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Beiträge verschlagwortet als “Glyphosat”

[BAYER HV 2015] Hauptversammlung 2015

CBG Redaktion

Am 27. Mai fand in Köln die BAYER-Hauptversammlung statt. Die HV stand im Zeichen heftiger Proteste. Zusammen mit Umweltorganisationen und Geschädigten prangerte die Coordination gegen BAYER-Gefahren die Schattenseiten der Konzern-Profite an. In 26 Redebeiträgen wurden risikoreiche Pharmaprodukte, gentechnisches Saatgut, Plastikmüll, Tierversuche und gefährliche Pestizide kritisiert.

alle Redetexte der Kritischen Aktionär/innen

=> Aktionsbericht und Artikel zu den Forderungen der Kritiker

=> Fotos von den Aktionen

taz: Coordination schaltet 4-seitige Beilage

Medienberichte
=> Lev Anzeiger: Steuerzahler Bayer unter der Lupe
=> taz: Protest wegen Bienensterben
=> Rheinische Post: Bayer-Aktionäre treffen auf heile und kranke Welten
=> junge Welt: Chemiemulti am Pranger
=> Leverkusener Anzeiger: Protest zur Bayer-Hauptversammlung
=> Rheinische Post: Pillen-Protest zur Bayer-Versammlung
=> Neuss-Grevenbroicher Zeitung: Bayer-Kritiker monieren die MaterialScience-Abspaltung
=> Apotheke Adhoc: Yasmin-Proteste vor Bayer-Hauptversammlung

Gegenanträge
=> Coordination fordert Verbot von Mikroplastik / Gegenantrag eingereicht
=> Coordination reicht Gegenantrag zur Ausgliederung von Bayer MaterialScience ein
=> Fake Werbung: CBG fordert Nicht-Entlastung des Vorstands von BAYER
=> CBG reicht Gegenantrag zu Plastikmüll von BAYER ein
=> Coordination reicht Gegenantrag zum MS-Präparat Betaferon ein
=> Gegenantrag zur CO-Pipeline Dormagen Leverkusen

Presse Infos
=> Glyphosat und Glufosinat freiwillig vom Markt nehmen
=> Kritik an Steuerflucht und intransparenter Aktionärs-Struktur
=> Verhütungsimplantat Jadelle: Protest gegen bevölkerungspolitisch motivierte Vermarktungsoffensive
=> Geschädigte fordern Verbot gefährlicher Antibaby-Pillen
=> Protest gegen Kohlenmonoxid-Pipeline in Gedenken von Kläger Heinz-Josef Muhr
=> SumOfUs protestiert in BAYER-Hauptversammlung gegen bienenschädigende Insektengifte
=> BAYER Hauptversammlung: Protest gegen Plastikmüll

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[Ticker] STICHWORT BAYER 01/2015 – TICKER

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Umbenennungskampagne erfolgreich
Am 29. September 2011 jährte sich der Geburtstag des langjährigen BAYER-Generaldirektors Carl Duisberg zum 150. Mal. Um die medialen Ständchen für den Mann zu konterkarieren, der im 1. Weltkrieg verantwortlich für den Einsatz von Giftgas und die Ausbeutung von ZwangsarbeiterInnen war und später einen maßgeblichen Anteil an der Gründung des Mörderkonzerns IG FARBEN hatte, rief die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) eine Kampagne ins Leben. Sie mahnte anlässlich des Jahrestags die Umbenennung von Straßen, Schulen und anderen Einrichtungen an, die Duisbergs Namen tragen. Viele AktivistInnen ließen sich davon anregen und trugen die Forderung in die zuständigen Kommunal-Vertretungen. In Dortmund hatte das jetzt Erfolg (siehe auch SWB 1/15). Eine große Mehrheit aus SPD, Grünen, Linken und Piraten stimmte dafür, die Carl-Duisberg-Straße in „Kleine Löwenstraße“ umzutaufen. Und auch Lüdenscheid möchte Duisberg nicht mehr ehren und suchte sich für einen Weg einen neuen Namenspatron. In anderen Orten, wie in Frankfurt, Dormagen, Bonn, Krefeld, Wuppertal, und Maxdorf/Ludwigshafen läuft die Kampagne unterdessen weiter.

Kampagne für Patent-Gesetz
Mit Patenten auf Pharmazeutika sichern sich BAYER & Co. Monopol-Profite. Dieses Vorgehen macht die Arzneien besonders für Menschen in Armutsregionen unerschwinglich. Viele Länder versuchen allerdings, ihrer Bevölkerung trotzdem den Zugang zu den benötigten Medikamenten zu sichern. So berief sich Südafrika im Jahr 2001 auf einen Ausnahme-Paragrafen des internationalen TRIPS-Patentschutzabkommens und führte Nachahmer-Präparate von AIDS-Medikamenten ein, was BAYER und 40 weitere Pharma-Riesen zu einer Klage veranlasste. 2008 beschloss der Staat deshalb, die Praxis durch ein Patent-Gesetz gerichtsfest zu machen. Zu einer Verabschiedung des Paragrafen-Werkes kam es jedoch noch nicht. Extrem-Lobbying von BAYER & Co. hat das bis jetzt verhindern können – allein der US-amerikanische Pillenhersteller-Verband PhRMA steckte 450.000 Dollar in eine PR-Kampagne gegen den Plan. (Ticker 2/14). Es gibt aber auch Gegenkräfte: Die AIDS-Initiative TREATMENT ACTION CAMPAIGN versammelte 50.000 Organisationen und Einzelpersonen hinter sich, um für das Gesetz – unter anderem durch einen Offenen Brief an den südafrikanischen Ministerpräsidenten Jacob Zuma – zu werben.

KAPITAL & ARBEIT

Plischke bald im Aufsichtsrat?
Lange Zeit war es für die Vorstandsvorsitzenden von BAYER & Co. Usus, nach ihrer Amtperiode als Firmenlenker den Posten des Aufsichtsratschefs zu übernehmen. 2009 hat die damalige Große Koalition diesem Automatismus jedoch einen Riegel vorgeschoben. Nach Ansicht von CDU und SPD standen die internen Lösungen einer wirklichen Kontrolle der Geschäftspolitik im Wege. Deshalb erlegten sie den wechselwilligen ManagerInnen eine zwei-jährige Karenzzeit auf. Äußerst widerwillig saß diese Werner Wenning ab, ehe er als Aufsichtsratsvorsitzender zum Leverkusener Multi zurückkehrte. Und jetzt richtet sich auch der 2014 pensionierte ehemalige Forschungsvorstand Wolfgang Plischke in der Warteschleife auf ein Comeback beim Pillen-Riesen ein. „Der Leverkusener Pharma-Konzern möchte auf seine Expertise und langjährigen internationalen Erfahrungen nicht verzichten“, vermeldet die Faz. Zu dieser „Expertise“ hatte es unter anderem gehört, trotz interner Warnungen so lange es nur irgend ging an dem Cholesterinsenker LIPOBAY festzuhalten, welcher dann schließlich bis zu seinem von den Behörden erzwungenen Vertriebsstopp über 100 Menschen den Tod brachte.

Multifunktionär Wenning
Mit seinem Posten als BAYER-Aufsichtsratschef fühlt sich Werner Wenning noch längst nicht ausgelastet. Dieselbe Position bekleidet er bei E.ON, und bei SIEMENS rückte er jüngst zum Aufsichtsratsvize vor. Einfache Mandate nimmt er zudem in den Kontrollgremien der DEUTSCHEN BANK und der Versicherungsgesellschaft TALANX wahr. Darüber hinaus hat Wenning Sitze in den Gesellschafter-Ausschüssen von HENKEL und FREUDENBERG.

ERSTE & DRITTE WELT

Afrika im Fokus
Auf der Suche nach Absatz-Gebieten hat der Leverkusener Multi einen neuen Kontinent entdeckt. „2014 steht eine Afrika-Strategie hoch oben auf der Agenda“, bekundete der Konzern unlängst (Ticker 3/14). Machte das Unternehmen dort 2012 einen Umsatz von 711 Millionen Euro, so erwartet es bis 2018 eine Steigerung auf über eine Milliarde Euro. In einzelnen Staaten rechnet es sogar mit einem Plus von über 30 Prozent. Die meisten Hoffnungen ruhen dabei auf dem Pharma-Sektor, der bereits jetzt für die größten BAYER-Einnahmen in Afrika sorgt. „Schon im vergangenen Jahrzehnt haben sich die Pro-Kopf-Ausgaben für Gesundheit in Afrika mehr als verdoppelt“, frohlockt der Pillen-Produzent. Vor allem mit Diabetika, Anti-Infektiva und Verhütungsmitteln macht er dort Geschäfte. Bei den Kontrazeptiva darf er dabei sogar auf die tatkräftige Unterstützung durch Entwicklungshilfe-Programme zur Familien-Planung bzw. Bevölkerungspolitik zählen. „Wir haben ein einzigartiges Portfolio, und unsere Mission ‚BAYER: Science For A Better Life’ steht für genau das, was Afrika braucht“, meint der Konzern. Die BUKO PHARMA-KAMPAGNE kommt da zu einer ganz anderen Einschätzung. Die Initiative untersuchte das Gebaren von BAYER & Co. in Uganda, das als beispielhaft auch für die Unternehmenspolitiken in anderen Ländern des Kontinents gelten kann, und stellt dem Konzern ein denkbar schlechtes Zeugnis aus. So vermarktet dieser dort viele umstrittene und deshalb als irrational eingestufte Pharmazeutika: 21 von 49 Medikamenten fallen unter diese Kategorie. Zu den als unentbehrlich erachteten Mitteln des Global Players hingegen hat die Bevölkerung wegen der hohen Preise kaum Zugang; sie finden sich zumeist nur in Privatkliniken und Privat-Apotheken. Darüber hinaus bietet der Multi in dem Staat für die am weitesten verbreiteten Gesundheitsstörungen kaum Arzneien an, weil er sich in Forschung & Entwicklung lieber auf die mehr Rendite versprechenden Mittel gegen westliche Zivilisationskrankheiten konzentriert. Ähnlich verhalten sich die anderen großen Pharma-Hersteller. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO leiden rund eine Milliarde Menschen an Plagen wie Ebola, Tuberkulose, Flussblindheit oder Bilharziose, gegen die Big Pharma kein Mittel weiß.

Kein Moxifloxacin bei TBC
Die Pharma-Multis haben die ärmeren Staaten nicht in ihrer Kundendatei. Deshalb müssen öffentliche oder private Institutionen einspringen, um Medikamenten-Entwicklungen für Krankheiten zu fördern, die besonders häufig in sogenannten Entwicklungsländern auftreten. Eine solche Organisation ist die „Global Alliance for TB-Drug-Development“. Bill Gates, die Rockefeller Foundation, die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA und diverse andere Vereinigungen finanzieren im Rahmen des Verbundes die Suche nach neuen Tuberkulose-Behandlungsmethoden. So fließt auch Geld für die Erprobung einer Kombinationstherapie von Tbc-Arzneien mit BAYERs Antibiotikum AVALOX; speziell für diesen Forschungsansatz hatte die Stiftung von Bill und Melinda Gates im Frühjahr 2006 noch einmal 100 Millionen Dollar locker gemacht. Das Präparat sollte die Genesung beschleunigen, auf diese Weise die Bildung Antibiotika-resistenter Bakterienstämme eindämmen und so die Überlebenschancen der PatientInnen erhöhen. Dies schaffte das Mittel jedoch nicht: Die verkürzte Therapie wirkte sich negativ auf den Heilungsprozess aus und führte häufiger zu Rückfällen.

Indien weniger im Fokus
Die Pillen-Riesen lagern immer mehr Arznei-Erprobungen in ärmere Länder aus. Besondern in Indien finden BAYER & Co. günstige Standort-Bedingungen vor. Dort locken günstigere Preise, ein großes Reservoir an ProbandInnen und fehlende Kontrollen. Die Risiken und Nebenwirkungen sind dementsprechend hoch. Allein von 2007 bis 2011 kamen 158 TeilnehmerInnen an klinischen Prüfungen mit BAYER-Präparaten ums Leben. Das bewog die indischen Behörden, strengere Regeln einzuführen. So machten sie es den Pharma-Riesen zur Pflicht, für alle etwaigen Gesundheitsstörungen ihrer ProbandInnen aufzukommen. Der Leverkusener Multi reagierte prompt: Er stornierte schon angesetzte Versuche mit seinem Gerinnungshemmer XARELTO.

BAYER’S TONIC in Indien
In ärmeren Regionen können die Menschen sich oft keinen MedizinerInnen-Besuch leisten. Die Pharma-Riesen reagieren darauf, indem sie ominöse Allheilmittel auf den Markt werfen. So vertreibt der Leverkusener Multi in „Entwicklungsländern“ etwa BAYER’S TONIC mit den Ingredienzien Leber-Extrakt, Hefe, Zucker und Alkohol als Stärkungsmittel. In Indien bewarb der Multi das Produkt ungeachtet seines Alkohol-Gehaltes von rund zehn Prozent speziell für Kinder. Erst nach Protesten von Gesundheitsinitiativen sah das Unternehmen davon ab und druckte ein Warnhinweis auf die Packung. Trotzdem empfehlen es ApothekerInnen aus alter Gewohnheit immer noch für diese Altersgruppe, wie Testkäufe der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN gezeigt haben. Und das Versprechen, das Präparat ohne Alkohol herzustellen, hat der Konzern bis heute nicht eingelöst.

KONZERN & VERGANGENHEIT

Eine kleine BAYER-Buße
BAYER war bereits an den Vorbereitungen zum Ersten Weltkrieg beteiligt und avancierte später zum wichtigsten Lieferanten chemischer Waffen. Generaldirektor Carl Duisberg fischte auch im „Menschenbassin Belgien“ nach ZwangsarbeiterInnen und formulierte die Kriegsziele mit. Der fatalen Rolle, die der Leverkusener Multi bei dem Waffengang spielte, stellte er sich im Gedenkjahr 2014 allerdings nicht. Bei der letzten Hauptversammlung vom CBGler Axel Köhler-Schnura mit der Kritik an Duisbergs Kriegsverbrechen konfrontiert, antwortete Unternehmenschef Marijn Dekkers: „Die historischen Verdienste Carl Duisbergs sind weithin anerkannt. Er ließ Wohnungen für die Arbeiter bauen, verringerte deren wöchentliche Arbeitszeit, er führte soziale Versicherungssysteme ein und setzte sich für den Umweltschutz ein, lange bevor es gesetzliche Regelungen dazu gab.“ Später im Jahr aber kam es doch noch zu einer kleinen Geste der Reue von Seiten des Global Players. Am Volkstrauertag beteiligten sich Christian Zöller und Iris Müller-Florath von der 60-prozentigen BAYER-Tochter CURRENTA an einem Rundgang zu den Erinnerungsorten des Ersten Weltkriegs in Leverkusen, zu denen auch das Tor 4 des Chem„parks“ zählt. Dort hielt Zöller, der bei dem Unternehmen für den „Politik- und Bürgerdialog“ zuständig ist, eine Ansprache zur historischen Verantwortung des Konzerns. Als „Krieg der Chemiker“ bezeichnete Zöller darin den Ersten Weltkrieg und berichtete dann von BAYERs Chemiewaffen-Produktion.

KAPITAL & ARBEIT

Selbstbedienung im Ideen-Pool
Bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit betont der Leverkusener Multi die Unverzichtbarkeit des Schutzes des geistigen Eigentums. An den Ideen seiner Beschäftigten vergreift der Konzern sich jedoch ganz unverblümt. So erklärt der Pharma-Riese frank und frei, dank der Verbesserungsvorschläge der Beschäftigten aus dem „BAYER Ideen-Pool“ bereits im ersten Jahr der Umsetzung über vier Millionen Euro eingespart zu haben. An Prämien zahlte er indessen nur rund 1,3 Millionen Euro aus.

Neue „Innovationsplattform“
Nicht nur qua Ideen-Pool (s. o.) beutet BAYER das Potenzial seiner Beschäftigten aus. Seit Mai 2014 betreibt der Leverkusener Multi eine sogenannte Innovationsplattform mit Namen „WeSolve“, auf der er die Belegschaft mit konkreten Fragestellungen konfrontiert. „Wie könnte eine Technologie aussehen, um Schädlingsbefall aus der Ferne zu erkennen?“, will der Konzern da beispielsweise von seinen Belegschaftsangehörigen wissen. Mit der Resonanz auf diese Maßnahme zur Abschöpfung von Wissen zeigt sich das Unternehmen angesichts von bisher 800 Beiträgen zufrieden. „Das Feedback ist sehr positiv“, lässt „Global Program Manager“ Puneet Kumar Srivastava verlauten.

POLITIK & EINFLUSS

„Lex BAYER“ verabschiedet
Über die marode Leverkusener Autobahn-Brücke, zu derem beklagenswerten Zustand BAYERs immenser Liefer-Verkehr nicht wenig beigetragen hat, dürfen keine schweren LKWs mehr fahren. Zum Gelände des Chemie-Multis müssen sie deshalb einen Umweg von ca. 20 Kilometern in Kauf nehmen. Ernst Grigat, bei der 60-prozentigen BAYER-Tochter CURRENTA für die Chem-„Parks“ in Leverkusen und Dormagen verantwortlich, verfällt aus diesem Grund schon in Weltuntergangsstimmung. „Wenn nicht schnellstmöglich Abhilfe geschaffen wird, fürchten wir, dass die Industrie verlagert wird. Damit ist das langsame Sterben der chemischen Industrie in Deutschland vorprogrammiert.“ Und die apokalyptischen Töne zeigen Wirkung. Grigat bekommt eine neue Brücke, und damit alles ganz schnell gehen kann, änderte die Bundesregierung Ende März 2015 sogar das Bundesfernstraßen-Gesetz. Dieses erschwert es den BürgerInnen nämlich, gegen die Planungen vorzugehen, indem es kurzen Prozess macht: Etwaige Einsprüche dürfen nur noch über eine Instanz gehen. Der nordrhein-westfälische Bauminister Michael Groschek (SPD) verspricht sich davon einen Zeitgewinn von bis zu anderthalb Jahren. Ein Problem mit der Beschneidung der BürgerInnen-Rechte hat er nicht. Als wichtiger erachtet es der Sozialdemokrat, dass der Neubau steht, bevor die Rheinbrücke gar nicht mehr befahrbar ist. „Wir können es uns nicht leisten, durch Klagewellen das Risiko einer Vollsperrung einzugehen“, so Groschek. Sogar die zwischen der Brücke und dem Kreuz Leverkusen geplante acht-spurige Stelzen-Autobahn fällt unter die „Lex BAYER“, was die Stadtverwaltung an BAYERs Stammsitz erboste. „Im Leverkusener Rathaus herrscht Entsetzen über die Pläne“, vermeldete der Leverkusener Anzeiger. Es spreche überhaupt nichts dafür, die Klagerechte der Bürger in Sachen „Stelzen-Autobahn“ einzuschränken, gab das Blatt die Worte von Bau-Dezernentin Andrea Deppe wieder.

Groschek erhält Wunschliste
Der Leverkusener Multi trägt dank ganz legaler Steuertricks zwar kaum noch etwas zur Finanzierung des Gemeinwesens bei, dafür wachsen aber die Begehrlichkeiten. So sieht er den Staat nicht nur beim Bau neuer Brücken in der Pflicht (s. o.), ganz allgemein fordert der Konzern mehr Anstrengungen im Bereich „Infrastruktur“. Deshalb überreichte der Branchen-Verband „ChemCologne“ dem nordrhein-westfälischen Bauminister Michael Groschek schon im letzten Jahr eine Wunschliste in Form der Studie „Chemie-Logistik im Rheinland“. Aber nicht nur neue Bau-Maßnahmen mahnen BAYER & Co. darin an, sie beanspruchen auch ein Mitsprache-Recht bei den Projekten. „Für eine funktionierende Chemie-Logistik ist es wichtig, dass bei der Verkehrsinfrastruktur-Planung die besonderen Bedürfnisse der chemischen Industrie (Gefahrgut-Transport) berücksichtigt werden“, schreiben die Unternehmen Groschek ins Stammbuch.

Kraft weiht TDI-Anlage mit ein
Am 9. Dezember 2014 weihte der Leverkusener Multi in Dormagen seine neue Kunststoff-Anlage ein. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und andere Verbände hatten sich im Vorfeld gegen das Projekt ausgesprochen und ihre Kritik auf einem Erörterungstermin im Herbst 2011 vorgetragen. Die Coordination stieß sich vor allem am großen Ressourcen-Verbrauch der Fertigungsstätte und am avisierten Gebrauch des gefährlichen Giftgases Phosgen als Zwischenprodukt, ohne Schutzmaßnahmen durch eine Beton-Ummantelung der Produktionsstätte zu treffen. Darüber hinaus monierte sie den zu geringen Sicherheitsabstand zu Wohnsiedlungen und Verkehrseinrichtungen. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft gab all dem hingegen bei der feierlichen Eröffnung ihren landesmütterlichen Segen. Sie bescheinigte dem Global Player, mit der TDI-Produktion ein Signal für den Umweltschutz zu setzen. Und obwohl der Konzern gerade einmal drei Monate vorher die Trennung von seiner Plaste-Sparte bekanntgegeben hatte, weil sie seinen Rendite-Vorstellungen nicht mehr entsprach, stimmte für die Sozialdemokratin die Chemie. „Die Investition macht die Leistungsstärke des BAYER-Standortes deutlich. Es ist aber auch ein wichtiges Zeichen für die internationale Wettbewerbsfähigkeit Nordrhein-Westfalens als attraktiver Chemie-Standort“, bekundete sie.

Schöning im VFA-Vorstand
Klaus Schöning, Leiter von BAYER HEALTHCARE, hat einen Posten im Vorstand des von BAYER gegründeten „Verbandes der forschenden Arzneimittel-Hersteller errungen. Als einer der größten bundesdeutschen Arznei-Produzenten hat der Multi Schöning zufolge eine Art natürliches Recht auf einen solchen Sitz: „Daraus ergibt sich auch unser Anspruch, Verbandsarbeit aktiv mitzugestalten.“ Besonders aktiv will der Manager den Dialog mit Bundestagsabgeordneten und anderen wichtigen EntscheiderInnen in Berlin vorantreiben. „Diese Gespräche sind wichtig, um den Wert der Arzneimittelbranche und insbesondere unserer innovativen Medikamente für die Politik, Gesellschaft und Wirtschaft deutlich zu machen“, so der Healthcare-Chef.

Regierung startet Pharma-Dialog
Im September 2014 hat die Bundesregierung den „Pharma-Dialog“ ins Leben gerufen. In einer konzertierten Aktion wollen das Gesundheits-, Wirtschafts- und das Forschungsministerium den Pillen-Produzenten bessere Rahmenbedingungen verschaffen. „Erklärtes Ziel des Dialogs ist die Stärkung des Pharma-Standortes Deutschland“, freut sich der Leverkusener Multi. Schon zwei Monate nach dem Start der Initiative durfte der Global Player Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) zum Antrittsbesuch begrüßen und sich von ihm loben lassen: Als einen der „innovativsten Wirtschaftszweige unseres Landes“ bezeichnete Gröhe die Arznei-Branche. BAYER-Chef Marijn Dekkers möchte dafür allerdings mehr Anerkennung und kündigte an, diese bei den Pharma-Dialogen auch einzufordern. „Wenn uns Politik und Gesellschaft unterstützen, können wir weiterhin in Deutschland forschen, innovative Arzneimittel für die ganze Welt entwickeln und im globalen Wettbewerb vorne mitspielen“, sagte er mit einem kaum verhohlenen drohenden Unterton. Der Vorsitzende des von BAYER gegründeten „Verbandes der forschenden Arzneimittel-Hersteller“, Hagen Pfundner, hat derweil schon einen Akteur ausgemacht, der angeblich einen Keil zwischen Politik und Pharma-Konzerne treibt: die Krankenkassen. Durch ihre Dominanz bei den Preisverhandlungen für neue Medikamente würden sich „Politik und Industrie voneinander entfernen“, meint der Lobbyist. Aber er weiß Abhilfe. WissenschaftlerInnen sollen an den Gesprächen teilnehmen und den Einfluss von DAK & Co. reduzieren, rät Pfundner.

Kritik am AMNOG
Die PolitikerInnen erwarteten vom 2011 eingeführten Arzneimittel-Neuverordnungsgesetz (AMNOG) Einsparungen bei den Medikamenten-Ausgaben von bis zu zwei Milliarden Euro. Die Kosten/Nutzen-Bewertung von bereits zugelassenen Pillen sollte nämlich die Spreu vom Weizen trennen und die Pharma-Riesen bei Minderleistern oder 08/15-Produkten zu finanziellen Zugeständnissen zwingen. Die mit dem Paragrafen-Werk verbundene Hoffnung trog jedoch, nicht zuletzt, weil die schwarz-gelbe Koalition auf Druck der Pharma-Lobby von ihren Plänen abgerückt war, alle Arzneien einer Revision zu unterziehen und sich stattdessen auf neue Präparate beschränkte. BAYER & Co. reicht dies jedoch nicht. Sie fordern einen weiteren AMNOG-Rückbau. So stößt sich Frank Schöning von BAYER VITAL an dem, was das „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ (IQWIG) unter Zusatznutzen versteht. „Wenn kein Zusatznutzen festgestellt wird, bedeutet das nicht automatisch, dass ein Produkt keinen Zusatznutzen hat“, sagte er bei einem vom Leverkusener Multi anberaumten Presse-Gespräch und warf dem IQWIG vor, „patienten-relevante Endpunkte“ bei ihren Untersuchungen nicht in ausreichendem Maß zu berücksichtigen. Der BAYER-Manager hätte nämlich schon gerne einen Zusatznutzen für ein Produkt ausgewiesen bekommen, wenn es nicht mehr dreimal, sondern nur noch zweimal am Tag eingenommen werden muss. Hilfestellung leistete Schöning bei dem Termin die Geschäftsführerin des von BAYER gegründeten „Verbandes der forschenden Arzneimittel-Industrie“, Birgit Fischer. „Es besteht der Verdacht, dass es einzig und allein um die Reduzierung der Preise geht“, mit diesen Worten kritisierte die Lobbyistin das Bewertungsverfahren.

Mehr Gentech-Importe gefordert
Die europäischen Dachverbände der Futtermittel- und Fleisch-Industrie sowie der LandwirtInnen fordern die EU auf, mehr Importgenehmigungen für Gen-Pflanzen von BAYER, MONSANTO & Co. zu erteilen. Wenn nicht mehr Ackerblüten wie BAYERs T25-Mais oder die beiden Baumwoll-Arten T304-40 und LL25xGHB614 auf den Markt kommen und eingeführte Sorten konventioneller Art keine Spuren dieser Laborfrüchte enthalten dürfen, ist nach dem Horror-Szenario der Lobby-Organisationen die Nahrungsmittel-Sicherheit gefährdet.

Obamas Klima-Plan gefährdet
Die Obama-Administration bereitet einen „Clean Power Plan“ vor. Dieser will den Energie-Erzeugern vorschreiben, die Kohlendioxid-Emissionen bis 2020 um 20 Prozent und bis 2030 um 30 Prozent zu verringern. BAYER & Co. laufen Sturm gegen das Vorhaben, weil sie höhere Strom-Preise befürchten. Der Industrie-Verband „Chamber of Commerce“ legte umgehend eine Studie vor, um Stimmung gegen die Gesetzes-Initiative zu machen. 290 Milliarden Dollar müssten die VerbraucherInnen infolge des Obama-Projekts bis 2030 mehr für Energie zahlen, rechnete der Lobby-Club vor. Und auch die in Diensten der Konzerne stehende JuristInnen-Vereinigung „American Legislative Exchange Council“ (ALEC) entfaltete sogleich Aktivitäten. In mehr als 12 Bundesstaaten schrieb die Organisation, welcher der Leverkusener Multi seit 1992 angehört, für republikanische PolitikerInnen Eingaben gegen den „Clean Power Plan“.

PROPAGANDA & MEDIEN

Marken-Pflege bei Facebook
„BAYER duldet keine Gesetzes-Verstöße bei der Vermarktung seiner Produkte. Verantwortungsvolles Marketing steht auch für ethisch-moralische Grundsätze“, heißt es in einem Nachhaltigkeitsbericht des Leverkusener Multis. Dennoch überschreitet er immer wieder die Grenzen des Erlaubten. So hat der Konzern die österreichische PR-Agentur Mhoch3 engagiert, um „Online-Reputationsmanagement“ zu betreiben und mittels gefaketer Postings Produkte des Unternehmens auf Facebook und in Foren anzupreisen (siehe auch SWB 1/15). In krudem Stil, der für Authentizität bürgen soll, ist auf chefkoch.de dann beispielsweise „Benny was hast du deiner katze letzt endlich gegeben damit die Flöhe verschwinden? Wir behandeln immer mitn Spot On von Bayer namens Advantage- kennst du das?...wünsch Euch viel Glück“ zu lesen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN geht gegen diese Werbe-Praxis von BAYER gerichtlich vor und hat Strafanzeige gestellt.

Greenwashing mit Merkel
Um sich trotz immensen Schadstoff-Ausstoßes als Umweltengel präsentieren zu können, unterstützt BAYER einige Naturschutzprojekte. Dabei erhielt der Konzern jetzt auch Schützenhilfe von der Bundeskanzlerin persönlich. Angela Merkel machte 2014 auf ihrem Weg nach Australien zum G20-Gipfel einen kurzen Stopp in Neuseeland und besuchte dort auch das vom Leverkusener Multi gesponserte „Motutapu Restoration Trust“-Projekt, das sich gefährdeter Vogel-Arten annimmt. „Das war eine hervorragende Gelegenheit, Angela Merkel zu zeigen, wie wir uns als Unternehmen für das Gemeinwohl einsetzen“, freute sich BAYERs Neuseeland-Chef Holger Detje.

Redwashing mit „Philos“-Preis
Blutern widmet BAYER besondere Aufmerksamkeit, gilt es doch, vergessen zu machen, dass in den 80er Jahren Tausende Hämophile an HIV-verseuchten Blutprodukten des Konzerns starben, weil das Unternehmen seine Präparate aus Kostengründen keiner Hitze-Behandlung unterzogen hatte. Deshalb erhalten die Bluter-Verbände viele Zuwendungen. Zu diesen zählt auch der „Philos“-Preis, mit dem der Pharma-Riese besondere Projekte auszeichnet. Im Februar 2015 überreichte er der „Interessensgemeinschaft Hämophiler“ für ihr Wochenend-Seminar „Hämophilie im Alter“ einen Scheck in Höhe von 10.000 Euro.

PR mit Präventionskampagne
Immer wieder führt der Leverkusener Multi Präventionskampagnen durch, die nur vordergründig der gesundheitlichen Aufklärung und der körperlichen Fitness dienen. Jüngstes Beispiel: Die gemeinsam mit der „Deutschen Schlaganfall-Hilfe“ und der „Deutsche Sporthochschule Köln“ initiierte Aktion „Rote Karte dem Schlaganfall“. Diese hat vielmehr nur den Zweck, ADALAT und XARELTO als Mittel zur Schlaganfall-Prophylaxe zu bewerben und die Beziehungen zu den Kooperationspartnern zu vertiefen.

BAYER sucht den Diabetes-Star
Der Leverkusener Multi möchte Diabetes-Kranke schon möglichst früh binden und so den Absatz seines umstrittenen Diabetikums GLUCOBAY und seiner Blutzucker-Messgeräte erhöhen. Zu diesem Behufe ruft er zum „‚Fine Stars’-Modelcasting 2015“ auf. Dieses sucht nach Kindern und Jugendlichen mit Diabetes, die sich von ihrer Krankheit „nicht unterkriegen lassen und voll im Leben stehen“. Die GewinnerInnen dürfen dem Konzern dann als Diabetes-„BotschafterInnen“ dienen. Den Namen verdankt die Casting-Show der Giraffe Fine aus dem Kölner Zoo, für welche der Pharma-Riese 2008 werbewirksam eine Patenschaft übernommen hatte.

BAYER sponsert „Weltverhütungstag“
„Fünf gegen das Wachstum der Bevölkerung investierte Dollar sind wirksamer als hundert für das Wirtschaftswachstum investierte Dollar“, sagte einst der ehemalige US-Präsident Lyndon B. Johnson über seine Vorstellung von „Entwicklungshilfe“. Zur großen Befriedigung des Leverkusener Multis erfreut sich diese Ansicht selbst heute noch großer Beliebtheit, denn sie eröffnet den Verhütungsmitteln des Konzerns gute Absatzchancen in den ärmeren Ländern. Darum ist der Pharma-Riese auch der Hauptsponsor des „Weltverhütungstages“, der 2014 sogar einen Aktionsplan verabschiedet hat, um BAYERs Produkt-Palette vorzustellen bzw. „den Bedarf nach korrekten, objektiven und leicht verfügbaren Informationen zum Thema Verhütung“ zu stillen.

Keine Angst vor Fortbildungskodex
Die „Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittel-Industrie“ (FSA) hat einen neuen Transparenz-Kodex zum Umgang mit ÄrztInnen verabschiedet. Dieser schreibt die Veröffentlichung von finanziellen Zuwendungen oder geldwerten Leistungen vor, welche BAYER & Co. MedizinerInnen gerne für Fortbildungen, Beratungsleistungen und wissenschaftlich unsinnige Beobachtungsstudien, welche nur der Einstellung der PatientInnen auf das jeweilige Konzern-Präparat dienen, angedeihen lassen. Mit „nachteiligen nennenswerten Auswirkungen“ der Initiative rechnet der Pharma-Riese allerdings nicht. DoktorInnen, die keine „individuelle Transparenz“ wünschen, müssen nämlich nicht mit der Publizierung ihres Namens rechnen, da der Kodex viele Ausnahme-Regelungen vorsieht. Und dem Beispiel einiger Unternehmen, die MedizinerInnen für Vorträge künftig nicht mehr bezahlen wollen, mag der Global Player auch nicht folgen. „Bei Einhaltung der Transparenz-Regeln im Kodex spricht aus unserer Sicht nichts gegen eine angemessene Honorierung von ärztlichen Leistungen“, meint der Konzern.

Der Konzern als Kümmerer
Während der Konzern de facto immer unsozialer wird, indem er Arbeitsplätze vernichtet und Arbeitsbedingungen verschärft, macht seine PR-Abteilung seit einiger Zeit verstärkt auf „sozial“. Zu diesem Behufe initiierte sie 2007 die „BAYER Cares Foundation“, die Projekte in der Nähe der Konzern-Standorte fördert. 2014 unterstützte die Stiftung unter anderem das „Junge Ensemble“ des Theas-Theaters in Bergisch-Gladbach, ein Ferien-Angebot des Bistums Magdeburg für sozial benachteiligte Kinder, den Jugendmigrationsdienst Wolfen und den Europa-Jugendbauernhof Deetz.

DRUGS & PILLS

Kein NEXAVAR bei Leberkrebs
BAYERs NEXAVAR mit dem Wirkstoff Sorafenib ist bislang zur Behandlung von fortgeschrittenem Nierenkrebs, fortgeschrittenem Leberkrebs und einer bestimmten Art von Schilddrüsenkrebs, bei der zuvor eine Bestrahlung mit radioaktivem Jod keine Fortschritte erzielte, zugelassen. Der Leverkusener Multi setzt jedoch alles daran, das Anwendungsspektrum zu erweitern. So versuchte er jüngst, das gemeinsam mit dem Unternehmen ONYX entwickelte Medikament bei solchen Leberkrebs-PatientInnen zur Anwendung zu bringen, denen die ÄrztInnen alle Geschwüre entfernt hatten. Aber die entsprechenden Tests erbrachten kein positives Ergebnis. Zuvor war bereits eine andere Leberkrebs-Erprobung gescheitert, und auch bei Brust, Lungen-, Haut- und Bauchspeicheldrüsenkrebs konnte NEXAVAR keine Therapie-Erfolge erzielen. Der Pillen-Riese bleibt aber beharrlich. „Obwohl wir vom Ausgang der Studie enttäuscht sind, wollen wir weiterhin das Potenzial des Wirkstoffes in allen Stadien von Leberkrebs untersuchen“, so der Pharma-Entwicklungschef Jörg Möller.

ESSURE 2.0
Bei ESSURE, BAYERs ohne Hormone auskommendes Mittel zur Sterilisation, handelt es sich um eine kleine Spirale, deren Kunststoff-Fasern für ein so großes Wachstum des Bindegewebes sorgen sollen, dass sich nach etwa drei Monaten die Eileiter verschließen. Allzu oft jedoch bleibt die Spirale nicht an dem vorgesehenen Ort, sondern wandert im Körper umher und verursacht Risse an den Wänden innerer Organe, was zu lebensgefährlichen inneren Blutungen führen kann. Auch Hautausschläge, Kopfschmerzen, Übelkeit und Allergien zählen zu den Nebenwirkungen. Darum zieht ESSURE viel Kritik auf sich, und das dürfte sich in nächster Zeit auch nicht ändern. Der Leverkusener Multi arbeitet zwar gerade an einer Weiterentwicklung des Medizin-Produktes, aber um eine Veränderung des Risiko-Profils geht es ihm dabei nicht. Dem Konzern ist es vielmehr um eine schnellere Wirkung zu tun: Er will den Prozess beschleunigen, der die Einleiter-Zugänge versperrt. Entsprechende klinische Tests laufen bereits.

Ein bisschen Gender-Medizin
Die Schulmedizin begreift den Körper als Maschine, und Maschinen haben kein Geschlecht. Entsprechend stellen die Pharma-Konzerne für Männer und Frauen dieselben Medikamente her. Dabei differieren die Krankheiten und Krankheitsverläufe zum Teil sehr. So machen sich etwa die Symptome für einen Herzinfarkt bei weiblichen Personen anders als bei männlichen Personen bemerkbar. Jetzt will auch der Leverkusener Multi dem kleinen pharmakologischen Unterschied mehr Aufmerksamkeit widmen. Ein gemeinsam mit der Berliner Charité unternommenes Forschungsprojekt hat zu dem Sinneswandel geführt.

Neue XOFIGO-Studie
Der Leverkusener Multi sucht nach einer neuen Anwendungsmöglichkeit für sein gemeinsam mit dem norwegischen Unternehmen ALGETA entwickeltes Medikament XOFIGO. Bisher hat das Präparat eine Zulassung bei der Prostatakrebs-Art CRPC, wenn eine Hormon-Behandlung erfolglos geblieben ist und sich zudem noch Metastasen im Knochen gebildet haben. Dann soll eine radioaktive Bestrahlung mit dem Wirkstoff Radium-223-Dichlorid das Wachstum der Tumor-Zellen hemmen. Und jetzt testet der Pharma-Riese das Mittel in Kombination mit den Pharmazeutika Abirateron-acetat und Prednison bei Patienten, die sich noch keiner Chemo-Therapie unterzogen haben. Das Produkt vermag allerdings schon in seinem angestammten Gebiet nicht recht zu überzeugen. Bei den Klinischen Tests verlängerte es die Lebensdauer der Krebs-Kranken um noch nicht einmal drei Monate. In England übernimmt deshalb der dortige „National Health Service“ die XOFIGO-Behandlungskosten nicht.

Tests mit Prostata-Arznei
BAYER entwickelt gemeinsam mit dem finnischen Unternehmen ORION ein Medikament für Prostatakrebs-Patienten, die zwar noch keine Metastasen haben, aber erhöhte, nicht auf eine Behandlung mit Testosteron-Blockern reagierende PSA-Werte. Das Präparat soll die Arbeit des Androgen-Rezeptors stören und so die Bildung von Testosteron hemmen, welches das Tumor-Wachstum befördert. Die entsprechenden Tests der Phase III haben im Herbst 2014 begonnen.

Neue ADEMPAS-Studie
Bei der Arznei ADEMPAS handelt es sich um ein Mittel zur Behandlung der beiden Lungenhochdruck-Krankheiten CTEPH und PAH. Der Wirkstoff Riociguat soll in der Lunge die Bildung eines Enzyms stimulieren, das für eine Erweiterung der Blutgefäße sorgt und so die Sauerstoff-Aufnahme verbessert. Da der Leverkusener Multi aus Profit-Gründen ständig nach neuen Anwendungsmöglichkeiten für seine Arzneien sucht, will er das Präparat jetzt auch bei solchen CTEPH-PatientInnen einsetzen, bei denen eine Behandlung mit PDE-E-Hemmern keinen Erfolg gezeigt hat. Entsprechende Studien mit dem Mittel, dessen Wirkung der industrie-unabhängige Arzneibrief als „marginal“ bezeichnet, laufen zurzeit.

ALEVE doch nicht Klassenbester
Entzündungshemmende Schmerzmittel wie BAYERs ALEVE (Wirksubstanz: Naproxen) steigern bei längerer Einnahme das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall oder andere Herz-Kreislauf-Krankheiten mit möglicher Todesfolge deutlich. Einige neuere Studien hatten allerdings das Gefährdungspotenzial von ALEVE geringer als das der anderen Präparate eingeschätzt. Die US-Gesundheitsbehörde kündigte daraufhin an, dem Leverkusener Multi zu gestatten, dieses auf den Packungen zu vermerken, sollte sich der Befund bestätigen. Dies tat er allerdings nicht. Der FDA-Beratungsausschuss überprüfte die Untersuchungsergebnisse und konnte keine gravierenden Unterschiede zwischen den Mitteln feststellen.

Zulassung für Verhütungspflaster
Die Europäische Arzneimittel-Behörde EMA hat einem Verhütungspflaster von BAYER die Zulassung erteilt. Das Produkt enthält 0,55 mg des Hormons Ethinylestradiol und 2,1 mg des Hormons Gestoden. Damit überschreiten die Konzentrationen diejenigen von Kontrazeptiva in Pillen-Form. Dem Leverkusener Multi zufolge stellt das jedoch keine Gefahr dar, da die Wirkstoffe peu à peu über die Woche verteilt in den Organismus gelangen. Studien bescheinigen den Pflastern im Allgemeinen dagegen ein höheres Gefährdungspotenzial als anderen Verhütungsmethoden. Bei Vergleichsuntersuchungen mit Pillen und Vaginal-Ringen zeigten sie ein schlechteres Risiko-Profil.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Bienensterben auf Obama-Agenda
Der US-Präsident Barak Obama hat eine landesweite Strategie gegen das Bienensterben angekündigt. „Das Problem ist ernst und stellt eine bedeutende Herausforderung dar, die im Interesse der Nachhaltigkeit unserer Nahrungsmittel-Produktion in Angriff genommen werden muss“, heißt es in dem „Presidential Memorandum“. Zu dem Maßnahmen-Katalog gehört auch, den Anteil zu untersuchen, den Pestizide aus der Gruppe der Neonicotinoide wie die BAYER-Mittel PONCHO und GAUCHO an dem Verenden der Tiere haben. Vielen Initiativen geht der Schritt der Regierung indes nicht weit genug. Der US-amerikanische Ableger des PESTIZID AKTIONS-NETZWERKES (PAN) und mehr als 125 weitere Gruppen appellierten an Obama, es seinen europäischen Kollegen gleichzutun und die gefährlichen Mittel umgehend aus dem Verkehr zu ziehen.

FENOMENAL nicht phänomenal
BAYERs vor einiger Zeit auf den Markt gebrachtes Antipilzmittel FENOMENAL (Wirkstoffe: Fosetyl und Fenamidone) ist alles andere als phänomenal. Das für Erdbeeren, Zierpflanzen und Ziergehölze bestimmte Pestizid hatte erhebliche Schwierigkeiten, seine Zulassung zu erhalten. So urteilte das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittel-Sicherheit“ (BVL) zunächst: „Für die Erdbeer-Indikationen konnte die hinreichende Wirksamkeit nicht belegt werden.“ Die vorgelegten Unterlagen schätzte das BVL als mangelhaft und unvollständig ein. Bei eigenen Labor-Untersuchungen ermittelte es deutlich höhere Rückstandswerte als der Leverkusener Multi. Auch bei der Abbau-Zeit kamen die WissenschaftlerInnen auf andere Zahlen als der Konzern. Zudem bemängelte das Amt zu alte Sicherheitsdatenblätter und das Fehlen von Material aus bundesdeutschen Feldversuchen zur Rückstandsbewertung. Das Risiko, dass sich die Rote Wurzelfäule und andere Pilz-Arten bald auf die Wirkstoffe einstellen und Resistenzen herausbilden könnten, schätzte es „beim Fosetyl gering, beim Fenamidone hingegen hoch“ ein. Überdies hatte der Agro-Riese dem Bundesamt zufolge eine viel zu hohe Dosierung empfohlen. Erst durch das Nachreichen von Dokumenten hat der Global Player dann grünes Licht für fast alle der beantragten Anwendungsgebiete erhalten.

Neues Reis-Herbizid
„Mit der Entdeckung der herbiziden Wirkung bestimmter Sulfonylharnstoff-Verbindungen (...) erfolgte ein Quantensprung in der chemischen Unkrautbekämpfung“, hielt noch 2012 eine vom staatlichen Julius-Kühn-Forschungsinstitut für Kulturpflanzen veranstaltete Konferenz fest, an der auch ein Vertreter des Leverkusener Multis teilnahm. Inzwischen ist der Ruhm der 1985 auf Sulfonylharnstoff-Basis eingeführten Stoffe allerdings verblasst. So trotzen etwa auf den Reisfeldern immer mehr Wildpflanzen den BAYER-Mitteln RAFT (Wirkstoff: Oxadiargyl), TOPSTAR (Oxadiargyl), SUNRICE (Ethoxysulfuron), WHIP SUPER (Fenoxaprop-p-ethyl) und RICESTAR (Fenoxaprop-p-ethyl). Doch der Agro-Riese will nun Abhilfe schaffen und vermarktet für Reis-Kulturen mit COUNCIL COMPLETE ein neues Produkt. In Südkorea schon zugelassen, erwartet der Konzern in Kürze weitere Genehmigungen in asiatischen Ländern für das Mittel mit den Ingredienzien Triafamone und Tefuryltrione. „Tefuryltrione bekämpft sehr effektiv Unkräuter, die gegen Herbizide aus der chemischen Klasse der Sulfonylharnstoffe resistent sind und sich auf den südkoreanischen Reisfeldern zunehmend ausbreiten“, verspricht der Konzern.

BAYER erforscht Resistenzen
Die oligopol-artigen Strukturen auf dem Agro-Markt schwächen die Innovationskräfte der Branche immens (SWB 1/14). So haben BAYER & Co. seit Dekaden kein neues Anti-Unkrautmittel mehr entwickelt. Die Folge: Schon 238 Wildpflanzen-Arten sind immun gegen die gängigen Chemie-Cocktails geworden. Der Leverkusener Multi räumt das sogar selber ein. „Seit über 25 Jahren hat die weltweite Pflanzenschutz-Industrie kein wirtschaftlich bedeutendes Herbizid mit neuem Wirkmechanismus mehr für Flächenkulturen entwickelt und auf den Markt gebracht – unter anderem eine Folge der Konsolidierung der Industrie, die mit einer deutlichen Reduktion der Forschungsaufwendungen für neue Herbizide einherging“, sagt der BAYER-Forscher Dr. Hermann Stübler. Jetzt will der Global Player seine Anstrengungen in dem Bereich jedoch intensivieren. Er eröffnet in Frankfurt ein Kompetenz-Zentrum für Unkraut-Resistenzen mit 12 Beschäftigen. Bis diese neue Mittel entwickelt haben, dürften allerdings noch einige Jährchen ins Land ziehen, wenn es ihnen denn überhaupt gelingt.

Bio boomt
Die Absatz-Chancen für Pestizide auf biologischer Basis vergrößern sich. ExpertInnen sagen für das Jahr 2020 ein Markt-Potenzial von drei Milliarden Dollar voraus. Darum baut BAYER mit Produkten wie dem Anti-Wurmmittel BIBACT und dem Anti-Pilzmittel CONTANS, dessen komplette Vertriebsrechte für Europa der Konzern sich im Oktober 2014 gesichert hat, das „Bio“-Segment zielstrebig aus. Auch in Forschung & Entwicklung investiert der Agro-Riese. So stehen am Standort West Sacramento schon 100.000 Bakterien-Stämme als Pflanzenschutz-Versuchsobjekte zur Verfügung. Der Leverkusener Multi hebt als Vorteile der Bio-Methode die sehr spezifische und deshalb Resistenz-Bildungen verhindernde Wirkungsweise sowie die flexiblen Einsatzmöglichkeiten bis zum Tag der Ernte hervor. Er will deshalb jedoch seinen Agrogift-Schrank nicht gleich entsorgen; „best of both worlds“ lautet die Devise. „Wir setzen auf integrierte Angebote für Nutzpflanzen. Also auf die Auswahl des passenden Saatguts und die beste Kombination aus chemischen und biologischen Produkten“, so BAYER-Manager Ashish Malik.

Pestizid-Gegnerin angegriffen
Die massive Ausweitung des Soja-Anbaus in Südamerika führt zu einer entsprechenden Ausweitung der Pestizid-Ausbringung – und zu einer Ausweitung der Gesundheitsschädigungen. Im argentinischen Ituzaingó etwa kommt ein Drittel der Neugeborenen mit Missbildungen zu Welt; bei 80 Prozent der BewohnerInnen wiesen WissenschaftlerInnen Rückstände von Agrochemikalien im Blut nach. Viele Wirkstoffe, die auch in BAYER-Mitteln enthalten sind, haben daran einen Anteil, so etwa Glyphosate (GLYPHOS, USTINEX G), und Chlorpyrifos (BLATTANEX, PROFICID und RIDDER). Aber die Betroffenen setzen sich zur Wehr und gründen Initiativen wie die „Mütter von Ituzaingó“. Damit setzen sie sich jedoch Gefahren aus. So wurde die Aktivistin Sofia Gatica überfallen, und als Grund kommt für sie nur ihr aktuelles Engagement gegen eine Saatgut-Aufbereitungsanlage von MONSANTO in Frage.

Mehr Pestizide in Afrika
Auf der Suche nach Absatz-Gebieten ist der Leverkusener Multi in Afrika fündig geworden. Nicht nur mehr Pharmazeutika (siehe ERSTE & DRITTE WELT), sondern auch mehr Pestizide möchte BAYER auf dem Kontinent absetzen – bis 2020 strebt der Agro-Riese eine Umsatz-Verdoppelung an. Deshalb baut er seine Präsenz vor Ort aus. In Angola, der Elfenbeinküste, Nigeria und Tansania will er demnächst Repräsentanzen eröffnen.

PFLANZEN & SAATEN

Neuer Hybrid-Reis mit KAIIMA
BAYER hat eine Zusammenarbeit mit dem israelischen Unternehmen KAIIMA AGRITECH vereinbart, um neue hybride, also nicht zur Wiederaussaat geeignete Reis-Sorten zu kreieren. Dabei kommt die von KAIIMA entwickelte, ohne Gentech-Verfahren auskommende EP-Technologie zum Einsatz, die den Pflanzen zu mehr Robustheit verhelfen soll, indem sie ihren Chromosomen-Satz vervielfacht.

Neuer Hybrid-Raps in Kanada
Der Leverkusener Multi hat in Kanada eine neue Art seines hybriden, also nicht zur Wiederaussaat geeigneten Raps’ der INVIGOR-Produktreihe herausgebracht, den er in Kombination mit seinem Ultragift Glufosinat vermarktet. Die Sorte soll den LandwirtInnen BAYER zufolge eine spätere und deshalb ertragreichere Ernte ermöglichen, weil sie über besonders stabile, dem Regen trotzende Schoten verfügt.

Neuer Weizen in Osteuropa
Im Saatgut-Geschäft des Agro-Riesen bildet Weizen, die am meisten verbreitete Kulturpflanze der Welt, einen Schwerpunkt. Sieben Zuchtstationen unterhält BAYER mittlerweile; zudem kooperiert das Unternehmen mit vielen Weizenforschungsinstituten. Bis 2020 will der Konzern 1,5 Milliarden Euro in Züchtungsprogramme investieren. Spätestens dann soll auch die erste hybride, also nicht zur Wiederaussaat geeignete und deshalb mehr Ertrag versprechende Sorte auf den Markt kommen. Und eine selbstentwickelte konventionelle Weizen-Art bietet der Global Player schon ab diesem Jahr an, vorerst allerdings nur in Osteuropa.

GENE & KLONE

BAYER-Raps kreuzt aus
Die Schweiz erlaubt keinen Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen. Trotzdem entdeckten WissenschaftlerInnen dort Spuren von MS8, RF3 und MS8xRF3 – drei Sorten des BAYER-Genraps’ der INVIGOR-Produktlinie. Die ExpertInnen vermuten, dass die gegen das Ultra-Gift Glufosinat resistente Laborfrucht über den Baseler Rheinhafen mit einer Weizenlieferung aus Kanada in das Land gelangte. Demnach wäre dort ein guter Teil der Weizen-Ernte kontaminiert.

Verunreinigungen durch STARLINK
Zu den Erblasten, die BAYER 2001 mit dem Kauf von AVENTIS CROPSCIENCE übernahm, gehörte der Gen-Mais STARLINK. Dieser hatte ein Jahr zuvor für den ersten großen Gentechnik-Skandal in der Geschichte gesorgt. Obwohl nur in den USA und auch da lediglich als Futtermittel zugelassen, wies die Initiative GENETICALLY ENGINEERED FOOD ALERT (GEFA) Spuren der Laborfrucht in rund 300 Lebensmitteln nach. Allein der Lebensmittel-Konzern KRAFT musste daraufhin 2,5 Mio. Packungen Maismehl-Chips zurückrufen. AVENTIS blieb damals nichts anderes übrig, als die Gen-Pflanze vom Markt zu nehmen. Trotzdem treibt diese immer noch ihr Unwesen. So tauchte STARLINK Ende 2013 in saudi-arabischen Lebensmitteln auf.

Super-Pflanzen, Super-Unkräuter
Die gentechnische Veränderung beschleunigt das Wachstum von Ackerfrüchten. Wenn diese auskreuzen und ihre Eigenschaften auf Unkräuter übertragen, wie es häufig geschieht, gedeihen diese ebenfalls üppiger. Das hat ein US-amerikanisches WissenschaftlerInnen-Team um Allison Snow herausgefunden und in dem Fachjournal New Phytologist publiziert.

Immer mehr Bt-Resistenzen
BAYER & Co. bauen in ihre Laborfrüchte gern das Gift-Gen des Bacillus thuringiensis (Bt) ein, um Schadinsekten zu töten. Der Leverkusener Multi setzt besonders bei SURPASS und anderen Baumwoll-Pflanzen auf den Bazillus. Baumwollkapselbohrer & Co. können sich jedoch immer besser auf ihn einstellen, fünf von 13 Insekten-Arten kann er kaum mehr etwas anhaben. Zu diesem Befund kamen WissenschaftlerInnen des französischen Forschungsinstituts CIRAD und der „University of Arizona“ nach einer Auswertung entsprechender Studien. Brasilianische ForscherInnen von der Universität São Paulo um Juliano Ricardo Farias bestätigten die Resultate. Diese Situation zwingt die LandwirtInnen dazu, zusätzliche Insektizide einzusetzen. Die Behauptung von BAYER & Co., die Gentechnik würde den Pestizid-Verbrauch senken, erweist sich also wieder einmal als falsch.

Indien: Versuche mit Bt-Reis
Die Gentechnik ist in Indien sehr umstritten. Als einzige Laborfrucht darf auf den Äckern bisher die mit dem Insekten-Gift des Bacillus thuringiensis (Bt) bestückte Baumwolle blühen. Vor allem zwischen Landwirtschafts- und Umweltministerium gab es immer wieder Auseinandersetzungen um die Risikotechnologie. Im Dezember 2013 musste jedoch die gentech-kritische Umweltministerin Jayanthi Natarajan ihren Rücktritt erklären. Seither hat sich das umweltpolitische Klima im Land geändert. Die Aufsichtsbehörde GEAC gab grünes Licht für rund 200 Feldversuche mit gentechnisch manipulierten Pflanzen, darunter auch für solche mit Bt-Reis aus dem Hause BAYER. Die Lobby-Organisation ABLE-AG, welcher der Leverkusener Multi, MONSANTO und andere Agro-Riese angehören, bedankte sich in einem Schreiben umgehend für das Entgegenkommen. Das letzte Wort in der Sache ist allerdings noch nicht gesprochen. Dem Obersten Gerichtshof des Landes liegt nämlich immer noch der Antrag zur Entscheidung vor, ein zehnjähriges Moratorium für Freisetzungsversuche zu verhängen.

Mehr Gentech mit CELLECTIS
Der Leverkusener Multi baut seine Kooperation mit dem US-Unternehmen CELLECTIS PLANT SCIENCE auf dem Gebiet der Gentechnik aus. CELLECTIS entwickelt für den Konzern neue Raps-Sorten und gewährt ihm Zugang zu neuen Technologien. Von diesen erwartet sich die BAYER-Forscherin Catherine Feuillet viel: „Sie ermöglichen so präzise Modifikationen des Genoms oder der Gene, dass Veränderungen des gesamten Pflanzen-Genoms vermieden werden.“

Neue Gentech-Baumwolle
In den USA bietet BAYER seit Neuestem sein Baumwoll-Saatgut der FIBERMAX-Produktreihe mit einer kombinierten Insektizid- und Herbizid-Resistenz an. Die Pflanzen trotzen sowohl Glyphosat als auch dem Antiunkraut-Mittel Glufosinat, weshalb die LandwirtInnen die entsprechenden Pestizide gleich im Doppelpack ausbringen können. Und die haben es in sich: Glyphosat steht im Verdacht, das Erbgut zu schädigen und Krankheiten wie Alzheimer, Diabetes und Krebs zu befördern. Glufosinat wirkt ebenfalls reproduktionstoxisch. Zudem ist es imstande, Missbildungen bei Föten zu verursachen, Verhaltensstörungen hervorzurufen und die Entwicklung des Gehirns zu beeinträchtigen. Wegen dieser Risiken und Nebenwirkung muss die Substanz in Europa bis September 2017 vom Markt verschwinden.

Suche nach Signalstoffen
Der Leverkusener Multi hat mit TARGENOMIX, einer Ausgründung des „Max-Planck-Instituts für molekulare Pflanzenphysiologie“ eine Forschungskooperation vereinbart, um die Wirkungsweise von bestimmten Signalstoffen zu ergründen, die für das Gedeihen der Ackerfrüchte wichtig sind. Auf Basis dieser Erkenntnisse hofft der Agro-Riese dann, „innovative Lösungsansätze für den Pflanzenschutz und die Pflanzen-Gesundheit“ gewinnen zu können.

Wieder kein EYLEA-Zusatznutzen
BAYERs zur Therapie der feuchten Makula-Degeneration – einer Augenerkrankung, die zur Blindheit führen kann – zugelassene Augen-Arznei EYLEA (Ticker 2/12) erschließt nicht gerade medizinisches Neuland. In den klinischen Prüfungen gelang es dem Gentech-Medikament mit dem Wirkstoff Aflibercept nicht, das NOVARTIS-Präparat LUCENTIS zu übertrumpfen, was der Leverkusener Multi auch selbst einräumen musste. Laut Konzern zeigte das Pharmazeutikum in Tests lediglich „eine vergleichbare Wirkung (‚Nicht-Unterlegenheit’) gegenüber der Behandlung mit LUCENTIS“. Das „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ (IQWIG) mag ebenfalls partout keinen Zusatznutzen zu erkennen. Nachdem es schon bei der eigentlichen Makula-Degeneration keinen durch EYLEA bewirkten Therapie-Fortschritt festmachen konnte, gelang ihr das für das Anwendungsgebiet „diabetisches Makula-Ödem“ ebenso wenig. Der Pharma-Riese hat gegen die Entscheidung Einspruch eingelegt.

KOGENATE-Allergien
Gleich zwei Studien bescheinigten BAYERs Blutgerinnungspräparat KOGENATE und dem ebenfalls vom Leverkusener Multi entwickelten, seit geraumer Zeit aber von BEHRING vertriebenem Mittel HEXILATE NEXGEN eine mangelhafte Wirkung. Neue, vorher nicht behandelte Bluter-Patienten reagieren auf diese beiden Gentech-Mittel der zweiten Generation öfter allergisch als auf Blutprodukte der dritten Generation, so der Befund. Für den Bluter-Weltverband „World Federation of Hemophilia“ legt dieses Ergebnis nahe, die Pharmazeutika Menschen mit frisch diagnostizierter Hämophilie lieber nicht zu verschreiben. Die Organisation forderte daher die US-Gesundheitsbehörde FDA auf, die Daten umgehend zu überprüfen. Das europäische FDA-Pendant EMA wies indes BAYER und BEHRING an, auf dem Beipackzettel auf das erhöhte Risiko von Immun-Reaktionen hinzuweisen. Zudem kündigte die Behörde eine Überprüfung der in der Fachzeitschrift Blood veröffentlichten Expertisen an.

Neues KOGENATE
In den 1980er Jahren starben Tausende Hämophile an HIV-verseuchten Blutpräparaten BAYERs, weil das Unternehmen die Pharmazeutika aus Kostengründen keiner Hitze-Behandlung unterzogen hatte, obwohl das verarbeitete Blut auch von Risiko-Gruppen stammte. Ende des Jahrzehnts brachte der Leverkusener Multi dann mit KOGENATE ein Produkt heraus, bei dem gentechnisch manipulierte Zellen das Plasma vervielfältigen, weshalb der Bedarf an Spenderblut drastisch sank. Und nun hat der Konzern für die KOGENATE-Version BAY 81-8973 die Vermarktungsgenehmigung erhalten, die gar keine menschlichen Blut-Bestandteile mehr enthält. Mit Risiken behaftet ist die Arznei dennoch, denn rund ein Drittel der Patienten mit Blutgerinnungsstörungen bildet Antikörper gegen die Mittel heraus und reagiert allergisch auf sie (s. o.). Darüber hinaus will der Leverkusener Multi noch in diesem Jahr den Zulassungsantrag für eine KOGENATE-Variante stellen, bei der sich nur die Darreichungsform ändert. Das Präparat hält sich länger im Körper, weshalb eine Infusion pro Woche reicht.

Engere Kooperation mit VENTANA
Der Leverkusener Multi weitet die Zusammenarbeit mit VENTANA auf dem Gebiet der Krebsforschung aus. Die ROCHE-Tochter soll für BAYER künftig Tests entwickeln, mit denen der Pharma-Riese kontrollieren kann, ob und wie die von ihm entwickelten Antikörper auf Tumor-Zellen wirken.

WASSER, BODEN & LUFT

PCB unter Tage
Polychlorierte Biphenyle (PCB) gehören zu den giftigsten Hervorbringungen der Chlorchemie (SWB 1/14). Die vor allem von BAYER und MONSANTO in Umlauf gebrachten gefährlichen „Alleskönner“ kamen bis zu ihrem vollständigen Verbot 1989 in Elektrogeräten, Fugendichtungsmassen, Farben, Ölen, Lacken und Bodenbelägen zum Einsatz – und stellen immer noch ein beträchtliches Risiko dar. So schlummern in alten Bergwerksstollen bis zu 10.000 Tonnen PCB. Unter Tage war die Substanz als derjenige Bestandteil von Hydraulik-Ölen in Verwendung, der für die schwere Entflammbarkeit sorgte. Von den 1985 in der Bundesrepublik verkauften 72.000 Tonnen landete mehr als ein Sechstel im Bergbau. „Wir sind mit dem Zeug umgegangen, als wäre es Milch“, zitiert der Spiegel einen Bergmann. Dementsprechend leiden viele seiner KollegInnen heute an den Spätfolgen und zeigen Vergiftungssymptome wie Haut-, Nieren- und Leberschäden. Als gefährlichen Sondermüll behandelten die Konzerne die Giftbrühe damals nicht. Die RAG beispielsweise vermag für gerade einmal zwei Prozent der zwischen 1979 und 1984 in den Saarbergwerken genutzten Öle Entsorgungsnachweise vorzuweisen. Die Altlasten lagern in Fässern und anderen Behältern, die nicht selten Leckagen aufweisen. Im Erdreich und in den Abwässern der Zechen finden sich ebenfalls PCB-Spuren. Damit nicht genug, könnten die Polychlorierten Biphenyle schon bald ans Tageslicht gelangen. Die RAG will sich nämlich das kostspielige Abpumpen des Grubenwassers sparen und hat deshalb bereits einige Maschinen abgestellt. Deshalb droht das Wasser die Stollen zu fluten, das PCB auszuspülen und ins Grundwasser, in Flüsse und Bäche weiterzuleiten. „Da tickt eine ökologische Zeitbombe“, so Steffen Potel vom BUND. Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat jetzt erst einmal ein Gutachten über die Gefahren in Auftrag gegeben und die RAG angewiesen, keine weiteren Schächte unter Wasser zu setzen, bis das Ergebnis der Studie vorliegt.

Altlast in Krefeld
In Krefeld schlummert unter der 1980 errichteten Siedlung an der Mauritzstraße eine Altlast. In Stichproben-Untersuchungen wiesen GutachterInnen unter anderem Arsen, Blei, Chrom und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs) nach. Wegen der hohen Konzentration riet ein Immunologe einem Anwohner sogar, seinen Keller nicht ohne Schutzmaske zu betreten. Der Grund und Boden, auf dem die Häuser entstanden, gehörte der BAYER-Immobiliengesellschaft. Vor Baubeginn hatte sie die Vertiefungen des Areals mit Material aus der nahe gelegenen städtischen Mülldeponie aufgeschüttet, die nicht zuletzt der Chemie-Multi nutzte. „Auch BAYER hat dort abgekippt. Ich habe es als Kind selbst gesehen“, erinnert sich Heike Hoffmann, die Vorsitzende des Bürgervereins Uerdingen. Nach Erschließung des Geländes parzellierte die Konzern-Tochter es und verkaufte nach und nach die einzelnen Grundstücke. Allzu schnell wuchsen die Häuser jedoch nicht. So kam es 1979 und dann noch einmal 1985 zu Unterbrechungen der Arbeiten. „Rita Thiele von den Grünen hat damals für einen Baustopp gesorgt. Wegen der Altlasten im Boden. Dann gab es eine Unbedenklichkeitsbescheinigung von der Stadt und von BAYER“, so der ebenfalls auf verseuchtem Grund und Boden lebende BAYER-Pensioniär Volkmar Sander. Um das Erdreich genauer zu untersuchen, finanziert das Land Nordrhein-Westfalen jetzt den größten Teil einer umfangreichen, 140.000 Euro teuren Studie – den Leverkusener Multi nimmt es dazu nicht in Haftung. Unterdessen melden sich bei den AnwohnerInnen schon Immobilien-SpekulantInnen, die ihre Chance wittern. „Ich habe gehört, dass Sie auf einem Drecksberg sitzen“ – mit diesen Worten wollte ein windiger Geschäftsmann dem ehemaligen BAYER-Werker Eduard Jansen schon sein Haus für den Schnäppchen-Preis von 60.000 Euro abkaufen.

Glyphosat in der Umwelt
Der Pestizid-Wirkstoff Glyphosat kommt hauptsächlich in Kombination mit MONSANTOs Gen-Pflanzen zum Einsatz. Aber auch die Laborfrüchte des Leverkusener Multis verfügen über eingebaute Resistenzen gegen die Substanz. Zudem enthalten BAYERs Ackergifte GLYPHOS und USTINEX G den Stoff. US-amerikanische WissenschaftlerInnen haben jetzt in einer großen Studie untersucht, inwieweit Glyphosat die Umwelt belastet. Das Ergebnis ist alarmierend: In zahlreichen Boden- und Wasserproben wiesen die ForscherInnen die Agro-Chemikalie nach.

GIFTIG, ÄTZEND, EXPLOSIV

BAYER braucht mehr Bisphenol
Das in BAYERs Bitterfelder Chemie-„Park“ ansässige japanische Unternehmen HI-BIS GmbH will die Bisphenol-Produktion verdoppeln und hat deshalb eine neue Fertigungsanlage errichtet. Es kommt damit der steigenden Nachfrage von Seiten des Leverkusener Multis nach, der nicht nur einen 10-Prozent-Anteil an HI-BIS hält, sondern auch als alleiniger Abnehmer der Chemikalie fungiert. Er benötigt sie als Vorprodukt für seinen Kunststoff APEC, der vornehmlich in der Medizin-, Licht- und Elektrotechnik und bei Haushaltsgeräten Verwendung findet. Problematisch ist der Einsatz von Bisphenol, wenn die menschliche Haut in Kontakt mit der Chemikalie kommt, wie das etwa bei Verpackungen für medizinische Geräte der Fall ist. Die Substanz ähnelt in ihrem chemischen Aufbau nämlich Hormonen, was den menschlichen Stoffwechsel durcheinanderbringen und zu Schädigungen des Nervensystems, Übergewicht, Unfruchtbarkeit, Diabetes sowie zu Herz- und Lebererkrankungen führen kann.

Schärfere Bisphenol-Grenzwerte
Die „Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit“ (EFSA) hat das Gesundheitsrisiko neu untersucht, das von der auch von BAYER verwendeten und in Umlauf gebrachten Industrie-Chemikalie Bisphenol A (s. o.) ausgeht. Sie ermittelte mögliche Beeinträchtigungen der Funktionen von Leber, Nieren sowie Brustdrüsen und empfahl eine Absenkung der noch tolerierbaren täglichen Aufnahmemenge von 50 Mikrogramm um den Faktor 10 auf fünf Mikrogramm. Weil Hinweise auf weitere Gesundheitsgefährdungen durch den Stoff vorliegen, will sie diesen Grenzwert als vorläufigen verstanden wissen. Nach Ansicht des Leverkusener Multi hingegen sind „keine schädlichen Wirkungen nachgewiesen“ bzw. besteht „lediglich ein geringes Gesundheitsrisiko“. „Obwohl es gar keinen Beweis für eine toxische Wirkung“ gebe, hätte die EFSA ihre Entscheidung „in einer äußerst konservativen Herangehensweise“ und „ausschließlich aus Gründen des vorsorgenden Gesundheitsschutzes“ getroffen, moniert der Multi. Die Aussagekraft der Niedrigdosen-Studien, auf welche sich die Behörde bei ihrem Votum stützte, zweifelt der Konzern an. „Niedrigdosis-Effekte sind unter Toxikologen heftig umstritten“, befindet er.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Neues Brandschutz-Konzept
Metall-Alkyle wie Triethylalumninium (TEA) oder Trimethylaluminium (TMA) entzünden sich bei Kontakt mit Luft oder Wasser sofort. Tritt der Ernstfall ein, kann deshalb nur Trockenlöschpulver oder Sand zum Einsatz kommen, was die Arbeit der Feuerwehr sehr erschwert. Bei BAYER liegt der letzte große Knall etwas mehr als fünf Jahre zurück. In dem Bergkamener Werk kam es am 5.9.09 zu einer großen Explosion und zwei kleineren Folge-Detonationen. Ausgelöst hatte die Kettenreaktion eine defekte Pumpe, die Metallalkyl-Reste aus einem Container absaugen sollte. Vier Beschäftigte erlitten damals einen Schock und mussten sich einer ärztlichen Behandlung unterziehen. Dass ihnen nicht mehr passiert ist, rechneten Sachverständige später einem „unheimlichen Glück“ zu. Nun will der Leverkusener Multi mehr Sicherheitsvorkehrungen in puncto „Metall-Alkyle“ treffen. Er hat für diese Stoffe, die als Katalysatoren oder zur Beschichtung von Kunststoffe dienen, ein neues Brandschutz-Konzept entwickelt. Um Leckagen zu vermeiden, empfiehlt der Verfasser der Handreichung, der BAYER-Ingenieur Armin Heyn, unter anderem die Lagerung in doppelwandigen Tanks aus Carbon-Stahl. Überdies hält er bei Teilen der Rohrleitungen ständige Schweißnaht-Überprüfungen für unabdingbar. Darüber hinaus sollten die Pipelines über vor Rost schützende Edelstahl-Halter verfügen. Auch dürften nur hermetisch dichte Pumpen zum Einsatz kommen. Zur Gewährleistung des Brandschutzes rät das Konzept-Papier dazu, die Tanks auf Betonsockel zu stellen, was im Falle eines Falles vor einer Unterfeuerung schützt. Zudem schlägt es die Errichtung von Brandschutzwänden zwischen den einzelnen Metallakyl-Behältnissen und eine Raumluft-Überwachung vor.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Brand in Knapsack
Am 21.10.14 kam es in einer Pestizid-Anlage von BAYER zu einem Brand. Der Stoff Methylphosphin trat aus und entzündete sich sofort. Über Kunststoff-Leitungen und Ummantelungen verbreitete sich das Feuer. Eine übelriechende Rauchwolke zog über die nahegelegenen Wohngebiete. Die Feuerwehr schloss eine Gefahr für die Bevölkerung trotzdem umgehend aus, was die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN kritisierte. „Man kann nach einem solchen Vorfall nicht einfach Entwarnung geben. Niemand kennt die genaue Zusammensetzung der Brandgase, der Oxidationsprodukte und den Anteil an nicht verbranntem Methylphosphin. Von daher lassen sich langfristige Gesundheitsschäden der Anwohner nicht mit Sicherheit ausschließen“, erklärte die Coordination.

Natronlauge tritt aus
Am 21.12.14 entwichen aus einer Rohrleitungsanlage des Dormagener BAYER-Werk rund drei Kubikmeter einer 32-prozentigen Natronlauge. Als Ursache für den Austritt der stark ätzend wirkenden Substanz gibt der Leverkusener Multi eine defekte Dichtung an.

Kohlenmonoxid tritt aus
Im Antwerpener BAYER-Werk zerbarst am 16.9.14 ein Teil der Dichtung eines Wärmetauschers. Aus dem Leck treten mit den heißen Prozessgas-Strömen auch rund 150 Kilogramm Kohlenmonoxid aus. Der Leverkusener Multi musste die Anlage mit Stickstoff spülen, um das Entweichen noch größerer Stoffmengen zu verhindern.

2014: Sechs Transport-Unfälle
Für das Jahr 2014 verzeichnet BAYERs Geschäftsbericht sechs Transport-Unfälle. Am 6. Januar geriet in Brasilien ein LKW in einen Unfall und verlor 1.300 Kilogramm MDI-Kunststoff. Am 27.3. entweicht aus einem vom Brunsbütteler Werk kommenden Tankwagen der Kunststoff TDI. Am 13.5 trat in den USA aus einem Laster nach einem Zusammenstoß mit einem PKW Container-Heizflüssigkeit aus. Am 31. Juli starb in den USA ein LKW-Fahrer, als sein Fahrzeug von der Straße abkam und gegen einen Baum prallte. Dabei schleuderte die komplette Ladung Makrolon in einen Graben. Am 6.8. rann in den USA aus einem Transport-Fahrzeug Salzsäure, was eine mehrstündige Straßen-Sperrung nach sich zog. Und am 23.8 kam es in Indien zu einem Unfall, in dessen Folge 8.500 Kilo Polyol ins Freie geriet, das mit Sand und Absorptionsmitteln gebunden werden musste.

2014: Acht Lade-Unfälle
Für das Jahr 2014 verzeichnet BAYERs Geschäftsbericht acht Unfälle, die sich beim Be-, Ent- oder Umladen von Stoffen ereigneten. Am 10.4 liefen in einem US-amerikanischen Werk des Leverkusener Multis aus einem noch unter Druck stehenden Versorgungsschlauch 100 Liter einer Flüssigkeit aus. Am 6.6. trat in Pittsburgh bei der Einlagerung von Propylenoxid eine Leckage auf, aus der die krebserregende und das Erbgut schädigende Flüssigkeit entwich. Am 26.6 ereignete sich am südafrikanischen Standort Nigel beim Umfüllen einer Chemikalie eine Explosion geringeren Grades, eine sogenannten Verpuffung. Am 28.8. kippte in Australien auf einem Container-Ladedock ein Fass mit dem Kunststoff-Produkt Desmodur um und schlug leck; 250 Liter des Stoffes rannen heraus. Am 18.9. wurde im Hafen von Marseille ein Polyol-Container beschädigt, 24 Tonnen der Substanz drangen nach draußen. Am 7.10 gelangten beim Entladen eines Bisphenol-Containers ein bis zwei Kubikmeter der Chemikalie ins Freie. Am 21.11. riss in einer US-amerikanischen Niederlassung der Entlade-Schlauch eines Kunststoff-Behältnisses, woraufhin 190 Liter hinausflossen. Am 15.12. ereignete sich auf dem Gelände einer US-Fabrik des Leverkusener Multis ein Zwischenfall. Beim Umladen des Kunststoffes TDA kam es an einer Pumpendichtung zu einem Defekt, und 150 Liter des Produktes strömten aus.

STANDORTE & PRODUKTION

Mehr Jobs, weniger Steuern?
Wuppertal, Standort von BAYERs Pharma-Produktion, erwägt, die Unternehmen mit Steuer-Anreizen zur Schaffung von Arbeitsplätzen zu bewegen. Das Konzeptpapier „Wuppertal 2025“ sieht vor, den Gewerbesteuer-Satz von 490 auf 475 Prozentpunkte zu senken, falls die Firmen es schaffen, 5.000 neue Jobs einzurichten. Die „Industrie- und Handelskammer“ (IHK) zeigt sich allerdings nur wenig begeistert von der Idee. Ihrer Ansicht nach müsste vielmehr die Stadt in Vorleistung treten. „Sie sollte ein elementares Interesse daran haben, im Wettbewerb der Kommunen untereinander eine gute Position einzunehmen, was den Standort betrifft – und ohne Konditionen günstige Rahmenbedingungen anbieten“, so IHK-Geschäftsführer Uwe Mensch.

Mehr Salzsäure aus Wuppertal
BAYER erweitert am Standort Wuppertal eine Anlage, welche die bei der Kunststoff-Produktion anfallende Salzsäure aufbereitet, zwischenlagert und transportfertig macht.

Leerstand in Brunsbüttel
Die vielen Verkäufe von Teilgesellschaften haben den Flächenbedarf des Leverkusener Multis beträchtlich schrumpfen lassen. Um die Areale trotzdem auszunutzen,

Glufosinat

CBG Redaktion

Presse Information vom 14. November 2014

Höchst: BAYER CropScience erhöht Produktionsmengen von Pestiziden

„Profit auf Kosten von Landbevölkerung und Landarbeitern“

Die Firma Bayer CropScience hat gestern angekündigt, am Standort Höchst die Produktion des Herbizids Glufosinat zu verdoppeln. Jährlich sollen demnächst 16.000 Tonnen hergestellt werden. BAYER bietet das Herbizid unter den Markennamen BASTA und LIBERTY in Kombination mit gentechnisch verändertem Saatgut an, u. a. Raps, Reis, Zuckerrüben, Mais, Soja und Baumwolle.

Glufosinat kann Missbildungen bei Föten verursachen und ist als reproduktionstoxisch klassifiziert. Studien zufolge beeinträchtigt der Wirkstoff die Entwicklung des menschlichen Gehirns und ruft Verhaltensstörungen hervor. Der Wirkstoff gehört zu den rund 20 Pestiziden, die von der EU wegen ihrer hohen Gefahren für Landwirte und Verbraucher/innen aus dem Verkehr gezogen werden sollen.

Trotz der seit langem bekannten Risiken erhöht BAYER Jahr für Jahr die Produktionsmenge, vor allem für den Export nach Nord- und Südamerika. In Hürth bei Köln wurde der Glufosinat-Ausstoß im vergangenen Jahr erweitert, im US-Bundesstaat Alabama baut der Konzern momentan gar eine neue Produktionsanlage auf. Nach Aussage des Höchster Werksleiters, Frank Zurmühlen, bestehe große Nachfrage nach Glufosinat, da viele Unkräuter Resistenzen gegen das Konkurrenzprodukt „Glyphosat“ entwickelt hätten.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) hingegen fordert einen weltweiten Verkaufsstopp – sowohl für Glufosinat als auch für Saatgut, dessen Einsatz mit Glufosinat gekoppelt ist. „Der Teufelskreis, in dem der Einsatz von immer mehr Pestiziden zur Entstehung von immer mehr resistenten Unkräutern führt, die dann mit noch mehr Agrochemikalien bekämpft werden, muss endlich durchbrochen werden“, so Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG.

Nach Aussage von Mimkes ist die Ausweitung der Glufosinatproduktion unverantwortlich und ein klassischer Fall von doppelten Sicherheits-Standards: „Es ist zynisch, im Ausland eine Anbautechnik zu forcieren, die mit der Verwendung eines hochgiftigen und bei uns demnächst verbotenen Pestizids verknüpft ist. Das Schicksal der Landarbeiterinnen und Landarbeiter in Lateinamerika oder Asien ist dem Konzern augenscheinlich gleichgültig.“

In vielen Schwellen- und Entwicklungsländern explodierte der Verbrauch gefährlicher Agrochemikalien in den vergangenen Jahren. Allein in Argentinien und Indien hat sich die eingesetzte Menge seit 2004 mehr als verdoppelt. Durch den massiven Pestizideinsatz steigen Fehlgeburten und Krebsraten.

Anders als von den Lobbyisten stets behauptet, dient der Anbau von Gen-Pflanzen nicht der Lösung des Hungerproblems – im Gegenteil. BAYER, SYNGENTA und MONSANTO richten sich bei der Einführung von genverändertem Saatgut weitgehend nach den Bedürfnissen der globalen Fleisch-Industrie. Denn rund 80 Prozent der gentechnisch veränderten Pflanzen werden als Tierfutter verwendet. Die eingesetzten Gen-Pflanzen sind weder dürreresistent noch ertragreicher. Durch ihren Anbau auf immer größeren Flächen wird die Produktion von Lebensmitteln zurückgedrängt, wodurch sich die Versorgung der lokalen Bevölkerung erschwert.

weitere Infos zu Glufosinat

[GenSoja] STICHWORT BAYER 04/2014

CBG Redaktion

Neue Gen-Frucht

Soja made by BAYER

2015 bringt BAYER in den USA unter dem Namen CREDENZ eine neue Gensoja-Pflanze auf den Markt.

Von Philipp Mimkes

„Wir erfinden die Soja-Bohne nicht neu – aber warten sie, wir tun es doch“ – mit diesem Werbespruch preist der Leverkusener Multi seine neue Genfrucht CREDENZ an. Der Konzern vermarktet das Produkt in zwei Variationen, einmal mit einer Resistenz gegen das Pestizid Glyphosat und einmal mit einer gegen Glufosinat. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen Sorten folgen, die zusätzlich gegen HPPD-Herbizide tolerant sind. Die LandwirtInnen können dann mehrere Pestizide sprühen, ohne die Nutzpflanze zu schädigen.
Bei dem ursprünglich von MONSANTO entwickelten und unter dem Namen ROUNDUP vermarkteten Glyphosat handelt es sich um das weltweit meistverkaufte Agrogift. Es ist seit 30 Jahren im Einsatz, trotz seiner Schadensbilanz. Glyphosat-haltige Pestizide stehen im Verdacht, Fehlbildungen hervorzurufen, das Erbgut zu schädigen und Krankheiten wie Alzheimer, Diabetes und Krebs zu begünstigen. Da das Patent abgelaufen ist, bieten mittlerweile auch BAYER und andere Firmen den Wirkstoff an.
Viele Wildpflanzen sind inzwischen resistent gegen Glyphosat; in den USA haben sich sogar schon „Super-Unkräuter“ gebildet, gegen die kein Kraut gewachsen ist. Neue Mittel entwickeln die Konzerne nämlich kaum noch – eine Folge der oligopolistischen Strukturen auf dem Agro-Markt. Der Leverkusener Multi streitet diesen Zusammenhang auch gar nicht ab. „Seit über 25 Jahren hat die weltweite Pflanzenschutz-Industrie kein wirtschaftlich bedeutendes Herbizid mit neuem Wirkmechanismus mehr für Flächenkulturen entwickelt und auf den Markt gebracht – unter anderem eine Folge der Konsolidierung der Industrie, die mit einer deutlichen Reduktion der Forschungsaufwendungen für neue Herbizide einherging“, konstatiert der BAYER-Forscher Dr. Hermann Stübler (SWB 1/14).
Darum können die Unternehmen auf die zunehmende Gefährdung ihrer Genpflanzen durch die Wirkungslosigkeit der auf sie abgestimmten Agro-Chemikalien nur mit einer Kombinationstherapie reagieren: Sie machen ihre Genkonstrukte gleich gegen mehrere der handelsüblichen Substanzen resistent und gewähren sich dazu gegenseitig Zugriff auf ihre Patente. Alter Wein in neuen Schläuchen lautet das Gebot der Stunde. Bei CREDENZ greift BAYER dafür neben Glyphosat auf das Herbizid Glufosinat zurück. Es ist bereits seit 1984 auf dem Markt und noch gefährlicher als das MONSANTO-Gift, weshalb es in der EU auch bis 2017 vom Markt verschwinden soll. Dies hindert den Global Player jedoch nicht daran, weiter auf dieses Produkt zu setzen und gegenwärtig im US-Bundesstaat Alabama eine große neue Glufosinat-Fabrik zu bauen.
Die Risiken und Nebenwirkungen von CREDENZ beschränken sich jedoch nicht allein auf den Gesundheitsbereich. Mit der Laborfrucht reiht sich der Leverkusener Multi in die Lieferkette der globalen Fleischindustrie ein, die vor allem in Südamerika für verbrannte Erde sorgt. Der großen Nachfrage nach eiweißhaltigem Futter von Seiten der Massentierhalter in Europa und den USA geschuldet, überziehen riesige Soja-Monokulturen die Länder. Dem Flächenfraß fallen dann kleinbäuerliche Betriebe, Wälder und Brachflächen zum Opfer, was massive soziale und ökologische Folgen hat.

[Ticker] STICHWORT BAYER 04/2014 – TICKER

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Erfolgreiche Jahrestagung
2014 fand die Jahrestagung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) zum Thema „No Taxes – Die Steuerflucht großer Konzerne“ in einem etwas anderen Rahmen als gewohnt statt. Der Coordination war es nämlich gelungen, Sahra Wagenknecht von der Partei „Die Linke“ als Gastrednerin zu gewinnen, weshalb die CBG die Veranstaltung in den Bürgersaal der Düsseldorfer Arcaden verlegte. Und die Bundestagsabgeordnete enttäuschte die Erwartungen der 160 BesucherInnen nicht. Imposant schilderte sie die ganz legalen Steuertricks der Global Player, denen es gelingt, sich vornehmlich durch interne Geschäfte mit Waren, Krediten und Lizenzen so arm zu rechnen, dass – wie im Fall von IKEA – für den Fiskus gerade mal fünf Prozent vom Gewinn übrig bleiben. Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der CBG skizzierte im Anschluss den größeren politischen Rahmen, der dieses Treiben überhaupt erst ermöglicht, und illustrierte schließlich am konkreten Beispiel „BAYER“ die gängigen Steuervermeidungsstrategien wie etwa diejenige, die BAYERs Finanz-Vorstand Werner Baumann „eine veränderte regionale Ergebnis-Verteilung“ nennt. Nach den Vorträgen entwickelte sich dann noch eine lebhafte Diskussion, so dass die BesucherInnen am Ende angeregt, ein bisschen klüger und hoffentlich motiviert zu einem Engagement gegen die Machenschaften von BAYER & Co. ihre Heimreise antraten.

CBG-Vortrag in Tutzing
Im August 2014 hatte die „Politische Akademie Tutzing“ die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) zu einem Vortrag eingeladen. CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes referierte im Rahmen des Seminars „Werte-Bildung im Chemie-Unterricht“ vor größtenteils promovierten ChemikerInnen zum Thema „Bewertung der Risiken der chemischen Industrie“. Über drei Stunden berichtete Mimkes über die Gefährdungspotenziale bei BAYER & Co. Aber auch danach erlahmte das Interesse nicht, so dass sich im Anschluss an den Beitrag noch eine intensive Diskussion entspann. Die Seminar-Leitung freute sich über den ganzen Input und bot der Coordination an, sie bei passender Gelegenheit wieder nach Tutzing zu holen.

Nobelpreis für Kailash Satyarthi
In diesem Jahr erhielt Kailash Satyarthi, der langjährige Vorsitzende des GLOBAL MARCH AGAINST CHILD LABOUR, für sein Engagement gegen die Kinderarbeit den Friedensnobelpreis. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) lernte den Inder 2003 durch eine Kooperation kennen. Sie gab in diesem Jahr gemeinsam mit dem GLOBAL MARCH und dem INDIA COMMITTEE OF THE NETHERLANDS eine Studie heraus, welche unter anderem das große Ausmaß von Kinderarbeit auf den Feldern eines Zulieferers von BAYER CROPSCIENCE dokumentierte. Auch den Offenen Brief an den damaligen BAYER-Chef Werner Wenning mit der Forderung, diese Praxis nicht länger zu dulden, unterschrieb die indische Initiative mit. So trug sie mit dazu bei, durch politischen Druck eine deutliche Verbesserung der Situation zu erreichen. Deshalb freute sich die CBG sehr über die Stockholmer Entscheidung und sandte Kailash Satyarthi herzliche Glückwünsche.

BUKO-Veranstaltung zu Uganda
Die BUKO Pharma Kampagne hat eine neue Studie zur Geschäftspraxis der drei Pharma-Riesen BAYER, BOEHRINGER und BAXTER in Uganda herausgegeben. Im Spätsommer 2014 kam mit Denis Kibira ein Mitwirkender an der Untersuchung aus Afrika nach Deutschland, um persönlich ein Bild von der Situation vor Ort zu geben. Am 6. September machte der Apotheker und Geschäftsführer der Initiative COALITION FOR HEALTH PROMOTION AND SOCIAL DEVELOPMENT in der Kölner Alten Feuerwache Station, und die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) trat aus gegebenem Anlass als Mitveranstalter auf. Von BAYER wusste Kibira nur wenig Gutes zu berichten. Der Leverkusener Multi bietet für die in Uganda am weitesten verbreiteten Gesundheitsstörungen kaum Arzneien an, weil er sich in Forschung & Entwicklung lieber auf die mehr Rendite versprechenden Mittel gegen westliche Zivilisationskrankheiten konzentriert. Zudem vermarktet der Konzern in dem Land viele umstrittene und deshalb als irrational eingestufte Pharmazeutika: 21 von 49 Medikamenten fallen unter diese Kategorie. Zu den als unentbehrlich erachteten Mitteln des Global Players hingegen hat die Bevölkerung wegen der hohen Preise kaum Zugang; sie finden sich zumeist nur in Privatkliniken und Privat-Apotheken.

ESSURE-Kampagne zeigt Wirkung
Bei ESSURE, BAYERs ohne Hormone auskommendes Mittel zur Sterilisation, handelt es sich um eine kleine Spirale, deren Kunststoff-Fasern für ein so großes Wachstum des Bindegewebes sorgen sollen, dass sich die Eileiter verschließen. Allzu oft jedoch bleibt die Spirale nicht an dem vorgesehenen Ort, sondern wandert im Körper umher und verursacht Risse an den Wänden innerer Organe, was zu lebensgefährlichen inneren Blutungen führen kann. Auch Hautausschläge, Kopfschmerzen, Übelkeit und Allergien zählen zu den Nebenwirkungen Darum zieht ESSURE viel Kritik auf sich. So hat in den USA die Aktivistin Erin Brockovich, die durch einen Hollywood-Film über ihr Umwelt-Engagement zu großer Popularität gelangte, eine Kampagne gegen das Medizin-Produkt initiiert. Ihre Landsmännin Michelle Garcia setzte das Thema sogar auf die Tagesordnung der letzten Hauptversammlung des Leverkusener Multis. Auch im Internet verbreitet sich der Protest. Die FACEBOOK-Gruppe „Essure Problems“ hat aktuell über 11.000 Mitglieder. Das alles zeigt Wirkung – die Umsätze entwickeln sich nicht so wie erhofft. Die genauen Zahlen wollte der Konzern dem Internet-Portal Fierce Medical Devices wohlweislich nicht nennen. Selbst bei der Investoren-Konferenz im Juli 2014 musste das Unternehmen eingestehen: „Es gibt ein paar Klagen in den sozialen Medien, aber die Dinge bessern sich.“

Protest gegen „Food Partnership“
Die bundesdeutsche Entwicklungshilfe-Politik setzt auf Kooperationen mit der Privatwirtschaft. So hat das „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (BMZ) mit dem Leverkusener Multi, BASF, SYNGENTA und ca. 30 weiteren Konzernen die „German Food Partnership“ (GFP) gegründet (SWB 4/13). Staatliche Mittel fließen unter anderem in zwei Projekte mit BAYER-Beteiligung, die „Better Rice Initiative in Asia“ (BRIA) und die „Competitive African Rice Initiative“ (CARE). Diese dienen dem Agro-Riesen als Vehikel, um seinen nach einer agro-industriellen Produktionsweise verlangenden, nicht zur Wiederaussaat geeigneten Hybrid-Reis zu vermarkten. Am 15. Oktober 2014, dem Welternährungstag, protestierten die Initiativen OXFAM und FIAN gegen die GFP. Um die fatalen Auswirkungen des Joint Ventures zu illustrieren, ließen die Organisationen Doubles von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Entwicklungshilfe-Minister Gerd Müller mit einer Riesen-Kugel, auf der die Namen von BAYER, BASF und MONSANTO prangten, Kleinbauern und Kleinbäuerinnen wegkegeln. „Mehr als die Hälfte aller weltweit Hungernden sind Kleinbäuerinnen und -bauern. Mit ihnen sollte die Bundesregierung gezielt zusammenarbeiten. Konzerne mit Steuergeldern zu fördern, ob direkt oder indirekt, macht niemanden satt außer die Konzerne selbst“, so David Hachfeld von OXFAM.

Mehr unabhängige Arznei-Forschung!
Der an der Universität Mainz tätige Mediziner Peter Galle hat in der Faz die zu große Abhängigkeit seiner Zunft von BAYER & Co. beklagt. So sei das Mitwirken von ÄrztInnen bei Arznei-Tests „von Abhängigkeiten und Vorbedingungen belastet, die einer objektiven Wissensvermehrung im Wege stehen können“, schreibt Galle und nennt als Beispiel die „Anpassung des Studien-Designs auf eine Effekt-Maximierung“. Zudem verhindert die Ausrichtung der Konzerne auf profitable Medikamente seiner Meinung nach die Entwicklung von Präparaten für kleinere PatientInnen-Gruppen. Angesichts der zu geringen Ausstattung der Universitätskliniken und zu kleiner Fördersummen der „Deutschen Forschungsgemeinschaft“ fordert er die Politik zu mehr Investitionen in unabhängige Pharma-Forschung auf. Und auch den Pillen-Riesen verlangt er einen Obolus zu dieser ab.

DUOGYNON: Kritik an BAYER
Der hormonelle Schwangerschaftstest DUOGYNON der heute zu BAYER gehörenden Firma SCHERING hat ab den 1950er Jahren zu tausenden Todgeburten geführt. Darüber hinaus kamen unzählige Kinder mit schweren Missbildungen zur Welt. Der Lehrer Andre Sommer forderte den Leverkusener Multi deshalb stellvertretend für andere Betroffene auf, ihm Einblick in die DUOGYNON-Akten zu gewähren. So wollte er feststellen, welche Kenntnis der Konzern von der verheerenden Wirkung des Mittels hatte, um dann Schadensersatz-Ansprüche prüfen zu können. Der Pharma-Riese weigerte sich allerdings, und auch per Klage erreichte Sommer keine Öffnung der Archive. Der Leiter des „Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte“, Walter Schwerdtfeger, kritisiert die Haltung des Unternehmens. Auf die Frage der WirtschaftsWoche: „Ist es nachvollziehbar, dass BAYER die Akten zu einem Hormon-Präparat nicht herausrückt, das etliche Patienten geschädigt haben soll?“, gibt der Biologe eine klare Antwort. „Es dürfte für BAYER schwer werden, die Akten dauerhaft zurückzuhalten. Grundsätzlich müssen die Unternehmen anerkennen, dass die Öffentlichkeit einen Anspruch auf solche Daten hat“, so Schwerdtfeger.

KAPITAL & ARBEIT

BAYER stößt Kunststoff-Sparte ab
Jahrelang hatten die Finanzmärkte den Leverkusener Multi mit der Forderung konfrontiert, sich von seiner Kunststoff-Sparte BAYER MATERIAL SCIENCE (BMS) zu trennen und auch konkrete Maßnahmen ergriffen, um den Konzern zum Verkauf zu bewegen. So belegten sie Aktien von Mischkonzernen wie BAYER mit einem Konglomeratsabschlag. Aber erst jetzt, da der Einfluss von Finanzinvestoren wie BLACKROCK auf den Global Player so groß ist wie nie, gab er dem Druck nach und kündigte an, BMS an die Börse bringen zu wollen (siehe SWB 4/14). Die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE versuchte, dagegen vorzugehen, musste sich aber geschlagen geben. „Die durch uns kritisierte Abkehr von der Drei-Säulen-Strategie ist durch die Arbeitnehmer-Vertreter im Aufsichtsrat, trotz intensivster Beratungen, nicht zu verhindern gewesen“, erklärten die GewerkschaftsvertreterInnen. Das Management hatte angekündigt, den Bereich sonst finanziell auszuhungern. Ein klarer Fall von Erpressung also. Dabei hatte die Belegschaft in der Vergangenheit viele Opfer gebracht, um das Geschäftsfeld im Unternehmensverbund halten zu können. Über 2.000 Beschäftigte verloren ihren Arbeitsplatz, der Rest musste eine untertarifliche Bezahlung, das Streichen von Bonus-Zahlungen und immer neue Rationalisierungsprogramme über sich ergehen lassen. Alles umsonst, wie sich jetzt herausstellt.

BLACKROCK schreibt BAYER & Co.
BLACKROCK ist der weltweit größte Finanzinvestor und besitzt von fast allen Global Playern Aktien (siehe SWB 4/14). An BAYER hält er rund 30 Prozent der Geschäftsanteile. Seine Einfluss macht BLACKROCK-Chef Laurence Fink unter anderem durch an die Vorstandschefs „seiner“ Unternehmen adressierte Briefe geltend. Im März 2014 erhielten der Leverkusener Multi und die anderen Konzerne ein Schreiben, in dem Fink gnädigerweise konzedierte, auf schnelles Geld durch kurzfristrige Anlage-Strategien verzichten zu wollen. Aktien-Rückkäufe und Verschuldungen zwecks Dividenden-Erhöhungen anstelle von Investitionen in die Zukunft seien deshalb nicht in seinem Sinne, bedeutete der US-Amerikaner den ManagerInnen. Im Gegenzug verlangte er von den Bossen aber, ihm für eine mehr auf längerfristiges Wachstum angelegte Firmen-Politik gut ausgearbeitete Business-Pläne mit überprüfbaren Zielvorgaben vorzulegen, „um das geduldige Kapital anzuziehen, das sie haben wollen“.

4,83 Millionen für Dekkers
Im Geschäftsjahr 2013 strich BAYER-Chef Marijn Dekkers ein Salär von 4,83 Millionen Euro ein. Dazu kommen noch Pensionszusagen in Höhe von 677.000 Euro. Seine drei Vorstandskollegen verdienten zusammen 8,7 Millionen Euro und ein „Ruhegeld“ von 594.000 Euro.

BAYER kann nicht forschen
„BAYER ist ein Innovationsunternehmen von Weltrang“ tönte der Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers 2013 auf der Hauptversammlung des Konzerns. Tatsächlich aber hat das Unternehmen mit der Forschung so seine liebe Mühe. „Wir sind gut in der Entwicklung, aber nicht so gut in der Forschung“, gesteht Forschungsvorstand Kemal Malik ein. Darum arbeitet der Global Player seit einigen Jahren verstärkt mit Hochschulen und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen zusammen. 2012 existierten allein im Pharma-Bereich 326 solcher Kooperationen.

Ein Kind der Großchemie
Seit Januar 2014 hat Frank Löllgen den Vorsitz des Nordrhein-Bezirkes der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) inne und ist damit auch für BAYER zuständig. Löllgen kennt den Leverkusener Multi sehr gut. Er hat dort eine Ausbildung zum Chemie-Laboranten gemacht und seinen Förderer, den heutigen IG-BCE-Vorsitzenden Michael Vassiliadis, kennengelernt. Eine besonders kritische Haltung hat der 52-Jährige zum Global Player nicht. Zu seiner 2011 erfolgten Berufung zum Leverkusener Bezirksleiter der Chemie-Gewerkschaft sagt er rückblickend: „Ich bin ein Kind der Großchemie. Dieses Gebiet mit BAYER zu übernehmen, war eine Auszeichnung.“

Betriebsrat muss putzen
Zwischen der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) und alternativen Gewerkschaftsgruppen wie dem BELEGSCHAFTSTEAM gab es in der Vergangenheit öfters Konflikte. „Wir brauchen in der Opposition keine Opposition“, meinte etwa der heutige Betriebsratsvorsitzende des Leverkusener BAYER-Werkes, Oliver Zühlke, als das BELEGSCHAFTSTEAM und die KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN FÜR EINE DURCHSCHAUBARE BETRIEBSRATSARBEIT bei den Betriebsratswahlen 2010 einer Personen- statt Gruppenliste nicht zustimmen mochten, weil die Organisationen befürchteten, dabei ihre Kenntlichkeit zu verlieren. Diese Animositäten könnten jetzt zu einer Auseinandersetzung beigetragen haben, die bis vor das Arbeitsgericht ging. Ein BELEGSCHAFTSTEAM-Betriebsratsmitglied hatte dort gegen BAYER und den Betriebsrat geklagt, weil er nach der Wahl seinen Status als freigestellter Beschäftigten-Vertreter verloren hatte und trotz 40-jähriger Betriebszugehörigkeit plötzlich „als bestbezahlte Putzfrau bei BAYER“ arbeiten musste. Zühlke gab zwar formale Fehler bei der Personalausschuss-Entscheidung auf Aberkennung der Freistellung zu, erklärte sie aber trotzdem für rechtmäßig. Die Richterin forderte die drei Parteien auf, eine außergerichtliche Einigung bei einem Streitschlichtungsgremium zu suchen.

IG BCE vs. VAA
In der Chemie-Industrie wächst der Anteil der Beschäftigten mit hohen Bildungsabschlüssen, während der Anteil der weniger gut qualifizierten Betriebsangehörigen sinkt. Deshalb machen sich die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) und der „Verband angestellter Akademiker und leitender Angestellter in der chemischen Industrie“ (VAA) zunehmend Konkurrenz. Die IG BCE versucht, in die Domäne des eher rechts von ihr stehenden VAA einzudringen. So machte sich ihr Vorsitzender Michael Vassiliadis jüngst die sonst vornehmlich in bürgerlichen Kreisen kursierende Forderung nach Abschaffung der kalten Progression, also des möglichen Auffressens einer Lohn-Erhöhung durch eine steuerliche Mehrbelastung, zu Eigen, was ihm allerdings Kritik von vielen GewerkschaftskollegInnen eintrug. DGB-Chef und BAYER-Aufsichtsrat Reiner Hoffmann trägt diese Strategie jedoch mit und betont: „Wir wollen nicht mehr nur mit Mindestlohn und Prekariat identifiziert werden.“ Der VAA indes hat es auch nicht mehr nur auf Belegschaftsmitglieder aus den Top-Etagen abgesehen und sammelt eifrig Betriebsratssitze. So haben VAAlerInnen an den BAYER-Standorten Berlin, Frankfurt und Bergkamen Mandate errungen. Vasiliadis kritisierte das Vorgehen des Verbandes in einem Brief an VAA-Hauptgeschäftsführer Gerhard Kronisch scharf. „Für uns ist irritierend, in welchem Umfang der VAA mit eigenen Listen bei den zurückliegenden Betriebsratswahlen außerhalb seiner Stamm-Klientel angetreten ist“, ereiferte er sich.

ERSTE & DRITTE WELT

Bienenkiller in kleinen Dosen
BAYERs Insektizid THUNDER enthält den für das weltweite Bienensterben mitverantwortlichen Wirkstoff Imidacloprid. In Afrika will der Konzern dieses Mittel jetzt für weniger als einen Dollar auch in Mini-Packungen anbieten, um sich den Markt für Kleinbauern und -bäuerinnen besser zu erschließen. Für die bedrohte Insekten-Art bedeutet das nichts Gutes.

IG FARBEN & HEUTE

Gedenkort für Euthanasie-Opfer
Die vom Leverkusener Multi mitgegründeten IG FARBEN haben nicht nur das Zyklon B für die Vergasung der Juden im „Dritten Reich“ geliefert. Der Mörder-Konzern hatte auch für die Euthanasie, der mehr als 100.000 behinderte oder psychisch kranke Menschen zum Opfer fielen, den passenden Rohstoff im Angebot. Er stellte für die „Aktion T4“ – benannt nach der Berliner Adresse des Planungszentrums für den Massenmord, das sich in der Tiergartenstr. 4 befand – das Kohlenmonoxid zur Verfügung. Im November 2011 entschied der Bundestag, in würdigerer Form als bisher an die „Aktion T4“-Toten zu erinnern und einen Gedenk- und Informationsort an der Tiergartenstraße zu errichten. Am 2. September 2014 fand die feierliche Eröffnung im Beisein des Berliner Bürgermeisters Klaus Wowereit und der Kulturstaatsministerin Monika Grütters statt.

Platz nach Norbert Wollheim benannt
Im Jahr 2001 ging das Frankfurter IG-FARBEN-Haus in den Besitz der „Johann Wolfgang von Goethe-Universität“ über. Seit dieser Zeit traten Studierende und Lehrende dafür ein, die mahnende Erinnerung an den von BAYER mitgegründeten Mörderkonzern wachzuhalten, indem die Hochschule den ehemaligen IG-Zwangsarbeiter Norbert Wollheim ehrt. Die Leitung wehrte sich aber erfolgreich dagegen, den zentralen Platz auf dem Gelände nach dem Mann zu benennen, der durch seinen 1951 begonnenen Musterprozess Entschädigungszahlungen für die SklavenarbeiterInnen den Weg ebnete. Stattdessen errichtete sie mit dem „Norbert Wollheim Memorial“ eine Gedenkstätte für ihn (siehe SWB 1/09). Die Studenten und Studentilannen erhielten ihre Forderung jedoch aufrecht und gaben der Alma Mater etwa 2009 im Zuge des damaligen Bildungsstreits symbolisch den Namen „Norbert Wollheim Universität“. Und ihre Beharrlichkeit zahlte sich aus. Überlebenden-Gruppen, das „Fritz-Bauer-Institut“ und die „Jewish Claim Conference schlossen sich den Studierenden an, und 2014 gab die Universitätsleitung schließlich nach: Sie entschied sich, als Adresse fortan nicht mehr „Grüneburg-Platz 1“, sondern „Norbert-Wollheim-Platz 1“ zu führen.

POLITIK & EINFLUSS

TTIP: BAYER antichambriert
Bei den Verhandlungen zum Freihandelsabkommen der EU mit den USA diktieren die Multis den PolitikerInnen die Agenda. Allein von Anfang 2012 bis April 2013 fanden 130 Treffen der VerhandlerInnen mit Konzern-VertreterInnen oder Unternehmensverbänden in Sachen „TTIP“ statt. Diejenigen Lobby-Organisationen, denen BAYER angehört, sprachen nach Recherchen des CORPORATE EUROPE OBSERVATORY besonders oft vor. „Business Europe“, der europäische Chemie-Verband CEFIC, der „US Chamber of Commerce“ und der „Bundesverband der deutschen Industrie“ – diese Lobby-Vereinigungen hatten die meisten Gesprächstermine mit der „Generaldirektion Handel“ der EU. Dabei dürften auch solche „Handelshemmnisse“ auf der Tagesordnung gestanden haben, die dem Leverkusener Multi besonders im Wege stehen wie etwa strenge Sicherheitsauflagen für Genpflanzen, Pestizide und andere Chemikalien.

BAYER sponsert RepublikanerInnen
Im Jahr der Wahlen zum US-Kongress spendete BAYER bis zum Oktober 2014 über 325.000 Dollar an PolitikerInnen. RepublikanerInnen, die für das Repräsentantenhaus kandidierten, erhielten 158.000 Dollar vom Konzern, ihre demokratischen KonkurrentInnen 55.000 Dollar. Republikanische SenatsaspirantInnen bedachte der Pharma-Riese mit 53.000 Dollar, ihre demokratischen Pendants mit 33.000 Dollar.

Auf der Bilderberg-Gästeliste
Bei der jährlich stattfindenden Bilderberg-Konferenz handelt es sich um eine Zusammenkunft hochrangiger PolitikerInnen und WirtschaftsmanagerInnen aus den Industrie-Nationen. 1980 stand der damalige BAYER-Chef Herbert Grunewald auf der Gästeliste und 2004 das ehemalige BAYER-Aufsichtsratsmitglied Jürgen Weber.

Gentech-Kampagne in Argentinien
Argentinien ist das Land mit der weltweit drittgrößten Anbaufläche für Genpflanzen. Um das Reservoir noch ein wenig besser ausschöpfen zu können, ist ein neues Gesetz in Planung, „das von der Industrie entwickelt und vom Landwirtschaftsminister akzeptiert wurde“, wie das „U.S. Department of Agriculture“ mit bemerkenswerter Offenheit festhält. BAYER und den anderen in der „Argentine Seed Association“ organisierten Unternehmen geht es dabei vordringlich darum, die Zulassungsverfahren zu beschleunigen. Umweltgruppen haben jedoch eine Kampagne gegen das Vorhaben organisiert. Darum sah sich der US-amerikanische „Foreign Agriculture Service“ (FAS), der vor Ort in Buenos Aires ein Büro unterhält, gezwungen, ebenfalls Aktivitäten zu entfalten. Unter anderem plant der FAS PR-Maßnahmen für die Risiko-Technologie wie Workshops, Konferenzen mit argentinischen MinisterInnen, WissenschaftlerInnen und Medien-VertreterInnen sowie Kooperationen mit Universitäten und VerbraucherInnen-Organisationen.

BAYER-freundliche EEG-„Reform“
Immer wieder hatten BAYER & Co. in der Vergangenheit über die hohen Strom-Kosten geklagt, die ihnen das „Erneuerbare-Energien-Gesetzes“ (EEG) durch die Förderung von Windkraft & Co. angeblich beschert. Dabei gewährte das Paragraphen-Werk energie-intensiven Betrieben großzügige Rabatte, für welche die Privathaushalte aufzukommen hatten. Für diese stieg die Strom-Rechnung seit 2008 um 38 Prozent, während diejenige der Konzerne in dem Zeitraum sogar um ein Prozent niedriger ausfiel. Die ungleiche Lasten-Verteilung brachte das ganze EEG in Verruf, weshalb schon Schwarz-Gelb eine „Reform“ begann, welche die Große Koalition unter der Ägide von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) dann abschloss. Der Vize-Kanzler drosselte den Ausbau der Erneuerbaren Energien und schaffte es gleichzeitig, die von Brüssel als unerlaubte Subventionen angesehenen Industrie-Privilegien größtenteils beizubehalten. Nur ein kleines Entgegenkommen forderte er dafür von den Unternehmen. Der Sozialdemokrat plante, ihnen auch für die Energie, die sie in ihren eigenen Kraftwerken produzieren, einen Beitrag zur Ökostrom-Förderung abzuverlangen. Aber sofort brach ein Sturm der Entrüstung los. Der Leverkusener Multi, der fast 60 Prozent seines Energie-Bedarfs selber deckt, warnte: „Unsere KWK (Kraft/Wärme-Koppelung, Anm. SWB)-Anlagen würden sich, sollten diese Pläne umgesetzt werden, nicht mehr wirtschaftlich betreiben lassen, sowohl die bestehenden als auch die neuen.“ Pflichtschuldig machte sich Gabriel sogleich ans „Nachbessern“. Das Gesetz, das am 1. August 2014 in Kraft trat, lässt – vorerst bis 2017 – Altanlagen verschont und macht nur neu errichtete abgabepflichtig, wobei es BAYER & Co. dafür aber noch Ausgleichszahlungen gewährt. Sogar die Faz musste sich über diese Zugeständnisse wundern: „Noch vor Wochen hätte niemand damit gerechnet, dass Betriebe bei der Ökosteuer-Reform fast ungeschoren davonkommen.“

Ordnungsruf von Dekkers
BAYER-Chef Marijn Dekkers hat mal wieder das angeblich innovationsfeindliche Klima in der Bundesrepublik kritisiert. „Unsere industrielle Basis beginnt zu bröckeln“, warnte er in der Faz. Zu geringe Forschungsausgaben, zu hohe Energie-Kosten, zu wenig naturwissenschaftlicher Unterricht in den Schulen und eine angeblich nicht immer sachgerechte Bewertung neuer Produkte durch die Politik – all das gefährdet seiner Meinung nach die Zukunft des Standortes Deutschland.

Ordnungsruf von Wenning
Kaum ein Monat vergeht ohne ein Lamento des Leverkusener Multis über die hohen Energie-Kosten (s. o.), obwohl die Politik dem Unternehmen viel niedrigere Tarife als den Privathaushalten beschert hat. Der BAYER-Aufsichtsratschef Werner Wenning ging jetzt sogar so weit, eine neue Hartz-Runde zu fordern, um die angeblich so horrenden Strom-Rechnungen der Konzerne volkswirtschaftlich zu kompensieren. „Ich mache mir große Sorgen, dass wir bald an einem Punkt angelangt sind, wo wir eine Agenda 2025 brauchen, also harte Einschnitte, damit wir im internationalen Wettbewerb nicht zurückfallen“, so Wenning.

Blesner weiht BAYER-Center ein
Im September 2014 reiste Peter Bleser, Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, nach China, um „neue Export-Möglichkeiten für deutsche Agrar-Produkte auszuloten“. Während seines Aufenthalts weihte er gemeinsam mit dem stellvertretenden chinesischen Landwirtschaftsminister Niu Dun auch ein BAYER-Schulungscenter in der Nähe von Nanking ein, in dem der Leverkusener Multi bei den FarmerInnen künftig für sein Saatgut und seine Pestizide werben will. „Ich sehe in dem neuen Informationszentrum eine große Chance, das vorhandene Fachwissen über eine erfolgreiche und nachhaltige Erzeugung an die chinesische Landwirte weiterzugeben“, sagte Bleser zur Eröffnung.

Duin spricht Grußwort
Zu der Veranstaltung „Standpunkt am Standort: Motor und Partner für Innovation – Pharma-Industrie in NRW“, welche die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE am 31.10.2014 in Monheim mit dem von BAYER gegründeten „Verband der Forschenden Arzneimittel-Hersteller“ und der Biotech-Firma UCB co-managte, sprach der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) ein Grußwort.

Gabriel für BAYER & Co. in China
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) betätigte sich im April 2014 auf seiner China-Reise als Chef-Lobbyist von BAYER & Co. So forderte er seine Gesprächspartner in Peking auf, den Unternehmen einen besseren Rechtsrahmen im Allgemeinen und einen besseren Patentschutz im Besonderen zu gewähren. Auch bei den Ausschreibungen mahnte er Veränderungen im Sinne bundesdeutscher Firmen an. Zudem stufte er den Technologie-Transfer als Zugangsvoraussetzung für den chinesischen Markt ebenso sehr als Handelshemmnis ein wie die in manchen Branchen bestehende Auflage für ausländische Konzerne, mit einheimischen Partnern Joint Ventures eingehen zu müssen.

Neues Gesetz für IT-Sicherheit
Der Leverkusener Multi registriert des öfteren Attacken auf sein Computer-Netz. 2012 etwa gab es einen Hacker-Angriff aus China mit dem Ziel, Industrie-Spionage zu betreiben. Zuvor schon musste er sich des Computer-Virus’ Stuxnet erwehren. Auch die politische HackerInnen-Gruppe „Anonymus“ störte schon die digitalen Betriebsabläufe. Anderen Konzernen ergeht es ähnlich. Deshalb plant die Bundesregierung ein IT-Sicherheitsgesetz. Sie will eine Meldepflicht für die Opfer von Cybercrimes einführen und dem Bundeskriminalamt mehr Kompetenzen verleihen. Zudem plant die Große Koalition, die entsprechenden Abteilungen von BKA, Verfassungsschutz und „Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik“ mit mehr Personal auszustatten.

Dekkers neuer VCI-Präsident
BAYER-Chef Marijn Dekkers ist neuer Vorsitzender des „Verbandes der Chemischen Industrie“ (VCI). Im September 2014 hat er das Amt für die nächsten zwei Jahre übernommen.

Dekkers reist nach Russland
BAYER & Co. machten vor der Ukraine-Krise gute Geschäfte in Russland. Auf 750 Millionen Euro belief sich 2013 der Umsatz des Leverkusener Multis, wozu vor allem die Pharma-Sparte beitrug. Weil der Konzern auf dem Pillen-Markt mit jährlichen Steigerungsraten von acht bis neun Prozent und bis 2017 mit Gesamterträgen auf dem russischen Markt in Höhe von 1,3 Milliarden Euro rechnete, baute er seine Präsenz in dem Land stark aus. Die Diskussion um Wirtschaftssanktionen im Frühjahr 2014 alarmierte das Unternehmen deshalb. „Ich hoffe, dass die Situation diplomatisch gelöst werden kann“, ließ sich der Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers damals vernehmen. Seine Hoffnung erfüllte sich nicht, die Strafmaßnahmen kamen. Ob er jetzt auch zu den Firmen-Bossen gehört, die Angela Merkel laut Spiegel mittels ständiger Anrufe drängen, für eine Lockerung der Handelsbeschränkungen einzutreten, ist nicht bekannt. Auf jeden Fall gehörte Dekkers aber der Wirtschaftsdelegation an, die im Oktober 2014 auf Einladung des russischen Premierministers Dmitri Medwedew zu einer Zusammenkunft ausländischer Investoren geflogen war. Das Kanzleramt war über diese Reise-Diplomatie not amused. „Was wir am wenigsten brauchen, ist eine Nebenaußenpolitik der Konzerne“, so ein Berliner Spitzen-Beamter.

Eine neue „Lex BAYER“
Über die marode Leverkusener Autobahn-Brücke dürfen keine schweren LKWs mehr fahren. Zum BAYER-Gelände müssen sie deshalb einen Umweg von ca. 20 Kilometern in Kauf nehmen. Ernst Grigat, bei der 60-prozentigen BAYER-Tochter CURRENTA für die Chem-„Parks“ in Leverkusen und Dormagen verantwortlich, verfällt aus diesem Grund schon in Weltuntergangsstimmung. „Wenn nicht schnellstmöglich Abhilfe geschaffen wird, fürchten wir, dass die Industrie verlagert wird. Damit ist das langsame Sterben der chemischen Industrie in Deutschland vorprogrammiert.“ Und die apokalyptischen Töne zeigen Wirkung. Der nordrhein-westfälische Bauminister Michael Groschek (SPD) kündigte einen Neubau an. Und damit alles ganz schnell geht, will der Sozialdemokrat sogar das Fernstraßen-Gesetz ändern und durch eine sogenannte „Lex Leverkusen“ den BürgerInnen-Willen außen vor halten. Nach den Plänen des Politikers sollen etwaige Einsprüche in die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts fallen und damit nur noch über eine Instanz gehen. Einen Zeitgewinn von bis zu anderthalb Jahren verspricht sich der Minister davon. „Wir können es uns nicht leisten, durch Klagewellen das Risiko einer Vollsperrung einzugehen“, so Groschek.

Kritik an EU-Aktienrechtreform
Die EU plant in einer neuen Richtlinie umfangreiche Aktienrechtsveränderungen. Sie will künftig die AktionärInnen alle drei Jahre über die ManagerInnen-Gehälter abstimmen lassen und dabei die Verhältnismäßigkeit in Bezug auf die sonst in den Unternehmen gezahlten Entgelte gewahrt wissen. Zudem beabsichtigt Brüssel, den AnteilseignerInnen ein Mitsprache-Recht zu verschaffen, wenn ein Konzern mit seinen eigenen Teil-Gesellschaften oder seinen GroßaktionärInnen Geschäfte abzuschließen gedenkt. Darüber hinaus sieht der Entwurf vor, Pensionsfonds und anderen institutionellen Anleger ebenso zu mehr Transparenz zu verpflichten wie die manchmal von ihnen angeheuerten StimmrechtsberaterInnen. Erwartungsgemäß laufen BAYER & Co. Sturm gegen das Vorhaben.

Juncker rudert zurück
Der Leverkusener Multi betrachtet Medikamente als ganz normale Wirtschaftsgüter. Dem wollte der neue EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker folgen. Beim Zuschnitt der neuen Kommissionen plante er, dem Gesundheitskommissar die Zuständigkeit für die Zulassung von Arzneien und Medizinprodukten zu entziehen und den Bereich unter die Verantwortung der neuen Industrie-Kommissarin Elzbieta Bienkowska zu stellen. Erst nach massiven Protesten ließ der Luxemburger von seinem Vorhaben ab. Dagegen gelang es ihm, das bisher eigenständige Klima-Ressort aufzulösen und es mit dem Energie-Ressort zu verbinden – schlechte Aussichten also für eine engagierte Politik zur Reduzierung des Kohlendioxid-Ausstoßes.

PROPAGANDA & MEDIEN

COLOSS betet Bienen gesund
Der Leverkusener Multi weigert sich weiterhin beharrlich, die Mitverantwortung seiner Pestizide GAUCHO und PONCHO am weltweiten Bienensterben einzuräumen. Ja, der Konzern weigert sich sogar, den Fakt als solchen anzuerkennen. „Europäische Honigbienen sind gesünder, als in vielen Medienberichten behauptet“, vermeldete das Unternehmen jüngst und berief sich dabei auf „das unabhängige Honigbienen-Forschungsnetzwerk COLOSS“. Mit der Unabhängigkeit des Forschungskolosses ist es allerdings nicht so weit her. Er zählt BAYER nämlich zu seinen „Event Partnern“ und scheint unter Wissenschaft auch primär Krisen-Kommunikation zu verstehen. So befasste sich eine „training school“, an welcher auch Manuel Trischler vom „Bee Care Center“ des Pharma-Riesen teilnahm, hauptsächlich mit der Frage, wie angeblich unangemessenen Beiträgen von ForscherInnen zum Bienensterben zu begegnen sei. Das der Universität Bern angegliederte Institut machte bei den Unternehmen Defizite im PR-Bereich aus und empfahl ihnen Nachhilfe-Stunden in Öffentlichkeitsarbeit.

Bienen-Kümmerer BAYER
Der Leverkusener Multi steht wegen seiner bienenschädigenden Pestizide GAUCHO und PONCHO, welche die EU bis vorerst 2015 aus dem Verkehr gezogen hat, in der Kritik. Darum verstärkt der Konzern seine PR-Aktivitäten (s. o.) Wo das Unternehmen nicht schlicht versucht, die Fakten abzustreiten, da inszeniert es sich als Bienenkümmerer. Der Global Player fördert nicht nur das Anlegen von Ackerrand-Streifen mit pollen-reichen Blütenpflanzen sowie von Bienenweiden und gründet „Bee Care Center“, sondern unterstützt auch Forschungsvorhaben zum Erhalt der Bienengesundheit. So spendet er der kanadischen „University of Guelph“ 750.000 Dollar für den Aufbau eines Insekten-Gesundheitszentrums.

Neue Gentech-Kampagne
Im Februar 2014 haben BAYER & Co. eine neue PR-Kampagne für die grüne Gentechnik gestartet. „Growing Voices“ lautet der Markenname der Unternehmung, denn sie will den „lauter werdenden Stimmen, die ein Umdenken der EU in puncto ‚Gen-Pflanzen’ anmahnen“, Ausdruck verleihen. Die Auftakt-Veranstaltung fand im Brüsseler Hotel „Renaissance“ statt und brachte „Gesundes Essen – die unerzählte Geschichte der Gen-Pflanzen“ zu Gehör. Den „Science Fiction“-Stoff führten sich unter anderem damalige Angehörige der Europäischen Kommission und des EU-Parlaments, EU-BeamtInnen, UmweltpolitikerInnen, EmissärInnen von Forschungseinrichtungen – und natürlich Abgesandte der Agro-Multis zu Gemüte. Allein von BAYER waren neun VertreterInnen anwesend.

Wissenschaftliche Gentech-PR
Mit vereinten Kräften wollen die „Bill & Melinda Gates Foundation“ und BAYER, MONSANTO & Co. die Gentechnik-Debatte „entpolarisieren“. Zu diesem Behufe hat die Stiftung der Cornell Universität nicht weniger als 5,6 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt. Als Partner der PR-Kampagne mit wissenschaftlichem Antlitz namens „Alliance for Science“ fungiert der vom Leverkusener Multi und anderen Agro-Riesen unterstützte Lobby-Verein „International Service for the Acquisition of Agri-biotech Applications“ (ISAAA).

Gentech-Studie: CRIIGEN steigt aus
Im Juli 2013 hat das französische Gesundheitsministerium eine Studie über Gentech-Risiken in Auftrag gegeben. Ihr ist allerdings ein „Dialog-Forum“ angeschlossen, in dem VertreterInnen von BAYER, MONSANTO und LIMAGRAIN sitzen. Darum hat die unabhängige Wissenschaftsorganisation CRIIGEN ihren Ausstieg aus dem Projekt verkündet. „Wir können nicht mit Leuten zusammenarbeiten, die Lobbying-Taktiken benutzen, um ihre Produkte zu vermarkten und deren Akzeptanz zu erhöhen, ohne jene genauer zu untersuchen und ohne Transparenz walten zu lassen“, heißt es in der Begründung.

BAYER sponsert den „Weltthrombose-Tag“
Die „International Society on Thrombosis and Haemostasis“ hat den 13. Oktober zum „Weltthrombose-Tag“ erklärt, um stärker auf die mit den Blutgefäß-Verschlüssen einhergehenden Lebensgefahren aufmerksam zu machen. Der Leverkusener Multi gehört zu den Sponsoren der Veranstaltung, womit der Bock zum Gärtner wird. Thrombo-Embolien gehören nämlich zu den häufigsten Nebenwirkungen seiner Verhütungspillen aus der YASMIN-Familie. Allein die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA registrierte bisher 190 Sterbefälle.

BAYER erklärt Nebenwirkungen
XARELTO, YASMIN, BETAFERON, MIRENA, ESSURE – die Liste der BAYER-Medikamente, die wegen ihrer Risiken und Nebenwirkungen in der Kritik stehen, wird immer länger. Das bleibt auch in der Belegschaft nicht unbemerkt, weshalb sich der Leverkusener Multi in seiner Beschäftigten-Zeitung direkt gezwungen sah, auf die Problematik einzugehen. Da der Konzern es auch als Aufgabe seiner Angestellten erachtet, „zu Themen Stellung zu nehmen, die in der Gesellschaft kontrovers diskutiert werden“, will direkt ihnen künftig in einer Serie Argumente für solche Gelegenheiten an die Hand geben. Nach dem Motto „Jedes Ding hat zwei Seiten“ erklärt der Leverkusener Multi Nebenwirkungen erst einmal zu einer Naturgegebenheit. Aber natürlich hat er nach eigenen Aussage im Sinne seiner Mission „Science For A Better Life“ ein Interesse daran, diese in – natürlich ganz unabhängigen – Studien aufzuspüren und setzt angeblich auch seinen halben Forschungsetat dafür ein. Fortbildungsveranstaltungen für MedizinerInnen und Hotlines dienen ebenfalls bloß diesem Zweck – die Märchenstunde will gar kein Ende nehmen.

BAYER kauft Museum
Am Standort Lubbock hat der Leverkusener Multi das „American Museum of Agriculture“ in Beschlag genommen. Es benannte sich zu Ehren des neuen Sponsors nicht nur in „BAYER Museum of Agriculture“ um, sondern veränderte auch den Charakter seiner Dauerausstellung. Die Schau widmet sich jetzt nicht mehr so stark der Geschichte der Landwirtschaft und verlagert den Schwerpunkt stattdessen auf die Zukunft. Zur Freude des Konzern-Sprechers Lee Rivenbark illustrieren viele Exponate den BAYER-Slogan „Science for A Better Life“. Und das ganze Haus gilt ihm nun als „Leuchtturm für Wissenschaft und Innovation auf dem Gebiet ‚Landwirtschaft’“, denn: „Innovation ist das, worum es BAYER geht“.

TIERE & ARZNEIEN

Mehr BAYTRIL in den Tierställen
Der massenhafte Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung führt zur Entwicklung resistenter Krankheitserreger. Gelangen diese in den menschlichen Organismus, so können MedizinerInnen oftmals nichts mehr gegen die Keime ausrichten. Im Fall von BAYERs BAYTRIL ist diese Gefahr besonders groß. Der Leverkusener Multi bietet nämlich für den Humanmedizin-Bereich mit CIPROBAY ebenfalls ein Medikament aus der Gruppe der Fluorchinolone an, das sogar den Status eines Reserve-Antibiotikas für besonders schwierig zu behandelnde Infektionen besitzt. Und die Gefährdung nimmt zu: 2013 stieg – bei insgesamt fallenden Zahlen (1.452 gegenüber 1.619 Tonnen) – die Menge der verschriebenen Fluorchinolone von zehn auf 13 Tonnen (siehe auch SWB 4/14). Und was wie eine kleine Umschichtung bei insgesamt rückläufiger Tendenz anmutet, bedeutet wegen unterschiedlicher Dosierungsvorschriften in Wirklichkeit jedoch eine Ausweitung der Antibiotika-Zone. Während eine Tonne des Alt-Antibiotikums Tetracyclin gerade einmal für 39.000 Mastschweine langt, vermögen die LandwirtInnen mit einer Tonne BAYTRIL nämlich 2,2 Millionen Tiere zu versorgen! Das Verbraucherschutzministerium verschleiert diesen Tatbestand allerdings bewusst und verkauft „Gesamtmenge im Jahr 2013 weiter gesunken“ als Erfolgsmeldung.

TIERE & VERSUCHE

Zweifel an Tierversuchen
172.287 Tierversuche hat der Leverkusener Multi 2013 durchgeführt bzw. durchführen lassen – 1.690 mehr als 2012. Eine neue Studie der WissenschaftlerInnen Pandora Pound und Michael B. Bracken bewertet die Sinnhaftigkeit solcher Tests kritisch. Angesichts hunderter am „Tier-Modell“ erprobter Medikamente, die am „Mensch-Modell“ versagten, zweifelt ihre im British Medical Journal veröffentlichte Untersuchung die Übertragbarkeit der Ergebnisse an. Zudem bescheinigt die Expertise den mit Ratten, Mäusen und anderen Lebewesen unternommenen Experimenten eine mangelhafte Qualität, was die ProbandInnen der nachfolgenden klinischen Prüfungen unnötigen Risiken aussetze. „Die aktuelle Studie zeigt erneut, dass der von manchen Kreisen gebetsmühlenartig behauptete Nutzen von Tierversuchen keinerlei Fundament hat“, konstatiert Silke Bitz von ÄRZTE GEGEN TIERVERSUCHE.

DRUGS & PILLS

USA: Alarmierende XARELTO-Zahlen
Auch in den Vereinigten Staaten wächst die Besorgnis über die Risiken und Nebenwirkungen, die von BAYERs neuem Gerinnungshemmer XARELTO ausgehen. 680 Meldungen über unerwünschte Effekte des Präparats mit dem Wirkstoff Rivaroxaban erhielt die Gesundheitsbehörde FDA allein im ersten Quartal 2013 – 152 mehr als zu dem Konkurrenz-Medikament PRADAXA.

Nierenerkrankungen durch BETAFERON
BAYERs „Multiple Sklerose“-Präparat BETAFERON kann Nierenschädigungen hervorrufen. Eine entsprechende Warnung veröffentlichte das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM) im August 2014 (siehe auch SWB 4/14). Damit erschöpfen sich die Gegen-Anzeigen des Gentech-Präparats allerdings bei Weitem nicht. 186 Meldungen über „unerwünschte Arznei-Effekte“ hat das BfArM allein im Jahr 2013 erhalten. Dazu zählen unter anderem temporäre Spastiken, Schmerz-Attacken, Verstopfung und Müdigkeit. Und im Gegensatz zu den Nebenwirkungen bleiben die Wirkungen des Mittels spärlich. Dem MS-Ratgeber der „Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf“ zufolge sind BETAFERON und andere Substanzen auf Interferon-Basis nur bei 16 Prozent der frisch Erkrankten imstande, einen zweiten Schub zu verhindern, bei fünf von sechs PatientInnen hingegen zeigen sie keinen Nutzen.

ASPIRIN gegen Krebs?

Immer wieder erscheinen Studien, die BAYERs ASPIRIN eine vorbeugende Wirkung gegen Krebs bescheinigen. Diese weisen jedoch meist Mängel auf. Entweder können die WissenschaftlerInnen sich nur auf äußerst beschränktes Daten-Material stützen oder sie haben Kontakte zum BAYER-Konzern. Dies ist auch bei der Arbeit von Jack Cuzick und seinem Team der Fall, die zahlreiche Untersuchungen zum Thema ausgewertet haben und dem „Tausendsassa“ einen prophylaktischen Effekt bescheinigen. Cuzick gehört nämlich zum Beraterstab des Pharma-Riesen, und auch viele seiner MitarbeiterInnen standen oder stehen noch auf der Gehaltsliste des Unternehmens.

BAYERs Endometriose-Coup
Bei der Endometriose handelt es sich um eine gutartige Wucherung der Gebärmutter-Schleimhaut. Besonders während des Monatszyklusses verursacht das sich außerhalb der Gebärmutter-Höhle befindliche Gewebe Schmerzen. Zu deren Behandlung haben Frauen-ÄrztInnen früher die Verhütungspillen VALETTE oder CHLORMADINON der BAYER-Tochter JENAPHARM verschrieben. 2010 aber brachte der Leverkusener Multi mit VISANNE ein speziell für diese Krankheit zugelassenes Präparat auf den Markt. Die Produktion der beiden anderen Mittel stellte er ein, damit sie der Neuheit keine Konkurrenz machen – das Unternehmen verlangt für VISANNE nämlich rund das Fünffache des Preises von CHLORMADINON. Den höheren Kosten entspricht noch nicht einmal keine höhere Wirksamkeit. Die Arznei konzentriert sich lediglich auf die Symptom-Linderung. Zudem basiert die Zulassung auf einer dünnen Daten-Lage, die Kohorte bei der Sicherheitsanalyse umfasste nur 300 Frauen. Darum betrachten das industrie-unabhängige arznei-telegramm und das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ VISANNE auch bloß als Mittel der 2. Wahl. Ähnlich wie bei VISANNE war der Pharma-Riese in Tateinheit mit SANOFI jüngst auch im Fall von Alemtuzumab vorgegangen. Als die Konzerne die Zulassung für die Indikation „Multiple Sklerose“ erhielten, zogen sie die Arznei umgehend als Mittel zur Behandlung der chronisch-lymphatischen Leukämie“ vom Markt zurück, weil das neue Anwendungsgebiet mehr Profite verspricht (SWB 1/14).

Frankreich: MELIANE-Umsatz sinkt
2006 hatte die Französin Marion Larat nach der Einnahme des BAYER-Verhütungsmittels MELIANE einen Schlaganfall erlitten. Sechs Jahre später entschloss sie sich, den Pharma-Riesen auf Schadensersatz zu verklagen. Das damit verbundene Medien-Echo machte die Öffentlichkeit erstmals auf die mit den Kontrazeptiva der dritten und vierten Generation verbundenen Risiken aufmerksam. Die damalige Gesundheitsministerin Marisol Touraine reagierte umgehend. Sie wies die Krankenkassen an, die Kosten für MELIANE & Co. nicht mehr zu übernehmen. Und das zunehmend kritische Klima hatte Folgen: Bis Ende 2013 büßten die Mittel 60 Prozent ihres Umsatzes ein.

Kein NEXAVAR bei Brustkrebs
BAYERs NEXAVAR mit dem Wirkstoff Sorafenib hat bislang eine Zulassung bei den Indikationen „fortgeschrittener Nierenkrebs“ und „fortgeschrittener Leberkrebs“. Der Leverkusener Multi setzt jedoch alles daran, das Anwendungsspektrum zu erweitern. Ein Versuch, das Mittel zusammen mit Capecitabin bei solchen Patientinnen mit fortgeschrittenen Brustkrebs-Arten zur Anwendung zu bringen, bei denen andere Medikamente versagt hatten, scheiterte jetzt allerdings. „Wir sind enttäuscht, dass die Studie keine Verbesserung des progressionsfreien Überlebens bei Patienten mit fortgeschrittenem Brustkrebs zeigen konnte“, sagte der BAYER-Manager Jörg Möller. Zuvor war schon ein anderer Ansatz zur Therapie von Brustkrebs ohne Erfolg geblieben. Auch bei einer bestimmten Art von Leber-, bei Haut- und Bauchspeicheldrüsenkrebs hatte NEXAVAR bereits versagt.

NICE nicht nice zu XOFIGO
Das britische „National Institute for Health and Care Excellence“ (NICE) hat eine Kosten/Nutzen-Analyse von BAYERs Strahlentherapie-Medikament XOFIGO (siehe auch PRODUKTION & SICHERHEIT) durchgeführt und der Arznei kein gutes Zeugnis ausgestellt. Deshalb finanziert der „National Health Service“ die Behandlung mit dem Pharmazeutikum nicht, das bei der Prostatakrebs-Art CRPC zum Einsatz kommt, wenn eine Hormon-Behandlung erfolglos geblieben ist und sich zudem noch Metastasen im Knochen gebildet haben. Der Leverkusener Multi habe zu dem Mittel keine Dokumente vorgelegt, die seine Überlegenheit gegenüber vergleichbaren Arznei-Therapien demonstrieren könnten, so die Behörde. „Wir müssen zuversichtlich sein, dass die Vorteile die beträchtlichen Kosten rechtfertigen“, sagte NICE-Chef Andrew Dillon angesichts des Preises von 30.000 Euro für eine einzige Anwendung des Präparats, das den PatientInnen bei den Klinischen Tests nur zu einem ca. drei Monate längeren Leben verhalf.

Weitere Zulassungen für ADEMPAS
Bei der Arznei ADEMPAS handelt es sich um ein Mittel zur Behandlung der beiden Lungenhochdruck-Krankheiten CTEPH und PAH. Der Wirkstoff Riociguat soll in der Lunge die Bildung eines Enzyms stimulieren, das für eine Erweiterung der Blutgefäße sorgt und so die Sauerstoff-Aufnahme verbessert. Nachdem BAYER in den USA bereits die Zulassung für das Medikament erhalten hat, erteilte dem Präparat nun auch die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA grünes Licht. Japan hat bisher nur eine Genehmigung für das Anwendungsgebiet „CTEPH“ erteilt, ein Antrag für die Indikation „PAH“ ist noch in Bearbeitung. Wie üblich, hat der Leverkusener Multi jedoch noch viele weitere Therapie-Felder wie z. B. „die Nieren-Protektion und die Herz-Insuffizienz“ im Auge und will Millionen mit ADEMPAS machen. Das industrie-unabhängige Fach-Magazin Arzneimittelbrief hingegen kann die Euphorie des Pharma-Riesen nicht ganz teilen. Obwohl es sich bei Riociguat um eine „innovative Substanz“ handle, deren therapeutischer Mechanismus „neu und interessant“ erscheine, seien die in der Literatur beschriebenen Effekte nur „marginal“, dämpft die Publikation die Erwartungen, die BAYER nicht zuletzt durch das Öffnen der „Marketing-Schleuse“ geschürt habe.

Test the East
Die Pillen-Riesen lagern immer mehr Arznei-Tests in ärmere Länder aus. Dort winken günstigere Preise, ein großes Reservoir an ProbandInnen und eine mangelhafte Aufsicht. Die Folge: Immer wieder kommt es zu Todesfällen. So starben 2011 in Indien 20 Menschen bei Erprobungen von BAYER-Medikamenten. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN machte diesen Skandal öffentlich, und der Leverkusener Multi reagierte – er schaute sich nach anderen Nationen um. Neben China hat es ihm momentan besonders Russland angetan. 90 – teils noch laufende, teils schon abgeschlossene – Medikamenten-Erprobungen des Global Players in dem Staat weist die Datenbank „ClinicalTrials“ aus. Das CLINICIAL TRIALS CENTER oder andere Auftragsfirmen prüften für den Konzern dort unter anderem die Spirale MIRENA, das Krebsmittel NEXAVAR, den Gerinnungshemmer XARELTO und das „Multiple Sklerose“-Präparat BETAFERON. Nach einem Bericht der Zeit bietet das Land unschlagbare Standort-Vorteile. ProbandInnen bemühen sich selbstständig um eine Teilnahme an den Tests, weil ihnen die Medikamente sonst nicht zur Verfügung stehen, und bleiben auch bei der Stange. Dass ihnen das Recht zusteht, einen Medikamenten-Versuch abzubrechen, erfahren sie oft nicht, und eine Ethik-Kommission, welche über alles wacht, existiert ebenfalls nur selten. „Die besteht in Russland häufig nur auf dem Papier“, sagt Alexander Globenko vom CLINICIAL TRIALS CENTER und berichtet zudem von MedizinerInnen, die Nebenwirkungen nicht protokollieren. Sogar die Existenz von Phantom-Studien mit erfundenen TeilnehmerInnen räumt er ein. Das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM) weiß um diese Zustände. „Auffällig glatt“ erscheinen einer BfArM-Mitarbeiterin laut Zeit die Ergebnisse bisweilen. Selbst der von BAYER gegründete „Verband der forschenden Arzneimittel-Hersteller“ hält die russischen Verhältnisse der Zeitung zufolge für besorgniserregend. Das dürfte den Leverkusener Multi jedoch vorerst nicht von seinem Tun abhalten.

Zweifelhafte Testosteron-Studie
Mit großer Anstrengung arbeitet der Leverkusener Multi daran, die „Männergesundheit“ als neues Geschäftsfeld zu etablieren und seinen Potenzpillen und Hormon-Präparaten neue und nur selten zweckdienliche Anwendungsmöglichkeiten zu erschließen. Zu diesem Behufe hat der Pharma-Riese die Krankheit „Testosteron-Mangel“ erfunden und sie zu „männlichen Wechseljahresstörungen“ erhoben, um NEBIDO und andere Hormone an den Mann bringen zu können. Die passenden Studien liefert BAYER dazu auch. So präsentierte der Pharma-Riese in Sofia auf einem medizinischen Kongress zum Thema „Fettleibigkeit“ eine Untersuchung, wonach eine Testosteronersatz-Therapie zu Gewichtsverlusten inklusive besserer Blutzucker- und Blutdruck-Werte führt. Allerdings hält die Expertise wissenschaftlichen Kriterien kaum stand: Sie stützt sich auf gerade einmal 46 Probanden. Richtige Studien kommen zu ganz anderen Ergebnissen. So fand eine ForscherInnen-Gruppe um Jared L. Moss von der Universität Knoxville heraus, dass die Testosteron-Spritzen die Zeugungsfähigkeit beeinträchtigen. Zudem beobachteten die WissenschaftlerInnen Schrumpfungen des Hodengewebes und Samenzellen-Missbildungen. Damit fügten sie der langen Liste von Risiken und Nebenwirkungen der Mittel wie Herzinfarkt, Prostata-Krebs, Harntrakt-Schädigungen, Brust-Wachstum, Bluthochdruck, Ödeme, Blutverdickung und Leberschäden noch einige weitere Einträge hinzu.

Arznei-Ausgaben steigen um 3,2 Prozent
Im Jahr 2013 erhöhten sich die Ausgaben der Krankenkassen für Medikamente im Vergleich zu 2012 um 3,2 Prozent auf 32,1 Milliarden Euro. Das geht aus den Zahlen des „Arzneiverordnungsreports 2014“ hervor. Der Herausgeber, der Pharmakologe Ulrich Schwabe, macht dafür die hohen Preise für Pharmazeutika im Allgemeinen und für patentgeschützte Medikamente im Besonderen verantwortlich. Der Leverkusener Multi hat daran einen gehörigen Anteil. So verlangt er für sein nicht eben wirkungsvolles Krebsmittel NEXAVAR über 58.000 Euro im Jahr. Eigentlich sollte das Arzneimittel-Neuverordnungsgesetz (AMNOG) von 2011 hier Abhilfe schaffen, denn nach diesem Paragrafen-Werk müssen die Pharma-Firmen mit ihren Arzneien ein Verfahren durchlaufen, das Kosten und Nutzen der Präparate bewertet, und sich anschließend mit den Krankenkassen auf einen Erstattungsbetrag einigen. Jährliche Einsparungen in Höhe von zwei Milliarden Euro erwarteten die PolitikerInnen von der Regelung. Die Hoffnung trog jedoch; 2013 wurden es lediglich 150 Millionen Euro. Die schwarz-gelbe Koalition war nämlich von ihren Plänen abgerückt, alle Medikamente einer Revision zu unterziehen und beschränkte sich auf neue Präparate. Zudem fallen die Abschläge äußerst mager aus. Für BAYERs Gentech-Präparat EYLEA zur Behandlung der feuchten Makula-Degeneration – einer Augenerkrankung, die zur Blindheit führen kann – betrugen sie trotz des Prüfurteils „Kein Zusatznutzen“ gerade mal 7,6 Prozent. Von 1.136 auf 1.050 Euro hatte der Pharma-Riese den Apotheken-Verkaufspreis zu senken.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

CDU und SPD verharmlosen GAUCHO
BAYERs Pestizide GAUCHO (Wirkstoff: Imidacloprid) und PONCHO (Wirkstoff: Clothianidin) sind mitverantwortlich für das weltweite Bienensterben. Deshalb hat die EU ihnen 2013 für vorerst zwei Jahre die Zulassung entzogen. Die Bundesregierung jedoch verharmlost die Gefahr dieser zur Gruppe der Neonicotinoide zählenden Ackergifte. In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen bezweifelt sie die Aussagekraft der meisten Untersuchungen zur Gefährlichkeit dieser Mittel und beruft sich dabei auf das bundeseigene Julius-Kühn-Institut. So bezeichnen Merkel & Co. etwa das Studien-Design als mangelhaft. Zudem zweifeln sie die Übertragbarkeit der Labor-Ergebnisse auf Freiland-Bedingungen an. Darum hält die Große Koalition es im Einklang mit BAYER & Co. auch für richtig, sich bei der Suche nach den Ursachen für die Dezimierung der Bienenvölker weiter hauptsächlich auf die Varroa-Milbe zu konzentrieren.

GAUCHO-Alternative SIVANTO?
Ab 2015 will BAYER das Pestizid Flupyradifuron (Produktname: SIVANTO) als Alternative zu Imidacloprid (GAUCHO) vermarkten, dem die EU wegen seiner bienenschädigenden Wirkung 2013 für vorerst zwei Jahre die Zulassung entzogen hat. Flupyradifuron gehört zwar nicht wie Imidacloprid zur Gruppe der Neonicotinoide, sondern zu den Butenoliden, es ähnelt den Neonicotinoiden aber in seiner Funktionsweise. Wie diese wirkt das Flupyradifuron systemisch, also gegen eine Vielzahl von Schadinsekten, und wie diese blockiert es bei den Tieren die Reiz-Weiterleitung an den Nervenbahnen. Deshalb bestehen Zweifel daran, ob der Stoff wirklich so „bienenfreundlich“ ist, wie der Leverkusener Multi behauptet.

Brasilien: Verbot von GLYPHOS?
Wie El Salvador (siehe Ticker 3/14) plant nun auch Brasilien das Verbot von besonders gesundheitsschädlichen Pestiziden. Auf der Schwarzen Liste befinden sich mit Parathion-Methyl und Glyphosat auch zwei Wirkstoffe, die BAYER im Angebot hat. Parathion-Methyl kommt in ME 605 Spritzpulver zum Einsatz, und Glyphosat in GLYPHOS und USTINEX G. Zudem verkauft der Leverkusener Multi Glyphosat noch in Kombination mit CREDENZ und anderen gegen das Ackergift immun gemachten Genpflanzen.

Protest gegen Öko-Verordnung der EU
Die EU plant, strengere Pestizid-Grenzwerte für den ökologischen Landbau zu erlassen. Die betreffenden LandwirtInnen wenden sich allerdings gegen die Regelung. Da durch angrenzende Felder von Bauern und Bäuerinnen, die mit konventionellen Methoden arbeiten, auch Chemikalien auf ihre Äcker gelangen, fürchten sie, die neuen Limits nicht einhalten zu können.

BAYER erwirbt Herbizide
Der Leverkusener Multi hat von DUPONT Herbizide erworben, die im „Land-Management“, also nicht auf Äckern, sondern in Wäldern, auf Weide-Flächen, Industrie-Arealen oder Bahn-Gleisen zum Einsatz kommen (siehe auch PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE). Rund 30 Anti-Unkrautmittel umfasst das DUPONT-Sortiment. Dazu gehören Produkte wie PERSPECTIVE (Wirkstoffe: Aminocyclopyrachlor und Chlorsulfuron), ESPLANADE (Wirkstoff: Indaziflam), STREAMLINE (Wirkstoffe: Aminocyclopyrachlor und Metsulfuronmethyl), ESCORT (Wirkstoff: Metsulfuronmethyl) und Oust (Wirkstoff: Sulfometuronmethyl).

PFLANZEN & SAATEN

BAYER kauft GRANAR
BAYER hat das Sojasaatgut-Geschäft des paraguayischen Unternehmens GRANAR erworben (siehe auch IMPERIUM & WELTMACHT).

Feldversuche mit Zuckerrübe
Der Leverkusener Multi und KWS kündigen Feldversuche mit einer gemeinsam entwickelten Zuckerrüben-Art an, deren Erbgut eine natürliche und durch Züchtung verstärkte Enzym-Veränderung aufweist. Auf diese Weise übersteht die Labor-Frucht eine Behandlung mit solchen Anti-Unkrautmitteln, welche die Acetolactat-Synthese stören, unbeschadet. Allerdings überstehen auch immer mehr Wildpflanzen die Behandlung mit diesen so genannten ALS-Hemmern wie BAYERs ATTRIBUT (Wirkstoff: Propoxycarbazone) unbeschadet, weshalb die neue Rübe schon bald ziemlich alt aussehen könnte.

GENE & KLONE

Immer mehr Bt-Resistenzen
BAYER & Co. bauen in ihre Laborfrüchte gern das Gift-Gen des Bacillus thuringiensis (Bt) ein, um Schadinsekten zu töten. Der Leverkusener Multi setzt besonders bei SURPASS und anderen Baumwoll-Pflanzen auf den Bazillus. Die Schadinsekten können sich jedoch immer besser auf ihn einstellen. In einer von Juliano Ricardo Farias und seinem Team durchgeführten Untersuchung gelang es dem Heerwurm schon binnen dreier Jahre, eine Resistenz gegen den Bt herauszubilden. Zudem trotzen vielerorts bereits der Baumwollkapselbohrer, die Baumwollkapseleule, die Kohlschabe, die Aschgraue Höckereule, der Eulenfalter und die „Busseola fusca“-Raupe der Substanz.

Import-Zulassung für Gentech-Mais?
Die EU-Gremien befinden zur Zeit über eine Import-Zulassung für BAYERs Gentech-Mais T25. Die Lebensmittelbehörde EFSA hat der Laborfrucht bereits eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt, obwohl sie gentechnisch auf eine Behandlung mit dem gesundheitsgefährdenden Pestizid Glufosinat geeicht ist. Darum konnte sich das „Standing Committee on the Food Chain and Animal Health“ auch nicht auf ein positives Votums einigen. Zweimal kam es zum Patt, wobei die Bundesrepublik sich jeweils der Stimme enthielt. Jetzt obliegt der Europäischen Kommission die Entscheidung. Die Pflanze reiste derweil schon mal illegal ein. 2011 entdeckte das niedersächsische Umweltministerium bei einer Untersuchung Spuren von T25 in konventionellem Mais-Saatgut aus Ungarn.

Kennzeichnungspflicht in Vermont
Seit einiger Zeit gibt es in US-amerikanischen Bundesstaaten Initiativen zur Einführung einer Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Lebensmittel. BAYER & Co. investieren viel Geld, um diese Vorhaben zu Fall zu bringen und können leider schon Erfolge verbuchen. In Washington und Kalifornien scheiterte ein BürgerInnen-Begehren bereits. In Vermont allerdings muss die Gentech-Industrie Farbe bekennen. Der Bundesstaat erließ ein Kennzeichnungsgesetz, das jedoch einige Lücken aufweist, wie KritikerInnen monieren. Maine und Connecticut taten es Vermont gleich, wollen das Paragrafen-Werk jedoch erst in Kraft setzen, wenn mindestens vier weitere Staaten folgen.

Stammzellen: Der Hype ist vorbei
„Die Möglichkeiten sind grenzenlos“, schwärmte im Jahr 2001 BAYERs damaliger Chef-Pharmazeut Wolfgang Hartwig über die Stammzellen. Aus ihnen wollten die GenforscherInnen des Konzerns zahlreiche Zelltypen oder Gewebe-Arten entwickeln. 2008 haben sie in Japan ein Patent (siehe Ticker 3/08) für eine Technik zur Produktion von „Induzierten Pluripotenten Stammzellen“ (IPS) angemeldet, eine Stammzellen-Art, welche die ForscherInnen durch eine „Rückprogrammierung“ normaler Körperzellen erzeugen, was die Abtötung von Embryos erspart. Aber die Möglichkeiten dieser Gentechnik sind rasch an Grenzen gestoßen. Deshalb hat sich Ernüchterung eingestellt. „BAYER ist auf dem Gebiet der Stammzell-Forschung derzeit nicht aktiv“, heißt es jetzt lapidar. Thomas Eschenhagen, der Direktor des Instituts für Experimentelle Pharmakologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, bezeichnet den Wirbel um die Stammzellen im Nachhinein als Beispiel für „kurzfristige Sensationsforschung“. „Die waren vor 15 Jahren der große Hype. Alle sind auf diese Welle aufgesprungen, aber viele dieser Versprechen haben sich als falsch oder übertrieben herausgestellt. Also ist die Forscher-Karawane weitergezogen“, sagte er in einem taz-Interview. Eschenhagen hingegen forscht weiter an der Herstellung von künstlichem Herz-Gewebe aus Stammzellen.

Neue EYLEA-Zulassung
Wann immer die Aufsichtsbehörden einer Arznei des Leverkusener Multis für ein bestimmtes Anwendungsgebiet die Genehmigung erteilen, versucht dieser, grünes Licht für weitere Indikationen zu erhalten. So verfährt er auch im Falle des Gentech-Augenpräparats EYLEA. Zunächst nur zur Behandlung der altersbedingten feuchten Makula-Degeneration – einer Augenerkrankung, die zur Blindheit führen kann – zugelassen, können es MedizinerInnen seit einiger Zeit auch zur Behandlung der Folgen eines Zentralvenen-Verschlusses der Netzhaut verschreiben. Und jetzt dürfen sie es zusätzlich zur Therapie der von der Zuckerkrankheit hervorgerufenen Makula-Degeneration einsetzen. Zudem stimmten die japanischen Aufsichtsbehörden bereits einer Verwendung bei der „choroidalen Neovaskularisation“, einer Gewebe-Wucherung am Seh-Organ, zu. Als Augen-Allheilmittel kommt der gemeinsam mit der Firma REGENERON entwickelte EYLEA-Wirkstoff Aflibercept aber nicht in Betracht. In den Tests, die zur ersten Zulassung führten, demonstrierte er nämlich lediglich seine Nicht-Unterlegenheit gegenüber Ranibizumab. Überdies traten während der Erprobungen zahlreiche Nebenwirkungen wie Bindehaut-Blutungen, grauer Star, Augenschmerzen, Glaskörper-Trübungen und Erhöhung des Augeninnendrucks auf.

EYLEA: Es geht auch billiger
Nach einer Untersuchung der Cochrane Collaboration, einem Netzwerk von ÄrztInnen, WissenschaftlerInnen und PatientInnen-VertreterInnen, wirkt das ROCHE-Krebsmedikament AVASTIN genauso gut zur Behandlung der feuchten Makula-Degeneration – einer Augenerkrankung, die zur Blindheit führen kann – wie ROCHEs LUCENTIS und BAYERs Gentech-Präparat EYLEA. Es hat nur einen Nachteil: Es ist zu billig, weshalb der Schweizer Konzern sich nicht selbst Konkurrenz machen will. Während eine Injektion mit LUCENTIS 900 Euro kostet und eine mit BAYERs Gentech-Präparat 1.050 Euro, schlägt AVASTIN nur mit 30 Euro zu Buche.

Hämophilie-Gentherapie
Das Unternehmen DIMENSION THERAPEUTICS entwickelt für BAYER eine neue Methode zur Behandlung der Bluter-Krankheit Hämophilie A. Dabei wollen die WissenschaftlerInnen ein Gen, das den Gerinnungsfaktor VIII produziert, direkt in die Leber einführen. Bis zu 240 Millionen Dollar an Zahlungen hat die US-amerikanische Biotech-Firma zu erwarten, sollte es ihr gelingen, das Verfahren bis zur Marktreife zu entwickeln.

WASSER, BODEN & LUFT

GAUCHO & Co. belasten Gewässer
Die Bundesländer überprüfen die Belastung der Gewässer mit BAYERs bienenschädlichen (siehe PESTIZIDE und HAUSHALTSGIFTE) Pestizid-Wirkstoffen Imidacloprid (GAUCHO) und Clothianidin (PONCHO) nicht systematisch. Es liegen nur Stichproben vor. Diese geben jedoch Anlass zur Sorge, denn sowohl Clothianidin als auch Imidacloprid überschritten teilweise die Grenzwerte. Besonders Imidacloprid tat sich dabei hervor. „Das deutet darauf hin, dass Imidacloprid ein für die Erfüllung der Anforderungen der EU-Wasserrahmen-Richtlinie relevanter Schadstoff in Oberflächen-Gewässern ist“, hält die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen zu GAUCHO & Co. fest.

Lubbock: BAYER & Co. in der Kritik
Im texanischen Bezirk Lubbock befinden sich neben dem Leverkusener Multi noch viele andere Chemie-Unternehmen. 390 Tonnen teils hochgefährlicher Stoffe lagern auf den Firmen-Arealen, oft in bedenklicher Nähe zu Siedlungen. Als es im Mai vergangenen Jahres auf dem BAYER-Gelände zu einem Austritt von Chlorwasserstoff kam, mussten deshalb die EinwohnerInnen eines ganzen Stadtteils von Guadalupe ihre Häuser verlassen. Besonders der geringe Abstand der Fabriken zu Schulen beunruhigt die LubbockerInnen. So liegen nach einer Studie des „Center for Effective Government“ 27 Bildungseinrichtungen mit insgesamt 9.500 SchülerInnen im „Einzugsgebiet“ von BAYER & Co. Die BürgerInnen verlangten aus diesem Grund genauere Information über die Substanzen, aber die Verantwortlichen des Regierungsbezirkes verweigerten die Auskunft.

Das Aus für Mikroplastik?
BAYER & Co. drängen mit ihrer Plaste & Elaste auf den Kosmetika-Markt. So finden sich in Zahnpasten, Dusch-Peelings und Kontaktlinsen-Reinigern viele Kunststoff-Produkte. Der Leverkusener Multi produziert beispielsweise Polyurethane zur Verstärkung der Haftkraft von Wimperntusche und Make-Ups. Diese Mikroplastik-Teilchen können nicht nur Gesundheitsstörungen verursachen, sondern auch die Umwelt schädigen, denn sie passieren die Kläranlagen unbehelligt. In den Gewässern bilden die Substanzen dann den besten Nährboden für andere Giftstoffe und potenzieren so ihre Gefährlichkeit noch einm

[Ticker] STICHWORT BAYER 03/2014 – TICKER

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

CBG beim „March against MONSANTO“
Auch 2014 fand in vielen Städten der Welt wieder ein „March against MONSANTO“ statt. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) beteiligte sich am 24. Mai in Düsseldorf an den Protesten. Der Leverkusener Multi unterhält nämlich schon lange gute Geschäftsbeziehungen zu dem Gen-Giganten, wie CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes in seiner Kundgebungsrede erläuterte. So gründeten beide Konzerne in den 1960er Jahren das Gemeinschaftsunternehmen MOBAY, das unter anderem das berühmt-berüchtigte AGENT ORANGE herstellte. Zudem gewähren sich die Global Player gegenseitig Zugriff auf die Technologien, mit denen sie Genpflanzen immun gegen bestimmte Pestizide machen, um ihre Laborfrüchte durch Mehrfach-Resistenzen besser gegen Schadinsekten wappnen zu können. „Insofern ist der heutige ‚March against MONSANTO’ ebenso ein ‚March against BAYER’“, hielt Mimkes fest und vergaß mit BASF und SYNGENTA auch die anderen Mitglieder des Agro-Oligopols nicht.

NRW-Anfrage zu PCB
Polychlorierte Biphenyle (PCB) gehören zu den giftigsten Hervorbringungen der Chlorchemie (SWB 1/14). Die vor allem von BAYER und MONSANTO in Umlauf gebrachten gefährlichen „Alleskönner“ kamen bis zu ihrem vollständigen Verbot 1989 in Elektrogeräten, Fugendichtungsmassen, Farben, Lacken und Bodenbelägen zum Einsatz – und stellen immer noch ein beträchtliches Risiko dar. Deshalb finden quer durch die Republik aufwendige Sanierungen von Universitäten und Schulen statt. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hatte zur Situation im Bund gemeinsam mit der Partei „Die Linke“ eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt (Ticker 2/14). Um den Stand der Dinge in Nordrhein-Westfalen zu erfahren, kooperierte die CBG mit den „Piraten“. Aber die Landesregierung in Düsseldorf zeigte sich auch nicht auskunftsfreudiger als die Große Koalition in Berlin. Sie wollte weder die Zahl der PCB-Vergifteten angeben noch die bisherigen Kosten der Renovierungsarbeiten beziffern. Auch sehen SPD und Grüne BAYER nicht in der Pflicht: „Zum Zeitpunkt der Abnahme der Bauvorhaben entsprachen die Ausführung und die Verwendung der Baumaterialien dem damaligen gesetzlichen Rahmen sowie den seinerzeit anerkannten Regeln der Technik. Für Schritte gegen die damaligen Hersteller von PCB-Produkten gibt es deshalb keine Veranlassung.“

Protest gegen NRW-Hochschulgesetz
Das von der rot-grünen NRW-Landesregierung geplante Hochschulzukunftsgesetz hatte ursprünglich Regelungen vorgesehen, die mehr Licht ins Dunkel von solchen Kooperationsverträgen bringen sollten, wie BAYER sie mit der Kölner Universitätsklinik abgeschlossen hat. Aber Kraft & Co. gaben dem Druck der Industrie nach und schwächten den entsprechenden Passus ab. Nach dem Willen der PolitikerInnen müssen die Partner nun erst nach dem Ende der Projekte Einblick in die Verträge gewähren. Auch bleibt es ihnen überlassen, wie viel sie preisgeben wollen. Darum unterstützte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN die Protest-Aktion von Studierenden-Organisationen und DGB-Jugend, die am 18. Juni anlässlich einer ExpertInnen-Anhörung zur Gesetzes-Novelle vor dem Düsseldorfer Landtag stattfand. Zudem hatte die CBG in der Sache schon Mitte März 2014 gemeinsam mit ATTAC, dem FREIEN ZUSAMMENSCHLUSS VON STUDENTINNENSCHAFTEN und anderen Gruppen einen Offenen Brief an Hannelore Kraft geschrieben.

Kritik auf BAYERs FACEBOOK-Seite
Der Leverkusener Multi muss sich auf seiner FACEBOOK-Seite ziemlich viel Kritik anhören. „Schade, dass eine so traditionsreiche Firma komplett auf die Natur und Umwelt pfeift. Hauptsache Gewinn, Gewinn und ... Gewinn“ heißt es da beispielsweise oder: „Nur noch Profite ohne Rücksicht auf die Umwelt und die Menschen. Macht endlich bezahlbare Medikamente“. Auch zu dem Prozess, den der Konzern zusammen mit SYNGENTA gegen die EU wegen des vorübergehenden Verbots von bienenschädigenden Pestiziden angestrengt hat, gibt es bissige Kommentare: „BAYER verklagt Europa, weil es ausnahmsweise einmal das Richtige tut und die Bienen schützen will. Unglaublich.“

Umbenennung von Duisberg-Straßen
Am 29. September 2011 jährte sich der Geburtstag des langjährigen BAYER-Generaldirektors Carl Duisberg zum 150. Mal. Um die medialen Ständchen für den Mann zu konterkarieren, der im 1. Weltkrieg verantwortlich für den Einsatz von Giftgas und die Ausbeutung von ZwangsarbeiterInnen war und später einen maßgeblichen Anteil an der Gründung des Mörderkonzerns IG FARBEN hatte, rief die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) eine Kampagne ins Leben. Sie mahnte anlässlich des Jahrestags die Umbenennung von Straßen, Schulen und anderen Einrichtungen an, die Duisbergs Namen tragen. Viele AktivistInnen ließen sich davon anregen und trugen die Forderung in ihren Städten vor. Leverkusen und Marburg lehnten das Begehr allerdings ab, in Dortmund und Frankfurt schweben die Verfahren noch.

KAPITAL & ARBEIT

BMS wickelt Standort Darmstadt ab
Im Rahmen des neuesten Rationalisierungsprogramms, das die Vernichtung von 700 Arbeitsplätzen vorsieht, reduziert BAYER MATERIAL SCIENCE (BMS) die Produktion von Kunststoff-Platten aus Polycarbonat. So beendet die Konzern-Sparte die Fertigung in Darmstadt und streicht damit 90 Stellen. Sie bekundet zwar, die Belegschaftsangehörigen nach Möglichkeit anderweitig im Unternehmen beschäftigen zu wollen, aber für alle dürfte sich kaum etwas finden. Darüber hinaus macht BMS den Standort in Peking dicht und plant, die in Australien und Neuseeland gelegenen Fertigungsstätten für LASERLITE-Platten abzustoßen.

Weniger Stimmen für Durchschaubare
Bei der letzten Betriebsratswahl am BAYER-Stammsitz Leverkusen verloren zwei der drei unabhängigen Gewerkschaftsgruppen innerhalb der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE an Boden. Die KOLLEGEN UND KOLLEGINNEN FÜR EINE DURCHSCHAUBARE BETRIEBSRATSARBEIT büßten zwei Mandate ein und kamen nur noch auf drei Sitze. Die BASISBETRIEBSRÄTE mussten ebenfalls zwei von fünf Sitzen abgeben, nur das BELEGSCHAFTSTEAM konnte sich um einen Sitz steigern und verfügt nun über drei. Die restlichen der 37 Sitze holte die IG BCE. Die Wahlbeteiligung betrug 55,2 Prozent und ging damit um 3,8 Prozent zurück.

ERSTE & DRITTE WELT

Entwicklungshilfe für BAYER

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Die bundesdeutsche Entwicklungshilfe-Politik setzt auf Kooperationen mit der Privatwirtschaft. So hat das „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (BMZ) mit BAYER, BASF, SYNGENTA und ca. 30 weiteren Konzernen die „German Food Partnership“ (GFP) gegründet (SWB 4/13). Staatliche Mittel fließen unter anderem in die Projekte „Better Rice Initiative in Asia“ (BRIA) und „Competitive African Rice Initiative“ (CARE), in deren Rahmen der Leverkusener Multi die Vermarktung von hybridem, also nicht zur Wiederaussaat geeigneten Reis vorantreibt. Bis zu einem Drittel der Kosten buttert das BMZ dazu: 5,27 Millionen Euro. Das teilte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen mit. Maßnahmen, die verhindern, dass Schulungen von FarmerInnen zu reinen Werbeveranstaltungen der Agro-Riesen gerieren, hat sie kaum getroffen. „Bei durch Firmen-Personal durchgeführten Trainings agieren die Trainer als Vertreter des Projektes und nicht unter Firmen-Branding“, erklärt die Große Koalition, wobei „firmen-spezifische ‚Solutions’ lediglich als eine mögliche Option dargestellt werden“. Auch geht aus den Angaben der Großen Koalition hervor, wie spärlich BRIA, CARE & Co. die Bevölkerung vor Ort in ihre Planungen einbeziehen.

Entwicklungshilfe für BAYER

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Parallel zur „German Food Partnership“ (s. o.) hat das „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (BMZ) mit BAYER, anderen Unternehmen und dem Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) jetzt auch die „German Healthcare Partnership“ (GHP) ins Leben gerufen. „Die GHP kombiniert die Kompetenzen und Ressourcen des privaten Sektors mit denen der Entwicklungszusammenarbeit“, heißt es auf der Website frank und frei. Zum Ziel hat die „strategische Allianz“ sich gesetzt, „den Zugang zu qualitativ hochwertigen Gesundheitsleistungen in Entwicklungsländern und in aufstrebenden Märkten zu verbessern“. Und besonders auf diese aufstrebenden Märkte ist passenderweise auch BAYERs Afrika-Strategie ausgerichtet (siehe DRUGS & PILLS). Im Rahmen der GHP erhofft sich der Leverkusener Multi vor allem Entwicklungshilfe für seine Kontrazeptiva zur Familienplanung bzw. Bevölkerungskontrolle. Aber auch andere Absatzgebiete hat die GHP noch im Blick. So kümmert sie sich beispielsweise um „Business Opportunities in Healthcare in China“. Zudem hielt sie gemeinsam mit dem BDI und der „Kreditanstalt für Wiederaufbau“ schon Konferenzen zu Ausfuhr-Krediten und Hermes-Bürgschaften ab. Sogar Verweise auf die vom BDI zur letzten Bundestagswahl erhobenen Forderungen nach besseren Risikoabsicherungsinstrumenten „insbesondere für den Krankenhaus-Systemexport“ finden sich auf den Seiten. Da wundert es kaum noch, dass als Repräsentant der „Public Private Partnership“ der BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber fungiert.

Konzern-Verbrechen leicht gemacht
Der Leverkusener Multi hat in seiner Geschichte vielfach gegen Menschenrechte verstoßen. Er benutzte Menschen aus der „Dritten Welt“ ohne deren Wissen als Versuchskaninchen für neue Pharma-Produkte, übte Druck auf GewerkschaftlerInnen aus und bediente sich der Kinderarbeit. Um solche Rechtsverstöße der Global Player besser ahnden zu können, hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen vor einiger Zeit „Guiding Principles on Business and Human Rights“ verabschiedet. Die EU hat ihre Mitgliedsstaaten daraufhin angehalten, eigene Aktionspläne zu erstellen. Während Länder wie die Niederlande schon ihre Gesetze geändert und Beschwerdestellen eingerichtet haben, tat die Bundesrepublik bisher nichts dergleichen. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen bekundete die Bundesregierung nun aber ihren Willen, die Regelung umzusetzen. Viel zu befürchten haben die Konzerne indes nicht. Um etwa der Kinderarbeit bei Subunternehmern Einhalt zu gebieten, derer sich BAYER CROPSCIENCE lange bediente (Ticker berichtete mehrfach) schweben der Großen Koalition nur „Dialogformate“ und die Unterstützung von Trainingsprogrammen vor. Haftungsregelungen plant sie auch nicht, da „es sich bei Subunternehmen begrifflich um rechtlich selbstständige Unternehmen handelt, auf die ein anderes Unternehmen keinen gesellschaftsrechtlichen Einfluss ausüben kann“. SPD und CDU setzen generell darauf, „dass die Unternehmen freiwillig und aus eigener Verantwortung gesellschaftliche Verantwortung übernehmen“ und lehnen es daher auch ab, die Klage-Möglichkeiten wegen Verstößen gegen die Leitlinien des Industrieländer-Zusammenschlusses OECD zu verbessern. Dabei bestände gerade hier dringender Reformbedarf, denn bei der für solche Verfahren eingerichteten „Nationalen Kontaktstelle“, die bezeichnenderweise im Referat für Außenwirtschaftsförderung angesiedelt ist, handelt es sich um ein stumpfes Instrument. Keiner der beiden Fälle, welche die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN in der Vergangenheit dort vorbrachte – Repressionen BAYERs gegen Gewerkschaftler und Kinderarbeit bei BAYER-Zulieferern – hatte für den Leverkusener Multi irgendwelche Konsequenzen.

IG FARBEN & HEUTE

Bomben auf Leuna
Ohne die IG FARBEN hätte das „Dritte Reich“ keinen Krieg führen können. Der von BAYER mitgegründete Konzern produzierte unter anderem Waffen, Bomben und Benzin. Trotzdem zögerten die Westalliierten lange, Angriffe auf die Fabriken zu fliegen. Erst im Mai 1944 bombardierten sie die Leuna-Werke. Die USA, England und Frankreich fürchteten nach Stalingrad nämlich einen Vormarsch der Sowjetunion und bauten deshalb auf nationalsozialistische Schützenhilfe. „Es war durchaus im alliierten Interesse, dass die Wehrmacht in den folgenden zwölf Monaten über genügend Kampfkraft verfügte, um die Rote Armee auf dem Weg nach Westen zu bremsen und zu verschleißen“, mit diesen Worten zitiert Otto Köhler in seinem Artikel „Die Schlacht von Leuna“ Rolf-Dieter Möller vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt Potsdam. Erst im Vorfeld der – von Stalin schon viel eher geforderten – Normandie-Invasion sollte die Kriegsmaschinerie der Nazis nach dem Willen der Alliierten ins Stocken geraten. Die Landung an der Küste Frankreichs begann knapp dreieinhalb Wochen, nachdem die US-Armee mit 800 Bombern Leuna attackiert hatte.

POLITIK & EINFLUSS

Grenzwert-Lockerungen via TTIP
Durch das Freihandelsabkommen der EU mit den USA droht eine Aufweichung der Pestizid- und Gentechnik-Gesetzgebung. BAYER & Co. investieren Unsummen in entsprechende Lobby-Aktivitäten. So fordert der US-amerikanische Agrarindustrie-Verband „Croplife“ im Zuge der Verhandlungen von Brüssel etwa, das bis Ende 2015 geltende Verbot der bienenschädigenden BAYER-Ackergifte PONCHO und GAUCHO aufzuheben und generell die Grenzwert-Regelungen zu lockern. Eine „moderne Risiko-Bewertung“ soll es stattdessen richten. Zudem streiten die Agro-Riesen dafür, nach US-amerikanischen Gepflogenheiten künftig Gentech-Rückstände in Lebensmitteln zu tolerieren und Kennzeichnungspflichten abzuschaffen. „BAYER und BASF handeln auf den Märkten in den USA und wollen nun in dem geheimen Handelsabkommen zwischen den USA und der EU das erreichen, was ihre Lobbyisten in Europa nicht geschafft haben“, kritisiert Jaydee Hanson vom CENTER FOR FOOD AND SAFETY.

USA: Mehr Energiespar-Subventionen?
BAYER unterstützt gemeinsam mit anderen im US-amerikanischen BDI-Pendant „U.S. Chamber of Commerce“ organisierten Unternehmen einen Gesetzes-Vorschlag, der gleichzeitig zu mehr Energie-Ersparnis und zu mehr Wettbewerbsfähigkeit führen soll. Der „Energy Savings and Industrial Competitiveness Act“ stellt den Konzernen nämlich Millionen-Subventionen in Aussicht, wofür diese allerdings andere Worte finden. Das Vorhaben ist geeignet, „Hindernisse beim Investieren in existierende Energie-Effizienz-Technologien abzubauen“, heißt es bei der „U. S. Chamber“. Einstweilen bleiben die Hindernisse jedoch noch bestehen, denn im Senat fand sich für das Paragrafen-Werk nicht die erforderliche Mehrheit. Das endgültige Aus bedeutet das allerdings noch nicht.

BAYER erpresst Subventionen
In den USA gelang es dem Leverkusener Multi zum wiederholten Mal, Gemeinden mit Abwanderungsplänen so unter Druck zu setzen, dass diese dem Konzern Subventionen gewähren. So stellte St. Joseph dem Unternehmen Mittel für eine Betriebserweiterung zur Verfügung, um es in der Stadt zu halten. „Die Gefahr war sehr real“, sagt der Stadtverwaltungsmitarbeiter Clint Thompson zu BAYERs Umzug-Gelüsten und nennt die milde Gabe ein „Joberhaltungsprogramm“. Dabei hatte der Global Player, als er dort im Jahr 2012 die Veterinär-Sparte des israelischen Pharma-Riesen TEVA übernahm, umgehend ein Rationalisierungsprogramm beschlossen, das am Standort die Vernichtung von 60 der 180 Arbeitsplätze vorsieht.

PhRMA fordert Strafen für Indien
Im März 2012 hat das „Indian Patent Office“ BAYERs Patent an dem Krebs-Medikament NEXAVAR aufgehoben und dem einheimischen Generika-Hersteller NATCO PHARMA eine Zwangslizenz zur Herstellung einer preisgünstigen Version erteilt (Ticker 2/12). Die Behörde berief sich dabei auf einen Ausnahme-Paragraphen des internationalen Patentabkommens TRIPS und begründete ihre Entscheidung damit, dass der Pharma-Riese es versäumt habe, den Preis für das Medikament (monatlich 4.200 Euro) auf eine für indische PatientInnen bezahlbare Höhe herabzusetzen. Die Entscheidung hat Big Pharma in helle Aufregung versetzt und umgehend zu politischen Interventionen bei der Obama-Administration, dem US-amerikanischen Patentamt und beim Kongress veranlasst (Ticker 4/12). Und im Mai 2014 forderte der Industrie-Verband „Pharmaceutical Research and Manufacturers of America“ (PhRMA) die US-Regierung sogar auf, Indien auf die Liste der patentrechtlichen Schurkenstaaten zu setzen und Sanktionen gegen das Land zu beschließen.

BAYER kontrolliert sich selbst
Stillen bekommt Babys generell besser als Flaschen-Nahrung. Für Säuglinge in der „Dritten Welt“ bestehen darüber hinaus besondere Risiken. Da ihre Mütter aus Kostengründen oft zu wenig Milchpulver verwenden, leiden die Babys unter Mangelerscheinungen. In den armen Ländern erhöht sich durch diese Ernährungsform zudem das Infektionsrisiko, da zum Anrühren der Mixturen oft kein sauberes Wasser zur Verfügung steht. Darum erlauben viele Länder Werbung für Baby-Nahrung gar nicht oder nur unter strengen Auflagen, was BAYER und andere Konzerne 2006 schon zu einem Prozess gegen die philippinische Regierung bewogen hatte (Ticker 3/06). In Australien begutachtete lange eine unabhängige Monitoring-Gruppe die Reklame-Aktionen der Konzerne. Im Jahr 2010 rügte sie den Leverkusener Multi, weil dieser in einer Kampagne gegen eine mit dem Staat getroffene Vereinbarung verstoßen hatte, wonach die Hersteller darauf verzichten, ihre Erzeugnisse als dem Stillen gegenüber überlegen darzustellen. „NOVALAC-Mittel können helfen, das Schreien zu reduzieren und den Schlaf zu befördern und machen die Kinder zufrieden und die Eltern entspannter“, hatte der Pharma-Riese in der Werbung behauptet. So etwas dürfte dem Global Player bald wieder etwas leichter über die Lippen kommen. Australien hat nämlich das unabhängige Kontrollgremium abgeschafft und überlässt es in Zukunft der Industrie selber, sich auf die Finger zu schauen.

Nationale Anbau-Verbote
Bislang hat die Europäische Union zentral über die Zulassung von Genpflanzen entschieden. Brüssel plant jedoch, es ihren Mitgliedsländern künftig selber zu überlassen, ob sie die Labor-Kreationen wollen oder nicht. Nach der alten Regelung hatten es wegen vieler Gegenstimmen gerade einmal vier Sorten auf die EU-Felder geschafft. In der Hoffnung, künftig mit gentech-freundlichen Staaten besser ins Geschäft zu kommen, stritten BAYER & Co. deshalb heftig für die neue Lösung. Und ihr Lobby-Verband EuropaBio konnte seinen Einfluss bei der Umorientierung, die bereits in einen Gesetzes-Entwurf mündete, nicht zu knapp geltend machen. „Wie servil diese Lobby-Wünsche des Verbandes EuropaBio umgesetzt wurden, ist erschreckend“, sagt etwa der grüne Bundestagsabgeordnete Harald Ebner. So müssen die Staaten erst einmal bei den Konzernen anklopfen und anfragen, ob die Unternehmen nicht vielleicht freiwillig von einer Vermarktung ablassen wollen. Und wenn diese die Bitte abschlagen, haben die Nationen gute – und vor allem gerichtsfeste – Gründe vorzulegen. Als besonders gut erwies sich bisher der Draht der Agro-Riesen zur britischen Regierung. EuropaBio hat Cameron & Co. sogar Tipps gegeben, wie die neue Gentech-Politik am besten zu verkaufen ist. Der Lobby-Club riet dazu, „der Botschaft einen starken ökologischen (aber natürlich auch innovationsfreundlichen und ökonomischen) Dreh zu geben. Die PolitikerInnen antworteten: „Wir würden das Wort ‚Schwerpunkt’ dem ‚Dreh’ vorziehen“, hatten aber grundsätzlich keine Einwände. Es stehen also blühende Gen-Landschaften zu erwarten, womit auch die Gefahr der Kontamination herkömmlicher Ackerfrüchte steigt. Darum optiert EuropaBio in dem Konzept-Papier „A new strategy for GM issues“ für einen „package deal“ und will die Renationalisierung des Zulassungsprozesses mit einer Aufhebung des Rückstandsverbotes in Lebensmitteln und Saatgut verknüpfen. Ob das Europäische Parlament den Einflüsterungen folgt und einer solchen Paket-Lösung zustimmt, dürften die nächsten Monate zeigen.

Agrar-Subventionen für Bauer BAYER
Die EU bedenkt den Leverkusener Multi seit geraumer Zeit üppig mit Agrar-Subventionen. Fast 180.000 Euro strich der Konzern 2013 ein. Das Geld dürfte hauptsächlich BAYERs Laarcher Hof in Monheim eingestrichen haben, der als klassischer Ackerbau-Betrieb firmiert, obwohl er nur eine Versuchsküche für die Pestizide des Konzerns ist.

PROPAGANDA & MEDIEN

Presserat-Beschwerde scheitert
Im September 2013 hatte der Spiegel kritisch über BAYERs Gerinnungshemmer XARELTO berichtet und dabei auch auf Material der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN zurückgegriffen. Das Blatt sprach mit Geschädigten und ExpertInnen, veröffentlichte die hohen Zahlen des „Bundesinstitut für Medizinprodukte und Arzneimittel“ über Todesfälle und schwere Nebenwirkungen und informierte über die aufwendige Kampagne zur Vermarktung des Mittels. Dem Leverkusener Multi passte das natürlich gar nicht. Er schaltete den Presserat ein und reichte eine Beschwerde gegen den Spiegel-Artikel ein. Der zuständige Ausschuss lehnte diese jedoch ab. Nach Ansicht des Gremiums hatte das Magazin weder unangemessen über medizinische Sachverhalte berichtet noch die journalistische Sorgfaltspflicht verletzt.

274.000 Euro für Selbsthilfegruppen
BAYER sponsert Selbsthilfegruppen und PatientInnen-Organisationen in hohem Maße. Über 274.000 Euro verteilte der Leverkusener Multi 2013 allein an die bundesrepublikanischen Verbände. Aber natürlich nicht an alle. Zuwendungen erhalten hauptsächlich diejenigen, die der Konzern mit entsprechenden Medikamenten beglücken kann: Diabetes-, Krebs-, Bluter-, Augen- und Lungenkrankheiten- sowie Multiple-Sklerose-Vereinigungen. Und das ist gut angelegtes Geld: „Wenn Firmen zehn Prozent mehr in Selbsthilfegruppen investieren, wächst ihr Umsatz um ein Prozent im Jahr“, hat der als Gesundheitsökonom an der Universität Bremen lehrende Dr. Gerd Glaeske einmal errechnet.

BAYER: Wir wollen nur informieren
Die NDR-Sendung „Profit auf Rezept“ dokumentierte umfassend, mit welchen Methoden die Pillen-Riesen ihre Medikamente vermarkten. BAYER & Co. schenken ÄrztInnen mit Werbung angereicherte Praxis-Software, veranlassen diese durch großzügig vergütete „Anwendungsbeobachtungen“, die PatientInnen auf bestimmte Arzneien einzustellen und versorgen Krankenhäuser kostenlos mit Pharmazeutika, um die Mittel dann anschließend auf die Rezeptblöcke der nachbehandelnden ÄrztInnen zu bekommen. Der Leverkusener Multi tat sich in der Reportage besonders als Sponsor eines verlockenderweise auf Sylt stattfindenden Anästhesie-Kongresses hervor, auf dem er kräftig die Werbe-Trommel für seinen umstrittenen neuen Gerinnungshemmer XARELTO rührte. Folglich sah sich der Pharma-Gigant durch den Bericht dann auch zu einer Stellungnahme gezwungen. „Die NDR-Reportage „Profit auf Rezept“ impliziert, dass viele Ärzte bestechlich sind und die Pharma-Industrie mit unlauteren Methoden ihre neuen Arzneimittel vermarktet“, konstatiert das Unternehmen. Und das sei natürlich nicht der Fall. BAYER mache nur „lautere Werbung mit produkt-bezogenen Informationen“, damit die DoktorInnen die Pillen auch bestimmungsgemäß einsetzen könnten. Anwendungsbeobachtungen erfüllen dem Global Player zufolge ebenfalls einen wichtigen Zweck, da sie angeblich „sicherheitsrelevante Erkenntnisse“ zu Tage fördern. Darüber hinaus verwahrte er sich gegen Kritik an XARELTO, wie sie in dem Feature der Vorsitzende der „Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft“, Wolf-Dieter Ludwig, geäußert hatte. Der Konzern verwies stattdessen auf positive Bewertungen etwa von der „Deutschen Gesellschaft für Neurologie“ (DGN). Unerwähnt ließ die Aktien-Gesellschaft dabei allerdings, dass sie zu den Sponsoren der „Deutschen Gesellschaft für Multiple Sklerose“ gehört (s. o.), die im Beirat der DGN sitzt

BAYERs Kongress-Sponsoring
Es gibt kaum einen MedizinerInnen-Kongress, den der Leverkusener Multi nicht sponsert. 2014 „unterstützte“ er nach Informationen der Initiative BIOSKOP beispielsweise die NeurologInnen-Tagung in Marburg, den Berliner Diabetes-Kongress, den Berliner Krebs-Kongress, den „Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin“ in Wiesbaden und die Jahrestagung der „Deutschen Gesellschaft für Kardiologie“. Und oftmals belässt es der Pharma-Riese zu diesen Gelegenheiten nicht bei Ausstellungsständen, sondern hält auch noch Symposien ab (siehe auch RECHT & UNBILLIG).

BAYER sponsert Arzneipreis-Studie
Die „UCL School of Pharmacy“ hat festgestellt, dass die Innovationskraft der Pillen-Riesen gefährdet ist, wenn diese nicht mehr Geld für ihre Erzeugnisse bekommen. Erkenntnisfördernd hat sich dabei die Finanzierung der Studie durch BAYER und NOVARTIS ausgewirkt. ÄRZTE OHNE GRENZEN kritisierten die „Reichtum macht erfinderisch“-These der UCL hingegen scharf und werteten sie als Teil einer breiter angelegten Kampagne für höhere Arznei-Preise. Die Organisation warf den Konzernen vor, trotz immenser Profite bei der Entwicklung wichtiger Medikamente, wie z. B. neuer Antibiotika, zu versagen und forderte die Unternehmen auf, ihre Geschäftspraxis zu ändern. „Es ist dringend nötig, dass BAYER, NOVARTIS und die Industrie als Ganzes Innovationsmodelle entwickeln, die neue Pharmazeutika für alle erschwinglich hält“, so die Sprecherin Katy Athersuch.

BAYER zeichnet Bluter-Film aus
Im Rahmen seiner image-fördernden Sponsoring-Aktivitäten finanziert der Leverkusener Multi auch den „Deutschen Hörfilm-Preis“ des „Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes“. Im März 2014 hat dieser nun ausgerechnet ein Werk ausgezeichnet, in dem der Pharma-Riese selber eine nicht gerade kleine Rolle spielt. „Blutgeld“ handelt nämlich von dem AIDS-Skandal, den HIV-verseuchte Blutprodukte von BAYER und anderen Konzerne in den 1980er Jahren ausgelöst haben, weil die Unternehmen die Präparate aus Kostengründen keiner sterilisierenden Hitze-Behandlung unterzogen hatten. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN protestierte scharf gegen das soziale Marketing des Global Players: „Wie pervers ist das denn? Das Leben Tausender Bluter hätte gerettet werden können, wenn die Verantwortlichen bei BAYER damals rechtzeitig gehandelt hätten. Und heute werden die Opfer dazu missbraucht, dem Konzern durch ‚mildtätige Gaben’ ein menschliches Antlitz zu verleihen.“

Fortbildung von JournalistInnen
Krebs-Medikamente gehören zu den lukrativsten Pharma-Präparaten BAYERs. Darum ist dem Konzern an einer guten Presse gelegen. Um eine solche zu bekommen, unterstützt er Fortbildungsmaßnahmen für JournalistInnen. So stellte er der US-amerikanischen „National Press Foundation“ Geld zur Durchführung eines Programmes zur Verfügung, das SchreiberInnen im Dezember 2014 vier Tage lang die „Cancer Issues 2014“ nahebringen will.

Keine milde Reis-Gabe
Seit einiger Zeit vermarktet BAYER seinen hybriden, also nicht zur Wiederaussaat geeigneten Reis massiv und erhält sogar „Entwicklungshilfe“ (siehe ERSTE & DRITTE WELT). Um seine Produkte auf die Felder zu bringen, hat er Kooperationen mit staatlichen Stellen in Indonesien, Brasilien, Burma, China, Thailand, Vietnam und auf den Philippinen vereinbart. Und auch die Schäden, die der Taifun „Yolanda“ Anfang des Jahres in Südostasien angerichtet hat, nutzte der Leverkusener Multi zu Werbe-Zwecken. So spendete er 1.000 FarmerInnen insgesamt 20 Tonnen der Sorte ARIZE. Ob diese damit glücklich werden, steht allerdings dahin. So klagten etwa indonesische LandwirtInnen über ARIZE, weil er hohe Produktionskosten verursacht, schlecht schmeckt und anfälliger gegenüber Schadinsekten ist. Zudem ist der Hybrid-Reis auf die Bedürfnisse der industriellen Landwirtschaft zugeschnitten, weshalb die Initiative ALLIANCE OF AGRARIAN REFORM MOVEMENT bereits vor einem Bauernsterben warnte.

BAYER sammelt Unterschriften
Viele chemische Substanzen ähneln in ihrem Aufbau Hormonen und wirken auch vergleichbar. Darum können sie den menschlichen Hormonhaushalt stören und so den Organismus schädigen. Die Europäische Union arbeitet gerade an einer Schwarzen Liste solcher Stoffe. Da viele von ihnen in Pestiziden zum Einsatz kommen, fürchtet der Leverkusener Multi um seine Produktpalette. Zudem beklagt er „die völlig überzogenen Registrierungsanforderungen“ der EU im Allgemeinen und das von ihr vorübergehend verhängte Verbot der bienenschädigenden BAYER-Ackergifte PONCHO und GAUCHO im Besonderen. Der Konzern hat deshalb eine Kampagne ins Leben gerufen. Er warnt bei einer Fortführung der gegenwärtigen Pestizid-Politik nicht nur vor Betriebsverlagerungen und Arbeitsplatzverlusten in der Chemie-Branche, sondern auch vor einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit der bundesdeutschen Landwirtschaft. Viele Bauern und Bäuerinnen vermochte das Unternehmen schon zu mobilisieren; 13.000 Unterschriften sammelte der Agro-Riese unter ihnen. „Die Bauernschaft ist aufgewacht“, bekundete der Deutschland-Chef von BAYER CROPSCIENCE, der passenderweise auch dem „Industrieverband Agrar“ vorsitzt, bei der Übergabe der Unterschriften-Listen an den Bauernverbandspräsidenten Joachim Rukwied. Und der bedankte sich artig beim Global Player: „Der Einsatz von BAYER bei dieser Aktion ist in der Branche vorbildhaft (...) Gegenüber den Gremien in Brüssel können wir ein eindeutiges Signal für den Pflanzenschutz setzen.“

BAYER bei der Fußball-WM
BAYER nutzte die Fußball-WM in Brasilien als Werbe-Auftritt für „Chemie im Alltag“. „Transparente MAKROLON-Massivplatten sorgen (...) dafür, dass die 70.000 Zuschauer im künftigen Estádio Nacional in der Hauptstadt Brasilia geschützt vor Sonne und Regen verfolgen können“, vermeldete der Konzern. In der heimatlichen „Bayarena“ musste der Hausherr eine ältere Version dieser Platten jedoch wegen Brandgefahr für teures Geld auswechseln. Aber nicht nur im „Estadio Nacional“ steckt Chemie made in Leverkusen. Auch im WM-Ball, in den Fußballschuhen und in der „Wäsche mit Kompressionsfunktion, die wie eine zweite Haut am Körper sitzt“, treibt sie ihr Unwesen.

Bienenweiden made by BAYER
Obwohl die hauseigenen Pestizide nun auch schon die hauseigenen Bienen dahingerafft haben (siehe PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE), leugnet der Leverkusener Multi immer noch beharrlich den Zusammenhang zwischen der Verwendung von Agro-Giften und dem Bienensterben. Stattdessen inszeniert sich der Konzern als Bienenkümmerer. Zu seinen „Bee Care“-Aktivitäten gehört neben dem Anlegen von Ackerrand-Streifen mit pollen-reichen Blütenpflanzen in einem Feldversuch (Ticker 4/13) auch die Unterstützung von Bienenweiden. „Allein in Deutschland und Österreich stellt BAYER im Rahmen des Projektes ‚Blühende Wege’ fast 30 Gemeinden und Städten das Saatgut kostenlos zur Verfügung“, verkündet das Unternehmen.

Extrem-Lobbyismus auf Hawaii
Auf Hawaii haben einige Regierungsbezirke strenge Auflagen zum Pestizid-Gebrauch erlassen. Darüber hinaus haben sie die Aussaat von Gen-Pflanzen verboten oder planen einen entsprechenden Bann. In eine Kampagne gegen diese Regelung steckten BAYER, MONSANTO & Co. 50.000 Dollar. Dabei bedienten die Konzerne sich auch ihrer Jura-Fabrik ALEC, die PolitikerInnen Paragrafen-Werke frei Haus liefert (Ticker 4/12). Für den besonderen Zweck hatte sie ein „Modell-Gesetz“ im Angebot, das es Bundesstaaten erlaubt, auf niedrigeren Ebenen erlassene Bestimmungen wieder aufzuheben. Auch die am 9. August auf der Insel anstehende Wahl ließen sich die Unternehmen viel kosten. Ihnen wohl gesonnene Kandidaten erhielten jeweils 5-stellige Beträge. Aber nicht nur auf Hawaii steigt die Zahl der Gentechnik-GegnerInnen. Zwei Bezirke des Bundesstaates Oregon votierten ebenfalls gegen die Laborfrüchte. In Jackson County erreichte eine von FarmerInnen initiierte Petition eine Stimmen-Mehrheit, obwohl die Multis wieder ein ALEC-Gesetz gegen das Ansinnen aufgeboten und rund 450.000 Dollar in Gegenpropaganda (BAYER-Anteil: 22.000 Dollar) investiert hatten. Und im Anschluss daran gelang es auch LandwirtInnen in Josephine County, ein entsprechendes Begehr durchzusetzen.

Der Konzern als Kümmerer
Während der Konzern de facto immer unsozialer wird, indem er Arbeitsplätze vernichtet und Arbeitsbedingungen verschärft, macht seine PR-Abteilung seit einiger Zeit verstärkt auf „sozial“. Zu diesem Behufe initiierte sie 2007 die „BAYER Cares Foundation“, die Projekte in der Nähe der Konzern-Standorte fördert. 2013 unterstützte die Stiftung unter anderem die Bergkamener Down-Syndrom-Initiative, die in Wuppertal ansässige Ökumenische Telefon-Seelsorge, den Krefelder Mitmach-Bauernhof und den Verband der Funkamateure Moers. Über die Herbert-Grünewald-Stiftung gingen zudem Gelder an eine Schwimmgruppe für Menschen mit geistiger Behinderung, an den deutschen Gehörlosen-Sportverband sowie an das Inklusion beherzigende Fußball-Team einer Essener Hilfseinrichtung. Und den ASPIRIN-Sozialpreis des Jahres erhielt das Forschungszentrum Borstel für ihr Konzept zur Tuberkulose-Aufklärung.

TIERE & ARZNEIEN

Harmloses Tierarznei-Gesetz
Der massenhafte Einsatz von Antibiotika in der Massenzucht fördert die massenhafte Entwicklung resistenter Erreger. In den menschlichen Organismus gelangt, können diese Krankheiten auslösen, gegen welche die human-medizinischen Pendants der Mittel dann nicht mehr wirken. 2012 lag die Gesamtmenge der verabreichten Pharmazeutika dieser Medikamenten-Gruppe bei 1.619 Tonnen. Der Anteil der Fluorchinolone, zu denen BAYERs BAYTRIL zählt, nahm dabei gegenüber dem Vorjahr um zwei auf zehn Tonnen zu. Die Politik hatte zwar eine Gesetzes-Verschärfung angekündigt, um den Verbrauch zu verringern, es blieb jedoch bei kosmetischen Maßnahmen. So sieht die neue „Tierarzneimittel-Mitteilungsdurchführungsverordnung“ lediglich ausgeweitete Dokumentationspflichten vor. Auf diese Weise hofft das Bundeslandwirtschaftsministerium LandwirtInnen, die sich besonders freigiebig im Umgang mit BAYTRIL & Co. zeigen, herausfiltern und zur Einsicht bringen zu können. An den Strukturen der Massentierhaltung aber will die Große Koalition nichts ändern. Zudem gilt das neue Paragrafen-Werk nur für Unternehmen mit mehr als 250 Mastschweinen und mehr als 1.000 Masthühnern bzw. -puten.

TIERE & VERSUCHE

Mehr Tierversuche
Im Geschäftsjahr 2013 hat der Leverkusener Multi mehr Tierversuche durchgeführt als 2012. Während der Konzern selber seine Experimente herunterfuhr und in den Laboren „nur“ noch 142.084 Ratten, Mäuse und andere Lebewesen traktierte (2013: 147.315), vergab er mehr Tests an externe Dienstleister, und dementsprechend stieg dort die Versuchstier-Zahl von 23.282 auf 30.203.

DRUGS & PILLS

Neuer YASMIN-Beipackzettel
Von Verhütungsmitteln der dritten Generation wie BAYERs YASMIN mit dem Wirkstoff Drospirenon geht ein höheres Thromboembolie-Risiko aus als von älteren Präparaten. Allein die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA registrierte im Zusammenhang mit YASMIN bereits 190 Sterbefälle. Die Europäische Arzneimittel-Behörde EMA hat die Präparate deshalb überprüft. Trotz ihrer Gefährlichkeit sieht die Einrichtung allerdings keine Veranlassung, die Mittel zu verbieten. Sie hat bloß veranlasst, auf den Beipackzetteln deutlicher vor den möglichen Nebenwirkungen zu warnen. Zudem kündigte die EMA eine Studie zum Gefährdungspotenzial des Inhaltsstoffs Chlormadinon an, der unter anderem in BAYERs ENRIQA enthalten ist. Das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM) beließ es jedoch nicht dabei, den Durchführungsbeschluss der EU umzusetzen: Es sprach sich ausdrücklich für die Verschreibung von älteren, risiko-ärmeren Kontrazeptiva mit dem Wirkstoff Levonorgestrel aus.

TRASYLOL: Vor Zulassung in Gebrauch?
Im November 2007 musste der Leverkusener Multi das Medikament TRASYLOL, das MedizinerInnen bei OPs zur Blutstillung einsetzten, wegen der Nebenwirkung „Tod“ vom Markt nehmen. Mehrere Studien hatten die Gefährlichkeit des Medikamentes belegt. So analysierte der Harvard-Professor Alexander Walker die Unterlagen von 78.000 Krankenhaus-PatientInnen und konstatierte im Falle einer Behandlung mit der Arznei eine erhöhte Sterblichkeitsrate sowie ein größeres Risiko für Nierenversagen, Schlaganfälle und Herz-Erkrankungen. Die EU hob das Verbot 2012 jedoch wieder auf, und der Leverkusener Multi verkaufte das Medikament an das schwedische Unternehmen NORDIC. Aber der Pharma-Riese kann die Verantwortung für die Risiken und Nebenwirkungen des Pharmazeutikums nicht so einfach abschütteln. Auf der BAYER-Hauptversammlung Ende April 2014 konfrontierte die Australierin Jennifer Lloyd den Konzern mit dem Vorwurf, den Tod ihres Vaters verschuldet zu haben. Nachdem er 1978 in einem Melbourner Hospital TRASYLOL erhalten hatte, erlitt er eine Serie von Herzinfarkten und verstarb schließlich. Noch dazu war das laut Jennifer Lloyd zu einem Zeitpunkt, da das Mittel in dem Land noch gar keine offizielle Zulassung besaß. Auf eine Erklärung zu dem frühen Gebrauch oder gar auf ein Schuldeingeständnis wartete die junge Frau in Köln jedoch vergebens.

NEXAVAR-Studie scheitert
BAYERs NEXAVAR mit dem Wirkstoff Sorafenib hat bislang eine Zulassung bei den Indikationen „fortgeschrittener Nierenkrebs“ und „fortgeschrittener Leberkrebs“. Der Leverkusener Multi setzt jedoch alles daran, das Anwendungsspektrum zu verbreitern. Ein Versuch mit dem Medikament zur ergänzenden Behandlung von solchen Leberkrebs-PatientInnen, denen die MedizinerInnen alle erkennbaren Tumor-Teile herausoperiert hatten, scheiterte allerdings: Die Arznei hat die Zeit bis zum Ausbruch neuer Karzinome nicht hinauszögern können. Vorher hatte NEXAVAR schon bei Haut-, Brust- und Bauchspeicheldrüsenkrebs versagt.

ASPIRIN verhindert keine Infarkte
Der Einsatz von ASPIRIN bei chirurgischen Eingriffen kann das Risiko von Herzinfarkten nicht vermindern. Stattdessen steigt für die PatientInnen die Gefahr, Blutungen zu erleiden. Das ergab eine Studie, die das „Population Health Research Institute“ der „McMaster University“ durchführte.

FDA: Kein ASPIRIN gegen Infarkte
Seit Jahren versucht der Leverkusener Multi nun schon, seinen „Tausendsassa“ ASPIRIN trotz eher durchwachsener Bilanz (s. o.) als Mittel zur Herzinfarkt-Prophylaxe zu etablieren. Bei Menschen, die vorbelastet sind, hat der Konzern dafür schon grünes Licht bekommen. Jetzt wollte er aber das Indikationsgebiet ausweiten und von der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA die Genehmigung dafür erhalten, das Medikament auch Gesunden zur Vorbeugung von Infarkten andienen zu können. Das lehnte die Behörde allerdings ab. „Nach einer sorgfältigen Überprüfung klinischer Studien kam die FDA zu dem Schluss, dass aus den Daten keine Empfehlung ableitbar ist, ASPIRIN Menschen zu verabreichen, die noch keinen Herzinfarkt oder Gehirnschlag erlitten und keine Herz/Kreislauf-Probleme haben“, sagte Dr. Robert Temple. Bei dieser Gruppe übersteige das Risiko von inneren Blutungen den Nutzen, so der Forschungsdirektor der Behörde.

ASPIRIN COMPLEX hilft nicht
Der Spiegel hat Peter Sawicki, den ehemaligen Direktor des „Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ gebeten, verschiedene Erkältungsmittel zu bewerten. BAYERs ASPIRIN COMPLEX mit den Inhaltsstoffen Acetylsalicylsäure und Pseudoephedrin-Hydrochlorid schneidet dabei nicht gut ab. Seine schleimhaut-abschwellende Wirkung lässt laut Sawicki zu wünschen übrig. Zudem leuchtet ihm nicht ein, warum ein Beutel des Mittels neunmal teurer ist als eine ASPIRIN-Tablette. Die „Stiftung Warentest“ kommt zu einem ähnlichen Urteil: „Eine nicht sinnvolle Kombination.“ Der Leverkusener Multi widerspricht da natürlich. Vom Spiegel zu einer Stellungnahme aufgefordert, verweist er auf positive Studien-Ergebnisse und betont, die Preise von ASPIRIN pur und ASPIRIN-COMPLEX seien nicht vergleichbar.

ASPIRIN bei Darmkrebs?
Nach zwei neueren Studien kann ASPIRIN bei bestimmten Menschen das Darmkrebs-Risiko reduzieren. Bei Personen mit einer größeren Menge des Enzyms 15-PGDH im Darm vermag der „Tausendsassa“ das Gefährdungspotenzial herabzusenken. Das berichteten – allerdings anhand relativ weniger Fälle – US-WissenschaftlerInnen in der Fachzeitschrift Science Translational Medicine. Zu einem ähnlichen Ergebnis waren vorher schon britische ForscherInnen gekommen (Ticker 4/09). Sie rieten aber trotzdem von einer vorbeugenden Einnahme ab, da die Wirksubstanz schwere Nebenwirkungen wie Magenbluten hat.

Leberschäden durch XARELTO
Zu den häufigsten Nebenwirkungen von BAYERs Gerinnungshemmer XARELTO zählen Blutungen. Aber auch Leberschädigungen treten oft auf. So erhielt die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA in den ersten zehn Monaten des Jahres 2013 320 diesbezügliche Meldungen von ÄrztInnen. Sieben tödliche Verläufe waren darunter und 26 Fälle von Leberversagen. „In der entsprechenden Fachinformation (...) findet man dazu keine deutliche Warnung“, kritisiert der Arzneimittelreport der Krankenkasse Barmer GEK. Der Leverkusener Multi weist dort lediglich darauf hin, dass PatientInnen mit Leber-Erkrankungen das Medikament nicht nehmen sollten.

XARELTO macht die Kassen arm
BAYERs umstrittener Gerinnungshemmer XARELTO (s. o.) gehörte 2013 zu den umsatzträchtigsten patentgeschützten Arzneimitteln in der Bundesrepublik. Mit Erlösen von 949 Millionen Euro – fast 200 Prozent mehr als 2012 – musste das Präparat mit dem Wirkstoff Rivaroxaban nur den beiden Rheuma-Mitteln HUMIRA und ENBREL den Vortritt lassen. Das Konkurrenz-Präparat PRADAXA mit dem Wirkstoff Dabigatran kam mit 86 Millionen Euro nicht annähernd in solche Regionen. Die Krankenkasse Barmer GEK, die nur für fünf Arzneien mehr ausgab als für das BAYER-Produkt und fast ein Prozent ihres Medikamenten-Etats in das Mittel investieren musste, schreibt dies bloß dem immensem Reklame-Aufwand des Konzerns zu. „Da Dabigatran länger auf dem Markt erhältlich ist und früher eine Zulassungserweiterung als Rivaroxaban bekommen hatte und da bis heute keine pharmakologischen Vorteile oder gravierenden Unterschiede zwischen den beiden Wirkstoffen belegt wurden, kann diese extreme Steigerung bei Rivaroxaban nur durch Marketing- und Werbemaßnahmen zustande gekommen sein“, heißt es im „Arzneimittelreport 2014“.

Vitamin-Pillen helfen nicht
Der Leverkusener Multi preist seine ONE-A-DAY-Vitaminpräparate als wahre Wunderpillen an. Nach Angaben des Konzerns sollen sie gleichzeitig das Herz und die Immunabwehr stärken, den Augen gut tun und dem Körper zu mehr Energie verhelfen. Dank solcher Versprechungen finden diese Produkte und andere Nahrungsergänzungsmittel aus dem Hause BAYER reißenden Absatz. Im Geschäftsjahr 2013 machte das Unternehmen damit einen Umsatz von über einer Milliarde Euro. Das medizinische Urteil über die zusätzlich zur Nahrung eingenommenen Substanzen fällt allerdings verheerend aus. So kam ein ForscherInnen-Team der „Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health“ um Dr. Eliseo Guallar zu dem Schluss: „Wir glauben, dass es klar ist, dass Vitamine nicht helfen.“ Da ONE-A-DAY & Co. unter Umständen sogar noch negative Wirkungen entfalten können, forderte Guallar die VerbraucherInnen unmissverständlich auf, die Stoffe nicht mehr zu kaufen.

Schwanger trotz ESSURE
ESSURE, BAYERs ohne Hormone auskommendes Mittel zur Sterilisation, hat unter anderem Nebenwirkungen wie Blutungen, Hautausschläge, Kopfschmerzen, Übelkeit und kann Allergien auslösen. Die kleine Spirale, deren Kunststoff-Fasern für ein so großes Wachstum des Bindegewebes sorgen sollen, dass es die Eileiter verschließt, verrichtet zudem ihren Dienst nicht zuverlässig. Die Wahrscheinlichkeit, trotz ESSURE schwanger zu werden, liegt bei 9,6 Prozent. Das ergab eine Studie der „Yale School of Medicine“ unter Leitung von Aileen Gariepy.

BAYERs Afrika-Agenda
Seit einiger Zeit haben die Global Player auf der Suche nach neuen Absatz-Gebieten die „Low-income Markets“ entdeckt (siehe auch SWB 4/13). Nach einer vom „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (BMZ) herausgegebenen – und vom Pillen-Riesen SANOFI gesponserten – Expertise haben diese nämlich ein Volumen von bis zu 160 Milliarden Dollar. Deshalb heißt es bei BAYER: „2014 steht eine Afrika-Strategie hoch oben auf der Agenda.“ Momentan setzt die Pharma-Sparte auf dem Kontinent 650 Millionen Euro um. Der Konzern erwartet durch eine anwachsende Mittelklasse jedoch deutlich bessere Zahlen, besonders in Kenia, Tansania, Kamerun, Nigeria, der Elfenbeinküste und Südafrika. Als Türöffner für die Ausweitung des Export-Geschäfts fungieren dabei oft staatliche Hilfsorganisationen. So hat der Leverkusener Chemie-Multi in Äthiopien mit der US-amerikanischen Entwicklungshilfe-Behörde USAID ein „innovatives Geschäftsmodell“ entwickelt. Die „Contraceptive Security Initiative“ sieht vor, Frauen „mit mittlerem Einkommen in vorerst elf subsaharischen Entwicklungsländern Zugang zu bezahlbaren oralen Kontrazeptiva“ zu verschaffen. Das Unternehmen stellt dafür die Pillen bereit, und die USAID zahlt für die Erstellung und Verbreitung von Informationsmaterial zu den Mitteln. „Einen neuen strategischen Ansatz und einen innovativen Weg zur Erschließung der Märkte in Entwicklungsländern“ nennt der Pharma-Riese das Ganze.

BAYER kauft PatientInnen-Daten
Wissen ist Macht – darum interessiert sich BAYER sehr für PatientInnen-Daten. Bei der englischen Gesundheitsbehörde NHS erwarb der Leverkusener Multi Material, „um die Größe des britischen Marktes für Gebärmutter-Wucherungen zu erkunden“ und mit diesem Wissen „den Marketingstrategie-Prozess zu füttern“. Auch andere Firmen beteiligten sich am Großeinkauf, was auf der Insel einen großen Skandal auslöste. Der Pharma-Riese hat aber noch andere Informationsquellen. So ist er in der Bundesrepublik Kunde bei der Firma PHARMAFACT, welche die Rezepte der Krankenkassen auswertet. Darum weiß der Konzern ganz genau, wie das Geschäft mit seinen Arzneien so läuft und wie er seine Pharma-DrückerInnen präparieren muss. Manchmal weiß er es sogar genauer, als die Polizei erlaubt. PHARMAFACT gab nämlich bis 2012 widerrechtlich nicht nur anonymisierte Unterlagen heraus, sondern auch solche mit Namen von MedizinerInnen, so dass BAYER & Co. ganz genaue Informationen über die Verschreibungsgepflogenheiten in den einzelnen Praxen hatten. „Die Unterlagen, die uns in Auszügen zugespielt wurden, scheinen valide zu sein. Sie könnten einen der größten Daten-Skandale der Bundesrepublik im Medizinbereich aufdecken“, so das „Unabhängige Datenschutzzentrum Schleswig-Holstein“ damals.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Tod durch Endosulfan
In Argentinien starb ein Junge durch eine Vergiftung mit dem eigentlich verbotenen Pestizid Endosulfan, das auf einer nahe der Wohnung der Familie gelegenen Tomaten-Plantage zum Einsatz kam. Gegen ihren Besitzer, der den früher auch in BAYER-Produkten wie MALIX, PHASER und THIODAN enthaltenden Wirkstoff ausbringen ließ, läuft in der Sache jetzt ein Strafverfahren.

Pestizide in Pollen
Ackergifte haben einen großen Anteil am weltweiten Bienensterben. Da wundert es nicht, dass GREENPEACE die Agro-Chemikalien auch in von den Bienen gesammelten Pollen aufspüren konnte. In 72 von 107 Proben fanden sich Pestizid-Rückstände. Unter den drei am häufigsten nachgewiesenen Wirkstoffen fanden sich zwei, die auch in BAYER-Mitteln enthalten sind: Chlorpyrifos (BLATTANEX, PROFICID und RIDDER) und Thiacloprid (CALIPSO, PROTEUS). Aber es waren auch noch andere vom Leverkusener Multi verwendete Substanzen im Blütenstaub enthalten wie Fenhexamid (TELDOR), Spiroxamine (PROSPER) und Trifloxystrobin (NATIVO, CORONET).

Pestizide in Zuchtblumen
GREENPEACE hat Zierpflanzen aus Garten-Centern und Baumärkten nach Pestizid-Rückständen untersucht. In 84 der 86 Proben wurde die Organisation fündig. Und am häufigsten führte die Spur nach Leverkusen: „In Anbetracht aller nachgewiesenen Pestizide kann der größte Produzent als BAYER CROPSCIENCE identifiziert werden, der sechs von 18 nachgewiesenen Pestizide produziert“, Am häufigsten stießen die WissenschaftlerInnen dabei auf die besonders für Bienen gefährlichen Neonicotinoide GAUCHO (Wirkstoff: Imidacloprid) und PONCHO (Clothianidin), deren Gebrauch die EU vorerst stark eingeschränkt hat. In 43 bzw. sieben Prozent der untersuchten Blumen trieben diese Substanzen ihr Unwesen.

Pestizide im Salat
In der NDR-Sendung markt untersuchten JournalistInnen, wie viel Pestizid-Rückstände sich auf einem Blattsalat finden lassen. Sie behandelten einen Kopf mit dem BAYER-Insektizid CALYPSO und gaben ihn anschließend in ein Labor. Die WissenschaftlerInnen wiesen sechs Milligramm des Wirkstoffes Thiacloprid pro Kilo in der Probe nach – vier Milligramm mehr, als der Gesetzgeber erlaubt. Die Redaktion konfrontierte dann den Leverkusener Multi mit dem Ergebnis. Und der konnte sich das alles nur mit einer falschen Versuchsanordnung erklären: „Wir schließen aus dem von ihnen angegebenen sehr hohen Wert von sechs Milligramm pro Kilogramm, dass entweder die empfohlende Aufwandmenge überschritten worden ist oder die Analyse unmittelbar nach der Anwendung erfolgte.“ Da schloss der Konzern aber falsch: Das Fernseh-Team hatte sich genau an die Packungsanweisung gehalten und den Salat auch erst nach Ablauf einer bestimmten Zeit zur Untersuchung gebracht.

Bienensterben comes home
Nun konnte der BAYER-Konzern die Wirkung seiner Pestizide auf das Leben der Bienen einmal aus erster Hand erleben. Von dem Bienensterben mit einer Million toten Tieren, zu dem es Ende März 2014 in Leverkusen kam, waren nämlich auch eigene Bestände betroffen. Und als Ursache stellten die Behörden zweifelsfrei BAYERs Pestizid-Wirkstoff Clothianidin fest, dessen Zulassung für bestimmte Anwendungen wegen seiner bienenschädigenden Effekte eigentlich noch bis zum Dezember 2015 ruht. Von der Varroa-Milbe, welche der Agro-Riese selber immer gerne für die Dezimierung der Gattung verantwortlich macht, war dagegen weit und breit nichts zu sehen. Aus welcher Quelle das Agro-Gift stammte, vermochten die Behörden in einer nachfolgenden Untersuchung allerdings nicht mehr zu ermitteln.

Neue Bienensterben-Studien
Die beiden BAYER-Pestizide PONCHO und GAUCHO gehören zur Gruppe der Neonicotinoide. Wegen ihrer Schädlichkeit für Bienen hat die EU sie 2013 für vorerst zwei Jahre aus dem Verkehr gezogen. Diverse neue Studien belegen nun, wie richtig die Entscheidung war. Ein WissenschaftlerInnen-Team der Harvard University um Chensheng Lu setzte 12 Bienenvölker Neonicotinoiden aus und ließ sechs verschont. Den Sommer über passierte nichts, aber im Winter verwaisten sechs der mit den Pestiziden traktierten Bienenstöcke – für die ForscherInnen ein klares Zeichen für die Langzeitfolgen von PONCHO & Co. Zu einem ähnlichen Befund kommt die internationale WissenschaftlerInnen-Gruppe „Task Force on Systemic Pesticides“. Sie analysierte 150 Neonicotinoid-Studien und das Fazit lautete: Die Stoffe haben verheerende Auswirkungen nicht nur auf Bienen, sondern auch auf andere Insekten, Würmer und Vögel. Da die Chemikalien also den ganzen Naturkreislauf stören, fordert die Task Force ein weltweites Verbot der Substanz-Klasse. Caspar Hallmann von der niederländischen Radboud-Universität konnte die Schäden teilweise sogar genau beziffern. Nach seiner Untersuchung geht die Vogel-Population bei einer GAUCHO-Konzentration im Oberflächen-Gewässer von mehr als 20 Billionstel Gramm pro Liter um jährlich 3,5 Prozent zurück, weil das Gift den Tieren ihre Nahrungsgrundlagen raubt.

UBA für sparsamen Glyphosat-Gebrauch
Das Anti-Unkrautmittel Glyphosat kommt hauptsächlich in Kombination mit MONSANTO-Genpflanzen der „ROUND UP“-Baureihe zum Einsatz, aber auch in BAYER-Pestiziden wie GLYPHOS oder USTINEX. Zudem will der Multi es künftig gemeinsam mit der Gensoja-Sorte „FG 72“ sowie seinen genmanipulierten Baumwoll-Arten „GHB 614“, „GHB119“ und T304-40 vermarkten. Obwohl mehrere Studien Spuren des Giftstoffes im menschlichen Organismus gefunden hatten, stellte das „Bundesinstitut für Risiko-Bewertung“ (BfR) der Substanz eine Unbedenklichkeitsbescheinigung aus. Das Umweltbundesamt (UBA) plädiert hingegen für eine sparsame Verwendung des Mittels, denn es trägt nach Ansicht des UBA-Chemieexperten Klaus Günter Steinhäuser wesentlich zur Reduzierung der Artenvielfalt bei.

Glyphosat-Gebrauch eingeschränkt
Der Pestizid-Wirkstoff Glyphosat steht im Verdacht, Fehlbildungen hervorzurufen, das Erbgut zu schädigen und Krankheiten wie Alzheimer, Diabetes und Krebs zu befördern. Das Verbraucherschutzministerium hat deshalb eine Ausbringungsbeschränkung für den auch in BAYER-Produkten vorkommenden (s. o.) Stoff erlassen. Es erlaubt die „Spätanwendung in Getreide“ nur noch auf Teilflächen. Dem Bundesrat geht das allerdings nicht weit genug. Die Länderkammer fordert ein umfassendes Verbot des Einsatzes der Substanz bei der Reife-Beschleunigung und darüber hinaus noch einen Glyphosat-Bann für den Haus- und Gartenbereich.

El Salvador bannt BAYER-Pestizide
Von 2007 bis 2011 gingen den Behörden in El Salvador 8.159 Meldungen über Pestizid-Vergiftungen ein. Darum zog das Land die Notbremse und verbot 53 Wirkstoffe. Der Bann betrifft auch viele Substanzen, die in BAYER-Mitteln Verwendungen finden wie etwa Endosulfan (MALIX, PHASER, THIODAN), Glyphosat (GLYPHOS, USTINEX G), Chlorpyrifos (BLATTANEX, PROFICID und RIDDER), Parathion-Methyl (ME 605 Spritzpulver) und Methamidophos (TAMARON). Kurz darauf verweigerten die USA die Freigabe von schon bewilligten Entwicklungshilfe-Geldern, weshalb nicht wenige UmweltaktivistInnen darin eine von BAYER & Co. veranlasste Strafaktion der Obama-Administration sehen.

Teilverbot für MESUROL
Das BAYER-Pestizid MESUROL darf nicht mehr als Mittel gegen Schnecken zum Einsatz kommen. Wegen der extremen Giftigkeit des Inhaltsstoffs Methiocarb hat die EU dem Produkt für diesen Anwendungsbereich die Zulassung entzogen.

BAYER goes bio

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Der Leverkusener Multi setzt in letzter Zeit vermehrt auf „bio“, da sich Schadinsekten und Unkräuter immer besser auf die handelsüblichen Pestizide einstellen. So kaufte er jetzt das argentinische Unternehmen BIAGRO, das biologische Saatgutbehandlungsmittel auf der Basis von Mikro-Organismen und Pilzen sowie Mittel zur Stärkung des Pflanzen-Wachstums produziert.

BAYER goes bio

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Der Global Player will die Produktion von Pestiziden auf biologischer Basis erhöhen. Um mehr Chargen seines Anti-Wurmmittels BIBACT und seines Anti-Pilzmittels CONTANS herstellen zu können, baut er seine Fertigungsstätte in Wismar aus. Auch die Forschungsaktivitäten am Standort plant der Leverkusener Multi zu erweitern. Noch machen BIBACT & Co. allerdings nur einen Bruchteil der Produktpalette von BAYER AGROSCIENCE aus.

GENE & KLONE

Die Gentech-Ökonomie
In ihrer Werbung für die Gentechnologie versprechen die Agro-Riesen gerne das Grüne vom Himmel bzw. der Erde. So sollen die Laborfrüchte nicht weniger als das Welthunger-Problem lösen helfen. Im Alltagsgeschäft hört sich das alles weit profaner an. In einem Patentantrag für ein gentechnisches Verfahren redet BAYER Klartext. „Transgene Pflanzen werden vor allem eingesetzt, um das Produktionspotenzial der jeweiligen Pflanzen-Sorte bei möglichst geringem Einsatz von Produktionsmitteln möglichst günstig zu nutzen“, heißt es dort ungeschminkt.

Neues Gentech-Soja
In den USA bringt BAYER 2015 die Genlabor-Frucht CREDENZ heraus und vermeint damit laut eigener Werbeaussage, die Sojabohne neu erfunden zu haben. Der Konzern vermarktet das Produkt in zwei Variationen, einmal mit einer Resistenz gegen das Pestizid Glyphosat und einmal mit einer gegen Glufosinat. Das ursprünglich von MONSANTO entwickelte Glyphosat ist seit 30 Jahren im Einsatz und steht im Verdacht, Fehlbildungen hervorzurufen, das Erbgut zu schädigen und Krankheiten wie Alzheimer, Diabetes und Krebs zu befördern. Da viele Wildpflanzen dem Mittel inzwischen trotzen, hofft der Leverkusener Multi mit seinem noch gefährlicheren und deshalb in der EU nur noch bis 2017 zugelassenen Glufosinat in die Lücke vorstoßen zu können. Es dürfte jedoch nur eine Frage der Zeit sein, wann sich auch hier ein Gewöhnungseffekt einstellt.

Importgenehmigung für SYNT0H2
BAYER und SYNGENTA haben für ihr Gensoja SYNT0H2, das nicht nur gegen BAYERs Ultragift Glufosinat sondern auch gegen den Pestizid-Wirkstoff Mesotrione von SYNGENTA resistent ist, von den australischen Behörden eine Importgenehmigung erhalten.

Kein geringerer Pestizid-Verbrauch
Das US-amerikanische Landwirtschaftsunternehmen hat auf der Basis von Daten aus dem Jahr 2010 untersucht, ob die Einführung gentechnisch veränderter Pflanzen zu einer Reduzierung des Pestizid-Verbrauchs geführt hat, wie BAYER & Co. es in ihren Produkteinführungskampagnen versprochen hatten. Das Ergebnis fällt wenig erfreulich für die Agro-Riesen aus. Bei den Herbiziden gingen zwar am Anfang die ausgebrachten Mengen tatsächlich zurück, in den letzten Jahren stiegen sie jedoch wieder. Die Unkräuter können sich nämlich immer besser auf die Gifte einstellen, welche die Konzerne im Kombipack mit den gegen die Produkte immunen Labor-Pflanzen vermarkten. Bei den Insektiziden notierte der Report hingegen einen nachhaltigeren Rückgang, aber hier dürfte das dicke Ende, da sich Baumwoll-Kapselwurm & Co. an die Agrochemikalien gewöhnen, erst noch bevorstehen. Zudem geht die Reduzierung nicht auf die Gentechnik zurück. Auch in der konventionell betriebenen Landwirtschaft landeten weniger chemische Keulen auf den Feldern.

WASSER, BODEN & LUFT

BAYERs Energie-Mix
Der Strom, den der Leverkusener Multi an seinen Standorten selbst erzeugt, speist sich zu rund zwei Dritteln aus Erdgas und zu einem Drittel aus der besonders klimaschädigenden Kohle. Wie es um die Zusammensetzung der zugekauften Energie bestellt ist, machte der Konzern bisher nie öffentlich. Deshalb fragte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN auf der letzten Hauptversammlung im April 1014 nach. Das Unternehmen gab an, das übliche Großhandelsangebot zu beziehen und nannte folgende Zahlen für den Mix: 25,6 Prozent Braunkohle, 23,9 Prozent Erneuerbare Energien, 19,6 Prozent Steinkohle, 14,4 Prozent Atomenergie und 10,5 Prozent Erdgas.

„Dream Production“ geht in Serie
Der Leverkusener Multi entwickelte gemeinsam mit RWE und der „Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen“ ein Verfahren, um Kohlendioxid als Rohstoff zur Kunststoff-Herstellung zu nutzen (Ticker 1/10). Nach erfolgreicher Erprobung der „Dream Production“ errichtet BAYER nun in Dormagen für 15 Millionen Euro eine kleine Fertigungsstätte. Sie soll jährlich 5.000 Tonnen Polyole für die Polyurethan-Herstellung liefern. Der Pharma-Riese feiert diese Innovation als eine Großtat zur Rettung des Klimas. ExpertInnen beurteilen solche Versuche skeptischer. „Die stoffliche Nutzung kann keine riesigen Mengen binden, weil wir einfach viel, viel mehr Kohlendioxid freisetzen“, sagt etwa der Chemie-Ingenieur Arno Behr von der „Technischen Universität Dortmund“. Und selbst bei der günstigsten Hochrechnung fallen die Ergebnisse bescheiden aus. Sollten wirklich einmal weltweit alle Kunststoffe nach dem neuen Verfahren hergestellt werden, so wären gerade einmal 178 Millionen Tonnen Kohlendioxid gebunden – 0,6 Prozent der jährlichen Emissionen. Darüber hinaus fällt bei der „Dream Production“ selber nicht wenig CO2 ab, da energie-aufwendige Abtrennungs-, Reinigungs- und Verflüssigungsprozesse nötig sind, ehe aus den Rauchgasen der Kohlekraftwerke ein Rohstoff für die Chemie-Industrie entsteht.

Noch mehr „Dream Production“?
Ein großangelegtes Forschungsprojekt will nach Möglichkeiten suchen, um aus Kohlendioxid und anderen bei der Stahl-Produktion entstehenden Prozess-Gasen chemische Grundstoffe zu gewinnen. Neben dem Leverkusener Multi, der die Erfahrungen mit seiner „Dream Production“ (s. o.) einzubringen gedenkt, sind unter anderem THYSSENKRUPP, SIEMENS, BASF, RWE, die Universitäten Bochum und Duisburg sowie die Fraunhofer- und die Max-Planck-Gesellschaft an dem Vorhaben beteiligt.

Brückenbau auf Deponie-Gelände
Die Deponie Dhünnaue diente BAYER von 1923 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs als Giftmüll-Schlucker. Danach ließ der Leverkusener Multi nicht nur Gras über die Sache wachsen, sondern auch 220 Wohneinheiten sowie eine Schule, einen Kindergarten und ein Altersheim. Die Folge: Allein in der Hauptschule am Rand des Geländes traten 15 Krebserkrankungen und fünf Todesfälle auf. Die notwendigen Sanierungsmaßnahmen begannen erst in den 1990er Jahren. Der Konzern trug das verseuchte Erdreich jedoch keineswegs ab und umschloss es auch nicht vollständig. Lediglich zum Rhein hin sicherte er die Altlast mit Spundwänden ab. Deshalb ist es erforderlich, stündlich 750 Kubikmeter verseuchtes Wasser abzupumpen und zu reinigen – über Jahrhunderte hinweg. Und deshalb müssen jetzt auch die Sondierungsarbeiten zum Bau einer Autobahn-Brücke auf dem Areal äußerst vorsichtig verlaufen. Jedes Bohrloch birgt bis zu zwei Tonnen Sondermüll, was die Beschäftigten dazu nötigt, einen Ganzkörperschutz zu tragen. Auch besteht die Gefahr, dass die im Erdreich schlummernden Chemikalien die Brücken-Fundamente angreifen. „Man muss genau erkunden, welche Stoffe da vorhanden sind“, so Manfred Curbach von der Technischen Universität Dresden. Und Sven Sieberth vom Landesbetrieb Straßenbau NRW sieht ebenfalls Schwierigkeiten: „Also es könnte sein, wenn man Bereiche freilegt, dass das Material, was im Moment standfest ist, und tragfähig ist, dass es durch Witterungseinflüsse wie Regen dann aufweicht und keinen tragfähigen Untergrund hinterlässt. Also das Worst Case Scenario wäre dann, dass man (...) im schlimmsten Fall eine Betonplatte über die Deponie legen müsste, also im Prinzip wie ein Brückenbauwerk. Aber das wollen wir nicht hoffen, weil das würde zu immensen Mehrkosten (...) führen.“ Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hatte schon bei Beginn der Arbeiten gefordert, den Leverkusener Multi an der Finanzierung zu beteiligen. Aber das lehnt das Land Nordrhein-Westfalen ab, da es der Bauträger sei, der in die bestehende Situation eingreife. Auch an die Aufstellung eines Mahnmales denkt Rot-Grün nicht. „Ich bitte um Verständnis, dass ich hinsichtlich Ihres Wunsches nach einem Gedenkstein für mögliche Opfer der seinerzeit betriebenen Deponie zuständigkeitshalber nicht tätig werden kann“, diese Antwort erhielt ein CBG-Aktivist aus dem Verkehrsministerium auf eine entsprechende Anfrage.

NANO & CO.

BAYER verkauft auch Nano-Patente
Vollmundig hatte das „Erfinder-Unternehmen“ BAYER 2003 die Nano-Technik gepriesen. Mit einem Marktvolumen von 200 Milliarden Euro rechnete der Konzern. Zehn Jahre später verkündete er seinen Ausstieg (Ticker 3/13), da „bahnbrechende Anwendungen für den Massenmarkt“ nicht in Sicht seien. Und 2014 beendete der Leverkusener Multi das Kapitel endgültig. Der Global Player verkaufte die Patente für die ehemalige „Zukunftstechnologie“ an die Bayreuther Firma FUTURE CARBON.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Explosion in Kolumbien
Auf dem Gelände des BAYER-Werk nahe der kolumbischen Stadt Cali kam es am 3. Juli 2014 zu einer Explosion. Drei Menschen zogen sich dabei Verletzungen zu und mussten zur Behandlung in ein Krankenhaus.

Aus undichtem Salzstock fließt Öl
Aus Kochsalz wird Sole gewonnen, ein wichtiger Grundstoff der Kunststoff-Produktion. Darum hält der Leverkusener Multi zehn Prozent der Geschäftsanteile an dem Förder-Unternehmen SGW. Dieses hat die beim Salz-Abbau entstehenden Hohlräume an Energie-Konzerne vermietet, die dort unterirdische Öl- und Gasreservoirs unterhalten. Im Münsterland bildete sich in einer 217 Meter unter der Erdoberfläche liegenden Rohrleitung eines Stollens ein Leck. Unmengen von Öl drangen daraus an die Oberfläche und überzogen große Areale mit einem schmutzigen Film. 10 Kühe, die das Gemisch tranken, mussten TierärztInnen einschläfern. 35.000 Tonnen Öl pumpten die Hilfskräfte ab und 1.000 Tonnen verseuchtes Erdreich entsorgten sie. Die SGW hatte schon zwei Monate vor dem Austritt einen Druckabfall in den Speichern bemerkt, aber keine entscheidenden Schritte in die Wege geleitet. Claudia Baitinger vom BUND erklärte zu der Umweltkatastrophe: „Ohne die unersättliche Gier nach Sole, die von den NRW-Chemiefirmen SOLVAY, BAYER und VESTOLIT/EVONIK hauptsächlich für die Herstellung des umweltproblematischen Kunststoffes PVC seit Jahrzehnten gebraucht wird, hätte es die Begehrlichkeiten, in den entstandenen Hohlräumen unter einem der ökologisch wertvollsten Naturschutz- und FFH-Gebiete NRWs riesige Öl- und Gasspeicher anzulegen, nicht gegeben. Bereits vo

[HV Reden] STICHWORT BAYER 02/2014

CBG Redaktion

Viele Fragen und keine Antworten

Konzernkritik x 26

Die HV-Gesamtschau: 26 Gegen-RednerInnen traten am 29. April 2014 vor die AktionärInnen. Sie brachten Themen wie Pharma-Patente, Arznei-Nebenwirkungen, Medikamenten-Tests, Tierversuche, Bienensterben, gefährliche Chemikalien, Gentechnik, die Kohlenmonoxid-Pipeline, Klimasünden und die Konzern-Vergangenheit auf die Tagesordnung und setzten BAYER mit ihren Fragen gehörig unter Druck. Entsprechend schwer tat sich der Konzern mit den Antworten.

Von Jan Pehrke

Der Unternehmensteil, welcher bei BAYER am meisten zur goldenen Geschäftsbilanz beiträgt, ist gleichzeitig auch derjenige, welcher die größte Schadensbilanz aufweist: Der Pharma-Bereich. Und dass dazwischen ein Zusammenhang besteht, machten auch bei der diesjährigen Hauptversammlung wieder zahlreiche GegenrednerInnen deutlich. Zusätzlich zu den Pillen-Geschädigten, die von weither nach Köln angereist waren, kamen auch viele ihrer deutschen Leidensgenossinnen nach Köln. So traten Felicitas Rohrer und Kathrin Weigele gleich in Begleitung von sechs Mitstreiterinnen von der Initiative RISIKO-PILLE ans Rednerpult, um vor den AktionärInnen eine wahre „Chronique scandaleuse“ der Verhütungsmittel der dritten und vierten Generation auszubreiten.

Bittere Pillen
Diese begann den beiden Frauen zufolge schon mit kritischen Stimmen zur Markteinführung im Jahr 2000, setzte sich dann mit unzähligen warnenden Studien und den ersten Klagen fort und ist heute mit 28 Toten allein in der Bundesrepublik, unzähligen Prozessen und hohen Schadensersatz-Zahlungen noch längst nicht beendet. Aber all das prallte an BAYER-Chef Marijn Dekkers ab. „Ich möchte auch in diesem Jahr betonen: Wir stehen hinter unseren oralen Kontrazeptiva“, entgegnete der Vorstandsvorsitzende Rohrer und Weigele.
Aber nicht nur orale Kontrazeptiva, auch andere Verhütungsmittel des Leverkusener Multis haben es in sich. Von den Risiken und Nebenwirkungen der Hormon-Spirale MIRENA legte eine Geschädigte aus Berlin Zeugnis ab: „Die meisten klagen über Haarausfall, Akne, Zysten, Gewichtszunahme, Libido-Verlust, Depression und Panikattacken.
Gemeinsam ist vielen dieser MIRENA-Betroffenen, dass sie jahrelang unter vielen Nebenwirkungen gelitten und einen regelrechten Ärzte-Marathon hinter sich gebracht haben. Dabei hieß die Ursache ihrer Beschwerden ganz einfach: MIRENA. Herr Dr. Dekkers, was sagen Sie diesen Frauen? Dass sie einfach Pech hatten?“ Er sagte ihnen etwas anderes, aber ebenso wenig Sachdienliches. „In Zusammenarbeit mit den Behörden werden die wissenschaftlichen Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit von MIRENA fortlaufend kontrolliert und bewertet. Danach gibt es keinen Zweifel am positiven Nutzen/Risiko-Profil dieses Produktes“, so der Niederländer. Und dann bemerkte er noch achselzuckend, es sei eben nicht jedes Mittel für jede Frau geeignet.
Definitiv für gar keine Frau geeignet war der hormonelle Schwangerschaftstest DUOGYNON bzw. PRIMODOS. Das Produkt der heute zu BAYER gehörenden Firma SCHERING hat ab den 1950er Jahren zu tausenden Todgeburten geführt. Darüber hinaus kamen bis zum Vermarktungsstopp in den 1970er Jahren unzählige Kinder mit schweren Missbildungen zur Welt. „Können Sie sich vorstellen, was es bedeutet, ihr Kind mit von PRIMODOS verursachten Schmerzen und Jahre andauernden Krankheiten aufwachsen zu sehen“, fragte deshalb die Engländerin Valerie Williams die AktionärInnen in ihrer Rede, deren Übersetzung Peter Noquet vortrug. Für das Leid, welches das Unternehmen ihrem Sohn und ihr zugefügt hat, verlangte die Rentnerin eine Entschuldigung. Zudem erhob sie Anspruch auf Schmerzensgeld.
Andre Sommer formulierte ebenfalls Forderungen. „Stellen Sie sich endlich Gesprächen. Lassen Sie uns das Thema endlich beenden!“, appellierte er an den Vorstand. Der Lehrer, der sich als PRIMODOS-Spätfolge noch im letzten Jahr einer Magen-Operation unterziehen musste, prozessierte sogar schon gegen BAYER. Aber das Landgericht Berlin hatte seine Klage auf Herausgabe von PRIMODOS-Dokumenten abgewiesen. „Verjährt“ lautete das Urteil von 2012, das Sommer nicht akzeptieren kann. „Glauben Sie, dass meine Grunderkrankung für mich jemals verjährt?“, wollte er von den Managern wissen und erinnerte diese noch einmal an die Richter-Worte: Es gibt einen Unterschied zwischen Recht und Moral. Ein Weltkonzern wie BAYER sollte den Dialog suchen, da kann ich Sie nur ermahnen!“
Für diesen Dialog setzte sich auch Peter Noquet ein, den das Schicksal von Valerie Williams dazu bewogen hatte, noch eine eigene Rede zum Thema „Schwangerschaftstests“ zu halten. Er erinnerte Marijn Dekkers an den Firmen-Slogan „Responsible Care“ und fragte Vorstand und Aufsichtsrat, ob darin nicht auch eine Verpflichtung läge, den Geschädigten zu helfen, wenn sich ein Medikament als gefährlich erwiesen hätte. Margret-Rose Pyka vermochte ebenfalls nicht mehr länger tatenlos mit ansehen, wie BAYER Valerie Williams und andere Betroffene Jahr für Jahr erneut abkanzelt und schritt deshalb zum Mikrofon. Sie bezeichnete es als verantwortungslos, trotz früher Warnhinweise lange an den gesundheitsgefährdenden Arzneien festgehalten zu haben und alle Informationen zu den Hormon-Präparaten unter Verschluss zu halten. „Wann bitten Sie um Verzeihung, dass Sie das Vertrauen, das Ihre Firma so groß gemacht hat, missbrauchen“, fragte Sie Marijn Dekkers zum Abschluss. Doch zu einer solchen Geste war der Holländer nicht bereit. Er drückte nur kurz sein Bedauern über das persönliche Schicksal der Betroffenen aus, um dann ungerührt die Textbausteine zur Entlastung des Schwangerschaftstests aneinanderzureihen.
All die auf der Hauptversammlung inkriminierten Medikamente von DUOGYNON bis YASMIN haben vor ihrer Zulassung Tierversuche durchlaufen. Für Silke Bitz von ÄRZTE GEGEN TIERVERSUCHE ließ das nur eine Schlussfolgerung zu: „Wie ein neues Medikament beim Menschen wirkt, lässt sich also auf der Grundlage von Tierversuchen nicht mit der nötigen Sicherheit feststellen.“ Als konkretes Beispiel erwähnte sie BAYERs Cholesterin-Senker LIPOBAY, auf dessen fatale Nebenwirkung „Muskelzerfall“ es am „Tiermodell“ keinerlei Hinweise gegeben hatte. Nicht nur aus moralischen, sondern auch aus wissenschaftlichen Gründen plädierte die Diplom-Biologin deshalb für Alternativen wie Forschungen mit menschlichen Zellsystemen, Biochips oder Computer-Simulationen. Davon wollte der BAYER-Chef allerdings nichts wissen. „Zum Nachweis der Unbedenklichkeit und Wirksamkeit von Arzneimitteln und anderen chemischen Verbindungen sind Tierversuche nach wie vor wissenschaftlich notwendig“, meinte er, um dann zu konzedieren: „Das schließt die intensive Suche nach anderen Methoden natürlich nicht aus.“ Ergebnisse hat dieses Bemühen, das der Konzern sich seit Jahre zugutehält, allerdings noch nicht gezeitigt. Im Geschäftsjahr 2013 lag die Zahl der Tierversuche des Multis unverändert hoch bei rund 170.000.
Bei der Entwicklung von Medikamenten kommt nach den Tierversuchen die Erprobung am Menschen. Und auch hier geht das Unternehmen wenig zimperlich vor. Mit Vorliebe verlegt er die Arznei-Tests nämlich in ärmere Länder wie Indien. Dort locken ein großes Reservoir an armen und deshalb auf Geld angewiesenen ProbandInnen, unschlagbare Preise und ein löchriges Kontrollsystem. Die Folgen führte die indische Journalistin Ruhi Kandhari der Hauptversammlung vor Augen: Zwischen 2007 und 2012 starben 2.374 Menschen für die Pharma-Industrie, davon allein 146 für BAYERs neuen Gerinnungshemmer XARELTO. Das wären alles alte und kranke Hochrisiko-Patienten gewesen, gab Dekkers Kandhari wider besseren Wissens zur Antwort, ein Zusammenhang mit dem Präparat bestehe nicht, denn: „Untersuchungen am Menschen werden bei BAYER nach strengen wissenschaftlichen und ethischen Grundsätzen durchgeführt. Das gilt weltweit für alle Länder.“ Zu diesen Grundsätzen gehörte es für den Pharma-Riesen offenbar auch, ExpertInnen bei der Abfassung von XARELTO-Gutachten die Hand zu führen. Nach dem von Kandhari zitierten Bericht einer Untersuchungskommission waren es nämlich „fast identische Kopien“. Aber Dekkers stritt die „Schreibhilfe“ einfach ab: „Unser Unternehmen hat keinen Einfluss auf die Auswahl dieser Experten oder deren Einschätzungen.“
Mit BAYERs Pharmageschäftspraxis in Indien beschäftigte sich auch Philipp Frisch von ÄRZTE OHNE GRENZEN. Weil der Global Player dort für eine Therapie mit seinem Krebs-Präparat NEXAVAR monatlich 4.200 Euro berechnen wollte, hob ein indisches Gericht das Patent auf und erlaubte einer anderen Firma, eine preisgünstige Nachahmer-Version des Mittels herzustellen. Der Konzern ging juristisch gegen die Entscheidung vor, und im Rahmen dieses Rechtsstreits rechtfertigte der Ober-BAYER die Preis-Politik des Unternehmens. „Wir haben dieses Produkt nicht für den indischen Markt entwickelt (...) Wir haben es für westliche Patienten entwickelt, die es sich auch leisten können“, sagte er. Frisch kritisierte diese Äußerung scharf: „Dekkers‘ Zitat fasst alles zusammen, was heute im globalen Gesundheitsbereich falsch läuft: Medikamente nur für Reiche, Forschung soll durch Monopolversprechen und Patente angereizt werden.“ Der BAYER-Chef jedoch rechtfertigte seine Aussage. Die Entwicklung von Krebs-Medikamenten sei nun mal leider sehr teuer, führte er aus und erläuterte: „Dabei ist es offensichtlich, dass wir dieses Geld in den reicheren westlichen Ländern verdienen müssen, die gut entwickelte Krankenversicherungssysteme haben.“ Und gut entwickelte Gesetze zum „Schutz des geistigen Eigentums“, welche die Monopol-Gewinne garantieren. „Wenn aber der Patentschutz in Frage gestellt wird, kann das Geschäftsmodell nicht mehr funktionieren“, meinte Dekkers deshalb. Wenn jedoch dieses Geschäftsmodell funktioniert, dafür aber die Versorgung ärmerer Länder mit Medikamenten in Frage steht, wie es zur Zeit der Fall ist, dann helfen dem Holländer zufolge nur milde Gaben in Form von speziellen Arznei-Zugangsprogrammen.

Sterben wie die Bienen
Großen Raum auf der Hauptversammlung nahm auch das Thema „Bienensterben“ ein. Gleich vier RednerInnen widmeten sich dieser Nebenwirkung der BAYER-Pestizide PONCHO und GAUCHO aus der Gruppe der Neonicotinoide. „Es gibt keine Zukunft ohne Bienen“, hielt Anne Isakowitsch von der Initiative SumOfUs fest und erläuterte den Grund: „Jeder dritte Bissen Essen, den wir zu uns nehmen, hängt von der Arbeit von Bienen ab. Das weltweite Bienensterben gefährdet unser Überleben und das unserer Kinder.“ Eigentlich müsste ein Konzern, der sich zur Nachhaltigkeit bekennt und wirtschaftliches Wachstum mit ökologischer und gesellschaftlicher Verantwortung in Einklang bringen will, diese Entwicklung stoppen“, meinte die Aktivistin, was BAYER aber nicht tue. „Im Fall der bienentötenden Pestizide scheint Profit ganz klar wichtiger zu sein als diese Prinzipien“, konstatierte Isakowitsch, die nicht nur redete, sondern auch handelte. Sie übergab dem Vorstand eine Petition mit 600.000 Unterschriften zum Vermarktungsstopp von PONCHO & Co. GREENPEACE verband ebenfalls Wort und Tat. Hatte die Umwelt-Organisation Mitte April noch vor der Konzern-Zentrale gegen die Ackergifte des Multis protestiert und ein riesiges Transparent vom Vordach heruntergelassen, auf dem die Bienen selber fordern: „Stop killing us“, so erläuterte Dirk Zimmermann den AktionärInnen noch einmal genau die Motive für die Aktion. Die Initiative hatte nämlich jüngst eine Untersuchung über die Agro-Chemikalien durchgeführt und damit dem Belastungsmaterial noch weiteren Stoff hinzufügt. „Wir haben festgestellt, dass Pollen, der Bienen und ihrer Brut direkt als Nahrung dient, zum Teil mit bedenklichen Pestizid-Cocktails belastet war“, so Zimmermann.
BAYER hingegen gibt als Erklärung für das Massensterben stets die Varroa-Milbe und unprofessionelles Verhalten der BienenzüchterInnen an. Deshalb fragte Roger Dammé von der Europäischen ImkerInnen-Vereinigung BEE LIFE den Vorstand: „Wenn Imker und Bienenkrankheiten die Hauptschuldigen am Bienensterben sein sollen: Wie bitte erklären Sie sich dann den gleichzeitigen Rückgang von Schmetterlingen und anderen bestäubenden Insekten?“ Darüber hinaus wies Dammé auf Forschungen des „EU-Referenzlabors zur Bienengesundheit“ hin, die ebenfalls Parasiten-Befall als alleinige Ursache ausschlossen. Mit den mahnenden Worten: „Die Gesundheit der Honigbienen und anderer Insekten ist das Thermometer einer nachhaltigen Landwirtschaft. Im Moment steht das Thermometer auf Fieber.
Die aktuelle Ausrichtung des BAYER-Konzerns ist ein Teil des Problems“ beendete er seine Ausführungen.
Sogar die EU hat den Agro-Riesen als einen Teil des Problems ausgemacht und im Dezember 2013 die Ausbringung der Neonicotinoide auf bestimmten Kulturen für zunächst zwei Jahre untersagt. Aber BAYER zeigte sich weiter uneinsichtig. In Tateinheit mit SYNGENTA ging der Global Player gerichtlich gegen die Entscheidung vor. Wie Zimmermann, Isakowitsch und Dammé erboste diese Reaktion auch Christoph Koch vom deutschen „Berufs- und Erwerbsimkerbundes“ maßlos. „Was wollen Sie damit bezwecken?“ fragte er Dekkers & Co. und warnte: „Das wird ein Nachspiel geben von einer Dimension, wie es der Konzern in Fragen des Bienenschutzes noch nicht erlebt hat!“ Doch der Vorstandsvorsitzende legitimierte das Vorgehen gegenüber den kritischen AktionärInnen. Weil der Leverkusener Multi durch das vorübergehende Verbot die Rechtssicherheit von Pestizid-Zulassungen zur Disposition gestellt sah, habe er den Rechtsweg bestritten, so Dekkers. Und auch in der Sache zeigte er sich uneinsichtig. Alle möglichen Ursachen nannte der BAYER-Chef für das Bienensterben, die durch die Varroa-Milbe ausgelösten Gesundheitsstörungen, Umwelt- und Klima-Einflüsse und die Struktur-Veränderungen in der Landwirtschaft, nur eine nicht: die Neonicotinoide. „Die praktische Erfahrung sowie die wissenschaftliche Daten-Lage zeigen, dass sie keine negativen Auswirkungen auf die Entwicklung von Bienenvölkern haben, wenn die Produkte verantwortungsvoll und vorschriftsmäßig eingesetzt werden“, antwortete er den Gegen-RednerInnen.

Diese Produkte und die Genpflanzen im Angebot haben BAYER CROPSCIENCE zu einem der weltgrößten Agro-Unternehmen aufsteigen lassen. Konkurrenz herrscht in dem Segment kaum. BAYER, MONSANTO, SYNGENTA, DUPONT und DOW kommen sich nicht groß ins Gehege und verfolgen eine gemeinsame Politik, wie Olivia Tawiah darlegte. „Das Ziel dieses Oligopols ist ganz eindeutig, den Markt unter sich aufzuteilen, Preise und politische Rahmenbedingungen zu diktieren und letztlich die Ernährungsgrundlagen der Menschheit zu kontrollieren“, stellte die in der „Transition Town“-Bewegung aktive Frau fest und machte die Patente als zentrales Mittel zu diesem Zweck aus. Nicht weniger als 206 hält der Leverkusener Multi auf Mais, Weizen, Reis, Gerste, Baumwolle, Soja und sogar auf genmanipulierte Bäume, informierte die Düsseldorferin und wunderte sich: „Patente haben für mich immer etwas zu tun gehabt mit Erfindungen, die Menschen mit ihrer Phantasie und ihrem Wissen entwickelt haben und sind eng verknüpft mit dem Begriff der Originalität.
Patente auf Lebewesen jeglicher Art, die die Natur hervorbringt, gehören nach meinem Empfinden nicht dazu.
Die Natur ist lange vor BAYER und allen anderen Chemie-Konzernen entstanden.“ Noch mehr wunderte sie, dass es trotz all dieser Patente beim Global Player mit gegen Glufosinat und Glyphosat resistenten sowie mit dem Bacillus thuringiensis bestückten Pflanzen nur zwei Gentech-Varianten gibt, die noch dazu massive Risiken und Nebenwirkungen aufweisen. „Wegen der Gefahren für Mensch und Umwelt müssten Glufosinat und Glyphosat nach Ansicht von Umweltschützern sofort vom Markt genommen werden.
Darüber hinaus sind beide Techniken wegen der zunehmenden Resistenzbildung allenfalls noch ein paar Jahre wirksam und daher kaum zukunftstauglich“, ließ Tawiah wissen. Da gab sich auch Marijn Dekkers ratlos: „Schaderreger haben stets das Potenzial zu Resistenz-Bildung gegen Pflanzenschutzmittel (...) Es ist eine evolutionäre Eigenschaft der Lebewesen und dient ihrer Arterhaltung.“

CO & Co.
Unabdingbar für BAYERs Arterhaltung ist für ihn die Kohlenmonoxid-Pipeline, deren Gefahren-Potenzial gleich mehrere Redner aufbrachte. Als würden die bisher auf den Hauptversammlungen geäußerten Vorbehalte gegen die von Krefeld nach Dormagen verlaufende Giftgas-Leitung noch nicht ausreichen, trug Dieter Donner von der Initiative STOPP-CO-PIPELINE neue Argumente vor. Er setzte die Aktien-HalterInnen von dem Gutachten des „Bielefelder Instituts für Umweltanalyse“ in Kenntnis, wonach es eine - sogar um 60 Prozent kostengünstigere – technische Alternative zum Röhrenverbund gibt. Desweiteren informierte er über eklatante Mängel bei der vom Global Player schon lange betriebenen CO-Pipeline zwischen Leverkusen und Dormagen, die der Bezirksregierung 2007 bei ihrer Baugenehmigung für die neue Verbindung als „Referenz-Leitung“ diente. „Rostige Schwindsucht“ hat diese laut Donner befallen. An einigen Stellen hat die Korrosion die Rohrwände schon fast bis zur Hälfte durchdrungen, bekundete er.
Der Kinderarzt im Ruhestand Gottfried Arnold, der unter seinen KollegInnen 460 Unterschriften gegen das BAYER-Projekt gesammelt hat, problematisierte vor allem die mangelhaften Sicherheitsvorkehrungen. So beanstandete er die unzureichenden Vorrichtungen zur Erkennung von Lecks und wies auf die Nicht-Existenz eines mit allen AkteurInnen abgestimmten Alarm- und Gefahrenabwehrplanes hin. Zudem führte der Mediziner plastisch vor Augen, wie wenig die Feuerwehr im Falle eines GAUs ausrichten könnte, da das Kohlenmonoxid seine giftige Wirkung in Sekundenschnelle entfaltet und es überdies gar keine ausreichenden Behandlungsmöglichkeiten gibt. Gerade einmal zwei Plätze in einer Sauerstoff-Überdruckkammer mit 24-Stunden-Dienst hält die Universität Düsseldorf laut Arnold für ganz Nordrhein-Westfalen bereit.
Rainer Kalbe von STOPP-CO-PIPELINE schließlich sah der Rohrleitung durch die neue Kunststoff-Anlage in Dormagen die Geschäftsgrundlage entzogen. Da die Produktionsstätte CO für die Fertigung benötigt, gibt es am Standort nämlich gar keinen Überschuss mehr, der nach Krefeld geleitet werden müsste, womit BAYER das Projekt einst begründet hatte. Ein Grund mehr für Kalbe, die Pipeline auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen: „Denn da gehört sie auch hin und nicht in die Vorgärten.“ Eine starre Fixierung auf Profit-Maximierung warf der Aktivist dem Unternehmen vor und prophezeite: „So wird der Konzern keine Zukunft haben.“ Er müsse vielmehr endlich einsehen, dass er mit den Menschen leben müsse und nicht gegen sie, mahnte Kalbe.
Dazu machte der Pharma-Riese allerdings keine Anstalten. Marijn Dekkers ignorierte alle Einwände gegen die Giftgas-Leitung. Auch wenn in Dormagen kein zusätzliches Kohlenmonoxid mehr anfalle und der Standort Krefeld/Uerdingen überdies selber CO erzeuge, bleibe das Röhren-Werk unverzichtbar, so der Ober-BAYER. Nur auf diese Weise könne nämlich die Niederlassung am Niederrhein in die CO-Verbundstruktur einbezogen werden, was allein die Versorgungssicherheit garantiere, erklärte der Vorstandsvorsitzende. Dieses nicht berücksichtigt zu haben, warf er auch dem von Dieter Donner zitierten Gutachten vor. Es hatte für Dekkers jedoch noch weitere Mängel; den größten Kritikpunkt stellten dabei die Umstände seines Entstehens dar. „Schon bei der Ankündigung, dass es durch das Umweltministerium in Auftrag gegeben wird, hatte BAYER deutlich gemacht, dass das Unternehmen es nicht für erforderlich hält“, ließ der Niederländer den Saal wissen. Und Risiken gingen von der Pipeline schon mal gar keine aus: „Wir haben ein Sicherheitskonzept entwickelt, das Maßstäbe setzt“. Das Rost ansetzende Sicherheitskonzept der zwischen Leverkusen und Dormagen schon betriebenen Kohlenmonoxid-Leitung verteidigte er ebenfalls. Der Korrosionsschutz sei gewährleistet, alles werde ständig kontrolliert und Leckagen oder andere Störungen wären seit der Inbetriebnahme im Jahr 2002 nicht aufgetreten, vermeldete Marijn Dekkers. Zur Beglaubigung berief er sich auf den TÜV. Dass dieser bei Untersuchungen jedoch schon auf „gravierende externe Materialverluste“ gestoßen war, verschwieg der BAYER-Boss dezent.
Einen weiteren gefährlichen Stoff setzte Helmut Röscheisen, der Generalsekretär des DEUTSCHEN NATURSCHUTZRINGS, auf die Tagesordnung: PCB. Die polychlorierten Biphenyle können das Nerven-, Immun- und Hormonsystem schädigen und Krebs erzeugen – und sie können das eine ganze Weile tun. Da PCB ein Abkömmling der Chlorchemie und entsprechend stabil sind, halten sie sich sehr lange in der Umwelt. Aus diesem Grund sorgt die Substanz trotz des bereits 1989 erfolgten Verbotes immer noch für Gesundheitsgefährdungen. BAYER hat daran nach Meinung von Helmut Röscheisen einen großen Anteil. Der Leverkusener Multi gehörte neben MONSANTO nämlich zu den Hauptproduzenten dieser Chemikalie. Allein 20.000 Tonnen PCB für Fugenverdichtungsmassen hat er nach Angabe des Naturschützers produziert, und diese gasen – verbaut in Schulen, Universitäten und Kindergärten – fleißig aus. Darum stellte er dem Vorstand nur eine einfache Frage: „Ist die BAYER AG bereit, für eine Inventarisierung und Beseitigung der PCB-Belastungen im Baubereich finanzielle Mittel bereitzustellen?“
Dazu war der Konzern nicht bereit. „Die Sanierung belasteter Gebäude liegt nicht in unserer Verantwortung“, antwortete Marijn Dekkers Helmut Röscheisen. Mit der Einstellung der Produktion schon vor dem gesetzlichen PCB-Verbot in Deutschland im Jahr 1989 sei der Multi „seiner Verantwortung für die Sicherheit von Mensch und Umwelt gerecht geworden“, vermeinte der große Vorsitzende.
Auch Verantwortung für das Klima zeigt das Unternehmen nach Ansicht des BAYER-Chefs, obwohl die nackten Zahlen dem widersprechen, wie der Verfasser dieses Textes in seiner Rede skizzierte. So hat der Agro-Riese 2013 mehr klima-schädigendes Kohlendioxid ausgestoßen als 2012. Auf sage und schreibe 8,36 Millionen Tonnen beläuft sich der Wert, was vor allem dem hohen Kohle-Anteil am Energie-Mix geschuldet ist. Während dieser sich auf fast ein Drittel beläuft, kommen die Erneuerbaren Energien nicht über 0,7 Prozent hinaus. Auf die konkrete Frage Jan Pehrkes, ob der Konzern daran denke, die Kohle-Verstromung zu reduzieren, antwortete der Vorstandsvorsitzende ausweichend: „Generell sind wir daran interessiert, den Energie-Verbrauch so gering wie möglich zu halten und idealerweise zu senken, sowohl aus ökologischen als auch aus ökonomischen Gründen.“
Und in puncto „Erneuerbaren Energien“ generalisierte er ebenfalls. „Generell ist es unser Ziel, den Anteil regenerierbarer Energie an unserer Strom-Versorgung langfristig zu erhöhen. Ob und in welchem Ausmaß uns das gelingt, ist allerdings abhängig von der Verfügbarkeit dieser Energien und der Entwicklung unseres Energiebedarfs“, so Dekkers.
Während Pehrke und die anderen Gegen-RednerInnen dem Leverkusener Multi die Schadensbilanz für 2013 vorlegten, ging CBG-Vorstand Axel Köhler-Schnura im Gedenkjahr 2014 weit zurück in die Vergangenheit, um am Beispiel von BAYERs Wirken im Ersten Weltkrieg die Kontinuität der Kapital-Verbrechen deutlich zu machen. So bejubelte der damalige Generaldirektor Carl Duisberg Köhler-Schnura zufolge den Waffengang, weil dieser die Geschäfte antrieb. Mit den Worten: „Sähen Sie jetzt einmal, (...) wie wir fast nichts mehr als Kriegslieferungen ausführen (...), so würden Sie Ihre helle Freude haben“, zitierte er Duisberg. Das über Deutschland verhängte Embargo verhinderte Einfuhren aus dem Ausland und verhalf dem Chemie-Multi so zu einer privilegierten Stellung. Auch zu billigen Arbeitskräfte kam der Konzern ab 1916. Er legte schon im Ersten Weltkrieg das Fundament für das erst im Zweiten Weltkrieg in aller Brutalität exekutierte ZwangsarbeiterInnen-System und ließ 60.000 BelgierInnen nach Deutschland verbringen. Wegen solcher „Standort-Vorteile“ setzte BAYER alles daran, den Krieg zu forcieren. Und er trug wesentlich mit dazu bei, ihm die bis dahin schrecklichste Waffe zu liefern: das Kampfgas. „Weshalb entzieht sich BAYER der Auseinandersetzung mit seiner Verantwortung in diesem Zusammenhang?“, fragte Kohler-Schnura deshalb. Aber er stieß beim Vorstand nur auf taube Ohren. Dekkers bekundete zunächst, BAYER habe Duisbergs Rolle im Ersten Weltkrieg umfassend aufgearbeitet, um dann übelsten Geschichtsrevisionismus zu treiben und eine Ehrenrettung des ehemaligen Generaldirektors vorzunehmen. „Die historischen Verdienste Carl Duisbergs sind weithin anerkannt. Er ließ Wohnungen für die Arbeiter bauen, verringerte deren wöchentliche Arbeitszeit, er führte soziale Versicherungssysteme ein und setzte sich für den Umweltschutz ein, lange bevor es gesetzliche Regelungen dazu gab“, dozierte er.

Damit erreichte die BAYER-Ignoranz an diesem Tag ihren traurigen Höhepunkt. Er werden wohl noch mehr AktivistInnen und Gegen-RednerInnen nötig sein, damit der Global Player eines Besseren belehrt wird. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN arbeitet bereits daran.

GenSoja

CBG Redaktion

Presse Info vom 30. Juni 2014
Coordination gegen BAYER-Gefahren

„Einsatz von immer mehr Agro-Chemikalien ist Irrweg“

BAYER bringt Gen-Soja auf den Markt

Die Firma Bayer CropScience hat in den USA eine neue Soja-Produktlinie vorgestellt. Unter dem Namen Credenz verkauft der Konzern ab sofort gentechnisch verändertes Saatgut, das gegen die Herbizide Glyphosat und Glufosinat immun ist. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen Sorten folgen, die zusätzlich gegen sogenannte HPPD-Herbizide tolerant sind. Die Landwirte können dann mehrere Pestizide sprühen, ohne die Nutzpflanze zu schädigen.

„Nach dem Praxisversagen Glyphosat-toleranter Genpflanzen dreht nun auch Bayer kräftig an der Pestizidspirale“, kritisiert Dirk Zimmermann von Greenpeace. „Mit dem Einstieg in das Wettrüsten auf den Gensoja-Äckern der Welt beweist sich der Konzern als verantwortungsloser Kriegsgewinnler. Die Ankündigung weiterer, mit immer neuen Herbizid-Resistenzen ausgestatteten Genpflanzen entlarvt das ganze Konzept als Sackgasse, in der sich leider immer mehr und immer giftigere Agrochemikalien verkaufen lassen.“

Jan Pehrke vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren ergänzt: „Die Soja-Produktlinie Credenz ist ein Musterbeispiel für den Irrweg der Agrochemie. Durch den langjährigen Einsatz von Glyphosat haben sich zahlreiche „Super-Unkräuter“ gebildet, denen die Agro-Riesen nun durch eine Kombinationstherapie ihrer gefährlichen Altstoffe Einhalt gebieten wollen. Auch das wird aber nicht lange helfen.“ Pehrke fordert ein weltweites Verbot von Glyphosat und Glufosinat.

Durch die riesigen Soja-Plantagen werden Wälder, Brachflächen und kleinbäuerliche Betriebe verdrängt, vor allem in Südamerika. Die Ernte dient jedoch nicht der Versorgung der örtlichen Bevölkerung, sondern wird fast vollständig exportiert. Grund hierfür ist die große Nachfrage nach eiweißhaltigem Futter von Seiten der Massentierhalter in Europa und den USA. Die Produktion von Grundnahrungsmitteln hingegen geht durch den Soja-Boom zurück.

Das ursprünglich von Monsanto entwickelte Glyphosat („Roundup“), das weltweit meistverkaufte Agrogift, ist seit 30 Jahren im Einsatz. Glyphosat-haltige Pestizide stehen im Verdacht, Fehlbildungen hervorzurufen, das Erbgut zu schädigen und Krankheiten wie Alzheimer, Diabetes und Krebs zu begünstigen. Da das Patent abgelaufen ist, wird der Wirkstoff mittlerweile auch von BAYER und anderen Firmen angeboten.

Viele Wildpflanzen sind inzwischen resistent gegen Glyphosat. In diese Lücke will BAYER mit seinem Herbizid Glufosinat vorstoßen. Glufosinat, das bereits seit 1984 auf dem Markt ist, ist noch gefährlicher als Glyphosat und soll daher in der EU bis 2017 vom Markt genommen werden. Dies hindert BAYER jedoch nicht daran, gegenwärtig im US-Bundesstaat Alabama eine große neue Glufosinat-Fabrik zu bauen.

BAYER gehört zu den weltgrößten Anbietern von Pestiziden und Saatgut. Gentechnisch verändertes Saatgut vertreibt der Konzern gegenwärtig vor allem in Nord- und Südamerika.

siehe auch: Steigender Pestizidverbrauch durch Fleischkonsum

Pestizidverbrauch

CBG Redaktion

Presse Info vom 19. Juni 2014
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Verbot von Glyphosat und Glufosinat gefordert / „hoher Fleischkonsum für Vergiftungen mitverantwortlich“

Verbrauch giftiger Pestizide steigt weiter an

In Schwellen- und Entwicklungsländern explodiert der Verbrauch gefährlicher Agrochemikalien. Allein in Argentinien und Indien hat sich die eingesetzte Menge in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. Verantwortlich für den Anstieg ist auch der massenhafte Anbau von Tierfutter, das in den Export geht.

In Ländern wie Argentinien oder Brasilien verdrängen riesige Sojaplantagen Wälder, Brachflächen und kleinbäuerliche Betriebe, was zu einem Rückgang der Biodiversität und der Produktion von Nahrungsmitteln führt. Durch den massiven Pestizideinsatz, vor allem in den Soja-Anbaugebieten, steigen Fehlgeburten und Krebsraten. Grund für die Entwicklung ist die große Nachfrage von Seiten der industriellen Massentierhalter in Europa und den USA nach eiweißhaltigem Futter.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Der hohe Fleischkonsum führt zu schweren ökologischen und gesundheitlichen Schäden in Südamerika. Wir fordern eine Umstellung auf ökologischen Anbau, auch wenn dies zu einer Verringerung der Fleischproduktion führt. Giftige Herbizide wie Glyphosat und Glufosinat müssen verboten werden!“. Glyphosat und Glufosinat werden in Kombination mit gentechnisch verändertem Saatgut angeboten, vor allem Soja und Mais. Da der Saatgut-Markt in den Händen weniger Konzerne liegt, können viele Landwirte ausschließlich genmanipuliertes Saatgut erwerben.

Das von der Firma MONSANTO entwickelte Glyphosat („Roundup“) ist das weltweit meistverkaufte Agrogift. Da das Patent abgelaufen ist, wird der Wirkstoff mittlerweile auch von der deutschen BAYER AG und anderen Firmen angeboten. Glyphosat-haltige Pestizide stehen im Verdacht, Fehlbildungen hervorzurufen, das Erbgut zu schädigen und Krankheiten wie Alzheimer, Diabetes und Krebs zu begünstigen.

Das noch giftigere BAYER-Produkt Glufosinat kann Missbildungen bei Föten verursachen; in der EU soll der Wirkstoff bis 2017 vom Markt genommen werden. Dies hindert BAYER jedoch nicht daran, gegenwärtig im US-Bundesstaat Alabama eine große neue Glufosinat-Fabrik zu bauen. Der Konzern will damit in die Lücke stoßen, die sich aufgrund der zunehmenden Resistenzen gegen Glyphosat auftut. Hierzu Philipp Mimkes: „Die Firma BAYER handelt unverantwortlich, wenn sie im Ausland den Einsatz eines Herbizids forciert, das in Europa aus guten Gründen vom Markt genommen werden soll“. BAYER bietet Glufosinat in Kombination mit herbizidresistentem Raps, Reis, Zuckerrüben, Mais, Soja und Baumwolle an, vor allem in Nord- und Südamerika.

Keine Lösung des Hungerproblems
Wegen der zunehmend wirkungslosen Herbizide haben die Agrokonzerne zahlreiche Patente untereinander ausgetauscht. Die Firmen bieten nun Saatgut an, das gegen zwei oder gar drei Herbizide immun ist. So wurde 2012 eine Soja-Sorte vorgestellt, die gegen Glufosinat, Glyphosat und 2,4-D resistent ist (2,4-D war Teil des Entlaubungsmittels „Agent Orange“). Im vergangenen Jahr kündigten BAYER und SYNGENTA die Markteinführung einer Soja-Sorte an, die ebenfalls gegen drei Wirkstoffe - Mesotrion, Glufosinat und Isoxaflutol – tolerant ist.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert daher, endlich den Teufelskreis zu durchbrechen, in dem der Einsatz von Pestiziden zur Entstehung von immer mehr resistenten Unkräutern führt, die mit immer mehr Agrochemikalien bekämpft werden müssen. Umweltverbände hatten bereits vor der Einführung von genmanipuliertem Saatgut vor der Entstehung herbizidresistenter Wildkräuter gewarnt.

Anders als von den Lobbyist/innen stets behauptet, dient der Anbau von Gen-Pflanzen auch nicht der Lösung des Hungerproblems – im Gegenteil. BAYER, SYNGENTA und Co. richten sich bei ihren Neuentwicklungen nämlich nach den Bedürfnissen der globalen Fleisch-Industrie. Rund 80 Prozent der angebauten gentechnisch veränderten Pflanzen werden als Tierfutter verwendet. Die eingesetzten Gen-Pflanzen sind weder dürreresistent noch ertragreicher. Durch ihren Anbau auf immer größeren Flächen wird die Produktion von Lebensmitteln zurückgedrängt, wodurch sich die Versorgung der lokalen Bevölkerung erschwert.

BAYER ist mit einem Weltmarktanteil von 20 % der zweitgrößte Pestizidhersteller. Produkte des Konzerns sind für einen beträchtlichen Teil der weltweiten Vergiftungen verantwortlich. Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt die Zahl der jährlichen Pestizidvergiftungen auf bis zu 20 Millionen. Bis zu 200.000 Fälle verlaufen tödlich.

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[Aufsichtsrat] Hauptversammlung 2014

CBG Redaktion

Wahl zum Aufsichtsrat: CBG schlägt unabhängige Kandidatin vor

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat den folgenden Gegenantrag zur Hauptversammlung der BAYER AG am 29. April eingereicht:

Wahl des Aufsichtsrats

Der Aufsichtsrat will das Mandat von Prof. Ernst-Ludwig Winnacker um zwei Jahre verlängern. Wir schlagen vor, stattdessen Christiane Schnura, Mit-Gründerin der Coordination gegen BAYER-Gefahren, zu berufen.

Der Multifunktionär Ernst-Ludwig Winnacker, einst Präsident der Deutschen For-schungsgemeinschaft, Mitglied des Nationalen Ethikrats und Kurator zahlreicher Stif-tungen, gehört zu den einflussreichsten Gentechnik-Propagandisten in Deutschland. Als solcher ist Winnacker mitverantwortlich für das Festhalten von BAYER an umwelt- und gesundheitsschädlichen Verfahren. So verkauft BAYER weiterhin Saatgut, das gegen gefährliche Herbizide wie Glufosinat und Glyphosat tolerant ist. Wegen der Zu-nahme resistenter Wildkräuter müssen immer größere Herbizidmengen oder sogar mehrere Wirkstoffe eingesetzt werden. Aktuell erhöht BAYER in den USA die Produk-tion von Glufosinat, obwohl der Wirkstoff wegen seiner hohen Risiken in der EU keine erneute Zulassung erhalten darf.

Von Winnackers langjährigen Versprechen wurde keines gehalten: weder wurde durch die Gentechnik der Einsatz von Agrogiften reduziert, noch konnte die Ernäh-rungssicherheit verbessert werden. Winnacker sollte dringend abgewählt werden, um eine Kontrolle des Konzerns unter ökologischen Gesichtspunkten zu ermöglichen.

Christiane Schnura, Sozialpädagogin, Düsseldorf, ist Mitgründerin der Coordination gegen BAYER-Gefahren und arbeitet seit 35 Jahren zu den Risiken, die von der Ge-schäftspolitik von BAYER ausgehen. Frau Schnura hat zahlreiche Verstöße des Kon-zerns gegen Menschenrechte und Umweltschutzauflagen publik gemacht. Somit ist sie prädestiniert für eine gründliche, von Profitinteressen unabhängige Kontrolle des BAYER-Vorstands. Durch die Wahl von Frau Schnura wird zudem der Anteil von Frauen im Aufsichtsrat erhöht.

[TICKER] STICHWORT BAYER 02/2014 – TICKER

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Marion Larat „Frau des Jahres“
Marion Larat ist in Frankreich wegen ihres Engagements gegen den Leverkusener Multi zur „Frau des Jahres“ gewählt worden. Larat hatte 2006 durch das BAYER-Verhütungsmittel MELIANE (Wirkstoffe: Gestoden und Ethinylestradiol) einen Gehirnschlag erlitten und entschloss sich 2012 als erste Frau in ihrem Land, eine Klage gegen den Pharma-Riesen anzustrengen. Das ermunterte viele Geschädigte, es ihr gleichzutun und löste eine Diskussion über die Gefährlichkeit der Pillen aus. Als Konsequenz daraus wies die Gesundheitsministerin Marisol Touraine die Krankenkassen an, die Kosten für MELIANE und andere Verhütungspillen der 3. und 4. Generation nicht mehr zu übernehmen.

CBG-Anfrage zu PCB
Polychlorierte Biphenyle (PCB) gehören zu den giftigsten Hervorbringungen der Chlorchemie (SWB 1/14). Die vor allem von BAYER und MONSANTO in Umlauf gebrachten gefährlichen „Alleskönner“ kamen bis zu ihrem vollständigen Verbot 1989 in Elektrogeräten, Fugendichtungsmassen, Farben, Lacken und Bodenbelägen zum Einsatz – und stellen immer noch ein beträchlichtes Risiko dar. Deshalb finden quer durch die Republik aufwendige Sanierungen von Universitäten und Schulen statt. Um einen detaillierten PCB-Schadensbericht zu erhalten, hat die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN gemeinsam mit der Partei „Die Linke“ eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt. Die Antworten fielen allerdings dürftig aus. So behauptet die Große Koalition etwa wider besseren Wissens: „In den letzten zehn Jahren sind keine PCB-Vergiftungsfälle und Todesfälle gemeldet worden.“ Eine genaue Kenntnis über den Umfang der PCB-Kontaminationen öffentlicher Gebäude habe sie auch nicht, weil die Verantwortung für die Einrichtungen teilweise in Länderhoheit läge. Und mit Absichten, ihren Informationsstand zu erhöhen, trägt sich die Regierungskoalition nicht. Eine Untersuchungspflicht sei nicht geplant, heißt es in der Bundestagsdrucksache 18/178. Da wundert es nicht weiter, dass SPD und CDU es ablehnen, BAYER & Co. an den Sanierungskosten zu beteiligen, wie es in der PCB-Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft von 1976 einmal vorgesehen war, ehe jene dem Lobbyismus zum Opfer fiel. „Gemäß dem Verursacherprinzip sind die Kosten für die Beseitigung von PCB (...) zu tragen von den Besitzern (...) und/oder den früheren Besitzern oder dem Hersteller von PCB“, hieß es dort unmissverständlich.

USA: Kritik an GAUCHO & Co. wächst
Im Frühjahr 2013 hatte die von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) mitinitiierte Kampagne für das Verbot der bienengefährlichen BAYER-Pestizide GAUCHO und PONCHO endlich Erfolg: Die EU verkündete einen zunächst auf zwei Jahre befristeten Bann für die wichtigsten Anwendungsbereiche. Und jetzt wird die Luft für die beiden zur Gruppe der Neonicotinoide gehörenden Ackergifte auch in den USA dünner. Ende März 2014 fand ein zweitägiges Hearing des US-Kongresses zu GAUCHO & Co. statt, und begleitend dazu initiierte die Umweltgruppe FRIENDS OF THE EARTH eine Veranstaltung mit ImkerInnen und anderen KritikerInnen der Substanzen. BAYER sah sich deshalb zu einer PR-Offensive veranlasst. Der Leverkusener Multi zog durch mehrere Universitätsstädte und setzte sich als großer Bienen-Kümmerer in Szene, was AktivistInnen allerdings nicht unwidersprochen ließen.

Gentech-Kennzeichnung: Neuer Anlauf
In Kalifornien fand Ende 2012 ein BürgerInnen-Begehren zur Kennzeichnungspflicht von Lebensmitteln, die Gentech-Ausgangsstoffe enthalten, statt. Mit 46,9 zu 53,1 Prozent der Stimmen scheiterte es knapp, nicht zuletzt, weil die Konzerne 25 Millionen Dollar – BAYER-Anteil: zwei Millionen – in eine Gegen-Kampagne investierten. Jetzt gibt es jedoch einen neuen Anlauf. Die Demokratin Noreen Evans brachte eine abgespeckte Version der Vorlage in den kalifornischen Senat ein.

Kein „Public Eye Award“ für BAYER
Die Global Player halten jeweils zu Beginn des neuen Jahres in Davos ihr Klassentreffen ab. Die Schweizer Initiativen ERKLÄRUNG VON BERN und PRO NATURE nutzen die Gelegenheit stets, um als Spielverderber aufzutreten und dem Unternehmen mit den fragwürdigsten Geschäftspraktiken den „Public Eye Award“ zu verleihen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN nommierte den Leverkusener Multi wegen der Vermarktung bienenschädigender Pestizide. Der Konzern musste sich am Ende jedoch GAZPROM und GAP geschlagen geben und landete gemeinsam mit BASF und SYNGENTA nur auf dem zweiten Platz.

BAYERs Nutzen/Risiko-Rechnung
Bei der diesjährigen Bilanzpressekonferenz konnte BAYER mal wieder einen Rekord-Gewinn annoncieren (s. u.). Dennoch haderte der Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers mit der Welt. Seiner Meinung nach honoriert diese den Beitrag des Konzerns zur öffentlichen Gesundheit nicht in ausreichendem Maße. Das Molekül, die Erfindung, das Medikament werde zu wenig wertgeschätzt, lamentierte er laut Rheinischer Post und kritisierte zudem die seiner Meinung nach übertriebene Furcht der Gesellschaft vor Innovationen. In ihrem Kommentar machte die Zeitung dann richtigerweise auf den blinden Fleck in der Argumentation Dekkers’ aufmerksam. „Wenn er aber beklagt, dass bei den Menschen zu oft die Angst vor neuen Verfahren und Produkten im Vordergrund stehe und weniger der Nutzen, so muss auch gefragt werden, wie beides verteilt ist. Beispiel Kohlenmonoxid-Pipeline zwischen Uerdingen und Dormagen: Wer trägt den Nutzen, und wer trägt das Risiko“, fragte der Journalist Peter Kurz.

KAPITAL & ARBEIT

BAYER macht mehr Gewinn
Auf 40,15 Milliarden Euro erhöhte sich BAYERs Umsatz im Geschäftsjahr 2013 (2012: 39,7 Milliarden). Der Gewinn vor Steuern stieg von 3,9 auf 4,9 Milliarden Euro.

Vorstand
kostet 24,7 Millionen
Der Vorstand des Leverkusener Multis kann sich mal wieder über ein sattes Gehaltsplus freuen. Die Bezüge der vier Mitglieder stiegen im Geschäftsjahr 2013 von 12,9 auf 13,5 Millionen Euro. Allein BAYER-Chef Marijn Dekkers erhält davon 4,8 Millionen Euro. Dazu kommen noch Pensionszusagen, aktien-basierte Vergütungsanteile und andere Kleinigkeiten, weshalb das Quartett insgesamt mit 24,7 Millionen Euro zu Buche schlägt (2012: 20,9 Millionen)

Tarifverträge immer noch Mangelware
Weltweit hat der Leverkusener Multi nur mit knapp der Hälfte seiner Beschäftigten Tarifverträge abgeschlossen, und gegenüber 2012 haben sich die Zahlen kaum verändert. Nur in der Asien/Pazifik-Region ist mit 24 Prozent (2012: 15) ein Anstieg zu verzeichnen. In Europa bestehen solche Vereinbarungen mit 88 Prozent der Belegschaftsangehörigen (2012: 87), in Lateinamerika beträgt die Quote 45 Prozent (2012: 46) und Schlusslicht bleiben die Vereinigten Staaten mit nach wie vor fünf Prozent.

Tarifrunde 2014
In der Tarifrunde 2014 einigten sich der Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) und die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE auf eine Entgelt-Erhöhung von 3,7 Prozent für die nächsten 14 Monate. Auf das Jahr gerechnet macht das jedoch bloß 3,16 Prozent aus. Zudem haben Unternehmen in wirtschaftlich schwieriger Lage die Möglichkeit, die Umsetzung des Tarifabschlusses um zwei Monate zu verzögern. Verlangt hatte die IG BCE 5,5 Prozent für 12 Monate. Auch mit einer anderen Forderung konnte die Gewerkschaft sich nicht durchsetzen. Sie wollte von BAYER & Co. nach dem Vorbild der Metall-Unternehmen die bindende Zusage, alle Auszubildenden zu übernehmen. Das lehnte die BAVC aber ab. BAYER & Co. erklärten sich lediglich zu einem größeren Ausbildungsplatz-Angebot bereit. Sie mochten nicht einmal zugestehen, den „Auserwählten“ wenigstens unbefristete Verträge anzubieten. Übrig blieb eine freiwillige Selbstverpflichtung, wonach eine „unbefristete Einstellung zum Normalfall“ werden soll.

BAYERs Zweiklassen-Gesellschaft
In BAYERs Belegschaft gibt es eine Zweiklassen-Gesellschaft, bestehend aus dem Dienstleistungs- und dem Produktionsbereich. Der Leverkusener Multi hat nämlich vor einigen Jahren die Öffnungsklauseln der Tarifvereinbarungen genutzt, um bei seinen Service-Gesellschaften aus den Flächentarifverträgen auszusteigen und eigene Haustarife abzuschließen. Bei BAYER TECHNOLOGY SERVICES (BTS) und bei BAYER BUSINESS SERVICES (BBS) führte der Konzern die 40-Stunden-Woche – ohne Lohnausgleich – wieder ein. Bei der BBS-Personaldienstleistungstochter BDS kürzte er derweil die Jahresprämie und legte sie auf die gesamten zwölf Monate um. Einige dieser Regelungen nahm der Pharma-Riese inzwischen wieder zurück. Die BTSlerInnen arbeiten jetzt wieder 37,5 Stunden und die BBSlerInnen auch, diese verdienen aber immer noch 3,3 Prozent weniger als ihre KollegInnen aus den Sparten Gesundheit, Kunststoffe oder Landwirtschaft. Darum fordern die KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN FÜR EINE DURCHSCHAUBARE BETRIEBSRATSARBEIT, eine alternative Gewerkschaftsgruppe im Leverkusener Werk: „Das Ziel muss sein, für die Beschäftigten aller BAYER-Gesellschaften wieder die Gültigkeit des Flächentarifvertrages wiederherzustellen.“

Burnout bei BAYER
3,6 Prozent aller Beschäftigten der bundesdeutschen BAYER-Niederlassungen leiden am Burnout-Syndrom, ebenso viele wie bei HENKEL und THYSSEN. Bei E.ON waren es sogar 5,1 Prozent. Das ergab eine 2012 veröffentlichte Schätzung der ASKLEPIOS-Kliniken auf Basis der stationär behandelten PatientInnen. Die Psychologin Rosemarie Bender nennt als Grund für die vielen psychisch Erkrankten bei den Unternehmen Arbeitdruck, ständige Erreichbarkeit und unklare Aufgabenverteilung. Thomas Kley von der Bochumer Ruhr-Universität macht dagegen vor allem die ständigen Umstrukturierungen für die hohen Fallzahlen verantwortlich.

LANXESS in Schwierigkeiten
Im Zuge der „Konzentration auf das Kerngeschäft“ hat BAYER viele Unternehmensteile abgestoßen. Eine aussichtsreiche Zukunft erwartete die Abteilungen nicht. Entweder gingen sie Pleite, schrumpften empfindlich oder wurden von anderen Konzernen geschluckt. Nur LANXESS schien ein besseres Schicksal zu ereilen. Obwohl nur mit BAYERs Reste-Rampe – dem Standardchemikalien-Geschäft – gestartet, begab sich die Firma auf Expansionskurs und schaffte sogar den Aufstieg in den DAX. Nun aber erfolgt doch der Absturz. Das Unternehmen weist für 2013 einen Verlust von 139 Millionen Euro aus, vernichtet 1.000 Arbeitsplätze und schasst den Vorstandsvorsitzenden Axel Heitmann. Wilkommen also im Club von DYSTAR, DYNEVO, TANATEX, KRONOS TITAN und AGFA!

BMS verkauft Harz-Produktion
BAYER MATERIAL SCIENCE stieß das Geschäft mit Polyester-Pulverharzen und flüssigen Polyester-Harzen ab und verkaufte es für 45 Millionen Dollar an das US-Unternehmen STEPAN.

Schließung von Nera Montoro?
BAYER MATERIAL SCIENCE stellt die Kunststoff-Herstellung im italienischen Nera Montoro und damit 60 Arbeitsplätze zur Disposition. Eine entsprechende Fertigungsstätte in Frankfurt produziere kostengünstiger, argumentiert der Konzern. Er hebt dabei besonders die mit 12 Cent im Vergleich zu 16 Cent pro Kilogramm Plaste günstigeren Energie-Preise hervor. Hierzulande beklagt der Global Player sich hingegen bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit über die angeblich zu hohe Stromrechnung.

Fixt Arbeit„geber“-Beträge
Die schwarze-gelbe Regierungskoalition hatte die Krankenkassen-Versicherungsbeiträge auf 8,2 Prozent für die Belegschaftsangehörigen und 7,3 Prozent für die Unternehmen erhöht. Die GroKo setzt den Ausstieg aus dem solidarisch finanzierten Gesundheitssystem jetzt fort. Sie schrieb den Arbeit„geber“-Anteil auf 7,3 Prozent fest, während der Beschäftigten-Anteil sich erhöhen darf. Und mit einem solchen Anstieg rechnen CDU und SPD auch: Intern haben sie schon einmal eine Schmerzgrenze festgelegt, bis zu der die Krankenkassen ungestraft gehen können.

ERSTE & DRITTE WELT

Dekkers sagt die Wahrheit
Das passiert auch nicht alle Tage: Manager-Mund tut Wahrheit kund! Das Kunststück gelang jetzt BAYER-Chef Marijn Dekkers. Er plauderte frank und frei aus, dass es dem Leverkusener Multi bei der Forschung nach Pharmazeutika nicht darum geht, die Menschheit von den Plagen schlimmer Krankheiten zu befreien, sondern schlicht darum, Geld zu machen. „Wir haben diese Arznei nicht für Inder entwickelt (...) Wir haben sie für westliche PatientInnen entwickelt, die sie sich auch leisten können“, sagte er über das Krebsmittel NEXAVAR, das gerade Gegenstand eines Rechtsstreits zwischen dem Pharma-Riesen und dem indischen Staat ist. BAYER ficht nämlich die Entscheidung der dortigen Patent-Behörde an, der Firma NATCO PHARMA erlaubt zu haben, eine preisgünstige Nachahmer-Version des patent-geschützten Pharmazeutikums herzustellen, weil sich PatientInnen in dem Land das 4.200 Euro pro Monat kostende Medikament sonst nicht leisten können.

USA kämpft um „NEXAVAR“-Patent
Die Entscheidung eines indischen Patentgerichtes, sich auf einen Paragrafen des Patentabkommen TRIPS zu berufen und der Firma NATCO PHARMA eine Zwangslizenz zur Produktion einer Generika-Version von BAYERs Krebsmittel NEXAVAR zu erteilen (s. o.), hat die US-amerikanische Regierung zu diversen Aktivitäten veranlasst. Bereits 2012 sicherte ein hochrangiges Mitglied der Obama-Administration dem Leverkusener Multi zu, in dieser Sache Druck auf die indische Regierung auszuüben. Im Kongress unterstützten auch die Republikaner diesen Kurs. Ihr Abgeordneter Bob Goodlatte drohte in der Debatte sogar damit, den Fall vor das Schiedsgericht der Welthandelsorganisation WTO zu bringen (Ticker 4/12). Mitte Dezember 2013 initiierte das US-Parlament unterdessen eine Anhörung zu der Frage. Neben einem Vertreter des Leverkusener Multis kamen dort allerdings auch KritikerInnen des Patent-Regimes das Wort. Und im März 2014 appellierten US-PolitikerInnen schließlich erneut an das Land, die Entscheidung rückgängig zu machen. Der indische Handelsminister Anand Sharma wies das Anliegen umgehend zurück. Was Indien getan habe, wäre eine Option, die allen Staaten offenstehe, so Sharma. Die Vereinigten Staaten akzeptieren diesen Standpunkt allerdings nicht und erwägen Sanktionen gegen den südasiatischen Staat.

KONZERN & VERGANGENHEIT

BAYER im Drogen-Museum
Ab 1898 vermarktete BAYER Heroin als Arznei. Der Leverkusener Multi bewarb die Droge als Therapeutikum für eine breite Palette von Krankheiten wie Husten, Multiple Sklerose, Asthma, Magenkrebs, Epilepsie und Schizophrenie. Sogar bei Darmkoliken von Säuglingen empfahl der Konzern das Produkt. Als KritikerInnen die Sicherheit des Stoffes in Frage stellten, forderte der damalige Generaldirektor Carl Duisberg, die Querulanten „mundtot zu schlagen“. Und obwohl schon bald kein Zweifel mehr am Suchtpotenzial bestand, führte das Unternehmen den gewinnbringenden Verkauf über Jahrzehnte hinweg fort. Darum fand der Dealer BAYER jetzt auch Eingang in das Drogen-Museum, das die auf Rauschgift-Kriminalität spezialisierte US-Strafverfolgungsbehörde DEA in Arlington eröffnete. Die BesucherInnen können dort etwa eine Werbe-Anzeige des Pharma-Riesen wie bestaunen, auf der eine treusorgende Mutter ihrer Tochter die Droge löffelweise als Medizin gegen Husten verabreicht.

POLITIK & EINFLUSS

Üppige Parteispenden des VCI

Der Leverkusener Multi spendet in der Bundesrepublik nicht selber an politische Parteien, weil das den Eindruck direkt gekaufter Entscheidungen erwecken könnte. Er überlässt den Job lieber dem „Verband der Chemischen Industrie“ (VCI). Die jüngst veröffentlichten Rechenschaftsberichte von CDU, SPD, FDP und Grünen weisen für das Jahr 2012 üppige Zuwendungen von Seiten des Lobby-Clubs aus. Die ChristdemokratInnen bekamen 44.000 Euro, die SozialdemokratInnen 34.000 und die FDP 24.500 Euro. Bündnis 90/Die Grünen – seit 2011 vom VCI mitbedacht – strichen 12.500 Euro ein. Nur „Die Linke“ erhielt kein Geld.

Akzeptanz-Beschaffer Garrelt Duin
Der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) reist unermüdlich durch die Lande, um das dank ihrer umstrittenen Infrastruktur-Projekte und umweltgefährdenden Produktionsanlagen angeschlagene Image der Konzerne aufzuhübschen. Mitte Februar 2013 machte er am BAYER-Standort Dormagen Station. Im Kreiskulturzentrum hielt der Sozialdemokrat eine Rede zum Thema „Nachhaltigkeit und Akzeptanz von Industrie und Wirtschaft“.

GroKo will Akzeptanz schaffen
Die Große Koalition dient sich BAYER & Co. als PR-Agentur an. Da Deutschland „seine starke wirtschaftliche Rolle einer besonders leistungsfähigen Industrie“ verdanke, das „öffentliche Bewusstsein für die Bedeutung“ der Konzerne aber abnehme, wie der Koalitionsvertrag konstatiert, planen SPD und CDU Gegenmaßnahmen. „Wir werden deshalb einen Dialog über die Rolle und das Selbstverständnis sowie die gesellschaftliche Akzeptanz einer zukunftsorientierten Industrie anstoßen“, drohen sie an.

BAYER & Co. gegen Hochschulreform
Im Jahr 2008 ging BAYER mit der Kölner Hochschule eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Pharma-Forschung ein. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und andere Initiativen befürchteten eine Ausrichtung der Arznei-Forschung auf Konzern-Interessen. Deshalb forderten die Organisationen eine Offenlegung des Vertrages. Die Universität verweigerte das jedoch, weshalb die CBG die Hochschule im Mai 2011 verklagte. In ihrem neuen Hochschulzukunftsgesetz will die rot-grüne Landesregierung bei solchen Kooperationen jetzt für ein bisschen mehr Transparenz sorgen. „Das Präsidium informiert die Öffentlichkeit in geeigneter Weise über Forschungsvorhaben (...), insbesondere über deren Themen, den Umfang der Mittel Dritter sowie über die Person des jeweiligen Dritten“, heißt es im Paragraf 71 des ReferentInnen-Entwurfs. Und sofort brach ein Sturm der Entrüstung los. „Sollte der Entwurf Gesetz werden, wird das nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der nordrhein-westfälischen Hochschulen (...), sondern auch den Wirtschaftsstandort NRW erheblich schwächen“, warnt der BDI. Die nordrhein-westfälischen Hochschulratsvorsitzenden, unter ihnen der dieses Amt an der Universität Köln bekleidende, 2013 aus dem BAYER-Vorstand ausgeschiedene Richard Pott, pflichteten bei. „Die Regelungen des § 71a sind von tiefem Misstrauen gegen Drittmittel-Einwerbung geprägt“, konstatieren sie und halten fest: „Themenscharfe Veröffentlichung von Drittmittel-Einwerbungen und -aufträgen führt zu Nachteilen im akademischen Wettbewerb.“ Die Zusammenarbeit von Universität und Industrie, die ihrer Meinung nach ein wesentlicher Baustein für Innovation und wirtschaftlichen Erfolg ist, sehen die Räte durch das Gesetzesvorhaben „auf das Empfindlichste“ gestört. Den Studierenden der Kölner Hochschule, dessen Rektor Axel Freimuth zu den vehementesten KritikerInnen des Paragrafen-Werkes gehört, geht die Landesregierung indes nicht weit genug. „Eine Transparenz bei den Drittmitteln zu schaffen, ist eines der höchsten Anliegen, die derzeit in der Studierendenschaft vorliegen. Leider werden aber auch mit dieser Regelung allein die Verträge noch nicht veröffentlicht“, bedauert der ASTA. Der ARBEITSKREIS ZIVILKLAUSEL DER UNIVERSITÄT KÖLN moniert zudem, dass für die Landesregierung die Offenlegungspflicht dort an Grenzen stößt, wo die Konzerne Geschäftsgeheimnisse gelten machen, wie es BAYER derzeit im Rechtsstreit mit der CBG tut. Da sich dieser Passus nur im Kleingedruckten des ReferentInnen-Entwurfs fand, hat Wissenschaftsministerin Svenja Schulze ihn den Konzernen zuliebe noch einmal präzisiert. Demnach können Unternehmen und Universitäten die Auskunft verweigern, wenn „ein Betriebsgeheimnis offenbart wird und dadurch die Gefahr eines wirtschaftlichen Schadens entsteht“. Allerdings gilt das nicht, „wenn die Allgemeinheit ein überwiegendes Interesse an der Gewährung der Information hat, und der Schaden nur geringfügig wäre“. Zudem sicherte Schulze den Kooperationspartnern noch zu, Details zu ihrer Zusammenarbeit erst nach Abschluss des jeweiligen Projekts bekanntgeben zu müssen.

Umweltministerium zweifelt am TTIP
Bei den Verhandlungen zum Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit den USA diktieren BAYER & Co. den PolitikerInnen die Agenda. Allein von Anfang 2012 bis April 2013 fanden 130 Treffen der EU-Bevollmächtigten mit Konzern-VertreterInnen oder Unternehmensverbänden statt. Für Mensch, Tier und Umwelt bedeutet das nichts Gutes. Das Umweltministerium warnt bereits vor den Folgen des Vertragswerks. „Bei TTIP bestehen grundsätzliche Gefahren aus umweltpolitischer Sicht“. Die Ministerin Barbara Hendricks (SPD) und ihre MitarbeiterInnen fürchten eine Senkung von Umwelt- und VerbraucherInnenschutz-Standards und eine Abkehr vom Vorsorge-Prinzip. Als Beispiele nennt das interne Papier die Zulassung von Chemikalien, Pestiziden und gen-manipulierten Pflanzen.

Remmel will Kohleausstiegsgesetz
Die Kohle-Verstromung, die bei BAYER ein Drittel des Energiemixes ausmacht, ist maßgeblich für den Klimawandel verantwortlich. Darum plant der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel von den Grünen ein Kohleausstiegsgesetz. „Der mittelfristige Ausstieg aus der klima-schädlichen Kohleverstromung ist somit ein zentraler Eckpfeiler einer Energie-Versorgung, die mit den im Klimaschutzgesetz verankerten CO2-Reduktionszielen im Einklang steht“, heißt es in dem Papier einer Arbeitsgruppe. Ob der Minister sich mit seinem Vorhaben durchsetzen kann, erscheint jedoch fraglich. Der Koalitionspartner SPD hat nämlich schon einmal Widerspruch angemeldet. So sagte Wirtschaftsminister Garrelt Duin: „Wenn man aus der Atomkraft 2022 aussteigt, kann man nicht 2040 aus der Kohle aussteigen, ohne massive Gefährdung der Versorgungssicherheit.“

BAYER-Aufsichtsrat leitet DGB
Der für die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE im BAYER-Aufsichtsrat sitzende Reiner Hoffmann wird neuer Vorsitzender des DEUTSCHEN GEWERKSCHAFTSBUNDES. Damit dürfte auch der Einfluss der traditionell konservativen und auf „Co-Management“ setzenden Einzelgewerkschaft innerhalb des DGB wachsen.

Gentechnik: Druck auf China
Ein Großteil der chinesischen Bevölkerung steht der Gentechnik skeptisch gegenüber. Deshalb hat die Regierung bisher den Anbau von Labor-Früchten nicht genehmigt. Und auch beim Import von Pflanzen mit verändertem Erbgut zeigt sich das Land zunehmend restriktiver. Seit im letzten Jahr an den Häfen eine Ladung Soja anlandete, das mit SYNGENTAs in dem Staat nicht zugelassenen Produkt AGRISURE VIPTERA kontaminiert war, ließen die Behörden ein Fünftel der Lieferungen wieder zurückgehen. Zudem nimmt sich das Reich der Mitte viel Zeit für Genehmigungsverfahren. BAYER & Co. kritisierten dieses Verhalten jetzt scharf. Chinas Umgang mit der Technologie sei „allzu politisch“, „intransparent“ und „unkalkulierbar“, monierte die Konzern-Vereinigung „American Chamber of Commerce“.

PROPAGANDA & MEDIEN

Kampagne gegen Patent-Gesetz
Mit Patenten auf Pharmazeutika sichern sich BAYER & Co. Monopol-Profite. Das macht die Arzneien besonders für Menschen in Armutsregionen unerschwinglich. Doch immer mehr Länder versuchen, ihrer Bevölkerung trotzdem den Zugang zu den benötigten Arzneien zu sichern. So hat etwa das „Indian Patent Office“ BAYERs Patent an dem Krebs-Medikament NEXAVAR aufgehoben und dem einheimischen Generika-Hersteller NATCO PHARMA eine Zwangslizenz zur Herstellung einer preisgünstigen Version erteilt (Ticker 2/12), wobei es sich auf einen Ausnahme-Paragraphen des internationalen Patentabkommens TRIPS berief. Und jetzt plant auch Südafrika, den Schutz des geistigen Eigentums patientInnen-gerechter zu gestalten. Das wollen die Pharma-Multis allerdings verhindern. Der US-amerikanische Pillenhersteller-Verband PhRMA engagierte für 450.000 Dollar eine PR-Agentur, um eine Kampagne gegen das Vorhaben zu starten. Wie aus einem internen Papier hervorgeht, besteht die Strategie von PUBLIC AFFAIRS ENGAGEMENT darin, negative wirtschaftliche Folgen der Reform auszumalen. „Stimmen innerhalb und außerhalb Südafrika mobilisieren, welche die Botschaft aussenden, dass die neue Patent-Politik Investitionen verhindert und so das ökonomische und soziale Wohlergehen bedroht“, schlägt das Dokument unter anderem vor. Es gibt auch detaillierte Empfehlungen zum Umgang mit den Argumenten von KritikerInnen, wie etwa die, vor allem keine Debatte über die Arznei-Preise aufkommen zu lassen. Der südafrikanische Gesundheitsminister, der Mediziner Aaron Motsoaledi, nannte das Konzept einen Plan „satanischen Ausmaßes“, das versuche, einen „Genozid“ vorzubereiten.

Kampagne gegen Vorsorge-Prinzip
„Wichtig ist vor allem, dass in der Gesellschaft ein Klima vorherrscht, Neuem aufgeschlossen gegenüberzustehen. Wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass die Menschen aus Angst vor Risiken die Chancen gar nicht erst wahrnehmen wollen“, diesen Sermon predigt BAYER-Chef Marijn Dekkers bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit. Im Oktober 2013 fand er sogar Partner dafür. Gemeinsam mit den Bossen von SYNGENTA, NOVARTIS, DOW CHEMICAL, HENKEL und anderen Unternehmen setzte er in der Sache einen Offenen Brief an die EU-Kommission auf. In dem Schreiben drückten Dekkers & Co. ihre tiefe Besorgnis über die Art und Weise aus, wie die Europäische Union mit dem Gefährdungspotenzial von Neuentwicklungen umgeht. „Innovationen sind per definitionem mit Risiken verbunden“, halten die Konzern-Lenker fest. Deshalb fordern sie Brüssel auf, bei Genehmigungsverfahren nicht mehr bloß das Vorsorge-Prinzip, sondern auch das „Innovationsprinzip“ zu berücksichtigen.

IVA übt sich in Pestizid-Panikmache
Im Jahr 2009 verabschiedete die Europäische Union eine Pestizid-Verordnung mit dem Ziel, bis 2011 besonders gefährliche Ackergifte aus dem Verkehr zu ziehen. Auf der Schwarzen Liste befanden sich mit Glufosinat, Carbendazim, Mancozeb, Tebuconazole, Bifenthrin und Thiacloprid unter anderem sechs Wirkstoffe, die auch in BAYER-Mitteln enthalten sind. Aber die EU hatte Erbarmen mit dem Leverkusener Multi und den anderen Agrar-Riesen. Sie verlängerte den Mitteln 2011 die Galgenfrist bis Ende 2017. Die Konzerne nutzten die Zeit jedoch nicht, um Alternativ-Produkte zu entwickeln. Stattdessen betreibt der „Industrieverband Agrar“ nun Panikmache. „Landwirten gehen bald die Mittel aus“, warnte er Mitte Januar 2014 in einer Presse-Mitteilung und konstatierte: „Das System steuert auf den Kollaps zu.“

TIERE & ARZNEIEN

PAN kritisiert Tierarznei-Rückstände
BAYER und andere Pharma-Konzerne liefern massenhaft Arzneien an die MassentierhalterInnen. Ein nicht geringer Teil dieser Mittel gelangt über die Ausscheidungen von Schwein & Co. in die Umwelt und belastet Böden und Gewässer. Das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN) sieht deshalb Handlungsbedarf. Es fordert, die Zulassungsverfahren für die Veterinär-Produkte um eine Umweltprüfung zu ergänzen und besonders schädliche Stoffe nicht länger zu genehmigen. Zudem verlangt PAN, die Verkaufs- und Rückstandsmengen systematisch zu erfassen – und nicht zuletzt, auf eine artgerechtere, weniger auf Pharmazeutika setzende Fleisch-Produktion umzusteigen.

DRUGS & PILLS

Noch mehr XARELTO-Tote
Die Zahl der durch BAYERs Gerinnungshemmer XARELTO verursachten Todesfälle stieg im letzten Jahr von 58 auf 133. Das ergab eine Anfrage der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN beim „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM). Zudem gingen 2013 bei der Behörde 1.399 Meldungen über schwere Nebenwirkungen ein. Ein alarmierender Befund, denn längst nicht alle MedizinerInnen informieren die zuständigen Stellen über beobachtete Nebenwirkungen. Das Bundesinstitut sieht jedoch keinen Grund zur Besorgnis. Es erklärt die Entwicklung mit der Zunahme der Verschreibungen und bemerkt zu den 133 Toten: „Diese Zahl bedeutet aber nicht zwingend, dass eine oder mehrere der beschriebenen Nebenwirkungen unmittelbar ursächlich für den tödlichen Verlauf waren.“

Kein XARELTO für ACS
Der Leverkusener Multi scheiterte auch beim dritten Versuch, in den USA eine Zulassung für seinen Gerinnungshemmer XARELTO zur Behandlung der Herzkrankheit ACS zu erhalten. Die Gesundheitsbehörde hatte die Genehmigung immer wieder herausgezögert und dabei auf die Unterschlagung von drei Todesfällen, den Ausschluss unerwünschter ProbandInnen sowie fehlende Informationen über den Gesundheitszustand der TeilnehmerInnen nach Ende der klinischen Prüfungen verwiesen. Sie forderte stattdessen neues Zahlen-Material an. Dieses lieferten der Pharma-Riese und sein US-amerikanischer Partner JOHNSON & JOHNSON dann zwar auch, aber nach Ansicht der FDA-ExpertInnen reichten die Unterlagen nicht aus, um die Bedenken hinsichtlich lebensgefährlicher Blutungen zu zerstreuen. „Die Therapie hat Vor- und Nachteile, und in diesem Kontext kommt der Qualität der Daten eine besondere Bedeutung zu“, so begründete das Gremiumsmitglied Steven Nissen im Januar 2014 die Entscheidung, keine Genehmigungsempfehlung auszusprechen. Und die Behörde richtete sich danach: Vier Wochen später sagte sie endgültig „Nein“.

Asthma durch ASPIRIN
ASPIRIN und andere Schmerzmittel können bei PatientInnen, die an Nasen-Erkrankungen wie Polypen oder angeschwollenen Schleimhäuten leiden, Asthma-Anfälle und andere Unverträglichkeitsreaktionen auslösen. MedizinerInnen sprechen dabei vom Analgetika-Asthma-Syndrom oder auch einfach nur von Schmerzmittel-Asthma.

Schlank durch ASPIRIN?
Nach einer Studie des Mediziners Simon Hawley von der schottischen „University of Dundee“ kann ASPIRIN die Fettverbrennung forcieren und so das Abnehmen befördern. Allerdings sind dazu hohe Dosen nötig, was wegen der ASPIRIN-Nebenwirkung „Blutungen“ große Risiken birgt.

Comeback für DIANE
In Deutschland und Frankreich hat BAYERs Hormon-Präparat DIANE 35 nur eine Zulassung als Arznei zur Behandlung von Haut-Krankheiten. Im Nachbarland haben jedoch mehr als 300.000 Frauen die Pille mit den Wirkstoffen Ethinylestradiol und Cyproteronacetat auch zur Verhütung eingenommen – was dem Leverkusener Multi nur schwerlich entgangen sein dürfte. Vier der Nutzerinnen bezahlten das mit ihrem Leben: Das Mittel hatte todbringende Thrombosen ausgelöst. Nach Bekanntwerden der Fälle zog die staatliche Arznei-Aufsicht ANSM das Pharmazeutikum aus dem Verkehr und forderte die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA auf, die Sicherheit von DIANE zu überprüfen. Obwohl die Einrichtung dem Produkt ein positives Nutzen/Risiko-Profil bescheinigte, wollte die ANSM es nicht wieder freigeben. Mitte Januar 2014 kam es aber doch zu einer Einigung mit dem Leverkusener Multi, weshalb dieser die Pille im Nachbarland nun wieder auf den Markt bringen darf.

FDA gibt ESSURE-Entwarnung
2013 hat BAYER das US-amerikanische Pharma-Unternehmen CONCEPTUS erworben und mit ihm das Medizin-Produkt ESSURE. Dabei handelt es sich um ein ohne Hormone auskommendes Mittel zur Sterilisation, dessen Entwicklung die „Bill & Melinda Gates Stiftung“ in der Erwartung gefördert hat, es in seinen Familienplanungsprogrammen für „Entwicklungsländer“ einsetzen zu können. Implantieren MedizinerInnen der Frau die kleine Spirale, wofür keine Vollnarkose nötig ist, so sorgen Kunststoff-Fasern für ein so großes Wachstum des Bindegewebes, dass es die Eileiter verschließt. Allerdings gehen von dem Präparat beträchtliche Gesundheitsgefahren aus. Im Oktober 2013 erhielt die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA sogar einen Bericht über einen mutmaßlich von ESSURE ausgelösten Todesfall. Insgesamt gingen bei der Einrichtung bis Oktober 2013 943 Meldungen über schwere Nebenwirkungen ein. Blutungen, Hautausschläge, Kopfschmerzen, Übelkeit und Allergien gehörten dazu, manche Frauen mussten sich sogar die Gebärmutter entfernen lassen. Wegen dieser Risiken und Nebenwirkungen haben sich in den Vereinigten Staaten schon Selbsthilfegruppen gegründet. Zudem hat die Aktivistin Erin Brockovich, die durch einen Hollywood-Film über ihr Umwelt-Engagement zu großer Popularität gelangte, eine Kampagne initiiert. Dieser öffentliche Druck hat die FDA jetzt zu einer Überprüfung des Gefährdungspotenzials von ESSURE veranlasst. Die Gesundheitsbehörde sieht allerdings keinen Anlass zur Beunruhigung. Sie wertete die noch von CONCEPTUS durchgeführte Post-Zulassungsuntersuchung aus und kam zu dem Ergebnis: „Die Studie weist nicht auf neue Sicherheitsprobleme oder eine Häufung der schon bekannten Probleme hin.“ Der Leverkusener Multi kann die Spirale also unbeschwert weiter vermarkten und sich über die Gewinne freuen. Allein im Zeitraum von Juni bis Ende Dezember 2013 setzte er damit 74 Millionen Euro um.

BAYER verkauft KYTHERA
Der Leverkusener Multi hatte gemeinsam mit dem Unternehmen KYTHERA eine Substanz entwickelt, die – unter die Haut gespritzt – kleinere Fettpolster am Kinn auflösen soll. Der Zulassungsantrag für das Lifestyle-Präparat mit der vorläufigen Bezeichnung ATX-101 liegt der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA schon vor. Im März 2014 gab BAYER die Vertriebsrechte jedoch an KYTHERA zurück. Er erhielt dafür Firmen-Anteile im Wert von 33 Millionen Dollar sowie einen Schuldschein in Höhe von 51 Millionen Dollar. Zudem hat sich der Pharma-Riese eine Beteiligung an dem zu erwartenden Umsatz zusichern lassen. „Unsere Beteiligung an KYTERA zeigt, dass wir weiterhin an das Potenzial von ATX-101 glauben“, betont Konzern-Managerin Erica Mann. Andere warnen indessen vor dem Medikament. Der Pharmazeut Gerd Glaeske etwa befürchtet, die zerstörten Fettzellen könnten im Körper umherwandern, zusammenklumpen und Gefäß-Verschlüsse oder Schlaganfälle verursachen. Zudem prophezeit er Hautschäden an den behandelten Stellen.

BAYER kauft ALGETA
Der Leverkusener Multi hat für 2,1 Milliarden Euro das Unternehmen ALGETA erworben. Damit besitzt der Pharma-Riese nunmehr die alleinigen Rechte an dem von ALGETA entwickelten Strahlentherapie-Medikament XOFIGO, die er sich zuvor im Rahmen eines Kooperationsvertrages noch mit dem norwegischen Konzern teilen musste. Die in den USA und Europa bereits zugelassene Arznei kommt bei der Prostatakrebs-Art CRPC zum Einsatz, wenn eine Hormon-Behandlung erfolglos geblieben ist und sich zudem noch Metastasen im Knochen gebildet haben. Dann soll eine radioaktive Bestrahlung mit dem Wirkstoff Radium-223-Dichlorid das Wachstum der Tumor-Zellen hemmen. Bei den Klinischen Tests verhalf das den PatientInnen jedoch nur zu einem noch nicht einmal drei Monate längeren Leben. BAYER-Chef Marijn Dekkers setzt trotzdem große Hoffnungen in das Strahlentherapeutikum: „Wir sind absolut überzeugt vom Potenzial dieses Medikamentes.“ Der Holländer sieht durch den Zukauf die Onkologie-Sparte gestärkt, die zu den gewinnträchtigsten im Pillen-Bereich zählt. Auf dem globalen Pharma-Markt sorgten Krebsmedikamente 2012 mit 61,6 Milliarden Dollar für den höchsten Umsatz.

BAYER kauft DIHON
Der Leverkusener Multi hat das chinesische Unternehmen DIHON erworben, das freiverkäufliche Medizinprodukte herstellt, darunter Mittel gegen Hautkrankheiten und Arzneien auf pflanzlicher Basis. Die Gesellschaft erwirtschaftete 2012 mit 2.400 Beschäftigten einen Umsatz von 123 Millionen Euro und hat unter anderem in Tansania, Nigeria, Vietnam, Myanmar und Kambodscha Niederlassungen. Zu den bekanntesten DIHON-Produkten zählen SKINEAL zur Behandlung von Pilz-Infektionen der Haut und HAICUEAL, das bei Schuppen und anderen Kopfhaut-Problemen Verwendung findet. Der Pharma-Riese will mit der Akquisition jedoch nicht nur sein Angebot mit nicht rezeptpflichtigen Produkten erweitern. „Gleichermaßen wichtig ist für uns hierbei der Einstieg in das Gebiet der traditionellen chinesischen Medizin“, betont der „BAYER HEALTH CARE“-Vorsitzende Dr. Olivier Brandicourt. Dieses Gebiet hat nämlich bei den freiverkäuflichen Pharmazeutika einen Marktanteil von 50 Prozent, und dafür weicht der Global Player auch gerne mal vom schulmedizinischen Pfad ab. Aus ähnlichem Kalkül hat er vor kurzem das Naturheilmittel-Unternehmen STEIGERWALD erstanden. Und jetzt hofft Brandicourt auf Synergie-Effekte: „Wir gehen davon aus, dass sich durch eine Kombination des kürzlich von STEIGERWALD erworbenen Geschäfts mit der Expertise und dem pflanzlichen (...) Portfolio von DIHON ein zusätzlicher Nutzen für beide Bereiche erzielen lässt.“

Kooperation mit dem „Broad Institute“
BAYER hat mit dem in Cambridge ansässigen „Broad Institute“ eine Zusammenarbeit vereinbart. Die beiden Partner wollen gemeinsam Krebs-Medikamente entwickeln, die gezielt auf die Erbanlagen von Tumorzellen einwirken.

Kooperation mit INCEPTION
Augen-Arzneien gehören zum Kerngeschäft von BAYERs Pharma-Sparte. So machte er mit dem Gentech-Präparat EYLEA zur Behandlung der feuchten Makula-Degeneration – einer Augenerkrankung, die zur Blindheit führen kann – 2013 einen Umsatz in Höhe von 473 Millionen Euro. Darum will der Leverkusener Multi nun weitere Medikamente für dieses Therapiefeld auf den Markt bringen. Allerdings sourct er die Entwicklung aus: Er beauftragte das Unternehmen INCEPTION SCIENCES mit den entsprechenden Arbeiten.

Weniger Rabatt und Nutzenbewertung
Im Jahr 2011 hatte die damalige Bundesregierung eine Kosten/Nutzen-Bewertung von neuen Medikamenten und ein Preis-Moratorium eingeführt. So wollte sie die Pillen-Ausgaben auf ein vernünftiges Maß zurückführen. Bis die Regelung Ergebnisse zeitigt, sollten BAYER & Co. – befristet bis Anfang 2014 – auf Arznei-Innovationen nicht mehr wie bisher sechs, sondern 16 Prozent Rabatt gewähren. Doch das Instrument des Pharmazeutika-TÜVs verfehlte das Einspar-Ziel von mehr als einer Milliarde Euro mit bisher 120 Millionen deutlich. Darum will die Große Koalition den Rabatt nun auf sieben Prozent festlegen und sich weitere Erhöhungen vorbehalten. Der von BAYER gegründete „Verband der forschenden Arzneimittel-Hersteller“ (VFA) rechnet 2014 wegen des Auslaufens der 16-Prozent-Zwischenlösung mit einem Geldsegen für die Branche. Eine Gewinn-Steigerung von 4,7 Prozent auf 40 Milliarden Euro prophezeit er, während die Krankenkassen Mehraufwendungen in Höhe von zwei Milliarden Euro erwarten. Trotzdem verzichten SPD und CDU auch noch darauf, die Kosten/Nutzen-Bewertung auf die alten Pillen auszuweiten und gaben damit einer Forderung des Leverkusener Multis und anderer Pharma-Riesen nach. Die „Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft“ (AkdÄ) kritisierte das scharf. „Die Nutzenbewertung für bereits auf dem Markt befindliche Arzneimittel ist für eine qualitativ hochwertige und wirtschaftliche Arzneimittel-Versorgung unentbehrlich“, so der Vorsitzende Wolf-Dieter Ludwig.

Verschärfte Kosten/Nutzen-Bewertung?
Die Kosten/Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln hat bisher nicht die gewünschten Einsparungen erbracht (s. o.) Darum plant die Große Koalition Änderungen. Künftig soll die Schiedsstelle auch festlegen, was ein Medikament höchstens kosten darf, und nicht mehr wie bisher nur die Höhe des Abschlags. Die alte Regelung hatte für BAYER & Co. den Vorteil, den Listenpreis einer Arznei nicht zu tangieren, der beispielsweise bestimmt, wieviel der Leverkusener Multi im Ausland für seine Pharmazeutika verlangen kann. Darum reagierten die Pharma-Riesen scharf. Der von BAYER gegründete „Verband der forschenden Arzneimittel-Hersteller“ (VFA) nannte das Vorhaben einen Eingriff von „fundamentaler ordnungspolitischer Bedeutung“.

FDA in der Kritik
ForscherInnen der „Yale University“ haben die Arzneimittel-Zulassungspraxis der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA untersucht und dabei gravierende Mängel festgestellt. Obwohl die Einrichtung laut Statut eigentlich zwei Studien zur Bedingung einer Genehmigung macht, gibt sie sich in einem Drittel der Fälle mit nur einer Untersuchung zufrieden, monierten die WissenschaftlerInnen. Zudem kritisierten die MedizinerInnen, dass die Tests, selbst wenn es sich um Medikamente für chronisch Kranke handelte, zum überwiegenden Teil nur ein halbes Jahr dauerten und sich die Hälfte der Erprobungen gar nicht dem Krankheitssymptom selbst, sondern einer abgeleiteten Größe wie etwa dem Blutwert widmeten.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Schärfere GAUCHO-Grenzwerte
Das BAYER-Pestizid GAUCHO steht seit Jahren wegen seiner bienenschädigenden Wirkung in der Kritik. Im Frühjahr 2013 entschloss sich die EU deshalb endlich, die Ausbringung auf solchen Pflanzen, deren Pollen Bienen zur Nahrung dienen, für zunächst zwei Jahre zu verbieten. Das zur Gruppe der Neonicotinoide gehörende Ackergift mit dem Wirkstoff Imidacloprid birgt jedoch noch andere Gefahren. So kann es einer neuen japanischen Studie zufolge durch seine nikotin-ähnliche Wirkung die Entwicklung des Embryos im Mutterleib stören und Schädigungen an seinem Nervensystem hervorrufen. Die „Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit“ (EFSA) reagierte für ihre Verhältnisse ungewöhnlich schnell und riet zu schärferen Grenzwerten für imidacloprid- und acetamiprid-haltige Produkte. BAYER zeigte sich verschnupft: „Wir sind überrascht, dass die EFSA hauptsächlich auf der Basis von simplen Zellkultur-Experimenten empfahl, eine Veränderung der Imidacloprid-Zulassung vorzunehmen.“

PFLANZEN & SAATEN

Saatgut-Markt: BAYER Nr. 9
Die zehn größten Saatgut-Unternehmen der Welt beherrschen nach der von den Grünen im Europa-Parlament in Auftrag gegebenen Studie „Concentration of Market Power in the EU Seed Market“ mehr als die Hälfte des globalen Geschäfts. Sie kommen insgesamt auf einen Marktanteil von 62 Prozent. BAYER belegt in dieser Rangliste mit einem Wert von 2,2 Prozent den neunten Platz. Auf EU-Ebene hat der Leverkusener Multi vor allem im Tomaten-Bereich eine starke Stellung. Gemeinsam mit MONSANTO, SYNGENTA, LIMAGRAIN und RIJKZWAAN kontrolliert der Konzern 45 Prozent des Handels mit der Gemüse-Art.

Keine neue Saatgut-Verordnung
Anfang Mai 2013 hatte die EU-Kommission einen Entwurf für eine neue Saatgut-Verordnung präsentiert. Dieser stärkt die Position von Industrie-Saatgut. So gestattet die Vorlage BAYER & Co., die Qualitätskontrolle für ihre Produkte selber zu übernehmen. Zudem macht sie es alten und lokalen Sorten schwerer, einen Marktzugang zu erhalten, was die Artenvielfalt bedroht. Aber gegen diese Pläne formierte sich Widerstand, der Erfolg zeigte. Im März 2014 lehnte das EU-Parlament das Vorhaben ab und brachte es damit zum Scheitern.

GENE & KLONE

1507-Mais vor der Zulassung
In der EU steht der Genmais 1507 vor der Zulassung. Nachdem sich bei einer Sitzung der EU-UmweltministerInnen – auch wegen der Enthaltung der Bundesregierung – keine ausreichende Mehrheit für eine Ablehnung gefunden hatte, entschloss sich EU-Kommission, die Laborfrucht von PIONEER und DOW AGROSCIENCES für den Anbau zuzulassen. Diese enthält den „Bacillus thuringiensis“ (Bt) in einer Gift-Konzentration, welche diejenige von MONSANTOs 810-Mais um das 350fache übersteigt. Zudem verfügt die Pflanze über eine Resistenz gegen die BAYER-Agrochemikalie Glufosinat, deren Tage in Europa allerdings gezählt sind. Nicht nur deshalb reagierte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN mit Unverständnis auf das Votum der Europäischen Union. „Es ist vollkommen unverständlich, warum die EU eine Genpflanze mit einer eingebauten Resistenz gegen ein Pestizid zulassen will, das wegen seiner Gefährlichkeit bereits in drei Jahren vom Markt verschwinden soll.“ Zu den zahlreichen KritikerInnen der Entscheidung zählte auch das „Bundesamt für Naturschutz“. „Mit dem aktuellen Vorschlag der Kommission vom 6. November 2013 würde 1507-Mais ohne ausreichende Risiko-Prüfung sowie ohne ausreichendes Risiko-Management und Monitoring zugelassen“, hält die Behörde fest. Wie wichtig ein solcher Sicherheitscheck gewesen wäre, zeigt sich unter anderem daran, dass die Sorte sich klammheimlich schon auf hiesige Äcker geschlichen hat: Das niedersächsische Landesumweltamt hat 2013 in konventionellen Mais-Kulturen 1507-Spuren gefunden. Auch von Erfahrungen aus der Praxis hat sich die EU bei ihrer Entscheidung nicht groß irritieren lassen, sonst hätte sie das Gewächs wohl kaum genehmigt. In Brasilien etwa haben sich die Schadinsekten nämlich bereits an das Gen-Konstrukt gewöhnt, weshalb die LandwirtInnen trotz Erhöhung der Chemie-Dosis mit Ernte-Ausfällen kämpfen. Ob der Mais wirklich die bundesdeutschen Felder heimsuchen wird, steht allerdings noch in Frage: Gegenwärtig berät die Europäische Union über eine Richtlinie, die es den Mitgliedsländern gestattet, selbstständig über den Anbau von 1507 & Co. zu entscheiden.

Gentests in Indien
In Indien hat sich die gen-manipulierte Baumwolle durchgesetzt. Auf dreiviertel aller Felder wachsen meist von MONSANTO produzierte Laborfrüchte. Aber auch BAYER drängt in den Markt. So führt der Leverkusener Multi in dem südasiatischen Staat derzeit zwei Freisetzungsversuche durch. Er testet dort die glyphosat-resistente und zusätzlich noch mit dem für Insekten tödlichen Bacillus thuringiensis (Bt) bestückte Sorte GHB119 und das glufosinat-resistente und Bt-bewehrte Produkt T304-40.

Vermarktung von Gentech-Raps
BAYER hat 2013 mit der Vermarktung des Gentech-Raps’ „IH 50 RR“ in Australien begonnen. Die Laborfrucht auf Basis der von MONSANTO entwickelten „ROUNDUP READY“-Technologie ist mit einer Resistenz gegen das Herbizid Glyphosat ausgestattet.

EYLEA: kein Zusatznutzen
BAYERs zur Therapie der feuchten Makula-Degeneration – einer Augenerkrankung, die zur Blindheit führen kann – zugelassene Augen-Arznei EYLEA (Ticker 2/12) erschließt nicht gerade medizinisches Neuland. In den klinischen Prüfungen gelang es dem Gentech-Medikament nicht, das NOVARTIS-Präparat LUCENTIS zu übertrumpfen, was der Leverkusener Multi auch selbst einräumen musste. Laut Konzern zeigte das Pharmazeutikum in Tests lediglich „eine vergleichbare Wirkung (‚Nicht-Unterlegenheit’) gegenüber der Behandlung mit LUCENTIS“. Das „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ (IQWIG) erkannte im Januar 2014 ebenfalls keinen Zusatznutzen. Deshalb ist der Pharma-Riese jetzt gezwungen, sich bei der Preisgestaltung an den altbewährten Mitteln zu orientieren.

EYLEA-Forschungskooperationen
473 Millionen Euro Umsatz hat BAYER im Geschäftsjahr 2013 mit seinem Augen-Präparat EYLEA gemacht. Darum setzt der Leverkusener Multi trotz nicht gerade berauschender Heilungserfolge (s. o.) des gentechnisch hergestellten Medikaments weiter auf dieses Therapiefeld. So vereinbarte er nicht nur mit INCEPTION SCIENCES (siehe DRUGS & PILLS), sondern auch mit REGENERON eine Kooperation. Das US-Unternehmen entwickelt für den Pharma-Riesen einen Antikörper, der in Kombination mit EYLEA zum Einsatz kommen soll.

WASSER, BODEN & LUFT

CO2-Emissionen steigen
Im Geschäftsjahr 2013 sind bei BAYER die klima-schädigenden Kohlendioxid-Emissionen abermals gestiegen. Sie erhöhten sich von 8,36 auf 8,37 Millionen Tonnen.

Weniger ODS- und VOC-Ausstoß
Nicht nur Kohlendioxid wirkt klima-schädigend. Das tun auch andere, unter dem Begriff „Ozone Depleting Substances“ (ODS) subsummierte Stoffe. Deren Ausstoß verringerte sich bei BAYER im Geschäftsjahr 2013 ebenso wie derjenige der flüchtigen organischen Substanzen (VOC), weil sich auf der Dauerbaustelle am indischen Standort Vapi, der für ein Gutteil dieser Emissionen sorgt, endlich etwas zu tun scheint. Die Werte reduzierten sich von 16,3 auf 15,7 bzw. von 2,60 auf 2,27 Tonnen.

Etwas weniger Luftverschmutzung
Im Geschäftsjahr 2013 bliesen die BAYER-Schlote mit 900 Tonnen 100 Tonnen Kohlenmonoxid weniger in die Luft als 2012. Der Schwefeloxid-Ausstoß verringerte sich von 3.100 auf 2.500 Tonnen, und der Stickstoff-Ausstoß ging von 1.900 auf 1.300 Tonnen zurück. Die Feinstaub-Emissionen verharrten dagegen bei 200 Tonnen.

Konstant hohe Wasser-Belastung
BAYERs Einleitungen von Schadstoffen in Gewässer verharrten 2012 auf konstant hohem Niveau. Die Emissionen von organisch gebundenem Kohlenstoff legten von 1.420 auf 1.530 Tonnen zu, diejenigen von Stickstoff bewegten sich weiter um die 700 Tonnen. Die Schwermetall- und Phosphor-Frachten reduzierten sich dagegen etwas, sie senkten sich von 9,8 auf 9,1 Tonnen bzw. von 150 auf 110 Tonnen ab. Auch mussten die Flüsse nicht mehr ganz so viel anorganische Salze aufnehmen. Das Volumen schrumpfte von 1.048.000 auf 946.000 Tonnen.

Wasser-Schadstoff PCB
2008 hat die EU eine Schwarze Liste mit 33 Stoffen veröffentlicht, die eine besonders große Belastung für die Gewässer darstellen und die Mitgliedsstaaten aufgefordert, bis zum Jahr 2021 Vorschläge zur Reduzierung der Einträge vorzulegen. Im letzten Jahr ergänzte Brüssel die Aufstellung um elf Substanzen. Unter ihnen befinden sich auch die vom Leverkusener Multi bis zu ihrem endgültigen Verbot 1989 massenhaft hergestellten Polychlorierten Biphenyle (siehe AKTION & KRITIK). Das PCB befindet sich damit in der schlechten Gesellschaft der anderen von der Europäischen Union inkriminierten Wasserverschmutzer made by BAYER wie Chlorpyrifos, Dichlormethan, Diuron, Endosulfan, Fluoranthen, Hexachlorcyclohexan, Blei, Quecksilber, Nickel, Nonylphenol, Trichlormethan und Trifluralin.

Sanierungsmaßnahmen in Hagerstown
Bis Mitte der 1980er Jahre haben BAYER und andere Chemie-Multis ihre Pestizid-Wirkstoffe im US-amerikanischen Hagerstown zu fertigen Produkten weiterverarbeiten lassen. Die Veredelungsprozesse führten zu massiven Verunreinigungen des Bodens, des Grundwassers und der nahe gelegenen Oberflächen-Gewässer. Die US-amerikanische Umweltbehörde EPA fand unter anderem Spuren der Ackergifte DDT, Lindan, Dieldrin und Aldrin sowie Blei und Arsen. Auf ca. 250.000 Dollar schätzt sie die Aufwändungen für die Sanierung der Schäden. An diesen Kosten müssen sich außer dem Leverkusener Multi noch 15 weitere Firmen beteiligen.

Brückenbau auf Deponie-Gelände
Die Deponie Dhünnaue diente BAYER von 1923 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs als Giftmüll-Schlucker. Danach ließ der Leverkusener Multi nicht nur Gras über die Sache wachsen, sondern auch 220 Wohneinheiten sowie eine Schule, einen Kindergarten und ein Altersheim. Die Folge: Allein in der Hauptschule am Rand des Geländes traten 15 Krebserkrankungen und fünf Todesfälle auf. Die notwendigen Sanierungsmaßnahmen begannen erst in den 1990er Jahren. Der Konzern trug das verseuchte Erdreich jedoch keineswegs ab und umschloss es auch nicht vollständig. Lediglich zum Rhein hin sicherte er die Altlast mit Spundwänden ab. Deshalb ist es erforderlich, stündlich 750 Kubikmeter verseuchtes Wasser abzupumpen und zu reinigen – über Jahrhunderte hinweg. Und deshalb müssen jetzt auch die Sondierungsarbeiten zum Bau einer Autobahn-Brücke auf dem Areal äußerst vorsichtig verlaufen. Jedes Bohrloch birgt bis zu zwei Tonnen Sondermüll, was die Beschäftigten dazu nötigt, einen Ganzkörperschutz zu tragen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) fordert eine vollständige Sicherung des Geländes auf Kosten des Global Players, die Übernahme aller Folgekosten sowie einen Gedenkstein für die Opfer. „Die entstehenden Mehrkosten beim Bau der Autobahn müssen von BAYER getragen werden. Umwelt und Anlieger haben jahrzehntelang unter der Gift-Belastung gelitten. Der Öffentlichkeit dürfen nicht noch weitere Folgekosten entstehen“, so Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG.
Gas-Kraftwerk in Leverkusen
Wie in Krefeld plante BAYER auch in Leverkusen ursprünglich ein Kohlekraftwerk. Und wie in Krefeld entschied sich der Chemie-Multi nach massivem Protest gegen den Bau der klima-schädigenden Dreckschleuder und stattdessen für ein Gas- und Dampfkraftwerk. Während er die Entscheidung in Krefeld 2013 aber erst einmal widerrief und sich zwei Jahre Bedenkzeit einräumte, gibt es am Stammsitz nach ebenfalls langem Hin und Her nun eine Vorentscheidung. Der Betreiber REPOWER hat im März 2014 einen Vorvertrag für die Anlage geschlossen, die den Chemie-„Park“ mit 570 Megawatt Strom pro Stunde versorgen soll.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Schärferer Bisphenol-Grenzwert?
BAYER ist mit einer Jahresproduktion von ca. einer Million Tonnen einer der größten Produzenten der Industrie-Chemikalie Bisphenol A. Drei Prozent davon finden in Lebensmittel-Verpackungen wie etwa Konservendosen Verwendung. Die Substanz ähnelt in ihrem chemischen Aufbau Hormonen, was Auswirkungen auf den menschlichen Stoffwechsel hat und zu Schädigungen des Nervensystems, Übergewicht, Unfruchtbarkeit, Diabetes sowie Herz- und Lebererkrankungen führen kann. Deshalb steht der Stoff seit Jahren in der Kritik. Die EU, die im März 2011 bereits seine Verwendung in Babyflaschen untersagt hatte (Ticker 1/12), plant jetzt eine Verschärfung des Grenzwertes. Sie will eine Belastung nur noch bis zu fünf Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht tolerieren (bisher 50 Mikrogramm). Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) begrüßt dieses Vorhaben, fordert jedoch weitere Maßnahmen. „Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung. Nun muss ein Bisphenol A-Verbot in Trinkflaschen, Spielzeug und Lebensmittel-Verpackungen folgen. Hormonaktive Substanzen haben in Produkten des täglichen Bedarfs absolut nichts verloren! Die Leugnung der Risiken durch BAYER, DOW und Co. darf nicht weiter zur Gefährdung der Verbraucher führen“, heißt es in der CBG-Presseerklärung.

Greift Bisphenol A die Zähne an?
Trotz guter Zahnpflege breitet sich unter Kindern eine neue Krankheit aus. Ihre Zähne haben wegen einer unzureichenden Mineralisation nicht genügend Festigkeit und zersetzen sich langsam. „Molar-Incisor-Hypomineralisation“ (MIH) nennen MedizinerInnen diese Gesundheitsstörung, von der ca. 10 Prozent der SchülerInnen betroffen sind. Als Auslöser von MIH haben WissenschaftlerInnen die von BAYER in rauen Mengen hergestellte Industrie-Chemikalie Bisphenol A (s. o.) in Verdacht, die etwa bei der Produktion von Plastik-Flaschen und anderen Lebensmittel-Verpackungen zum Einsatz kommt. In Tierversuchen störte sie nämlich die Mineralisation der Zähne von Ratten. Der Mediziner Dr. Norbert Krämer von der Gießener Poliklinik für Kinder-Zahnheilkunde rät deshalb zur Vorsicht: „Das Trinken aus der Plastikflasche würde ich abstellen.“ Auch empfiehlt er, auf Lebensmittel zu verzichten, deren Hüllen Bisphenol-Anteile aufweisen.

CO & CO.

Marode Alt-Pipeline
Nicht nur die zwischen den BAYER-Werken Dormagen und Krefeld verlegte Kohlenmonoxid-Pipeline wirft Sicherheitsfragen auf. Auch die in den 1960er Jahren zwischen Dormagen und Leverkusen gebaute Leitung, die der Leverkusener Multi seit 2001 für den Transport von CO nutzt, ohne von der Bezirksregierung dafür mit einem neuen Genehmigungsverfahren oder schärferen Auflagen behelligt worden zu sein, hat gravierende Mängel. Das musste die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN nach Einsichtnahme in die Behörden-Bescheide und Untersuchungsberichte feststellen. Besonders dort, wo die Pipeline den Rhein unterquert, zeigen sich Korrosionsschäden, also Abnutzungserscheinungen an den Bau-Bestandteilen. So treten an diesem Rhein-Düker nach einem Bericht des TÜV Rheinland „gravierende externe Materialverluste“ auf, weswegen jener „nicht dem Stand der Technik“ entspreche. Damit nicht genug, beträgt die mittlere Verlegungstiefe des Röhren-Werks nur ein Meter, und kein Warnband (Geogrid) weist auf seine Existenz hin. Der Leverkusener Multi sieht jedoch keinen Grund zur Beunruhigung: „Die Leitung wird sicher betrieben, ständig überwacht und regelmäßig kontrolliert.“ Kritik an der Alt-Pipeline weist er zurück und bezeichnet diese als „Stimmungsmache von Industriegegnern aus dem Lager der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN“. Den Bau eines neuen Dükers plant der Konzern aber trotzdem – so ganz sicher scheint er sich betreffs der Sicherheitslage also nicht zu sein. Die Bezirksregierung Köln plant ebenfalls Maßnahmen: Sie hat eine Sonderprüfung angekündigt. Und die nordrhein-westfälische Landesregierung versucht auf Bundesebene ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das die Betreiber von Rohrleitungen zwingt, diese ständig dem jeweiligen Stand der Technik anzupassen. Bisher sträubt sich die Bundesregierung jedoch gegen ein solches Paragrafen-Werk.

Unrentable Neu-Pipeline
Die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hatte ein Gutachten in Auftrag gegeben, das untersuchen sollte, ob die Pipeline für BAYER die einzige Möglichkeit darstellte, das Werk in Uerdingen mit Kohlenmonoxid zu versorgen. Die Expertise des „Bielefelder Instituts für Umweltanalyse“ beantwortet die Frage eindeutig mit „Nein“ und betrachtet die Errichtung sogar als die teurere Lösung. „Zusammenfassend stellte somit die technisch zur Verfügung stehende Alternative der CO-Erzeugung vor Ort in Uerdingen zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung für den Bau und Betrieb der CO-Pipeline aus Sicht der wettbewerbsfähigen CO-Kosten die kostengünstigere Alternative dar“, befindet die Untersuchung. Hat sich der Konzern also einfach verrechnet? Erich Hennen von der Duisburger Initiative CONTRA PIPELINE mag daran nicht glauben. Er vermutet, das Unternehmen habe das Röhrenwerk gar nicht zur Durchleitung, sondern zur Speicherung von Kohlenmonoxid konstruiert. Dem Aktivisten zufolge wurde es als „längster Gasometer der Welt“ konzipiert, auf den die Werke beliebig – etwa bei Versorgungsstörungen – zurückgreifen können, weshalb auch Entnahme-Möglichkeiten an beiden Enden der Leitung bestehen.

Anhörung vor dem OVG Münster
Das Gutachten des „Bielefelder Instituts für Umweltanalyse“ zu den Pipeline-Alternativen (s. o.) besitzt auch für den Prozess Relevanz, der vor dem Münsteraner Oberverwaltungsgericht (OVG) anhängig ist. Dort rechtfertigt BAYER nämlich die im Zuge der Baumaßnahmen vorgenommenen Enteignungen mit dem Argument, die Rohrleitung sei für den Wirtschaftsstandort unerlässlich und diene daher dem Allgemeinwohl. Bei der Anhörung, die vom 15. bis 19. Februar stattfand, spielte die Expertise zwar noch keine Rolle, aber auch so konnte sich der zum „Allgemeinwohl“ um seinen Grund und Boden gebrachte Landwirt Heinz-Josef Mohr in seinem Rechtsempfinden bestätigt sehen. Der Senat habe erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Enteignung seines Mandaten geäußert, resümierte der Rechtsanwalt Dr. Jochen Heide laut Rheinischer Post: „Für uns läuft es in die richtige Richtung.“

PLASTE & ELASTE

Maue Kunststoff-Sparte
BAYERs Kunststoff-Sparte verliert gegenüber den Bereichen „Gesundheit“ und „Landwirtschaft“ immer mehr an Bedeutung. Machte ihr Anteil am Umsatz im Geschäftsjahr 2013 noch rund 30 Prozent aus, so schrumpfte ihr Beitrag zum bereinigten Gewinn auf bloße zehn Prozent. Das dürfte die ohnehin schon gefährdete Stellung von BAYER MATERIAL SCIENCE innerhalb des Unternehmens noch ein Stückchen unsicherer machen.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Mehr Arbeitsunfälle in Europa
Die Zahl der Arbeitsunfälle bei BAYER blieb im Geschäftsjahr 2013 gegenüber 2012 relativ konstant. Es gab wie im Vorjahres-Zeitraum zwei Tote zu beklagen. Statistisch gesehen kam es über den Zeitraum von 200.000 Arbeitsstunden zu 0,47 Ereignissen (2012: 0,49). Während der Wert in den Regionen Nordamerika, Asien/Pazifik und Lateinamerika sank, erhöhte er sich in Europa von 0,21 auf 0,72 – mehr als eine Verdreifachung! Eine Erklärung hat der Leverkusener Multi dafür nicht. „Der ungewöhnlich starke Anstieg der (...) Unfall-Quote in Europa wird derzeit intensiv untersucht“, heißt es im Geschäftsbericht lediglich.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Doppelt so viele Störfälle
Die Zahl der Störfälle in BAYER-Werken hat sich im Geschäftsjahr 2013 von fünf auf zehn verdoppelt. Dazu kommen noch fünf Vorfälle, die dem Leverkusener Multi aus unerfindlichen Gründen nicht als „Umweltereignisse“ gelten sowie ein – von dem Konzern offenbar vergessener – Ammoniak-Austritt am US-Standort Muskegon.

Methanol-Austritt in Muskegon
Am 28.2.13 kam es auf dem Gelände des US-amerikanischen BAYER-Standorts Muskegon zu einem Zwischenfall. Während der Wartung einer Anlage trat gasförmiges Methanol aus.

Methanol-Austritt in Wuppertal
Aus einer Produktionsanlage von BAYER HEALTH CARE in Wuppertal traten am 10.3.13 ca. 600 Liter Methanol aus.

Chlorwasserstoff-Austritt in Vapi
Am 13.3.13 brach auf dem BAYER-Firmenareal im indischen Vapi eine Kunststoff-Pipeline. Daraufhin gelangten 20 Kubikmeter einer Flüssigkeit, die Chlorwasserstoff enthielt, ins Freie.

DESMODUR läuft aus

  • 1


Am 4.4.13 beschädigte am BAYER-Standort Knoxville (Tennessee) ein Gabelstabler beim Verladen einen mit dem Flüssigklebstoff DESMODUR befüllten Behälter, weshalb 225 Liter der Substanz ausliefen, die krebserregend wirken, die Atemorgane schädigen, die Haut angreifen und Asthma auslösen kann.

DESMODUR läuft aus

  • 2


Am 17.7.13 kam es während eines Lade-Vorgangs abermals zu einem Zwischenfall mit dem Flüssigklebstoff DESMODUR. Ein Transport-Fahrzeug beschädigte ein mit der Substanz gefülltes Fass. Daraufhin liefen 200 Liter des Stoffes aus.

Polyol gelangt ins Meer
Auf einem Seetransport von Brasilien nach Argentinien kam es am 9.4.13 beim Reinigen eines Tanks zu einem Zwischenfall, in dessen Folge 35 Tonnen von BAYERs Kunststoff-Vorprodukt Polyol ins Meer flossen.

Polyol trat aus
Während eines Seetransportes nach Hongkong schlug am 3.12.13 ein mit dem Kunststoff-Vorprodukt Polyol befüllter Container Leck. Über 1.000 Kilogramm der Substanz traten aus.

Ammoniak-Austritt in Kansas
Auf dem Areal des BAYER-Standorts Kansas City traten am 11.5.13 790 Kilogramm Ammoniak aus. Als Ursache des Störfalls gab der Leverkusener Multi einen defekten Dichtungsring am Überdruck-Ventil an.

Salzsäure-Austritt in Krefeld
Im Krefelder BAYER-Werk trat am 19.6.13 aus einer Leitung, die zwei Tanklager miteinander verbindet, wegen eines defekten Restentleerungshahnes Salzsäure aus. Zur Menge machte der Leverkusener Multi keine Angaben.

Isoamylacetat entzündet sich
Durch Funkenflug, der von Schweißarbeiten herrührte, entzündete sich am 25.12.13 auf dem Gelände des chinesischen BAYER-Standorts Chengdu ein Behälter, der mit der gesundheitsschädlichen Chemikalie Isoamylacetat gefüllt war.

Sechs LKW-Unfälle
Im Geschäftsjahr 2013 verunglückten sechs mit BAYER-Stoffen beladene LKWs, wodurch fast immer Chemikalien ins Freie gelangten.

CO-Unfall wg. undichter Sicherung
Am 25. September 2013 kam es im Brunsbütteler BAYER-Werk zu einer Freisetzung von Kohlenmonoxid. Zwei Beschäftigte wurden bewusstlos aufgefunden, drei weitere atmeten das Giftgas ein (siehe Ticker 1/14). Als Ursache des Unglücks gibt der Leverkusener Multi in seinem Geschäftsbericht eine undichte Unterdruck-Sicherung an.

STANDORTE & PRODUKTION

Leverkusen darbt
Die Stadt, in der einer der 100 größten Konzerne der Welt seinen Stammsitz hat, darbt. Mehrere Jahre lang musste Leverkusen mit Nothaushalten über die Runden kommen, weil BAYER weniger Gewerbesteuern überwies – und manchmal wie 1999, 2001, 2003 und 2004 – auch gar keine. So viel wie der Konzern 1990 noch aufbrachte – 123 Millionen Euro – nimmt der Kämmerer Rainer Häusler heute nicht einmal mehr von allen Unternehmen zusammen ein: 2013 belief sich das Gewerbesteuer-Aufkommen auf ca. 70 Millionen Euro. Häusler grollt dem Pharma-Riesen dennoch nicht. „BAYER hat uns dominiert, und die Stadt hat stark davon profitiert. Die Nachteile sind die Sprünge in der Gewerbe -Entwicklung.“ Für diese Sprünge sorgte vor allem die Unternehmenssteuer„reform“ des Jahres 2000, die BAYERs ehemaliger Steuer-Chef Heribert Zitzelsberger als Staatssekretär im Finanzministerium maßgeblich mitgeprägt hat. Aber auch die „Konzentration auf das Kerngeschäft“, in deren Folge sich der Global Player von Unternehmensteilen trennte, brachte der Stadtkasse Verluste, weil diese Abspaltungen entweder eingingen oder Leverkusen verließen, wie es aktuell auch LANXESS plant.

KOGENATE aus Deutschland
Der Leverkusener Multi stellt das Bluter-Präparat KOGENATE bisher ausschließlich im US-amerikanischen Berkeley her. Für die Weiterentwicklungen, die sich in der Abschlussphase der klinischen Tests befinden, will der Konzern jedoch nicht dort 500 Millionen Euro in neue Produktionskapazitäten investieren und 500 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, sondern in Wuppertal und Leverkusen. Das Investitionsklima in Berkeley sieht der Konzern offenbar als nicht allzu günstig an, handelt es sich doch um einen der wenigen BAYER-Standorte in den USA mit einer gewerkschaftlich organisierten Belegschaft.

IMPERIUM & WELTMARKT

Malik neu im Vorstand
Der Leverkusener Multi hat Kemal Malik neu in den Vorstand berufen. Er tritt die Nachfolge von Wolfgang Plischke an, der in Pension geht, und übern

GenMais

CBG Redaktion

12. Februar 2014

CBG kritisiert Zulassung von GenMais

Resistenz gegen gefährliches BAYER-Pestizid Glufosinat

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) verurteilt die Enthaltung der Bundesregierung bei der gestrigen Abstimmung der EU-Umweltminister zum GenMais 1507. Die Sorte der Firma DuPont Pioneer enthält das Bt-Bakterium, das ein für Schmetterlinge und Motten giftiges Eiweiß produziert. Der Anbau wird fast zwangsläufig zur Übertragung der Genmanipulation auf konventionelle Sorten führen.

Weniger bekannt ist, dass Mais 1507 zusätzlich gegen das Totalherbizid Glufosinat resistent ist. Glufosinat wird von der Firma BAYER unter den Markennamen BASTA und LIBERTY verkauft. Die Zulassung von Mais 1507 könnte zu einem steigenden Verbrauch von Glufosinat führen, obwohl der Wirkstoff wegen seiner Risiken in der EU verboten werden soll.

Glufosinat kann Missbildungen bei Föten verursachen, die Entwicklung des menschlichen Gehirns beeinträchtigen und Verhaltensstörungen hervorrufen. Dennoch wurde die Glufosinat-Resistenz von Mais 1507 keiner Sicherheitsüberprüfung unterzogen - angeblich weil die genetische Veränderung nur als „Marker-Gen“ diene und keine pflanzenbauliche Relevanz habe. Tatsächlich wird die Glufosinat-Toleranz von Mais 1507 in den USA jedoch seit Jahren offensiv vermarktet. Eine ähnliche Entwicklung droht nun in Europa.

Jan Pehrke vom Vorstand der CBG: „Es ist vollkommen unverständlich, warum die EU-MinisterInnen eine Genpflanze mit einer eingebauten Resistenz gegen ein Pestizid zulassen wollen, das wegen seiner Gefährlichkeit bereits in drei Jahren vom Markt verschwinden soll.“

Glufosinat gehört zu den rund 20 Pestiziden, die von der EU wegen ihrer hohen Gefahren für Landwirte und Verbraucher/innen aus dem Verkehr gezogen werden sollen. Die Zulassung soll im Jahr 2017 auslaufen. Schon jetzt hat die EU Glufosinat als reproduktionstoxisch eingestuft und mit strikten Anwendungsbeschränkungen belegt. In Deutschland hat BAYER das Produkt LIBERTY bereits 2011 freiwillig vom Markt genommen.

In Nord- und Südamerika hingegen steigen die Verkaufszahlen von Glufosinat an. BAYER bietet das Herbizid in Kombination mit gentechnisch verändertem Saatgut an, darunter Raps, Zuckerrüben, Mais, Soja und Baumwolle. In der EU hat BAYER eine Importzulassung für glufosinat-resistenten Reis (Liberty Link Reis 62) beantragt. Eine ebenfalls von BAYER entwickelte Reis-Sorte, Liberty Link Reis 601, hatte im Jahr 2006 zur bislang größten Gentech-Kontamination weltweit geführt.

Zwar lehnten 19 der 28 Mitgliedstaaten den Anbau von Mais 1507 ab. Dies reichte jedoch nicht aus, um den Anbau durch eine qualifizierte Mehrheit zu blockieren. Die endgültige Entscheidung liegt nun bei der EU-Kommission. Diese hat bereits angekündigt, sie werde die Sorte zulassen, wenn es kein eindeutiges Veto der Minister geben sollte. Importiert und in Lebens- und Futtermitteln verarbeitet werden darf Mais 1507 bereits jetzt.

Wegen der zunehmenden Resistenzen gegen einzelne Wirkstoffe haben Konzerne wie BAYER, MONSANTO und DuPont ihre Patente untereinander ausgetauscht. Daher bietet BAYER Saatgut an, das gegen das von MONSANTO entwickelte Herbizid Glyphosat resistent ist. Umgekehrt setzen MONSANTO und DuPont die Glufosinat-Technik von BAYER ein.

weitere Informationen:
=> BAYER erhöht Glufosinat-Produktion in Deutschland
=> EU-Verbot: Glufosinat jetzt vom Markt nehmen!

[Agromonopol] STICHWORT BAYER 01/2014

CBG Redaktion

Das Agrar-Oligopol von BAYER & Co.

We Feed the World

BAYER, MONSANTO und eine Handvoll weiterer Unternehmen haben den Agrar-Markt unter sich aufgeteilt und sich so den Zugriff auf eine Industrie gesichert, welche die Menschen mit dem wichtigsten Gut überhaupt versorgt: der Nahrung.

Von Jan Pehrke

1985 hatten die zehn größten Anbieter von Saatgut zusammen einen Marktanteil von ca. 12,5 Prozent. 2011 hingegen kamen MONSANTO, DUPONT, BAYER & Co. schon auf 75,3 Prozent. Eine ähnliche Entwicklung vollzog sich auch in anderen Bereichen des Agro-Business’. „Die neuesten Markt-Daten legen nahe, dass Kartell-Absprachen notorisch sind und oligopolistische Strukturen von einzelnen Sektoren auf das gesamte Ernährungssystem übergegriffen haben“, hält die kanadische ETC-Group fest. So beherrschen ihrer jüngsten Untersuchung „Putting the Cartel before the Horse“ zufolge SYNGENTA, BAYER und BASF über die Hälfte des Pestizid-Handels. Noch übersichtlicher geht es Gentechnik-Bereich zu. Obwohl zu diesem Segment keine aktuellen Zahlen vorliegen, besteht an der Dominanz von MONSANTO kein Zweifel. Erst mit einigem Abstand folgen dann BAYER, DUPONT, DOW AGRO SCIENCE, SYNGENTA und KWS.
Die Gentechnik war es dann auch, die den Konzentrationsprozess antrieb. Sie erforderte enorm viel Kapital, das nur große Unternehmen zur Verfügung hatten, und versprach dafür Extra-Gewinne. Den Schlüssel dazu lieferten die Patente. Diese eröffneten die Chance, das Wissen um das Säen, Ernten und Wiederaussäen der Ackerfrüchte, das die Menschheit über Jahrtausende hinweg miteinander geteilt hatte, gewinnträchtig zu privatisieren. Der Leverkusener Multi profitiert davon in besonderer Weise: Auf dem alten Kontinent verfügt kein Agro-Riese über so viele Patente wie er. 206 Copyright-Ansprüche verzeichnet das Europäische Patentamt (siehe SWB 4/13). Eines dieser Schutzrechte entpuppt sich dabei als besonders wertvoll, weil es eine ganze Technologie zur Gen-Manipulation umfasst. Die anderen Mitglieder des Oligopols verfügen ebenfalls über solche Major-Patente, ohne die die schöne, neue Genwelt nicht zu machen ist, weshalb der Club Exklusivität wahren und potenzielle Mitbewerber draußen halten kann.
Aber Verfügungsgewalt über Gene mit besonderen Eigenschaften und bestimmte biotechnische Kniffe allein reichen nicht aus für ein lukratives Geschäftsmodell. „Ein neues Gen ist nutzlos ohne einen hochwertigen Grundstock von Saatgut, in das es eingebaut werden kann, und eine Infrastruktur, die solches bereitstellt“, hielt ein Finanz-Analyst in der Frühphase des sich etablierenden Wirtschaftszweigs fest. Ohne Zugriff auf einen solchen Rohstoff haben die GenwerkerInnen in ihren Laboren nämlich nicht die Möglichkeit, Gott zu spielen und ganze Pflanzen zu konstruieren. Also legten sich die Agro-Riesen im großen Stil Saatgut-Unternehmen zu und verlängerten damit ihre Wertschöpfungskette entlang der Nahrungskette. Neben solchen vertikalen Konzentrationen kam es durch Aufkäufe direkter Konkurrenten aber auch zu horizontalen Konzentrationen. Eine äußerst folgenreiche initiierte BAYER im Jahr 2001. In diesem Jahr schluckte der Leverkusener Multi AVENTIS CROPSCIENCE, das kurz zuvor aus der Fusion von HOECHST und RHÔNE-POULENC entstanden war. Diese Aquisition gab dann den Startschuss zu einem forcierten Ausbau der Landwirtschaftssparte. Seither erwarb der Konzern unter anderem Saatgut-Firmen wie STONEVILLE, RELIANCE GENETICS und HORNBECK, Pestizid- und Saatgutbehandlungsmittel-Produzenten wie GUSTAFSON und investierte in Gentechnik-Lizenzen. Zudem ging der Global Player allein im Saatgut-Bereich über 90 Kooperationen mit Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen ein.
Auf diese Weise bauten BAYER, MONSONTO & Co. ihre Markt-Positionen konsequent aus und drängten kleinere Gesellschaften aus dem Geschäft. Am spürbarsten wirkte sich diese „neue Übersichtlichkeit“ auf die Preise aus, vor allem auf diejenigen im Biotech-Bereich. Während diese für Hochtechnologie-Produkte vergleichbarer Branchen wie etwa der Computer-Industrie in der Regel bald nach der Markteinführung fallen, verlangen BAYER & Co. kontinuierlich mehr für ihre Waren. Die Kosten für gentechnisch manipuliertes Getreide stiegen von 1995 bis 2008 um 139 Prozent, für konventionelle Sorten um 49 Prozent. Für Gen-Soja mussten die Farmer 199 Prozent und für konventionelle Arten 96 Prozent mehr zahlen, ohne dies alles durch höhere Ernte-Erträge ausgleichen zu können.
Und nicht immer geht dabei alles mit rechten Dingen zu. Bereits mehrmals zogen US-amerikanische FarmerInnen gegen die Agro-Multis wegen des Verdachts illegaler Preisabsprachen vor Gericht. So prozessierten etwa im Jahr 1999 LandwirtInnen gegen BAYER, MONSANTO, SYNGENTA und andere Unternehmen. Aber der zuständige Richter ließ die Sammelklage nicht zu. Jeder Fall liege anders, argumentierte er und stoppte damit das Verfahren. MONSANTOs Geschäftspraxis geriet sogar schon in das Visier des US-amerikanischen Justizministeriums. 2010 begann es mit Untersuchungen über wettbewerbsbehindernde Operationen des Konzerns. Zwei Jahre später stellte es diese Überprüfungen jedoch ohne Angabe von Gründen wieder ein.
Als weitere Folge der oligopolistischen Strukturen sank die Innovationskraft der Firmen. Sie meldeten weniger Entwicklungen zum Patent an, führten weniger Feldversuche durch und brachten auch weniger neue Produkte heraus. So beherrschen etwa den Genpflanzen-Markt immer noch Schöpfungen der ersten Generation wie BAYERs gegen das Antiunkrautmittel Glufosinat resistente Labor-Kreationen der Marke LIBERTY LINK oder MONSANTOs Ackerfrüchte der ROUND-UP-READY-Serie. Darum stellen sich Ackerwinde und andere Gewächse zunehmend auf die gemeinsam mit den Gen-Konstrukten vertriebenen Pestizide ein, und die FarmerInnen schaffen es kaum noch, dem Wildwuchs auf ihren Feldern Herr zu werden. „Seit über 25 Jahren hat die weltweite Pflanzenschutz-Industrie kein wirtschaftlich bedeutendes Herbizid mit neuem Wirkmechanismus mehr für Flächenkulturen entwickelt und auf den Markt gebracht – unter anderem eine Folge der Konsolidierung der Industrie, die mit einer deutlichen Reduktion der Forschungsaufwendungen für neue Herbizide einherging“, räumt der BAYER-Forscher Dr. Hermann Stübler in bemerkenswerter Offenheit ein.
Auf diese „Folge der Konsolidierung“ reagieren die Konzerne mit noch mehr Konsolidierung: sie gewähren sich gegenseitig in großem Stil Zugriff auf ihre Produkt-Plattformen, um Pflanzen entwickeln zu können, die mehreren Agro-Chemikalien gleichzeitig trotzen. Das behebt zwar den Innovationsstau nicht, bietet den LandwirtInnen jedoch etwas mehr Variationsmöglichkeiten, zumindest bis wieder ein Gewöhnungseffekt eintritt. Im Rahmen eines solchen als „cross licencing“ bezeichneten Austauschgeschäftes erhielt BAYER von MONSANTO jüngst Lizenzen für neue Round-Up-Versionen, während das US-Unternehmen Nutzungsrechte für Insektizide und Herbizide bekam. Zuvor hatten die beiden Gen-Giganten schon eine Kooperation in Sachen „Genmais“ vereinbart, aus der MONSANTOs SMARTSTAX hervorging. Die Pflanze weist Resistenzen gegen BAYERs Glufosinat und weiteres Pestizid auf und verfügt darüber hinaus noch über sechs verschiedene Insektengift-Gene. Weitere Deals dieser Art hat der Leverkusener Multi mit DUPONT, SYNGENTA, DOW AGRO SCIENCES und der BASF abgeschlossen. Kern der Strategie sei es, die eigenen Produkte so weit wie möglich verfügbar zu machen, sagte Liam Condon, der Chef von BAYER CROPSCIENCE, laut Faz.
Daneben entdeckt der Agro-Riese sogar seine grüne Ader, um imstande zu sein, den Plagegeistern Herr zu werden – so arg steht es schon. „Wir erkennen, dass Chemikalien oft nur eine kurzfristige Lösung darstellen“, erklärt der Konzern. Darum empfiehlt er den FarmerInnen, zum einen, vor der Aussaat mal wieder wie früher zum Pflug zu greifen, statt nur den Giften zu trauen und zum anderen, das gute alte Prinzip der Fruchtfolge zu beherzigen und auf den Äckern nicht immer wieder dasselbe anzubauen. Zudem setzt BAYER vermehrt auf biologische Methoden. So kaufte die Aktien-Gesellschaft das US-Unternehmen AGRAQUEST und erforscht zusammen mit MENDEL BIOTECHNOLOGY neue Wege zum Schutz der Ackerfrüchte. Aber allzu viel traut der Leverkusener Multi sich selbst in dieser Richtung nicht zu. Darum erkundete ein von ihm im November 2012 veranstaltetes Symposion zum Thema „Herbizid-Resistenzen“ auch, „welche Möglichkeiten es für Kooperationen mit führenden pflanzenwissenschaftlichen Instituten gibt“.
Kurzfristig hofft der Konzern jedoch noch aus der brenzligen Lage Kapital zu schlagen und vermarktet sein Herbizid LIBERTY mit dem Wirkstoff Glufosinat gezielt als Alternative zu MONSANTOs Glyphosat, das seine marktbeherrschende Stellung mit zunehmenden Abnutzungserscheinungen bezahlt und mittlerweile vor fast der Hälfte aller Unkräuter kapituliert. „Die Nachfrage schießt geradezu durch die Decke“, jubiliert Liam Condon, der Chef von BAYER CROPSCIENCE. Wegen der florierenden Geschäfte mit LIBERTY und anderen Produkten kündigte die Landwirtschaftssparte an, das von 2013 bis 2016 vorgesehene Budget für den Ausbau der Kapazitäten um eine Milliarde Euro auf 2,4 Milliarden Euro zu erhöhen. Allein 380 Millionen Euro investiert die Abteilung dabei in eine neue Glufosinat-Produktionsanlage. Dass die EU die Zulassung für den Stoff wegen seiner gesundheitsschädlichen Effekte über 2017 hinaus nicht mehr verlängern will, ficht BAYER dabei nicht an. Darüber hinaus plant der Agrar-Mogul, seine Saatgut-Produktpalette zu erweitern. Da es in der nördlichen Hemisphäre kaum noch geeignete Firmen für Übernahmen gibt, sucht er derzeit in Lateinamerika nach entsprechenden Kandidaten.
So wächst und wächst und wächst der Leverkusener Multi, wie es auch MONSANTO, SYNGENTA & Co. tun. Und was sie allesamt dabei antreibt, formuliert Ruth Tippe von der Initiative KEIN PATENT AUF LEBEN so: „Ziel dieses Oligopols ist es, den Markt unter sich aufzuteilen und letztlich die Ernährungsgrundlagen der Menschen zu kontrollieren.“

[Ticker] STICHWORT BAYER 01/2014 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

CBG bei Pipeline-Anhörung
Der Leverkusener Multi hatte während der Verlegung der zwischen Krefeld und Dormagen verlaufenden Kohlenmonoxid-Pipeline zahlreiche „Plananpassungen“ vorgenommen. Deshalb ordnete die Bezirksregierung Düsseldorf ein erneutes Genehmigungsverfahren mit BürgerInnen-Beteiligung an. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN gehörte zu den 24.000 EinwänderInnen gegen das Projekt und nahm deshalb am 5. November 2013 in der Essener Gruga-Halle auch am Erörterungstermin teil. Schon vor Beginn der Veranstaltung protestierte die CBG mit ihrem Sensenmann gegen die Giftgas-Leitung. In der Anhörung selber drang sie darauf, im Rahmen der Prüfung des BAYER-Antrags auch den jüngsten Kohlenmonoxid-Unfall, der sich Ende September 2013 im Brunsbütteler Werk des Konzerns ereignet hatte (siehe UNFÄLLE & KATASTROPHEN), zu untersuchen. Die Bezirksregierung lehnte das allerdings ab. Und bezeichnenderweise scheute sie sich nicht, als Verfahrensachverständigen mit Christian Engel genau denselben TÜV-Gutachter zu verpflichten, der für den Global Player schon drei Entlastungsexpertisen in Sachen „Pipeline“ angefertigt hatte. Die CBG forderte seine Ablösung. „Ein Gutachter, der mehrfach im Auftrag von BAYER die Sicherheit der Pipeline beschworen hat, ist eindeutig befangen. Die Bezirksregierung muss für ein solch wichtiges Verfahren dringend einen unabhängigen Sachverständigen auswählen!“, hieß es in der entsprechenden Pressemitteilung.

Grüne wollen Sammelklagen
In den USA können Geschädigte von Industrie-Produkten gemeinsam vor Gericht ziehen und in Sammelklagen Entschädigungen erstreiten. Milliarden Dollar haben den Leverkusener Multi die GAUs um den Cholesterin-Senker LIPOBAY, die Verhütungsmittel der YASMIN-Reihe und den sich plötzlich wundersam überall verbreitenden „LL601“-Genreis deshalb schon gekostet. Aus diesem Grund versuchen die Brüsseler LobbyistInnen des Konzerns auch die Einführung eines solchen Rechtsinstituts auf europäischer Ebene zu verhindern – bisher mit Erfolg. Und hierzulande droht dem Unternehmen vorerst ebenfalls keine Gefahr. Bündnis 90/Die Grünen brachten Anfang Juni 2013 den „Entwurf eines Gesetzes über die Einführung von Gruppenverfahrens“ in den Bundestag ein, erreichten für den Vorschlag allerdings nicht die erforderliche Mehrheit.

Preis für Holzgifte-AktivistInnen
BAYERs Tochter-Firma DESOWAG hat bis Mitte der 1980er Jahre das „Holzschutzmittel” XYLADECOR produziert, das rund 200.000 Menschen vergiftete. Erst als die Geschädigten gegen den Konzern und andere Hersteller vor Gericht zogen und damit das bislang größte Umwelt-Strafverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik initiierten, trennte sich der Leverkusener Multi von der DESOWAG. Zu den Klägern zählten damals auch Helga und Volker Zapke, die in ihrer Eigenschaft als Gründer der INTERESSENSGEMEINSCHAFT HOLZSCHUTZMITTEL-GESCHÄDIGTER viel mit der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN kooperiert haben. Jetzt erfuhr das Ehepaar eine späte Ehrung für ihr Engagement. Es wurde mit dem „Bundespreis Verbraucherschutz 2013“ ausgezeichnet. Die Coordination gratuliert!

MELIANE-Geschädigte schreibt Buch
Das BAYER-Verhütungsmittel MELIANE (Wirkstoffe: Gestoden und Ethinylestradiol) hatte bei der Französin Marion Larat 2006 einen Gehirnschlag ausgelöst. Neun Operationen musste die Frau seither über sich ergehen lassen; immer wieder erleidet sie epileptische Anfälle. Ende 2012 hat die junge Frau einen Schadensersatz-Prozess gegen den Pharma-Riesen angestrengt, der ein großes Medien-Echo ausgelöst hat. Larat hat nicht nur Dutzende von Briefen und Anrufen erhalten, sondern auch Nachahmer gefunden. 80 Klagen haben die Gerichte bis Mitte Februar registriert, darunter mehr als die Hälfte gegen BAYER. Nun hat die Französin ein Buch über ihre Leidenszeit geschrieben. „Die Pille ist bitter“ lautet der Titel.

NGOs treffen sich mit BAYER & Co.
Das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN) hatte Anfang 2012 eine Kampagne gestartet, die BAYER, BASF und SYNGENTA zum Verkaufsstopp hochgefährlicher Pestizide aufforderte. Im Rahmen der Aktion bat die Organisation die Konzerne auch um ein Gespräch über dieses Thema. Im Juni 2013 kam es zu einem Treffen. Auf Seiten der Initiativen nahmen neben AktivistInnen von PAN noch VertreterInnen der BerufsimkerInnen, vom ÖKOLOGISCHEN ÄRZTEBUND, von TERRE DES HOMMES, vom Umweltinstitut München und vom WWF teil. Auf Seiten der Firmen waren Emissäre aller drei Agro-Riesen dabei; BAYER schickte den „Public & Governmental Affairs“-Manager Dr. Michael Schneider. Vorab verabredeten die TeilnehmerInnen, nicht grundsätzlich über die Vor- und Nachteile von Pestiziden zu sprechen und ebenfalls nicht über bestimmte gesundheitsgefährdende Produkte. Stattdessen erörterte die Runde Kriterien zur Definition besonders gefährlicher Ackergifte und Optionen für einen schrittweisen Ausstieg aus diesem Segment. Dabei traten einige Differenzen zu Tage. PAN wollte die von einem bestimmten Wirkstoff ausgehende Gefahr zur Grundlage der Beurteilung machen, BAYER & Co. lehnten das jedoch ab. Sie wiesen eine Klassifizierung auf Basis von Inhaltsstoffen zurück, da die LandwirtInnen diese nur in verdünnter Form ausbringen. Auch den Gefahren-Ansatz akzeptierten die Manager nicht. Sie plädierten stattdessen für das Prinzip der Risikoabschätzung, nach dem sich auch die staatlichen Behörden richteten. „Eine Verständigung zwischen den Vertretern der Unternehmen und der NGOs auf Maßnahmen für die Beendigung der Vermarktung von Pestizid-Wirkstoffen, die von PAN als hochgefährlich eingestuft werden, konnte deshalb nicht erreicht werden“, vermerkt das öffentlich zugängliche Protokoll. Die Initativen begrüßten jedoch die Entscheidung der beteiligten Unternehmen, alle Agro-Chemikalien der beiden höchsten Toxizitätsklassen vom Markt genommen zu haben. Der Leverkusener Multi tat sich damit allerdings sehr schwer. Schon im Jahr 2000 hatte er diesen Schritt auf der Hauptversammlung angekündigt, lange Jahre aber keine Taten folgen lassen.

Proteste gegen Saatgut-Messe
Ende Oktober 2013 fand in Amsterdam die Saatgut-Messe „CropWorld“ statt. Ungestört konnten BAYER, MONSANTO & Co. sich in ihrer Welt der Laborfrüchte allerdings nicht aufhalten. 150 DemonstrantInnen bevölkerten diese zusätzlich und machten den Multis mit Losungen wie „Reclaim the Seeds“ ihre Aufwartung. Auch ein Kooperationspartner der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) war vor Ort und mischte sich mit einem „Gegen BAYER“-Transparent unter die ProtestlerInnen.

ZDF zeigt Bluter-Film
In den 1990er Jahren starben Tausende Bluter an HIV-verseuchten Blutprodukten von BAYER, weil der Pillen-Riese sein Präparat KOGENATE aus Kostengründen keiner sterilisierenden Hitze-Behandlung unterzogen hatte. Im Oktober 2013 widmete sich der ZDF-Fernsehfilm „Blutgeld“ noch einmal dem Thema. Sein Produzent Michael Souvignier hatte vorher schon ein Werk über den Contergan-Skandal auf den Weg gebracht und im Anschluss daran eine Klage von dem Hersteller GRÜNENTHAL erhalten. Darum war er diesmal vorsichtiger. „Da befürchte ich schon allein deshalb juristisch nichts, weil wir bei aller gründlichen Recherche mit Anonymisierungen arbeiten“, sagte Souvignier der Faz. So bleibt der Leverkusener Multi in „Blutgeld“ ungenannt. An der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) war es deshalb, in begleitenden Presse-Veröffentlichungen auf die Verursacher des Pharma-GAUs hinzuweisen. Zudem machte die Coordination auf die erbärmliche soziale Lage der Überlebenden aufmerksam, welche der bis heute nur unzureichend gelösten Frage des Schadensersatzes geschuldet ist, und forderte den Global Player auf, mehr Verantwortung zu übernehmen. Darüber hinaus hat die CBG in Kooperation mit der Internet-Plattform change.org in den Bundestag eine Petition für angemessene Entschädigungen der Bluter eingebracht.

Kritik an Uni-Vertrag
Dr. Peter Tinnemann imprägniert an der Berliner Charité Medizin-StudentInnen gegen den Einfluss der Pharma-Industrie und besucht im Rahmen seiner Seminare mit den angehenden DoktorInnen auch Veranstaltungen von Pharma-ReferentInnen. „Weder die Studierenden noch die Ärzte noch die Patienten erkennen die Gefährdung“, meint Tinnemann. Und auch die Kooperation von BAYER mit der Universität Köln auf dem Gebiet der Arznei-Entwicklungen (Ticker berichtete mehrfach) kritisiert er scharf: „Wenn aber diese Verträge nicht öffentlich sind, wie kann man dann auch nur einem Wissenschaftler an der Uni Köln trauen?“

„Public Eye Award“ für BAYER?
Die Global Player halten jeweils zu Beginn des neuen Jahres in Davos ihr Klassentreffen ab. Die Schweizer Initiativen ERKLÄRUNG VON BERN und PRO NATURE nutzen die Gelegenheit, um als Spielverderber aufzutreten und dem Unternehmen mit den fragwürdigsten Geschäftspraktiken den „Public Eye Award“ zu verleihen. BAYER zählt dabei wieder einmal zu den heißesten Anwärtern für die „Auszeichnung“. Dieses Mal führten die Risiken und Nebenwirkungen seiner Pestizide aus der Gruppe der Neonicotinoide, die mitverantwortlich für ein massenhaftes Bienensterben zeichnen, zu der zweifelhaften Ehre. Der „Europäische Imkerverband“ nominierte den Leverkusener Multi gemeinsam mit BASF und SYNGENTA für den Negativ-Preis.

Jahrestagung 2013
2013 widmete sich die Jahrestagung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) aus gegebenem Anlass dem Thema „150 Jahre BAYER – Ausbeutung, Umweltzerstörung, Kriegstreiberei“. Der Historiker Stephan Stracke vom VEREIN ZUR ERFORSCHUNG DER SOZIALEN BEWEGUNGEN IM WUPPERTAL“ beschäftigte sich mit der Rolle, die der ehemalige BAYER-Generaldirektor Carl Duisburg als Giftgas-Pionier und Rohstoff-Beschaffer im Ersten Weltkrieg gespielt hat. CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes schlug das dunkelste Kapitel der Unternehmenshistorie auf und gab einen Abriss über die von BAYER mitgegründeten IG FARBEN, die nicht nur entscheidend an den Kriegsvorbereitungen der Nazis mitwirkte, sondern in Auschwitz auch ein firmen-eigenes KZ unterhielt und insgesamt etwa 300.000 ZwangsarbeiterInnen „vernutzte“. Professor Jürgen Rochlitz, Chemiker und ehemaliger Bundesabgeordneter der Grünen, stellte die ökologische Kehrseite von „150 Jahre BAYER“ dar. Er legte dabei den Schwerpunkt auf die Polychlorierten Biphenylen (PCB), eine ganz besonders gefährliche Ausgeburt der Chlorchemie, deren bis 1983 erlaubte Verwendung in öffentlichen Gebäuden heute noch milliarden-hohe Sanierungskosten verursacht. An CBG-Vorstand Axel Köhler-Schnura war es dann, die Quintessenz aus den Vorträgen zu ziehen und die Grundzüge der BAYER-Geschichte herauszuarbeiten, als deren zentralen Movens er das Profit-Prinzip identifizierte. Abermals ergab sich eine lebhafte Diskussion, nach der sich die wieder einmal zahlreichen BesucherInnen angeregt auf die Heimreise machten.

KAPITAL & ARBEIT

Wenning mächtigster Aufsichtsrat
Die „Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz“ (DSW) bestimmte BAYERs Aufsichtsratschef Werner Wenning gemeinsam mit Ulrich Lehner zum mächtigsten Mann der Deutschland AG. Wenning sitzt nämlich auch dem E.ON-Aufsichtsrat vor und gehört den Kontroll-Gremien von SIEMENS und HENKEL an.

ManagerInnen-Gehälter ohne Grenzen
Unter den Beschäftigten der DAX-Konzerne gibt es nach einer Studie der „Hans Böckler Stiftung“ enorme Einkommensunterschiede. Bei BAYER lagen die Bezüge der Vorstände 2011 um das 40-fache über den Durchschnittsentgelten der Belegschaft. 2005 gaben sie sich mit dem Faktor 33 noch etwas bescheidener. Und an dieser großen Spreizung dürfte sich beim Leverkusener Multi so schnell auch nichts ändern. Im Jahr 2009 hatte eine Vertreterin des DACHVERBANDES DER KRITISCHEN AKTIONÄRINNEN UND AKTIONÄRE die Vorstandsriege auf der Hauptversammlung gefragt, ob sie bereit wäre, sich mit einem Gehalt zu begnügen, das „nur“ 20 Mal so hoch läge wie das der NormalverdienerInnen des Pharma-Riesen. Sie erhielt eine schnöde Abfuhr. BAYERs damaliger Aufsichtsratsvorsitzender Manfred Schneider sprach sich vehement gegen solche „statistischen Grenzen“ aus.

Stellen-Streichungen bei JENAPHARM
Der Umsatz von BAYERs Vertriebsgesellschaft JENAPHARM, die unter anderem Kontrazeptiva, Potenzmittel und Haut-Arzneien unter die Leute bringt, sank 2012 im Vergleich zum Vorjahr hauptsächlich wegen der verschärften Konkurrenz von Nachahmer-Präparaten auf dem Verhütungsmittel-Markt um 16,7 Millionen auf 140,7 Millionen Euro. Die Geschäftsleitung reagierte darauf mit Arbeitsplatzvernichtung. Sie gab den Bereich „Logistik“ an die Leverkusener Zentrale ab und führt das Gebäude-Management nicht länger in Eigenregie durch.

Subventionierte Rationalisierung
Im Rahmen des seit 2010 laufenden Effizienz-Programms, das 4.500 Arbeitsplätze zur Disposition stellt, ergriff der Leverkusener Multi auch in den USA Maßnahmen. In New Jersey kündigte er an, seine drei über den Bundesstaat verstreut liegenden Pharma-Standorte zusammenlegen zu wollen und drohte damit, den Distrikt New York als neuen Standort zu wählen. Die LandespolitikerInnen gingen auf die Erpressung ein und zahlten dem Leverkusener Multi eine Halte-Prämie. Sie subventionierten den Bau des neuen Hauptquartiers in Hanover mit über 36 Millionen Dollar. So macht das Rationalisieren Spaß.

ERSTE & DRITTE WELT

Entwicklungshilfe für BAYER
Die bundesdeutsche Entwicklungshilfe-Politik setzt auf Kooperationen mit der Privatwirtschaft. So hat das „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (BMZ) mit BAYER, BASF, SYNGENTA und ca. 30 weiteren Konzernen die „German Food Partnership“ (GFP) gegründet (SWB 4/13). Staatliche Mittel fließen unter anderem in das Projekt „Better Rice Initiative in Asia“ (BRIA), das den Leverkusener Multi bei der Vermarktung von hybridem, also nicht zur Wiederaussaat geeigneten Reis auf den Philippinen unterstützt. Für Familienbetriebe lohnt sich eine solche Investition oft nicht, weshalb das RICE WATCH AND ACTION NETWORK das Vorhaben auch kritisiert, aber den Agro-Riesen schert das wenig. Eine „Grüne Revolution wird man nicht mit Kleinbauern machen“, sagt der Konzern-Manager Hans-Joachim Wegfahrt: „Wir brauchen eine Konsolidierung“. Und am eigentlichen Sinn der Übung lässt er ebenfalls keinen Zweifel. „Unser Business ist nun mal der Verkauf von Pflanzenschutzmitteln und Saatgut“, so Wegfahrt, das Ganze sei „keine Charity-Veranstaltung“.

BAYER will mehr
Der Leverkusener Multi bekommt viel Entwicklungshilfe, um seine Produkte auch in ärmeren Ländern vermarkten zu können (s. o.). Dem Konzern reicht das aber noch nicht. Auf dem von ihm in Neu-Delhi veranstalteten „Rice Future Forum“, an dem unter anderem VertreterInnen der „Bill & Melinda Gates Foundation“, der bundeseigenen Entwicklungshilfe-Agentur „Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit“ (GIZ), des „International Rice Research Institutes“ und des Lebensmittel-Unternehmens KELLOGG teilnahmen, forderte er deshalb mehr Subventionen ein. So mahnte Hartmut van Lengerich vom Unternehmensbereich „Global Strategy für Getreide, Reis und Ölsaaten“ dort „die Unterstützung von „Public-Private-Partnerschaften zur Erforschung, Entwicklung, Vermarktung und Förderung neuer Lösungen“ an.

„Entwicklungshelfer“ BAYER
Mit freundlicher Unterstützung der „Bill & Melinda Gates Foundation“ und der bundeseigenen Entwicklungshilfe-Agentur „Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit“ (GIZ) plant der Leverkusener Multi, sich in Bangladesh als „Entwicklungshelfer“ zu betätigen. „BAYER CROPSCIENCE und die GIZ werden in Bangladesh zusammenarbeiten, um die Aufnahme von Eisen und Zink, sowie gegebenenfalls von Kalzium, Folsäure, Vitamin A und Vitamin B6 mit der Nahrung zu verbessern“, erklärte der Agro-Riese. Entsprechende „Einsatzstoffe“ und eine Schulung der FarmerInnen in „nährstoff-sensitiven landwirtschaftlichen Praktiken“ sollen’s richten. Es handelt sich also wieder einmal um kaum mehr als eine Produkteinführungskampagne für neue Waren, die sich die Bangladesher Bauern und Bäuerinnen wegen des hohen Abgabe-Preises kaum werden leisten können. Und damit das alles nicht ans Licht der Öffentlichkeit tritt, nimmt an der konzertierten Aktion mit MCCANN HEALTH auch „ein weltweit agierender Kommunikationsspezialist für Awareness-Kampagnen“ teil.

KONZERN & VERGANGENHEIT

Duisbergs Strafregister
BAYERs langjähriger Generaldirektor Carl Duisberg war im 1. Weltkrieg verantwortlich für den Einsatz von Giftgas sowie die Ausbeutung von ZwangsarbeiterInnen und hatte später einen maßgeblichen Anteil an der Gründung des Mörder-Konzerns IG FARBEN. Und die Erbarmungslosigkeit, mit der er im Geschäftsleben auf Profit-Jagd ging, zeigte sich auch im Alltag. „Das Strafregister Duisbergs ist nicht lang, aber erheblich“, urteilt der von BAYER mit einer Biographie des Firmen-Lenkers beauftragte Historiker Werner Plumpe. Vor allem Autounfälle mit tödlichem Ausgang füllen die Akten, da Duisberg seinen Chauffeur unablässig zu einem Fahren mit erhöhter Geschwindigkeit anhielt, ohne auf andere VerkehrsteilnehmerInnen Rücksicht zu nehmen.

IG FARBEN & HEUTE

Uni vergibt Hörlein-Preis
Zahlreichen BAYER-Managern, die schwere Schuld auf sich geladen haben, wird heute noch ein ehrendes Gedenken bewahrt. Nach dem ehemaligen Generaldirektor Carl Duisberg, der im 1. Weltkrieg verantwortlich für den Einsatz von Giftgas und die Ausbeutung von ZwangsarbeiterInnen war und später einen maßgeblichen Anteil an der Gründung des Mörder-Konzerns IG FARBEN hatte, haben viele Städte Straßen und Schulen getauft. Der Leverkusen Multi selber hat eine Auszeichnung im Medizin-Bereich nach Kurt Hansen benannt, der bereits 1931 in die NSDAP eingetreten war, und bei den IG FARBEN den Posten des Leiters der kriegswichtigen „Zentralstelle für Rohstoffbeschaffung“ inne hatte. Und die „Gesellschaft der Freunde und Förderer der Universität Düsseldorf“ vergibt alle fünf Jahre einen „Heinrich-Hörlein-Preis“, womit sie ihre Wertschätzung für einen Kriegsverbrecher ausdrückt. Hörlein beaufsichtigte als Leiter des Wuppertaler BAYER-Werks nämlich die Entwicklung der Giftgase Tabun, Sarin und Soman. Zudem saß er im Aufsichtsrat der „Deutschen Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung“ (DEGESCH), die das Zyklon B für die Gaskammern lieferte, und war Wehrwirtschaftsführer.

POLITIK & EINFLUSS

TTIP: BAYER & Co. verhandeln mit
Bei den Verhandlungen zum Freihandelsabkommen der EU mit den USA diktieren BAYER & Co. den PolitikerInnen die Agenda. Allein von Anfang 2012 bis April 2013 fanden 130 Treffen der VerhandlerInnen mit Konzern-VertreterInnen oder Unternehmensverbänden statt. Selbstverständlich verschafften sich auch die Organisationen, denen BAYER angehört wie der „Verband der chemischen Industrie“, „Business Europe“, der „Bundesverband der deutschen Industrie“ und der „Transatlantic Business Dialogue“, ausreichend Gehör. Unter anderem fordern diese und andere Lobby-Organisationen, die strengeren europäischen Vorgaben bei den Pestizid-Grenzwerten, der Zulassung neuer Medikamente und bei der Gentechnik als „Handelshemmnisse“ einzustufen und abzuwickeln.

Extrem-Lobbyismus in China
Die chinesische Regierung strich die Chemikalie TDI von der Liste hochgefährlicher Chemikalien. „Vorausgegangen war dieser Änderung ein intensives Lobbying von BAYER MATERIALSCIENCE“, so der Text des im Intranet des Konzerns veröffentlichten Bekennerschreibens. Als einen „Meilenstein für die gesamte Polyurethan-Industrie“ feierte das Unternehmen dort den Coup, weil er die Kosten für Transport und Lagerung der Stoffe senkt und die Arbeitsschutz-Anforderungen reduziert. Wenig später hielt es der Global Player dann aber doch für angebrachter, die Spuren zu verwischen, und ersetzte den Begriff „Lobbying“ durch „Informationsaustausch“.

ALEC schreibt Gesetze
Das „American Legislative Exchange Council“ (ALEC) ist eine von den Global Playern gesponserte JuristInnen-Vereinigung. Sie fungiert als Bindeglied zwischen der Wirtschaft und den Republikanern und fertigt für diese Gesetzes-Entwürfe an. Der Leverkusener Multi gehört der Organisation seit 1992 an, „um unsere Unternehmenspositionen in den politischen Meinungsbildungsprozess einzubringen“, wie Konzern-Sprecher Günter Forneck sagt, und ist in wichtigen Gremien vertreten (Ticker 2/12). Nach einer vom CENTER FOR MEDIA AND DEMOCRACY veröffentlichten Untersuchung hat ALEC von Januar bis August 2013 fast 1.000 „Unternehmenspositionen“ von BAYER & Co. in den Gesetzgebungsprozess eingebracht. Unter anderem standen die Beschneidung von Gewerkschaftsrechten, Lohnreduzierungen, Absenkungen von Arbeitsstandards, und die Erschwerung der Strafverfolgung von Konzernen auf der ALEC-Agenda.

Keine Kennzeichnung in Washington
Im US-Bundesstaat Washington scheiterte Anfang November 2013 ein BürgerInnen-Begehren zur Kennzeichnungspflicht von Lebensmitteln, die Gentech-Ausgangsstoffe enthalten, knapp mit 45 zu 55 Prozent der Stimmen. Das Geld, das BAYER und andere Konzerne in eine Gegen-Kampagne investiert hatten, zahlte sich damit aus. Allein der Leverkusener Multi brachte fast 600.000 Dollar auf. Insgesamt war den Unternehmen ihre Aktion 17 Millionen Dollar wert. Zuvor hatten sie mit ihren großen finanziellen Mitteln schon eine entsprechende Transparenz-Initiative in Kalifornien scheitern lassen.

BAYER für offenere Gentech-Worte
Der BAYER-Manager Mathias Kremer hat auf einer Tagung der Kölner „Industrie- und Handelskammer“ eine offenere Diskussion in Sachen „Gentechnik“ eingefordert und das Festhalten an starren Glaubensgrundsätzen beanstandet. KritikerInnen der Risikotechnologie denunzierte Kremer, der bei BAYER CROPSCIENCE den Bereich „Strategie“ leitet, auf der Tagung als rückwärtsgewandte RomantikerInnen, welche die traditionelle Landwirtschaft nostalgisch verklärten und nur ein „Ventil für Unbehagen in einer immer komplexeren Welt“ suchten.

VFA umgarnt NGOs
Der von BAYER gegründete „Verband der forschenden Arzneimittel-Hersteller“ unternimmt Anstrengungen, ein „Deutsches Netzwerk gegen vernachlässigte tropische Armutskrankheiten“ zu gründen und dabei auch Initiativen einzubinden. Die BUKO PHARMA-KAMPAGNE hat sich gegen ein solches Vorhaben ausgesprochen. „Der Industrie-Verband VFA möchte nun offenbar Punkte in der deutschen Öffentlichkeit gewinnen und vom positiven Image zivilgesellschaftlicher Gruppen profitieren (...) Außerdem erscheint das Ganze als ein Versuch, kritische Stimmen einzubinden und mehr Einfluss auf die Debatte zu bekommen“, hält die Organisation fest. Viel Substanz hat der Ansatz von BAYER & Co. ihrer Meinung nach auch nicht. Allein mit Arzneimittel-Spenden und vereinzelten Hilfsprogrammen sei es nicht getan, so der BUKO. Er verwies stattdessen auf die Eckpunkte zu einem Gesamtkonzept, das verschiedene im Bereich der Entwicklungspolitik arbeitende Gruppen gemeinsam erstellt haben. Darin fordern diese unter anderem neue Rahmenbedingungen für die Arzneimittel-Forschung mit einer Abkehr von den starren Patent-Regelungen, mit uneingeschränktem Zugang zu Test-Resultaten, öffentlicher Finanzierung und mit einem Verzicht darauf, die Entwicklungskosten komplett einzupreisen, weil das die Medikamente für die meisten Menschen in der südlichen Hemisphäre unerschwinglich macht.

Duin bei BAYER
Schon zum dritten Mal in diesem Jahr schaute der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Garrelt Duin beim Chemie-Multi vorbei; Auftritte beim „Verband der chemischen Industrie“ kommen noch erschwerend dazu. Im Oktober 2013 nahm der SPD-Politiker an der vom Unternehmensverband „ChemCologne“ veranstalteten Podiumsdiskussion zum Thema „Chemie-Standort NRW – wohin geht die Reise“ teil, die in BAYERs Kommunikationszentrum BayKom stattfand.

Löhrmann beim VCI
Der „Verband der chemischen Industrie“ veranstaltet sogar ganze LehrerInnen-Kongresse, um BAYER & Co. Schule machen zu lassen. Und die PolitikerInnen geben dazu auch noch ihren Segen. So sprach die nordrhein-westfälische Bildungsministerin Sylvia Löhrmann von den Grünen Anfang Dezember 2013 zu Beginn der Veranstaltung der NRW-Sektion des VCI ein Grußwort.

PROPAGANDA & MEDIEN

YASMIN: BAYER schreibt ÄrztInnen
BAYERs Kontrazeptiva aus der YASMIN-Familie haben allein in den USA bereits 190 Todesopfer gefordert. Dazu kommen noch zahllose Geschädigte in aller Welt. In der Schweiz hat das Schicksal von Céline Pfleger, die nach der Einnahme der BAYER-Pillen eine Lungenembolie erlitt und nun schwerbehindert ist, besondere Aufmerksamkeit erregt. Diese stieg mit der Urteilsverkündung in dem Schadensersatz-Prozess, den die Familie der jungen Frau gegen den Pharma-Riesen angestrengt hat, noch einmal zusätzlich an. Daraufhin hat der Leverkusener Multi an schweizer GynäkologInnen sowie Kinder- und JugendärztInnen flächendeckend Briefe verschickt, um Schadensbegrenzung zu betreiben. „Das Nutzen/Risiko-Profil moderner, niedrig dosierter, kombinierter hormoneller Verhütungspräparate wie YASMIN ist auf Basis der Bewertung aller vorliegenden wissenschaftlichen Daten bei verschreibungsgemäßer Anwendung positiv“, schreibt der Global Player darin wider besseren Wissens. Kein Wort findet er dagegen zu dem erhöhten Risiko, das vielen Studien zufolge gerade von Pillen der jüngeren Generation wie YASMIN ausgeht. So recht verfangen wollte die PR-Maßnahme allerdings nicht. So hat etwa eine von der Zeitung Tagesanzeiger befragte Medizinerin das Schreiben „als Rechtfertigung von BAYER wahrgenommen“, für die sie „wenig Interesse“ habe.

Zehn Milliarden Vertriebskosten
Seit Jahren wachsen BAYERs Vertriebskosten an. 2012 legten sie im Vergleich zu 2011 um 11,5 Prozent auf fast zehn Milliarden Euro zu. „Der Anstieg ist im Wesentlichen auf höhere Vertriebskosten bei HEALTHCARE zurückzuführen, die vor allem aus der Vermarktung unserer neuen Produkte resultierten“, heißt es im Geschäftsbericht. Vor allem schlagen hier die Aufwendungen des Leverkusener Multis für seinen Gerinnungshemmer XARELTO zu Buche. Aber die Investitionen zahlen sich aus. Obwohl das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM) bis Ende August 2013 bereits 72 Meldungen über Todesfälle und 968 über schwere Nebenwirkungen vorliegen hatte und sowohl Fachmagazine wie auch die „Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft“ von dem Mittel abraten, ziehen die Umsätze an. Im 3. Quartal 2013 steigerten sie sich gegenüber dem 3. Quartal 2012 um 220 Prozent auf 259 Millionen Euro.

BAYER wenig auskunftsfreudig
Das Fachblatt PRmagazin hat die Auskunftsfreudigkeit der Presse-Abteilungen der Pharma-Riesen getestet. Es schickte den Unternehmen Fragen zu den aktuellen Vorgängen in China. Dort überprüfen die Behörden 60 Konzerne wg. Korruptionsverdachts, weshalb BAYER-Chef Marijn Dekkers nicht ganz wohl in seiner Haut ist: „Ich werde meine Hand nicht ins Feuer legen.“ Die ÖffentlichkeitsarbeiterInnen des Konzerns waren zwar schnell erreichbar, aber nachdem sie das Auskunftsbegehr zu den Vorgängen im Reich der Mitte per Mail erhalten hatten, tat sich nichts mehr. „Nach dem Erstkontakt herrscht Schweigen im Walde“, resümierte die Zeitschrift. Für Qualität und Umfang der Informationen blieben da nur noch null Punkte übrig.

Greenwashing mit der UNEP
Im Rahmen seiner Greenwashing-Aktivitäten kooperiert der Leverkusener Multi auch mit der UNEP, dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen. Bei seinem neuesten PR-Coup schlägt der Konzern sogar drei Fliegen mit einer Klappe. Er kann sich nicht nur als Umweltengel, sondern auch als sozialer Wohltäter präsentieren und darüber hinaus noch politische Verbindungen knüpfen. Seine koreanischen „UmweltbotschaftlerInnen“ entwickelten nämlich ein Umweltspiel, von dem BAYER dann in Zusammenarbeit mit der Umweltbehörde der Stadt Seoul 1.200 Exemplare an Wohlfahrtseinrichtungen für Kinder verteilte.

Lange Nacht der Industrie
Der Leverkusener Multi sieht sich bei all seinen großen Projekten wie etwa Kunststoff-Anlagen oder der Kohlenmonoxid-Pipeline mit massivem Widerstand konfrontiert. Anderen Konzernen geht es bei ihren Vorhaben ähnlich. Deshalb haben die Konzerne beschlossen, mehr für ihr Image zu tun. Zu diesen PR-Kampagnen gehört auch die „Lange Nacht der Industrie“, in der die Unternehmen Führungen veranstalten und die BesucherInnen vom segenreichen Trachten der Firmen zu überzeugen versuchen. Als williger Helfer des durchsichtigen Manövers gab sich in diesem Jahr die Rheinische Post her. Sie widmete der Veranstaltung eine eigene Beilage und stellte sich BAYER als Lautsprecher zur Verfügung. So pries die Zeitung die Wohltaten der Pestizide und bescheinigte dem Leverkusener Chemie-„Park“ einen sorgsamen Umgang mit den Risiken und Nebenwirkungen der Produktion: „Dabei hat Sicherheit oberste Priorität.“

BAYER sponsert „Heart Walk“
Gute Verbindungen zu medizinischen Vereinigungen und PatientInnen-Verbänden spielen für den Leverkusener Multi eine wichtige Rolle bei der Vermarktung seiner Arzneien. Deshalb gibt er viel Geld für die Unterstützung dieser Organisationen aus. So hat die „American Heart Association“ (AHA) bisher schon eine Million Dollar vom Pharma-Riesen erhalten. Und beim diesjährigen „Heart Walk“, dem zentralen Fundraising-Vehikel der AHA, trat der Global Player als Hauptsponsor auf.

BAYER sponsert „Weltverhütungstag“
„Fünf gegen das Wachstum der Bevölkerung investierte Dollar sind wirksamer als hundert für das Wirtschaftswachstum investierte Dollar“, sagte einst der ehemalige US-Präsident Lyndon B. Johnson über seine Vorstellung von „Entwicklungshilfe“. Zur großen Befriedigung des Leverkusener Multis erfreut sich diese Ansicht sogar heute noch großer Beliebtheit, denn sie ermöglicht den Verhütungsmitteln des Konzerns gute Absatzchancen in den ärmeren Ländern. Darum gehörte er auch 2013 wieder zu den Sponsoren des „Weltverhütungstages“, der sich nach eigenem Bekunden „auf eine Vision für eine Welt, in der jede Schwangerschaft gewollt ist, konzentriert“, in Wahrheit jedoch auf Bevölkerungskontrolle aus ist.

BAYER sponsert ACSH
Das „American Council on Science and Health“ (ACSH) beschreibt sich selbst als eine unabhängige Organisation, die sich in umwelt- und gesundheitspolitische Debatten einschaltet, um unqualifizierten und unwissenschaftlichen Beiträgen entgegenzuwirken. Diese „Aufklärungsarbeit“ führte sie dazu, sowohl dem Fracking als auch bestimmten Pestiziden und der von BAYER massenhaft hergestellten Chemikalie Bisphenol A Unbedenklichkeitsbescheinigungen auszustellen. Wie weit es mit der Unabhängigkeit des ACSH bestellt ist, enthüllten jetzt jedoch der Zeitschrift Mother Jones zugespielte Dokumente. Von COCA-COLA über MONSANTO und PROCTER AND GAMBLE bis zu CHEVRON unterstützte das Who’s Who der Multis das Council. BAYER steuerte im zweiten Halbjahr 2012 30.000 Dollar zum Etat bei.

Neuer Spendenshop für „Die Arche“
BAYERs BEPANTHEN-Kinderförderung lässt seit einiger Zeit von der Universität Bielefeld für gutes Geld Pseudo-Studien erstellen, die kaum wissenschaftlichen Kriterien entsprechen. 2013 widmete sich die Untersuchung der Hochschule dem Thema „Gewalt“ und kam zu dem Ergebnis, dass 25 Prozent der Kinder von ihren Eltern geschlagen werden. Da die Kinderförderung zur Förderung des sozialen Images des Multis seit längerem das Kinder- und Jugendwerk „Die Arche“ unterstützt, das dem evangelikalen Verband „Deutsche Evangelische Allianz“ angehört, beraumte sie dort ein Konflikt-Training an. Im Rahmen dieser Veranstaltung entstanden auch Bilder, die der Konzern jetzt in einem extra eingerichteten Online-Spendenshop zu Gunsten der Arche verkauft.

TIERE & ARZNEIEN

Weniger Antibiotika, mehr BAYTRIL
Der massenhafte Einsatz von Antibiotika in der Massenzucht fördert die massenhafte Entwicklung resistenter Erreger. In den menschlichen Organismus gelangt, können diese Krankheiten auslösen, gegen die Antibiotika dann nicht mehr wirken. 2012 sank zwar die Gesamtmenge der verabreichten Mittel gegenüber dem Vorjahr um 87 auf 1.619 Tonnen, der Anteil der Fluorchinolone, zu denen BAYERs BAYTRIL zählt, nahm jedoch um zwei auf zehn Tonnen zu. Und dazwischen besteht ein Zusammenhang, denn Fluorchinolone sind im Gegensatz zu den Alt-Stoffen auch in kleineren Dosen hochwirksam. Als Substanz, die in der Humanmedizin den Status eines Reserve-Antibiotikums inne hat und nur bei der Behandlung schwererer Fälle zum Einsatz kommt, hat sich sein Gebrauch in der Veterinärmedizin nämlich noch nicht abgenutzt. Deshalb weist der Rückgang der Zahlen mitnichten auf einen zurückhaltenderen Umgang mit den Medikamenten hin. Zudem erhöhen die Fluorchinole durch die Praxis des „Dual Use“ – das Apotheken-Pendant zu BAYTRIL heißt CIPROBAY – die Gefahr noch, die von nicht mehr behandelbaren Infektionen ausgeht.

TIERE & VERSUCHE

Weniger Tierversuche
Im Geschäftsjahr 2012 sank die Zahl der Tierversuche bei BAYER um 12 Prozent von 168.825 auf 147.315. Auch in den Laboren der Auftragsforschungsstätten starben nicht mehr so viele Ratten, Mäuse & Co. Der Leverkusener Multi vermochte allerdings nicht abschließend zu sagen, ob diese Reduzierung wirklich dem Willen geschuldet war, den Kreaturen Qualen zu ersparen, oder einfach nur dadurch zu Stande kam, dass er weniger Test-Projekte durchführte.

DRUGS & PILLS

YASMIN & Co.: alarmierende Zahlen
Die französische Arzneimittelbehörde ANSM hat alarmierende Zahlen über die Risiken und Nebenwirkungen von Verhütungsmitteln vorgelegt. Demnach verursachen die Kontrazeptiva jedes Jahr seit 2000 über 2.500 Thromboembolien, wovon jeweils 20 einen tödlichen Verlauf nehmen. Den größten Anteil daran haben mit 1.751 Embolien und 14 Sterbefällen Pillen der dritten und vierten Generation wie BAYERs Produkte aus der YASMIN-Familie. Die für die französischen Grünen im Europa-Parlament sitzende Michèle Rivasi geht sogar von noch mehr Toten aus und spricht von der „Spitze des Eisbergs eines kommenden Skandals in Europa“. Die sozialistische Gesundheitsministerin Marisol Touraine setzt sich deshalb für strengere Verschreibungsrichtlinien ein. Unterdessen haben die VerbraucherInnen schon Vorsorge getroffen: Der Absatz von YASMIN & Co. sank von Dezember 2012 bis August 2013 im Vergleich zu dem von Dezember 2011 bis August 2012 um 36,6 Prozent.

Tod durch ESSURE?
Seit der Leverkusener Multi 2013 das US-amerikanische Pharma-Unternehmen CONCEPTUS aufgekauft hat, führt er in seinem Sortiment mit ESSURE auch ein ohne Hormone auskommendes Mittel zur Sterilisation. Setzen MedizinerInnen der Frau die kleine Spirale ein, wofür keine Vollnarkose nötig ist, so sorgen Kunststoff-Fasern für ein so großes Wachstum des Bindegewebes, dass es die Eileiter verschließt. Allerdings gehen von dem Mittel beträchtliche Gesundheitsgefahren aus. Im Oktober 2013 erhielt die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA sogar einen Bericht über einen mutmaßlich von ESSURE ausgelösten Todesfall. Insgesamt gingen bei der FDA seit 2004 über 850 Meldungen über schwere Nebenwirkungen ein. Blutungen, Hautausschläge, Kopfschmerzen, Übelkeit und Allergien gehörten dazu, manche Frauen mussten sich sogar die Gebärmutter entfernen lassen. In den USA will deshalb die durch einen Hollywood-Film bekannt gewordene Aktivistin Erin Brockovich, die 1993 den Multi PACIFIC GAS AND ELECTRIC wegen Grundwasser-Verschmutzung verklagte, nun gegen BAYER vor Gericht ziehen. Eine Kampagne gegen das Präparat hat sie schon im Oktober 2013 gestartet. „Wenn so viele über Nebenwirkungen berichten, nehmen Sie es vom Markt!“, appellierte sie in Sachen „ESSURE“ an den Pharma-Riesen: „Es funktioniert nicht. Die Frauen wurden in die Irre geführt. Sie fühlen sich betrogen.“

FDA zweifelt an LEMTRADA
Die Europäische Arzneimittelagentur EMA hat 2013 den Wirkstoff Alemtuzumab für die Indikation „Multiple Sklerose“ zugelassen. SANOFI und der an den Umsätzen beteiligte BAYER-Konzern zogen die Arznei daraufhin als Mittel zur Behandlung einer Leukämie-Art zurück, weil das neue Anwendungsgebiet mehr Profite verspricht (SWB 1/14). Das US-amerikanische EMA-Pendant FDA hat dem unter dem Namen LEMTRADA vermarkteten Präparat dagegen noch keine Genehmigung erteilt. Einen entsprechenden Antrag wies die Behörde im September 2012 zurück. Sie stieg durch das präsentierte Zahlenmaterial nicht durch und forderte SANOFI und BAYER deshalb auf, die Daten verständlicher aufzubereiten. Und im November 2013 meldete ein BeraterInnen-Gremium der Einrichtung ernsthafte Bedenken an. „Die Gabe von Alemtuzumab ist mit ernsthaften Risiken verbunden, welche den Nutzen übersteigen könnten“, hielt es fest. Unter anderem warnten die Wissenschaftlerinnen vor Autoimmun-Krankheiten wie ITP, Nierenschäden, Krebs, Infektionen, Schilddrüsen-Beschwerden und Infusionsnebenwirkungen wie Bluthochdruck, Kopf- oder Brustschmerzen. Und hierzulande meldet das industrie-unabhängige Fachmagazin arznei-telegramm Bedenken an. Nicht nur die vielen unerwünschten Arznei-Effekte, sondern auch die fehlenden Studien zu den Langzeitwirkungen und -nebenwirkungen machen die Publikation skeptisch. „Wir sehen eine Indikation für das extrem teure Alemtuzumab derzeit nur im Einzelfall als letzte Reserve“, lautet ihr Resümee.

EMA zweifelt nicht an YASMIN
Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA hat eine Risiko-Bewertung von Verhütungsmitteln vorgenommen und dabei keine großen Unterschiede zwischen den Pillen der 1., 2. und 3. Generation feststellen können. Dieses Votum widerspricht sämtlichen neueren Studien, welche die von Kontrazeptiva der 3. Generation wie etwa BAYERs YASMIN ausgehenden Gefahren deutlich höher einschätzen als diejenigen, mit denen Käuferinnen älterer Präparate rechnen müssen. Das industrie-unabhängige arznei-telegramm kritisiert die Entscheidung deshalb scharf und hält fest: „Aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes halten wir es für überfällig, endlich die risikoärmeren Kombinationen als Mittel der ersten Wahl einzustufen und die riskanteren Kontrazeptiva als Mittel der Reserve.“

XARELTO unter Beobachtung
Die Europäische Arzneimittelagentur EMA hat BAYERs neuen Gerinnungshemmer XARELTO unter verstärkte Beobachtung gestellt. Eine Post-Zulassungsstudie überprüft das Sicherheitsprofil der Arznei, zu der dem „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM) bis Ende August 2013 bereits 72 Meldungen über Todesfälle und 968 über schwere Nebenwirkungen vorlagen.

EYLEA unter Beobachtung
Auch BAYERs Gentech-Augenpräparat EYLEA stellt die Europäische Arzneimittelagentur EMA unter verstärkte Beobachtung. Sie überprüft das zur Therapie der feuchten Makula-Degeneration – einer Augenerkrankung, die zur Blindheit führen kann – zugelassene Mittel genauer, da es sich bei seiner Wirk-Substanz Aflibercept um einen neuen Inhaltsstoff handelt, über den bisher noch kaum Informationen vorliegen.

„Fett weg“-Spritze kommt
BAYER beabsichtigt, verstärkt von der steigenden Nachfrage nach Lifestyle-Präparaten zu profitieren. So entwickelte der Leverkusener Multi gemeinsam mit dem Unternehmen KYTHERA eine Substanz, die – unter die Haut gespritzt – kleinere Fettpolster am Kinn auflösen soll. Im September 2013 hat der Konzern nun eine EU-weite Zulassung für die Substanz beantragt, mit der er einen Jahresumsatz von 250 Millionen Euro machen will. Der Pharmazeut Gerd Glaeske warnt indessen vor der Neuentwicklung. Er befürchtet, die zerstörten Fettzellen könnten im Körper umherwandern, zusammenklumpen und Gefäß-Verschlüsse oder Schlaganfälle verursachen. Zudem prophezeit er Hautschäden an den behandelten Stellen.

US-Zulassung für ADEMPAS
BAYER hat in den USA die Zulassung für ein Mittel zur Behandlung der beiden Lungenhochdruck-Krankheiten CTEPH und PAH erhalten. Die Arznei mit dem Wirkstoff Riociguat soll in der Lunge ein Enzym stimulieren, das für eine Erweiterung der Blutgefäße sorgt und so die Sauerstoff-Aufnahme verbessert. Der Leverkusener Multi erwartet von ADEMPAS einen Umsatz von 500 Millionen Euro im Jahr.

Pillen-Verkauf an MOBERG
Der Leverkusener Multi hat drei rezeptfreie Produkte aus seinem Sortiment an einen Mitbewerber verkauft. Das schwedische Pharma-Unternehmen MOBERG erwarb für 4,8 Millionen Dollar die Haut-Arznei DOMEBORO, das Schmerzmittel VANQUISH und das Eisen-Präparat FERGON.

VFA gegen Test-Transparenz
Die EU bereitet eine Verordnung vor, welche die Pharma-Hersteller zur Veröffentlichung von Arznei-Tests zwingt. Den Pillen-Riesen gehen die Pläne jedoch zu weit. „Nicht okay ist es in bestimmten Fällen, wenn die Europäische Arzneimittelbehörde EMA mehrere tausend Seiten an Rohdaten herausgibt“, sagt etwa Siegfried Throm vom „Verband der forschenden Arzneimittel-Hersteller“. Der Geschäftsführer der von BAYER gegründeten Organisation will nur Fachleuten umfassenden Einblick gewähren. „Es darf eben auch nicht sein, dass Gruppen mit wenig Sachverstand Daten interpretieren. Da kommen dann so Schlagzeilen heraus wie ‚Blutdrucksenker verursachen Krebs’ – das ist schief und lässt sich für die Konzerne nur schwerlich korrigieren“, so Throm.

Brustkrebs durch ADALAT & Co.
Schlagzeilen wie „‚Blutdrucksenker verursachen Krebs“ (s. o.) sind keinesfalls so schief, wie BAYER behauptet. Nach einer Untersuchung des „Fred Hutchinson Cancer Research Center“ steigern nämlich Kalzium-Antagonisten wie BAYERs Bluthochdruck-Mittel ADALAT und BAYMYCARD das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. Das ergaben Interviews, die das Institut mit 2.851 weiblichen Personen im Alter von 55 bis 74 Jahren führte. Der Anteil der Frauen, die Kalzium-Antagonisten einnahmen, war in der Brustkrebs-Gruppe doppelt so hoch wie in der Kontrollgruppe.

Kooperation mit Broad Institute
Der Leverkusener Multi hat mit dem Broad Institute eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Krebs-Forschung vereinbart. Als Ziel der Kooperation mit der Forschungseinrichtung, an der WissenschaftlerInnen vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) und aus Harvard arbeiten, formulierte BAYER, binnen fünf Jahren drei neue Wirkstoffe entdecken zu wollen. Bei der Suche danach gewähren sich die Partner gegenseitig Zugriff auf ihre Technologie-Plattformen, Werkstoff-Bibliotheken und Daten.

Resistente Krebszellen
Die Pharma-Riesen haben in der Vergangenheit große Hoffnungen auf Mittel geschürt, die Krebs dauerhaft zu heilen vermögen. Vollmundig berichteten sie etwa davon, Ausschalter für Tumor-Zellen gefunden zu haben. Die Erwartungen haben sich jedoch nicht erfüllt. BAYERs NEXAVAR gelingt es beispielsweise bloß, die Lebenserwartung der PatientInnen um ein paar Wochen zu verlängern. Unter anderem liegt das daran, dass die Krebszellen sich auf die Arzneien einstellen und mutieren. Darum ändern einige Wissenschaftler wie Stuart Schreiber von dem mit dem Leverkusener Multi kooperierenden Broad Institute (s. o.) jetzt ihre Strategie und arbeiten an Therapien, bei denen mehrere Inhaltsstoffe gleichzeitig zum Einsatz kommen. Bescheidenheit haben sie ihre früheren Erfahrungen jedoch nicht gelehrt. So verkündet Schreiber: „Theoretisch sollten wir mit neuen Wirkstoff-Kombinationen Krebs zumindest dauerhaft in Schach halten können.“

Transparenz-Kodex verabschiedet
Der europäische Pharma-Verband EFPIA hat einen Transparenz-Kodex verabschiedet. Demnach verpflichten sich BAYER, SANOFI & Co., ihre Zuwendungen an MedizinerInnen, Krankenhäuser, Fachgesellschaften und andere Akteure des Gesundheitswesens offenzulegen. Allerdings haben sie dazu noch bis 2016 Zeit. Zudem steht sehr in Zweifel, ob der Leverkusener Multi bis dahin seine Position radikal ändert und wirklich umfassende Angaben macht. Gegenwärtig weigert er sich nämlich auf seinen Hauptversammlungen noch strikt, den mittlerweile fast zehn Milliarden Euro umfassenden Bilanz-Posten „Vertriebskosten“ genauer aufzuschlüsseln. Trotz beharrlicher Nachfragen erhält die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN keinerlei Informationen über die Ausgaben des Konzerns für Medikamenten-Proben, MedizinerInnen-Fortbildung, ÄrztInnen-Betreuung, Kongresse und Lobby-Verbände.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Null Problemo mit Glyphosat
Das Anti-Unkrautmittel Glyphosat kommt hauptsächlich in Kombination mit MONSANTO-Genpflanzen der „ROUND UP“-Baureihe zum Einsatz, aber auch in BAYER-Pestiziden wie GLYPHOS oder USTINEX. Zudem will der Multi es künftig gemeinsam mit der Gensoja-Sorte „FG 72“ sowie seinen genmanipulierten Baumwoll-Arten „GHB 614“, „GHB119“ und T304-40 vermarkten, die er alle drei zur Zeit noch in Freisetzungsversuchen testet. In jüngster Zeit haben mehrere Studien Spuren des Giftstoffes im menschlichen Organismus gefunden. So hat einer Untersuchung des BUND zufolge fast die Hälfte der europäischen GroßstadtbewohnerInnen Glyphosat im Körper. Für das Bundesinstitut für Risiko-Bewertung (BfR) ist das allerdings kein Grund zur Beunruhigung. Die „Werte liegen weit unterhalb eines gesundheitlich bedenklichen Bereichs“, urteilt das BfR. Die Behörde tritt sogar für laschere Grenzwerte ein. „Die neuen toxikologischen Daten würden es erlauben, den ADI-Wert für die akzeptable Tagesdosis von 0,3 Miligramm pro Kilogramm Körpergewicht auf 0,5 hochzusetzen“, so BfR-Sprecher Jürgen Thier-Kundke zur taz. Diese Einschätzungen wundern allerdings nicht weiter, denn das Amt war an der EU-Zulassung der Agro-Chemikalie beteiligt. Zudem haben einige BfR-WissenschaftlerInnen enge Kontakte zu BAYER & Co.

Gefährlicher Glyphosat-Zusatzstoff
MONSANTOs Anti-Unkrautmittel Glyphosat, das auch in BAYER-Pestiziden enthalten ist und zudem in Kombination mit Gen-Pflanzen des Leverkusener Multis angeboten wird, enthält in einigen Formulierungen auch den Zusatzstoff Tallowamin. Diese aus Aklylaminen bestehende Substanz, die für eine bessere Haftung des Herbizids an den gegen diesen Stoff resistenten Laborfrüchten sorgt, hat eine hochgiftige Wirkung. So starben bei einem Fütterungsversuch mit 1.000 mg am Tag 50 Prozent der untersuchten Tiere. Darum hat die schwarz-gelbe Koalition 2010 ein Verbot dieser Produkte veranlasst. „Wenn ein Antragsteller nachweisen kann, dass die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen auch mit Tallowaminen erfüllt sind“, wie CDU und FDP in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Partei „Die Linke“ festhalten, dann dürfen BAYER & Co. die Agro-Chemikalien allerdings weitervertreiben. Und im Rest der Welt treiben die Tallowamine ohnehin weiter völlig unbehelligt ihr Unwesen.

PFLANZEN & SAATEN

Subventionen für Eiweiß-Pflanzen
Im Jahr 2012 importierten die Massentier-HalterInnen ca. 4,5 Millionen Tonnen Futtermittel wie beispielsweise Soja. Bereits seit einiger Zeit aber arbeitet die bundesdeutsche Politik daran, den heimischen Markt für Pflanzen mit hohem Eiweiß-Gehalt zu stärken. So entwickelte sie 2011 eine Eiweißpflanzen-Strategie und fördert entsprechende Forschungsvorhaben von BAYER & Co. mit drei Millionen Euro. Einziger Vorteil der Subventionsorgie: Wenn es den Agro-Riesen gelingt, genug Erbsen oder Ackerbohnen aus deutschen Landen für den neuen Verwendungszweck zu einem angemessenen Preis zu kultivieren, dann müssen die ZüchterInnen den armen Kreaturen in ihren Ställen nicht mehr so viel südamerikanisches Gentech-Soja aus den Laboren von BAYER oder MONSANTO zum Fraß vorwerfen.

Neue Weizen-Lizenz
Der Leverkusener Multi baut sein Geschäft mit Weizen – der am häufigsten angebauten Kulturpflanze der Welt – weiter kontinuierlich aus. So erwarb er von PERFORMANCE PLANTS die Rechte an einer Technologie, die der Ackerfrucht helfen soll, Trockenheit zu trotzen. Für Baumwolle hatte der Leverkusener Multi entsprechende Lizenzen bereits 2009 und 2011 von dem US-amerikanischen Unternehmen erworben.

GENE & KLONE

EFSA winkt Gen-Baumwolle durch
Im Verfahren um eine Einfuhr-Genehmigung für BAYERs genmanipulierte Baumwoll-Sorte „T 304-40“ hatte die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA der Laborfrucht bescheinigt, so „sicher und nahrhaft“ wie konventionelle Arten zu sein. Die Initiative TESTBIOTECH teilt dieses Votum über die Pflanze nicht, die mit dem Gift-Gen des Bacillus thuringiensis (Bt) und einer Resistenz gegen den gesundheitsgefährdenden Herbizid-Wirkstoff Glufosinat bestückt ist. „Ein neuer Tiefpunkt“ in der Geschichte der EFSA-Risikobewertungen sei diese Beurteilung, so die Organisation, denn die EFSA hätte zwar das in den BAYER-Dokumenten beschriebene Studien-Design zu Verträglichkeitsprüfungen bemängelt, aber keine neuen Daten angefordert. Auch sei die Behörde den Schwankungen in der Absonderung der Bt-Mengen nicht weiter nachgegangen, moniert TESTBIOTECH. Ob sich die EU-Gremien in ihrer Entscheidung von diesen Einwänden beeinflussen lassen, dürfte sich binnen der nächsten 12 Monate zeigen.

EU winkt SMARTSTAX durch
Im November 2013 hat die EU MONSANTOs Genmais-Sorte SMARTSTAX die Import-Zulassung zur Verwendung in Futter- und Lebensmitteln erteilt. Die Laborfrucht ist mit sechs Bt-Toxinen gegen den Maiszünsler und andere Insekten sowie mit Resistenzen gegen zwei Pestizide ausgestattet. Bei einem der Ackergifte handelt es sich um BAYERs berühmt-berüchtigtes Glufosinat, dessen EU-Genehmigung wegen seiner Gefährlichkeit 2017 ausläuft. Doch nicht nur das stößt auf Kritik. Die Initiative TESTBIOTECH moniert fehlende Untersuchungen zu den chemischen Reaktionen zwischen den Bt-Toxinen und den Anti-Unkrautmitteln; auch lägen keine Nachweise zur Umweltverträglichkeit vor. „Der Import dieser Pflanzen hat keinerlei Vorteile für Landwirte, Verbraucher oder die Tiergesundheit in der EU. Im Gegenteil, es gibt berechtigte Zweifel an der Sicherheit dieser Pflanzen, die einen ganzen Gift-Cocktail enthalten“, konstatiert die Organisation.

Gen-Raps jetzt auch in Lebensmitteln
In Ölen und Futtermitteln dürfen sich BAYERs drei Genraps-Sorten Ms8, Rf3 und Ms8 x Rf3 mit Genehmigung der EU schon länger tummeln. Und jetzt erlaubte Brüssel auch die Verwendung der gentechnisch steril gemachten und gegen das gesundheitsgefährdende Spritzmittel Glufosinat immunisierten Laborfrüchte in Lebensmitteln. Die Initiative TESTBIOTECH spricht sich gegen eine solche Zulassung aus, weil die Antragsunterlagen nur unzureichende Informationen über die möglicherweise gesundheits- und umweltschädlichen Risiken und Nebenwirkungen des Raps gegeben hätten.

Gen-Raps ist überall
1996 erhielt BAYER die Erlaubnis, in der Europäischen Union Gen-Raps der Sorten Ms1 x Rf1, Ms1 x Rf2 und Topas zur Saatgut-Produktion auszusäen. Ein großflächiger Anbau fand jedoch bis 2007 – dem Jahr, bis zu dem die Genehmigung galt – nie statt. Trotzdem fanden sich auch nach Ablauf der Zulassung noch reichlich Spuren der Laborfrucht in konventionellem Raps. Darum kam die EU-Kommission dem Leverkusener Multi netterweise entgegen und ließ für fünf weitere Jahre Kontaminationen von bis zu 0,9 Prozent zu. 2012 schließlich verlängerte Brüssel diese Ausnahmeregelung noch einmal. Die EU begründete diese Entscheidung mit der „Biologie“ des BAYER-Raps’, die es ihm in Verbindung mit bestimmten Ernte-Praktiken leider ermöglicht, lange in der Natur zu überwintern. „Gentechnisch veränderter Raps außer Kontrolle“ nennt die Initiative TESTBIOTECH deshalb ihre Kurzstudie zum Thema, in dem Topas & Co. nur als ein Beispiel unter vielen firmieren.

BAYER kauft argentinische Soja-Firma
Auf der nördlichen Hemisphäre stößt der Expansionsdrang der Agro-Riesen mittlerweile an Grenzen (siehe auch SWB 1/14). Darum kaufen sie derzeit vor allem in Asien und Südamerika zu. So hat BAYER die argentinische Soja-Firma FN SEMILLAS erworben, deren Angebot sowohl gentechnisch verändertes als auch konventionelles Saatgut umfasst. Die Gen-Saaten der FN-Reihe verfügen dabei hauptsächlich über Resistenzen gegen die Pestizide LIGATE von DUPONT und MANCHA OJO von RANA. „Mit dieser Akquisition erhalten wir Zugang zu hochwertigem genetischen Material für die Entwicklung neuer Sorten und Pflanzen-Eigenschaften“, konstatiert BAYER CROPSCIENCEs Lateinamerika-Boss Marc Reichardt. Zudem ermöglicht sie dem Leverkusener Multi, in den lokalen Saatgut-Markt einzusteigen. Allerdings müssen die Kartell-Behörden dem Deal noch zustimmen.

Neue Antikörper-Kooperation
Der Leverkusener Multi hat mit SEATTLE GENETICS eine Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Antikörpern zur Krebs-Behandlung vereinbart. Er überweist dem US-amerikanischen Unternehmen 20 Millionen Dollar für weitere Forschungen und stellt ihm Erfolgsprämien von bis zu 500 Millionen Dollar in Aussicht.

Gentests von SYSMEX
Der Leverkusener Multi baut sein Geschäft mit Krebs-Therapien weiter aus. Zu diesem Zweck lässt er von SYSMEX INOSTICS spezielle DNA-Tests entwickeln, die während der Behandlung Aufschluss über den Verlauf der Krankheit geben. Einen Vertrag über ähnliche Diagnostika-Produkte hatte BAYER zuvor bereits mit dem Unternehmen QIAGEN geschlossen.

WASSER, BODEN & LUFT

Krefeld: Vorerst kein Gaskraftwerk
Ursprünglich wollte BAYER auf dem Gelände des Krefelder Chemie-„Parks“ gemeinsam mit dem Stadtwerke-Verbund TRIANEL ein Kohlekraftwerk errichten. Dies stieß jedoch wegen des dann zu erwartenden hohen Ausstoßes von klima-schädlichem Kohlendioxid auf so massive Kritik, dass die Partner von ihren Plänen abrückten und den Bau eines Gaskraftwerks ankündigten. Sie ließen sich allerdings ein Hintertürchen offen. So erklärte der Global Player: „Ob dieses Projekt wirtschaftlich umsetzbar ist, wird sich im Laufe der Projekt-Entwicklung zeigen.“ Und im Sommer 2013 sahen sich SkeptikerInnen bestätigt. Die beiden Unternehmen verschoben das Vorhaben um mindestens drei Jahre. Ihre endgültige Entscheidung machen der Pharma-Riese und TRIANEL von der Energie-Politik der Großen Koalition abhängig. Konkret fordern sie eine staatliche Subventionierung der Kraft-Wärme-Kopplung, eine Befreiung von der EEG-Umlage und ein „Strommarkt-Design, das Anreize für die Investition in konventionelle Kraftwerke setzt“. Untätig bleibt der Leverkusener Multi dennoch nicht. Er treibt jetzt eine „kleine Lösung“ voran, um die Strom-Versorgung sicherzustellen und modernisiert seine alten Kesselanlagen.

Keine nachwachsenen Rohstoffe
Die Ratingagentur OEKOM RESEARCH hat die Bemühungen von Unternehmen zur nachhaltigen Beschaffung nachwachsener Rohstoffe untersucht und auf einer Skala von 0 bis 100 bewertet. BAYER schnitt dabei mit null Punkten denkbar schlecht ab.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Lösemittel mit weniger VOC
Lackrohstoffe enthalten Lösemittel, die flüchtige organische Verbindungen, so genannte VOC, freisetzen. Diese Gase können krebserregend und erbgut-verändernd wirken sowie die Fortpflanzungsfähigkeit einschränken. BAYER hat jetzt mit BAYHYDROL zwar einen Lack entwickelt, in dem sich nur noch zwei statt früher fünf Prozent VOC tummeln, das macht jedoch immer noch ca. 30 Gramm pro Liter aus.

CO & CO.

Klage gegen alte CO-Pipeline
Der Leverkusener Multi hat bereits eine Kohlenmonoxid-Pipeline in Betrieb. Seit 2002 darf er das Giftgas nämlich von Dormagen nach Leverkusen in einer zehn Kilometer langen Leitung transportieren. Und das alles unter noch prekäreren Sicherheitsbedingungen als bei dem jetzt zwischen Dormagen und Krefeld fertiggestellten, aber immer noch seiner Genehmigung harrenden Röhren-Werk. Die Bezirksregierung Köln hat BAYER damals nämlich einfach erlaubt, eine 1968 für den Transport von Kohlendioxid errichtete Verbindung umzuwidmen und für CO zu benutzen. Dem Global Player zufolge entspricht diese aber gleichwohl dem „Stand der Technik“. Gottfried Schweitzer allerdings zweifelt das an. Er forderte den Global Player auf, die Pipeline stillzulegen. Als das Unternehmen dem nicht nachkam, verklagte der Leverkusener den Pharma-Riesen, „weil er wissentlich über elf Jahre hinweg mit dem Betreiben der oben genannten Pipeline das Leben zehntausender Menschen gefährdet hat“, wie es in seinem Brief an die Staatsanwaltschaft heißt. Auch gegen die Bezirksregierung Köln als verantwortliche Genehmigungsbehörde zog Schweitzer vor Gericht.

CBG will Infos über alte Pipeline
Auch die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat in Sachen „Alt-Pipeline“ (s. o.) Aktivitäten entfaltet. Sie verlangt genauere Informationen über die damalige Genehmigung und hat die Bezirksregierung Köln aufgefordert, der Coordination die entsprechenden Dokumente wie den Genehmigungsbescheid, Änderungsbescheide über die neue Nutzung des Röhrenwerks als Kohlenmonoxid-Leitung, TÜV-Gutachten und Stellungnahmen zum Arbeitsschutz zukommen zu lassen.

Neues Pipeline-Mahnmal
Die Stadt Hilden hat aus Protest gegen BAYERs von Krefeld nach Dormagen verlaufende Kohlenmonoxid-Pipeline in unmittelbarer Nähe der Trasse ein Mahnmal errichtet. Am 13. September 2013 enthüllte der Bürgermeister Horst Thiele (SPD) das Werk, für dessen Errichtung die Ratsfraktionen aller Parteien gestimmt hatten.

PLASTE & ELASTE

Mehr Kunststoff-Profite?
Im September 2013 hatte der Leverkusener Multi seinem Kunststoff-Bereich BAYER MATERIAL SCIENCE (BMS) Rationalisierungsmaßnahmen verordnet, weil dieser mit 9,5 Prozent Rendite unter dem Klassenziel von 18 Prozent geblieben war, und 700 Jobs zur Disposition gestellt (Ticker 4/13). Zwei Monate später sieht Sparten-Chef Patrick Thomas wieder bessere Möglichkeiten, die Vorgaben zu erreichen: „Wir sehen eine positive Preis-Entwicklung in der nächsten Zeit.“ Auch steige in Asien die Nachfrage, so der Manager. Trotzdem blickt die Abteilung weiter einer unsicheren Zukunft im Konzern-Verbund entgegen, zumal der Vorstand gerade Interesse an zwei teuren Arznei-Akquisitionen bekundet hat, die sich durch einen Verkauf von BMS leichter finanzieren ließen.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Duisburg: Neues Sirenen-Warnsystem
Im Herbst 2013 hat die Stadt Duisburg ein neues Sirenen-Warnsystem in Betrieb genommen. Den Anlass dazu bot BAYER. Der Chemie-Multi nutzt im benachbarten Krefeld nämlich das gefährliche Giftgas Phosgen als Vorprodukt bei der Kunststoff-Herstellung. Deshalb forderte das UMWELTFORUM DUISBURG schon 2005 Katastrophenschutz-Maßnahmen von der Stadt ein, die sie mit erheblicher Verzögerung nun auch umsetzte. Der Leverkusener Multi beteiligte sich mit 75.000 Euro an den Kosten.

OSHA kontrolliert BAYER nicht mehr
Die US-Arbeitsschutzbehörde „Occupational Safety and Health Administration“ (OSHA) kontrolliert die BAYER-Produktionsstätten nicht mehr regelmäßig. Die Teilnahme am „Volontary Protection Program“ (VPR) erspart dem Leverkusener Multi die Inspektionen. Das CENTER FOR PUBLIC INTEGRITY kritisiert diese Ausnahme-Regelungen, in deren Genuss über 2.400 Unternehmen kommen, mit Verweis auf deren Sündenregister. So führt die Initiative etwa die „signifikante(n) Mängel der Sicherheitsabläufe“ an, welche die OSHA bei der Untersuchung der Explosion am US-amerikanischen BAYER-Standort Institute, die 2008 zwei Todesopfer gefordert hatte, feststellte. Daraufhin hatte die Behörde den Konzern vorübergehend aus dem VPR-Programm suspendiert, heute bescheinigt sie ihm jedoch „gute Führung“. Der Agro-Riese habe die Probleme gelöst und ein ernsthaftes Bemühen demonstriert, seine Beschäftigten zu schützen, betont der OSHA-Sprecher William A. Burke gegenüber dem CENTER FOR PUBLIC INTEGRITY.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

CO-Unfall in Brunsbüttel
Am 25. September 2013 kam es im Brunsbütteler BAYER-Werk zu einer Freisetzung von Kohlenmonoxid. Zwei Beschäftigte wurden bewusstlos aufgefunden, drei weitere atmeten das Giftgas ein. Nach Angaben der Polizei schwebten zwei Betroffene in Lebensgefahr, ein Arbeiter musste reanimiert werden. Nach telefonischer Auskunft des ermittelnden Polizeibeamten erfolgte die Hilfe im allerletzten Moment. Vom Leverkusener Multi gibt es bis zum heutigen Tag keinerlei Informationen zu den Hintergründen des Zwischenfalls. Da dieses „Umweltereignis“ nach Ansicht der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) für die Entscheidung über die Erlaubnis der Inbetriebnahme von BAYERs von Krefeld nach Dormagen verlaufende Kohlenmonoxid-Pipeline von Belang ist, schrieb sie gemeinsam mit dem Kinderarzt Dr. Gottfried Arnold einen Offenen Brief an die Bezirksregierung Düsseldorf. „Nach unserer Auffassung hat die Öffentlichkeit ein Anrecht darauf, umfassend über den Vorgang informiert zu werden. Auch sollten die Ermittlungsergebnisse sowie die daraus gezogenen Konsequenzen in das laufende Genehmigungsverfahren mit aufgenommen werden. Wir möchten Sie daher bitten, die Staatsanwaltschaft Itzehoe um Amtshilfe zu bitten und die Öffentlichkeit entsprechend zu informieren“, hieß es darin unter anderem. Darüber hinaus hatte die CBG den Brunsbütteler Unfall auf die Tagesordnung des Pipeline-Erörterungstermins gesetzt (siehe AKTION & KRITIK).

Explosion in Mexiko
Am 23. Oktober 2013 kam es in einem nahe der mexikanischen Stadt Orizaba gelegenen BAYER-Werk zu einer schweren Explosion, bei der ein Beschäftigter starb. Ein weiterer Belegschaftsangehöriger erlitt gravierende Verbrennungen. Die Druckwelle hatte eine solche Heftigkeit, dass sie in einem Radius von einem halben Kilometer Schäden verursacht hat.

Lösemittel treten aus
Am 11. November 2013 kam es in Wuppertal nahe des Bahnhofs Steinbeck zu einem Chemie-Unfall. Aus einem Kesselwaggon von BAYER trat ein Lösemittel-Gemisch aus. Das machte einen Großeinsatz der Feuerwehr mitsamt Sperrung des Bahnverkehrs in Richtung Köln erforderlich.

STANDORTE & PRODUKTION

Neue ESSURE-Fabrik in Costa Rica
Trotz schwerwiegender Nebenwirkungen (siehe DRUGS & PILLS) laufen die Geschäfte mit dem Sterilisationsmittel ESSURE gut. Um die Nachfrage stillen zu können, baut BAYER in Costa Rica eine neue Produktionsstätte auf. Als Standort hat der Leverkusener Multi die Industriezone in Aurora de Heridia auserkoren.

Ausbau des Russland-Geschäfts
Während der Leverkusener Multi hierzulande Arbeitsplätze vernichtet, baut er anderswo seine Geschäfte aus. So will er in Russland expandieren und 800 neue Stellen einrichten, um dort seinen Umsatz bis 2017 um 80 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro zu steigern.

IMPERIUM & WELTMARKT

Indische Dreckschleuder verkauft
BAYERs Pestizid-Fabriken an den indischen Standorten Vapi und Ankleshwar gehören zu den größten Dreckschleudern des Konzerns. Lange Zeit sorgten sie quasi im Alleingang für einen Großteil des Jahresausstoßes an flüchtigen organischen Substanzen (VOC) und klimaschädigenden Substanzen jenseits von Kohlendioxid. Der Leverkusener Multi versprach auf Hauptversammlungen stets Sanierungen, zögerte diese aber immer hinaus. Erst 2012 tat sich in Vapi etwas. In Sachen „Ankleshwar“, wo sich 2010 wegen mangelnder Sicherheitsvorkehrungen sogar eine Explosion mit einem Todesopfer ereignet hatte, versprach der Multi bis 2015 Maßnahmen. Das ist ihm jetzt jedoch offensichtlich zu mühsam. Der Konzern entschloss sich stattdessen, die Niederlassung zu verkaufen. Jetzt darf sie die Umweltbilanz von DECCAN FINE CHEMICALS belasten.

BAYER-Pharma verlässt Kolumbien
„Seit 100 Jahren hat BAYER an die Zukunft Kolumbiens geglaubt und in sie investiert. Das werden wir auch in Zukunft tun“, so feierte der Konzern-Manager Frank Dietrich im letzten Jahr den runden Geburtstag der Unternehmensniederlassung in dem Andenstaat, zum dem sogar der Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers angereist war. 2013 sind die Worte Dietrichs nur noch Schall und Rauch. Aus Rentabilitätsgründen zieht der Leverkusener Multi seine gesamte Pharma-Produktion aus dem Land ab und verlegt sie nach Mexiko und Guatemala.

Zukäufe in Brasilien
Auf der nördlichen Hemisphäre stößt der Expansionsdrang der Agro-Riesen mittlerweile an Grenzen (siehe auch SWB 1/14). Darum verstärken sie sich derzeit vor allem in Asien und Südamerika. So hat BAYER in Argentinien die Soja-Firma FN SEMILLAS erworben (siehe auch GENE & KLONE). Auch in Brasilien akquirierte der Leverkusener Multi Saatgut-Unternehmen, um seine Sammlung mit Erbmaterial der Soja-Pflanze zu erweitern, welche als Grundstock für die Entwicklung neuer konventioneller und gentechnisch veränderter Sorten dient. Er kaufte dort 2013 die Unternehmen WEHRTEC und MELHORAMENTO AGROPASTORIL auf, bereits zwei Jahre vorher hatte der Agro-Riese SOYTECH übernommen. Überdies erweiterte der Konzern seine Zusammenarbeit mit dem Weizenzüchter BIOTRIGO.

BAYER verkauft BINOTAL
Der BAYER-Konzern hat das Antibiotikum BINOTAL aus seinem

GenPatente

CBG Redaktion

Presse Information vom 10. Oktober 2013

Coordination gegen BAYER-Gefahren
Kein Patent auf Leben!

Gen-Patente: BASF und BAYER führend

Nicht nur Monsanto!

Eine Recherche der Initiativen Kein Patent auf Leben! und Coordination gegen BAYER-Gefahren belegt, dass deutsche Unternehmen zu den weltweit führenden Anbietern der „Grünen Gentechnik“ aufgeschlossen haben. Die Gentechnik-Kritiker haben hierfür alle Zulassungs-Anträge untersucht, welche in den vergangenen zwanzig Jahren beim Europäischen Patentamt (EPA) in München eingereicht wurden.

Von den rund 2.000 Patenten, die das EPA auf transgene Pflanzen gewährt hat, besitzt der BAYER-Konzern demnach 206, unter anderem auf Mais, Weizen, Reis, Gerste, Soja, Baumwolle und sogar auf genmanipulierte Bäume. Das Leverkusener Unternehmen liegt damit auf Platz eins - noch vor Pioneer (179), BASF (144), Syngenta (135) und Monsanto (119). Was die Zahl der beantragten Patente anbelangt, befindet sich die BASF mit 1.273 auf dem zweiten Rang nach DuPont.

=> Aufstellung der Patente von BAYER
=> Bewilligte Patente Bayer und Syngenta
=> Bewilligte Patente BASF, Pioneer, Dow und Monsanto

Ruth Tippe von Kein Patent auf Leben!: „Bei Pestiziden und Saatgut besitzen die zehn größten Agro-Unternehmen schon heute einen Marktanteil von über 70 Prozent. Ziel dieses Oligopols ist es, den Markt unter sich aufzuteilen und letztlich die Ernährungsgrundlagen der Menschheit zu kontrollieren. Patente auf Pflanzen und Tiere sind dabei ein zentrales Hilfsmittel.“

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren ergänzt: „Die Einführung von herbizidresistentem Saatgut ist ein Irrweg. Innerhalb kürzester Zeit bilden sich resistente Wildkräuter, die mit immer mehr Pestiziden bekämpft werden müssen. Von den vollmundigen Versprechen der Industrie wurde keines eingehalten: weder wurde der Einsatz von Agrogiften reduziert, noch konnte die Ernährungssicherheit verbessert werden“.

In der Diskussion um gentechnisch manipuliertes Saatgut dominiert hierzulande die Kritik an Monsanto. Dabei ist das Gentechnik-Programm von BAYER kaum weniger gefährlich, im Gegenteil: das von BAYER entwickelte Pestizid Glufosinat, das in Kombination mit genmanipuliertem Saatgut angeboten wird, ist als reproduktionstoxisch klassifiziert und soll in der EU bis 2017 vom Markt genommen werden. Dies hindert BAYER jedoch nicht daran, in den USA derzeit eine neue Glufosinat-Fabrik zu bauen. „Ein typisches Beispiel doppelter Sicherheits-Standards!“, kritisiert Mimkes. Die Position der deutschen Firmen im Windschatten von Monsanto bezeichnet Mimkes als „komfortabel“, da BASF und BAYER kaum einer öffentlichen Diskussion ausgesetzt sind.

Um den zunehmenden Resistenzen von Wildkräutern gegen Ackergifte zu begegnen, hat die Industrie untereinander zahlreiche Patente ausgetauscht. Monsanto, DuPont, Syngenta, Dow und BAYER verwenden nun auch Verfahren der Konkurrenz und bieten Saatgut an, das gegen zwei oder gar drei Herbizide immun ist. So wurde im vergangenen Jahr eine Soja-Sorte vorgestellt, die gegen die Agrogifte Glufosinat, Glyphosat und 2,4-D tolerant ist.

Allein 23 Patente des BAYER-Konzerns beziehen sich auf Herbizid-Resistenzen. BAYER war erst im Jahr 2001 durch die Übernahme der Firma Aventis CropScience, die ihrerseits aus den Gentechnik-Sparten von Schering, Rhone Poulenc und Hoechst hervorgegangen war, in die erste Liga der Gentech-Anbieter aufgestiegen.

Eine ausführliche Analyse finden Sie unter: http://www.cbgnetwork.de/5229.html

=> die taz greift unsere Kampagne auf

10. Oktober 2013, Informationsdienst Gentechnik

Bayer ist Tabellenführer... bei Gentechnik-Patenten

Der deutsche Agrochemie-Konzern Bayer hält in Europa mehr Patente auf gentechnisch veränderte Pflanzen als seine Konkurrenten. Mit über 200 Patenten liegt das Unternehmen deutlich vor Dupont-Pioneer (179), BASF (144), Syngenta (135) und Monsanto (119).

Nach den Recherchen der Initiativen „Kein Patent auf Leben!“ und „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ hatten 206 entsprechende Anträge von Bayer in den Jahren von 1980 bis 2012 Erfolg. Insgesamt hatte das Unternehmen beim Europäischen Patentamt mehr als 700 mal beantragt, eine von ihm gentechnisch veränderte Pflanze als „Erfindung“ anzuerkennen. Dennoch: die Eigenschaften der von Bayer vertriebenen Gentechnik-Pflanzen halten sich in Grenzen. Überwiegend sind sie gegen Unkrautvernichtungsmittel wie Glyphosat oder Glufosinat resistent – oder sie produzieren aufgrund eines eingebauten Bakteriengens ein eigenes Insektizid.

Das europäische Patentamt wird immer wieder für die Vergabe von Patenten auf Pflanzen und auch Tiere kritisiert. Dies betrifft neben gentechnisch veränderten auch konventionell gezüchtete Pflanzen – obwohl das eigentlich ausgeschlossen ist. Doch das Amt, das keine EU-Institution ist, nutzt rechtliche Uneindeutigkeiten aus. Die Vertragsstaaten des Patentübereinkommens, darunter Deutschland, müssten sich daher für eine Klarstellung einsetzen, wie „Kein Patent auf Leben!“ fordert.

Auch wenn Bayer bei den europäischen Patenten führt, bleibt Monsanto der unangefochtene Weltmarktführer im Gentechnik- und Saatgut-Geschäft. Der US-Konzern kontrolliert durch Firmenzukäufe über ein Viertel des kommerziellen Saatguts, genmodifiziert oder nicht. Auch mit Pestiziden macht das Unternehmen Kasse. Zusammen mit herbizidresistenter Gentech-Soja oder Mais bietet es beispielsweise das glyphosat-haltige „Roundup“ an.

[Ticker] STICHWORT BAYER 04/2013 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

XARELTO in der Kritik
Bereits seit längerem weist die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) auf die Risiken und Nebenwirkungen von BAYERs neuem Gerinnungshemmer XARELTO hin, den der Leverkusener Multi mit enormem Werbeaufwand in den Markt drückt. So verzeichnete das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM) im Jahr 2012 58 Meldungen über Todesfälle und 750 über schwere Nebenwirkungen wie Blutungen. Im September 2013 griff der Spiegel die Kampagne auf und löste damit ein großes Medien-Echo aus. „BAYER in der Kritik“ und „Nebenwirkungen bei BAYERs Hoffnungsträger“ lauteten etwa die Schlagzeilen. Das BfArM, das bis Ende August 2013 bereits 72 Meldungen über Todesfälle und 968 über schwere Nebenwirkungen vorliegen hatte, versuchte trotzdem, das Gefährdungspotenzial kleinzureden. „Wir sehen keine neuen Gefahren und keinen Anlass für eine neue Risiko-Bewertung“, verlautete aus der Behörde. Sie suchte die Schuld für die vielen unerwünschten Arznei-Effekte vielmehr bei den MedizinerInnen: „Erfahrungen seit Markteinführung deuten darauf hin, dass nicht alle verordnenden Ärzte die Fachinformation hinsichtlich des Managements von Blutungsrisiken gut genug kennen“, hielt das Bundesinstitut fest. Und der Leverkusener Multi sagte das, was er immer sagt, wenn er auf Hauptversammlungen oder anderswo mit Gesundheitsschäden konfrontiert ist, die seine Medikamente verursacht haben: „Am positiven Nutzen/Risiko-Profil hat sich nichts geändert“. Geändert hat sich allerdings jetzt das Markt-Umfeld für XARELTO. Kliniken und MedizinerInnen beginnen, den Versprechungen von BAYERs Pharma-DrückerInnen zu misstrauen und verschreiben das Mittel nicht mehr ganz so exzessiv. Allzu große Einnahme-Verluste oder gar ein Verbot der Arznei hat der Global Player jedoch nicht zu befürchten.

USA: Kritik an GAUCHO & Co. wächst
Im Frühjahr 2013 hatte die von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) mitinitiierte Kampagne für das Verbot der bienengefährlichen BAYER-Pestizide GAUCHO und PONCHO endlich Erfolg: Die EU verkündete einen zunächst auf zwei Jahre befristeten Bann für die wichtigsten Anwendungsbereiche. Und jetzt wird die Luft für die beiden zur Gruppe der Neonicotinoide gehörenden Ackergifte auch in den USA dünner. In einem Offenen Brief forderten die großen Umweltverbände des Landes Präsident Barack Obama auf, das Ausbringen der Substanzen zu untersagen. Dabei stützten die Organisationen sich unter anderem auf eine Untersuchung des niederländischen Toxikologen Dr. Henk Tennekes, welche die CBG erstmals veröffentlicht hatte. Darüber hinaus führte die „Washington European Society“ eine Veranstaltung zu dem Thema durch, für welche die Coordination ebenfalls Input geliefert hatte.

BAYER: Kein Problem mit Importkohle
Der Leverkusener Multi setzt zur Energie-Gewinnung immer mehr billige Import-Kohle ein (SWB 3/13). Doch der Preis ist hoch, denn der Abbau findet unter katastrophalen Bedingungen statt und hat verheerende soziale und ökologische Folgen. So vertreiben die Minen-Besitzer in Kolumbien, woher BAYER jährlich ca. 40.000 Tonnen bezieht, die indigene Bevölkerung von ihrem Land, um die Reservoirs erschließen zu können. Die Förderung selber verschleißt dann durch das Abpumpen, das Waschen des „schwarzen Goldes“ und die Bindung des Staubes enorme Mengen reinen Wassers und verunreinigt im Gegenzug die Flüsse und das Grundwasser mit Sulfat, Schwefelsäure, Schwermetallen und Selen. Eine zusätzliche Belastung stellen die trotz des massiven Wasser-Einsatzes freigesetzten Kohle-Partikel dar, die sich wie ein Schleier über die Abbau-Region legen und die Atemorgane der Menschen angreifen. Darüber hinaus beschäftigen die Firmen ihre Angestellten zu den prekärsten Bedingungen und setzen Beschäftigten-VertreterInnen unter Druck. Sie gaben sogar schon Morde an GewerkschaftlerInnen in Auftrag. Aus all diesen Gründen hat die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) eine Kampagne gestartet. Das BUSINESS AND HUMAN RIGHTS CENTRE hat diese aufgegriffen und das Unternehmen mit kritischen Fragen zu dem Komplex konfrontiert. Dieses beschwichtigte umgehend: „Unser Kohlehändler hat uns versichert, dass er nur mit solchen Partnern in Geschäftsverbindungen tritt, welche die Tests bestanden haben“. Viel mehr Worte fand der Global Player in seiner Antwort allerdings zur CBG. Der Konzern warnte das Centre in bösen Worten vor der Coordination. Besonderen Anstoß nahm der Pharma-Riese an der Absicht des Netzwerkes, BAYER unter soziale Kontrolle stellen zu wollen.

Konzerne aus den Schulen!
BAYER & Co. nehmen zunehmend Einfluss auf die Schulen. Sie stellen Unterrichtsmaterialien zur Verfügung, prämieren Bildungseinrichtungen mit einem besonders konzern-kompatiblen Lehr-Angebot und halten Weiterbildungsangebote für LehrerInnen bereit. Darum hat die Initiative LOBBYCONTROL eine Kampagne gegen die pädagogischen Umtriebe der Unternehmen gestartet. In ihrer Broschüre „Lobbyarbeit an Schulen“ kritisiert die Organisation in diesem Zusammenhang auch die von BAYER unterhaltenen SchülerInnen-Labore, da sie mit „inhaltlicher Einflussnahme“ einhergehen und beispielsweise die Gentechnik propagieren.

Konzerne aus den Unis!
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) führt seit einiger Zeit einen Prozess, um Einzelheiten über den geheimen Pharma-Kooperationsvertrag zu erfahren, den BAYER mit der Kölner Universität geschlossen hat. Die Coordination fürchtet nämlich eine Ausrichtung der Arznei-Forschung auf Profit, eine Entwicklung von Präparaten ohne therapeutischen Mehrwert, eine Verheimlichung negativer Studienergebnisse und einen Zugriff des Konzerns auf geistiges Eigentum der Hochschul-WissenschaftlerInnen. Diese Sorge treibt auch andere um. So haben schweizer WissenschaftlerInnen die Zusammenarbeit der Universität Zürich mit dem Geldhaus UBS zum Anlass genommen, den Zürcher Appell zur initiieren. „Als Staatsbürger, Forscherinnen, Wissenschaftler und Studierende appellieren wir an die Leitung der Universitäten und an alle Bildungsverantwortlichen im In- und Ausland, dem kostbaren und von der Verfassung geschützten Gut der akademischen Freiheit und Unabhängigkeit Sorge zu tragen und das wissenschaftliche Ethos nicht mit problematischen Kooperationen zu gefährden“, heißt es in dem Aufruf.

Piraten wollen Transparenz
Die nordrhein-westfälische Landtagsfraktion der Piraten-Partei hat – in Zusammenarbeit mit der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) – nicht nur zwei Anfragen zur umstrittenen Kooperation BAYERs mit der Kölner Hochschule (s. o.) gestellt, der Kasus fand vermittelt auch Eingang in ihren Gesetzentwurf zu Transparenz und Informationsfreiheit. So heißt es in dem Schriftstück: „Der Veröffentlichungspflicht unterliegen zwischen Hochschulen des Landes und Dritten geschlossene Verträge, insbesondere Kooperations- und Drittmittel-Verträge, hinsichtlich der Vertragspartner, der Vertragslaufzeit und des Finanzvolumens.“

Menschenrechtsverstöße ahnden!
Der Leverkusener Multi hat in seiner Geschichte vielfach gegen Menschenrechte verstoßen. Er benutzte Menschen aus der „Dritten Welt“ ohne deren Wissen als Versuchskaninchen für neue Pharma-Produkte, übte Druck auf GewerkschaftlerInnen aus und bediente sich der Kinderarbeit. Um solche Rechtsverstöße der Global Player besser ahnden zu können, hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen vor einiger Zeit „Guiding Principles on Business and Human Rights“ verabschiedet. Diese Leitlinien sehen auch die Einrichtung von Klage-Möglichkeiten in den Ländern vor, in denen die Konzerne ihre Stammsitze haben. Die EU hat ihre Mitgliedsstaaten daraufhin angehalten, eigene Aktionspläne zu erstellen. Während Nationen wie die Niederlande schon ihre Gesetze geändert und Beschwerdestellen eingerichtet haben, tat die Bundesrepublik bisher nichts dergleichen. Deshalb haben die Grünen den Antrag „Transnationale Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft ziehen“ in den Bundestag eingebracht, in dem die Partei die Bundesregierung auffordert, ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen und einen rechtlichen Rahmen zur Ahndung von Menschenrechtsverletzungen durch die Multis zu schaffen.

Studentenwerk hält zu Duisberg
Am 29. September 2011 jährte sich der Geburtstag des langjährigen BAYER-Generaldirektors Carl Duisberg zum 150. Mal. Da zahlreiche mediale Ständchen für den Mann drohten, der im 1. Weltkrieg verantwortlich für den Einsatz von Giftgas und die Ausbeutung von ZwangsarbeiterInnen war und später einen maßgeblichen Anteil an der Gründung des Mörderkonzerns IG FARBEN hatte, rief die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) eine Kampagne ins Leben. Sie forderte anlässlich des Jahrestags die Umbenennung von Straßen und Schulen, die Duisbergs Namen tragen, sowie den Entzug der Leverkusener Ehrenbürgerschaft (siehe SWB 1/12). Davon inspiriert, appellierte eine Marburgerin an das dortige Studentenwerk, eine andere Bezeichnung für das StudentInnen-Wohnheim „Dr. Carl-Duisberg-Haus“ zu finden. Die Einrichtung entschied sich zwar dagegen, brachte aber zumindest eine Gedenktafel mit Informationen zur umstrittenen Vita des Chemikers an und dankte der Frau für ihr Engagement. „Gern möchte ich Ihnen, auch im Namen des Verwaltungsrats, für den Anstoß zu einer sehr kritischen Diskussion um die Person Dr. Carl Duisberg danken“, hieß es in dem Schreiben.

KAPITAL & ARBEIT

BMS: BAYER streicht 700 Jobs
Bereits vor sechs Jahren hatte der Leverkusener Multi seiner Kunststoff-Sparte BAYER MATERIAL SCIENCE (BMS) Rationalisierungsmaßnahmen verordnet. Er verpflichtete den Plaste-Bereich auf ein Rendite-Ziel von 18 Prozent. Ein 300 Millionen Euro schweres Sparprogramm, das unter anderem die Vernichtung von 1.500 Arbeitsplätzen – ein Zehntel aller Stellen in diesem Bereich – umfasste, war die Folge. Nach Ausbruch der Finanz-Krise erhöhte der Vorstand die Vorgabe dann noch einmal um 50 Millionen Euro, was unter anderem das Schicksal der in Krefeld angesiedelten Forschungsabteilung besiegelte. Und jetzt sieht der Global Player wieder Handlungsbedarf, da der Gewinn im zweiten Quartal 2013 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 28,9 Prozent auf 143 Millionen Euro sank und die Rendite „nur“ noch 9,5 Prozent betrug. Neben den angeblich zu hohen Energie-Kosten macht BAYER-Chef Marijn Dekkers vor allem Überkapazitäten – vor denen die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) angesichts der vielen neuen Anlagen von BAYER & Co. vor allem in China bereits 2008 gewarnt hatte – für die sinkenden Erträge verantwortlich. „Deshalb müssen wir weiter Kosten sparen und noch effizienter werden“, meint BAYER-Chef Marijn Dekkers. Binnen der nächsten vier Jahre will der Konzern 700 Arbeitsplätze vernichten, 180 davon in der Bundesrepublik, obwohl die Aufwändungen für Personal nur 20 Prozent der Gesamtkosten von BAYER MATERIAL SCIENCE ausmachen. Und was der Holländer „kleine Anpassungen in den Strukturen“ nennt, bezeichnet der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Thomas de Win als „nicht nachvollziehbar und mehr als bedenklich“. Besonders kritisiert der Gewerkschaftler die Ankündigung, das in den Planungen schon weit vorangeschrittene Projekt eines neuen MDI-Werkes in Brunsbüttel vorerst auf Eis zu legen, das die CBG wegen des hohen Ressourcen-Verbrauchs und der massenhaften Verwendung von hochgiftigem Phosgen ablehnt. Zudem missbilligt er das Vorgehen des Vorstands, die Ausgaben für Forschung & Entwicklung an der Leistungskraft der einzelnen Sparten zu bemessen, weil das für BMS de facto eine Kürzung bedeutet. „Dies kann aus Sicht des Betriebsrates die Perspektive eines Unternehmens grundsätzlich in Frage stellen“, so de Win. BAYER-Chef Marijn Dekkers betont zwar immer wieder, die Kunststoff-Sparte nicht verkaufen zu wollen, aber die jüngsten Entwicklungen dürften die Diskussion noch einmal befeuern, zumal der Ober-BAYER auch vorher schon gegenüber Investoren stets die Leistungskraft der beiden anderen Konzern-Sparten herausgehoben hatte. So warb er mit den Worten für den Global Player, dass „ein erheblicher Teil unserer Finanz-Ergebnisse durch unsere zwei LifeScience-Geschäfte angetrieben“ werde. Finanz-AnalystInnen fordern schon seit Jahr und Tag von dem Unternehmen, sich von der Kunststoff-Fertigung zu trennen. Und die Börsen strafen die bisherige Weigerung des Pharma-Riesen, dem Folge zu leisten, regelmäßig mit einem Konglomeratsabschlag. Spätestens wenn die Pillen-Abteilung vor der Möglichkeit steht, sich mit einem attraktiven Zukauf zu verstärken, sehen BeobachterInnen das Schicksal der Plaste-Produktion als besiegelt an.

BAYER gliedert Arznei-Tests aus
Der Leverkusener Multi führt Medikamenten-Tests der Phasen I bis IIa in Zukunft nicht mehr selbst durch, sondern betraut die CRS CLINICAL RESEARCH SERVICES mit dieser Aufgabe. Der Pharma-Riese vernichtet durch diese Maßnahme 23 Arbeitsplätze innerhalb des Konzerns: Die Beschäftigten der BAYER-Studienzentren in Wuppertal und Berlin wechseln zu CRS. „Indem die gesamte Frühphasen-Entwicklung als Paket an einen einzigen Partner vergeben wird, versuchen die Arznei-Entwickler Entwicklungszeiten zu verkürzen und so Kosten zu optimieren“, erläutert CRS-Manager David Surjo die Motive. BAYER beschränkt sich künftig auf die Konzeption und Überwachung der klinischen Prüfungen. Die Qualität der Tests, um die es eh schon nicht allzu gut bestellt ist (siehe DRUGS & PILLS), dürfte damit weiter abnehmen, denn die Pharma-Dienstleister stehen unter dem Erfolgsdruck, möglichst viele Pillen ihrer Auftraggeber durch die Erprobungsphasen zu bringen. Da CRS & Co. manche Pillen-Studien der ersten Phasen bereits mit ProbandInnen durchführen, setzen diese sich so einem erhöhten Risiko aus, das später dann auch die PatientInnen tragen müssen.

Der Weg des Titandioxids
Der Leverkusener Multi trennte sich im Zuge der „Konzentration auf das Kerngeschäft peu à peu von seiner Titandioxid-Produktion. 1998 überführte er die Uerdinger Fabrik in ein gemeinsam mit KERR-MCGEE betriebenes Joint Venture. 2001 übernahm das US-amerikanische Unternehmen das Geschäft ganz. 2006 dann gliederte es selber den Bereich in eine eigenständige Gesellschaft aus, die 2009 Insolvenz anmelden musste. 2012 schließlich verkaufte der Insolvenzverwalter die inzwischen unter dem Namen CRENOX firmierende Fertigungsstätten an BAYERs einstmaligen Konkurrenten SACHTLEBEN. Und mit diesem zum US-Konzern ROCKWOOD gehörenden Betrieb dürften sie bald schon wieder den Besitzer wechseln, denn die Mutter-Gesellschaft will SACHTLEBEN abstoßen. Mit den Nachwirkungen der Titandioxid-Herstellung in Uerdingen haben die Behörden derweil noch immer ihre liebe Mühe. Sie arbeiten nämlich bereits seit vielen Jahren an der Sanierung der Deponie in Rheinberg, in der lange Zeit die Produktionsrückstände von BAYER und SACHTLEBEN gelandet waren (TICKER 2/11).

ERSTE & DRITTE WELT

BAYER zahlt keinen Mindestlohn
BAYERs Saatgut-Tochter NUNHEMS arbeitet in Indien mit Zuliefer-Betrieben zusammen, die ihren Beschäftigten teilweise nicht den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn zahlen. Besonders Frauen zählen zu den Benachteiligten. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „Wages of Inequality“ von Jacob Kalle und Dr. Davuluri Venketeswarlu, einem langjährigen Kooperationspartner der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN.

POLITIK & EINFLUSS

Dekkers kritisiert Energiewende
BAYER-Chef Marijn Dekkers begründete das Rationalisierungsprogramm (siehe KAPITAL & ARBEIT) für die Kunststoff-Sparte BAYER MATERIAL SCIENCE (BMS) auch mit Versäumnissen der Politik. „Sie muss mehr tun, um den Innovations- und Investitionsstandort Deutschland zu stärken“, sagte er. Besonders die hohen Energiekosten kritisierte der Holländer. „Deutschland hat mit der Energiewende einen radikalen Wandel eingeleitet. Die Folgen sind erhebliche Wettbewerbsnachteile für die energie-intensiven Industrien“, klagte Dekkers und rechnete vor: „Unser Teilkonzern BMS zahlt heute in Deutschland, hauptsächlich in NRW, doppelt so viel für Strom wie in Amerika.“

US-Lobbykosten: sechs Millionen
In den USA gibt keine Branche so viel Geld für Lobby-Aktivitäten aus wie die Pharma-Industrie. Von 1998 bis 2012 investierte diese 2,5 Milliarden Dollar in die Pflege der politischen Landschaft. Und immer vorne mit dabei: der BAYER-Konzern. Allein 2012 ließ er sich das Antichambrieren 5,8 Millionen Dollar kosten.

BAYERs Mann im US-Kongress
Der US-Kongress muss sich in nächster Zeit durch die halbe Angebotspalette von BAYERs Kunststoff-Geschäft arbeiten. 20 Anträge zur Gewährung bzw. Verlängerung von Zollbefreiungen für BAYOWET, BAYPURE, DISFLAMOLL, CRELAN, DESMODUR und andere Stoffe liegen ihm nämlich vor. Geschrieben hat sie alle der republikanische Politiker Tim Murphy. Andere Aktivitäten hat er hingegen kaum entfaltet. „Es scheint fast so, als ob Tim Murphy BAYER im US-Kongress repräsentiert“, hält die Website thatsmycongress.com deshalb fest. Allzu teuer kam den Global Player das nicht: Etwas über 14.000 Dollar an Wahlkampf-Hilfe investierte er in den Mann.

Üppige Parteispenden des VCI
Der Leverkusener Multi spendet in der Bundesrepublik nicht selber an politische Parteien, weil das den Eindruck direkt gekaufter Entscheidungen erwecken könnte. Er überlässt den Job lieber dem „Verband der Chemischen Industrie“ (VCI). Und der hat in der Endphase des Bundestagswahlkampfs 2013 noch einmal kräftig zugelangt. 100.000 Euro überwies er der CDU und 64.000 der FDP. Um den Eindruck der Parteilichkeit etwas zu verwischen, gingen auch SPD und Grüne nicht ganz leer aus. Die SozialdemokratInnen bekamen 50.000 Euro und Trittin & Co. 10.000 Euro.

Schramm leitet Agrar-Verband
Dr. Helmut Schramm, der Geschäftsführer von BAYER CROPSCIENCE, steht seit Mai 2013 dem Industrieverband Agrar (IVA) als Präsident vor.

Lemke neuer Umweltberater
Anfang Mai 2013 berief die Bundesregierung neue UmweltberaterInnen. Unter den Auserwählten befindet sich auch der Meeresforscher Peter Lemke vom Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut, dem der Leverkusener Multi 2010 den „BAYER Climate Award“ verliehen hatte.

RisikoforscherInnen mit Verbindungen
In der EU läuft zurzeit gerade ein Forschungsprojekt zu den Risiken und Nebenwirkungen der grünen Gentechnologie. Allzu bedenklich dürften die Ergebnisse jedoch nicht ausfallen, denn viele der beteiligten WissenschaftlerInnen haben enge Beziehungen zu konzern-nahen Biotech-Einrichtungen. So gehören einige von ihnen der „International Society for Biosafety Research“ (ISBR) an oder haben Verbindungen zum „International Life Sciences Institute“ (ILSI) – beides Organisationen, die Gelder von MONSANTO, BAYER, SYNGENTA oder anderen Agro-Multis erhalten.

Kraft bei BAYER in Berkeley
Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft besuchte das BAYER-Werk im US-amerikanischen Berkeley. Im Schlepptau hatte die Politikerin eine 28-köpfige Delegation, die aus VertreterInnen der Landesregierung, BeraterInnen und JournalistInnen bestand. Dem Leverkusener Multi zufolge interessierte sich die Sozialdemokratin vor allem für die Möglichkeiten, BAYER & Co. durch Bildungsprogramme und andere Fördermaßnahmen NaturwissenschaftlerInnen zuzuführen, während der Agro-Riese sich als politischer Wohltäter in Szene zu setzen versuchte, der die umliegenden „Gemeinden in Umwelt-, Bildungs- und sozialwirtschaftlichen Belangen unterstützt“.

Duin bei BAYER
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hatte sich gegen BAYERs Plan ausgesprochen, in Dormagen eine Anlage zur Produktion des Kunststoffes TDI zu errichten, weil diese nicht dem neuesten Stand der Technik entspricht. So ummantelt der Multi die Fertigungsstätte nur mit Blech statt mit Beton. Zudem verzichtet der Konzern auf den Einbau einer Schutzwand, die bei einer Explosion mit nachfolgendem Phosgen-Austritt neutralisierendes Ammoniak freisetzen könnte. Auch der hohe Ressourcen-Einsatz, das Fehlen von „Worst Case“-Szenarien sowie die Verwendung hochgefährlicher Zwischenprodukte wie Phosgen sprechen gegen das Projekt. Der CBG gelang es allerdings nicht, sich mit ihren Einwänden durchzusetzen. Die Bezirksregierung winkte das Vorhaben durch, und der Leverkusener Multi begann mit dem Bau. Ende Juli 2013 feierte er nun Richtfest und durfte dazu als Ehrengast den nordrhein-westfälischen Wirtschaftsminister Garrelt Duin begrüßen. „Mit der Investition in die TDI-Anlage hat sich BAYER bewusst entschieden, den Chemie-Standort Nordrhein-Westfalen zu stärken. Das zeigt, dass wir in unserem Land hoch attraktiv für eine erfolgreiche Industrie sind. Wir müssen daran arbeiten, dass das so bleibt“, hielt der SPD-Politiker in seiner Rede fest.

EU gegen Nutzen-Bewertungen
BAYER & Co. haben jede Menge Medikamente ohne ausreichende Wirksamkeitsnachweise in ihrer Produkt-Palette. Damit diese Pillen die Etats der Krankenkassen nicht mehr über Gebühr belasten, gibt es hierzulande seit 2011 eine unabhängige Kosten/Nutzen-Bewertung von Arzneien. Die Pharma-Riesen hatten sich mit aller Macht gegen eine solche Einrichtung gewehrt, konnten sich jedoch nicht durchsetzen. Jetzt allerdings kommt Unterstützung aus Brüssel. Die EU-Kommission legte nämlich einen Richtlinien-Entwurf vor, der solche Nachprüfungen von Pharmazeutika verbietet – und die LobbyistInnen der Konzerne dürften fleißig daran mitgeschrieben haben.

EU will Arznei-Tests erleichtern
Die Pillen-Riesen lagern immer mehr Arznei-Tests in ärmere Länder aus. Dort winken günstigere Preise, ein großes Reservoir an ProbandInnen und eine mangelhafte Aufsicht. Die Folge: Immer wieder kommt es zu Todesfällen. Allein in Indien starben 2011 20 Menschen bei Erprobungen von BAYER-Medikamenten. Die EU will diesen Outsourcing-Trend stoppen und die Pharma-Konzerne mit laxeren Vorschriften für Medikamenten-Prüfungen wieder in heimische Gefilde locken. So sah ein Verordnungsvorschlag vor, klinische Studien künftig ohne vorherige Begutachtung durch Ethik-Kommissionen stattfinden zu lassen. Nach massiven Protesten musste dieser Passus wie noch so manch anderer allerdings wieder aus dem Entwurf verschwinden. Aber es stehen noch genug heikle Punkte in dem Papier. Beispielsweise soll es in Ausnahmefällen möglich sein, Pillen-Erprobungen ohne informiertes Einverständnis der ProbandInnen durchzuführen. Auch die Auflagen zur Transparenz bleiben Stückwerk. Die vorläufige Fassung der Richtlinie schreibt zwar grundsätzlich die Veröffentlichung von Pharmazeutika-Studien vor, aber das Publizieren der sehr aussagekräftigen Rohdaten möchte sie den Unternehmen weiterhin ersparen. Das ist ganz im Sinne des Leverkusener Multis, der sich lediglich dafür ausspricht, der Öffentlichkeit die Test-Ergebnisse „auf geeignete Art und Weise“ zu präsentieren. Im Oktober 2013 befasst sich das EU-Parlament mit dem Paragrafen-Werk.

PROPAGANDA & MEDIEN

BAYER finanziert Bienen-Studie
Mit allen Mitteln versuchen BAYER, BASF und SYNGENTA, ihre Pestizide aus der Gruppe der Neonicotinoide von dem Vorwurf zu entlasten, sie würden das Bienensterben befördern. Beispielsweise finanzierten sie im großen Stil Entlastungsstudien. In Österreich stiegen die Konzerne mit 115.000 Euro in eine schon laufende Untersuchung des österreichischen Umweltministeriums ein und schafften es so, ihr die kritische Ausrichtung zu nehmen. So wusste die Expertise auf einmal von „Bienenschäden, welche mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht durch insektizide Beizmittel verursacht waren“. Und zu einem ähnlichen Resultat kam die ebenfalls von den Agro-Riesen gesponserte Studie „Bienengesundheit in Europa – Zahlen und Fakten 2013“ der italienischen Universität „Cattolica del Sacro Cuore“. Aber es nützte alles nichts: Ende April 2013 zog die EU GAUCHO und andere Agro-Chemikalien vorerst aus dem Verkehr (siehe Ticker 3/13).

Blühstreifen gegen Bienensterben?
Durch die Diskussion um die Risiken und Nebenwirkungen der industriellen Landwirtschaft im Allgemeinen und der bienentötenden Wirkung der BAYER-Pestizide GAUCHO und PONCHO im Besonderen sah sich der Leverkusener Multi zu Reaktionen gezwungen. In Tateinheit mit SYNGENTA legte er einen Aktionsplan vor, der unter anderem auch die Anlage von Ackerrand-Streifen mit pollen-reichen Blütenpflanzen umfasste. Hier sollten die Bienen Asyl finden, wenn GAUCHO & Co. die Äcker heimsuchten. Am Oberrhein bei Bühl, wo der Agro-Riese gemeinsam mit dem „Institut für Landschaftsökologie und Naturschutz“ und dem „Institut für Agrar-Ökologie und Biodiversität“ einen Feldversuch gestartet hat, halten sich die Erfolge jedoch in Grenzen. Die Artenvielfalt ist durch die Naturreservate nicht gestiegen, lediglich bei den Unkräutern gibt es Zuwachs. Der für die Grünen im Bundestag sitzende Agrar-Experte Harald Ebner hält das Ganze nicht nur deshalb für ein „Herumdoktern an Symptomen“. Und das Urteil der ImkerInnen fällt noch harscher aus. „Auf der einen Seite vergiften sie Bienen, auf der anderen wollen sie sich für den Umweltschutz engagieren“, kritisiert etwa Dorle Raimann.

ASPIRIN-Sozialpreis verliehen
Seit einiger Zeit versucht der Leverkusener Multi, sich ein soziales Image zu verschaffen. Zu diesem Behufe hat er die Düsseldorfer PR-Agentur KETCHUM PLEON engagiert. Diese dachte sich für den Konzern dann unter anderem den ASPIRIN-Sozialpreis aus. In diesem Jahr erhielt die „Katholische Stiftung Marienheim Aachen-Brand die zweifelhafte Auszeichnung für ihr Projekt „Generationsbrücke Deutschland“.

Saalfrank neue Schirmherrin
BAYERs BEPANTHEN-Kinderförderung unterstützt seit längerem das Kinder- und Jugendwerk „Die Arche“, das dem evangelikalen Verband „Deutsche Evangelische Allianz“ angehört, sowie Freizeitförderprogramme und Sozialforschungsprojekte. Und damit das SozialarbeiterInnen-Image, das sich der Konzern mit diesen milden Gaben schaffen will, eine größere Verbreitung findet, hat das Unternehmen jetzt die aus umstrittenen Privatfernseh-Formaten bekannte Pädagogin Katharina Saalfrank als Schirmherrin eingekauft.

Ballack neuer Schirmherr
BAYERs gemeinsam mit der „Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe“ initiierte Kampagne „Rote Karte dem Schlaganfall“ wirbt für Vorbeuge-Maßnahmen im Allgemeinen und für den umstrittenen Gerinnungshemmer XARELTO (siehe AKTION & KRITIK) im Besonderen. Einen Prominenten, welcher der PR-Aktion mediale Aufmerksamkeit verschaffen soll, hat der Leverkusener Multi auch verpflichten können: Der ehemalige Fußball-Profi Michael Ballack fungiert als Schirmherr.

BAYERs Pharma-VertreterInnen lügen
„Die Hersteller haben sich selbst strenge Regeln für die Kooperation mit Ärzten auferlegt“, stellt BAYER-Sprecher Herbert Schäfer fest. Und bei MedizinerInnen-Besuchen hielten sich die Pharma-ReferentInnen an das Arzneimittel-Gesetz als Richtschnur, so Schäfer. Die Praxis in den Praxen sieht allerdings anders aus. So überreichen Pillen-DrückerInnen des Leverkusener Multis DoktorInnen gerne Kästchen des Konzerns mit Erkältungstests, ASPIRIN sowie Antibiotika und verweisen dabei darauf, LungenfachärztInnen hätten die Sets bereits in ihre Behandlungsrichtlinien übernommen. Der Mediziner Michael Freitag prüfte das nach – und fand keinerlei Belege dafür.

„Tag der Offenen Tür“ in Gatersleben
„Der Biotechnologie-Park Gatersleben ist eine der modernsten Infrastruktur-Einrichtungen rund um die Pflanze“, heißt es in der Eigenwerbung. Das „Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzen-Forschung“ hat dort seinen Sitz, und natürlich darf auch BAYER nicht fehlen. Der Leverkusener Multi betreibt an dem Standort sein Weizenforschungszentrum. Und da all das Herumdoktern an den Ackerfrüchten nicht in dem besten Ruf steht, haben BAYER & Co. den 8. Juni 2013 zum „Tag der Offenen Tür“ erklärt, um ihre Labore und Gewächshäuser herzuzeigen und auf diese Weise zu versuchen, dem Akzeptanz-Problem entgegenzuwirken.

TIERE & ARZNEIEN

USA: 23.000 Bakterien-Tote
1.734 Tonnen Antibiotika landeten nach Angaben der Bundesregierung 2011 in den Tier-Ställen. Pharmazeutika aus der Gruppe der Fluorchinolone, zu denen BAYERs BAYTRIL zählt, waren mit acht Tonnen dabei. Der massenhafte Einsatz dieser Mittel in der Massenzucht fördert die massenhafte Entwicklung resistenter Erreger. In den menschlichen Organismus gelangt, können diese Krankheiten auslösen, gegen die Antibiotika dann nicht mehr wirken. Auch die zu sorglose Verschreibung von CIPROBAY und anderen Antibiotika in der Humanmedizin trägt zu dieser Gefährdungslage bei. Die US-amerikanische Regierung hat die Gesundheitsrisiken jetzt erstmals wissenschaftlich untersuchen lassen. Und die Zahlen des „Centers for Disease Control and Prevention“ sind erschreckend: Jedes Jahr sterben in den Vereinigten Staaten 23.000 Menschen an Infektionen, die Bakterien ausgelöst hatten, gegen die kein Kraut mehr gewachsen war.

DRUGS & PILLS

Zeugungsunfähig durch NEBIDO & Co.
Mit großer Anstrengung arbeitet der Leverkusener Multi daran, die „Männergesundheit“ als neues Geschäftsfeld zu etablieren und seinen Potenzpillen und Hormon-Präparaten neue und nur selten zweckdienliche Anwendungsmöglichkeiten zu erschließen. So hat der Pharma-Riese die Krankheit „Testosteron-Mangel“ erfunden und sie zu „männlichen Wechseljahresstörungen“ erhoben, um seine Hormon-Pillen an den Mann zu bringen. Und er hat viele Kranke dazu gefunden. Allein in den USA stiegen die Verordnungen seit 1993 um rund 500 Prozent. Allerdings hat das gerade für die Männlichkeit beträchtliche Folgen. Nach einer Studie einer ForscherInnen-Gruppe um Jared L. Moss von der Universität Knoxville beeinträchtigt das Einnehmen von Testosteron-Pillen die Zeugungsfähigkeit: 65 Prozent der Testosteron-Probanden produzierten nach einem halben Jahr keine Spermien mehr. Zudem beobachteten die WissenschaftlerInnen Schrumpfungen des Hodengewebes und Samenzellen-Missbildungen. Damit fügten sie der langen Liste von Risiken und Nebenwirkungen der Mittel wie Herzinfarkt, Prostata-Krebs, Harntrakt-Schädigungen, Brust-Wachstum, Bluthochdruck, Ödeme, Blutverdickung und Leberschäden einige weitere Einträge hinzu.

Schnellere Zulassung für Riociguat?
BAYER hat in den USA, Europa und Japan einen Zulassungsantrag für eine Arznei zur Behandlung von Lungenhochdruck gestellt. Die Vereinigten Staaten haben dem Medikament wegen angeblich vielversprechender Studien-Daten sogar schon ein schnelleres Genehmigungsverfahren zugebilligt. Der Wirkstoff Riociguat soll in der Lunge ein Enzym stimulieren, das für eine Erweiterung der Blutgefäße sorgt und so die Sauerstoff-Aufnahme verbessert. Der Leverkusener Multi erwartet von dem Mittel einen Umsatz von 500 Millionen Euro im Jahr.

OP-Risiko ASPIRIN
Mit zunehmendem Erfolg vermarktet BAYER ASPIRIN als Mittel zur Schlaganfall- und Herzinfarkt-Prophylaxe. Die massenhafte Verbreitung des „Tausendsassas“ stellt jedoch ein großes Risiko dar. Das Medikament wirkt nämlich blutverdünnend, was Blutungen befördern kann. Besonders bei medizinischen Eingriffen besteht diese Gefahr. Deshalb raten die „Deutsche Fachgesellschaft für Kardiologie“ und die „European Society of Cardiology“ ASPIRIN-PatientInnen, denen eine Operation bevorsteht, mit ihren ÄrztInnen zu besprechen, ob sie das Mittel zeitweilig absetzen sollten.

Kein ASPIRIN gegen Schlaganfälle
Die „Deutsche Fachgesellschaft für Kardiologie“ (DGK) rät davon ab, PatientInnen mit Vorhofflimmern zur Schlaganfall-Prophylaxe ASPIRIN zu verabreichen und empfiehlt stattdessen Medikamente aus der Gruppe der Vitamin-K-Antagonisten wie MARCUMAR. Diese wirken nach Ansicht der DGK nicht nur besser, sie haben auch weniger Nebenwirkungen als das BAYER-Mittel, das häufiger zu Blutungen führen kann. In ihren aktualisierten Leitlinien zur Behandlung von Menschen mit Vorhofflimmern spricht die Fachgesellschaft sich allerdings auch für BAYERs neuen Gerinnungshemmer XARELTO aus, obwohl die „Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft“ das Pharmazeutika nur als Ersatz-Medikation bei MARCUMAR-Unverträglichkeit ansieht (siehe auch AKTION & KRITIK).

Kein ASPIRIN gegen Thromboembolien
Auch zur Thromboembolie-Prophylaxe bei PatientInnen mit Vorhofflimmern kann die „Deutsche Fachgesellschaft für Kardiologie“ (DGK) BAYERs ASPIRIN mit dem Wirkstoff Acetylsalicylsäure nicht empfehlen. Unter „Abwägung des Blutungsrisikos“ sollte nach Meinung der DGK die Verabreichung von Vitamin-K-Antagonisten wie MARCUMAR oder anderen Gerinnungshemmern „einer Therapie mit Acetylsalicylsäure vorgezogen werden“.

MELIANE-Verkauf bricht ein
Frauen, welche die BAYER-Verhütungsmittel YASMIN, YAZ, MELIANE oder andere Kontrazeptiva der dritten oder vierten Generation einnehmen, tragen ein erhöhtes Risiko, Thromboembolien oder Schlaganfälle zu erleiden. In Frankreich erhob die Geschädigte Marion Larat deshalb Klage gegen den Leverkusener Multi, was große mediale Resonanz fand, wie ihre Eltern auf der letzten BAYER-Hauptversammlung berichten konnten. Die Krankenkassen reagierten prompt und erstatteten die Kosten für die Mittel nicht länger. Dies hatte umgehend Folgen: Die Verschreibungszahlen gingen um 38 Prozent zurück.

Spaniens Krankenkassen meutern
Nicht nur in Frankreich (s. o.), sondern auch in Spanien zahlen die Krankenkassen nicht mehr für die Verhütungsmittel der neuesten Generation. Sie listeten mehrere Mittel aus, darunter zwei BAYER-Produkte. Ausschlaggebend dafür waren allerdings nicht die im Vergleich zu älteren Mitteln erhöhten Thromboembolie-Risiken, die von diesen Kontrazeptiva ausgehen – die drastischen Preise der Pillen führten zu der Entscheidung.

Mehr Konkurrenz für LEVITRA
Im Juni 2013 hat VIAGRA seinen Patentschutz verloren. Der Hersteller PFIZER selber und andere Konzerne bringen deshalb Nachahmer-Präparate des Mittels gegen „erektile Dysfunktion“ zu deutlich niedrigeren Preisen heraus. Das dürfte sich negativ auf das Geschäft des Leverkusener Multis mit seinem Potenz-Präparat LEVITRA auswirken – und so manchen Mann vor dessen Nebenwirkungen wie temporärer Gedächtnisverlust, zeitweilige oder dauerhafte Hörschäden, Sehstörungen bis zum Sehverlust, Schwindel, Höhenangst, Kopfschmerzen, Nasenschleimhaut-Entzündungen, Grippe-Symptome und Gesichtsrötungen bewahren.

NEXAVAR bei Schilddrüsenkrebs?
BAYERs Krebs-Medikament NEXAVAR hat bisher Zulassungen für die Behandlung bestimmter Formen von Nieren- und Leberkrebs erhalten. Dafür genügte es, in den entsprechenden Tests den Nachweis zu erbringen, das Tumor-Wachstum um zwei bis drei Monate hinauszögern zu können. Als Medikament zum Einsatz bei Lungen-, Haut-, Brust- und Bauchspeicheldrüsenkrebs scheiterte das Präparat dagegen in den klinischen Prüfungen. Trotzdem versucht BAYER weiterhin mit allen Mitteln, das Anwendungsspektrum der Arznei zu erweitern. So strebt der Konzern im Moment eine Genehmigung für die Indikation „Schilddrüsenkrebs“ an. Er verweist dabei auf Studien-Daten, wonach es der Arznei mit dem Wirkstoff Sorafenib angeblich gelang, die Progression von Krebs-Geschwülsten fünf Monate lang aufzuhalten, was die Behörden dazu bewog, das Prüfverfahren zu beschleunigen. Trotz der bescheidenen Therapie-Erfolge verlangt BAYER für das Krebsmittel eine immense Summe. So kostet NEXAVAR die Krankenkassen 4.200 Euro im Monat. Entsprechend hoch ist der Umsatz des Leverkusener Multis mit dem Mittel, 2012 betrug er 792 Millionen Euro.

Noch mehr STIVARGA-Zulassungen
Der Leverkusener Multi kann in Japan das Anwendungsspektrum seines Krebsmedikamentes STIVARGA erweitern. Bisher für die Behandlung von PatientInnen mit fortgeschrittenem Darmkrebs zugelassen, dürfen MedizinerInnen es jetzt auch bei Magenkrebs und anderen Verdauungstrakt-Tumoren verschreiben. Zurzeit testet BAYER das Präparat mit dem Wirkstoff Regorafenib – eine Weiterentwicklung des NEXAVAR-Stoffes Sorafenib – außerdem noch als Medikament zur Therapie von fortgeschrittenem Leberkrebs. Ein Wundermittel hat der Pharma-Riese mit STIVARGA aber nicht entwickelt. So steigerte die Substanz bei den klinischen Prüfungen die Gesamtüberlebenszeit von Darmkrebs-Kranken gerade einmal um 1,4 Monate und schenkte ihnen bloß eine um 0,2 Monate längere Zeit ohne weiteres Tumor-Wachstum.

MS-Zulassung für Alemtuzumab
Das von BAYER und GENZYME gemeinsam entwickelte Gentech-Medikament LEMTRADA (Wirkstoff: Alemtuzumab) hat eine Genehmigung zur Behandlung einer seltenen Leukämie-Art. Diese PatientInnen stehen jetzt allerdings auf dem Schlauch. Der Leverkusener Multi und die GENZYME-Muttergesellschaft SANOFI haben für das Mittel nämlich eine Zulassung zur Therapie von Multipler Sklerose erhalten und bieten es deshalb für Leukämie-Kranke nicht mehr an. Hintergrund des zunächst unverständlich wirkenden Schachzugs: Nur wenige hundert PatientInnen in Deutschland benötigten das Leukämie-Präparat, die Einnahmen waren dadurch begrenzt. Der Markt für MS-Medikamente hingegen ist weitaus interessanter – allein in Deutschland gibt es rund 130.000 Betroffene, weltweit sind es 2,5 Millionen. Zudem haben die beiden Unternehmen die Möglichkeit, für die Indikation „MS“ einen höheren Arznei-Preis zu berechnen. Aber da ein Wirkstoff für unterschiedliche Anwendungen nicht unterschiedliche Preise haben darf, standen die Konzerne vor einem Problem, denn zu dem früheren Preis versprach die MS-Therapie mit Alemtuzumab keine großen Umsätze. Orientierte sich der Preis hingegen an den üblichen Behandlungskosten von MS, würde er sich für Leukämie-PatientInnen extrem erhöhen, was zwangsläufig KritikerInnen auf den Plan riefe. Und um diesem Dilemma zu entgehen, gaben SANOFI und BAYER das wenig lukrative Anwendungsgebiet „Leukämie“ lieber ganz auf. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN kritisierte dieses Vorgehen scharf. „Wieder einmal wird deutlich, dass für BAYER, SANOFI & Co. allein der Profit zählt. Das PatientInnenwohl ist dabei nachrangig. Nebenbei zeigt sich, dass die Preisbildung von Medikamenten nichts mit den Entwicklungskosten zu tun hat: Ein und dasselbe Medikament kann vollkommen unterschiedliche Preise haben, je nachdem, was sich am Markt durchsetzen lässt“, hieß es in der CBG-Presseerklärung.

Deal mit SEATTLE GENETICS
Der Leverkusener Multi hat sich den Zugriff auf ein neues Verfahren der Krebstherapie gesichert, das von der US-Firma SEATTLE GENETICS stammt. Die „Antikörper-Wirkstoff-Konjugate-Technologie“ soll pharmazeutische Stoffe erst in der Tumorzelle selbst freisetzen und so gesunde Zellen verschonen, so BAYERs Pharma-Manager Andreas Busch. Wenn es dem Leverkusener Multi gelingt, diese Entwicklung zur Serien-Reife voranzutreiben und zum Wirkmechanismus von Medikamenten zu machen, kann SEATTLE GENETICS Zahlungen von bis zu 500 Millionen Dollar erwarten.

Deal mit COMPUGEN
Krebs-Medikamente versprechen auf dem Pharma-Markt die höchsten Renditen. Darum baut der Leverkusener Multi dieses Geschäftsfeld konsequent aus, obwohl sich die Therapie-Erfolge von NEXAVAR & Co. in engen Grenzen halten. Zur Zeit gilt den Immuntherapien das besondere Interesse des Konzerns (siehe FORSCHUNG & LEHRE). Darum sicherte er sich im August 2013 den Zugriff auf eine von dem israelischen Biotech-Unternehmen COMPUGEN entwickelte, auf Antikörpern basierende Form dieser Krebsbehandlungsart. BAYER zahlt COMPUGEN für das Pharmazeutikum, das sich in der vorklinischen Erprobungsphase befindet, zunächst zehn Millionen Dollar. Sollte das Mittel jedoch höhere Test-Stufen erreichen, muss der Konzern weitere Beträge überweisen.

Zweifelhafte Arznei-Tests
Die Pharma-Riesen sieben die Personen, die sich als ProbandInnen für Arznei-Tests zur Verfügung stellen, kräftig aus, damit die Resultate so positiv wie möglich ausfallen. Das ergab eine Untersuchung von Keith Humphreys und seinen KollegInnen, die das Journal of the American Medicine Association veröffentlicht hat. Durchschnittlich fielen 40 Prozent der BewerberInnen durch, obwohl ihr Krankheitsbild den Anforderungen der Studien entsprochen hätte. Auch BAYER bedient sich dieser Praxis. So hat der Leverkusener Multi sich für die Erprobung seines umstrittenen Gerinnungshemmers XARELTO (siehe AKTION & KRITIK) besonders fitte und relativ junge TesterInnen ausgesucht, die noch nie eine Schlaganfall erlitten hatten und auch nicht unter Nieren-Schädigungen litten. Die beiden Mediziner Dr. Matthew Roe und Dr. Magnus Ohman hatten in dem Fachblatt New England Journal of Medicine deshalb starke Zweifel an der Aussagekraft der Prüfungsergebnisse angemeldet.

Angeleitete Leitlinien
Die medinischen Fachgesellschaften legen in ihren Leitlinien die Behandlungsgrundlagen für Krankheiten fest. Jene entsprechen jedoch nicht immer rein wissenschaftlichen Erkenntnissen – viele beteiligte MedizinerInnen haben Beziehungen zur Pharma-Industrie. Der Sozialwissenschaftler Thomas Langer fand allerdings nur in 60 der 297 von ihm untersuchten Leitlinien Angaben zu Interessenskonflikten. Dann aber nicht zu knapp: 680 von 1.379 Personen offenbarten, von den Pillen-Firmen Geld für Vorträge, Schulungen, GutachterInnen- oder Beratungstätigkeiten erhalten zu haben. So erklärt sich dann wohl auch so manch ominöses Votum wie etwa das der „Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe“ (DGGG) zur Gabe von Hormonen bei Wechseljahresbeschwerden. Trotz alarmierender Befunde zu den Risiken und Nebenwirkungen will die DGGG partout nicht von den Mitteln abraten, mit denen BAYER & Co. gute Geschäfte machen.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Vergiftungen in Thailand
Thailand gehört zu den weltgrößten Exportländern von Reis und strebt diesen Status auch für andere Nahrungsmittel an. Entsprechend hoch ist der Pestizid-Einsatz – und die Zahl der Vergiftungen unter den LandarbeiterInnen. Auch die Rückstände in den Lebensmitteln erreichen nach Angaben des THAI PESTICIDE ALERT NETWORK alarmierende Werte. So überstiegen die Level von EPN, Methidathion und der auch in BAYER-Produkten enthaltenen Wirkstoffe Chlorpyrifos und Carbofuran (für dieses Mittel hat der Leverkusener Multi 2009 einen Produktionsstopp verkündet) die EU-Limits um mehr als das Hundertfache!

UBA fordert strengere Verfahren
Die Universität Koblenz-Landau testete für das Umweltbundesamt (UBA), wie vorschriftsmäßig ausgebrachte Pestizide auf Frosch-Populationen wirken. Das Ergebnis war niederschmetternd. Die Agro-Chemikalien dezimierten die Bestände massiv. So waren nach einer Woche Kontakt mit dem BAYER-Fungizid PROSPER (Wirkstoff: Spiroxamine) 60 Prozent aller Tiere tot. Andere Substanzen sorgten für noch höhere Sterbe-Raten. Als Konsequenz aus der Untersuchung fordert das UBA strengere Zulassungsverfahren. Zudem gab es eine weitere Expertise in Auftrag. Da sich die Effekte der Produkte trotz identischer Wirksubstanzen oft stark voneinander unterschieden, sollen die ForscherInnen nun die Gefahren genauer in den Blick nehmen, die von den in den Ackergiften jeweils enthaltenen Lösemitteln ausgehen.

Ausbau des Pestizid-Geschäfts
BAYER kündigt den Ausbau des Pestizid-Geschäftes an. „Die Nachfrage nach unseren Produkten nimmt so stark zu, dass wir unsere Kapazitäten deutlich verstärken werden“, sagte Liam Condon von BAYER CROPSCIENCE. Deshalb erweiterte der Agro-Riese sein Investitionsbudget bis 2016 um eine Milliarde Euro auf 2,4 Milliarden Euro. Allein mit 380 Millionen Euro schlägt dabei der Bau einer neuen Produktionsanlage im US-amerikanischen Mobile zu Buche. Der Konzern will dort das Herbizid Glufosinat herstellen, ungeachtet seiner gesundheitsschädlichen Wirkung, welche die EU nicht mehr lange zu tolerieren gedenkt: 2017 läuft in den Mitgliedsländern die Zulassung aus.

Glyphosat macht krank
Das hauptsächlich in Kombination mit Genpflanzen der „ROUND UP“-Baureihe, aber auch in BAYER-Produkten (siehe GENE & KLONE) zum Einsatz kommende MONSANTO-Pestizid Glyphosat stört das natürliche Gleichgewicht des menschlichen Organismus und kann Krankheiten wie Alzheimer, Diabetes und Krebs mit auslösen und negativen Einfluss auf die Fortpflanzungsfähigkeit nehmen. Zu diesem Ergebnis kommt eine im Fachmagazin Entropy veröffentlichte Studie des „Massachusetts Institute of Technology“.

858 % mehr Pestizide in Argentinien
Der globale Fleischmarkt verlangt nach immer Soja für die gezüchteten Tiere. Ein Hauptlieferant ist Argentinien, das seine Anbauflächen in den letzten Jahren rasant ausgeweitet hat. Unter anderem deshalb steigt der Pestizid-Verbrauch immens. In den letzten 22 Jahren erhöhte er sich um 858 Prozent auf über 300 Millionen Kilogramm im Jahr. Den größten Anteil daran hat der auch vom Leverkusener Multi eingesetzte MONSANTO-Wirkstoff Glyphosat. Die Substanz Chlorpyrifos, die in den BAYER-Produkten BLATTANEX, PROFICID und RIDDER Verwendung findet, ist ebenfalls ganz vorne mit dabei. Mit der wachsenden Nachfrage nach den Agro-Chemikalien nimmt auch die Zahl der Vergiftungen zu. Und der Wasserhaushalt des Staates, die Artenvielfalt und die Böden leiden gleichfalls unter der Monokultur. Zudem hat der Agro-Boom soziale Folgen, denn der Landhunger der großen FarmerInnen führt zur Vertreibung der indigenen Bevölkerung.

PFLANZEN & SAATEN

Neues Weizenzucht-Zentrum
Für den Leverkusener Multi ist Weizen „das wichtigste Grundnahrungsmittel weltweit“. Deshalb baut er sein Geschäft mit der Nutzpflanze kontinuierlich aus. So verfügt er nach der Inbetriebnahme des neuen Weizenzucht-Zentrums im französischen Milly-La-Foret mittlerweile schon über sechs solcher Einrichtungen. Zudem hat der Agro-Multi mit zahlreichen Universitäten Forschungskooperationen in diesem Bereich vereinbart. Und 2015 will der Konzern die ersten „Hochertragssorten“ aus eigener Entwicklung auf den Markt bringen.

Noch mehr Weizen mit KEYGENE
Der Leverkusener Multi arbeitet bereits seit längerem mit dem niederländischen Unternehmen KEYGENE zusammen. So haben beide Konzerne gemeinsam mit US-amerikanischen und chinesischen Universitäten schon das komplette Erbgut einer Raps-Sorte entschlüsselt. In einem neuen Deal sicherte sich BAYER nun den Zugriff auf eine neue KEYGENE-Technologie zur Züchtung von dürre-resistenten Weizen-Arten, das „Hochdurchsatz-Mutagenese-Verfahren“. Ob es sich dabei um Gentechnik oder eine konventionelle Methode handelt – darüber befindet zurzeit gerade die EU.

Hybridmais-Verkauf an RASI SEEDS
Die indische BAYER-Niederlassung hat ihr Geschäft mit hybridem, also nicht für die Wiederaussaat geeigneten Mais an das einheimische Unternehmen RAIS SEEDS verkauft. Auch die Züchtungsstationen in Bangalore, Hyderbad und Nordindien übernahm der neue Besitzer.

Konzentration auf dem Saatgut-Markt
Die Konzentration im Saatgut-Bereich schreitet unaufhaltsam voran. Besaßen die vier größten Anbieter 1985 zusammen noch einen Marktanteil von sieben Prozent, so waren es 2011 schon 58 Prozent. BAYER kommt auf drei Prozent und belegt damit unter den zehn größten Herstellern nach MONSANTO, DUPONT, SYNGENTA, LIMAGRAIN, LAND O’LAKE und KWS den siebenten Rang.

Umzug nach West Sacramento
Der Leverkusener Multi konzentriert seine US-amerikanischen Standorte für Gemüse-Saatgut und biologische Pestizide in West Sacramento und gibt dafür seine Niederlassung in Davis auf. Der Konzern will „das Potenzial unserer globalen Forschungs- und Entwicklungskapazitäten durch Zusammenlegungen und Erweiterungen noch besser ausschöpfen“, heißt es zur Begründung. Auch die größere Nähe zur University of California, mit der BAYER in Sachen „Pflanzenzucht“ kooperiert, hat bei der Entscheidung eine Rolle gespielt.

GENE & KLONE

Kooperation mit MONSANTO
Das die Agrar-Märkte kontrollierende Oligopol von BAYER, MONSANTO, SYNGENTA & Co. stößt zunehmend an seine Grenzen. Ihr Angebot an Pestiziden und Gen-Pflanzen, die gegen diese Substanzen resistent sind, sieht nämlich recht überschaubar aus und wächst nur bescheiden. Deshalb gewöhnen sich Unkräuter und Schadinsekten zunehmend an die Gifte. Nach Einschätzung von Liam Condon, dem Vorstandsvorsitzenden von BAYER CROPSCIENCE, klagt in den USA schon die Hälfte der LandwirtInnen über unwirksame Agro-Chemikalien. Die Konzerne ziehen aus dieser Entwicklung die Konsequenz, sich gegenseitig Zugriff auf ihre Technologien zu gewähren. Auf diese Weise können sie ihre Labor-Früchte gleich gegen mehrere Agrochemikalien zugleich immunisieren, was den FarmerInnen mehr Flexiblität bei der Anwendung der Substanzen erlaubt. Das letzte Austauschgeschäft dieser Art hat BAYER mit MONSANTO vereinbart. Der Leverkusener Multi erhält Lizenzen für die neuesten ROUND-UP-READY-Entwicklungen GENUITY und YIELD und bietet dem US-Unternehmen dafür unter anderem Nutzungsrechte für Ackergifte zur Tötung des Maiswurzelbohrers an. Und Condon kündigte weitere Kooperationen dieser Art an. Kern der Strategie sei, die eigenen Produkte so weit wie möglich verfügbar zu machen, sagte er laut Faz. So wächst das Oligopol langsam aber sicher zu einem einzigen Mega-Multi zusammen.

Kritik an Glyphosat-Zulassung
WissenschaftlerInnen haben das Zulassungsverfahren der EU für das Pestizid Glyphosat analysiert und gravierende Mängel festgestellt. Die Genehmigung für das Mittel, das hauptsächlich in Kombination mit MONSANTO-Genpflanzen der „ROUND UP“-Baureihe, aber auch in den BAYER-Pestiziden GLYPHOS und USTINEX zum Einsatz kommt und bald wohl schon zusammen mit Laborfrüchten des Leverkusener Multis (s. o.), sei auf der Grundlage „schlechter Wissenschaft“ erfolgt, resümieren die ForscherInnen. Eine besondere Rolle spielten dabei deutsche Behörden. So hätten diese den in den Test-Daten dokumentierten Geburtsfehler eines Versuchstieres kurzerhand zu einer Entwicklungsvariation uminterpretiert, um dem Mittel die Zulassung nicht verweigern zu müssen, schreiben Michael Antoniou und seine KollegInnen in ihrem Aufsatz für das Fachmagazin Journal of Environmental and Analytical Toxicology.

Glufosinat-Auskreuzung
In Niedersachsen fanden sich in konventionellen Mais-Kulturen Spuren von gentechnisch veränderten Organismen. Das ergab eine Untersuchung des dortigen Landesumweltamtes. ForscherInnen wiesen in dem Mais Reste der Gentech-Pflanze TC 1507 nach, der die Hersteller PIONEER und DOW AGRO SCIENCES mit einer Resistenz gegen das Herbizid Glufosinat auch eine Eigenschaft der BAYER-Produktreihe LIBERTY LINK eingezüchtet hatten.

Kein LIBERTY LINK-Reis in Europa?
Bereits seit zehn Jahren liegt der EU BAYERs Antrag vor, Importe der Genreis-Sorte LL62 zuzulassen. 2011 forderte Brüssel den Leverkusener Multi auf, zusätzliche Studien zur Sicherheit der Laborfrucht vorzulegen. Der Konzern reagierte darauf allerdings bis heute nicht. Er rechnet bei den Vorbelastungen – 2006 kontaminierte sein LL601-Reis in den USA rund 30 Prozent der konventionell gezüchteten Bestände und löste so einen der größten Gen-GAUs der Geschichte aus – wohl selber nicht mehr mit einem positiven Bescheid.

NICE gibt grünes Licht für EYLEA
Das „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ (IQWiG) hatte BAYERs Gentech-Augenpräparat EYLEA keinen Zusatznutzen bei der Behandlung der feuchten Makula-Degeneration – einer Augenerkrankung, die zur Blindheit führen kann – bescheinigt und deshalb auch keine Kostenübernahme durch die Krankenkassen empfehlen können. Das britische IQWiG-Pendant NICE sprach sich hingegen für das Mittel aus, zu dessen Nebenwirkungen Bindehaut-Blutungen, grauer Star, Augenschmerzen, Glaskörper-Trübungen und Erhöhung des Augeninnendrucks zählen. Allerdings musste der Leverkusener Multi dafür mit dem Preis heruntergehen.

Neue EYLEA-Zulassung
Die Europäische Arzneimittel-Behörde EMA hat empfohlen, BAYERs bisher nur zur Therapie der feuchten Makula-Degeneration (s. o.) zugelassenes Gentech-Augenpräparat EYLEA auch grünes Licht zur Behandlung der Folgen eines Zentralvenen-Verschlusses der Netzhaut zu geben. Darüber hinaus strebt der Pharma-Riese Genehmigungen zu den Indikationen „diabetisches Makula-Ödem“ und „choroidale Neovaskularisation“ – einer Gewebe-Wucherung am Seh-Organ – an. Als Augen-Allheilmittel kommt der gemeinsam mit der Firma REGENERON entwickelte EYLEA-Wirkstoff Aflibercept aber nicht in Betracht. In den Tests, die zur ersten Zulassung führten, demonstrierte er nämlich lediglich seine Nicht-Unterlegenheit gegenüber Ranibizumab. Zudem traten während der Erprobungen zahlreiche Nebenwirkungen (s. o.) auf.

Neues KOGENATE

Das einzig neue bei neuen BAYER-Medikamenten ist oft die Darreichungsform. So entwickelte der Leverkusener Multi jetzt eine Variante seines gentechnisch hergestellten Bluterpräparats KOGENATE, die sich länger im Blut hält, weshalb die Patienten es nicht mehr so oft injizieren müssen. Klinische Prüfungen mit dem Wirkstoff BAY 94-9027 befinden sich gerade in der dritten und letzten Phase. Auch an Kindern testet der Pharma-Riese das Mittel.

WASSER, BODEN & LUFT

Bergkamen stinkt weiter
„An wohl keinem anderen BAYER-Standort genießen Pilze, Hefen und Bakterien dieselbe hohe Wertschätzung wie in Bergkamen“, konstatierte der Leverkusener Multi anlässlich des Jubiläums „50 Jahre Mikrobiologie“. Aber da täuscht sich der Global Player gewaltig. Seit Jahren nämlich schon leiden die BergkamenerInnen unter den von dem Werk herrührenden Geruchsbelästigungen. Die 2008 eingeleiteten Umbau-Maßnahmen haben bislang keine Abhilfe schaffen können. Aus immer neuen Quellen dringt schlechte Luft nach außen. Ende Juli 2011 sorgte eine defekte Pumpe für Mief. Wenige Tage später flossen unvorhergesehen saure und basische Abwässer zusammen, was übel aufstieß (Ticker 4/11). Und kurz danach kam es zu einem erneuten Angriff auf die Riech-Organe. 2012 entschloss sich der Konzern deshalb zu Sanierungsarbeiten in der Kläranlage. Aber auch diese vermochten die Düfte nicht zu vertreiben. Im Juni 2013 beschwerten sich die BergkamerInnen wieder und klagten über Übelkeit und Kopfschmerzen. Der Leverkusener Multi stritt umgehend ab, dafür verantwortlich zu sein: „Unser System hat keinerlei Geruchsbelästigungen innerhalb des Werkes registriert.“ Später mochte Unternehmenssprecher Martin Pape jedoch nicht mehr ganz ausschließen, dass das Abtragen von Ablagerungen in den Klärbecken zu dem Gestank geführt hatte.

Land unter in Bitterfeld
Langsam muss sich auch BAYER mit den Folgen des Klimawandels auseinandersetzen, den das Unternehmen mit seinen Kohlendioxid-Emissionen kräftig vorantreibt. So bekam das Bitterfelder BAYER-Werk im Sommer 2013 die Auswirkungen der Flut massiv zu spüren. „Durch die anhaltenden Niederschläge ist die Hochwasser-Situation im Umfeld der BAYER BITTERFELD GmbH und in der Chemie-Region Bitterfeld sehr angespannt“, verlautete aus der sachsen-anhaltinischen Konzern-Niederlassung. HelferInnen legten Hochwasser-Sperren rund um das Firmen-Areal, und zwischenzeitlich stand sogar die Produktion still, weil die Stromversorgung aus Sicherheitsgründen unterbrochen werden musste.

CO & CO.

Forum floppt
Auf Anfang November 2013 hat die Bezirksregierung den Erörterungstermin für die 24.000 gegen BAYERs Kohlenmonoxid-Pipeline eingereichten Einwendungen gelegt. Im Vorfeld startete der Leverkusener Multi eine Kommunikationsoffensive und engagierte zu diesem Behufe die PR-Agentur IFOK GmbH (SWB 3/13). Sie sollte Krisen-Management betreiben und Gespräche mit den KritikerInnen suchen. Allerdings nicht mit allen. „Mit der CBG führen wir keinen Dialog, das macht keinen Sinn“, so ein Konzern-Sprecher. Das kombinierte Einbindungs- und Spaltungskonzept ging allerdings nicht auf, denn diejenigen, mit denen BAYER gerne einen Dialog geführt hätte, sahen ihrerseits keinen Sinn darin. Sowohl die Bürgerinitiativen als auch die betroffenen Städte verweigerten sich dem Angebot. So fanden sich dann Ende Juli 2013 in Krefeld hinter verschlossenen Türen nur 19 Personen ein – 14 ursprünglich Dialog-Willige hatten aus terminlichen Gründen kurzfristig abgesagt. Pipeline-GegnerInnen waren kaum unter den TeilnehmerInnen. Stattdessen kamen GewerkschaftlerInnen, BetriebsrätInnen, Landtagsabgeordnete, VertreterInnen von Wirtschaftsverbänden, Abgesandte von Jugendorganisationen und ein paar MedizinerInnen. Die IFOK wertete das Ganze trotzdem tapfer als Erfolg und drohte weitere Treffen an.

Duin kritisiert BAYERs CO-Management
Der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) hat BAYER Versäumnisse beim Pipeline-Krisenmanagement vorgeworfen. „In den Bürgerinitiativen sitzen keine Wutbürger, sondern Ingenieure, Ärzte, Rettungssanitäter und andere Fachleute. Deren Fragen muss man ernst nehmen. Es kommt bei Großprojekten stärker als früher auf den Dialog im Vorfeld an. Davon hängt ab, ob ich fünf Einwendungen von Bürgern gegen das Projekt habe oder, wie jetzt im Fall der CO-Pipeline, 20.000“, sagte der Sozialdemokrat. Allerdings sieht Duin den Leverkusener Multi auf dem Weg der Besserung. Und prinzipielle Einwände gegen die Giftgas-Leitung hat er ohnehin nicht.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

CO-Austritt in Brunsbüttel
Am 24. September kam es im Brunsbütteler BAYER-Werk zu einem schweren Unfall. Durch eine undichte Leitung trat Kohlenmonoxid aus. Fünf Beschäftigte atmeten das geruchslose Gas ein, zwei wurden bewusstlos. Eine von ihnen schwebte in Lebensgefahr und musste reanimiert werden. Schon in der Vergangenheit hatten sich bei BAYER solche CO-Zwischenfälle ereignet. Im Jahr 2006 gab es einen Brand in der Krefelder Kohlenmonoxid-Anlage, und 2009 gelangte im US-amerikanischen Baytown CO ins Freie. Der jüngste Vorfall macht noch einmal die Gefährdungen deutlich, die von dem Vorhaben des Leverkusener Multis ausgehen, zwischen seinen Standorten Dormagen und Krefeld eine 67 Kilometer lange Kohlenmonoxid-Pipeline in Betrieb zu nehmen. „Das Unglück zeigt einmal mehr, wie gefährlich Kohlenmonoxid für die Menschen ist. Und zum zweiten zeigt es, dass Lecks an CO-Leitungen vorkommen und zuerst den Menschen Schaden zufügen, ehe diese Lecks erkannt werden“, sagte dann auch Dieter Donner von der Initiative STOPP BAYER-CO-PIPELINE. BAYER hingegen sieht keinen Anlass, von den Plänen abzurücken. Die Anlage in Brunsbüttel sei mit der Pipeline im Rheinland technisch nicht vergleichbar, verlautete aus der Konzern-Zentrale.

Ammoniak-Austritt in Muskegon
Auf dem Werksgelände des US-amerikanischen BAYER-Standortes Muskegon kam es am 3.9.13 zu einem Zwischenfall. 100 Kilogramm Ammoniak – ein Stoff, der zu Verätzungen, Gefäß-Verengungen und Augen-Schädigungen führen kann – traten aus. Beschäftigte hatten das Leck nach Wartungsarbeiten an einer Anlage beim Wiederhochfahren entdeckt.

STANDORTE & PRODUKTION

40 Jahre Brunsbüttel
Zusätzlich zu seinem 150. Geburtstag feiert der Leverkusener Multi 2013 auch „40 Jahre Brunsbüttel“. Das dortige BAYER-Werk nahm damals eine zentrale Stellung innerhalb eines Industrie-Projektes ein, das in Europa seinesgleichen suchte. „Hier entsteht ein neuer Ruhrpott“, lauteten die entsprechenden Schlagzeilen. Und der Pharma-Riese hat kaum etwas dazugezahlt, denn das 376 Hektar große Firmen-Gelände bekam er geschenkt. Mit Arbeitsplätzen wollte die Aktiengesellschaft danken, 4.500 Jobs stellte sie in Aussicht. Die anderen Unternehmen machten ähnlich vollmundige Versprechungen. Bezogen auf diese Zahlen, subventionierte das Land Schleswig-Holstein jede Stelle mit ca. 50.000 Euro. Unterm Strich wurde es jedoch noch teurer, weil die Konzerne viel weniger Menschen Arbeit boten – die BAYER-Fertigungsstätte hat heute nur noch ca. 550 Belegschaftsangehörige. Zumindest in Sachen „Umweltzerstörung“ konnte es das Projekt aber mit dem Ruhrpott aufnehmen. Ganze Dörfer mussten der Industrie weichen, was erbitterten Widerstand auslöste. Zudem richtete der Wasser-Verbrauch der Produktionsanlagen große Flurschäden an. Er führte zu Grundwasser-Absenkungen und infolgedessen zu Kratern auf Äckern und Rissen in Gebäuden, weshalb der Landwirt Hans Möller bereits seit Jahren gegen den Pharma-Riesen prozessiert. Und das, was dann bei dem Global Player an verschmutztem Wasser hinten wieder rauskam, raubte vielen ElbfischerInnen die Existenz. Massen von toten Fischen zogen sie aus dem Fluss, denen auch die Leverkusener Bosse in die Augen schauen mussten, als die FischerInnen sie vor der Zentrale abluden. Von all dem war bei den Geburtstagsfeierlichkeiten natürlich keine Rede.

Shanghai: neues Innovationszentrum
BAYER MATERIAL SCIENCE (BMS) eröffnet in Shanghai ein neues Innovationszentrum, das an das am Standort bereits bestehende Forschungs- und Entwicklungseinrichtung für Polymer-Kunststoffe angegliedert ist. Über 200 Beschäftigte widmen sich in dem Zentrum künftig der Aufgabe, neue Anwendungen für Plaste und Elaste zu finden. „Es soll in Bezug auf Expertise, Projekte und Produkte unverzichtbar werden. Wir wollen Innovationen von BAYER und seinen Partnern global präsent machen, indem wir bis 2020 Techniken aus ganz China in die ganze Welt exportieren“, sagt BMS-Boss Patrick Thomas über das Projekt. Mit der Inbetriebnahme des Baus setzt er die Strategie fort, nicht nur die Fertigung, sondern zunehmend auch die Wissensarbeit im Ausland anzusiedeln. So bekam von ihm jüngst eine Konzern-Niederlassung in den USA den Zuschlag, eine Prozessdesign-Zentrale zur Vereinheitlichung der globalen Betriebsabläufe mit Hilfe von SAP-Computerprogrammen aufzubauen.

Mehr XARELTO aus Wuppertal
BAYERs Geschäfte mit dem Gerinnungshemmer XARELTO laufen gut, obwohl beim „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM) im letzten Jahr 58 Meldungen über Todesfälle und 750 über schwere Nebenwirkungen wie Blutungen eingingen und die „Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft“ vom Verschreiben des Mittels abrät (siehe auch AKTION & KRITIK). Die Marketing-Abteilung des Konzerns hat nämlich mal wieder ganze Arbeit geleistet. Im Geschäftsjahr 2012 betrug der Umsatz 322 Millionen Euro. Und der Pharma-Riese rechnet mit weiteren Steigerungsraten, da die Genehmigungsbehörden die Arznei für immer mehr Anwendungsgebiete zulassen. Darum hat der Global Player am Standort Wuppertal in Anwesenheit der örtlichen Polit-Prominenz zwei neue Produktionsstraßen in Betrieb genommen.

Baulärm in Wuppertal
„Es wird überall gebaut, überall investiert“, jubiliert BAYERs Wuppertaler Standort-Leiter Klaus Jelich. So erweitert der Pharma-Riese nicht nur die XARELTO-Produktion (s. o.), sondern errichtet unter anderem noch ein Blockheizkraft-Werk und ein Zellbiologie-Technikum. Die AnwohnerInnen können Jelichs Begeisterung darüber nicht teilen. „Seit Wochen ist der Baulärm vom Werksgelände so schlimm, dass wir auf der Terrasse unser eigenes Wort nicht verstehen“, klagt etwa Ina Thieme-Garmann. Die Reaktion des Leverkusener Multis: Er schickte ihr ein Päckchen Ohrstöpsel. Als blanken Hohn empfand Thieme-Garmann das. Erst nachdem die Proteste sich verstärkten, nahm BAYER einen Kurswechsel vor und begann mit der Öffentlichkeitsarbeit. So lud der Konzern Anfang September 2013 zu einer Informationsveranstaltung über die Bau-Arbeiten ein.

Neuer Standort für Kindergarten
Ursprünglich hatte BAYER in unmittelbarer Nähe des Leverkusener Werkes einen neuen Kindergarten errichten wollen, aber die Seveso-Richtlinie machte diese Pläne zunichte. Diese schreibt nämlich einen ausreichenden Abstand zwischen Industrie-Anlagen und anderen Gebäuden vor. Jetzt baut der Konzern am Kurtekottenweg. Aber auch dieser Standort ist nicht unumstritten, da er an einen Flughafen angrenzt. Das Unternehmen versprach zwar, dass es „Gefährdungen durch den Flugverkehr und für den Flugbetrieb minimieren will“, baurechtlich gesehen reichen solche Absichtserklärungen jedoch nicht. Es waren vielmehr feine juristische Winkelzüge nötig, um grünes Licht für die Kita zu erhalten. Erst diese bescheinigten dem Projekt mit Verweis auf ähnliche Bauten in der Umgebung nämlich, „keine neue Entwicklung im Sinne der Störfall-Verordnung“ zu sein.

Neuer Standort für Feuerwehr
Die Stadt Leverkusen hatte für die städtische Feuerwehr ursprünglich das Gelände des ehemaligen BAYER-Autohofs als neue Heimstätte ausgewählt (Ticker 2/13). Unter dem Pflaster schlummern nach Auskunft des Kataster-Amts aber vermutlich giftige Abfälle aus der Frühzeit des Konzerns, weshalb die Feuerwehr-Leute sich gegen den Standort wehrten. Und sie konnten sich durchsetzen. Jetzt zieht die Feuerwache auf ein Areal am Kurtekotten.

Keine Windräder in Bergkamen
Die Stadt Bergkamen hatte freies BAYER-Gelände als optimales Areal für einen Windenergie-Park auserkoren. Aber der Leverkusener Multi legte ein Veto e

[Gen-Patente] STICHWORT BAYER 04/2013

CBG Redaktion

Gentech-Patente von BAYER

Nicht nur MONSANTO

In der Diskussion um gentechnisch manipuliertes Saatgut dominiert die Kritik an der Geschäftstätigkeit von MONSANTO. Im Windschatten des US-Multis ist die Firma BAYER zu einem der größten Agro-Konzerne der Welt aufgestiegen. Bei Pestiziden und Saatgut gehört der Leverkusener Multi bereits zu den führenden Anbietern. Eine Recherche am Europäischen Patentamt zeigt, dass der Konzern bei der Zahl der erteilten Gentech-Patente sogar den Spitzenplatz belegt.

Von Dr. Ruth Tippe (KEIN PATENT AUF LEBEN!) und Philipp Mimkes

Mais, Weizen, Reis, Gerste, Sojabohnen, Baumwolle, Zuckerrüben, Raps, Sonnenblumen, Kartoffeln, Tabak, Tomaten, Erbsen, Linsen, Weintrauben – die Liste transgener Pflanzen, auf welche die Firma BAYER CROPSCIENCE Patente besitzt, ist lang. Selbst genmanipulierte Bäume, zum Beispiel Pappeln, Kiefern und Eukalyptus, hat sich der Konzern schützen lassen. Dies ergab eine aktuelle Recherche der Initiative KEIN PATENT AUF LEBEN! am Europäischen Patentamt in München. Die Organisation untersuchte hierfür alle Zulassungs-Anträge, welche in den vergangenen zwanzig Jahren eingereicht wurden, sowie die erteilten Patente. BAYER besitzt demnach 206 der insgesamt rund 2.000 Patente, die in Europa auf transgene Pflanzen erteilt wurden. Damit liegt das Unternehmen auf Platz eins, noch vor PIONEER (179), BASF (144), SYNGENTA (135) und MONSANTO (119).

detaillierte Liste der BAYER-Patente

zunehmende Konzentration
BAYER CROPSCIENCE, eine hundertprozentige Tochter der BAYER AG, ist mit einem Weltmarktanteil von rund 20 Prozent der zweitgrößte Pestizidhersteller der Welt (nach SYNGENTA). Bei Saatgut liegt die Firma aus dem rheinischen Monheim mit einem Anteil von 3 Prozent auf dem siebten Rang.
Im Agro-Markt ist seit Jahrzehnten ein starker Konzentrationsprozess zu beobachten. Bei Pestiziden und Saatgut besitzen die zehn größten Unternehmen einen Marktanteil von über 70 Prozent. Ziel des Oligopols ist es, den Markt unter sich aufzuteilen, Preise und politische Rahmenbedingungen zu diktieren und letztlich die Ernährungsgrundlagen der Menschheit zu kontrollieren – und damit die Geschicke des ganzen Planeten. „Wer das Saatgut kontrolliert, beherrscht die Welt“, hat der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger einmal festgehalten. Und Patente auf Pflanzen und Tiere sind dabei ein zentrales Hilfsmittel.
Dabei hatte schon im Jahr 2008 der von den Vereinten Nationen und der Weltbank initiierte Weltagrarbericht davor gewarnt, dass Forschung und Wissensverbreitung durch die zunehmende Patentierung eingeschränkt werden. Gerade in Entwicklungsländern würden dadurch lokal angepasste Praktiken des Ackerbaus verhindert, die zu Ernährungssicherheit und ökonomischer Nachhaltigkeit beitragen.

Einsatz von Herbiziden steigt
Der weltweit größte Anbieter von genmanipuliertem Saatgut ist – mit Abstand – die Firma MONSANTO. Das Unternehmen hat Dutzende von kleineren Saatgutproduzenten und Züchtern aufgekauft und erreicht dadurch einen Anteil am Saatgutmarkt von rund 27 Prozent. Auch beim Verkauf von Herbiziden liegt die US-Firma vorne: 95 Prozent des gentechnisch veränderten Sojas und 75 Prozent von Genpflanzen wie Mais oder Baumwolle sind gegen das von MONSANTO entwickelte Pestizid Glyphosat (Handelsname: ROUNDUP) immun.
Studien weisen darauf hin, dass der Einsatz dieses Mittels sowohl Geburtsschäden als auch Krebs verursachen kann. Die Zahl der Vergiftungsfälle von LandwirtInnen und LandarbeiterInnen wird immer größer, besonders in Lateinamerika. Glyphosat findet sich mittlerweile sogar im Urin europäischer Großstadtbewohner, die weitab von Feldern und Gewächshäusern leben. Anders als von der Industrie stets versprochen, hat der Pestizidverbrauch durch den Einsatz genmanipulierter Pflanzen keineswegs ab-, sondern stetig zugenommen. MONSANTO steht daher völlig zu Recht im Zentrum der öffentlichen Kritik.
Für die deutschen Firmen Bayer und BASF ist diese Situation komfortabel, da sie kaum einer öffentlichen Diskussion ausgesetzt sind. Dabei ist das BAYER-Pestizid Glufosinat, das chemisch mit Glyphosat verwandt ist und ebenfalls in Kombination mit herbizid-tolerantem Saatgut angeboten wird, nicht weniger gefährlich – im Gegenteil: Der Wirkstoff kann Missbildungen bei Föten verursachen und ist deshalb als „reproduktionstoxisch“ klassifiziert. In der EU muss das Herbizid bis spätestens 2017 vom Markt genommen werden. Dies hinderte den BAYER-Konzern aber nicht, Mitte Mai den Bau einer riesigen neuen Glufosinat-Fabrik in den USA anzukündigen. Der Konzern will damit in die Lücke vorstoßen, die sich durch die zunehmende Unwirksamkeit von Glyphosat gegen Wildkräuter aufgetan hat.

BAYER auf der Überholspur
Im Bereich der „grünen Gentechnik“ hat BAYER beständig aufgeholt. Der Konzern forscht seit den 1980er Jahren an genmanipulierten Pflanzen und stieg im Jahr 2001 durch die Übernahme der Firma AVENTIS CROPSCIENCE, die ihrerseits aus den Gentechnik-Sparten von SCHERING, RHONE POULENC und HOECHST hervorgegangen war, in die erste Liga auf. Danach folgte der Zukauf von Unternehmen wie PLANT GENETICS SYSTEMS, PLANTTEC, PROSOY GENETICS und ATHENIX. Hinzu kamen Kooperationsverträge mit Biotech-Firmen wie EVOGENE (Reisforschung), MERTEC (Soja) und FUTURAGENE (Baumwolle) sowie mit Forschungs-Instituten wie der „Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation“ (Weizen) oder dem brasilianischen „Zentrum für Zuckerrohr-Technologie“.
Den größten Umsatz macht BAYER aktuell mit Baumwoll-Saatgut. Hierauf hält der Konzern allein 18 Patente. Zudem bietet BAYER genmanipulierten Raps, Zuckerrüben, Mais und Soja an. Für genmanipulierten Reis der Sorte LL62 hat der Konzern bereits vor zehn Jahren einen Antrag auf eine EU-Importzulassung gestellt.

206 Gen-Patente von BAYER
Die aktuelle Recherche zeigt, dass BAYER in den vergangenen zwanzig Jahren insgesamt 771 Anträge am Europäischen Patentamt (EPA) eingereicht hat. In 206 Fällen wurde diesen stattgegeben (siehe Tabelle). In den vergangenen drei Jahren lagen bei der Zahl der erteilten Patente gleich zwei deutsche Firmen vorne: BASF (69) und BAYER (56).
Allein 26 Patente besitzt BAYER auf Stärke und Zucker. Mittels gen-veränderter Pflanzen soll in großem Unfang Stärke für die Industrie sowie Zucker für Spezialanwendungen produziert werden.
23 BAYER-Patente beziehen sich auf Resistenzen gegen Herbizide. Die Patente zur Glufosinat-Resistenz stammen zum Teil aus den 1980er Jahren und sind mittlerweile abgelaufen. Um die Laufzeit zu verlängern, hat BAYER bei wichtigen Pflanzen wie Soja und Baumwolle kleine Veränderungen am Erbgut vorgenommen und darauf neue Patente beantragt.
Da auch das Patent des MONSANTO-Präparats Glyphosat abgelaufen ist, produziert BAYER diesen Wirkstoff inzwischen selbst und hält hierzu zehn eigene Patente. Zum Beispiel beschreibt das Patent mit der Nummer EP 1994158 ein Verfahren zur Glyphosat-Resistenz, mit dem BAYER Ansprüche auf gleich 23 Pflanzenarten anmeldet, darunter Mais, Weizen, Gerste, Soja und Reis, verschiedene Bäume und sogar Gras. Das bis zum Jahr 2027 gültige Patent stammt ursprünglich von der US-Firma ATHENIX, die im Jahr 2009 von BAYER übernommen wurde.
GREENPEACE-Landwirtschaftsexperte Dr. Dirk Zimmermann kritisiert das Forschungsprogramm des Unternehmens scharf: „Die Patent-Politik von Bayer offenbart, dass der Konzern nichts aus den verheerenden Erfahrungen mit Glyphosat-resistentem Saatgut gelernt hat. Anstatt das Praxis-Versagen herbizidresistenter Pflanzen anzuerkennen, werden weiterhin Scheinlösungen auf Kosten von Umwelt und Landwirten geplant. Mittelfristig werden auch diese scheitern und im besten Fall nur den finanziellen Interessen von Konzern und Aktionären gedient haben.“

Testverfahren monopolisiert
Im August 2011 erhielt BAYER eine EU-Importzulassung für glufosinat-resistentes Soja der Sorte A5547-127, auch bekannt als „BASTA-Bohne“ (benannt nach dem Glufosinat-Handelsnamen BASTA). Diese Art soll vor allem in Südamerika angebaut und als Tierfutter nach Europa importiert werden.
Nur wenige Monate zuvor hatte der Konzern auf die BASTA-Bohne ein bis 2026 geltendes Patent erhalten. Dieses verleiht dem Konzern zudem noch das exklusive Recht, Saatgut auf Kontaminationen mit dieser gentechnisch veränderten Soja-Sorte zu testen, was dazu dienen könnte, unabhängige Kontrollen zu verhindern.
Eine gegen Glufosinat resistente Pflanze war auch für den bislang größten Kontaminations-Skandal der Gentech-Geschichte verantwortlich: Im Jahr 2006 war genveränderter Reis der Sorte LL601 weltweit in Supermarkt-Packungen aufgetaucht, obwohl hierfür keinerlei Zulassung vorlag. Rund 30 Prozent der US-amerikanischen Ernte war verunreinigt, die EU und Japan stoppten alle Reis-Importe aus Nordamerika. Im vergangenen Jahr musste BAYER die betroffenen Landwirte mit über 900 Millionen US-Dollar entschädigen. Und bis heute ist LL601 nicht aus der Welt und wird öfters in konventionellem Handelsreis nachgewiesen.

Terminator-Patente
Seit Jahrtausenden erzeugen LandwirtInnen eigenes Saatgut. Hierdurch züchteten sie Pflanzen-Sorten, die optimal an die lokalen Gegebenheiten angepasst sind. Den großen Saatgut-Herstellern ist diese Eigenproduktion naturgemäß ein Dorn im Auge. Der perfideste Schachzug, den freien Nachbau von Saatgut zu unterminieren, unternahmen die Agro-Riesen mit der so genannten Terminator-Technologie: mit Hilfe eines gentechnischen Eingriffs werden die Pflanzen nach einer einmaligen Aussaat steril. Die Landwirte sind so gezwungen, jedes Jahr neues Saatgut zu kaufen.
Alle großen Agrokonzerne forschen an Terminator-Saatgut und haben hierzu Patente angemeldet. Durch die Übernahme der HOECHST SCHERING AGREVO GmbH (später Aventis) besitzt auch BAYER eine Reihe von Terminator-Patenten. Diese tragen Titel wie „Verfahren zur Herstellung weiblich steriler Pflanzen“ oder „Pflanzen mit modifizierten Blüten“.
Zwar kommen Terminator-Pflanzen bislang nicht zum Einsatz, da seit dem Jahr 2000 im Rahmen der UN-Konvention zur Biologischen Vielfalt ein Moratorium besteht. Dieses ist jedoch rechtlich nicht bindend. Wiederholt gab es Versuche, das Verbot aufzuweichen. Ein solcher Schritt wäre eine immense Bedrohung für die biologische Vielfalt und für die Ernährungssicherheit von Millionen Menschen, die ausschließlich von der Landwirtschaft leben - vor allem in den „Entwicklungsländern“. Die „Coordination gegen BAYER-Gefahren“ und Umweltinitiativen aus aller Welt fordern daher ein dauerhaftes Verbot der Technik. Auch entsprechende Patente müssen nach Ansicht der Verbände entzogen werden.

Patent-Tausch
Trotz der Vielzahl von Patenten und Kooperationen beruht das Gentechnik-Programm von BAYER im Wesentlichen auf nur zwei Techniken: zum einen herbizid-resistentes Saatgut, das in Kombination mit den Pestiziden Glufosinat oder Glyphosat verkauft wird, zum anderen Pflanzen, die das giftige Bakterium Bacillus thuringiensis (Bt) enthalten und dadurch Insekten abtöten.
Beide Verfahren sind schon seit den 90er Jahren auf dem Markt. Wegen der Gefahren für Mensch und Umwelt müssen Glufosinat und Glyphosat nach Ansicht der Coordination gegen BAYER-Gefahren sofort vom Markt genommen werden. Darüber hinaus sind beide Techniken wegen der zunehmenden Resistenzbildung allenfalls noch ein paar Jahre wirksam und daher kaum zukunftstauglich.
Wegen der zunehmend wirkungslosen Gen-Pflanzen hat BAYER in den vergangenen Jahren zahlreiche Tausch-Abkommen mit anderen Unternehmen geschlossen, unter anderem mit MONSANTO, DUPONT, SYNGENTA und DOW. Die Firmen verwenden nun auch Verfahren der Konkurrenz und bieten Saatgut an, das gegen zwei oder gar drei Herbizide immun ist. So wurde im vergangenen Jahr eine Soja-Sorte vorgestellt, die gegen Glufosinat, Glyphosat und 2,4-D tolerant ist (2,4-D war Teil des Entlaubungsmittels „Agent Orange“). Anfang März kündigten BAYER und SYNGENTA die Markteinführung einer weiteren Soja-Sorte an, die ebenfalls gegen drei Wirkstoffe - Mesotrion, Glufosinat und Isoxaflutol – tolerant ist. Und MONSANTO beantragte eine EU-Importzulassung für SMARTSTAX-Mais, der nicht nur gegen Glufosinat und Glyphosat gewappnet, sondern darüber hinaus noch mit sechs Toxinen des Bacillus thuringiensis gegen den Maiszünsler und andere Insekten bestückt ist.

Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen
Zu dem Problem der Resistenz-Bildungen, das eine Nebenwirkung des Saatgut-Oligopols mit seiner äußerst überschaubaren Produkt-Palette ist, kommen noch politische Schwierigkeiten hinzu. So gelang es BAYER & Co. nicht, die Skepsis der europäischen VerbraucherInnen gegenüber der „Zukunftstechnologie“ zu erschüttern. BASF hat sogar schon resigniert und die ganze Gentech-Forschung in die USA verlegt.
Darüber hinaus haben sich die mit den gentechnischen Eingriffen verbundenen Prophezeiungen nicht erfüllt. Weder wurden die Erträge signifikant gesteigert, noch wurde der Pestizid-Einsatz reduziert. Aus all diesen Gründen setzt BAYER wieder verstärkt auf konventionelle Züchtungsarten, ohne jedoch die Gentechnik abzuschreiben. Da sich die herkömmliche Züchtung aber nur rentiert, wenn der Konzern dafür Rechte auf geistiges Eigentum geltend machen kann, versucht er, auch dafür Patente zu erhalten – mit Erfolg. So erteilte das EPA dem BAYER-Konzern im August 2011 ein bis 2024 gültiges Patent auf die Züchtung von Pflanzen mit einer erhöhten Stress-Resistenz (Patent EP1616013), das im Zusatz auch erbgut-manipulierende Technologien umfasst. Hierdurch erhält BAYER Monopolrechte über wichtige Nutzpflanzen, auch wenn diese nicht einzeln genannt werden (in der Patentschrift heißt es hierzu schlicht „transgene und mutierte Pflanzen“). Unter Stress-Resistenz fallen demnach Trockenheit, hohe Lichtintensität, Hitze oder knappe Nährstoffe.
Rund 100 der 2.000 vom Europäischen Patentamt vergebenen Pflanzenpatente beziehen sich auf solche konventionellen Züchtungen. Gängig ist auch die Praxis, in herkömmlich entwickelte Pflanzen nachträglich eine Genmanipulation mit gleichem Ziel einzufügen, da auf diese Weise leichter ein Patent zu erhalten ist. Mit der Erteilung solcher Patente segnet das EPA dann die Umwidmung gezüchteter Pflanzen in eine „Erfindung“ und die Monopolisierung der genetischen Ressourcen ab.
Damit hat das internationale Patentwesen eine weite Entwicklung durchgemacht. Ursprünglich hatten sowohl das Straßburger Patent-Übereinkommen von 1963 wie auch das 1977 beschlossene Europäische Patent-Übereinkommen Eigentumsansprüche auf „im Wesentlichen biologische Verfahren“ ausgeschlossen. Züchtungen von Tieren oder Pflanzen bzw. ganzen Tierarten und Pflanzen-Sorten galten nicht als schützenswerte Erfindungen, weil Lebensprozesse nicht zur Handelsware verkommen sollten. Nach dieser Lage der Dinge hätte jedoch aus der Gentechnik kaum ein lukrativer Wirtschaftszweig werden können. Also setzten die Lobby-Verbände von BAYER & Co. mittels akrobatischer juristischer Winkelzüge alles daran, die Paragrafen so auszulegen oder zu verändern, dass sie ihnen „GENiale Geschäfte“ ermöglichten. Der Durchbruch gelang ihnen 1980, als das US-Patentamt ein Bakterium urheberrechtlich schützte. Ein Bakterium sei einer unbelebten chemischen Verbindung weit ähnlicher als Pferden, Bienen oder Himbeeren, argumentierte der Oberste Gerichtshof. Danach ging es zügig weiter. So gelang es der Harvard University 1988, sich die so genannte Krebs-Maus als geistiges Eigentum deklarieren zu lassen und schloss daraufhin sogleich einen Lizenz-Vertrag mit DUPONT. Und heutzutage gewährt das EPA sogar schon Schutzrechte auf konventionell gezüchtete Pflanzen.
Aber es gibt einen kleinen Hoffnungsschimmer. Auf seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause beschloss der Deutsche Bundestag eine Änderung des deutschen Patentgesetzes. Es schließt nunmehr das Recht auf geistiges Eigentum an konventionell gezüchtete Tiere und Pflanzen aus. Die Novelle lässt zwar einige Hintertürchen offen, und tangiert auch die Praxis des Europäischen Patentamts nicht. Christoph Then von KEINE PATENTE AUF SAATGUT! begrüßt sie dennoch: „Von der heutigen Abstimmung geht ein wichtiges Signal aus. Es herrscht bei allen Parteien im Bundestag Einigkeit darüber, dass wir dem Zugriff der Konzerne auf unsere Lebensgrundlagen klare Grenzen setzen müssen. Allerdings müssen wir auch in Zukunft über die Formulierung der Gesetze weiter streiten – das gilt sowohl für Deutschland als auch für die europäische Ebene“.

erteilte Patente am Europäischen Patentamt 1980-2012
1. BAYER: 206
2. DUPONT-PIONEER: 179
3. BASF: 144
4. SYNGENTA: 135
5. MONSANTO: 119
6. DOW: 20

Agrogentechnik: Zahl der Patentanträge 1980-2012
1. DUPONT-PIONEER: 1.454
2. BASF: 1.273
3. SYNGENTA: 961
4. MONSANTO: 811
5. BAYER: 771
6. DOW: 228

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GenSoja

CBG Redaktion

3. September 2013, Informationsdienst Gentechnik

Bayer-Konzern darf neue Gentech-Soja in USA vermarkten

Der deutsche Agrochemiekonzern Bayer Cropscience darf eine weitere gentechnisch veränderte Sojapflanze in den USA vermarkten. Sie ist resistent gegen ein ebenfalls von Bayer hergestelltes Spritzmittel, das als „wahrscheinlich krebserregend“ gilt. Die Organisation Center for Food Safety befürchtet, dass künftig deutlich größere Mengen des umweltschädlichen Spritzmittels eingesetzt werden.
Das Landwirtschaftsministerium in Washington gab der Sojapflanze FG72 kürzlich grünes Licht. Die Soja ist in Bayer-Laboren so genmanipuliert worden, dass sie die Anwendung des Herbizids Isoxaflutol übersteht, während Wildkräuter eingehen. Laut dem Center for Food Safety versucht der Chemie-Produzent, auf diese Weise einen Ersatz für ältere Gentechnik-Saaten auf den Markt zu bringen. Diese haben mittlerweile in vielen Teilen der USA ihre Wirkung verloren, weil sich das Unkraut an die Dauerbelastung mit anderen Herbiziden, vor allem dem Weltbestseller Glyphosat, angepasst haben. Bei Soja und Mais werden in den USA zu je circa 90 Prozent gentechnisch veränderte Sorten verwendet, der Einsatz von Chemikalien auf den Monokulturen mit resistenten Pflanzen ist dementsprechend hoch.
Für Bill Freese vom Center for Food Safety ist FG72 nur die erste einer Reihe von Gentechnik-Pflanzen, die gegen noch giftigere Chemikalien als Glyphosat widerstandsfähig gemacht wurden. Die Abhängigkeit der US-Landwirte von den toxischen Herbiziden werde noch weiter zunehmen. Weitere Gentechnik-Sorten, die mit Giften wie Dicamba und 2,4-D besprüht werden, warten auf eine Zulassung durch die Behörden. Das Problem der resistenten Unkräuter könne so aber nicht gelöst werden, meint Freese. Denn auch an diese Chemikalien würden sich die Wildkräuter nach und nach gewöhnen. „Die Ironie ist, dass die vermeintlich ‚hochmoderne‘ Biotechnologie die amerikanische Landwirtschaft ein halbes Jahrhundert und mehr zurück in eine giftigere Vergangenheit führt.“
Isoxaflutol wurde vor über 20 Jahren von Aventis entwickelt, das später von Bayer aufgekauft wurde. Die US-amerikanische Umweltbehörde EPA hat das Herbizid als B2-Carcinogen eingestuft. Das bedeutet, dass ausreichende Belege für eine krebserregende Wirkung bei Tieren vorliegen, Daten zur Wirkung auf den menschlichen Organismus jedoch nicht vorliegen. Dass Isoxaflutol auch beim Menschen Krebs verursache, sei jedoch „wahrscheinlich“. Außerdem könne die Chemikalie sich im Grund- und Oberflächenwasser anreichern. dh

[Ticker] STICHWORT BAYER 03/2013 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

EU stoppt GAUCHO & Co.
Seit 1998 setzt sich die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN für ein Verbot von BAYERs neonicotinoid-haltigen Pestiziden GAUCHO und PONCHO ein, weil diese mitverantwortlich für das weltweite Bienensterben sind. Endlich hatte die Kampagne Erfolg. Ende April 2013 verkündete die EU einen zunächst auf zwei Jahre befristeten Bann für die wichtigsten Anwendungsbereiche. Der Leverkusener Multi zeigt sich jedoch noch immer uneinsichtig. „Wir sind weiter überzeugt, dass Neonicotinoide sicher sind, wenn die Produkte vorschriftsmäßig eingesetzt werden“, erklärte der Konzern, der durch die Entscheidung Umsatz-Einbußen in Höhe von jährlich 80 Millionen Euro erleidet (siehe auch SWB 3/13).

The Jewish Chronical übt Kritik
Nicht nur die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN stößt sich an der Art und Weise, wie der Leverkusener Multi zu seinem 150-jährigen Bestehen mit seiner Vergangenheit umgeht und dunkle Kapitel wie die Entwicklung von Chemie-Waffen, die Ausbeutung von ZwangsarbeiterInnen und den Bau eines firmen-eigenen KZs in Auschwitz einfach totschweigt. Nach der Lektüre der Firmen-Chronik zum Geburtstag wunderte sich auch die US-amerikanische Zeitung The Jewish Chronical über die Gedächtnis-Lücken des Konzerns und forderte: „BAYER sollte im Jubiläumsjahr die Shoah thematisieren“. Zu einer Zeit, da das Judentum in Deutschland denselben rechtlichen Status erlangt hat wie die christlichen Religionen und die Leugnung des Holocausts unter Strafe steht, „ist es immer noch legal, seine Verstrickung in den Holocaust oder den Grad seiner Zustimmung dazu herunterzuspielen“, staunt das Blatt.

Offener Brief in Sachen „Genreis“
Im Jahr 2006 war gentechnisch veränderter Langkorn-Reis von BAYER weltweit in Supermärkten aufgetaucht, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch nirgendwo eine Zulassung für die gegen das hochgefährliche Herbizid Glufosinat (Produktname: LIBERTY) resistente Sorte vorlag. Rund 30 Prozent der US-amerikanischen Ernte war mit LL601-Reis verunreinigt. Der Leverkusener Multi musste den LandwirtInnen dafür Entschädigungen von über 500 Millionen Euro zahlen. Trotzdem stellte er sein Genreis-Geschäft nicht ein. So hält der Konzern den 2003 bei der EU-Kommission gestellten Antrag auf eine Einfuhr-Genehmigung für die Sorte LL62 weiterhin aufrecht. Nicht einmal die Tatsache, dass die EU Glufosinat wegen seiner gesundheitsschädlichen Wirkungen nur noch bis 2017 eine Zulassung gewährt, hat das Unternehmen davon abhalten können. Darum hat die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN gemeinsam mit dem GEN-ETHISCHEN NETZWERK einen Offenen Brief an die deutsche Verbraucherschutz-Ministerin Ilse Aigner sowie an den EU-Verbraucherschutz-Kommissar Tonio Borg geschrieben und die beiden darin aufgefordert, das BAYER-Begehr abzulehnen. „Es ist aus unserer Sicht unverantwortlich, im Ausland eine Anbau-Technik zu forcieren, die mit der Verwendung eines hochgiftigen und bei uns verbotenen Pestizids verknüpft ist“, heißt es darin unter anderem.

CBG fordert Glufosinat-Verbot
BAYERs Pestizid-Wirkstoff Glufosinat kann Missbildungen an Föten verursachen und das Gehirn schädigen. Die EU lässt deshalb 2017 seine Zulassung auslaufen. Darüber hinaus machte sie jetzt schon einmal strengere Auflagen für den Gebrauch des Mittels, das bundesdeutsche Äcker in Form von BASTA, HYGANEX oder RA-200-FLÜSSIG heimsucht und internationale in Form von LIBERTY oder gar in Kombination mit gegen die Substanz gen-immunisierten Pflanzen. „Nur durch Festlegung weiterer Einschränkungen“ sei es der Kommission möglich, die von der Agro-Chemikalie ausgehenden Gefahren zu reduzieren, hieß es zur Begründung. Der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN, dem GEN-ETHISCHEN NETZWERK, dem PESTIZID AKTIONS-NETZWERK und dem BBU reicht dieser Schritt Brüssels jedoch nicht aus. „Die EU-Mitgliedsstaaten, so auch Deutschland, sollten jetzt eine klare Entscheidung treffen und glufosinat-haltige Mittel auf Grundlage der Verordnung vom Markt nehmen. Weiteres Herumdoktern mit Verwendungsbeschränkungen wäre aufgrund der hohen Risiken weder zu befürworten noch nachzuvollziehen“, heißt es in der gemeinsamen Presse-Erklärung der Verbände.

Kritik an Pharma-Tests
Dr. Wolf-Dieter Ludwig von der „Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft“ beklagt das Fehlen industrie-unabhängiger Arznei-Tests. Dem Mediziner zufolge hat es schwerwiegende Konsequenzen, dieses Feld komplett BAYER & Co. zu überlassen. „Dies führt dazu, dass zum Zeitpunkt der Zulassung häufig keine gesicherten Aussagen zur Wirksamkeit und Sicherheit neuer Arzneimittel unter Alltagsbedingungen (‚effectiveness’) möglich sind“, so Ludwig bei einem vom Deutschen Bundestag initiierten Fachgespräch zum Stand der Krebsforschung in Deutschland.

HCV-Patienten gehen leer aus
In den 1970er und 1980er Jahren hatten sich weltweit Tausende Hämophile durch Blutplasma-Produkte von BAYER und anderen Herstellern mit HIV und/oder Hepatitis C (HCV) infiziert. Während der Leverkusener Multi den Geschädigten in anderen Ländern hohe Summen an Schmerzensgeld zahlen musste, kam er in der Bundesrepublik glimpflich davon. AIDS-kranke Bluter erhielten Unterstützung von der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“, zu deren Kapital der Pharma-Riese lediglich neun Millionen Euro beisteuerte. Hepatitis-C-Patienten gingen zunächst ganz leer aus. Und noch heute empfangen von den 3.000 am Leben gebliebenen Kranken – 1.500 der Infizierten sind mittlerweile verstorben – nur 400 ein „Schmerzensgeld“; der Rest bezieht Sozialhilfe. Darum forderte der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Horst Schmidtbauer als Vorsitzender des Rates der Stiftung „Humanitäre Hilfe“ bei einem ExpertInnen-Gespräch des Gesundheitsausschusses des Bundestages: „Man muss (...) schnell zu einer Entschädigungslösung kommen, die auch den HCV-Infizierten noch Hilfe zukommen lässt“. Und an dieser Lösung muss sich BAYER nach Meinung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN beteiligen.

DGB kritisiert Deutschland-Stipendien
Mit den Deutschland-Stipendien sollte sich die Industrie an den Bildungskosten beteiligten. Bei der Einführung gab es auch vollmundige Bekenntnisse, die wirkliche Unterstützung bleibt jedoch weit hinter den Erwartungen zurück. Das Bundesforschungsministerium ging von einer Förder-Quote von einem Prozent aus. Tatsächlich erhielten 2012 jedoch nur 0,6 Prozent der Studenten und Studentinnen finanzielle Zuwendungen. BAYER fördert gerade mal 100 Studierende – und noch dazu nicht irgendwelche. Wer in den Genuss des Geldes kommen will, muss schon zu den „exzellenten Naturwissenschaftlern“ gehören. Der „Deutsche Gewerkschaftsbund“ kritisiert neben der schwachen Beteiligung der Wirtschaft an dem Programm diese interessen-geleitete Auswahl der StipendiatInnen, denn nicht nur der Leverkusener Multi betrachtet das Deutschland-Stipendium als ein Mittel zur Gewinnung von Nachwuchs. Ein Großteil der von den Konzernen Bedachten studiert ein naturwissenschaftliches Fach, Wirtschaftswissenschaften oder Jura. Und zu allem Überfluss dürfen sich die Unternehmen sogar noch direkt an der Auswahl der KandidatInnen beteiligen, moniert der DGB.

BAYER raus aus den Schulen
Die DEUTSCHE UMWELTHILFE kritisiert BAYERs kostenlose LehrerInnen-Fortbildungen zum Thema „Gentechnik“. „Mit Veranstaltungen dieser Art versucht der Konzern immer wieder Einfluss auf Schüler zu nehmen, um so die nächste Generation reif für Genfood zu machen“, moniert der Verband und fordert: „BAYER raus aus den Schulen.“

Spanien: Protest gegen BAYER
Auch in Spanien regt sich Widerstand gegen den zunehmenden Einfluss von Konzernen auf Hochschulen. So haben Ende Februar 2013 Studierende der Universität Valencia eine Pestizid-Präsentation von BAYER auf dem Campus gestürmt und für eine längere Zeit unterbrochen.

EU lehnt CBG-Beschwerde ab
Die von BAYER in Dormagen gebaute Anlage zur Produktion des Kunststoffes TDI entspricht nicht dem neuesten Stand der Technik. So ummantelt der Multi die Fertigungsstätte nur mit Blech statt mit Beton. Zudem verzichtet der Konzern auf den Einbau einer Schutzwand, die bei einer Explosion mit nachfolgendem Phosgen-Austritt neutralisierendes Ammoniak freisetzen könnte. Auch der hohe Ressourcen-Einsatz, das Fehlen von „Worst Case“-Szenarien sowie die Verwendung hochgefährlicher Zwischenprodukte wie Phosgen stoßen auf Kritik. Für das Bundesumweltministerium hatte die Fertigungsstätte dennoch „Vorbild-Charakter“, weshalb es die „Kreditanstalt für Wiederaufbau“ (KfW) anwies, dem Pharma-Riesen einen zinsgünstigen Kredit in Höhe von 150 Millionen Euro zu gewähren. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und der BUND sahen das als unrechtmäßige Subventionierung an und reichten eine entsprechende Beschwerde bei der EU ein. Brüssel gab dieser nicht statt, aber die Initiativen ließen sich nicht entmutigen. Sie zogen die Eingabe nicht zurück, sondern reicherten sie sogar noch mit weiteren Kritikpunkten an.

Zweite Uni-Anfrage mit der Piratenpartei
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) dringt darauf, Einzelheiten über die Forschungskooperation zu erfahren, die BAYER mit der Universität Köln vereinbart hat, denn sie fürchtet eine Ausrichtung der Arznei-Forschung auf Profit, eine Entwicklung von Präparaten ohne therapeutischen Mehrwert, eine Verheimlichung negativer Studienergebnisse und einen Zugriff des Konzerns auf geistiges Eigentum der Hochschul-WissenschaftlerInnen. Im Frühjahr hatte sie dazu gemeinsam mit Piratenpartei NRW eine Anfrage an die nordrhein-westfälische Landesregierung gestellt, um deren Haltung zu dem Kasus zu erfahren. Die Antworten fielen nichtssagend aus, darum schoben die CBG und die Piraten noch einmal nach. Aber die Informationen flossen eher noch spärlicher. Ob Dritte wie etwa die BERTELSMANN-Stiftung an dem Vertragswerk mitgewirkt haben, ist Rot-Grün nicht bekannt. Die Wissenschaftsfreiheit sowie die negative Publikationsfreiheit, also die Veröffentlichung auch fehlgeschlagener Studien, sehen Kraft & Co. durch die Kooperation ebenfalls nicht gefährdet, davor bewahren gesetzliche Regelungen. Und die Erprobung von Präparaten, die keinen medizinischen Fortschritt darstellen? – kann nicht passieren, dafür sorgen schon die Ethik-Kommissionen. In solcher kaum noch zu überbietenden politischen Naivität geht die Landesregierung mit dem zunehmenden Einfluss von Konzernen auf die Hochschulen um.

KAPITAL & ARBEIT

16,6 Prozent mehr für den Vorstand
Der BAYER-Vorstand genehmigte sich ein sattes Gehaltsplus. Die Bezüge der vier Mitglieder stiegen im Geschäftsjahr 2012 um 16,6 Prozent auf fast 13 Millionen Euro. Allein der Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers erhält über fünf Millionen Euro. Und dazu kommen für die Manager noch satte Pensionszusagen in Höhe von insgesamt 1,86 Millionen Euro.

Streit um Jubiläumsgeschenke
In diesem Jahr feiert der Leverkusener Multi sein 150-jähriges Bestehen. Aber was ist heutzutage nach all den Umstrukturierungsmaßnahmen eigentlich noch BAYER? Diese Frage entbrannte anlässlich der Jubiläumsgeschenke, die der Konzern seinen Beschäftigten machen wollte. Das Unternehmen gedachte die Goldmünze mit der Prägung „150 Jahre BAYER“ und das Jubiläumsbuch nämlich nicht allen Angestellten zukommen zu lassen. So sollten die KollegInnen der 60-prozentigen BAYER-Tochter CURRENTA leer ausgehen. „Was das Geschenk angeht, so wurde entschieden, dass in Deutschland alle BAYER-Mitarbeiter ein Geschenk erhalten, die im Jubiläumsjahr 2013 bei BAYER bzw. einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft von BAYER arbeiten“, erklärte der Global Player. Die Unternehmen der CURRENTA-Gruppe hätten dagegen zahlreiche eigene Regelungen und eigene Identitäten, die unabhängig von BAYER bestünden, legte er dar. Der wirkliche Grund war allerdings profaner: Die CURRENTA hatte es abgelehnt, sich an der Umlage für die Präsente zu beteiligen. Die Entscheidung BAYERs löste einen Proteststurm aus. Den Ausschluss der CURRENTA-Belegschaftsangehörigen, „obwohl die meisten von ihnen vor dem Konzern-Umbau 20 oder sogar 30 Jahre lang für BAYER gearbeitet haben“, kritisierte der CURRENTA-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Jörg Feldmann scharf. Und er erhielt Unterstützung von seinem BAYER-Kollegen Thomas de Win. Um weiteren Imageschaden abzuwenden, lenkte der Pharma-Riese deshalb schließlich doch ein und beschenkte auch seine verstoßenen Kinder.

Mehr Effizienz bei BMS
Der Gewinn der Kunststoff-Sparte BAYER MATERIAL SCIENCE sank im ersten Quartal 2013 gegenüber dem Vorjahres-Zeitraum um 27 Prozent auf 204 Millionen Euro. Deshalb kündigte der Konzern Veränderungen an. „Vor allem durch eine Verbesserung der Effizienz und durch höhere Auslastungsraten unserer Anlagen“ will das Unternehmen die Profite steigern. Größere Belastungen für die Belegschaft schloss BAYER-Chef Marijn Dekkers dabei aus. Bei den Rationalisierungen sei man „nicht so sehr auf Mitarbeiter und Mitarbeiter-Zahlen fokussiert“.

Tarifverträge immer noch Mangelware
Weltweit hat der Leverkusener Multi nur mit knapp der Hälfte seiner Beschäftigten Tarifverträge abgeschlossen. Während BAYER in Europa solche Vereinbarungen mit 88 Prozent der Belegschaftsangehörigen getroffen hat, beträgt die Quote in Lateinamerika 46, in der Asien/Pazifik-Region 15 und in den Vereinigten Staaten gar nur fünf Prozent.

Betriebsräte Mangelware
Über die Präsenz von Gewerkschaften an seinen Standorten macht der Konzern in seinem Nachhaltigkeitsbericht nur spärliche Angaben. In China haben mittlerweile 90 Prozent der Werke Beschäftigten-Vertretungen, in Japan schuf der Global Player sie erst 2012. Um veritable Betriebsräte dürfte es sich dabei jedoch nicht handeln. Solche Einrichtungen hat das Unternehmen nämlich – vor allem in den USA – immer wieder zu verhindern gewusst.

CAPGEMINI übernimmt IT-Dienste
Im vorletzten Jahr hatte die IT-Abteilung von BAYER BUSINESS SERVICES (BBS) mit Rationalisierungsmaßnahmen begonnen und die Stellen von 260 Belegschaftsangehörigen und 290 LeiharbeiterInnen vernichtet. Im Rahmen dieses Programmes löste BBS 2012 auch ihre Niederlassung im indischen Mumbai auf und übertrug die Geschäfte an CAPGEMINI. Die Firma übernahm die 600 Beschäftigten und führt nun digitale Dienstleistungen für BAYER aus. Sogar Tätigkeitsfelder aus der Leverkusener Zentrale wanderten zu CAPGEMINI, was weitere 20 Arbeitsplätze kostete. Die Belegschaftsangehörigen sollen nach Versicherung des Gesamtbetriebsratschefs Thomas de Win jedoch „zukunftsfähige Jobs in unserem Unternehmen“ erhalten.

China: Lohnkosten steigen
Für den Leverkusener Multi erhöhen sich in China die Lohnkosten. Nach Angaben des BAYER-Managers Ulrich Liman sind beispielsweise die IngenieurInnen-Gehälter binnen weniger Jahre um 30 Prozent gestiegen. Für ihn stellt dies jedoch keinen Grund dar, die Aktivitäten in dem Land zu reduzieren: „Nach China muss man wollen und dann ein langfristiges Commitment fällen – oder man lässt es bleiben.“

BAYERs Jubilarverein schrumpft
Viele von BAYERs Ehemaligen haben sich im Jubilarverein zusammengeschlossen. Finanziert durch Mitgliedsbeiträge und Gelder vom Leverkusener Multi initiiert die Organisation Zusammenkünfte und Feste, bedenkt die Männer und Frauen mit Geburtstagsgeschenken und leistet Bestattungsbeihilfe. Aber die Mitgliederzahl schrumpft, momentan beläuft sie sich auf 15.000. Dafür sind nicht nur die Sterbefälle verantwortlich, viele treten auch aus Ärger über die nicht gerade beschäftigten-freundliche Geschäftspolitik des Konzerns aus. Zudem macht sich das wechselvolle Schicksal vieler Unternehmensteile bemerkbar, die der Global Player abgestoßen hatte. In ferne Länder abgewandert, Pleite gegangen oder um viele Sparten geschrumpft, gehen von DYSTAR, KRONOS TITAN oder AGFA nämlich keine Schecks mehr beim Jubilarverein ein. Und weil der Agro-Riese den Fehlbetrag nicht übernimmt, melden sich immer mehr Ex-Beschäftigte ab.

ERSTE & DRITTE WELT

Kontrazeptiva als Entwicklungshilfe
„Fünf gegen das Wachstum der Bevölkerung investierte Dollar sind wirksamer als hundert für das Wirtschaftswachstum investierte Dollar“, sagte einst der ehemalige US-Präsident Lyndon B. Johnson. Zur Freude des Leverkusener Multis teilen auch Bill Clinton und Bill Gates diese Ansicht. Hatte bereits die „Clinton Health Access Initiative“ große Mengen von BAYERs Hormon-Implantat JADELLE zu einem verbilligten Preis aufgekauft, so gelang dem Konzern am Rande des Londoner Familienplanungsgipfels ein weiterer Deal. Die „Bill & Melinda Gates Foundation“ erwarb 27 Millionen Einheiten des Kontrazeptivums und sorgte so dafür, dass der Konzern sich die „gigantischen Fruchtbarkeitsmärkte“ weiter erschließen kann (siehe auch SWB 3/13.

KONZERN & VERGANGENHEIT

Pharma-Versuche: Test the East
Immer schon hat der Leverkusener Multi seine Pharma-Tests gern in solchen Ländern durchgeführt, die als „Standort-Vorteil“ ein unerschöpfliches Reservoir an ProbandInnen, unschlagbare Preise, schnelle Verfahren und eine mangelhafte Aufsicht bieten. Heute sind das vornehmlich Indien und andere Staaten der „Dritten Welt“. In den 1970er Jahren hatte es der Konzern da näher: Viele seiner klinischen Prüfungen fanden in der DDR statt. Dort erprobte er unter anderem das Antibiotikum CIPROBAY, das Diabetikum GLUCOBAY, das die Gehirn-Durchblutung fördernde Mittel NIMOTOP und das zur Blutstillung nach Bypass-Operationen zum Einsatz kommende TRASYLOL, das wegen seiner Risiken und Nebenwirkungen von 2007 bis Anfang 2012 verboten war. Das 2006 von BAYER aufgekaufte Unternehmen SCHERING ließ in der DDR Tests mit der Kontrastmittel-Substanz Echosan, dem durchblutungsfördernden Wirkstoff Iloprost und der zur Behandlung von Depressionen vorgesehenen Labor-Entwicklung Rolipram vornehmen. Bis zu 800.000 DM zahlten die Pharma-Riesen pro Studie. Nach Recherchen des Spiegels fanden im anderen Deutschland ca. 600 Arznei-Versuche mit ungefähr 50.000 ProbandInnen statt. Und den ethischen Standards, wie sie 1964 die „Deklaration von Helsinki“ festschrieb, genügten die Experimente kaum. So konnten die ProbandInnen nie selber von den Testreihen profitieren. Sie handelten „fremdnützig“: weder sie noch ihr Land kamen später in den „Genuss“ der Pharmazeutika. Oftmals hatten die MedizinerInnen die Menschen noch nicht einmal darüber informiert, dass sie gerade an einer Pillen-Erprobung teilnehmen. NIMOTOP testete BAYER sogar an Alkoholikern in akutem Delirium. „Ich bin psychisch absolut weggedampft“, berichtete ein früheres Versuchskaninchen. Und da hatte er noch Glück. „Es hätte auch Tote geben können“, meint der Mediziner Ulrich Moebius. Bei TRASYLOL, das der Pharma-Riese im Osten auch als Mittel zur Konservierung von Organen, die für eine Transplantation vorgesehen waren, erprobte, wies er den verantwortlichen Arzt Dr. Horpacsy an, Stillschweigen über negative Resultate zu bewahren. So verschwieg dieser in einem späteren Aufsatz den völligen Verlust der Vitalfunktionen der Nieren unter TRASYLOL. Er vermeldete lediglich, die Gabe des Pharmazeutikums hätte nicht zu einer Verbesserung des Transplantat-Überlebens geführt, dafür hätte der Stoff jedoch einen positiven Effekt auf die Enzym-Werte des Organs gehabt. Der Global Player streitet eine solche Praxis ab. „Alle klinischen Prüfungen wurden und werden bei BAYER nach global einheitlichen Standards durchgeführt“, erklärt der Konzern. „Sofern im Auftrag unseres Unternehmens klinische Studien in der ehemaligen DDR durchgeführt worden sind, gehen wir davon aus, dass diese entsprechend der Deklaration von Helsinki sowie den Vorschriften des Arzneimittel-Gesetzes der ehemaligen DDR erfolgte“, heißt es weiter.

POLITIK & EINFLUSS

Unis: Geheimniskrämerei bleibt
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) führt zur Zeit einen Prozess, um Einzelheiten über die Forschungskooperation zu erfahren, die BAYER mit der Universität Köln vereinbart hat, denn sie fürchtet eine Ausrichtung der Arznei-Forschung auf Profit, eine Entwicklung von Präparaten ohne therapeutischen Mehrwert, eine Verheimlichung negativer Studienergebnisse und einen Zugriff des Konzerns auf geistiges Eigentum der Hochschul-WissenschaftlerInnen. Und die CBG steht mit ihrer Forderung nach mehr Transparenz nicht allein. So brachten PolitikerInnen der SPD und anderer Oppositionsparteien Gesetzes-Initiativen in den Bundestag ein, die unter anderem eine Offenlegungspflicht der zwischen Hochschulen und Unternehmen getroffenen Vereinbarungen vorsahen. Die CDU/FDP-Koalition lehnte die Vorschläge allerdings ab.

4,5 Millionen Euro für Interpol
BAYER & Co. klagen seit geraumer Zeit über Umsatz-Einbußen durch Medikamenten-Fälschungen. Und auf normale Polizei-Arbeit vertrauen die Konzerne bei der Verbrechensaufklärung nicht mehr. Darum haben BAYER und andere Pillen-Riesen bei Interpol für 4,5 Millionen Euro ein „Pharmaceutical Crime Programme“ bestellt. „Die Unterstützung der 29 Unternehmen aus der Pharma-Branche ermöglicht es, eine Brücke zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor zu bauen und hilft Interpol und seinen 190 Mitgliedsländern dabei, das Problem der Medikamenten-Fälschungen effektiver anzugehen“, so Interpol-Chef Ronald K. Noble zu dem Deal. Dem Leverkusener Multi reicht das aber noch nicht aus. Er hat darüber hinaus eine „Sicherheitspartnerschaft“ mit Kolumbien abgeschlossen und konnte bereits Vollzug melden: „Die Ermittler hoben sieben illegale Fabriken aus, in denen u. a. BAYER-Kontrazeptiva gefälscht worden waren.“ Mit China, Brasilien und den USA strebt der Global Player ähnliche Kooperationen an.

BAYERs Lobby-Büro zieht um
BAYERs Berliner „Verbindungsbüro“ hat neue Räumlichkeiten bezogen und auch einen neuen Namen erhalten. Kaum weniger anrüchig nennt es sich jetzt „Liaison Office Germany“. Die Aufgaben haben sich jedoch nicht geändert. „Da Gesetzgebung und Politik die Rahmenbedingungen unseres Geschäfts prägen, ist der vertrauensvolle Dialog mit den Entscheidern und Meinungsbildnern für unser Unternehmen von großer Bedeutung“, ließ der Ober-Liaisonier Dr. Stephan Schraff über Sinn und Zweck seiner Arbeit verlauten.

Blut für Öl
Anfang 2012 haben BAYER, BASF, THYSSENKRUPP und andere Unternehmen eine „Allianz zur Rohstoff-Sicherung“ gegründet, um den Konzernen den Zugriff auf Seltenen Erden, Wolfram, Kokskohle und andere immer schwerer zu beschaffene Substanzen zu erleichtern (SWB 2/12). Im Februar 2013 forderte Geschäftsführer Dierk Paskert die Bundesregierung auf, dazu auch militärischen Flankenschutz zu leisten. Er verwies auf die Präsenz der US-Armee am Persischen Golf sowie den Ausbau der chinesischen See-Streitkräfte und stellte fest: „Ein solch konsequenter Ansatz fehlt bei uns, ist aber sicherlich auch nicht eins zu eins zu kopieren.“

BAYER & Co. für Fracking
Die US-Konkurrenz der Chemie-Multis profitiert von neuen Erdgas-Fördertechniken. Das ebenso brachiale wie umweltschädliche Fracking, das mit Hilfe von Chemikalien Risse in unterirdischen Gesteinsschichten erzeugt, um so leichter Vorkommen zu erschließen, hat für einen Boom gesorgt und den Unternehmen so zu billiger Energie verholfen. Der „Verband der Chemischen Industrie“ (VCI) schlägt deshalb Alarm. „Dies beeinflusst die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen energie-intensiven Industrie und kann eine dauerhafte Umlenkung von Investitionen in Regionen mit niedrigeren Energie-Kosten bewirken“, droht VCI-Präsident Karl-Ludwig Kley. Erdgas hat nämlich einen bedeutenden Anteil am Strom-Mix der Branche; 15 Prozent des gesamten bundesdeutschen Verbrauches gehen auf das Konto von BAYER & Co. „Daher sind wettbewerbsfähige Gas-Preise für die chemische Industrie von großer Bedeutung“, so der VCI. Und aus diesem Grund fordert der Verband auch hierzulande einen Einstieg ins Fracking, aber natürlich „sicher und umweltschonend unter Beachtung aller rechtlichen Vorgaben“, wiegelt der Verband ab.

Baumann neuer DAI-Präsident
BAYERs Finanzvorstand Werner Baumann steht seit April 2013 dem „Deutschen Aktien-Institut“ (DAI) vor, das sich der Finanzmarkt-Interessen der großen Konzerne annimmt. „Wir treten für Kapitalmärkte ein, die Unternehmen alle Dienstleistungen bieten, die sie bei der Finanzierung unternehmerischer Vorhaben oder zur Absicherungen von Risiken benötigen. Dafür müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen stimmen. Diese zu gestalten, ist unser Ziel und unser Auftrag“, heißt es auf der DAI-Homepage zum Sinn und Zweck der Organisation.

Löhrmann bei BAYER
BAYER & Co. drängen darauf, die naturwissenschaftlichen Zweige der Schulen auszubauen, um die Rekrutierbasis für ihren ForscherInnen-Nachwuchs zu erhöhen. Zu diesem Zweck haben die Firmen 2008 die MINT-Initiative ins Leben gerufen, wobei MINT für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik steht. Als Schirmherrin konnten die Unternehmen Angela Merkel gewinnen. Und auch zum MINT-Tag, der am 18. April 2013 im Leverkusener Baykomm stattfand, hatte sich hoher Besuch angesagt. So schaute die nordrhein-westfälische Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) vorbei und ließ sich von BAYER-Manager Wolfgang Plischke durch das Schülerlabor des Konzerns führen, wo der Biologie-Leistungskurs des Werner-Heisenberg-Gymnasiums gerade mit Gen-Tests zur Bestimmung des Erbgutes beschäftigt war.

Gauck bei BAYER
Auf 8,36 Millionen Tonnen beliefen sich BAYERs Kohlendioxid-Emissionen im letzten Jahr. Darüber redet der Leverkusener Multi in der Öffentlichkeit nicht so gern. Viel lieber fabuliert er über sein klima-neutrales Zukunftshaus-Programm. Vor solche Wohnstätten postiert der Konzern auch gern seinen hohen Besuch aus der Politik. Zuletzt durften Bundespräsident Joachim Gauck und die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) auf einer Bottroper Baustelle in die Kameras lächeln. „Ein großer Tag für ein beispielloses Projekt“, befand die Propaganda-Postille direkt nach dem Foto-Termin.

Duin bei BAYER
2013 fand die Verleihung des Meyer-Galow-Preises für Wirtschaftschemie in BAYERs Wuppertaler Forschungszentrum statt. In Vertretung der NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft sprach Wirtschaftsminister Garrelt Duin das Grußwort.

Viele seltene Erkrankungen
Das seit 2011 geltende „Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittel-Marktes“ zwingt BAYER & Co. dazu, den Krankenkassen höhere Rabatte einzuräumen und ihre neuen Erzeugnisse einer Kosten/Nutzen-Bewertung zu unterziehen. Laut Spiegel verhinderte allerdings Extrem-Lobbyismus allzu drastische Folgen für die Konzern-Kassen. So hielten sich CDU und FDP an einen Formulierungsvorschlag des von BAYER gegründeten „Verbandes der forschenden Arzneimittel-Hersteller“ und ersparten Pharmazeutika zur Behandlung von seltenen Krankheiten den Pillen-TÜV. Dabei vermehrten sich diese Medikamente auf dem Papier wundersam und machen nun rund ein Viertel aller Gesundheitsschädigungen aus. Zudem kann der Gemeinsame Bundesausschuss von MedizinerInnen, Krankenhäusern und Krankenkassen Arzneien dank der Intervention der Konzerne nicht mehr so einfach durchfallen lassen. Das geht fortan nur noch, „wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen ist“, und eröffnet den Pharma-Riesen so die Möglichkeit, die Entscheidungen mit Hilfe von gekauften MedizinerInnen vor Gericht anzufechten.

PROPAGANDA & MEDIEN

Marketing-Kosten: zehn Milliarden
Auf rund zehn Milliarden Euro belaufen sich bei BAYER die Kosten für Marketing und Vertrieb. Wie sich diese im Einzelnen aufschlüsseln, dazu wollte der Multi auf seiner Hauptversammlung Ende April 2013 in Köln keine genauere Auskunft geben. „Bitte haben Sie dafür Verständnis“, bürstete der Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers eine entsprechende Frage mit Verweis auf das Betriebsgeheimnis ab. Nur soviel tat der Konzern kund: 40 Prozent des Etats entfällt auf den Arznei-Bereich. Aber die Pharma-VertreterInnen setzen die Milliarden nicht etwa ein, um die Pillen auf die Rezeptblocks der MedizinerInnen zu bekommen – nein, nach Auskunft Dekkers’ sorgen sie nur dafür, „dass Ärzte und Krankenhäuser immer auf dem Stand der medizinischen Forschung gehalten werden“.

„Kunststoffe sind sicher“
Angesichts der vielen Berichte über die Gefahren von Kunststoffen sahen sich BAYER & Co. bemüßigt, die JournalistInnen aufzuklären. So lud ihr Interessen-Verband „Plastics Europe“ zu einem Fachpressetag, „um für einen sachlichen Dialog zu werben“. Es wurde allerdings eher ein Monolog, denn auf Diskussionen ließen sich die Konzern-VertreterInnen nicht ein. „Entgegen weit verbreiteter Ansichten und Vorurteile sind Kunststoffe sicher. Das gilt auch für ihre Rohstoffe und Komponenten“, stellte Jacques Ragot von BAYER MATERIAL SCIENCE auf dem Podium ein für alle Mal klar.

Aus die Gen-Maus
Niedersachsens rot-grüne Landesregierung hat die Initiative „HannoverGEN“, die vier Modellschulen mit Gentechnik-Laboren ausgestattet hat, aus den Bildungseinrichtungen verbannt, weil sie zu einseitig für Industrie-Positionen warb. So ist der „HannoverGEN“-Initiator Hans-Jörg Jacobsen Vorstandsmitglied in dem von BAYER und anderen Multis geförderten „Wissenschaftlerkreis Grüne Gentechnik“. Zudem unterstützte der „Verband der Chemischen Industrie“ das Schulprojekt. Für den Landwirtschaftsminister war deshalb das „Risiko zu hoch, dass Schüler im Unterricht nur einseitig informiert werden“.

Ausstellung im Umweltbundesamt
BAYER sponsert das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), um sich ein Öko-Image zu verschaffen. Im Rahmen dieser Kooperation veranstaltet der Konzern beispielsweise alljährlich einen Kinder-Malwettbewerb zum Thema „Naturschutz“. Eine Auswahl der Bilder schickt er dann regelmäßig auf Tournee. Von April bis Mai 2013 machte die Schau in Dessau beim Umweltbundesamt Station. Da ließ der Agro-Riese es sich nicht nehmen, zur Eröffnung Dirk Frenzel von der politischen Abteilung hinzubeordern und ihn das nur virtuell vorhandene „Grünbuch BAYER“ aufschlagen zu lassen. Das Unternehmen wisse, dass man zu den Problem-Verursachern zähle, wollte sich aber auch einen Namen als „Problemlöser“ machen, betonte er. Und konnte bei der Mitteldeutschen Zeitung bereits Vollzug melden. „Der Konzern für chemische und pharmazeutische Produkte hat auf seiner Agenda neben dem ökonomischen Erfolg den Umweltschutz weit nach oben gerückt“, vermeldete das Blatt.

BAYER zeigt Kunstsammlung
Die Schönen Künste setzen immer auch ihre millionen-schweren BesitzerInnen in ein schönes Licht und entheben sie so von der profanen Welt des Profites. Darum begann der ehemalige BAYER-Generaldirektor Carl Duisberg, der im 1. Weltkrieg verantwortlich für den Einsatz von Giftgas und die Ausbeutung von ZwangsarbeiterInnen war und später einen maßgeblichen Anteil an der Gründung des Mörder-Konzerns IG FARBEN hatte, schon 1912, Gemälde, Skulpturen und Plastiken zu sammeln. Und seine Nachfolger taten es ihm gleich. Auf diese Weise kam eine umfangreiche Sammlung mit Werken von Picasso, Kirchner, Chagall, Richter, Miró und anderen KünstlerInnen zusammen. Im März 2013 präsentierte der Leverkusener Multi eine Auswahl davon im Berliner Martin-Gropius-Bau und konnte sogar Kulturstaatsminister Bernd Neumann dafür gewinnen, die Ausstellung zu eröffnen. Arbeiten aus der Frühzeit von BAYERs Kunstsinnigkeit dürften dabei eher selten vertreten sein. Carl Duisberg war nämlich nicht immer sehr geschmackssicher und hatte unter anderem ein Faible für Fritz Klimsch, der von Goebbels als „der reifste unter unseren Plastikern“ bezeichnet wurde. So stellt im Jahr des 150-jährigen BAYER-Jubiläums auch diese Schau ein Beispiel für den selektiven Umgang des Konzerns mit seiner Geschichte dar.

Hämophilie-Verbände ausgezeichnet
Blutern gilt die besondere Aufmerksamkeit BAYERs, gilt es doch, vergessen zu machen, dass in den 90er Jahren Tausende Hämophile an HIV-verseuchten Blutprodukten des Konzerns starben, weil das Unternehmen sein Präparat KOGENATE aus Kostengründen keiner Hitze-Behandlung unterzogen hatte. Von den 57 Millionen Euro, die der Leverkusener Multi 2010 für „wohltätige Zwecke“ ausgab, erhielten Hämophilie-Organisationen mit 5,5 Millionen Euro fast zehn Prozent. Seit einiger Zeit verleiht der Leverkusener Multi auch den „Philos“-Preis für solche Projekte, „die dabei helfen, die alltäglichen Herausforderungen im Leben mit der Bluterkrankheit zu meistern“. Im Februar 2013 zeichnete er damit Projekte der „Interessensgemeinschaft Hämophiler“ (IGH), der IGH-Regionalgruppe „Selbsthilfe Hämophilie Südwest“ und der „Deutschen Hämophilie-Gesellschaft“ aus.

BAYER macht in Naturschutz
Das Ackerwildkraut ist eine aussterbende Art, weil die Pestizide von BAYER & Co. kein Kraut mehr so einfach wild auf dem Acker blühen lassen. Trotzdem oder gerade deswegen sponserte der Chemie-Multi eine von der „Stiftung Rheinische Kulturlandschaft“ ausgerichtete Tagung zum Ackerwildkraut-Schutz und konnte sogar ein Grußwort anbringen.

TIERE & ARZNEIEN

Enrofloxacin-Hühnchen
Mitte März 2013 gelangten rund 20 Tonnen Hühnchen-Fleisch aus Rumänien nach Nordrhein-Westfalen, dessen Antibiotika-Gehalt um ein Vielfaches über dem Grenzwert lag. Statt der erlaubten 100 Mikrogramm pro Kilo enthielt die Lieferung bis zu 2.770 Mikrogramm Enrofloxacin (unter anderem Wirkstoff von BAYERs BAYTRIL). Schon bei ordnungsgemäßem Gebrauch in der Tiermast stellen diese Präparate eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit dar. Durch den Verzehr des kontaminierten Fleisches kann sich der Antibiotika-Spiegel im Körper nämlich so erhöhen, dass die Mittel im Krankheitsfall nicht mehr helfen. Bei BAYTRIL ist diese Gefahr besonders groß, denn es hat mit CIPROBAY ein ebenfalls zur Wirkstoff-Gruppe der Fluorchinole gehörendes human-medizinisches Pendant.

TIERE & VERSUCHE

Klagerecht für TierrechtlerInnen
Nach dem Bundesland Bremen hat nun auch Nordrhein-Westfalen Tierschutzverbänden ein Klagerecht eingeräumt, „damit sie die Interessen der Tiere als deren Treuhänder nicht nur aussprechen, sondern erforderlichenfalls auch vor Gericht geltend machen und einklagen können“, wie es zur Begründung heißt. BAYER protestierte scharf gegen das Paragraphen-Werk. Der Konzern setzte ein Schreiben an den Landtag auf und warnte darin wegen der zu erwartenden Klageflut vor einer Verlagerung der Pharma-Forschung aus Wuppertal ins Ausland.

DRUGS & PILLS

EMA: grünes Licht für DIANE
In Deutschland und Frankreich hat BAYERs Hormon-Präparat DIANE 35 nur eine Zulassung als Mittel zur Behandlung von Haut-Krankheiten. Im Nachbarland haben jedoch mehr als 300.000 Frauen das Präparat mit den Wirkstoffen Ethinylestradiol und Cyproteronacetat auch zur Verhütung eingenommen – was dem Leverkusener Multi nur schwerlich entgangen sein dürfte. Vier von ihnen bezahlten das mit ihrem Leben, das Mittel hatte todbringende Thrombosen ausgelöst. Nach Bekanntwerden der Fälle zog die staatliche Arznei-Aufsicht ANSM das Pharmazeutikum aus dem Verkehr und forderte die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA auf, sich mit der Sicherheit von DIANE zu beschäftigen. Das hat die EMA auch getan. Bei der Indikation „Akne“ sei der Nutzen für bestimmte PatientInnen höher als das Risiko, Thrombosen oder Lungen-Embolien zu bekommen, urteilte die Behörde. Frankreich will sich diesem Spruch allerdings nicht fügen und das Produkt nicht wieder freigeben. Der Leverkusener Multi gab sich ob dieser Entscheidung überrascht: „Uns sind keine neuen oder wissenschaftlichen Erkenntnisse dahingehend bekannt, die das positive Nutzen/Risiko-Profil in Frage stellen.“

Noch mehr STIVARGA-Zulassungen
Der Leverkusener Multi erhält weitere Zulassungen für sein Krebsmedikament STIVARGA, das bisher in Japan und den USA bei PatientInnen mit fortgeschrittenem Darmkrebs, bei denen alle sonstigen Therapien versagt haben, zum Einsatz kommt. Ende Februar 2013 erteilte die US-Gesundheitsbehörde FDA eine Genehmigung für die Behandlung solcher Bindegewebe-Tumore des Magen-Darm-Traktes, gegen welche die Arzneien Imatinib und Sunitinip nichts ausrichten konnten. Zudem testet BAYER das Präparat mit dem Wirkstoff Regorafenib – eine Weiterentwicklung des NEXAVAR-Stoffes Sorafenib – als Medikament zur Therapie von fortgeschrittenem Leberkrebs. Ein Wundermittel hat der Pharma-Riese mit STIVARGA aber nicht entwickelt. So steigerte die Substanz bei den klinischen Prüfungen die Gesamtüberlebenszeit von Darmkrebs-Kranken gerade einmal um 1,4 Monate und schenkte ihnen bloß eine um 0,2 Monate längere Zeit ohne weiteres Tumor-Wachstum.

USA: Zulassung für XOFIGO
Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA hat BAYERs gemeinsam mit dem norwegischen Unternehmen ALGETA entwickelten Medikament XOFIGO eine Zulassung erteilt. Die Arznei ist zum Einsatz bei der Prostatakrebs-Art CRPC bestimmt, wenn eine Hormon-Behandlung erfolglos geblieben ist und sich zudem noch Metastasen im Knochen gebildet haben. Dann soll eine radioaktive Bestrahlung mit dem Wirkstoff Radium-223-Dichlorid das Wachstum der Tumor-Zellen hemmen. Bei den Klinischen Tests verhalf es den Patienten jedoch nur zu einem noch nicht einmal drei Monate längeren Leben.

NEXAVAR bei Schilddrüsenkrebs?
Der Leverkusener Multi hat für sein Medikament NEXAVAR bisher nur Zulassungen für die Behandlung bestimmter Formen von Nieren- und Leberkrebs erhalten. Als Medikament zum Einsatz bei Lungen, Haut-, Brust- und Bauchspeicheldrüsenkrebs scheiterte das Präparat dagegen in den klinischen Prüfungen. Trotzdem versucht BAYER weiterhin mit allen Mitteln, das Anwendungsspektrum der Arznei zu erweitern. So strebt der Konzern im Moment eine Genehmigung für die Indikation „Schilddrüsenkrebs“ an.

INLYTA besser als NEXAVAR
Das „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ (IQWiG) hat PFIZERs Krebs-Präparat INLYTA bei der Indikation „Nieren-Tumor“ mit BAYERs NEXAVAR verglichen und ersterem eine Überlegenheit attestiert. Bei den Wirkungen auf das Gesamtüberleben und die Lebensqualität gab es keine großen Unterschiede, wohl aber bei den Nebenwirkungen. So verursachte NEXAVAR deutlich mehr unerwünschte Arznei-Effekte wie Hautausschlag, Haarausfall sowie Hand- und Fußschwellungen; nur Stimm-Störungen traten unter dem Mittel seltener auf als unter INLYTA.

BAYER kauft CONCEPTUS
Der Leverkusener Multi hat für 852 Millionen Euro das US-amerikanische Pharma-Unternehmen CONCEPTUS aufgekauft, das mit ESSENCE ein ohne Hormone auskommendes Produkt zur Sterilisation entwickelt hat. Setzen MedizinerInnen der Frau die kleine Spirale ein, wofür keine Vollnarkose nötig ist, so sorgen Kunststoff-Fasern für ein so großes Wachstum des Bindegewebes, dass es die Eileiter verschließt. BAYER knüpft einige Erwartungen an ESSENCE. „Pro Familia“ urteilt derweil etwas vorsichtiger: „Bisherige Studien deuten darauf hin, dass die Technik sicher und vergleichsweise schonend ist. Über ihre längerfristigen Auswirkungen liegen noch keine Daten vor.“

BAYER kauft STEIGERWALD
Der Leverkusener Multi hat das Unternehmen STEIGERWALD gekauft, das mit 180 Beschäftigten Arzneimittel auf pflanzlicher Basis herstellt. Zur Produktpalette gehören unter anderem die Magen-Arznei IBEROGAST, das Antidepressivum auf Johanniskraut-Basis LAIF und Mittel gegen Husten, Schmerzen, Venenleiden, Leber-Beschwerden und Schlafstörungen.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Pestizide im Kaffee-Anbau
Schon im Jahr 1999 berichtete Stichwort BAYER über die verheerenden Folgen von BAYER-Pestiziden im brasilianischen Kaffee-Anbau (SWB 1/99). Bis heute hat sich an der Situation nichts geändert, wie die ARD-Dokumentation „Bittere Ernte – Der hohe Preis des billigen Kaffees“ von Michael Höft und dessen Zeit-Artikel „Das Bella-Crema-Geheimnis“ dokumentierte. Eine Million Tonnen Agro-Chemie gelangte 2011 in dem südamerikanischen Land auf die Felder, dreimal so viel wie in den USA. Und immer mit dabei: Ackergifte made in Leverkusen. Der Autor stieß nicht nur auf BAYSISTON, sondern auch auf den Wirkstoff Endosulfan (u. a. enthalten in den BAYER-Mitteln MALIX, PHASER, THIODAN), obwohl der Multi bereits 2009 einen Verkaufsstopp angekündigt hatte. Schon Kinder müssen die Agro-Chemikalien auf den Plantagen ausbringen, oft ohne Schutzkleidung. „Wir haben das Gift einfach mit einer selbst gebauten Schaufel aus dem Eimer geholt und verteilt. Ich hatte nur eine Maske vor dem Mund, sonst gar nichts“, berichtete ein 40-jähriger Landarbeiter, der im Alter von elf mit der Feldarbeit begann. Heute leidet er wie so viele seiner Kollegen an Parkinson. Der Global Player streitet solche Risiken und Nebenwirkungen seiner Produkte aber ab. „Uns sind keine wissenschaftlichen Studien bekannt, die einen Zusammenhang zwischen der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und dem Risiko, an Parkinson zu erkranken, belegen“, erklärte ein Unternehmenssprecher in der Zeit.

Immer mehr Glufosinat
Immer mehr Unkräuter bilden Resistenzen gegen das MONSANTO-Herbizid ROUND-UP mit dem Wirkstoff Glyphosat aus. Das steigert die Markt-Chancen von BAYERs LIBERTY, das der Konzern bevorzugt in Kombination mit gentechnisch gegen das Mittel immun gemachten Pflanzen verkauft. Darum will der Leverkusener Multi weltweit die Produktion des LIBERTY-Wirkstoffes Glufosinat verdoppeln, obwohl dessen EU-Zulassung wegen seiner Gefährlichkeit 2017 ausläuft (siehe auch AKTION & KRITIK). Er erweiterte nicht nur seine Fertigungsstätte in Knapsack bei Köln (Ticker 2/13), sondern plant im US-amerikanischen Mobile sogar die Errichtung einer komplett neuen Herstellungsanlage.

Glyphosat im Urin
Das Anti-Unkrautmittel Glyphosat kommt hauptsächlich in Kombination mit MONSANTO-Genpflanzen der „ROUND UP“-Baureihe zum Einsatz, aber auch in BAYER-Pestiziden wie GLYPHOS oder USTINEX. Zudem will der Multi es künftig gemeinsam mit seinen genmanipulierten Baumwoll-Arten „GHB 614“, „GHB119“ und T304-40 vermarkten, die er zur Zeit noch in Freisetzungsversuchen testet. Im letzten Jahr hatten WissenschaftlerInnen der Universität Leipzig den Stoff im menschlichen Urin nachgewiesen (Ticker 4/12). Eine neue Untersuchung des BUND mit 182 GroßstädterInnen aus 18 Ländern bestätigte jetzt diesen Befund. Bei 90 Prozent der maltesischen StaatsbürgerInnen, 70 Prozent der deutschen und polnischen, 63 Prozent der niederländischen und 60 Prozent der tschechischen fand sich die Substanz wieder. Die geringsten Belastungen zeigten sich mit zehn Prozent bei BulgarierInnen und MazedonierInnen. „Es ist erschreckend, dass fast die Hälfte der Bewohner von Großstädten in Europa Glyphosat im Körper hat. Dabei ist Glyphosat nicht das einzige Pestizid, dem die Menschen ausgesetzt sind“, kommentierte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger das Resultat der Studie.

BAYER kauft PROPHYTA
Der Leverkusener Multi baut sein Geschäft mit Bio-Pestiziden aus, die ohne Chemie auskommen und stattdessen etwa mit Bakterien operieren. Nachdem der Agro-Riese im letzten Jahr das US-Unternehmen AGRAQUEST erwarb, kaufte er Anfang 2013 die bundesdeutsche Firma PROPHYTA. Der Betrieb mit Sitz in Malchow stellt unter anderem das Antiwurmmittel BIOACT und das Antipilzmittel CONTANS her. Daneben verfügt er über eine eigene Forschungsabteilung und hält auch Patente.

PFLANZEN & SAATEN

90 Forschungskooperationen
Nicht nur im Pharma-Bereich setzt BAYER bei der Forschung verstärkt auf die Zusammenarbeit mit Universitäten und anderen öffentlichen Einrichtungen. Im Saatgut-Bereich existieren 90 solcher Kooperationen, die der Multi als äußerst ertragreich bewertet. Laut „Nachhaltigkeitsbericht 2012“ bildeten sie „bereits die Grundlage für die Neuentwicklungen des vergangenen Jahres“.

Eigene Raps-Sorten ab 2014
Im Pestizid-Bereich kann BAYER nicht weiter wachsen, da sich dort oligopolistische Strukturen herausgebildet haben und die Kartellbehörden den fünf marktbeherrschenden Agro-Riesen Zukäufe nicht so ohne Weiteres gestatten. Deshalb baut der Leverkusener Multi seit einiger Zeit sein Saatgut-Geschäft aus. So kündigte der Konzern für das nächste Jahr die Vermarktung einer eigenen Rapssorte an, die er im Kombipack mit seinen Ackergiften anbieten will.

Neue Saatgut-Verordnung
Anfang Mai 2013 hat die EU-Kommission einen Entwurf für eine neue Saatgut-Verordnung vorgelegt. Dieser stärkt die Position von Industrie-Saatgut und macht es alten und lokalen Sorten schwerer, einen Marktzugang zu erhalten, was die Artenvielfalt bedroht. Brüssel will BAYER & Co. sogar gestatten, die Qualitätskontrolle für ihre Produkte selber zu übernehmen. Aber gegen diese Pläne formiert sich Widerstand. SAVE OUR SEEDS und andere Organisationen haben eine Kampagne gestartet.

GENE & KLONE

Weitere Genreis-Funde
Im Jahr 2006 war BAYERs gentechnisch veränderter Langkorn-Reis „LL601“ weltweit in Supermärkten aufgetaucht, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch nirgendwo eine Zulassung für die gegen das hochgefährliche Herbizid Glufosinat (Produktname: LIBERTY) resistente Labor-Frucht vorlag. Und Kontaminationen gibt es weiterhin. So fanden WissenschaftlerInnen der „Istanbul Technical University“ in Handelsreis, den die US-Unternehmen ARCHER DANIELS MIDLAND und BUNGE in die Türkei geliefert hatten, Spuren von LL601. Auch in den Jahren davor hatten WissenschaftlerInnen Rückstände aufgespürt. 2011 und 2012 wiesen ForscherInnen in EU-Proben jeweils einmal die Sorten LL601 und LL62 nach. 2008 stießen sie sieben Mal auf LL601 und einmal auf LL62.

Neue Freisetzungsversuche in Spanien
Spanien ist das Gentechnik-Eldorado der EU. 60 Freisetzungsversuche führte BAYER dort schon durch. Und in diesem Frühjahr beantragte der Konzern gleich vier neue Tests mit genmanipulierten Baumwoll-Pflanzen. Dabei handelt es sich um den glufosinat-resistenten LLCotton25, die glyphosat-resistente Art GHB614, die ebenfalls glyphosat-resistente, aber zusätzlich noch mit dem für Insekten tödlichen Bacillus thuringiensis (Bt) bestückte Sorte GHB119 und das glufosinat-resistente und Bt-bewehrte Produkt T304-40.

Zulassung für Gen-Soja beantragt
Schadinsekten gewöhnen sich zunehmend an die Pestizide, welche die Hersteller im Kombipack mit ihren gegen diese Wirkstoffe resistenten Genpflanzen verkaufen. Deshalb gehen die Multis nach der Devise „Doppelt hält besser“ immer mehr dazu über, ihre Sorten gleich gegen mehrere Agrochemikalien immun zu machen und gewähren sich gegenseitig Zugriff auf ihre Technologien. So hat der Leverkusener Multi mit SYNGENTA eine Soja-Art entwickelt, die gleichzeitig gegen die BAYER-Herbizide BALANCE (Wirkstoff: Isoxaflutole) und LIBERTY (Wirkstoff: Glufosinat) sowie gegen das SYNGENTA-Mittel CALLISTO (Wirkstoff: Mesotrione) immun ist. Für diese Mittel haben die beiden Konzerne nun unter anderem in den USA, der EU und Kanada einen Zulassungsantrag gestellt.

SMARTSTAX mit Glufosinat
Um Genpflanzen gegen solche Unkräuter und Schadinsekten zu wappnen, die sich an einzelne Mittel schon gewöhnt haben, immunisiert auch MONSANTO seine Labor-Früchte gleich gegen mehrere Agro-Chemikalien, damit die LandwirtInnen beim Sprühen nicht nur auf ein Mittel zurückgreifen können. So hat der Multi bei der EU die Import-Zulassung für die Genmais-Sorte SMARTSTAX beantragt, die gleich mit sechs Bt-Toxinen gegen den Maiszünsler und andere Insekten sowie mit Resistenzen gegen zwei Pestizide bewehrt ist. Bei einem der Ackergifte handelt es sich um BAYERs berühmt-berüchtigtes Glufosinat, dessen EU-Genehmigung wegen seiner Gefährlichkeit 2017 ausläuft (siehe auch PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE). Doch nicht nur das stößt auf Kritik. Die Initiative TESTBIOTECH moniert fehlende Untersuchungen zur Kombinationswirkung der Bt-Toxine und der Anti-Unkrautmittel; auch lägen keine Nachweise zur Umweltverträglichkeit vor. Die EU hatte ebenfalls Bedenken. Im ersten Durchgang lehnte Brüssel das Begehr MONSANTOs ab, Deutschland enthielt sich bei der Abstimmung der Stimme.

Neue EYLEA-Indikationen gesucht
Das Vorgehen hat Methode: Kaum hat BAYER die Zulassung für ein Medikament zur Behandlung einer bestimmten Krankheit erhalten, da schaut der Konzern sich schon nach weiteren Verwendungsmöglichkeiten um. So geht er auch im Fall des Gentech-Augenpräparats EYLEA vor, das 2011 in den USA und 2012 in Europa eine Genehmigung zur Therapie der feuchten Makula-Degeneration – einer Augenerkrankung, die zur Blindheit führen kann – erhalten hat. Zur Zeit laufen Anträge zur Anwendung von EYLEA bei einem Zentralvenen-Verschluss der Netzhaut sowie zur Gabe bei Flüssigkeitsansammlungen in der Makula-Region des Auges, die nach einem solchen Verschluss auftreten. Darüber hinaus führt der Pharma-Riese klinische Tests zu den Indikationen „diabetisches Makula-Ödem“ und „choroidale Neovaskularisation“, einer Gewebe-Wucherung am Seh-Organ, durch. Als Augen-Allheilmittel kommt der gemeinsam mit der Firma REGENERON entwickelte EYLEA-Wirkstoff Aflibercept aber nicht in Betracht. In den Tests, die zur ersten Zulassung führten, demonstrierte er lediglich seine Nicht-Unterlegenheit gegenüber Ranibizumab. Zudem traten während der Erprobungen Nebenwirkungen wie Bindehaut-Blutungen, grauer Star, Augenschmerzen, Glaskörper-Trübungen und Erhöhung des Augeninnendrucks auf.

EYLEA hat keinen Zusatznutzen
Seit einiger Zeit prüft das „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ (IQWiG), ob neue Medikamente gegenüber schon gebräuchlichen einen Zusatznutzen aufweisen. Und nur wenn das der Fall ist, empfiehlt es eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen. Unlängst beschäftigte die Einrichtung sich auch mit BAYERs Gentech-Augenpräparat EYLEA. Das Mittel mit dem Wirkstoff Aflibercept hat in den Zulassungstests zwar nur seine Nicht-Unterlegenheit gegenüber Ranibizumab demonstriert, aber der Leverkusener Multi legte dem IQWiG zusätzliches Material vor. Darin versuchte er zu beweisen, dass unter Ranibizumab mehr Nebenwirkungen auftreten als unter Aflibercept. Da Ranibizumab öfter injiziert werden muss als Aflibercept und jede Spritze das Risiko von Augen-Entzündungen erhöht, weise Aflibercept das bessere Risiko-Profil auf, argumentierte der Konzern. Dem mochte das IQWiG jedoch nicht folgen. Bei dem Institut konnte die BAYER-Darstellung, „dass es unter einer erhöhten Anzahl von Injektionen zwangsläufig vermehrt zu okularen Schadensereignissen unter Ranibizumab im Vergleich zu Aflibercept kommt, anhand der Daten aus den beiden Zulassungsstudien VIEW 1 und VIEW 2 nicht nachvollzogen werden“. Darum attestierte es dem Präparat keinen Zusatznutzen.

Keine Zulassung für BAY 86-6150
Bei etwa einem Drittel der Bluter-Patienten nützen Gerinnungspräparate nichts, da ihr Organismus Antikörper gegen die Mittel herausbildet. Für diese Gruppe hat BAYER den Wirkstoff BAY 86-6150 entwickelt. In Tests aber stießen die Körper vieler Probanden auch diese Substanz ab. Darum brach der Leverkusener Multi die klinische Erprobung ab. „Die Sicherheit der Patienten ist unser wichtigstes Anliegen bei der Planung klinischer Studien und natürlich auch bei der Untersuchung von BAY 86-6150“, sagte Kemal Malik vom Leverkusener Multi und verkündete das Aus für die Arznei: „Wir beenden die Studie mit BAY 86-6150 aufgrund der aufgetretenen Sicherheitsbedenken.“

WASSER, BODEN & LUFT

Chemische Kampfstoffe im Meer
1936 erfand Gerhard Schrader, Forscher bei der von BAYER mitgegründeten IG FARBEN, den chemischen Kampfstoff Sarin. Auch sonst spielte der Leverkusener Multi bei der Entwicklung dieser Giftgase eine bedeutende Rolle. So basiert das von US-WissenschaftlerInnen zusammengebraute VX auf einem Patent des Konzerns. Und noch heute sorgen Sarin & Co. für Angst und Schrecken, nicht nur weil sie sich immer noch in vielen Waffen-Arsenalen befinden – der chilenische Diktator Pinochet verwendete es ebenso wie Saddam Hussein 1987 und 1988 bei seinen Attacken auf kurdische Dörfer und die japanische Aum-Sekte bei ihren Anschlägen von 1994 und 1995 –, sondern auch, weil die Substanzen alles andere als friedlich in Nord- und Ostsee schlummern. Durch das Salzwasser und die Korrosion treten die Stoffe nämlich aus. Für besonders betroffene Gebiete wie die Küste vor Helgoland fordern ExpertInnen schon ein Fischerei-Verbot, weil sich die Granaten in den Netzen verfangen könnten. Die Chemikalien gelangen sogar bis an die Strände. An manchen Orten führen Kampfmittel-Bergungsfirmen schon regelmäßige Patrouillen-Gänge durch. Nach ExpertInnen-Schätzungen liegen in der Nordsee 170.000 Tonnen und in der Ostsee 42.000 bis 65.000 Tonnen Chemie-Waffen. Die Nazis hatten die Munition kurz vor Kriegsende aus Angst vor Angriffen auf ihre Depots versenkt. Aber auch nach 1945 gelangten die Gifte noch ins Meer, da die Alliierten die Verklappung der deutschen Armee-Bestände angeordnet hatten. Und die Behörden wollen sie einstweilen in den Gewässern lassen, vor einer Bergung scheuen die Verantwortlichen wegen der damit verbundenen Gefahren zurück.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Chlor und kein Ende
„Eigentlich ist es eines Chemikers unwürdig, dass wir immer noch auf Chlor bauen“, beklagte der ehemalige BAYER-Vorständler Eberhard Weise. Und er tat dies bereits in einer Spiegel-Ausgabe von 1993, weshalb es heutzutage noch ein bisschen unwürdiger ist, weiter auf die Chlorchemie zu setzen, ohne nach Alternativen zu suchen. In einer Größenordnung von 1,3 Millionen Tonnen pro Jahr produziert der Leverkusener Multi das gefährliche Gas aus der Gruppe der Halogene und zählt damit zu den größten Herstellern in Europa.

NANO & CO.

Ausstieg aus der Nano-Technik
Mit großen Worten pries das „Erfinder-Unternehmen“ BAYER 2003 die Nano-Technik. „Wenn wir lernen, Materialien bis in die atomare Ebene hinein zu verändern, dann können wir neue Wirkungen erzielen, Eigenschaften optimieren und dadurch völlig neue Möglichkeiten für alle Geschäftsfelder unseres Unternehmen eröffnen“, frohlockte der damalige Forschungsvorstand Udo Oels. Schon bis 2010 rechnete der Multi mit einem Marktvolumen von 200 Milliarden Euro für Nano-Produkte. Und die Bundesregierung steckte der Konzern mit seiner Begeisterung an. Mit neun Millionen Euro unterstützte diese den Global Player bei der Entwicklung von Carbon Nanotubes (CNT), Kohlenstoff-Röhrchen aus Nano-Materialien. Ungeachtet der Risiken – die winzigen Teilchen können beispielsweise ähnlich wie Asbest-Fasern die schützende Blut-/Hirnschranke überwinden – machte sich der Global Player ans Werk. Im Laufenburger Werk seiner ehemaligen Tochtergesellschaft HC STARCK oder in der Leverkusener Pilotanlage entwickelte er BAYTUBES-Prototypen zur Verwendung in Duftkapseln, Folien, Flüsterschotter, Eishockeyschlägern, Kathedern, Schläuchen, Windrad-Flügeln und Akkus. Allerdings begann es bald zu hapern. Das Leverkusener Technikum kam nicht richtig ans Laufen, und Abnehmer für sein neues Produkt fand BAYER auch nicht in genügender Zahl. So antwortete die Bezirksregierung 2011 der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN, die BAYER verdächtigte, bereits ohne Genehmigung BAYTUBES für den kommerziellen Gebrauch herzustellen und deshalb um Aufklärung bat: „Anfragen bei potenziellen Kunden haben inzwischen gezeigt, dass der Markt CNT-Material mit anderen Eigenschaften benötigt.“ BAYER habe „wegen der unzureichenden Nachfrage auf dem Markt“ nicht beantragt, Teile der Produktion zu verkaufen. Obwohl das Unternehmen in Tateinheit mit HC STARCK weiter den Ausbau des Laufenburger Nano-Werks betrieb und eine Produktionserweiterung beantragte, klangen seine Verlautbarungen zum Thema „Nano“ bald schon gedämpfter. „Es ist jedoch eine fatale Fehlinterpretation, dass wir diese Labor-Ergebnisse einfach in Produkte und Anwendungen übertragen können, die man morgen bei ALDI kaufen kann“, ruderte der Nano-Beauftragte Péter Krüger beim letzten „Inno.CNT“-Kongress zurück, wo sich selbst ForscherInnen vom Fraunhofer-Institute auf Durchhalte-Parolen beschränkten: „Wir dürfen mit den CNTs nicht zu früh aufgeben.“ Das hat der Leverkusener Multi ein paar Wochen später dann aber doch getan. Er hatte offenbar die Hoffnung verloren, gleichzeitig imstande zu sein, die komplexen Herstellungsprozesse zu beherrschen und einflussreiche Branchen für die neuen Materialien zu gewinnen. Erst verkaufte er sein Geschäft mit Nano-Silbertinten, dann verkündete er das Aus für den ganzen Zweig. „Bahnbrechende Anwendungen für den Massenmarkt“ seien nicht in Sicht, so BAYER-Manager Patrick Thomas zum Ausstieg aus der „Zukunftstechnologie“.

PLASTE & ELASTE

WM-Stadion mit MAKROLON
Auch BAYER ist bei der kommenden Fußball-WM in Brasilien mit von der Partie. „Transparente MAKROLON-Massivplatten sorgen (...) dafür, dass die 70.000 Zuschauer im künftigten Estádio Nacional in der Hauptstadt Brasilia geschützt vor Sonne und Regen verfolgen können“, vermeldet der Konzern. In der heimatlichen „Bayarena“ drohten diese jedoch für „einstürzende Neubauten“ zu sorgen. Sie entsprachen nämlich nicht den Brandschutz-Anforderungen. Deshalb bestand die Gefahr, dass sie durch Bengalos oder Feuerwerkskörper entflammen und dann auf die ZuschauerInnen niederstürzen. Aus diesem Grund musste BAYER 04 Leverkusen die Platten abbauen und sie durch solche aus einem widerstandsfähigerem MAKROLON ersetzen, was mehrere Millionen Euro verschlang. In Brasilien haben die Kosten für den Bau der WM-Arenen derweil schon zu Massen-Protesten mit bis zu 200.000 TeilnehmerInnen geführt. „Weniger Stadien, mehr Gesundheit“, forderten die DemonstrantInnen etwa.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Hacker attackieren BAYER
Im letzten Jahr verzeichnete der Leverkusener Multi einen Hacker-Angriff aus China mit dem Ziel, Industrie-Spionage zu betreiben. Auch EADS, THYSSENKRUPP und IBM zählten zu den Opfern. Zuvor schon musste sich BAYER des auf Produktionssteuerungssoftware von SIEMENS abgestellten Computer-Virus Stuxnet erwehren, der im Herbst 2010 auch in iranische Atomanlagen eingedrungen war.

STANDORTE & PRODUKTION

Projekt „Krämer-See“ passé
Die Stadt Monheim wollte den Krämer-See erschließen und dort einen Bade-Bereich einrichten. Dazu benötigte sie allerdings ein BAYER gehörendes Areal. Als der Konzern schriftlich seine Bereitschaft signalisierte, der Gemeinde das Gelände zu verkaufen, begann diese mit den Planungen. Anfang 2013 kam dann allerdings der Schock: Das Unternehmen zog die Zusage zurück. „Uns wurde mitgeteilt, dass BAYER die Fläche nun als besonders wertvoll einschätzt, da sie nie mit Kunstdünger behandelt wurde. Sie sei wichtig für zukünftige Forschungsprojekte und deshalb nicht zu verkaufen“, erklärte Monheims oberster Stadtplaner Robert Ulrich. Jahrelange Arbeit machte der Agro-Riese so zunichte.

Brunsbüttel: neue Energie-Gesellschaft
Der Leverkusener Multi hat am Standort Brunsbüttel eine eigene Energie-Gesellschaft gegründet und ihr die Verantwortung für die Versorgung des Chemie-„Parks“ mit Strom und für die dazu benötigte Infrastruktur übertragen.

Infrastruktur-Maßnahmen gefordert
Die von BAYERs ehemaligem Finanz-Chef Heribert Zitzelsberger in seiner Funktion als Staatssekretär im Finanzministerium maßgeblich mitgeprägte Unternehmenssteuer„reform“ des Jahres 2000 hat Staat, Land und Kommunen große Einnahme-Verluste beschert. Als eine Folge davon blieben nötige Investitionen in Straßen und Schienen-Wege aus, weshalb das nordrhein-westfälische Verkehrsministerium sogar unlängst zeitweilig die Rheinbrücke bei Leverkusen sperren musste. Nun bemängelt der Global Player aber gerade diese Nebenwirkung seiner nur noch spärlich fließenden Abgaben. So forderte Ernst Grigat, bei der 60-prozentigen BAYER-Tochter CURRENTA für die Dormagener und Leverkusener Chem-„Parks“ verantwortlich, die rot-grüne Landesregierung von Nordrhein-Westfalen auf, eine Generalüberholung der Verkehrswege im Land vorzunehmen. „Wir brauchen eine Runderneuerung der Infrastruktur, damit die Lage mitten in NRW auch weiterhin ein Standort-Vorteil bleibt“, so Grigat.

Leverkusens Image-Probleme
Die Stadt, in welcher der BAYER-Konzern seinen Stammsitz hat, verfügt über viele Parks, Wiesenflächen und Biotope. „Trotzdem hat Leverkusen es noch nicht ganz geschafft, sein Chemie-Image ganz über Bord zu werfen“, klagt Lothar Schmitz vom Gartenamt. In der Außenwahrnehmung überstrahlt nämlich der Agro-Riese alles und sorgt eher für graue denn für grüne Assoziationen. Dagegen will das Rathaus etwas tun. „Unser Stadt-Marketing ist in der Tat verbesserungswürdig“, sagt Oberbürgermeister Reinhard Buchhorn (CDU). Aber für eine PR-Kampagne hat die Kommune kein Geld, hauptsächlich weil der Multi dank der von ihm mitgestalteten Unternehmenssteuer„reformen“ nicht mehr so viel Abgaben zahlt wie früher. So bleibt das Schicksal der Stadt doch unauflösbar mit BAYER verbunden.

ÖKONOMIE & PROFIT

BAYERs belgisches Steuer-Paradies
Nach einer Schätzung der EU-Kommission gehen den Mitgliedsstaaten alljährlich Einahmen in Höhe von ca. einer Billion Euro durch Steuerhinterziehung oder „ganz legale Steuertricks“ verloren. Die bundesdeutschen Finanzämter kommen dem nordrhein-westfälischen Finanzminister Norbert Walter-Borjans zufolge auf einen Fehlbetrag von 160 Milliarden Euro, nach Ansicht des SPD-Politikers größtenteils verursacht durch die großen Unternehmen, „die gezielt Steuer-Schlupflöcher in der Gesetzgebung ausnutzen“. BAYER geht zum Steuersparen nach Belgien. Das Land gewährt nämlich Zinsen auf Eigenkapital und lockt damit ausländisches Geld zur Steuer-Veranschlagung an. Deshalb verdoppelte der Leverkusener Multi 2011 das Eigenkapital seiner in Antwerpen ansässigen Tochter-Gesellschaft auf acht Milliarden Euro und konnte seinen Gewinn von 254,8 Millionen Euro fast komplett wieder mit nach Hause nehmen. Lediglich 10,8 Millionen Euro musste er im Nachbarstaat lassen – das entspricht einer Steuerquote von 4,3 Prozent. Zur Erklärung heißt es aus der Zentrale des Global Players lediglich: „BAYER nutzt wie einige andere Unternehmen das günstige makrowirtschaftliche Klima in Belgien, das durch den Abzug für Risikokapital geschaffen wurde.“ Da die Kritik an dieser Praxis der Unternehmen seit einiger Zeit zunimmt, planen die EU und die G8-Staaten Maßnahmen, um Steuer-Oasen zu schließen und umfassendere Auskünfte über das globale Steuer-Gebaren von BAYER & Co. zu erhalten. Konkrete Regelungen stehen bisher allerdings noch aus, und Extrem-Lobbyismus dürfte die schlimmsten Folgen für die Konzern-Kassen verhindern.

Standort-Nachteile durch Fracking
Die ebenso brachiale wie umweltschädliche Fracking-Technik, die mit Hilfe von Chemikalien Risse in unterirdischen Gesteinsschichten erzeugt, um so leichter Erdgas-Vorkommen zu erschließen, hat für einen Boom gesorgt und den US-amerikanischen Unternehmen zu billiger Energie verholfen. Der Leverkusener Multi sieht sich dadurch im Hintertreffen. „Die damit günstigeren Produktionskosten in den USA verschärfen natürlich in einigen Bereichen den Konkurrenz-Druck“, klagt BAYER-Chef Marijn Dekkers. Und natürlich erwartet er von der Bundesregierung, diesen Standort-Nachteil auszugleichen, indem diese den Konzernen zu (noch) günstigeren Strom-Tarifen verhilft.

Baumann warnt vor Abwertungsspirale
Im Zuge der Weltwirtschaftskrise werten Staaten wie Japan und China ihre Währungen ab, um ihre Export-Kraft zu steigern. BAYER betrachtet das mit Sorge. „Ein Abwertungskrieg kennt am Ende nur Verlierer“, sagte Finanzchef Werner Baumann der Nachrichtenagentur dpa. Baumann konnte die Effekte für den Konzern sogar genau beziffern. Eine Aufwertung des Euro gegenüber dem Yen oder dem Yuan schlägt sich in den Bilanzen mit einem Minus von 70 Millionen Euro nieder, eine entsprechende Abwertung mit einem Plus von 70 Millionen. Darum hat das Unternehmen auch von der Euro-Schwäche profitiert. Sie trug ihm im letzten Jahr 400 Millionen Euro ein.

BAYER gegen Finanztransaktionssteuer
Das unkontrollierte Treiben auf den Finanzmärkten hatte einen großen Anteil am Ausbruch der jüngsten Wirtschaftskrise. Um den Handel wenigstens etwas zu regulieren, griff die EU einen Vorschlag von ATTAC auf und machte für die Mitgliedsländer den Weg zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer frei. BAYER & Co. wehren

Glyphosat

CBG Redaktion

Glyphosat wurde von der US-Firma MONSANTO entwickelt und wird mittlerweile auch von BAYER vertrieben

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)
Pressemitteilung vom 13. Juni 2013

Glyphosat im Urin von Großstädtern aus 18 europäischen Staaten nachgewiesen. 70% aller Proben in Deutschland belastet

Berlin: Eines der Ergebnisse stichprobenartiger europaweiter Untersuchungen von Glyphosat-Rückständen im Menschen lautet: Sieben von zehn der untersuchten Großstädter in Deutschland hatten das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat im Urin. Von März bis Mai dieses Jahres ließen der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und sein europäischer Dachverband Friends of the Earth (FOE) Urin-Proben von insgesamt 182 Stadtbewohnern aus 18 Ländern auf Glyphosat analysieren. Es handelt sich hierbei um die erste Studie dieser Art.

Pro Land hatten der BUND und FOE zwischen acht und zwölf Urin-Proben untersuchen lassen. Die Probanden im Alter von 15 bis 65 Jahren waren entweder Fleischesser oder Vegetarier und ernährten sich nach eigenen Angaben überwiegend von konventionellen Lebensmitteln. 90 Prozent der untersuchten Malteser hatten Glyphosat im Körper; bei Briten, Polen und Deutschen waren es 70 Prozent. 63 Prozent der Niederländer und 60 Prozent der Tschechen waren belastet. Belgier und Letten hatten zu je 55, Zyprioten zu 50 Prozent das Herbizid im Urin; bei Spaniern und Kroaten waren es 40 Prozent. Ungarn und Franzosen waren zu 30 Prozent, Österreicher und Georgier zu 20, Schweizer zu 17 Prozent belastet. 10 Prozent der Bulgaren und Mazedonier hatten das Herbizid im Urin.

Hubert Weiger, BUND-Vorsitzender: „Es ist erschreckend, dass fast die Hälfte der Bewohner von Großstädten in Europa Glyphosat im Körper hat. Dabei ist Glyphosat nicht das einzige Pestizid, dem die Menschen ausgesetzt sind. Außer in Malta treten Höchstbelastungen ausgerechnet bei den Bewohnern jener Länder auf, die wie Deutschland, Großbritannien, Polen und die Niederlande intensive Landwirtschaft auf Kosten der Umwelt betreiben. Es wird höchste Zeit, den Pestizideinsatz im Agrarsektor deutlich zu reduzieren.“

Jürgen Stellpflug, Chefredakteur der Zeitschrift „Ökotest“: „Wir von ÖKO-TEST haben Mehl, Haferflocken und Backwaren auf Glyphosat untersuchen lassen und wurden in 14 von 20 Proben fündig. Vor allem waren acht der zehn untersuchten Brötchen belastet, was zeigt, dass Glyphosat die Backtemperaturen übersteht. Unsere Testergebnisse zeigen, dass Glyphosat über Lebensmittel in die Körper der Menschen gelangt. Glyphosat gehört nicht ins Essen, Pestizide gehören nicht in den menschlichen Körper. Erschreckend ist das Versagen der Behörden, die ausgerechnet bei Glyphosat, dem am häufigsten eingesetzten Pestizid der Welt, kaum Untersuchungen auf derartige Belastungen durchgeführt haben.“

Heike Moldenhauer, BUND-Gentechnikexpertin: „Was die zuständigen Behörden versäumen, haben wir getan. Unsere Analysen bestätigen den Verdacht, dass die Bevölkerung in Europa zu weiten Teilen mit Glyphosat belastet ist. Woher die Rückstände im Einzelnen kommen, muss endlich genau untersucht werden. Entsprechend seiner Auskunft hatte keiner der von uns untersuchten Stadtbewohner - zum Beispiel in seinem Garten - selbst Glyphosat eingesetzt. Folglich stammen die Belastungen aus Quellen, die der Einzelne nicht zu verantworten hat.“

Der BUND-Vorsitzende Weiger forderte die jetzige und die künftige Bundesregierung auf, langfristig angelegte Monitoring-Programme für Glyphosat in Lebensmitteln und in der Umwelt zu starten. Dabei müssten auch Importfuttermittel und gentechnisch verändertes Soja erfasst werden. Auf EU-Ebene dürften keine Anbauzulassungen für Glyphosat-resistente Gentech-Pflanzen erteilt werden. Inakzeptabel sei auch, dass die zuständige Bundesagrarministerin Ilse Aigner vor der Pestizidbelastung der Bevölkerung die Augen verschließe. Dies rieche förmlich nach Lobbyismus für die Herstellerfirmen.

Glyphosat-haltige Unkrautvernichtungsmittel werden weltweit am häufigsten verkauft. Auch in der EU sind sie die meistgenutzten Herbizide. Verwendet werden sie vor allem in der Landwirtschaft, aber auch in Parks, im Weinbau oder in Hausgärten. Auf mehr als vier Millionen Hektar, das sind rund 40 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland, werden Herbizide mit dem Wirkstoff Glyphosat eingesetzt. In Nord- und Südamerika werden sie in großem Stil beim Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen ausgebracht. Neben Monsanto bieten auch Bayer, Syngenta und BASF Unkrautvernichtungsmittel an, die Glyphosat enthalten.

Weitere Informationen und die Studie „Glyphosat im Urin bei Menschen aus 18 Ländern“ finden Sie im Internet unter: http://bund.net/pdf/glyphosat_analyse