Einbindung der Industrie-Netzwerke, die Implementierung der Computer-Technik und die Entwicklung der PR-Strategie. „Unabhängige Gesundheitsinformation ist für Laien wie Fachleute wichtig. Die öffentliche Hand muss hier ihre Verantwortung besser wahrnehmen und darf das Feld nicht der Industrie überlassen“, mit diesen Worten kritisiert die BUKO PHARMA KAMPAGNE die Initiative der Konzerne.

Ein Mann mit vielen Eigenschaften
Der Mediziner Prof. Dr. Wolf See ist im Nebenberuf BAYER-Berater. Da ergeben sich schon bei den Lehrveranstaltungen, die See an der Ruhr-Universität Bochum als außerplanmäßiger Professor abhält, Synergie-Effekte, bietet er dort doch Lehrveranstaltungen zu den klinischen Prüfungen von Wirkstoffen an. Darüber hinaus vertritt der fleißige Gelehrte den Leverkusener Multi nicht nur in der „Europäischen Patienten-Akademie zu therapeutischen Innovationen“ (s. o.) und der „Innovative Medicines Initiative“, einer „Public Private Partnership“ zwischen der EU-Kommission und den europäischen Pillen-Riesen, er schreibt für den Global Player auch Aufsätze in Fach-Magazinen wie dem European Journal of Pharmaceutical Sciences. Zudem nahm See 2011 am Frühjahrssymposion des von BAYER gegründeten „Verbandes der forschenden Arzneimittel-Hersteller“ zum Thema „Von der Gesundheitsforschung in die Gesundheitsversorgung – gemeinsam die Herausforderungen der Zukunft meistern“ teil.

Ausstellung in Leverkusen
BAYER sponsert das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), um sich ein Öko-Image zu verschaffen. Im Rahmen dieser Kooperation veranstaltet der Konzern alljährlich auch einen Kinder-Malwettbewerb zum Thema „Naturschutz“. Eine Auswahl der Bilder stellte der Pharma-Riese Ende August 2012 im Leverkusener Baykomm aus.

Lokalblatt macht BAYER-Werbung
Ende September 2012 machte der Leverkusener Anzeiger unbezahlt BAYER-Werbung. Die Zeitung feierte den Global Player, seine Chemie-Abspaltung LANXESS und den im Besitz der beiden Unternehmen befindlichen Chemie„park“-Betreiber CURRENTA als „die drei Säulen der lokalen Wirtschaft“. Dass diese Säulen die Stadt schon längst nicht mehr tragen können – sie ist hochverschuldet (siehe STANDORTE & PRODUKTION) – ficht das Blatt nicht an. Wacker rühmt es BAYERs gute Geschäfts- und Ökobilanz, letztere trotz eines Kohlendioxid-Ausstoßes von über acht Millionen Tonnen, feiert das kulturelle Engagement des Konzerns und promoviert das BAYER-Kreuz und die roten Werksfahrräder zu Trägern der kulturellen Identität Leverkusens.

RP macht BAYER-Werbung
Mit der „Langen Nacht der Industrie“ versuchen BAYER & Co. ihr nicht zuletzt durch gefährliche Projekte wie die Kohlenmonoxid-Pipeline (siehe CO & CO.) ramponiertes Image zu liften. Die Rheinische Post ließ sich dabei bereitwillig einspannen. Sie stellte auf ihren Seiten die Chemie-„Parks“ von BAYER vor und legte sich kräftig ins Zeug, um Bedenken zu zerstreuen. So hob die Zeitung die hohen Sicherheitsstandards hervor und lobte die umweltgerechte Schadstoff-Entsorgung. Sie entblödete sich nicht einmal, dem „architektonisch preisgekrönten“ Monheimer Standort „Wohlfühl-Ambiente“ zu bescheinigen.

Gentech-Werbung auf Sunshine Live
Der Leverkusener Multi will verstärkt Jugendliche für seine Gentechnik-Produkte gewinnen und umwarb die Zielgruppe deshalb mit einem Spot für die Risiko-Technologie auf dem Sender Sunshine Live, der speziell auf elektronische Musik ausgerichtet ist. AktivistInnen wandten sich deshalb an die Redaktion und protestierten gegen die Gentech-Propaganda auf der Welle.

BAYER im Museum
Der Leverkusener Multi nahm im Sommer 2012 das Kölner „Museum für angewandte Kunst“ in Beschlag. Der Konzern präsentierte in der Ausstellung „Architekturteilchen“ nicht nur seine „Sample-Box“ mit unterschiedlichen Baumaterialien und einen Teil der Dach-Konstruktion eines chinesischen Bahnhofs, auch alle Präsentationsmedien wie Tische und Schautafeln wurden aus Kunststoff made by BAYER gefertigt.

BAYER in Boston auf der BIO 2012
Im Juni 2012 nahm BAYER an der weltgrößten Biotechnologie-Messe der Welt teil, der „BIO International Convention“ in Boston. Der Leverkusener Multi präsentierte sich dort auf einem Gemeinschaftsstand der Länder Berlin und Brandenburg zusammen mit Biotech-Firmen aus der Region, dem Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik und weiteren Einrichtungen und Unternehmen.

BAYER vergibt Klima-Preis
Um sich trotz eines jährlichen Kohlendioxid-Ausstoßes von über acht Millionen Tonnen als Klima-Kümmerer darstellen zu können, verleiht der Leverkusener Multi einen „Climate Award“. 2012 erhielt der finnische Wissenschaftler Markku Kulmala von der Universität Helsinki diese Auszeichnung für seine Forschungen über bestimmte Partikel in der Atmosphäre, die zu einer Abmilderung der Erderwärmung beitragen könnten.

Greenwashing mit dem EBEN
Auch in den USA versucht BAYER sich mittels PR-Aktionen als Umweltengel zu präsentieren. Um sein Sündenregister vergessen zu lassen, rief der Multi am Standort Berkeley das „East Bay Environmental Network“ (EBEN) ins Leben, einen Verbund aus Stadtverwaltungen, Unternehmen und Universitäten, der sich nominell der Förderung des Umweltschutzes im Allgemeinen und des Klimaschutzes im Besonderen verschrieben hat.

TIERE & ARZNEIEN

Kein BAYTRIL-Verbot
1.734 Tonnen Antibiotika landeten nach Angaben der Bundesregierung 2011 in den Tier-Ställen. Der massenhafte Einsatz dieser Mittel in der Massenzucht fördert die Entwicklung resistenter Erreger. In den menschlichen Organismus gelangt, können diese Krankheiten auslösen, gegen die Antibiotika dann nicht mehr wirken. Bei BAYERs BAYTRIL ist diese Gefahr besonders groß, denn CIPROBAY, sein Pendant für die Humanmedizin, entstammt ebenfalls aus der Gruppe der Fluorchinolone und hat sogar den Status eines Reserve-Präparats für besonders schwierig mit Antibiotika zu behandelnde Infektionen inne. Trotzdem will die Bundesregierung den TierhalterInnen die Gabe von BAYTRIL & Co. nicht verbieten. „Für Cephalosporine und Fluorchinolone zur Anwendung bei Tieren bestehen nationale und EU-weite Zulassungen, die Bestandsschutz genießen“, antwortete die Regierungskoalition auf eine Kleine Anfrage der Grünen. CDU und FDP behalten sich lediglich Einschränkungen des Gebrauchs vor, obwohl immer mehr Bakterien und Keime gegen diese Wirkstoffe immun werden.

Noch mehr BAYRIL
Der Leverkusener Multi ignoriert die Risiken und Nebenwirkungen der massenhaften Verwendung von Antibiotika in der Massentierhaltung (s. o.) und wirft in Europa mit BAYTRIL MAX FOR PIGS ein neues Produkt speziell für Schweine-ZüchterInnen auf den Markt. Um es den TierhalterInnen schmackhaft zu machen, scheut der Konzern nicht einmal davor zurück, mit dem inflationären Gebrauch des Präparats in anderen Welt-Regionen Werbung zu treiben. So verweist er auf Erfahrungen mit dem Mittel in Nord- und Südamerika, „wo es erfolgreich zur Behandlung von mehr als sechs Millionen Schweinen eingesetzt wurde“.

Tier-Markt wächst tierisch
Längst hält der Leverkusener Multi für die vierbeinigen Freunde nicht mehr nur Arzneien und Mittel gegen Flöhe und andere Parasiten bereit. Er hat auch eine Art Deodorant gegen den tierischen Geruch, Vitamin-Cocktails und diverse Pflege-Artikel von Kurz- und Langhaar-Shampoo über Ohren-Spülungen bis hin zu Zahnpflege-Sets im Angebot. Und der Konzern will dieses Segment sogar noch ausbauen. „An der Erweiterung der Pflege-Produkte und Futter-Ergänzungsprodukte um interessante Produkte arbeiten wir, da dies ein durchaus wachsender Markt ist“, lässt das Unternehmen verlauten.

DRUGS & PILLS

USA: Aus für Baby-ASPIRIN
BAYERs Schmerzmittel ASPIRIN kann das Reye-Syndrom auslösen. Diese seltene Krankheit schädigt Leber und Gehirn und verläuft zu 40 Prozent tödlich. Am häufigsten tritt sie im Alter zwischen vier und neun Jahren auf. Darum musste der Leverkusener Multi in den USA nun das speziell auf diese Zielgruppe ausgerichtete „Baby-ASPIRIN“ vom Markt nehmen (SWB 1/13). In Lateinamerika hingegen vermarktet der Konzern bis heute solche speziell für Kinder gedachten Acetylsalicylsäure-Präparate.

BfArM zu DUOGYNON
Der hormonelle Schwangerschaftstest DUOGYNON der heute zu BAYER gehörenden Firma SCHERING hat ab den 1950er Jahren zu tausenden Totgeburten geführt (siehe auch RECHT & UNBILLIG). Darüber hinaus kamen unzählige Kinder mit schweren Missbildungen zur Welt. Das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM) erfasst bis heute Meldungen über Risiken und Nebenwirkungen des 1980 aus dem Verkehr gezogenen Mittels und veröffentlichte 2012 einen Bericht dazu. Obwohl selbst firmen-interne Dokumente DUOGYNON eine hohe Gefährlichkeit bescheinigten, sah sich die Behörde zu einem eindeutigen Urteil nicht in der Lage. „Ein Kausalzusammenhang zwischen den berichteten Fehlbildungen und der Exposition mit DUOGYNON in der Schwangerschaft kann nicht bestätigt, aber auch nicht sicher ausgeschlossen werden“, heißt es in dem Report.

EU-Zulassung für Augenmittel
Nach einem Zulassungsbescheid der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA für BAYERs Augen-Arznei EYLEA (Ticker 2/12) genehmigte ihr europäisches Pendant EMA das Medikament. Das Mittel zur Therapie der feuchten Makula-Degeneration – einer Augenerkrankung, die zur Blindheit führen kann – erschließt jedoch nicht gerade medizinisches Neuland. Laut Konzern zeigte das Pharmazeutikum in Tests lediglich „eine vergleichbare Wirkung (‚Nicht-Unterlegenheit’) gegenüber der Behandlung mit LUCENTIS“.

Noch mehr YASMIN & Co.
Trotz zahlreicher Todesfälle und starker Nebenwirkungen setzt BAYER weiter auf drospirenon-haltige Kontrazeptiva aus der YASMIN-Familie. Weil für die Präparate bald der Patentschutz ausläuft, entwickelt der Leverkusener Multi fieberhaft Varianten mit geringfügigen Abweichungen. So hat er jetzt die europa-weite Zulassung für die Pille FLEXYESS erhalten, die es den Frauen durch ein flexibles Einnahme-Schema erlaubt, die Zyklus-Länge vorauszuplanen.

BAYER entwickelt Verhütungspflaster
Der Leverkusener Multi will ein Verhütungspflaster auf den Markt bringen und hat bei den EU-Behörden einen entsprechenden Zulassungsantrag gestellt. Das Produkt enthält mit 0,55 mg des Hormons Ethinylestradiol und 2,1 mg des Hormons Gestoden höher dosierte Wirkstoffe als Kontrazeptiva in Pillen-Form, soll diese aber angeblich peu à peu über die Woche verteilt abgeben. Der Konzern erwartet von der Neuentwicklung einen Jahres-Umsatz von 250 bis 500 Millionen Euro.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Pestizid-Folgekosten: 90 Milliarden
Schätzungen zufolge kommt es Jahr für Jahr zu 41 Millionen Pestizid-Vergiftungen. Und eine Studie des UN-Umweltprogrammes UNEP rechnet für die Zukunft mit noch höheren Zahlen – vor allem in Armutsregionen. Dort steigt nämlich der Pestizid-Verbrauch rasant. Der Report „Global Chemicals Outlook“ rechnet deshalb für 2015 bis 2020 allein in Afrika mit Behandlungskosten in Höhe von 90 Milliarden Dollar. Um es nicht so weit kommen zu lassen, appelliert die UNEP an Regierungen und Agrochemie-Hersteller, mehr gegen die Risiken und Nebenwirkungen der Mittel zu unternehmen. Den Kontakt zu BAYER hätte die Einrichtung auch auf dem kleinen Dienstweg aufnehmen können: Der Leverkusener Multi gehört nämlich zu ihren Sponsoren.

Pestizid-Markt wächst
Nicht nur in den Armutsregionen steigt der Absatz von Pestiziden (s. o.), auch generell erhöht sich der Verbrauch. So wuchs der globale Agrochemie-Markt 2011 gegenüber dem Vorjahr um 18 Prozent; 45,3 Milliarden Dollar betrug der Umsatz von BAYER & Co.. In der Bundesrepublik nahm er um 2,9 Prozent auf 1,255 Milliarden Euro zu. Das stärkste Plus verzeichneten die bundesdeutschen Hersteller bei dem Segment der „Pflanzenschutzmittel“ für Haus und Garten mit einem Anstieg von 19,1 Prozent auf 119 Millionen Euro. Überproportional legten dabei die Produkte zu, die auf Chemie verzichteten.

BAYER-Pestizide in Lebensmitteln
2010 fanden sich nach einer Studie des „Bundesamtes für Verbraucherschutz“ in 62,8 Prozent der untersuchten Obst- und Gemüseproben Pestizid-Rückstände; in 2,9 Prozent der Fälle überschritten die Spuren die gesetzlich festgelegten Grenzwerte. Besonders alarmierend: Baby-Nahrung war zu 17,2 Prozent belastet. Und unter den acht am häufigsten nachgewiesenen Substanzen tummelten sich mit Carbendiazim (enthalten in der Agrochemikalie DEROSAL) und Chlorpyrifos (enthalten in BLATTANEX, PROFICID und RIDDER) zwei auch von BAYER produzierte Wirkstoffe.

GAUCHO & Co. giftiger als DDT
BAYERs Saatgut-Behandlungsmittel PONCHO und GAUCHO mit den Wirkstoffen Clothianidin bzw. Imidacloprid haben verheerende Auswirkungen auf die Umwelt. So tragen die zur Gruppe der Neonicotinoide gehörenden Pestizide eine Mitschuld am weltweiten Bienensterben, denn sie haben es in sich: Ihre Giftigkeit übersteigt diejenige von DDT um das 5.000 bis 7.000fache.

Zulassungen trotz Bienengefährlichkeit
Die EU-Zulassungsverordnung für Pestizide untersagt eigentlich die Genehmigung von Ackergiften, die negative Auswirkungen auf Bienenvölker haben. Trotzdem gelangen vieler dieser Mittel auf den Markt (s. o.). Grund dafür ist die bisherige Praxis der Risiko-Prüfung, wie ein von der „Europäischen Behörde für Lebensmittel-Sicherheit“ berufenes WissenschaftlerInnen-Gremium herausfand. Die bisherigen Bestimmungen schreiben nämlich nur Kurzzeit-Tests auf der Basis von akut toxischen Dosen vor. Über einen längeren Zeitraum gehende Untersuchungen mit geringeren Konzentrationen ergäben nach Ansicht der ForscherInnen mutmaßlich weit größere Gefährdungen durch die BAYER-Wirkstoffe Imidacloprid und Thiacloprid. Zudem bemängelten sie die Nichtberücksichtigung von Kombinationswirkungen. Deshalb forderten die ExpertInnen eine Überarbeitung der Zulassungsvorschriften.

GAUCHO-Bann in England?
In Großbritannien rückt ein Verbot von BAYERs Pestizid GAUCHO und anderer Ackergifte aus der Gruppe der Neonicotinoide wegen ihrer Bienengefährlichkeit näher. „Die Gesundheit unserer Bienen liegt uns sehr am Herzen, und neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen gegenüber, die einen Zusammenhang zwischen der Dezimierung der Bienenvölker und der Verwendung bestimmter Pestizide nachweisen, waren wir immer aufgeschlossen“, erklärte der britische Umweltminister Owen Paterson von den Konservativen. Deshalb wies er seine MitarbeiterInnen an, die Konsequenzen eines Banns der Mittel zu prüfen. Zumindest drastische Anwendungsbeschränkungen für GAUCHO & Co. bestehen schon in der Bundesrepublik, Slowenien, Italien und Frankreich.

PFLANZEN & SAATEN

Zuckerrübe mit Pestizid-Resistenz
BAYER und die KWS SAAT AG wollen eine Zuckerrübe mit Pestizid-Resistenz entwickeln, ohne dabei auf gentechnische Verfahren zurückzugreifen. Dazu züchten die beiden Unternehmen eine Pflanze weiter, bei der es zu einer „spontanen Veränderung des Erbgutes“ kam, wie es heißt.

Neues Zuchtzentrum in Australien
BAYER will im australischen Bundesstaat Victoria eine Forschungsstätte zur Kultivierung neuer Raps- und Weizensorten errichten. Besonders im Bereich „Weizen“ engagiert sich der Leverkusener Multi seit einiger Zeit stark. So hat er vor kurzem in Gatersleben das „Europäische Weizenzucht-Zentrum“ eröffnet. Zudem unterhält der Konzern viele Kooperationen mit Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen, um neue Arten dieser Kulturpflanze zu entwickeln.

GENE & KLONE

Mehr Gentech in Lebensmitteln?
Im Februar 2011 hob die EU die Regelung auf, wonach Futtermittel-Importe keinerlei Spuren von Gentech-Pflanzen aufweisen dürfen, und legte einen Höchstwert von 0,1 Prozent fest. Gleiches plant die Brüsseler Kommission jetzt auch für Lebensmittel-Importe. „Sie geht damit zum wiederholten Mal vor der Gentech-Lobby in die Knie“, kritisierte der grüne EU-Parlamentarier Martin Häusling. Und damit auch vor dem Leverkusener Multi. Der Konzern hat nämlich ein intensives Interesse an der Neuregelung, verhinderte sie doch eine Wiederholung des Gen-GAUs von 2006, als sich BAYERs nicht zugelassener Gentech-Reis LL601 unvermittelt in diversen Handelssorten wiederfand. Was damals noch einen Skandal auslöste, wäre dann in Zukunft nämlich ganz legal.

STIVARGA-Zulassung erhalten
BAYER hat in den USA die Zulassung für sein Gentech-Medikament STIVARGA (Wirkstoff: Regorafenib) erhalten. Es darf ab sofort bei PatientInnen mit fortgeschrittenem Darmkrebs, bei denen alle sonstigen Therapien versagt haben, zum Einsatz kommen. Die Genehmigung erfolgte trotz bescheidener Test-Ergebnisse. Die Substanz steigerte die Gesamtüberlebenszeit der ProbandInnen im Vergleich denjenigen aus der Placebo-Gruppe gerade einmal um 1,4 Monate und schenkte ihnen bloß eine um 0,2 Monate längere Zeit ohne weiteres Tumor-Wachstum.

Kooperation mit EVOTEC
Vor ein paar Jahren noch verkündete BAYER positive Ergebnisse von Tests mit dem Hormon Dienogest zur Behandlung der Endometriose, einer Schleimhaut-Wucherung im Blasen-, Darm- oder Eierstockbereich. Die Resultate ließen sich aber offenbar nicht bestätigen, denn Anfang Oktober 2012 beauftragte der Leverkusener Multi das Hamburger Biotech-Unternehmen EVOTEC damit, Wirkstoffe gegen die Endometriose zu finden und setzte dafür eine Belohnung von bis zu 580 Millionen Euro aus.

Kooperation mit QIAGEN
Bisher hat die personalisierte Medizin, also die Entwicklung einer passgenauen, auf die jeweiligen Bedürfnisse der PatientInnen ausgerichteten Therapie-Form, die in sie gesteckten Erwartungen nicht erfüllt. BAYER versucht sich trotzdem weiter auf diesem Feld. So vereinbarte der Leverkusener Multi mit QIAGEN eine Kooperation. Der Pharma-Riese will künftig bei Krebs-Therapien die von dem Hildener Biotech-Unternehmen entwickelten Tests und Analyse-Geräte zum Einsatz bringen. Diese Begleit-Diagnostika sollen die Genome der jeweiligen Tumore bestimmen und auf diese Weise eine gezieltere Behandlung ermöglichen. Auch neue Verfahren in diesem Bereich wollen die Partner bis zur Produktreife bringen.

Bundesregierung kapituliert
Das von BAYER und GENZYME gemeinsam entwickelte Gentech-Medikament MABCAMPATH (Wirkstoff: Alemtuzumab) hat eine Zulassung zur Behandlung einer seltenen Leukämie-Art. Diese PatientInnen stehen jetzt allerdings auf dem Schlauch. Die beiden Konzerne wollen das Mittel nämlich zur Therapie von Multipler Sklerose einsetzen, wo es achtmal so viele Betroffene gibt – und entsprechend mehr zu verdienen. Deshalb haben die Unternehmen die Arznei für die bisherige Indikation kurzerhand aus dem Verkehr gezogen. Und die Bundesregierung meint, das hinnehmen zu müssen. „Rechtliche Möglichkeiten, einen pharmazeutischen Unternehmer dazu zu zwingen, ein Arzneimittel in Deutschland zu vermarkten, bestehen nicht“, antwortete sie auf eine Kleine Anfrage der Partei „Die Linke“.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Frankreich verbietet Bisphenol
BAYER ist mit einer Jahresproduktion von ca. einer Million Tonnen einer der größten Produzenten der Industrie-Chemikalie Bisphenol A. Drei Prozent davon finden in Lebensmittel-Verpackungen wie etwa Konservendosen Verwendung. Da die Substanz Schädigungen des Nervensystems, Übergewicht, Unfruchtbarkeit, Diabetes sowie Herz- und Lebererkrankungen hervorrufen kann, hatte die EU im März 2011 ihre Verwendung in Babyflaschen untersagt (Ticker 1/12). Frankreich geht jetzt noch einen Schritt weiter. Das Land hat ein Bisphenol-Verbot für den gesamten Nahrungsmittel-Sektor beschlossen, das 2015 in Kraft treten soll.

PLASTE & ELASTE

Lade-Stationen für Elektro-Autos
BAYER hat gemeinsam mit den Unternehmen POLICAM und INGETEAM Lade-Stationen für Elektro-Autos entwickelt. Der Leverkusener Multi steuerte dazu das Kunststoff-Gehäuse bei. Solche Verkleidungen hatte das Unternehmen bereits für die Batterien der Wagen konstruiert. Da der Konzern sich von diesem Markt viel erhofft, gehört er auch der „Nationalen Plattform Elektromobilität“ an, welche die Bundesregierung in Fragen der neuen KFZ-Technologie berät.

CO & CO.

22.000 Einwendungen
Beim Bau der zwischen Krefeld und Dormagen verlaufenden Kohlenmonoxid-Pipeline nahm der Leverkusener Multi zahllose „Planungsanpassungen“ vor. So verzichtete er etwa auf ein oberflächen-nahes Warnband, reduzierte die Breite der Abschirmungsmatten von 80 auf 60 cm und verlegte an manchen Stellen nur 5,6 mm statt 6,3 mm dicke Rohre. Darum musste der Konzern sich nun auf ein Planergänzungsverfahren mit BürgerInnen-Beteiligung einlassen. Und diese beteiligten sich rege. 22.000 Einwendungen gegen die Genehmigung 2.0 gingen bei der Bezirksregierung Düsseldorf ein. Darunter befand sich auch ein Einspruch der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN. Darüber hinaus formulierten auch CBG-Vorstände und -Mitglieder Vetos.

Neue Auflagen für Pipeline
Im Mai 2011 hatte das Düsseldorfer Verwaltungsgericht die Genehmigung für BAYERs zwischen Krefeld und Dormagen verlaufende Kohlenmonoxid-Pipeline aufgehoben. Die RichterInnen verlangten Nachbesserungen beim Nachweis der Erdbeben-Sicherheit. Die Bezirksregierung hat die zusätzlichen Anforderungen Ende August 2012 in einem Planergänzungsbeschluss formuliert. So muss der Leverkusener Multi nun noch Gutachten nachreichen, die Gefährdungen der oberirdischen Anlagen und des Leitungsabschnitts im Risiko-Gebiet Monheim durch Bodenerschüttungen ausschließen. Darüber hinaus darf die Inbetriebnahme nur erfolgen, wenn eine von der Behörde gestartete Untersuchung keine Anhaltspunkte für Gefahren durch Hohlräume entlang der Strecke findet. Aber selbst bei Erfüllung all dieser Kriterien gebe es noch kein grünes Licht. Die zahllosen während der Bauphase vorgenommenen „Planungsanpassungen“ machten nämlich ein Planergänzungsverfahren unumgänglich (s. o.), dessen Abschluss frühestens im nächsten Jahr zu erwarten ist. Zudem steht noch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster zum Röhren-Werk aus.

Bau in Pipeline-Nähe
In unmittelbarer Nähe der Kohlenmonoxid-Leitung hat ein Unternehmen fünf große Stahlträger in den Boden gerammt, um daran Werbetafeln anzubringen. Bei den Arbeiten hätte es gut auf das Röhren-Werk treffen können, wenn nicht eine der zahlreichen „Planungsanpassungen“ (s. o.) den Abstand erhöht hätte. Ein Pipeline-Hinweisschild gab es an der Stelle nämlich nicht. „Da hat man Glück gehabt. Beim Bau der Stutzen im Mai hat noch niemand die neue Pläne gekannt“, so der Langenfelder Bürgermeister Frank Schneider (CDU).

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Staub-Explosion in Dormagen
Im Dormagener BAYER-Werk kam es am 8.10.12 zu einer Staub-Explosion in Folge einer elektrostatischen Aufladung. Dadurch geriet ein Zwischenprodukt zur Pestizid-Herstellung in Brand. Laut Zeitungsberichten schoss eine weithin sichtbare Stichflamme in den Himmel. Ein Beschäftigter erlitt eine Verbrennung und musste kurzzeitig ins Krankenhaus, die anderen Belegschaftsangehörigen konnten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen.

STANDORTE & PRODUKTION

Leverkusen braucht Finanzhilfe
BAYER machte im Geschäftsjahr 2011 mit 36,5 Milliarden Euro einen Rekord-Umsatz. An seinem Stammsitz Leverkusen kommt von dem Geld allerdings kaum etwas an. Die Gewerbesteuer-Zahlungen steigen seit einiger Zeit zwar wieder etwas, aber nicht in dem erwarteten Ausmaß. So musste Kämmerer Rainer Häußler die Einnahme-Prognose von 108 Millionen Euro schon im Frühjahr um zehn Millionen nach unten korrigieren. „Die neuen Zahlen haben sich nach konkreten Gesprächen mit den Spitzensteuerzahlern in Leverkusen ergeben“, sagte Häußler zur Begründung. 1990 hatte allein der Chemie-Multi mehr aufgebracht, 123 Millionen Euro überwies der Konzern damals. Die Zäsur brachte dann allerdings im Jahr 2000 die Unternehmenssteuer„reform“, die BAYERs ehemaliger Steuer-Chef Heribert Zitzelsberger als Staatssekretär im Finanzministerium maßgeblich mitgeprägt hat. Seither herrscht Ebbe in der Stadtkasse. Darum musste Leverkusen jetzt Finanzhilfen vom Land annehmen: Die Kommune trat dem Stärkungspakt Stadtfinanzen bei.

Keine Kita im Duisberg-Park
Die nach der Chemie-Katastrophe von 1976 erlassene Seveso-Richtlinie schreibt einen ausreichenden Abstand zwischen Industrie-Anlagen und anderen Gebäuden vor. Ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs dazu, das die Errichtung eines Gartencenters in der Nähe des Areals von MERCK verbot, rief diese Bestimmung noch einmal in Erinnerung, was Folgen auch für den BAYER-Stammsitz Leverkusen hatte. Der Chemie-Multi musste seinen Plan aufgeben, im Carl-Duisberg-Park eine Kindertagesstätte zu bauen, denn das Grundstück liegt nur 800 Meter von den Produktionsstätten entfernt. Nun entsteht die Einrichtung am Kurtekotten-Weg.

BAYER braucht kein Brauchtum
BAYER stellt den KarnevalistInnen ab 2014 das Erholungshaus in Leverkusen-Wiesdorf nicht mehr zur Verfügung. Weder die Sessionssitzungen noch die Party nach dem Zug können dann dort noch stattfinden. „Die Miet-Einnahmen stehen in keinem Verhältnis zu den Gesamtkosten“, gibt der Konzern zur Begründung an. Der Aufwand – die Herrichtung des Saales und seine Wiederherrichtung nach den Feiern inklusive der anfallenden Reparatur- und Reinigungsmaßnahmen – hätte in keinem Verhältnis mehr zum Ertrag gestanden, so ein Unternehmenssprecher. Bei Prinzengarden-Präsident Peter Schmitz stieß der Beschluss auf Unverständnis: „Das Erholungshaus wurde doch für die Wiesdorfer Bevölkerung gebaut. Und jetzt sowas!“

Neue Anilin-Anlage in Brunsbüttel
BAYER will in Brunsbüttel die Produktion des Kunststoff-Zwischenprodukts MDI erweitern. Im Zuge dessen soll auch eine neue Fertigungsstätte für den Grundstoff Anilin mit angeschlossenem Tanklager entstehen. Der Multi hat dabei vor, das krebserregende Nervengift über ein Rohrleitungssystem zu den Plaste-Fabrikationsorten zu leiten. Überschüsse plant der Konzern am Landeshafen Ostermoor zwischenzulagern und weiterzuverkaufen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hat gegen das Vorhaben wegen mangelnder Sicherheitsvorkehrungen Einspruch eingelegt.

BAYER für Straßenbau
Der Leverkusener Multi fordert an seinem Standort Brunsbüttel umfangreiche Infrastruktur-Maßnahmen ein. Er mahnt einen Ausbau der A20 über die Elbe hinweg statt nur bis zur A7, eine Erweiterung der B5 um eine Spur sowie eine bessere Eisenbahn-Anbindung an. „Wir brauchen Zuverlässigkeit. Wenn wir nichts machen, bekommen wir einen Investitionsstau“, erklärte der BAYER-Manager Klaus Gebauer auf einer Veranstaltung mit Vertretern der Industrie- und Handelskammer (IHK), die auf dem Werksgelände stattfand. Die IHK hatte in dieser Sache sogar schon bei der Landesregierung vorgesprochen, weil der Koalitionsvertrag bloß Projekte in weit geringerem Ausmaß vorsieht, und konnte einen ersten Erfolg vermelden. SPD, Grüne und der schleswig-holsteinische Wählerbund hätten ihre Position zur A20 „etwas relativiert nach unseren vehementen Hinweisen“, berichtete IHK-Präsident Uwe Möser.

50 Jahre Pestizide aus Dormagen
Aus dem Geist der Giftgas-Produktion entsprang bei BAYER die Pestizid-Herstellung. So entstanden aus Sarin und anderen Organophosphaten nach dem Zweiten Weltkrieg Agrochemikalien wie E 605. Aber diesen Teil der Geschichte sparte der Global Player aus, als er in Dormagen feierlich mit vielen Gästen – darunter VertreterInnen der Städte Köln und Monheim – den 50. Jahrestag der Ackergift-Fertigung am Standort beging. Auch über die 41 Millionen Vergiftungsfälle per annum hüllte der Leverkusener Multi lieber den Mantel des Schweigens.

Bürgerentscheid für Römer Therme
Einst unterhielt der Leverkusener Multi Werkskindergärten, Kaufhäuser, Bibliotheken, Breitensportvereine und Schwimmbäder. Aber das ist schon eine Weile her. Von den Dormagener Römer Thermen trennte der Konzern sich bereits 2003. Er überschrieb die Badeanstalt dem ebenfalls schon länger in die Selbstständigkeit entlassenen und nur noch sporadisch unterstützten TSV BAYER Dormagen, fing aber gemeinsam mit der Stadt weiterhin das Defizit auf. Vor einiger Zeit jedoch erklärte die Kommune, ihren Beitrag nicht mehr aufbringen zu können. Da der Pharma-Riese den Anteil nicht übernehmen wollte, stand damit die Existenz des Bades a

[Baby Aspirin] STICHWORT BAYER 01/2013

CBG Redaktion

USA: BAYER nimmt „Baby-Aspirin“ vom Markt

Seit den 70er Jahren ist bekannt, dass Aspirin das seltene Reye-Syndrom auslösen kann. Die Krankheit schädigt Leber und Gehirn und verläuft zu 40% tödlich. Am häufigsten tritt das Reye-Syndrom im Alter zwischen vier und neun Jahren auf. In den USA musste BAYER nun sogenanntes „Baby-Aspirin“ vom Markt nehmen. In Lateinamerika hingegen vermarktet der Konzern bis heute Aspirin-Präparate speziell für Kinder.

In Deutschland wurde Aspirin Junior, ein niedrig dosiertes ASS-Präparat, schon in den achtziger Jahren in Aspirin 100 umbenannt. Im Beipackzettel des Präparats wird ausdrücklich gewarnt: „Aspirin soll bei Kindern und Jugendlichen mit fieberhaften Erkrankungen nur auf ärztliche Anweisung und nur dann angewendet werden, wenn andere Maßnahmen nicht wirken.“ Auch im Ausland wird in den Produktinformationen auf das Reye-Syndrom hingewiesen, in den USA sogar direkt auf der Packung.

In Lateinamerika hingegen, wo Aspirin ein Image als Allheilmittel genießt, werden Kinder bis heute einem vermeidbaren Gesundheitsrisiko ausgesetzt. Präparate von BAYER mit dem Aufdruck Aspirina para Niños („Aspirin für Kinder“) und Aspirina infantil, die eine gefahrlose Anwendung für Kinder suggerieren, sind Umsatzrenner.

Auch auf der südamerikanischen website von BAYER ConsumerCare wird Werbung für Aspirina para Niños gemacht. Für Kinder wird dort eine hohe Tagesdosis von 60 mg pro Kilo Körpergewicht empfohlen. Als Indikation sind u.a. Kopf- und Muskelschmerzen, Erkältungen und Grippe angegeben. Warnungen vor dem Reye-Syndrom: Fehlanzeige - diese findet man erst im schriftlichen Beipackzettel. Viele Eltern lesen jedoch nur die Kurz-Information auf der website, zudem werden Aspirin-Tabletten in Lateinamerika häufig einzeln und ohne Beipackzettel verkauft.

Der Kinderarzt Dr. Gottfried Arnold kommentiert: „Eine undifferenzierte Empfehlung für 60 mg/kg ist eindeutig überzogen. Zudem findet sich im spanischen Beipackzettel die Indikation „Grippe“, während weiter unten im Text Influenza A und B (also Grippe mit Influenza-Viren) als kontra-indiziert aufgeführt werden. Dies erscheint als eine bewusste Irreführung“. Seine Kollegin Dr. Erika Abczynski ergänzt: „Zum Glück gibt es Kinder-Aspirin bei uns schon lange nicht mehr. Es gibt andere Fieber- und Schmerzmittel für Kinder, die sehr gut wirken. Ich selbst verordne Acetylsalicylsäure schon seit über 20 Jahren nicht mehr.“

USA: Irreführung beendet
Die amerikanische National Reye‚s Syndrome Foundation (NRSF), die seit Jahrzehnten vor den Risiken von ASS für Kinder warnt, hat nun einen wichtigen Erfolg errungen: Nach einem Treffen mit der Medikamenten-Aufsicht Food and Drug Administration (FDA) forderte die Behörde das Unternehmen auf, den Verkauf von sogenanntem „Baby-Aspirin“ zu unterbinden.

BAYER wollte sich zunächst damit herausreden, dass sich der Begriff „Baby“ nicht auf die Anwendung für Kinder oder gar Säuglinge, sondern auf die verringerte Wirkstoffmenge von 100 mg beziehe. Ob die FDA daraufhin eine entsprechende Anordnung oder gar Strafen angedroht hat, muss offen bleiben. In jedem Fall reagierte das Unternehmen innerhalb weniger Wochen und kündigte an, keine Schmerzmittel mehr mit dem Aufdruck „Baby-Aspirin“ zu verkaufen. Nach Angabe der NRSF ist das Präparat mittlerweile tatsächlich aus den Regalen verschwunden.

John Freudenberger, Präsident der NRSF, kommentierte in einem Editorial: „Die National Reye‘s Syndrome Foundation hat 37 Jahre lang versucht, das Thema „Baby Aspirin“ mit BAYER zu diskutieren. Jedes Mal, wenn wir die Firma ansprachen, wurden wir hingehalten und abgewiesen. (…) Erst unser Gespräch mit der FDA führte dazu, dass sich die Behörde des Themas annahm. Die FDA stimmte mit uns überein, dass die Bezeichnung „Baby-Aspirin“ dazu führen kann, dass die Verbraucher denken, das Produkt wäre auch für Kinder und Säuglinge sicher.“

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) hat wiederholt in der BAYER-Hauptversammlung gefordert, den doppelten Standard in Bezug auf Kinder-Aspirin zu beenden. Weltweit müssen alle ASS-Präparate mit dem Aufdruck „für Kinder“ oder „Baby“ umbenannt werden. Die empfohlene Tagesdosis bei Kindern von 60 mg pro Kilo Körpergewicht muss nach Auffassung der CBG ersatzlos gestrichen werden. Von Philipp Mimkes

[Bayer Wuppertal] STICHWORT BAYER 01/2013

CBG Redaktion

Die Frühgeschichte von BAYER

Der Rhein als „Opferstrecke“

2013 feiert der Leverkusener Multi sein 150-jähriges Bestehen. Stichwort BAYER wirft deshalb das Jahr über Schlaglichter auf die wenig ruhmreiche Geschichte von BAYER. Den Anfang macht ein Text des Historikers Stefan Blaschke über frühe Umweltsünden des Konzerns, die schon im 19. Jahrhundert immer wieder zu Protesten führten. So betrachtete der Chemie-Riese den Rhein als „Opferstrecke“, technische Maßnahmen zur Abwasserreinigung hingegen als „Vergeudung von Nationalkapital“ und sah sich deshalb mit vielen Klagen konfrontiert.

Historische Umweltforschung
Wenn auch der Ausdruck „Umweltschutz“ in Deutschland erst gegen Ende der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts aufkam, ist das Problem wesentlich älter, allerdings auch das Bewußtsein darüber. Die Menschen waren schon im 19. Jahrhundert gezwungen, sich mit industriellen Umweltbelastungen auseinanderzusetzen, die an bestimmten Brennpunkten erhebliche Ausmaße erreichen konnten.1 Umweltprobleme gab es allerdings schon im Mittelalter und in der Antike, allerdings traten sie in einem begrenzten, lokalen Raum auf. Klagen über Umweltverschmutzung durch gewerbliche Tätigkeit wurden bereits in vorindustrieller Zeit geführt, doch gehäuft traten sie erst seit der Industriellen Revolution auf. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bekamen sie zudem eine überregionale und sogar internationale Bedeutung.2

Die Ausbreitung der Industrie und das rasche Anwachsen der Stadtbevölkerung bewirkten neue und ernsthaftere Umweltprobleme. Die ersten Fabriken riefen bereits Proteste hervor. Sie wirkten vielfach wie Fremdkörper in einer traditionellen, landwirtschaftlich geprägten Gesellschaft, wurden deshalb als besonders belastend empfunden, da wenig Erfahrung mit den neuen Techniken und Produktionsverfahren vorlagen. Die metallerzeugende und -verarbeitende Industrie z.B. belastete ihre Umgebung mit großen Mengen an Rauch, Asche und Staub. Es kam zu Geruchsbelästigungen durch zahlreiche verschiedene Fabriken. Die Belastungen der Umwelt betrafen noch in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts nicht das ganze Reich, sondern nur einige Gebiete, während andere davon wenig oder gar nichts bemerkten. Im Rahmen von Urbanisierung und Industrialisierung waren zunächst die Kommunen in besonderer Weise berührt. Sie entwickelten sich zu Industriestandorten, so daß Auseinandersetzungen um industrielle Emissionen nur folgerichtig waren. Die Umweltbelastungen betrafen auch nicht alle soziale Gruppen im gleichen Maße. Diese litten unterschiedlich stark, nahmen das Problem unterschiedlich wahr und zogen aus dem Wahrgenommenen unterschiedliche Schlüsse.3

Die „Protestler“ stammten in der Regel nicht aus unteren sozialen Schichten. Dies mag auch damit zusammenhängen, daß es z.B. bei den Arbeitern eine Gewöhnung gab.4 Doch konnten diese auch nicht gegen ihre Arbeitgeber vorgehen, ohne mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes zu rechnen. So war es mehr ein Konflikt zwischen verschiedenen Gruppen von Besitzenden. Nennenswerte Möglichkeiten besaßen im Grunde auch nur Haus- und Grundbesitzer, da in der Praxis nur Schädigungen des Eigentums zu länger dauernden Auseinandersetzungen oder gar zu Gerichtsverfahren führten. Ansonsten konnten zwar Einwände vorgetragen oder auf Belästigungen sowie Gefahren verwiesen werden, doch in diesen Fällen lag die alleinige Entscheidungskompetenz bei den Behörden. Andererseits wurde aber immer wieder die Erfahrung gemacht, daß Belastungen größer ausfielen, als zuvor angenommen. Dann war es nahezu unmöglich, etwas gegen den konzessionierten Betrieb zu unternehmen. So war ebenso eine Resignation verbreitet aufgrund begrenzter Handlungsmöglichkeiten.5

Verursacher mußten zwar für Schäden haften, doch mußten sie eindeutig identifiziert werden, was nicht unbedingt einfach war. Denn mit fortschreitender Industrialisierung wurde es immer schwieriger, da zu viele Schadensquellen in Frage kamen.6 Maßnahmen gegen Emissionen bedeuteten für Unternehmen in der Regel ein Verlustgeschäft, insbesondere die Behörden akzeptierten den Hinweis auf entstehende Kosten. Diese Argumentation wirkte noch überzeugender, wenn auf die wirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Fabrik, des ganzen Industriezweigs oder der Industrie im allgemeinen verwiesen wurde. Daß die beschuldigten Firmen mehr Personen beschäftigten, einen höheren Umsatz erwirtschafteten und einen größeren Beitrag zur Volkswirtschaft leisteten als geschädigte Nachbarn, war nur schwer zu bezweifeln. Selbst wenn die wirtschaftliche Existenz letzterer bedroht war, wie bei Landwirten, Fischern oder denjenigen Gewerben, die auf sauberes Wasser angewiesen waren, änderte sich wenig an der zugrunde liegenden Argumentation. Deren ökonomische Bedeutung war gegenüber der Industrie geringer. Zudem suchten die Unternehmer, ihre Gegner zu disqualifizieren. Ein gewisses Gegengewicht gegen ökonomische Argumente bestand zwar in der Sorge um gesundheitliche Schäden, insgesamt hat die medizinische Debatte für den Umgang mit Emissionen keine große Bedeutung erlangt.7

Streitigkeiten wegen Umweltbelastungen spielten sich nicht nur zwischen Unternehmern einerseits und anderen Gruppen andererseits ab. Zwischen verschiedenen Industriezweigen gab es Auseinandersetzungen, aber auch zwischen verschiedenen Gemeinden. Diese warfen sich gegenseitig Schädigung ihrer Kommunen vor, zumal wenn sie sich gelegentlich einander die steuerträchtigen Firmen nicht gönnten. Manchmal hatten diese Auseinandersetzungen sogar heuchlerischen Charakter. Die Gemeinden bekämpften lautstark die Umweltverschmutzung der Industrien im Nachbarort und duldeten zur gleichenZeit aber die der eigenen.8

Umweltklagen in Barmen und Elberfeld
Umweltklagen gehören zur Geschichte der Farbenfabriken von Anfang dazu.9 Schon 1854 hatten gegen eine Konzessionserteilung für Friedrich Bayer, um Zinn- und Eisenbeize, Indigokarmin und Blaupulver herzustellen, 23 Barmer Bürger Protest eingelegt, da sie Schäden an Gesundheit und Vegetation befürchteten.10 Im Sommer 1864 mußte das erst ein Jahr zuvor gegründete Unternehmen die ersten Entschädigungen zahlen. Es kamen immer mehr Beschwerden in der Nachbarschaft auf, die regelmäßig fälligen Abfindungssummen nahmen zu.11 Die Forderungen nach Schadensersatz wurden allerdings immer höher, so daß Friedrich Bayer nicht bereit war, ihnen nachzukommen. Da die Verbitterung in der Bevölkerung stieg, konnte er sich nicht mehr ohne Begleitung auf der Straße sehen lassen. Bayer strengte einen Prozeß an, um diese Situation zu beenden, wurde aber zur Zahlung verurteilt. Das führte dazu, daß es manchem Nachbar zur Gewohnheit wurde, an bestimmten Tagen seine Abfindung im Fabrikkontor in Empfang zu nehmen, wie die Arbeiter ihren Lohn. Der Umzug nach Elberfeld bedeuteten nicht das Ende von Klagen in Barmen.

1872 zeigten Fabrikrevisionen, daß das Unternehmen es mit den Konzessionsauflagen nicht sonderlich genau nahm, was zu täglichen Geldstrafen führte bis zur Erfüllung der Auflagen. Ein hartes Eingreifen des Elberfelder Bürgermeisters hatte den gewünschten Erfolg, die Firma zu sorgsamen Umgang mit seinen Produktionsabfällen anzuhalten. In der Folgezeit gab es keinen Widerstand, erneute Proteste sind erst für 1884 aktenkundig. Einmal ging es sogar bis zum Minister für Handel und Gewerbe in Berlin, da die Opponenten sich nicht mit der Entscheidung der Beschlußbehörde abfanden, daß keine Belästigungen zu erwarten seien. Es ging um den Miet- und Verkaufswertverlust für benachbarte Wohnhäuser, bedingt durch Rauch und Gestank, und um die Behinderung eines Brauereibetriebs. Bayer bestritt die Einlassungen und verwies darauf, daß jedes Entweichen von Dämpfen einen finanziellen Verlust bedeuten würde. Zudem bewiese der Gesundheitszustand der Arbeiter, daß die Produktion ungefährlich sei. Entweichende Dämpfe würden ohnehin verdünnt, so daß von ihnen keine Gefahr mehr ausginge. Man verwies außerdem auf eine näherliegende Brauerei, die sich noch nie beschwert hätte, was den protestierenden Brauereibesitzer zu der Anschuldigung verleitete, daß Bayer sich das Schweigen erkaufe. Die Farbenfabriken hoben schließlich die eigene überragende wirtschaftliche Bedeutung hervor, ein Argument wie man noch anmerken muß, das man in den Anfangsjahren noch nicht benutzen konnte. Nur durch ein Ansteigen der Betriebsgröße sei der Vorsprung der deutschen chemischen Industrie zu sichern gegen eine wachsende Bedrohung durch das Ausland. Dem Argument konnte sich der Minister nicht verschließen.

Ende der achtziger Jahre erreichten die Proteste einen Höhepunkt. Im Juni 1889 sandten 66 Fabriknachbarn ein von ihnen unterzeichnetes Schreiben an die Königliche Regierung. Die Belastungen waren nicht konstant, sondern traten zu unterschiedlichen Zeiten auf und waren von unterschiedlicher Dauer. Der Historiker Ralf Henneking vermutet, daß das Unternehmen vor jeder Inspektion gewarnt wurde, so daß zu diesen Zeiten Belastungen vermieden werden konnten. Eine ständige Überwachung wäre somit notwendig gewesen. Doch bei der geringen Zahl an Aufsichtsbeamten blieb nichts anderes übrig, als auf das Verantwortungsbewußtsein der Unternehmer zu hoffen12. Seit Ende der achtziger Jahre wurden die Farbenfabriken von Protesten im Raum Barmen-Elberfeld verschont, obwohl die Umweltschädigungen nicht beseitigt worden waren. Ein letztes Mal zu Protesten in Elberfeld kam es 1901. Der Opponent forderte, daß das Unternehmen sofort nach „Leverkusen“ gehen solle. Die Elberfelder Bürgerschaft würde den Wegzug durchaus nicht bedauern.

Klagen gegen Konzessionsanträge im Raum „Leverkusen“
Die Errichtung von Fabrikanlagen und Gebäuden bedurfte jeweils einer staatlichen Genehmigung. Im Zeitraum zwischen 1894 und 1915 beantragte das Unternehmen 64 Konzessionen für das Werk Leverkusen, wobei nur in sieben Fällen Einspruch eingelegt wurde. Henneking behandelt in seiner Studie sechs Fälle auf Grundlage des Hauptstaatsarchiv Düsseldorf. In den Akten des Stadtarchivs Leverkusen ist noch eine weitere Klage dokumentiert, die jedoch nicht weiter verfolgt wurde, so daß sie wohl auch nicht den übergeordneten Behörden bekannt geworden ist. Somit kann man vermuten, daß die Angaben bei Henneking eine Untergrenze darstellen.

Hinsichtlich Ausmaß und Intensität erreichten die Auseinandersetzungen nie die Dimension wie in Barmen und Elberfeld, wo wiederum mit der Verlegung der Fabrikanlagen ein Rückgang an öffentlichen Protesten hervorgerufen wurde. Im Raum „Leverkusen“ blieben zudem die Proteste bei Konzessionsverfahren auf die Zeit bis 1900 beschränkt.13

=> 1894 legten elf Fabriknachbarn gegen die Errichtung einer Schwefelsäurefabrik Protest ein, da sie Nachteile für ihre Ländereien und für die eigene Gesundheit befürchteten. Der Landrat zu Solingen sah sich daraufhin veranlaßt, den Bezirksausschuß in Düsseldorf um die Entsendung eines Sachverständigen zu bitten, der prüfen sollte, ob die Besorgnisse berechtigt seien. Laut Ergebnis des Gutachtens war mit einem Entweichen von saurem Gas in erheblichem Umfang nicht zu rechnen und eine negative Wirkung der Kiesabbrände durch entsprechende Maßnahmen vermeidbar, so daß den Farbenfabriken nur geringe Auflagen bei der Konzessionserteilung gemacht wurden.14

=> Infolge der systematischen Werkserweiterung beantragte das Unternehmen Konzessionen für den Bau einer Reihe von Fabrikanlagen, nämlich einer Anlage zur Konzentration von Schwefelsäure, einer Phtalsäure-, einer Salzsäure-, einer Schwefelsäurehydrit- und einer Salpetersäurefabrik. Gegen deren Einrichtung wurde im Jahre 1895 von sieben Parteien Protest eingelegt. Zwei davon zogen ihren Einspruch schon bei dem Erörterungsgespräch auf dem Bürgermeisteramt zurück. Der Solinger Landrat blieb skeptisch, doch wurde eine generelle Verweigerung der Konzession aufgrund der Bedeutung Bayers und der allgemein günstigen Lage der geplanten Anlagen nicht erwogen. Das Ziel der Konzessionsbedingungen war zwar präzise formuliert. Doch die Bedingungen blieben auslegbar hinsichtlich ihrer Umsetzung, die dem Unternehmen selbst überlassen wurde, so daß der tatsächliche Wert für den Schutz der Nachbarschaft wohl eher gering war.15

=> Im gleichen Jahr legte der Freiherr von Diergardt, der als Meistbegüterter jeweils im Wiesdorfer und Bürriger Gemeinderat saß, gegen den Bau einer Naphtylaminsulfosäurefabrik Einspruch ein. Er erschien allerdings erst gar nicht zum Verhandlungstermin auf dem Bürgermeisteramt. Dort erklärte der von der Firmenleitung bevollmächtigte, damalige Oberingenieur Ludwig Girtler, daß Diergardt ein prinzipieller Gegner der Industrie zu sein scheine, da er bei allen bisherigen Konzessionsfällen Protest eingelegt habe, und daß nun die zuständige Behörde den Wert dieses Protestes prüfen müssen, zumal der Einsprucherhebende nicht erschienen sei. Es ging dabei mehr um eine Disqualifizierung des Gegners, ohne daß eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Protest stattfand. Es scheint so, als habe Diergardt seine Einwände nicht weiterverfolgt, denn Bayer erhielt die Genehmigung ohne weitere Probleme.16

=>In drei weiteren Fällen kam der Einspruch jeweils von Seiten der Stadt Köln, die eine Schädigung für ihr Stadtgebiet befürchtete. Im ersten Fall wurde 1897 der Einspruch gegen die Herstellung von Alizarin und anderen Farbstoffen als unbegründet zurückgewiesen. In den beiden anderen Fällen im Jahre 1899, nämlich beim Bau einer Natron- und Kalifabrik und einer Erweiterung der Fabrik für Oxianthrachinoderivate, zog die Stadt Köln noch vor den Verhandlungen die Proteste von sich aus zurück. Das gleiche geschah im selben Jahr beim letzten Fall, bei dem Protest gegen die Errichtung einer neuen Schwefelsäurefabrik eingelegt wurde. Der einzige Opponent nahm seinen Protest zurück, trotzdem erhielten die Farbenfabriken die Konzession nur unter zahlreichen Auflagen.17

=> Es gab zwar Proteste aus Köln, aber anscheinend keine von Seiten der Nachbarbürgermeisterei Merheim oder der Stadt Mülheim. Johann Paul hat in einem Aufsatz die Umweltbelastungen in der Bürgermeisterei Merheim in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg untersucht. Dabei hat er auch den Problemkreis „chemische Dämpfe und Rauch“ behandelt, führt aber nur Belastungen durch Mülheimer Fabriken auf.18 Zu berücksichtigen ist, daß in Flittard, der nächstgelegenen Ortschaft innerhalb der Bürgermeisterei Merheim, eine große Anzahl von Werksangehörigen wohnten.

Für die BASF in Ludwigshafen bemerkte der Historiker Arne Andersen, daß es für die Landbesitzer lukrativer war, mit dem Unternehmen zusammenzuarbeiten und von Grundstücksverkäufen zu profitieren, als über Proteste Schadensersatzzahlungen zu beanpruchen oder bei neuen Konzessionierungen der Fabrik Schwierigkeiten zu machen. Zudem war etwa ein Viertel der Einwohner direkt vom Unternehmen abhängig, viele ortsansässigen Klein- und Mittelbetriebe waren Zulieferer. Aufgrund der ökonomischen Bedeutung waren Beschwerden kaum noch zu erwarten. Darüber hinaus hatte die BASF in seiner ersten Phase sofort jeden potentiellen Widerstand aufgekauft. Auf sozialdemokratische Kritik reagierte die Direktion mit der Drohung, den Betrieb zu schließen.19 Bayer war der größte Arbeitgeber und Steuerzahler in der Region. Drohungen, das Werk zu schließen, gab es nicht, waren auch nicht zu erwarten wegen der Investitionsleistungen in den Standort. Dafür wurde immer wieder auf die wirtschaftliche Bedeutung verwiesen.

Rheinverschmutzung
Ein zweiter Bereich, in dem sich die Farbenfabriken mit Umweltklagen konfrontiert sahen, war die Abwassereinleitung in den Rhein. In der älteren Forschung wurde der Rhein für die Aufnahme größerer Mengen chemischer Abwässer als günstig angesehen, ohne daß die damit verbundenen Umweltbelastungen und auch die damalige Diskussion gesehen wurde.20 Schon gegen die Ultramarinfabrik von Carl Leverkus hatte es Klagen von Fischern gegeben. Der Fabrikant erklärte jedoch, daß seine Abwässer keine giftigen Stoffe enthielten. Der damals zuständige Bürgermeist von Opladen bestätigte dies 1888 mit der Bemerkung, daß er noch nie von Klagen über die Abnahme des Fischereiertrags gehört habe. Klagten allerdings die betroffenen Fischer allzu laut, konnte es vorkommen, daß die Verunreiniger die staatlichen Fischereireviere meistbietend ersteigerten und dann ungenutzt ließen. Dadurch wurden die Fischer wiederum erwerbslos und wanderten als Arbeiter in die Industrie ab. In dem Konflikt wurde schließlich der Gewerberat bei der Düsseldorfer Bezirksregierung mit einer gründlichen Untersuchung beauftragt, in der er feststellte, daß die Abwässer noch schwach sauer und somit schädlich für die Fische waren. Als einfachste und für Leverkus kostengünstigste Lösung wurde von den Behörden die Versenkung der Abfälle auf dem Fabrikgelände vorgeschlagen, ohne daß dabei die mittelfristige Umweltbelastung in Betracht gezogen wurde.21

Die eigentliche Auseinandersetzung um die „Flußverunreinigungsfrage“ begann in Deutschland in den späten siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts als Weiterführung der zwischen etwa 1860 und 1880 heftig diskutierten „Städtereinigungsfrage“. In den siebziger Jahren waren in Deutschland zwar nur einige kleinere Flüsse verschmutzt im Vergleich mit den Zuständen in England. Zu dieser Zeit sah man noch keine kurz- oder mittelfristige Gefahr, da die Industrialisierung viel weniger fortgeschritten und außerdem die deutschen Flüsse im allgemeinen als wasserreicher galten. Überlegungen bezüglich der Verantwortlichkeit der Industrie blieben lange unbeachtet. Dagegen schien die durch Fäkalien und organische Stoffe verursachten Flußverunreinigung als wichtiger erachtet worden zu sein.

Das Problem der Flußverunreinigung durch industrielle Abwässer war aber schon längst vorhanden. So konstatierte z.B. im Jahre 1876 eine von der preußischen Regierung genehmigte Schrift, daß die Wupper im Raum Barmen-Elberfeld durch die industriellen Abwässer „meistens einem Tintenstrom“ gleiche, was auch schon zehn Jahre zuvor zutraf. Wollte man aber der Industrie die Ableitung ihres Abwassers in den Fluß verbieten, hätte dies nach Ansicht des Staats eine schwere wirtschaftliche Krise zur Folge. Im folgenden Jahrzehnt versuchten die Staaten, die Flußverunreinigung in den Griff zu bekommen.22

Zu den größten Abwassereinleitern im Kölner Raum zählten die Farbenfabriken. 1896 erhielt das Unternehmen die Genehmigung für den Bau einer Abwasserrohrleitung unter der Bedingung, daß die Abwässer klar und neutral sein, also Spuren von Säuren gegebenenfalls neutralisiert werden mußten. Fünf Jahre später bekam Bayer eine weitere Einleitungskonzession, wobei es nun abgeschwächt hieß, daß das Wasser frei von schädlichen oder übelriechenden Beimengungen und möglichst rein sein müsse. Daß davon keine Rede sein konnte, hatte eine Untersuchung wenige Tage vor der Konzessionserteilung ergeben. Da die Abwässer stark sauer reagierten, durften sie eigentlich gar nicht in den Rhein eingeleitet werden.23

Die Unternehmensleitung versprach, eine Selbstkontrolle vorzunehmen, und so setzte man noch 1901 eine vierköpfige Abwasserkommission ein, die die erste derartige Einrichtung eines Chemieunternehmens in der Rheinprovinz war.24 Unter den Kommissionsmitgliedern war auch Curt Weigelt25, der der Vorsitzende der Abwasserkommission des „Vereins zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie Deutschlands“ war und der mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt wurde.

Kurz nach seiner Gründung 1878 betrieb der „Verein zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie Deutschlands“ schon eine effektive Verbandsarbeit in Umweltfragen, da die chemische Industrie am stärksten und am frühesten der öffentlichen Kritik und massiver behördlicher Reglementierungsversuche ausgesetzt war. Bereits 1886 wählte man eine Flußkommission, 1889 legte man seine Position fest, und im darauffolgenden Jahr veröffentlichte man dazu eine Denkschrift, die von Konrad Wilhelm Jurich verfaßt worden war. Eine generelle Behandlung der Abwasserfragte sah man als eine Unmöglichkeit an. Die Einleitung der Fabrikabwässer in die Flüsse sei notwendig und berechtigt, da diese als die natürlichen Ableiter anzusehen seien. Dabei stützte man sich auf die These Max von Pettenkoffers, daß Flüsse eine Selbstreinigungskraft besaßen. Die Feststellung allgemeiner Grenzwerte für schädliche Bestandteile der Abwässer hielt man für nicht durchführbar. Die Kritik am Grenzwertkonzept konnte sich auf praktische Erfahrungen aus England stützen. Dort hätte die rigorose Durchsetzung der 1870 aufgestellten Grenzwert die weitere industrielle Entwicklung unmöglich gemacht. Die Entstehung epidemischer Krankheiten durch industrielle Abwässer sei zudem nicht nachgewiesen, womit auf die kommunalen Einleitungen angespielt wurde. Die Industrie erkenne ihre Verpflichtung an, nach wissenschaftlichen und praktischen Mitteln Verschmutzung zu vermeiden, gleichzeitig müßten aber die verschiedenen Interessen abgewogen werden.

1901 beschloß die Abwasser-Kommission, einen Sachverständigen zu berufen, der dem Verein bei der Regelung der Abwasserfrage den größtmöglichen Einfluß sichern sollte mittels wissenschaftlicher Argumente. Man sicherte sich der Dienste Weigelts, der zuvor Vorsitzender des „Deutschen Fischerei-Vereins“ gewesen war. Im Sinne der chemischen Industrie modifizierte er seine wissenschaftlichen Überzeugungen und vertrat nun das Prinzip der „Opferstrecke“ und das der Selbstreinigung der Flüsse, allerdings beruhte sein Standpunkt lediglich auf theoretischen Erwägungen.26

In dem Gutachten für die Farbenfabriken bestätigte Weigelt eine Verunreinigung des Rheins, die jedoch unvermeidlich sei und zudem außer Verhältnis zu der wirtschaftlichen Bedeutung des Werks Leverkusen für Kommune und Staat stünde. So könne eine vorwärtsstrebende Industrie, die bedacht sei, aus Gewinn- und Wettbewerbsinteressen die Kosten für die Abwasserreinigung so niedrig wie möglich zu halten, ohne staatliches Zugeständnis einer größeren Opferstrecke nicht auskommen.27 Nach Ansicht des Vorstandsmitglieds der Farbenfabriken, Carl Duisberg, waren deshalb technische Maßnahmen zur Abwasserreinigung „Vergeudung von Nationalkapital“. Er trat für die „Freiheit der fließenden Welle“ ein und forderte eine unbeschränkte industrielle Nutzung der Wasserläufe.28 Für flüssige Abfallstoffe der Industrie fanden sich keine entsprechenden Verwendungsmöglichkeiten. Es blieb ein zu beseitigender Rest, die aufzubringenden Kosten für eine Reinigung, wenn sie denn technisch möglich war, galten allgemein als „Ausgaben ohne Gegenleistung“.29

Die Unternehmensleitung teilte der zuständigen Behörde auf der Grundlage des Gutachtens mit, daß die Auflagen nicht erfüllt werden könnten. Zwei Jahre später erstellte Weigelt ein weiteres Gutachten, dessen Ergebnis war, daß die Entwicklung des „gewaltigen Werkes“ durch kleinliche Forderungen nach Reinigung der Abwässer nicht gestört werden dürfe, zumal der Schaden doch ohnehin nur minimal sei. Die Aufsichtsbehörden gaben daraufhin nach, der Düsseldorfer Regierungspräsident war beruhigt, daß Bayer sich des Ernstes der Lage bewußt sei, und der Oberpräsident der Rheinprovinz sah einen schwerwiegenden schädlichen Einfluß als nicht erwiesen an.

1908 stellte eine Untersuchungskommission, die aufgrund von Klagen des Oberfischereimeisters bei der Regierung und der Strombauverwaltung tätig geworden war, eine „dampfende, rötlich gefärbte Menge Abwasser“ unmittelbar am Ufer fest, die vom Werk Leverkusen in den Rhein geleitet wurde. Die Farbenfabriken verwiesen dagegen auf die Abwässer der Städte Köln und Mülheim, womit angedeutet wurde, daß man nicht der alleinige Rheinverschmutzer sei. Man benutzte das Argument, das nicht ganz von der Hand zu weisen war, um von sich selbst abzulenken.30 1901 hatte die Wasserbau-Inspektion der Rheinstrombauverwaltung in Koblenz rund 200 nicht-genehmigte Abwassereinleitungen allein auf der Rheinstrecke im Kölner Bezirk festgestellt. Daneben gab es zahlreiche Einleiter, die mit staatlicher Genehmigung den Rhein verschmutzten. Doch auch gegen die Verschmutzung durch Kommunen waren die Behörden letztlich machtlos.31

Die Firmenleitung stimmte mit dem Argument der wirtschaftlichen Bedeutung der Farbenfabriken und der chemischen Industrie allgemein in regionaler und nationaler Hinsicht uneingeschränkt überein. Die Tendenz einer solchen „Nationalisierung“ galt z.B. auch für die Elektroindustrie, was verhinderte, daß sich mit den Protesten inhaltlich auseinandergesetzt wurde. Daß Fabriken für das „öffentliche Wohl“ auch gesundheitsschädlich sein konnten, wurde nicht gesehen32. Nach Ansicht Duisbergs wurden die Schädlichkeiten der chemischen Industrie wesentlich überschätzt. So seien die Gesundheitsverhältnisse z.B. nicht schlechter als bei Krupp, doch sei die öffentliche Meinung eben geneigt, das Gegenteil anzunehmen. Duisberg führte sich selbst als Beweis für die Ungefährlichkeit der „Giftindustrie“ an, da er als Chemiker trotz zahlreicher Vergiftungen immer noch gesund sei. Das Restrisiko sei geringer als die freiwillig eingegangenen Gefahren des Alkohols und des Rauchens. Den Kritikern fehle aber jeglicher Sachverstand, über Giftigkeit der in den Betrieben verwendeten Stoffe zu urteilen.33

Zudem stellte Duisberg eine vielfach fehlende Achtung vor der Industrie und ihrem volkswirtschaftlichen Wert fest. Von Seiten der Farbenfabriken ging man davon aus, daß hinter den Einsprüchen und Protesten politische Motive stünden, obwohl solche nicht nachzuweisen sind. Doch kam die Kritik von den „Hauptgegner“ der chemischen Industrie, nämlich den traditionellen Eliten und der Sozialdemokratie. Dazu gehörten einerseits die Einsprüche des Freiherrn von Diergardt und andererseits die Berichte in der Arbeiterpresse, die das Werk Leverkusen immer wieder als „Gifthütte“ diffamierten, auch wenn es bei der Berichterstattung nicht um Umwelt- oder Gesundheitsschädigungen ging. Das Argument der Giftgefahr sei das „beste Mittel zur Schürung des Klassenkampfes“.34

Leicht geänderte Fassung der Seiten 35 bis 43 aus: Stefan Blaschke. Unternehmen und Gemeinde. Das Bayerwerk im Raum Leverkusen 1891-1914. Köln: SH-Verlag, 1999

Quellen- und Literaturverzeichnis

1 Unveröffentlichte Quellen

Bayer-Archiv, Leverkusen (BAL)
58/9.4, 58/9.4.1
Geschichte und Entwicklung der Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co. Elberfeld in den ersten 50 Jahren, München 1918

Stadtarchiv Leverkusen (STAL)
20.1667, 20.1806, 20.2226
Bergische Arbeiterstimme

2 Veröffentlichte Quellen
Duisberg, Carl, 1923: Abhandlungen, Vorträge und Reden aus den Jahren 1892-1921, Berlin/Leipzig: Verlag Chemie

3 Literatur
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Fußnoten
1 Evans, 1996, 153; Gilhaus, 1995, 2; Henneking, 1994, 7; Hüttenberger, 1992, 263.
Überblicke zum Umweltbegriff und zur historischen Umweltforschung: Andersen, 1993, 672-701; Andersen, 1996, 14-24; Brüggemeier, 1995, 7-15; Büschenfeld, 1997, 9-20; Gilhaus, 1995, 1-17; Hahn, 1998, 115-121; Henneking, 1994, 7-17; Ohmer, 1998, 9-32; Radkau, 1994, 11-28; Radkau, 1996, 119-136.
2 Gilhaus, 1995, 526; Simson, 1978, 370; Wengenroth, 1993, 27.
3 Brüggemeier, 1996, 140; Büschenfeld, 1998, 77; Evans, 1996, 154f, 166-171 und 235; Henneking, 1994, 33f.
4 Duisberg, 1923, 330f (Die Belehrung der Arbeiter über die Giftgefahren in gewerblichen Betrieben 1905); Gilhaus, 1995, 537; Hüttenberger, 1992, 268f.
5 Brüggemeier, 1996, 306.
6 Brüggemeier, 1996, 302.
7 Andersen, 1996, 261; Brüggemeier, 1996, 302-304; Gilhaus, 1995, 415 und 536; Hüttenberger, 1992, 266f.
8 Büschenfeld, 1998, 77; Hüttenberger, 1992, 268f.
9 Henneking, 1994, 284.
10 Spelsberg, 1990, 46-55. Henneking kennt diese Fälle nicht.
11 Henneking, 1994, 284-301; Verg, 1988, 30.
12 Zur zeitlichen, aber auch fachlichen Überforderung der Behörden siehe auch: Ohmer, 1998, 515.
13 Henneking, 1994, 301f.
14 Henneking, 1994, 302f.
15 Henneking, 1994, 302-304.
16 STAL 20.2226: Diergardt an Bürgermeister Keunen vom 11.11.1895, Niederschrift der Verhandlungen auf dem Bürgermeisteramt vom 19.11.1895 (Auch: STAL 20.1667).
17 STAL 20.1806: Oberbürgermeister von Köln an Bürgermeisteramt vom 8.4.1899; Henneking, 1994, 304f.
18 Paul, 1992, 121-127.
19 Andersen, 1996, 249 und 253.
20 Z.B. Pollay, 1952, 166. Nach Blum, 1991, 11, tat sich die chemische Industrie mit der Umweltdiskussion in den achtziger Jahren sehr schwer, da sie an Kritik und öffentlichen Diskussionen nicht gewohnt gewesen sei. Die Umweltklagen seit Beginn der chemischen Industrie werden nicht gesehen.
21 Paul, 1991, 386f.
22 Andersen, 1996, 262f; Simson, 1978, 373-376, 381f und 387f.
23 Paul, 1991, 387f.
24 Henneking, 1994, 305. Zur Abwasser-Kommission: Verg, 1988, 146-149.
25 Zu Weigelt: Büschenfeld, 1998, 94 (Anm. 51).
26 Andersen, 1996, 268-276 und 282-286; Büschenfeld, 1997, 67 und 148f; Büschenfeld, 1998, 102-104; Gilhaus, 1995, 438-442. Zu Grenzwerten allgemein: Büschenfeld, 1998, 83-105.
27 BAL 58/9.4; Paul, 1991, 388-390.
28 Büschenfeld, 1998, 124.
29 BAL 58/9.4.1; Paul, 1991, 389f.
30 Paul, 1991, 386 und 389f.
31 Andersen, 1996, 286; Büschenfeld, 1997, 411f.
32 BAL 58/9.4: Vorläufiger Bericht über die Abwässer in Leverkusen vom 18.5.1902 (Weigelt), siehe Randbemerkungen. Allgemein: Henneking, 1994, 413; Ohmer, 1998, 179. Siehe auch Argumentation Krupps in einem Umweltkonflikt: Ohmer, 1998, 171f.
33 BAL: Geschichte und Entwicklung, 1918, 564 und 643; Duisberg, 1923, 326 (Die Belehrung der Arbeiter über die Giftgefahren in gewerblichen Betrieben 1905); Andersen, 1996, 377f.
34 Duisberg, 1923, 215 (Der chemische Unterricht an der Schule und der Hochschulunterricht für die Lehrer der Chemie 1906); Duisberg, 1923, 330 (Die Belehrung der Arbeiter über die Giftgefahren in gewerblichen Betrieben 1905); Henneking, 1994, 413.
Henneking kennt keine politische Motivierung der Proteste, Gilhaus, 1995, 456-468, zählt zu der Gruppe der „politischen Motivierten“ die adligen Großgrundbesitzer, deren bürgerlichen Rechtsnachfolger und auch den Landadel.
Beispiele für Berichte in der Arbeiterpresse: Bergische Arbeiterstimme vom 10.6.1903, 19.8.1908, 24.7.1909, 14.3.1911 und 30.8.1913 (STAL). Zu den Kontroversen zwischen der chemischen Industrie und der Arbeiterbewegung um den Grad der Gefährdung zu Beginn des 20. Jahrhunderts siehe auch: Andersen, 1996, 369-381.

Brunsbüttel

CBG Redaktion

Presse Information vom 1. März 2013

geplante MDI-Anlage in Brunsbüttel

BAYER: Kritik an hohem Wasserverbrauch

Umweltschützer kritisieren den hohen Wasserverbrauch des BAYER-Werks Brunsbüttel. Dieser führt in der Region schon jetzt zu großen Umweltschäden. Durch den geplanten Bau einer neuen MDI-Anlage würde sich das Problem weiter verschärfen. Im Ort Wacken gibt es seit 30 Jahren Proteste gegen die massive Wasserentnahme.

Der BAYER-Konzern plant in Brunsbüttel den Bau einer neuen Kunststoff-Produktionsanlage. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat wegen der großen Menge an Gefahrstoffen, die in der Fabrik zum Einsatz kommen sollen, eine Reihe von Einwendungen eingereicht. Die Kritikpunkte werden im Erörterungstermin am 18. März in Brunsbüttel diskutiert.

Kritik wird nun auch am hohen Wasserverbrauch der Anlage laut; dieser beträgt jährlich rund 270.000 Kubikmeter. In der von der BAYER AG beim TÜV Süd in Auftrag gegebenen Umweltverträglichkeitsuntersuchung (UVU) heißt es hierzu lediglich: „Die Wasserversorgung erfolgt über die zentrale Versorgung des Bayer Industrieparks“. Es wird jedoch nicht dargelegt, woher das zusätzlich benötigte Wasser stammt.

Der Umweltexperte Thomas Kleineidam hat eine ausführliche Bewertung der Umweltverträglichkeitsuntersuchung vorgenommen: http://www.cbgnetwork.de/downloads/KLEINEIDAM_UVU_Bayer-MDI.pdf

Kleineidam vermisst in der TÜV-Untersuchung eine Wasserbilanz für die beantragten Anlagen: „Wo die Wasserwerke ihr Wasser herbekommen, ob dazu Steigerungen der Fördermengen erfolgen, welche Auswirkungen diese Wasserentnahmen auf das Schutzgut Grundwasser haben, in welcher Qualität das Wasser geliefert, und in welcher Menge hochwertiges Trinkwasser in verunreinigtes Abwasser verwandelt wird – nicht ein Wort dazu findet sich in der UVU“.

Ein Großteil des im BAYER-Werk verbrauchten Wassers kommt aus dem 19 km entfernten Wacken. Die enorme Wasserentnahme führt dort seit über 30 Jahren zu Grundwasserabsenkungen und infolgedessen zu Gebäudeschäden. Der Landwirt Hans Möller aus Wacken führte deswegen bereits mehrere Prozesse.

Thomas Kleineidam, der die Betroffenen in Wacken seit über 20 Jahren unterstützt, bewertet die Umweltverträglichkeitsuntersuchung abschließend: „Das ist „Wissenschaft“, wie BAYER sie liebt und bezahlt - eben „Käufliche Wissenschaft“. Es ist peinlich, dass sich immer wieder diplomierte Akademiker finden, die sich für solche Auftragsarbeiten hergeben.“

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren ergänzt: „Beim TÜV handelt es sich um alles andere als eine unabhängige Aufsichtsinstanz. BAYER hat den Verband der Technischen Überwachungsvereine einst sogar mitgegründet und stellte jahrelang den Vorsitzenden. Von daher ist es wenig verwunderlich, dass der TÜV wiederholt Gefälligkeitsgutachten an BAYER geliefert hat. Da die Umweltverträglichkeits-Untersuchung offenkundig unvollständig ist, fordern wir die Behörden auf, keine Genehmigung für die MDI-Anlage zu erteilen!“.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) arbeitet seit 1978 zu allen Problemen, die von dem Chemie-Konzern BAYER verursacht werden. Vor drei Jahren hat die CBG den Wasserverbrauch der wichtigsten BAYER-Werke veröffentlicht.

weitere Informationen:
=> Bauern oder BAYER – wem gehört das Grundwasser?
=> Einwendung zur geplanten MDI-Anlage
=> CBG veröffentlicht Wasserverbrauch der BAYER-Werke
=> Streit ums Wasserwerk Wacken

Liberty Link Reis

CBG Redaktion

Gen-ethisches Netzwerk e.V.
Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.

Presse Information vom 21. März 2013

genmanipulierter Reis von BAYER:

Verbände lehnen EU-Zulassung ab

Offener Brief an EU und Bundesregierung / „Verfahren nach zehn Jahren endlich beenden!“ / Gegenantrag zur BAYER-Hauptversammlung am 26. April

Das Gen-ethische Netzwerk und die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordern in einem Offenen Brief an EU-Verbraucherkommissar Tonio Borg und Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner, den Antrag auf Importzulassung für genmanipulierten Reis der Sorte LL62 abzulehnen. Zur Hauptversammlung der BAYER AG am 26. April haben die Verbände zudem einen Gegenantrag eingereicht, in dem ein Verzicht auf LL62 gefordert wird.

Bereits im Jahr 2003 hatte die Firma BAYER erstmals eine EU-Zulassung für LL62 beantragt. Der Anbau soll in Südamerika und Asien erfolgen, Genehmigungen liegen dort noch nicht vor. LL62 ist tolerant gegen das von BAYER produzierte Herbizid Glufosinat. Glufosinat ist als reproduktionstoxisch klassifiziert und gehört zur Gruppe der 22 gefährlichsten Pestizide, die in der EU keine erneute Zulassung erhalten dürfen.

Christof Potthof vom Gen-ethischen Netzwerk: „Es ist aus unserer Sicht unverantwortlich, im Ausland eine Anbautechnik zu forcieren, die mit der Verwendung eines hochgiftigen und bei uns verbotenen Pestizids verknüpft ist. EU und Bundesregierung dürfen sich nicht zum Handlanger einer Politik der doppelten Standards machen lassen.“

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren ergänzt: „Die Einführung von herbizidresistentem Saatgut ist ein Irrweg. Innerhalb kürzester Zeit bilden sich resistente Wildkräuter, die mit immer mehr Pestiziden bekämpft werden müssen. Der Anbau von Gen-Reis ist mit hohen Risiken für die Landwirte und die Umwelt verbunden. Zehn Jahre nach Antragstellung muss mit diesem Verfahren endlich Schluss sein!“.

Eine ebenfalls gegen Glufosinat tolerante Reis-Sorte, LL601, hatte im Jahr 2006 zur bislang größten Gentech-Kontamination weltweit geführt. Die Langkornreis-Sorte war weltweit in den Handel gelangt, obwohl hierfür keine Zulassung vorlag. Der Schaden für Handel und Landwirte betrug über einer Milliarde US Dollar. Erst nach langen juristischen Auseinandersetzungen konnte die Firma BAYER dazu gezwungen werden, Entschädigungen in Höhe von rund 750 Millionen Dollar zu leisten.

Der Offene Brief und der Gegenantrag im Wortlaut

Für Rückfragen stehen wir gerne zu Verfügung:
. Christof Potthof: christof.potthof(at)gen-ethisches-netzwerk.de, Tel. 0163 2606 359, www.gen-ethisches-netzwerk.de
. Philipp Mimkes: CBGnetwork(at)aol.com, Tel. 0211-333 911, www.CBGnetwork.org

Störfälle

CBG Redaktion

Presse Info vom 18. Dezember 2012
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Explosion im US-Werk Institute:

Video zu tödlichem BAYER-Störfall veröffentlicht

Uni Köln

CBG Redaktion

Presse Information vom 6. Dezember 2012
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Verwaltungsgericht Köln verweigert Einsichtnahme

Forschungskooperation zwischen Uni Köln und Bayer findet weiter im Geheimen statt / Berufung angekündigt

Das Verwaltungsgericht Köln hat heute den Antrag auf Einsichtnahme in den zwischen der Uniklinik Köln und der Bayer HealthCare AG geschlossenen Kooperationsvertrag abgewiesen. Philipp Mimkes, Absolvent der Universität Köln und Mitglied der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG), hatte im Mai 2011 Klage eingereicht, da weder das Unternehmen noch die Universität Fragen zur Ausgestaltung der Zusammenarbeit beantwortet hatten. Die CBG befürchtet eine Ausrichtung der Forschung an öffentlichen Einrichtungen nach rein wirtschaftlichen Kriterien.

Das Urteil wurde damit begründet, dass das Informationsfreiheitsgesetz des Landes NRW den Bereich der Forschung ausklammere. Hierzu erklärt Philipp Mimkes: „Das Ergebnis der heutigen Verhandlung stand offenkundig schon vorher fest. Das Gericht hat den in Frage stehenden Vertrag gar nicht erst eingesehen und hat auch nicht das Votum des NRW-Landesbeauftragten für Informationsfreiheit berücksichtigt, wonach die Vereinbarung organisatorische Regelungen enthält, nicht aber Angaben zur Forschung im engeren Sinn.“ Der Landesbeauftragte hatte den Antrag auf Einsichtnahme positiv beschieden und einen Informationsanspruch festgestellt.

Philipp Mimkes erklärte heute, in Berufung gehen zu wollen: „Die Öffentlichkeit muss darüber informiert sein, wie viele Rechte eine aus Steuergeldern finanzierte Einrichtung wie die Universität Köln an ein privatwirtschaftliches Unternehmen abtritt. Wer legt künftige Forschungsinhalte fest? Wer profitiert von den Patenten? Können Betriebsgeheimnisse die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen verhindern? All diese Fragen können nur mit Kenntnis der Vertragsinhalte beantwortet werden. Wir sind optimistisch, dass das Oberverwaltungsgericht hierüber eine differenziertere Beurteilung vornehmen wird.“

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren, die das Verfahren unterstützt, ruft zu Spenden zur Finanzierung des weiteren Verfahrens auf. Zu den weiteren Unterstützern der Klage gehören Transparency International, IPPNW, medico international, der AStA der Uni Köln und der Verband demokratischer Ärztinnen und Ärzte.

Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der CBG ergänzt: „Das Verfahren hat grundsätzliche Bedeutung und wird bundesweit mit Aufmerksamkeit verfolgt. Geht es doch um die im Rahmen von Deregulierung und entfesseltem Kapitalismus überall zunehmende Unterwerfung von Forschung und Lehre unter wirtschaftliche Interessen und Konzernprofite. Und das dann auch noch abgesichert mit Geheimverträgen. Das Urteil war leider zu erwarten, liegt das Gericht doch nur einen Steinwurf weit von der Konzernzentrale entfernt." Von 1988 bis 1992 musste die Coordination gegen BAYER-Gefahren erst vor das Bundesverfgassungsgericht ziehen, bis die BAYER-hörigen Urteile Kölner Gerichte gekippt werden konnten.

Alle Informationen zur Kampagne

Uni Köln

CBG Redaktion

Kölner Stadt-Anzeiger, 5. Dezember 2012

Zusammenarbeit mit Bayer

Wie viel Freiheit braucht Forschung?

Die Medizinische Fakultät der Uni Köln soll offenlegen, wie weit ihre Zusammenarbeit mit der Bayer AG geht. Bisher schweigen beide Partner über Ziele der Forschung, Patente und Geld. Von Dirk Risse

Es geht um die Freiheit der Forschung, die Demokratie und vermutlich auch um viel Geld. Wenige Tage bevor die Verhandlung im Verwaltungsgericht Köln über die Verträge zwischen Bayer Health Care und der Kölner Universität beginnt, haben die Kritiker des Papiers ihre Bedenken bekräftigt. „Der Druck der Wirtschaft auf die Wissenschaft nimmt zu“, sagte Philipp Mimkes, Geschäftsführer der Initiative Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG), bei einer Podiumsdiskussion in der Aula der Kölner Universität. Mimkes forderte die Hochschule erneut auf, den Inhalt des Vertrags offenzulegen.
Genau das verweigern Universität und Bayer, seit der Vertrag im Jahr 2008 geschlossen wurde. Bislang informierte die Universität lediglich darüber, dass die Medizinische Fakultät der Universität mit dem Pharma-Konzern zusammenarbeite. Gegen Geld natürlich, aber wie viel, darüber schweigt die Hochschule. Ebenfalls über die Ziele der Forschung und darüber, was mit möglichen Patenten geschieht. Fraglich ist auch, ob Studien von Bayer kontrolliert und unerwünschte Ergebnisse womöglich nicht publiziert werden. Die Universität beruft sich auf ihr Recht, Betriebsgeheimnisse zu wahren. Die CBG hatte schließlich den Landesbeauftragten für Datenschutz hinzugezogen, der der Universität empfahl, den Vertragsinhalt freizugeben. Die Hochschule lehnte ab.

Kooperationen nicht unüblich
Kooperationen zwischen Universitäten und Unternehmen sind nicht unüblich. Mehr als jeder fünfte Euro, mit denen deutsche Universitäten forschen, stammt aus Drittmitteln. Diese werden unter anderem von der Europäischen Union und der Deutschen Forschungsgemeinschaft gezahlt, aber eben auch von privaten Investoren. Wirbel gab es im vergangenen Jahr um die Kooperation der Technischen Universität und der Humboldt-Universität Berlin mit der Deutschen Bank. Das Geldinstitut habe bei der Auswahl der Professoren, der Gestaltung der Lehre mitgewirkt und ein Vetorecht bei der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse gehabt, so Mimkes. Er befürchtet ähnliche Passagen im Kölner Vertrag.
Universitätssprecher Patrick Honecker kann die Sorgen nicht nachvollziehen. Auf Anfrage sagte er, Bayer nehme keinen Einfluss auf die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse. Weitere Einzelheiten zum Vertrag nannte er nicht. Die CBG-Mitglieder und ihre Unterstützer wollen sich am 6. Dezember ab 8.30 Uhr vor dem Gebäude am Appellhofplatz versammeln. Die Verhandlung ist öffentlich.

alle Infos zur Kampagne

[Uni Köln] Uni-Kooperationen der BAYER AG

CBG Redaktion

Wissenschaftsfreiheit und Transparenz oder Drittmittelforschung und Betriebsgeheimnisse?

Podiumsdiskussion mit:

=> Prof. Clemens Knobloch (Uni Siegen), Autor des Buchs „Wir sind doch nicht blöd! Die unternehmerische Hochschule“
=> Philipp Mimkes, Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.
=> Harro Schultze, Rechtsanwalt

Montag, 3. Dezember, 18:00 Uhr
Aula, Hauptgebäude der Universität Köln, Albertus Magnus Platz

Ein Vorstandsmitglied des Chemie-Unternehmens BAYER ist Vorsitzender des Kölner Hochschulrats. Die Uniklinik ist zudem eine enge Kooperation mit BAYER eingegangen. Wer bestimmt, woran an der Universität geforscht wird? Welche Ergebnisse dürfen veröffentlicht werden? Wer profitiert von den Ergebnissen?

Wegen der Weigerung der Universität, Fragen zur Unabhängigkeit der Forschung zu beantworten und eine Einsichtnahme in den Vertrag mit BAYER zu gewähren, hat die Coordination gegen BAYER-Gefahren Klage eingereicht. Der AStA der Uni Köln und die Kritischen Medizinstudierenden haben sich der Forderung nach Offenlegung des Kooperationsvertrags angeschlossen.

Wir diskutieren, worum es bei der Reform des Hochschulfreiheitsgesetzes geht und informieren über die anstehende Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Köln. Wie kann die Rückeroberung der Unis aus den Fängen der Konzerne gelingen?

Der Prozess beginnt am 6.12. vor dem Verwaltungsgericht Köln. Unterstützer treffen sich vor Ort ab 8.45 Uhr (Appellhofplatz, Eingang Burgmauer, 300m v. Hbf)

MDI Brunsbüttel

CBG Redaktion

Presse Information vom 28. November 2012
Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.

BAYER: Kritik an geplanter MDI-Anlage in Brunsbüttel

zusätzliche Sicherung gegen Phosgen verlangt / Muster-Einwendung online abrufbar / „umweltschädliche Chlorchemie wird über Jahrzehnte hinweg zementiert“

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) hat heute eine fünfseitige Muster-Einwendung gegen die geplante MDI-Anlage der Bayer MaterialScience AG in Brunsbüttel eingereicht. Die CBG ruft zu weiteren Einwendungen auf. Stellungnahmen der Bevölkerung können noch bis zum 6. Dezember beim Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig Holstein eingereicht werden. Auch Umweltschützer vor Ort kritisieren den Bau der Anlage.

Aus MDI wird Hartschaum hergestellt, der z. B. in Kühlschränken, Autositzen und in der Schuhindustrie verwendet wird. Kernpunkt der Kritik an dem Bau der Anlage sind die Risiken giftiger Chemikalien wie Phosgen, Anilin und Kohlenmonoxid, die in großen Mengen zum Einsatz kommen sollen. Als Vorprodukt sollen allein mehrere hunderttausend Tonnen Phosgen, das im 1. Weltkrieg als Kampfgas eingesetzt wurde, verwendet werden.

„Durch die geplante MDI-Anlage wird der Fortbestand der energieintensiven und umweltschädlichen Chlorchemie über Jahrzehnte hinweg zementiert. Die Industrie ist dringend aufgefordert, risikolosere und ökologischere Alternativen zu entwickeln!“, so Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG). Mimkes begrüßt zwar die von BAYER geplante Einhausung der phosgenführenden Anlagen, womit die Firma einer jahrzehntelangen Forderung der Umweltverbände nachkommt. Die CBG weist allerdings darauf hin, dass BAYER nur eine Schutzhülle aus Blechplatten plant – anders als BASF in Ludwigshafen und DOW in Stade, deren Anlagen mit einer Betonhülle versehen werden. „Sollte es zu einer Genehmigung kommen, so muss zumindest der Einsatz der bestmöglichen Sicherheitstechnik gewährleistet sein. Eine Einhausung aus Beton bietet einen höheren Schutz gegen Feuer, Explosionen oder eine Beschädigung von außen als die von BAYER geplante Hülle. Außerdem fordern wir als Schutz gegen Phosgen eine zusätzliche „Ammoniak-Wand“, mit der austretendes Phosgen neutralisiert werden kann“, so Mimkes weiter.

Die CBG hält den MDI-Antrag in der gegenwärtigen Form insgesamt für nicht genehmigungsfähig. Wörtlich heißt es in der Einwendung: „Zu jedem Zeitpunkt befinden sich mehrere Dutzend Tonnen Phosgen in der Anlage. Dennoch werden in den Antragsunterlagen die Auswirkungen eines Austritts großer Mengen Giftgase in keiner Weise betrachtet. Nicht nur der GAU von Fukushima, sondern auch die schweren Störfälle in der TDI-Produktion von BAYER in den USA oder bei INEOS in Dormagen zeigen, dass sich Störfälle nicht an vorhersehbare Abläufe halten. Daher muss auch für unwahrscheinliche Szenarien Vorsorge getroffen werden“.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren beschäftigt sich seit 1978 mit allen Gefahren, die von dem Chemie- und Pharma-Unternehmen BAYER ausgehen: Störfälle, Pestizid-Vergiftungen, Ausstoß von Treibhausgasen, gefährliche Pharmazeutika, Einfluss großer Konzerne auf Politik, Wissenschaft und Gesellschaft, etc.

Die vollständige Einwendung der CBG

Nanotubes

CBG Redaktion

Trotz zahlreicher Einwendungen und ungeklärter Risiken erhält die Nanotubes-Produktion in Laufenburg eine Genehmigung. Das genannte Gutachten wurde ausgerechnet von dem umstrittenen Toxikologen Helmut Greim erstellt, der sich praktisch ausschließlich auf Untersuchungen der Industrie bezieht (weitere Infos)

Südkurier, 22. November 2012

Grünes Licht für Nanotubes

Starck darf in seinem Laufenburger Werk Enag künftig jährlich 75 Tonnen Nanotubes herstellen. Das Regierungspräsidium (RP) Freiburg erteilte nach mehrmonatiger Prüfung jetzt die Betriebserlaubnis, die morgen veröffentlicht wird. Gegen eine Nanotube-Produktion in Laufenburg hatten rund 60 Personen und Organisationen Einwendungen erhoben.
Nach der Erörterung der Einwendungen hatte das RP ein ergänzendes Gutachten bestellt. „Das Gutachten geht nicht von spezifischer Toxizität oder der Gefahr asbestanaloger Schädigungen aus“, sagte gestern RP-Sprecher Joachim Müller-Bremberger auf Anfrage dieser Zeitung. Letztendlich habe kein Grund bestanden, die Genehmigung zu versagen. Sie wurde allerdings unter Auflagen erteilt, zum Beispiel ist der Nachweis der Einhaltung der Emissionsgrenzwerte spätestens zwölf Monate nach Inbetriebnahme nachzuweisen. Die Genehmigung wird am morgigen Freitag im Staatsanzeiger und auch in dieser Zeitung veröffentlicht und damit rechtskräftig.
H. C. Starck stellt bereits seit 2006 in Laufenburg für Bayer mehrwandige Kohlenstoffnanoröhrchen her. Die Genehmigung dazu war bisher aber zeitlich befristet und auf 60 Tonnen im Jahr beschränkt. H. C. Starck hatte eine Erhöhung der Produktionsmenge um 15 Tonnen und den zeitlich unbefristeten Betrieb beantragt.
Dagegen erhoben rund 60 Personen und Organisationen, darunter die Ökologische Ärzteinitiative von Barbara Dohmen aus Hänner und die BUND-Bundesgeschäftsstelle Berlin, Einwendungen. Bei einer Anhörung des RP diesen März in Laufenburg nannte Dohmen die Produktion von Nanotubes eine noch nicht beherrschbare „Risikotechnologie“. Sie und der BUND argumentierten mit Studien, in denen bestimmten Nanotubes asbestähnliche Eigenschaften bestätigt worden waren.
H. C. Starck führte demgegenüber an, dass in der maßgeblich von ihrem Ingenieur Theodor König konzipierten Anlage ausschließlich Baytubes hergestellt würden. Diese seien nicht starr und spitz, wie die als asbestähnlich klassifizierten Nanotubes sondern zu sandkorngroßen Kügelchen gekräuselt. Würden diese Baytubes trotz der umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen in die Umwelt gelangen, dann passiere „gar nichts“, so König damals in der Anhörung.
Die Bundesregierung sieht in der Nanotechnologie eine Schlüsseltechnologie für die Zukunft. Mit BASF, Bayer und Evonik sind in Deutschland drei der weltweit größten Hersteller von Nanomaterialien beheimatet.
Von MARKUS VONBERG

Duogynon

CBG Redaktion

Coordination gegen BAYER-Gefahren
20. November 2012

Duogynon-Opfer verzichten auf Berufungsverfahren

„Vertuschung wird mit Verjährung belohnt!“

Wegen Kosten in fünfstelliger Höhe müssen die Opfer des hormonalen Schwangerschafts-Tests Duogynon darauf verzichten, den Muster-Prozess gegen die Firma BAYER fortzuführen. Die von dem Duogynon-Geschädigten Andre Sommer eingereichte Haftungsklage war im Juli 2012 erstinstanzlich wegen Verjährung abgewiesen worden.

Andre Sommer wörtlich: „Die finanziellen Risiken einer Berufung sind zu groß - das konnte ich meiner Familie nicht antun. Die Einstellung des Gerichtsverfahrens bedeutet jedoch nicht das Ende unserer Anstrengungen, endlich die Wahrheit im Fall Duogynon herauszufinden. BAYER konnte sich bisher nur mit dem Hinweis auf Verjährung aus der Affäre ziehen. Dies ist moralisch absolut verwerflich und eine Schande für diesen Konzern!„. Auch der zuständige Richter am Berliner Landgericht, Dr. Holger Matthiessen, hatte das Unternehmen mit den Worten “Ein Weltkonzern wie BAYER sollte den Dialog suchen, da kann ich sie nur ermahnen!“ aufgefordert, auf die Betroffenen zuzugehen.

Axel Köhler-Schnura von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) kommentiert: „Der Fall Duogynon ist in seiner Dimension nur mit dem Contergan-Skandal vergleichbar. Wie bei Contergan wurden mit dem Medikament trotz aller Hinweise auf drohende Fehlbildungen jahrelang Profite gemacht. Wissenschaftler wurden bestochen, die Opfer scheren den Konzern einen Dreck. Während im Fall von Contergan Entschädigungen erzwungen werden konnten, wird die Taktik von Schering und BAYER, die Gefahren von Duogynon zu leugnen und zu vertuschen, nun mit einem Freispruch wegen Verjährung belohnt!“.

Die Firma Schering, die das Präparat in den 60er und 70er Jahren vertrieben hatte, gehört seit dem Jahr 2006 zu BAYER. Auf Einladung der CBG hatten Duogynon-Geschädigte wiederholt in der BAYER-Hauptversammlung eine Entschädigung gefordert. Aber selbst eine Entschuldigung verweigerte der Konzern.

Mitarbeiter von Schering hatten frühzeitig vor den Risiken von Duogynon gewarnt. So schrieb ein für Schering arbeitender Wissenschaftler im November 1967 an die Firmenleitung: „Die offenkundige Korrelation zwischen der Zunahme von Missbildungen und dem Verkauf des Schwangerschaftstests erscheint ziemlich alarmierend.“ 1969 forderte die britische Behörde Committee on Safety of Drugs von Schering die Herausgabe der Duogynon-Labordaten. Nach Auswertung der Unterlagen wurde auf den Schachteln eine Warnung angebracht, wonach das Präparat wegen des Risikos von Fehlbildungen nicht in der Schwangerschaft eingenommen werden dürfe. Schering strich daraufhin in Großbritannien die Indikation Schwangerschaftstest, nicht jedoch in Deutschland.

Im Raum steht auch der Vorwurf, dass Schering Anfang der 80er Jahre Wissenschaftler bestochen hat, damit diese die Unbedenklichkeit von Duogynon bestätigen. Bayer hat dies weder vor Gericht wirksam bestritten noch öffentlich entkräftet. Im jüngsten Prozess war hierzu ein ehemaliger Schering-Mitarbeiter als Zeuge benannt worden.

Philipp Mimkes, Geschäftsführer der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Es kann und darf nicht angehen, dass die Duogynon-Opfer und ihre Familien ohne Entschädigung bleiben.“

weitere Informationen: Kampagne der Coordination gegen BAYER-Gefahren

[Dumping] TDI

CBG Redaktion

14. November 2012

China: Bayer und Dow zahlen Strafen wegen Dumping für TDI

Chinesische Behörden haben gegen Bayer und zwei weitere Firmen Strafzölle wegen Dumpingpreisen für den Kunststoff TDI verhängt. Weitere Infos hierzu.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren protestiert gegen den Ausbau der TDI-Produktion in Dormagen, bei der jährlich mehrere hunderttausend Tonnen des Giftgases Phosgen zum Einsatz kommen sollen (alle Infos zur Kampagne.

[More than Honey] Bienensterben

CBG Redaktion

„MORE THAN HONEY“ / 5x2 EINTRITTSKARTEN ZU GEWINNEN

Kinotipp: Dokumentarfilm zum globalen Bienensterben

Am morgigen Donnerstag startet der Dokumentarfilm MORE THAN HONEY in den deutschen Kinos. Der Film beschäftigt sich mit dem weltweiten Bienensterben, für das Pestizide der Firma BAYER mitverantwortlich sind.

Der Regisseur Markus Imhoof verfolgt in MORE THAN HONEY das Schicksal der Bienen von der eigenen Familienimkerei bis hin zu industrialisierten Honigfarmen und Bienenzüchtern. Mit spektakulären Aufnahmen öffnet er den Blick auf eine Welt jenseits von Blüte und Honig, die man nicht so schnell vergessen wird.

Bei seinen Recherchen für den Film und für das parallel erschienene Buch wurde Markus Imhoof von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) unterstützt. Die CBG weist seit den 90er Jahren auf die Risiken von Agrochemikalien für Insekten hin und fordert ein weltweites Verbot von Wirkstoffen wie Imidacloprid, Clothianidin und Thiametoxam.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren verlost 5x2 Eintrittskarten. Diese können bundesweit in allen Kinos, die den Film zeigen, eingelöst werden. Bitte senden Sie eine email mit Ihrer vollständigen Anschrift und dem Betreff „Bienensterben“ an die Adresse CBGnetwork(at)aol.com. Die ersten fünf Zusendungen gewinnen. Es werden nur die Gewinner benachrichtigt.

Hintergrund:
Das Sterben von Bienen und Wildinsekten führt zu einer verringerten Bestäubungsleistung, wodurch die Ernährungssicherheit in Gefahr gerät. Die UN-Umweltbehörde UNEP bezeichnet Imidacloprid und Clothianidin in einem Bericht zu globalen Bienensterben explizit als Bedrohung zahlreicher Tierarten. Im Frühjahr 2008 löste der Einsatz von Clothianidin im Mais-Anbau das größte Bienensterben der vergangenen Jahrzehnte aus. Zeitgleich verschwanden wildlebende Insekten, die ihrerseits als Nahrung für Vögel dienen. In Deutschland, Italien und Frankreich wurden die Wirkstoffe für die wichtigste Anwendung, die Behandlung von Mais, verboten. Dies hindert den BAYER-Konzern nicht, die Präparate in mehr als 100 Länder zu exportieren.

weitere Informationen:
=> Die Kampagne zum weltweiten Bienensterben
=> Die website zum Films (mit Trailer): www.morethanhoney.de

Gentechnik

CBG Redaktion

Presse Information vom 31. Oktober 2012
Coordination gegen BAYER-Gefahren

BAYER, BASF und MONSANTO gegen Kennzeichnungspflicht

USA: Millionenspenden der Gentech-Industrie

Die Chemie-Konzerne BAYER und BASF beteiligen sich mit millionenschweren Spenden an einer Kampagne amerikanischer Gentechnik- und Pestizid-Hersteller. Die Industrie will damit eine Initiative von Umweltverbänden zur Deklaration gentechnisch veränderter Lebensmittel stoppen. Die im Bundesstaat Kalifornien eingebrachte Proposition 37, die eine Kennzeichnungspflicht nach europäischem Vorbild fordert, wird parallel zur Präsidentschaftswahl am 6. November zur Abstimmung gebracht.

Die Unternehmen investieren über 40 Millionen Dollar in ihre Werbekampagne, die vor allem aus TV Spots besteht - rund zehnmal so viel wie die Befürworter der Initiative. Größter Finanzier ist der Weltmarktführer für gentechnisch verändertes Saatgut, Monsanto, mit 7 Millionen Dollar. Es folgen DuPont (4,9 Mio), BAYER und BASF (jeweils 2 Mio), Pepsi, Nestlé und Coca Cola. Das Hauptargument der Industrie ist, dass eine Deklarationspflicht die Kosten für die Hersteller um „Milliarden Dollar erhöhen“ würde - eine absurde Behauptung, für die jeglicher Beleg fehlt.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Die Gentechnik-Multis messen mit zweierlei Maß: in Europa ist die Deklaration von gentechnisch veränderten Inhaltsstoffen selbstverständlich. In den USA hingegen soll eine solche Kennzeichnung mit fadenscheinigen Argumenten verhindert werden. Die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern werden dadurch mit Füßen getreten!“. Scharfe Kritik äußert auch Gary Ruskin von der Initiative California Right to Know: „BAYER und BASF schicken ihr Geld um die halbe Welt, um Müttern und Vätern weiszumachen, sie hätten nicht das Recht zu wissen, was sich im Essen ihrer Kinder befindet!“.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren sieht eine Parallele zum Verkauf des BAYER-Pestizids Glufosinat. Der zusammen mit gentechnischem Saatgut verkaufte Wirkstoff muss in der EU wegen erwiesener Gesundheitsgefahren vom Markt genommen werden. Trotzdem hat BAYER die Exporte in die USA und nach Lateinamerika drastisch erhöht, „ein klassischer Fall doppelter Sicherheits-Standards“, so Mimkes weiter. Glufosinat soll in die Fußstapfen des von Monsanto vertriebenen Herbizids Glyphosat treten, das wegen zunehmender Resistenzen immer unwirksamer wird.

BAYER war in den USA für die bislang größte Kontamination mit gentechnisch veränderten Organismen verantwortlich: Im Jahr 2006 war sogenannter Liberty Link-Reis weltweit in Supermärkten aufgetaucht, obwohl hierfür keinerlei Zulassung vorlag. Rund 30 % der US-amerikanischen Ernte war verunreinigt, die EU und Japan stoppten daraufhin alle Reisimporte aus Nordamerika. In den vergangenen Monaten musste BAYER die betroffenen Landwirte und Reismühlen mit über 900 Mio. Dollar entschädigen. Bis heute wird LL-Reis jedoch vereinzelt in Supermarkt-Packungen gefunden.

Im laufenden Wahlkampf gehört BAYER zu den größten ausländischen Unterstützern republikanischer Abgeordnete. Die Ausgaben zur Verhinderung von Proposition 37 übertreffen jedoch die Spenden an Politiker deutlich. Kalifornien war in der Vergangenheit häufig Vorreiter bei der Einführung neuer Umweltschutz-Bestimmungen, so z. B. bei Katalysator-Autos oder zum Ausstoß von Treibhausgasen. Dies erklärt die erhöhte Nervosität der Gentech-Lobby.

weitere Informationen:
=> Initiative „California Right to Know“
=> Deutsche Welle: German giants join GM food fight in California

[Yaz/Yasmin] Antibabypillen

CBG Redaktion

30. Oktober 2012

Antibabypille Yaz/Yasmin

BAYER muss Entschädigungsleistung auf 700 Mio € erhöhen

Der BAYER-Konzern muss weitere 205 Millionen Euro wegen Nebenwirkungen seiner Antibabypille Yaz/Yasmin zahlen. Bereits im Sommer hatte BAYER eine halbe Milliarde Euro zurückstellen müssen. Pro Fall wurde bislang eine Entschädigung von 220.000 Dollar genannt. Allein in den USA haben mehr als 11.000 Frauen Klagen gegen die Firma eingereicht.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert ein umgehendes Verbot der Produktgruppe. Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „Die erhöhten Risiken von Antibaby-Pillen aus der Yasmin-Gruppe sind seit Jahren bekannt. Eine weitere Gefährdung der Konsumentinnen ist daher nicht hinnehmbar. Alle Präparate mit dem Hormon Drospirenon müssen umgehend vom Markt genommen werden! Mit einem Einlenken der Firma BAYER ist so lange nicht zu rechnen, wie die Entschädigungen nicht die Gewinne durch den Verkauf übersteigen“. Die CBG fordert eine umgehende Entschädigung aller Yasmin-Opfer.

Die BAYER AG macht mit drospirenonhaltigen Antibabypillen einen jährlichen Umsatz von über einer Milliarde Euro. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren startete 2009 eine Kampagne zur Unterstützung betroffener Frauen und brachte hierzu mehrfach Gegenanträge zur BAYER-Hauptversammlung ein.

Weitere Infos zur Kampagne

[Kleine Anfrage] Tödliche Medikamententests

CBG Redaktion

24. Oktober 2012
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Antwort auf Kleine Anfrage der Linkspartei

Bundesregierung: Ergebnisse unethischer Medikamenten-Studien dürfen nicht verwendet werden

Die Bundesregierung hat heute die Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei zu unethischen Pharma-Studien veröffentlicht. Wörtlich heißt es in der Anfrage: „Pharmakonzerne lassen derzeit alleine in Indien etwa 1 900 Studien mit circa 150 000 Probanden durchführen. Die Anzahl der Todesfälle bei klinischen Studien ist in den vergangenen Jahren beständig gewachsen. Eine Aufstellung des Drugs Controller General of India für 2011 zeigt, dass allein bei Pharmatests von Novartis 57 Testpersonen starben. Auf der Liste folgen Bayer und Pfizer mit je 20 Todesfällen und Bristol-Myers Squibb mit 19.“

In ihrer Antwort führt die Bundesregierung aus, dass die Vorschriften für klinische Prüfungen im deutschen Arzneimittelgesetz und im Gemeinschaftsrecht der EU festgelegt seien. Demnach müssten Antragsteller einer arzneimittelrechtlichen Zulassung versichern, dass außerhalb der EU durchgeführte Studien unter gleichwertigen ethischen Bedingungen wie in der EU durchgeführt worden seien. Verstöße hiergegen würden dazu führen, dass die gewonnenen Daten im Rahmen eines arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahrens nicht akzeptiert werden.

Recherchen von NGOs und Journalisten haben jedoch immer wieder gezeigt, dass solche ethischen Mindest-Standards nicht eingehalten werden. Beispielsweise wussten Teilnehmer indischer Studien zumeist nicht, dass sie an Medikamenten-Tests teilnahmen. Die Ethik-Kommissionen bestanden meist nur auf dem Papier und nahmen keinerlei Prüfung der Studien und der getesteten Medikamente vor. Den Ethik-Kommissionen waren häufig nicht einmal die Namen der untersuchten Personen bekannt.

Die Kleine Anfrage der Linkspartei war in Kooperation mit der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) erstellt worden. Die CBG fordert seit langem, dass im Ausland durchgeführte Studien konsequent überprüft werden. Bei Verstößen gegen die in der Deklaration von Helsinki formulierten Standards müssten Konsequenzen gezogen werden und die entsprechenden Studien auch nachträglich aus den Zulassungsverfahren verbannt werden. Notfalls müssten auch Zulassungen entzogen werden.

Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Pharma-Studien in Ländern des Südens müssen nach denselben Sicherheitsstandards durchgeführt werden wie in Europa oder den USA. Geschädigte und Hinterbliebene müssen die gleichen Entschädigungen erhalten – nur dann werden gefährliche Billig-Studien unattraktiv“. Im Zeitraum von 2007 bis 2011 waren allein in Indien bei Tests von BAYER 158 Menschen ums Leben gekommen, allein vier Personen starben an Nebenwirkungen des umstrittenen Gerinnungshemmers Xarelto. BAYER zahlte den Hinterbliebenen Entschädigungen von lediglich 5.250 Dollar.

=> Die Antwort der Bundesregierung: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/109/1710911.pdf

=> weitere Informationen zur Kampagne der CBG

LL Reis

CBG Redaktion

Presse Information vom 15. Oktober 2012
Coordination gegen BAYER-Gefahren

sechs Jahre nach dem Skandal um Liberty Link-Reis:

weiterhin Funde von GenReis

Die Antwort der Bundesregierung auf eine aktuelle Anfrage der Grünen zeigt, dass genmanipulierter Reis der Firma BAYER CropScience bis heute in den Handel gelangt. Während der letzten fünf Jahre gab es demnach in Deutschland 105 Funde von nicht zugelassenen, gentechnisch veränderten Organismen, die meisten davon Reis (Bt-Reis sowie Liberty Link-Reis).

Jan Pehrke von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Die wiederholten Funde von Liberty Link-Reis der Firma BAYER zeigen einmal mehr die Unbeherrschbarkeit dieser Risiko-Technologie. Die EU muss daher den Antrag auf Importgenehmigung für LL Reis endgültig ablehnen.“

Im Jahr 2006 war gentechnisch veränderter Langkorn-Reis, der gegen das hochgefährliche Herbizid Glufosinat resistent ist („Liberty Link-Reis“), weltweit in Supermärkten aufgetaucht, obwohl zu diesem Zeitpunkt nirgendwo eine Zulassung für die Sorte vorlag. Rund 30% der US-amerikanischen Ernte war verunreinigt, die EU und Japan stoppten daraufhin Reisimporte aus Nordamerika. BAYER musste die betroffenen Landwirte im vergangenen Jahr mit über einer halben Milliarde Euro entschädigen. Bereits im Jahr 2004 hatte die Coordination gegen BAYER-Gefahren in der Hauptversammlung des Konzerns eine Kontaminationen von herkömmlichen Reis-Sorten vorhergesagt und einen Verzicht auf LL Reis gefordert.

Ein großflächiger Anbau von LL-Reis hätte in den Anbauländern ein erhöhtes Schädlingsaufkommen und infolgedessen einen verstärkten Einsatz gefährlicher Pestizide zu Folge. Besonders in Asien droht zudem der Verlust traditioneller, lokal angepasster Reis-Sorten.

Das mit LL-Reis gekoppelte Herbizid Glufosinat ist hochgiftig. Der Wirkstoff gehört zu denjenigen Pestiziden, die wegen erwiesener Gefahren für Anwender und Verbraucher keine erneute EU-Zulassung erhalten werden. Obwohl der Giftstoff in Europa künftig nicht mehr vertrieben werden darf, erhöhte BAYER kürzlich die Produktions-Kapazitäten für den Export – nach Ansicht der CBG ein klassisches Beispiel für „doppelte Sicherheits-Standards“.

Genveränderte Pflanzen werden zum Teil trotz fehlender Zulassung in der Viehzucht verwendet. Im Mai 2011 war in der EU in Futtermitteln die Nulltoleranz für nicht-zugelassene GVO aufgehoben worden. Seitdem wird eine Verunreinigung bis zu einer Höhe von 0,1 Prozent toleriert. John Dalli, EU-Kommissar für Gesundheit und Verbraucherpolitik, hat eine entsprechende Regelung auch für Lebensmittel angekündigt.

Infos zur Kampagne

Tierantibiotika

CBG Redaktion

Presse Information vom 12. Oktober 2012
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Brief an Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner

Antibiotika: „Missbrauch im Tierstall beenden!“

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert in einem Schreiben an Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner, den Deutschen Bauernverband und den Bundesverband Praktizierender Tierärzte ein Ende des massenhaften Einsatzes von Antibiotika im Tierstall. Insbesondere die Verwendung sogenannter „Reserveantibiotika“ müsse umgehend verboten werden. Auch die routinemäßige Behandlung ganzer Tierbestände müsse gestoppt werden.

Wörtlich heißt es in dem Schreiben: „In der Intensiv-Tierhaltung werden sieben Mal mehr Antibiotika eingesetzt als in der Humanmedizin. Der übermäßige Einsatz antimikrobieller Substanzen führt zur Entwicklung resistenter Erreger. Immer mehr Menschen sprechen daher auf eine Behandlung mit Antibiotika nicht mehr an – eine mitunter tödliche Gefahr“.

Philipp Mimkes, Geschäftsführer der CBG: „Wir brauchen eine antibiotika-freie Tierzucht. Letztlich ist dies nur möglich, wenn das System der quälerischen Massentierhaltung, die den exzessiven Einsatz von Bakteriziden erst notwendig macht, durch eine bäuerliche und ökologische Landwirtschaft ersetzt wird“.

Jan Pehrke vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren ergänzt: „Besonders kritisch ist die Verwendung von Antibiotika der 3. und 4. Generation zu sehen, da diese als Reserveantibiotika für die Humanmedizin von großer Bedeutung sind. Die Verwendung dieser Präparate in der Tiermast ist überflüssig und nicht zu verantworten. Wir fordern daher ein sofortiges Verbot!“.

Der Leverkusener BAYER-Konzern bietet mit Baytril ein Reserveantibiotikum aus der Klasse der Fluorchinolone für die Tiermast an. Baytril ist eng verwandt mit den in der Humanmedizin verwendeten Wirkstoffen Ciprofloxacin und Moxifloxacin. Erst auf mehrmalige Nachfrage Kritischer Aktionäre hatte der BAYER-Vorstandsvorsitzende in der jüngsten Hauptversammlung die Verkaufszahlen von Baytril genannt: allein im vergangenen Jahr machte das Unternehmen demnach einen Umsatz von 166 Millionen Euro. 118 Millionen Euro wurden in der Massentierhaltung abgesetzt, der Rest im Haustierbereich.

Wegen der hohen Ansteckungsgefahr werden in der Massentierhaltung meist ganze Bestände behandelt. In einer Produktinformation von BAYER heißt es beispielsweise: „Unter den gegenwärtigen landwirtschaftlichen Bedingungen ist die Anzahl der Tiere pro Stall sehr hoch. Deshalb ist die Behandlung der gesamten Herde und nicht die individuelle Medikation das Mittel der Wahl, um den Infektionsdruck zu mildern und die Ansteckungsgefahr zu senken“.

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hatte im September erstmals die Menge der in Deutschland verbrauchten Tier-Antibiotika veröffentlicht. Demnach gaben die Pharma-Hersteller im vergangenen Jahr 1.734 Tonnen Antibiotika an Tierärzte ab. Noch vor zehn Jahren wurde weniger als die Hälfte verbraucht.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert:
=> lückenlose Dokumentation aller Antibiotika-Anwendungen im Tierstall;
=> klare Zielvorgaben zur Verringerung der Antibiotika-Einsatzes und ein sofortiges Verbot der Verwendung von Reserveantibiotika;
=> Verwendung von Antibiotika nur unter strengster Indikation und nur durch Tierärzte/innen;
=> Verbot der routinemäßigen Beigabe von Antibiotika in Tierfutter und diesbezügliche Kontrollen und Strafen;
=> feste Einkaufspreise ohne Rabatte für Großverbraucher; Tierärzte dürfen nicht an der Verschreibung von Antibiotika verdienen.

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