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Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”

[Ticker] STICHWORT BAYER 01/2016 – TICKER

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

CBG-Jahrestagung 2015
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) widmete ihre diesjährige Jahrestagung dem Thema „Die Plastik-Flut – ein Öko-Desaster made by BAYER & Co.“ Der Meeres-Chemiker Prof. Dr. Gerd Liebezeit zeichnete in seinem Eingangsvortrag ein verheerendes Bild von der Lage. Millionen Tonnen Plastik-Müll verunreinigen die Ozeane. Ein großer Teil der Fische und Seevögel hat Spuren von Plaste & Elaste im Körper, und an den Küsten schwemmen Kadaver von Tieren an, die einen vollen Magen hatten und trotzdem verhungert sind, weil sie nur Fischernetze, PET-Flaschen und andere Plastik-Teile als „Nahrung“ zu sich genommen hatten. Liebezeit kritisierte deshalb die Bundesregierung, die im Gegensatz zu „Entwicklungsländern“ wie Bangladesh oder Ruanda nicht einmal willens war, durch ein Verbot von Plastiktüten zu einer Reduktion der Kunststoff-Produktion beizutragen. Marijana Toben vom BUND FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ gab dagegen ein wenig Hoffnung. Sie stellte die erfolgreiche BUND-Kampagne gegen Mikroplastik in Kosmetika und Körperpflege-Produkten vor, die für viele der gesundheitsschädlichen Winzlinge das Ende bedeutete. Toben warnte jedoch davor, den Bekenntnissen der Industrie blindlings zu vertrauen – es gelte, ihren Umstieg auf unbedenklichere Alternativen ganz genau zu beobachten. CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes ging das Problem in bewährter Coordinationsmanier grundsätzlich an. Er begann mit der energie-intensiven Kunststoff-Herstellung, widmete sich hiernach mit Bisphenol A einem besonders gefährlichen Stoff, kritisierte dann BAYERs Nachhaltigkeitsstrategie als reine PR-Maßnahme und skizzierte abschließend Grundzüge einer Chemie-Wende. Durch die lebhaften, fachkundigen und nicht selten von persönlichem Engagement auf dem Gebiet geprägten Diskussionsbeiträge trugen die BesucherInnen das Ihrige zum Gelingen der Veranstaltung bei, so dass am frühen Abend alle angeregt und zufrieden die Heimreise antreten konnten.

Viele CBG-Vorträge
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) erhält immer wieder Anfragen zu Vorträgen, denen sie auch gerne nachkommt. So berichtete CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes bei der „Linken Medien-Akademie“ in Berlin über die vielfältigen Lobby-Aktivitäten BAYERs. Am Konzern-Stammsitz Leverkusen versorgte er die TeilnehmerInnen des „Klima-Pilgerwegs“ mit Informationen über den immensen Kohlendioxid-Ausstoß des Global Players. Bei der „Offenen Akademie“ in Gelsenkirchen referierte Mimkes über die Auseinandersetzungen um die Offenlegung des Kooperationsvertrages, den der Leverkusener Multi mit der Universität Köln vereinbart hatte. Und in Bremen ging der CBGler auf Einladung der „Volkshochschule Delmenhorst“ und des „Labors für Chemische und Mikrobiologische Analytik“ über die Marathon-Distanz und legte in zweieinviertel Stunden die Geschichte der deutschen Chemie-Industrie dar.

„Stoppt die alte CO-Pipeline!“
Nicht nur die zwischen den BAYER-Werken Dormagen und Krefeld verlegte Kohlenmonoxid-Pipeline wirft Sicherheitsfragen auf. Auch die in den 1960er Jahren zwischen Dormagen und Leverkusen gebaute Verbindung weist gravierende Mängel auf. Das offenbarte sich der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN, nachdem sie bei der Bezirksregierung Köln Einsicht in die entsprechenden Unterlagen genommen hatte. Besonders an dem Rhein-Düker, mittels dessen die Pipeline den Fluss unterquert, zeigen sich Korrosionsschäden, also Abnutzungserscheinungen an den Bau-Bestandteilen. Die CBG veröffentlichte den Befund, und kurz danach kündigte BAYER einen Düker-Neubau an. Dieses Vorhaben beseitigt die Gefahr jedoch nicht, die von dem Transport gefährlichen Giftgases quer durch Nordrhein-Westfalen ausgeht. Darum lehnt die Coordination es ab und hat auch bereits eine Einwendung gegen das Projekt formuliert. Der Leverkusener Multi aber will es unbedingt durchdrücken. Er hat aus dem PR-Desaster bei seiner anderen Pipeline-Baustelle gelernt und versucht nun, durch Dialog-Formate Akzeptanz für die Düker-Arbeiten zu schaffen. Aus diesem Grund beauftragte er die Agentur JOHANSSEN + KRETSCHMER mit der Ausrichtung einer Informationsveranstaltung. Sie fand am 10. November in der Bürgerhalle Leverkusen-Wiesdorf statt. Die COORDINATION ließ sich an dem Tag aber nicht einbinden. Sie hielt vor dem Eingang eine Kundgebung ab, auf der sie die Stilllegung der Alt-Pipeline forderte. „Für ergebnis-offene Diskussionen stehen wir gerne zur Verfügung, nicht aber für Alibi-Veranstaltungen zur Akzeptanz-Förderung“, erklärte die CBG. Allzu viele andere standen dafür auch sonst nicht zur Verfügung. Nur rund 15 BürgerInnen fanden sich im Saal ein.

MedizinerInnen gegen alte CO-Leitung
Auch ÄrztInnen wenden sich gegen die alte, zwischen Dormagen und Leverkusen verlaufende Kohlenmonoxid-Pipeline, der momentan eine Teil-Renovierung bevorsteht (s. o.). Da bei einem möglichen Gas-Austritt wegen der akuten Toxizität des Gases kaum Ansatzpunkte für ärztliche Notfall-Maßnahmen bestehen, forderten 94 MedizinerInnen eine sofortige Stilllegung der Leitung. „Wir sind nicht länger gewillt, dieses Hochrisiko-Projekt außerhalb des Werksgeländes von BAYER hinzunehmen, nur damit das Unternehmen eine unverantwortlich große Menge an CO vorhalten kann. Daher verlangen wir, die CO-Pipeline von Dormagen nach Leverkusen schnellstens zu stoppen“, erklärte Dr. Gottfried Arnold für die Gruppe.

Ein Musical gegen die CO-Pipeline
BAYERs umstrittene Kohlenmonoxid-Pipeline schaffte es jetzt sogar auf die Theater-Bühne. Am 23. Oktober 2015 hatte „Rheinheim – das Katastrophen-Musical“ Premiere. Kinder und Jugendliche aus Monheim und Langenfeld führten das Stück auf; für die Co-Produktion taten sich Monheimer Schulen und Kindergärten, die Musikschulen Monheim und Langenfelds sowie das Hitdorfer Matchbox-Theater zusammen. Und das Stück um die böse Frau Dr. Blöker von der Reichol AG, den in die Jahre gekommenen Action-Helden Briece Wullis, einen zerstreuten Professor, Werkschutz-AgentInnen und vier junge ReporterInnen mit Spürsinn für Industrie-Skandale kann sogar mit einem Happy End aufwarten. Im echten Leben ist hingegen das dicke Ende für die Giftgas-Leitung leider noch nicht gekommen.

Offener Brief an National Geographic
Der Leverkusener Multi gehört mit seiner unökologischen Produktionsweise und Hervorbringungen wie gefährlichen Industrie-Chemikalien und Pestiziden zu den großen Umweltsündern. Um das zu kaschieren, betreibt er Greenwashing, indem er mit dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen und Umwelt-Organisationen Kooperationen eingeht. Mit der „National Geographic Society“, die unter anderem die Zeitschrift National Geographic herausgibt, arbeitet das Unternehmen nun schon zum zweiten Mal zusammen. Im Oktober 2015 ließ die Gesellschaft sich für die ganz auf den agro-industriellen Komplex setzende Landwirtschaftssparte des Konzerns einspannen. Gemeinsam mit BAYER CROPSCIENCE präsentierte sie das Online-Spiel „Top Crop“, das sich angeblich den „komplexen Problemen beim Anbau von Nahrungsmitteln für eine wachsende Weltbevölkerung“ widmet. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN kritisierte die Partnerschaft in einem Offenen Brief an die „National Geographic Society“ scharf. „BAYER ist der zweitgrößte Hersteller von Pestiziden und einer der zentralen Anbieter von gentechnisch verändertem Saatgut. Die von BAYER propagierte Landwirtschaft, die auf einem intensiven Einsatz von Agro-Chemikalien und Dünger basiert, schädigt Böden und Biodiversität irreversibel und gefährdet dadurch die Ernährungssicherheit. National Geographic sollte sich nicht dafür hergeben, Geld aus der Portokasse von BAYER anzunehmen und dadurch zum ‚Greenwashing’ des Konzerns beizutragen“, hieß es darin etwa.

Virtueller MIRENA-Flashmob
BAYERs Hormon-Spirale MIRENA hat Nebenwirkungen wie nächtliche Schweißausbrüche, Herzrasen, Unruhe, Schlaflosigkeit, permanente Bauchkrämpfe und Oberbauchschmerzen. Allein die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA erhielt bereits 45.000 Meldungen über unerwünschte MIRENA-Effekte. Darum setzen sich immer mehr Frauen zur Wehr. Sie verklagen den Leverkusener Multi – in den USA gibt es bereits über 2.000 Prozesse – und führen Aktionen durch. So kam eine bundesdeutsche Gruppe zu einem virtuellen Flashmob auf BAYERs Facebook-Seite zusammen und forderte dort unter anderem aussagekräftigere Beipackzettel und einen Widerruf der Aussage, MIRENA würde nur lokal wirken.

Neues von der Duisberg-Kampagne
Am 29. September 2011 jährte sich der Geburtstag des langjährigen BAYER-Generaldirektors Carl Duisberg zum 150. Mal. Um die medialen Ständchen für den Mann zu konterkarieren, der im 1. Weltkrieg verantwortlich für den Einsatz von Giftgas und die Ausbeutung von ZwangsarbeiterInnen war und später einen maßgeblichen Anteil an der Gründung des Mörderkonzerns IG FARBEN hatte, rief die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) eine Kampagne ins Leben. Sie mahnte anlässlich des Jahrestags die Umbenennung von Straßen, Schulen und anderen Einrichtungen an, die Duisbergs Namen tragen. Viele Menschen ließen sich davon anregen und trugen die Forderung in die zuständigen Kommunal-Vertretungen. In Dortmund und Lüdenscheid hatte das schon Erfolg (siehe auch SWB 1/15). Andere Orte wie z. B. Frankfurt und Marl haben noch keine Entscheidung gefällt. Der Bürgermeister des BAYER-Standortes Dormagen beauftragte das Stadtarchiv mit einer Prüfung. Diese fiel nicht eben zu Gunsten Duisbergs aus. CDU, FDP und die Zentrumspartei wollten jedoch trotzdem keine Initiative ergreifen, die SPD blieb gespalten. Darum schlug der Bürgermeister vor, die AnwohnerInnen selbst über die Sache entscheiden zu lassen. Und da diese sich hauptsächlich von praktischen Erwägungen leiten lassen dürften, wird es wohl keine Adress-Änderungen in Dormagen geben. Bonn und Waldshut-Tiengen haben sich ebenfalls gegen einen neuen Namen entschieden. Auch die Universität Marburg hielt an Duisberg fest und ließ ihm seine Ehrendoktor-Würde. In Bergisch-Gladbach hingegen stand die Straßen-Bezeichnung zwar nicht zur Debatte, die Stadt hat aber ein Straßennamen-Buch herausgegeben, das auch einen kritischen Artikel zu Duisberg enthält.

UN-Kritik an BAYER
Bei seinem Deutschland-Besuch im Herbst 2015 beanstandete der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Buskat Tuncak, die von den Chemie-Konzernen betriebene Politik der doppelten Standards. „Gefährliche Pestizide, die in der EU zur Verwendung verboten sind, werden von einigen deutschen Unternehmen immer noch in Länder exportiert, die nicht über ein angemessenes System zur Kontrolle dieser Pestizide verfügen“, so Tuncak. Ganz konkret kritisierte er dabei auch den Leverkusener Multi. „BAYER hat zugegeben, dass noch hochgefährliche Pestizide hergestellt werden, hat aber auch eingeräumt, dass daran gearbeitet wird, nach und nach aus den Produkten auszusteigen. Mich befriedigt allerdings nicht, dass es keinen konkreten Zeitplan dafür gibt“, sagte der Sonderberichtserstatter. Das PESTIZID-AKTIONS-NETZWERK (PAN) machte bei seiner letzten Inventur im Jahr 2012 64 hochgefährliche Ackergifte in den Beständen des Konzerns aus. 15 davon verkauft er nur in Afrika, Asien und Lateinamerika; elf Substanzen dieser Gruppe wie etwa Fipronil, Mancozeb und Diuron sind hierzulande gar nicht (mehr) zugelassen (SWB 3/12).

ESSURE-Protest in den USA

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ESSURE, BAYERs ohne Hormone auskommendes Mittel zur Sterilisation, zieht immer mehr Kritik auf sich. Die kleine Spirale, deren Kunststoff-Fasern für ein so großes Wachstum des Bindegewebes sorgen sollen, dass sich die Eileiter verschließen, kann nämlich beträchtliche Gesundheitsschädigungen hervorrufen. Allzu oft bleibt die Spirale nicht an ihrem vorgesehenen Ort, wandert vielmehr im Körper umher und verursacht Risse an den Wänden innerer Organe, was zu lebensgefährlichen inneren Blutungen führen kann. Auch Hautausschläge, Kopfschmerzen, Übelkeit und Allergien zählen zu den Nebenwirkungen. Aktionsgruppen in den USA riefen deshalb den 15. Juli 2015 zum landesweiten Protesttag aus. Mit Parolen wie „Don’t be sure with ESSURE“ oder „BAYER stole my uterus – people before profits“ gaben Frauen auf den Straßen ihren Unmut über das Medizin-Produkt Ausdruck.

ESSURE-Protest in den USA

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Die unerwünschten Arznei-Effekt von BAYERs Sterilisationsspirale ESSURE (s. o.) bewogen den republikanischen Politiker Mike Fitzpatrick, einen Verbotsantrag in den Kongress einzubringen, den „E-Free Act“. „Die durch ESSURE verursachten Schäden sind gut dokumentiert und reichen weit. Trotz all dieser Fakten bleibt das Medizinprodukt auf dem Markt, mit einem Zulassungsstempel der FDA (US-Gesundheitsbehörde, Anm. Ticker) versehen. Das ist unakzeptabel für mich und die Zehntausenden von ‚ESSURE Sisters’, die mit den Nebenwirkungen leben müssen“, sagte Fitzpatrick zur Begründung. Ursprünglich versicherte ihm mit Rosa DeLauro sogar eine Demokratin ihren Beistand, ein ungewöhnlicher Akt angesichts der aktuellen Grabenkämpfe zwischen den beiden Parteien. Die Abgeordnete aus Connecticut zog ihre Unterstützung jedoch wieder zurück, weshalb der „E-Free Act“ kaum Chancen hat, Gesetzeskraft zu erlangen.

Transparenz für Stiftungsprofessuren?
Der Leverkusener Multi unterhält diverse Stiftungsprofessuren. In Niedersachsen muss der Konzern über die genauen Modalitäten bei der Einrichtung der Lehrstühle künftig vielleicht etwas genauer Auskunft geben. Das Bundesland bereitet nämlich ein Informationsfreiheitsgesetz vor, das Transparenz-Regelungen für die entsprechenden Vereinbarungen vorsieht. So kann die Öffentlichkeit dann etwa erfahren, wie viele Wörtchen die Konzerne bei der Berufung der Hochschul-LehrerInnen mitzureden haben. Den Landtag passiert hat das Paragrafen-Werk allerdings noch nicht.

Transparenz bei Beobachtungsstudien
Erkenntnisse werfen die Beobachtungsstudien zu Arzneien, die MedizinerInnen mit ihren PatientInnen durchführen, kaum ab. Das ist auch gar nicht Sinn der Übung. Die Anwendungsuntersuchungen – wie sie BAYER etwa zu seinem Multiple-Sklerose-Präparat BETAFERON in Auftrag gegeben hat – verfolgen nur den Zweck, die Kranken auf das getestete Präparat umzustellen. Und dafür zahlen die Pharma-Riesen den ÄrztInnen viel Geld. „Fangprämien“ nannte ein ehemaliger Vorsitzender der „Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein“ diese Zuwendungen einst. Genauere Informationen zu den Anwendungsbeobachtungen (AWB) müssen die Unternehmen den Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem „Bundesinstitut für Arzneien und Medizinprodukte“ (BfArM) übermitteln. Die Deutschland-Sektion von TRANSPARENCY INTERNATIONAL wollte sich diese Unterlagen einmal genauer ansehen und stellte einen Antrag auf Einsichtnahme. Von den drei angesprochenen Institutionen stellte sich nur das BfArM quer. Erst nach zwei Klage-Verfahren gelang es Transparency, Zugang zu den Dokumenten zu erhalten. Der Grund für das Blockade-Verhalten erschloss sich gleich nach Lektüre der Akten. Das BfArM war nämlich seinem gesetzlichen Auftrag, die Anwendungsbeobachtungen zu beobachten, mitnichten nachgekommen. Die Einrichtung versah das Material meistens nur mit einer Posteingangsnummer und heftete es ab. Unstimmigkeiten, die Transparency gleich ins Auge stachen wie etwa unvollständige Meldungen, fehlende Beobachtungspläne und fehlende Angaben zu den Honoraren, bemerkte das Bundesinstitut folglich nicht. Auch verglich es die erhaltenen Angaben nicht mit denen, die BAYER & Co. gegenüber den Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gemacht hatten, so dass die stark differierenden Auskünfte über die Anzahl der AWB nicht weiter auffielen. „Es erfolgte offensichtlich seitens der Institutionen kein Abgleich untereinander, auch gegenüber den Meldenden wurden kaum Beanstandungen erhoben. Ebenso wenig interessierte man sich für den Verlauf oder die Ergebnisse der AWB, vor allem hinsichtlich der Arzneimittel-Sicherheit“, kritisiert TRANSPARENCY INTERNATIONAL. Das Resümee der Organisation lautet deshalb: „Der wissenschaftliche Nutzen von AWB für die Allgemeinheit ist also gleich Null.“ Der Nutzen für die MedizinerInnen ist hingegen hoch. Die 126.764 von 2008 bis 2010 an den Beobachtungsuntersuchungen beteiligten ÄrztInnen erhielten für ihre Arbeit mit den über eine Million PatientInnen im Durchschnitt 19.000 Euro. Zehnmal stellte dabei der Leverkusener Multi den Scheck für „Studien“ mit insgesamt 6.500 Menschen aus. Als Konsequenz aus dem Studium der Unterlagen fordert Transparency nun strengere Auflagen für die Anwendungsuntersuchungen.

Protest gegen SIVANTO
BAYER preist das Pestizid SIVANTO mit dem Inhaltsstoff Flupyradifuron als Alternative zu den bienengefährlichen Substanzen GAUCHO und PONCHO an. SIVANTO zählt zwar nicht wie GAUCHO (Imidacloprid) und PONCHO (Clothianidin) zu den Neonicotinoiden, sondern zu den Butenoliden, aber es wirkt wie die beiden Agro-Gifte systemisch und blockiert ebenso wie diese die Reiz-Weiterleitung an den Nervenbahnen. Deshalb bestehen massive Zweifel daran, ob der Stoff wirklich so „bienenfreundlich“ ist, wie der Leverkusener Multi behauptet. So hält Michele Colopy von der Organisation POLLINATOR STEWARDSHIP COUNCIL fest: „Die Forschungsergebnisse weisen vielleicht auf keine akute toxische Wirkung bei der ersten Anwendung hin, aber Zweit- und Drittanwendung zeigen eindeutige Effekte auf die Bienensterblichkeit, das Verhalten, die Brut-Entwicklung sowie Pollen und Nektar.“ Trotzdem erteilten die US-Behörden dem Produkt die Zulassung. Kanada hat noch nicht über eine Genehmigung entschieden, aber im Vorfeld regt sich bereits heftiger Widerstand gegen SIVANTO. HEALTH CANADA, SumOfUs und die „DAVID SUZUKI FOUNDATION“ rufen dazu auf, dem Pestizid kein grünes Licht zu erteilen, und haben eine Kampagne gestartet.

Gen-Soja: TESTBIOTEST kritisiert EU
Die Europäische Kommission entscheidet demnächst über die Einfuhr-Genehmigung von BAYERs Gen-Soja FG72. Dank Manipulationen an ihrem Erbgut übersteht die Laborfrucht Heimsuchungen durch die Pestizide Isoxaflutol und Glyphosat, während Wildkräuter den Agro-Giften erliegen. Bei Isoxaflutol haben die „ZukunftstechnologInnen“ auf einen 20 Jahre alten Inhaltsstoff zurückgegriffen, der ebenso wie sein Pendant Glyphosat im Verdacht steht, Krebs zu erregen. Die Organisation TESTBIOTEST hat die EU wegen dieser Risiken und Nebenwirkungen aufgefordert, eine detaillierte Untersuchung zu den Chemikalien durchzuführen, ehe sie ihre Entscheidung fällt. „Es ist Aufgabe der EU-Kommission, für eine Risiko-Prüfung zu sorgen, die den Anforderungen der EU-Gesetze genügt. Diese basieren auf dem Vorsorge-Prinzip und fordern hohe wissenschaftliche Standards. Die Risiko-Bewertung muss daher auch die gesundheitlichen Auswirkungen von speziellen Mischungen von Spritzmittel-Rückständen einbeziehen“, so der Testbiotestler Christoph Then. Brüssel lehnte seine Forderung jedoch ab.

Warnung vor Testosteron-Mitteln
Mit großer Anstrengung arbeitet der Leverkusener Multi daran, die „Männergesundheit“ als Geschäftsfeld zu etablieren und Hormon-Präparaten wie NEBIDO oder TESTOGEL neue und nur selten zweckdienliche Anwendungsmöglichkeiten zu erschließen. Zu diesem Behufe hat der Pharma-Riese die Krankheit „Testosteron-Mangel“ erfunden und sie zu „männlichen Wechseljahresstörungen“ erhoben. Studien hingegen warnen wegen Nebenwirkungen wie Herzinfarkt, Harntrakt-Schädigungen, Schrumpfung des Hoden-Gewebes, Beeinträchtigung der Zeugungsfähigkeit, Brust-Wachstum, Bluthochdruck, Blutverdickung, Ödeme und Leberschäden vor den Mitteln (siehe auch Ticker 4/15). Ungeachtet dessen verschreiben MedizinerInnen die Pharmazeutika immer häufiger – die Pharma-DrückerInnen von BAYER & Co. machen offenbar ganze Arbeit. Dr. Thomas Vögeli, Leiter der Aachener „Klinik für Urologie“ kritisiert den Umgang mit NEBIDO & Co.: „Es kommen Patienten zu uns, die halbwegs normale Testosteron-Werte haben – und trotzdem von Urologen oder Hausärzten Hormone verabreicht bekommen“, so Vögeli: „Das ist unverantwortlich.“

KAPITAL & ARBEIT

Grenzach: BAYER streicht 200 Stellen
Der Leverkusener Multi vernichtet in seinem Grenzacher Werk 200 der 660 Arbeitsplätze. Der Konzern stellt an dem Standort die Salben BEPANTHOL und BEPANTHEN her und befüllt Fertigspritzen und Injektionsfläschchen für andere Pharma-Unternehmen. Mit ausbleibenden Aufträgen von diesen Fremdfirmen begründet der Pillen-Riese nun die Stellen-Streichungen, die LeiharbeiterInnen ebenso betreffen wie Beschäftigte mit befristeten und unbefristeten Verträgen. „Die Kollegen sind spürbar entsetzt, fassungslos und enttäuscht“, hält der Betriebsratsvorsitzende Armin Schranz fest und kritisiert die Verantwortungslosigkeit des Personals in den Top-Rängen. „Erfahrene Manager, die uns bis dahin geführt haben und die wir eigentlich in diesen schwierigen Zeiten dringend benötigen, verließen uns nach und nach und ließen uns mit unseren Sorgen und Problemen alleine“, so Schranz. Er verweist auch auf die – sich nun als sinnlos erweisenden – Opfer, welche die Belegschaft erbracht hatte, als BAYER die Produktionsstätte im Zuge des Kaufs von ROCHEs „Consumer Health“-Sparte übernahm, und warnt vor weiteren Einschnitten. „Nachdem altgediente Mitarbeiter nach dem Betriebsübergang von ROCHE zur BAYER AG zur Sicherung des Standortes große Verluste der Betriebsrenten-Ansprüche hinnehmen mussten, dürfen weitere Einbußen keinesfalls folgen“, mahnt Schranz. Um das sicherzustellen, will der Betriebsratschef bei den laufenden Verhandlungen mit dem Global Player eine Standortsicherungsvereinbarung durchsetzen.

500 Euro Monatslohn in China
Das Reich der Mitte hält für BAYER viele Standort-Vorteile bereit. So braucht der Leverkusener Multi in der Pharma-Produktion beschäftigten Frauen nur einen Monatslohn von umgerechnet 500 Euro zu zahlen. Auch mit den Sozialleistungen kann sich der Konzern zurückhalten. Mutterschutz gewährt er nur wenige Wochen. Grund genug für den Pharma-Riesen, die Pillen-Produktion in Peking auszuweiten. 100 Millionen Euro investiert er in den Ausbau des dortigen Werkes.

Klagen über Arbeitsverdichtung
Am Wuppertaler Pharma-Standort von BAYER leidet die Belegschaft unter einer massiven Arbeitsverdichtung. „Die Mitarbeiter beklagen die hohe Taktzahlen“, „Man hat nur noch zu funktionieren“, „Bei der Urlaubsabsprache kommt man sich vor wie ein Bittsteller“ – diese Stimmen aus der Produktion zitiert die Wuppertaler BELEGSCHAFTSLISTE, eine Gruppe kritischer Chemie-GewerkschaftlerInnen im Wuppertaler BAYER-Werk. Dem Belegschaftsinfo zufolge lässt der Pillen-Riese Schichten mit zwei statt wie eigentlich vorgesehen mit vier Beschäftigten fahren und bürdet durch die heißlaufenden Maschinen vor allem den SchlosserInnen und dem Kontroll-Personal viele Lasten auf. Darüber hinaus arbeiten Belegschaftsangehörige bis zu 17 Tage ohne Pause durch und häufen Überstunden ohne Ende an. „Hier muss Abhilfe geschaffen werden“, fordert die BELEGSCHAFTSLISTE.

Feine Unterschiede beim Bonus
Von seinem 2014er Rekord-Gewinn gab BAYER mit 420 Millionen Euro auch bisschen was an die 18.200 Tarif-Beschäftigten in der Bundesrepublik weiter. Bei BAYER HEALTH CARE profitierten davon jedoch nicht alle in gleichem Maße. Die in der Produktion arbeitenden Belegschaftsangehörigen erhielten nicht so viel wie diejenigen aus dem Bereich „Forschung & Entwicklung“. „Wieso bekommen unsere Produktionskollegen weniger als ‚Forschung und Entwicklung?“, fragte die im Wuppertaler BAYER-Werk aktive alternative Gewerkschaftsgruppe BELEGSCHAFTSLISTE deshalb kritisch und stellte fest: „Die Kollegen haben sicher nicht weniger zum überragenden Geschäftserfolg beigetragen!“

Neuer Tarifvertrag in Berkeley
Das BAYER-Werk in Berkeley gehört zu den wenigen US-Niederlassungen des Konzerns mit einer organisierten Arbeiterschaft, aus anderen Werken vertrieb der Leverkusener Multi die Gewerkschaften erfolgreich. 2012 hatte es an dem kalifornischen Standort nahe San Francisco noch harte Tarif-Verhandlungen gegeben, die von Solidaritätsaktionen im ganzen Land begleitet waren. 2015 hingegen blieben die großen Auseinandersetzungen aus. Der Konzern einigte sich mit den GewerkschaftlerInnen relativ schnell auf einen neuen Tarif-Vertrag mit 4-jähriger Laufzeit. Offenbar hat sich das Unternehmen mit der Existenz der Beschäftigten-Vertretung abgefunden.

DRITTE WELT

Aus für die „Food Partnership“
Im Jahr 2012 rief der damalige Entwicklungshilfe-Minister Dirk Niebel die „German Food Partnership“ (GFP) ins Leben. BAYER, BASF, SYNGENTA und weitere Firmen beteiligten sich an der Kooperation. „Mit ihrem Kapital, vor allem aber ihrem Know-how und ihrer Wertschätzung für Umwelt- und Sozialstandards trägt die Privatwirtschaft ganz wesentlich zu entwicklungspolitischen Fortschritten bei“, so begründete der FDP-Politiker die Zusammenarbeit damals. Der Leverkusener Multi wirkt an dem GFP-Projekt „Better Rice Initiative in Asia“ mit. Er nutzt es als Vehikel, um seinen nach einer agro-industriellen Produktionsweise verlangenden, sich nicht zur Wiederaussaat eignenden Hybrid-Reis zu vermarkten. Zur Erhöhung der Versorgungssicherheit und Stärkung der Kleinbauern und Kleinbäuerinnen trägt die Unternehmung hingegen nichts bei. Darum kritisierte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN die Liasion zwischen dem „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (BMZ) und der Industrie scharf. Andere Verbände wie OXFAM und FIAN protestierten ebenfalls gegen die Entwicklungshilfe für multinationale Konzerne. Das Engagement hatte jetzt Erfolg. Das BMZ beendet die „German Food Partnership“. Die Reis-Initiative und andere Programme laufen jedoch weiter. Andere Formen dessen, was Niebel einst „Schulterschluss mit der Privatwirtschaft“ nannte, brauchen sich um die Überweisungen aus Berlin auch keine Sorgen zu machen. Die „Neue Allianz für Ernährungssicherung“ von MONSANTO, BAYER & Co., kann sich ebenso nach wie vor über hohe Subventionen freuen wie develoPPP, in dessen Rahmen der Leverkusener Multi an einem Vorhaben zur Behebung der Mangelernährung von afrikanischen Frauen teilnimmt. Und für die „Grünen Innovationszentren“, für die der Agro-Riese in Indien gerade eine Messstation zur Erfassung von Pilz-Sporen baut, gilt das Gleiche.

Kenia: Streit um Parallel-Importe
In manchen afrikanischen Ländern kosten bestimmte Medikamente bis zu 50 Mal mehr als in anderen Staaten auf der Welt. Die Weltgesundheitsorganisation WHO nennt als Beispiel BAYERs Antibiotikum CIPROFLOXACIN, von dem eine Packung mit 100 Tabletten in Mozambik zu einem Preis von 740 Dollar erhältlich ist, während InderInnen dafür nur 15 Dollar zahlen müssen, weil die Arznei dort Konkurrenz in Form von billigen Nachahmer-Produkten hat. Die WHO hält deshalb die Einfuhr dieser günstigeren Präparate („Parallel-Import“) ausdrücklich für ein legitimes und auch nicht die Regeln der Welthandelsorganisation WTO verletzendes Mittel, um die Medikamenten-Versorgung sicherzustellen. Genau zu diesem Instrument will jetzt das kenianische Gesundheitsministerium greifen, aber die Industrie-Vereinigung „Pharmaceutical Society of Kenya“ sträubt sich dagegen.

POLITIK & EINFLUSS

Konzerne kritisieren Klima-Abkommen
Auf der Pariser Klima-Konferenz kamen die Teilnehmer-Länder überein, die Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts auf 1,5 Grad zu begrenzen. Einen verbindlichen Fahrplan zum Erreichen dieses Zieles haben die Staaten allerdings nicht beschlossen. Aber nicht daran stören sich BAYER & Co. Die Konzerne kritisieren die Vereinbarung, weil diese sie nicht vor den Wettbewerbsnachteilen schützt, die ihnen die aus ihrer Sicht zu ambitionierte Politik der EU auf diesem Gebiet beschert hat. Der Präsident des „Bundesverbandes der deutschen Industrie“, Ulrich Grillo, beklagte die angeblich unfaire Lastenverteilung und forderte ein Klimaschutz-Moratorium. „Es ist jetzt nicht die Zeit, überstürzt über neue EU-, geschweige denn nationale Ziele nachzudenken“, so Grillo. Sein Kollege Holger Lösch aus der BDI-Geschäftsführung leitete aus den Pariser Beschlüssen die Schlussfolgerung ab, „dass Deutschland und Europa auch weiterhin ihre Industrien vor ungleichen Wettbewerbsbedingungen schützen müssen“, und der Hauptgeschäftsführer des „Verbandes der Chemischen Industrie“, Utz Tillmann, wusste dafür sogar schon ein erstes Betätigungsfeld zu nennen. Die Europäische Union dürfe den Unternehmen bei der anstehenden Reform des Emissionshandels keine neuen Auflagen machen, meinte Tillmann.

Offene Bundestagstüren für BAYER
In wichtigen Hauptstädten wie Berlin, Brüssel, Washington und Peking unterhält der Leverkusener Multi so genannte Verbindungsbüros für seine Lobby-Arbeit. Patricia Solaro, welche die Dependance am bundesdeutschen Regierungssitz leitet, beschreibt ihre Tätigkeit allerdings ein wenig anders: „Wir sind Dienstleister für die Politiker, das bedeutet, wir müssen komplexe Sachverhalte aus den Bereichen ‚Pharma‘, ‚Gesundheit‘ und ‚Chemie‘ verständlich darstellen“. Und dazu hat BAYER soviel Gelegenheit wie kaum ein anderes Privat-Unternehmen. Gleich sieben Beschäftigte des Konzerns verfügen über Hausausweise für die Bundestag, nur die Lobby-Agentur EUTOP besitzt mehr. Ausgestellt hat die Dokumente für den Pharma-Riesen ausnahmslos die CDU-Fraktion. Die hatte dann auch ebenso wenig wie die SPD ein Interesse daran, dass die Liste mit den privilegierten Konzernen, Organisationen und Verbänden ans Licht der Öffentlichkeit kommt. Es war eine Klage des Tagesspiegels nötig, um die Parteien zur Preisgabe der Unterlagen zu zwingen.

Steinmeier preist BAYER & Co.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat für die Neuausgabe des „Lexikons der deutschen Weltmarkt-Führer“ ein Grußwort verfasst und lobt BAYER & Co. darin in den höchsten Tönen. „Der Erfolg deutscher Weltmarkt-Führer speist sich aus mehr als einem ausgeprägten Gespür für Marktchancen und herausragender Innovationskraft. Vernunft, Verantwortung und langfristige Orientierung – das sind die Werte, die das Handeln dieser Unternehmen bestimmen“, schreibt der Sozialdemokrat und schwärmt von seinen Besuchen der Firmen-Standorte im In- und Ausland. Dass es mittlerweile kaum noch einen nicht vorbestraften Dax-Konzern gibt und nicht nur das Sündenregister von BAYER kaum noch zu überblicken ist, ficht ihn dabei nicht an.

Schmidt knickt vor BAYER & Co. ein
Viele TierzüchterInnen verwenden Gentech-Pflanzen als Futtermittel. Darum fordern Gentechnik-GegnerInnen schon seit Langem eine Kennzeichnungspflicht für tierische Produkte, in denen Labor-Früchte von BAYER & Co. stecken. Auch die Bundesregierung bekannte sich in ihrem Koalitionsvertrag zu einer solchen Maßnahme. Jetzt schrieb die Große Koalition das Projekt allerdings ab. Das Vorhaben „finde derzeit keine ausreichende Unterstützung seitens der Europäischen Kommission und der Mitgliedsstaaten“, hieß es kurz und knapp in dem von Landwirtschaftsminister Christian Schmidt CSU vorgelegten agrarpolitischen Bericht. „Die Bundesregierung betrügt die Bürgerinnen und Bürger, die Gentechnik im Essen und auf den Äckern mehrheitlich ablehnen, ein weiteres Mal“, kritisierte Harald Ebner von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Duin im Chemie-Mobil
Der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) hat eigentlich nichts gegen die gefährliche Kohlenmonoxid-Pipeline, die zwischen den BAYER-Standorten Krefeld und Dormagen verläuft und immer noch ihrer Inbetriebnahme harrt. Er warf dem Leverkusener Multi nur vor, die BürgerInnen bei der Entscheidung nicht eingebunden zu haben. Deshalb mahnte er eine bessere Öffentlichkeitsarbeit an. Frucht dieser Offensive ist nun das Chemie-Mobil des nordrhein-westfälischen „Verbandes der Chemischen Industrie“, das im Herbst 2015 Stadtfeste und Märkte heimsuchte. Der Minister ließ es sich dann auch nicht nehmen, dem Gefährt seine Aufwartung zu machen, für einen Foto-Termin zur Verfügung zu stehen und Zitierfähiges kundzutun. „Die Menschen vor Ort können sich so über die Vielfalt und Bedeutung der Produkte der chemischen Industrie informieren. Das schafft Vertrauen und legt die Basis für ein lebendiges Miteinander“, lobte der Sozialdemokrat die Propaganda-Aktion.

Peking: Kraft besichtigt BAYER-Werk
Auf ihrer China-Reise im Frühjahr 2015 begleitete die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) eine 40-köpfige Delegation mit Wirtschafts-, Wissenschafts- und MedienvertreterInnen. Darunter befand sich auch der BAYER-Vorstand Michael König. Damit nicht genug, stattete Kraft überdies noch BAYERs Pharma-Werk in Peking einen Besuch ab und verlieh der Fertigungsstätte ministrielle Weihen. „Wir sind wirklich beeindruckt, mit welchen Standards hier produziert wird“, ließ sich die Sozialdemokratin vernehmen.

BAYER & Co. fordern Maßnahmen
Mitte März 2015 kamen der „Bundesverband der deutschen Industrie“ und andere Wirtschaftsverbände mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammen. Im Vorfeld des Treffens veröffentlichten BAYER & Co. eine lange Wunschliste. Darin forderten die Konzerne Maßnahmen zur Stärkung des Standortes Deutschland durch mehr Investitionen in die Infrastruktur, „Bürokratie-Abbau“ und bessere Anlage-Bedingungen für Wagnis-Kapital. Darüber hinaus klagten die Unternehmen über hohe Strom-Kosten und warnten vor zusätzlichen Belastungen etwa durch die von der EU geplante Neuregelung des Handels mit Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten. Statt mit einem „verschärften Ordnungsrecht“ zu operieren, müsse die Energie-Politik Anreize setzen und auf das Prinzip „Freiwilligkeit“ vertrauen, hielten die Multis darüber hinaus fest. Auch ein Wiederaufschnüren des Gesetzes-Pakets mit den Hartz-„Reformen“ verbaten die Firmen sich. „Die Bundesregierung darf die Reform-Uhr auf dem Arbeitsmarkt nicht immer weiter zurückdrehen. Das gilt gerade für die Zeitarbeit und Regulierung von Werk- und Dienstverträgen“, heißt es in der „Gemeinsamen Erklärung“.

BAYER & Co. vs. Hillary Clinton
Hierzulande kritisierte Karl Lauterbach jüngst in seinem Buch „Die Krebs-Industrie“ die Mondpreise für Onkologie-Medikamente scharf. In den USA wächst der Unmut über die hohen Kosten für die Pharmazeutika ebenfalls (siehe SWB 1/16). So protestierten schon PatientInnen-Verbände und ÄrztInnen gegen die Profit-Sucht von Big Pharma. Und kurz nachdem 118 Krebs-ExpertInnen einen Maßnahmen-Katalog zur Reduzierung der Arznei-Ausgaben vorgelegt hatten, veröffentlichte auch Hillary Clinton von der demokratischen Partei einen Plan zur Reduzierung der Renditen nicht nur bei Krebs-, sondern auch bei Alzheimer- und Parkinson-Therapeutika. BAYERs US-amerikanischer Lobby-Verband PhRMA reagierte postwendend und tischte die altbekannten Argumente für die Beibehaltung des lukrativen Status Quos auf: „Secretary Clintons Vorschlag würde die Uhr des medizinischen Fortschritts zurückdrehen und den Fortschritt im Kampf gegen diejenigen Krankheiten bremsen, welche die Menschen am meisten fürchten.“

Steuerbefreiung in Mishawaka
In den USA macht BAYER es sich zur Gewohnheit, vor Investitions- oder Deinvestitionsentscheidungen zu eruieren, ob die Standorte zu Steuer-Reduzierungen bereit sind (siehe auch TICKER 2/15). Mit Mishawaka ging nun erneut eine Gemeinde auf die Erpressung ein. Gegen die Versicherung des Konzerns, 50 bis 60 Arbeitsplätze zu schaffen, stellte die Stadt dem Global Player gehörige Nachlässe in Aussicht. Im ersten Jahr will Mishawaka ihm aller Abgaben erlassen, im zweiten 90 Prozent, anschließend 80 Prozent und so weiter, bis der Leverkusener Multi nach einer Dekade dann wieder normal zahlen muss.

PROPAGANDA & MEDIEN

XARELTO-Kampagne mit Ballack
Da der Gesetzgeber in der Bundesrepublik direkte Werbung für Arzneien nicht gestattet, greift BAYER zu indirekten Methoden. Die Reklame für seinen umstrittenen Gerinnungshemmer XARELTO – allein im Jahr 2014 gingen beim „Bundesinstitut für Arzneien und Medizinprodukte“ 161 Meldungen über Todesfälle im Zusammenhang mit dem Mittel ein – tarnt der Leverkusener Multi beispielsweise als Aufklärungskampagne zum Thema „Schlaganfall“. Bereits seit vier Jahren läuft die PR-Aktion „Rote Karte für den Schlaganfall“ mit dem ehemaligen BAYER-Leverkusen-Fußballer Michael Ballack als prominentes Gesicht. Als Kooperationspartner mit dabei: Die PatientInnen-Organisation „Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe“, die dem Global Player den Kontakt zur Zielgruppe sichert.

Große Tierarznei-Verkaufsshow
Bei der Vermarktung von Tier-Arzneien stoßen BAYER & Co. auf noch weniger Grenzen als bei der Verkaufsförderung von humanmedizinischen Produkten. Das nutzen die Unternehmen weidlich aus. So veranstaltete die Branchen-Vereinigung „American Veterinary Medical Association“ im Dezember 2014 eine 4-tägige Messe, die rund 9.000 VeterinärInnen besuchten. Mit freien Mahlzeiten, kleinen, die Freundschaft erhaltenden Geschenken, Rock-Konzerten und anderen Events hielten die Konzerne ihre Kundschaft bei Laune. So bot der Leverkusener Multi einen Magier auf, um einen Vortrag mit „Produkt-Informationen“ einzuleiten und belohnte die ZuhörerInnen anschließend mit einem USB-Ladegerät.

BAYER sponsert Jugend-Agrar-Gipfel
Der Leverkusener Multi investierte in die Zukunft seines Landwirtschaftsgeschäfts und rief deshalb den Jugend-Agrar-Gipfel ins Leben. Gemeinsam mit der JunglandwirtInnen-Organisation „Future Farmers Network“ lud BAYER Ende August 2015 „rund 100 junge Vordenker aus aller Welt“ ins australische Canberra ein, um ihnen nahezubringen, was ein Agro-Riese so unter einer nachhaltigen Acker-Bewirtschaftung versteht.

BAYER sponsert ÄrztInnen-Kongresse
Zur Pflege der medizinischen Landschaft sponsert der Leverkusener Multi auch ÄrztInnen-Kongresse. Im November 2015 „unterstützte“ er nach Informationen der Initiative BIOSKOP den Kongress der „Deutschen Hochdruck-Liga“ zu „Hypertonie und Prävention“ mit 18.000 Euro und die Arbeitstagung der „Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft Endokrinologie“ mit 5.000 Euro. Im Oktober konnte sich die „Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Urologen“ über 2.000 Euro freuen, und auch die Veranstaltungen des Geriatrie-Forums und der „European Association of Nuclear Medicine“ bedachte der Leverkusener Multi. Am meisten ließ er sich jedoch den Kongress der „Deutschen Gesellschaft für Neurologie“ (DGN) kosten, der vom 23. bis zum 26. September in Düsseldorf stattfand. Über 180.000 Euro investierte der Konzern hier – gut angelegtes Geld, denn diese Medizin-Gesellschaft zählt zu den einflussreichsten Verfechtern des umstrittenen BAYER-Gerinnungshemmers XARELTO. So widersprach die DGN ausdrücklich der XARELTO-Kritik der „Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft“ und empfiehlt das Medikament in seinen Leitlinien.

BAYER sponsert Fortbildungen
Der Gesetzgeber verpflichtet die MedizinerInnen darauf, ihre Kenntnisse ständig zu erweitern. Die betreffenden Fortbildungsmaßnahmen unterliegen allerdings dem Einfluss von BAYER & Co. 60 bis 70 Prozent der Angebote finanziert Big Pharma. Der Leverkusener Multi arbeitet dabei besonders eifrig daran, das Wissen der ÄrztInnen über seinen umstrittenen Gerinnungshemmer XARELTO zu mehren und bietet zu diesem Behufe Veranstaltungen wie „ThromboVision 2015“ und Vorträge wie „Die neuen Antikoagulantien im perioperativen Umfeld“ an. Eigentlich müssten die ÄrztInnenkammern prüfen, ob ihre KollegInnen bei solchen Gelegenheiten der unrechtmäßigen Einflussnahme von BAYER & Co. unterliegen, aber den Standes-Organisationen reicht meist die unverbindliche Erklärung der AusrichterInnen, es würden keine kommerziellen Interessen verfolgt. „Solche Formen der Fortbildung müssten verboten werden“, fordert TRANSPARENCY INTERNATIONAL deshalb. Das dürfte jedoch kaum geschehen, obwohl die Bundesregierung gerade ein Paragrafen-Werk zur Unterbindung der Korruption im Gesundheitswesen vorbereitet. Dieses hat nämlich nur Käuflichkeit durch Bestechung im Blick, nicht aber die indirekteren Wege, die MedizinerInnen auf Konzern-Kurs zu bringen, wie sie z. B. Vorteilsgewährungen eröffnen. Christiane Fischer von der ärztlichen Antikorruptionsinitiative MEIN ESSEN ZAHLE ICH SELBST beklagt diese Gesetzeslücke: „Der größte Teil der Korruption im Gesundheitswesen läuft über Vorteilsnahme und Vorteilsgabe.“

VDMJ verleiht BAYER-Preis
Der Leverkusener Pillen-Riese versucht, Medizin-JournalistInnen an sich zu binden. Zu diesem Behufe kooperiert er mit dem „Verband Deutscher Medizin-Journalisten“ (VDMJ) und lobt mit ihm gemeinsam den „Deutschen Medizinjournalisten-Preis“ aus. 2014 ging die Auszeichnung an Andreas Wenderoth für einen Artikel über einen Demenz-Kranken.

TIERE & ARZNEIEN

Falsche Antibiotika-Statistik
Ende März 2015 vermeldete das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“ (BVL): „Antibiotika-Abgabe in der Tiermedizin sinkt weiter.“ Das war an sich schon eine fragwürdige Aussage. Da die Präparate nämlich immer effektiver wirken, sagen die nackten Zahlen nur wenig aus: Während eine Tonne des Alt-Antibiotikums Tetracyclin gerade einmal für 39.000 Mastschweine langt, vermögen die LandwirtInnen mit einer Tonne von BAYERs BAYTRIL 2,2 Millionen Tiere zu versorgen. Jetzt aber kommen noch mehr Zweifel an den Angaben auf, denn die BVL-Statistik weist beträchtliche Lücken auf. Sie erfasste längst nicht alle Betriebe; allein aus Baden-Württemberg fehlen Daten von mehr als der Hälfte aller Tier-Fabriken. Und die Behörde setzte diese Leerstellen einfach mit Null gleich und verbuchte sie unter „kein Antibiotika-Verbrauch“, was das Bild natürlich entsprechend verzerrte. „Wir brauchen hier einen ganz schnellen Neustart, mit diesen Zahlen können wir überhaupt nichts anfangen“, forderte der agrar-politische Sprecher der Grünen, Friedrich Ostendorff, deshalb.

Viele Antibiotika-Überdosen
Ein 2014 erlassenes Gesetz schreibt MassentierhalterInnen vor, den Behörden ihre Antibiotika-Gaben zu melden. In Niedersachsen lag der Verbrauch von BAYTRIL & Co. in 6.000 von 21.000 Betrieben so hoch, dass die UnternehmerInnen einen Reduktionsplan erstellen mussten.

Antibiotika-Zahlen bleiben geheim
Die Bundesregierung hat die MassentierhalterInnen 2014 per Gesetz angewiesen, den Behörden Zahlen über ihre Antibiotika-Gaben zu liefern (s. o.). Das Bundeslandwirtschaftsministerium möchte die Daten allerdings unter Verschluss halten. Es hat die Landesregierungen angewiesen, ParlamentarierInnen und JournalistInnen die entsprechenden Informationen nicht zur Verfügung zu stellen. Offenbar fürchtet Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) die Wahrheit über die Medikamenten-Exzesse in den Ställen und über ZüchterInnen, die sich der Meldepflicht entziehen. Peter Sauer von der Initiative ÄRZTE GEGEN MASSENTIERHALTUNG schätzte das ähnlich ein: „Da drängt sich der Verdacht auf, dass es etwas zu verbergen gibt.“

Zulassung für ZELNATE
Im Jahr 2008 hatte BAYER von JUVARIS BIOTHERAPEUTICS die Lizenz zur exklusiven Nutzung einer Immun-Therapie im Veterinär-Bereich erworben. Sieben Jahre später erhielt der Leverkusener Multi in den USA die Genehmigung für die Vermarktung des auf dieser Basis entwickelten Immun-Stimulans ZELNATE. Das Präparat soll bei Rindern mit Atemwegserkrankungen begleitend zu Antibiotika zum Einsatz kommen und so helfen, die Gaben dieser umstrittenen Mittel (s. o.) zu reduzieren.

DRUGS & PILLS

Immer noch viele YASMIN-Rezepte
Frauen, die drospirenon-haltige Pillen wie BAYERs YASMIN zur Empfängnis-Verhütung nehmen, tragen im Vergleich zu solchen, die levonorgestrel-haltige Kontrazeptiva bevorzugen, ein bis zu dreimal so hohes Risiko, eine Thromboembolie zu erleiden. Trotzdem verschreiben die MedizinerInnen diese Mittel nach wie vor häufig, wie aus dem „Statusbericht zu oralen Kontrazeptiva“ der Techniker Krankenkasse hervorgeht. Von AIDA setzte der Leverkusener Multi 2014 155.000 Packungen ab; in der Liste der meistverordneten Kontrazeptiva belegt das Präparat damit Platz 26. Von YAZ verkauften sich 153.000 Einheiten (Rang 27), von YASMINELLE 124.000 (34) und von YASMIN 104.000 (37). BAYERs MAXIM mit dem Wirkstoff Dienogest, der die Thromboembolie-Gefahr für die Frauen im Vergleich zu Levonorgestrel um den Faktor 1,7 erhöht, führt die Liste an. Über zwei Millionen Mal ging das Produkt über die Apotheken-Ladentische. „Die Markt-Dominanz der Pillen mit dem höheren Risiko ist ein Beispiel dafür, dass wir noch nicht verstehen, wie Risiko-Kommunikation wirksam funktioniert. Und andererseits scheint es effektive Strategien zu geben, diese Risiken geringfügig erscheinen zu lassen“, hält die Krankenkasse dazu mit Verweis auf die Marketing-Methoden von BAYER & Co. fest. Dagegen hebt sie positiv das Vorgehen der französischen Behörden hervor, welche die Kosten für die besonders gefährlichen Verhütungsmittel nicht mehr erstatten, was zu einem Rückgang der Lungenembolie-Fälle bei Frauen um bis zu 27,9 Prozent führte.

Neue Tests mit ADEMPAS
Bisher haben die Behörden BAYERs ADEMPAS zur Behandlung der beiden Lungenhochdruck-Krankheiten CTEPH und PAH zugelassen. Der Leverkusener Multi will jedoch die Indikationen erweitern und hat mit der klinischen Erprobung des Mittels zur Therapie von Kindern mit Lungenhochdruck begonnen. Und obwohl das Fach-Magazin Arzneimittelbrief die therapeutischen Effekte schon bei dieser Krankheit nur als „marginal“ bewertet, hält der Konzern zusätzlich noch nach ganz anderen Anwendungsgebieten Ausschau. So testet er ADEMPAS gerade als Arznei gegen die systemische Sklerose, eine Autoimmun-Krankheit. Und darüber hinaus beabsichtigt er, das Pharmazeutikum bei Herz-Insuffizienz und Schädigungen der Niere in Anschlag zu bringen.

ALEVE: Mehr Warnhinweise
Entzündungshemmende Schmerzmittel wie BAYERs ALEVE (Wirksubstanz: Naproxen) steigern das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall oder andere Herz-Kreislauf-Krankheiten mit möglicher Todesfolge. Darum mussten die Hersteller die Packungen auch mit entsprechenden Warnhinweisen versehen. Der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde „Food and Drug Administration“ (FDA) reichte das jedoch noch nicht. Neuere Studien, die das Gefährdungspotenzial der Mittel noch einmal höher einschätzen, bewogen die FDA dazu, die Pharma-Riesen aufzufordern, die von ALEVE & Co. ausgehenden Gefahren noch deutlicher als bisher herauszustellen.

Prophylaxe mit ASPIRIN gefährlich
In den USA schlucken fast 40 Prozent der Menschen über 50 Jahre ASPIRIN, um damit Herzinfarkten und anderen Gesundheitsschädigungen vorzubeugen. Diese Zahl alarmiert MedizinerInnen, weil die prophylaktische Wirkung mit einer größeren Gefahr von Blutungen erkauft ist. Sie empfehlen die regelmäßige Einnahme von ASPIRIN nur Personen zwischen 50 und 59 mit einem erhöhten Risiko für Herz/Kreislaufkrankheiten. Dies- und jenseits dieser Altersgrenze überwiegen den WissenschaftlerInnen zufolge die Nachteile. Auch den Einsatz des „Tausendsassas“ zur Verhinderung von Krebs empfehlen die ForscherInnen nicht. Sie halten die Untersuchungen, die entsprechende ASPIRIN-Effekte nahelegten, für nicht belastbar. „Die beschriebene Wirkung war ein Zufallsfund aus Studien, in denen es eigentlich um Herz/Kreislauf-Leiden ging“, relativiert Bernd Mühlbauer von der „Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft“ das Ergebnis einer dieser Arbeiten: „Der unabhängige Befund, dass ASPIRIN vor Krebs schützt, steht noch aus.“

Deutlichere CIPROBAY-Warnhinweise
Die Liste der Nebenwirkungen von BAYERs Antibiotikum CIPROBAY ist lang. Die Arznei aus der Substanzklasse der Fluorchinolone kann unter anderem Sehnen-Entzündungen, Sehnenrisse, die Autoimmun-Krankheit „Myasthenia gravis“, Netzhaut-Ablösungen, die Herzstörung „QT-Syndrom“ und Nervenleiden wie die periphere Neuropathie auslösen. Der Leverkusener Multi muss diese Gegen-Anzeigen zwar auf den Medikamenten-Schachteln bzw. im Beipackzettel aufführen, aber das reichte der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA nicht. Nach einer Anhörung mit ExpertInnen und PatientInnen beschloss die Einrichtung, BAYER zu deutlicheren Formulierungen zu veranlassen. Nicht wenige MedizinerInnen votierten sogar dafür, in einigen Fällen zur höchsten Alarmstufe, der „Black Box Warning“, zu greifen. Zudem übersteigt nach Meinung des Gremiums das Risiko von CIPROBAY und anderen Fluorchinolonen in manchen Anwendungsbereichen den Nutzen. Deshalb plädierte es dafür, die Mittel für Indikationen wie Nasennebenhöhlen-Entzündungen (s. u.), Blaseninfektionen und bakterien-induzierte chronische Bronchitis nicht länger zuzulassen.

CIPROBAY hilft nicht bei Sinusitis
CIPROBAY und andere Medikamente aus der Substanzklasse der Fluorchinolone helfen nicht bei der Behandlung von Nasennebenhöhlen-Entzündungen. Das ergab eine Auswertung von neun Studien mit insgesamt 2.547 Sinusitis-PatientInnen. CIPROBAY & Co. brachten nicht nur das Kunststück fertig, weniger zu helfen als Placebos, sie malträtierten nicht wenige ProbandInnen überdies noch mit gefährlichen Nebenwirkungen (s. o.).

Mehr Antibiotika, mehr Resistenzen
Einer neuen Untersuchung zufolge nimmt der Antibiotika-Verbrauch weltweit zu und damit auch die Anzahl der Krankheitserreger, die Resistenzen gegen die Mittel herausbilden. Zwischen 2000 und 2010 erhöhte sich der Absatz von 50 auf 70 Milliarden Einheiten – eine Steigerung von über 30 Prozent. Das „Center for Disease Dynamics, Economics & Policy griff für die Studie „The State of World’s Antibiotics 2015“ auf Daten aus 71 Staaten zurück und beobachtete gerade auch in Entwicklungs- und Schwellenländern hohe Steigerungsraten. BAYERs CIPROBAY profitiert sehr von dem Boom und ist dementsprechend auch für dessen Kehrseite verantwortlich: Das Präparat kann einer immer größeren Zahl von Bakterien nichts mehr anhaben. In Uganda, Tansania und Ghana zeigt es sich etwa wirkungslos gegen den Keim Neisseria gonorrhoeae, Auslöser der Geschlechtskrankheit Gonorrhoe. Gegen in Geflügel nachgewiesene Krankheitserreger kommt das Pharmazeutikum ebenfalls kaum noch an, denn sein veterinär-medizinisches Pendant BAYTRIL findet in allzu vielen Ställen der Fleisch-Industrie Anwendung. Gegen Salmonellen versagte CIPROBAY in 10 bis 98 Prozent der Fälle, gegen den Campylobacter spp in 55 bis 69 Prozent der Fälle und gegen Escherichia coli in 56 Prozent der Fälle. Befällt dieses Bakterium Schweine, so muss die Arznei in 31 Prozent der Fälle kapitulieren. Gegen E.coli-Isolate aus Rindern richtete es in 36 Prozent der Fälle nichts mehr aus und gegen solche aus Hühnern in 19 bis 28 Prozent der Fälle. So vermögen E.coli & Co. dann über den Fleischverzehr ungestört in den menschlichen Organismus zu gelangen und dort Krankheiten auszulösen, gegen die kein Kraut mehr gewachsen ist. Ein WissenschaftlerInnen-Team von der Princeton University um die Humanbiologin Aude Teillant hat diesen Zusammenhang genauer analysiert. Wenn prophylaktisch zum Einsatz kommende Antibiotika zehn Prozent ihrer Wirksamkeit einbüßen, wächst die Zahl der Infektionen um 40.000 und die der Todesfälle um 6.300. Verlieren die Präparate gar 70 Prozent ihrer Durchschlagskraft, nimmt die Zahl der Infektionen um 280.000 und diejenige der Todesfälle um 15.000 zu.

Marketing-Nebenwirkung „Resistenzen“
Die aggressive Vermarktung von Antibiotika hat der BUKO PHARMA-KAMPAGNE zufolge einen großen Anteil an der Ausbreitung von Resistenz-Bildungen. So bewirbt der Leverkusener Multi etwa sein Produkt AVELOX in MedizinerInnen-Zeitschriften mit dem Slogan „Verlieren Sie keine Zeit, wenn Sie Atemwegsinfektionen bei Erwachsenen behandeln“, obwohl der zur Gruppe der Fluorochinolone gehörende Wirkstoff Moxifloxacin zu den Reserve-Antibiotika zählt. Diese sollten eigentlich nur zum Einsatz kommen, wenn andere Substanzen versagen. Besonders in Entwicklungs- und Schwellenländern finden AVELOX & Co. reißenden Absatz. In Mexiko beispielsweise unterliegen die Präparate nicht der Verschreibungspflicht, weshalb Apotheken schon in ihren Schaufenstern für BAYERs Fluorochinolon-Therapeutikum CIPROBAY und andere Mittel Reklame machen. Und in Indien kritisieren WissenschaftlerInnen die gängige Praxis der ÄrztInnen, bereits bei Durchfall Rezepte für Antibiotika auszustellen.

BAYER vermarktet neues Antibiotikum
Im Jahr 2011 erwarb BAYER von dem Unternehmen TRIUS die Vermarktungsrechte an dem Antibiotikum Tedizolid für die Regionen Asien, Afrika, Lateinamerika und Mittlerer Osten. Unter dem Produktnamen SIVEXTRO will der Leverkusener Multi die Substanz künftig als Mittel gegen das MRSA-Bakterium in Umlauf bringen. Darüber hinaus testet der Pharma-Riese den Wirkstoff gemeinsam mit MERCK & Co. als Therapeutikum gegen eine bestimmte Art von Lungenentzündung.

Zweifel an XARELTO-Tests
Die Zuverlässigkeit der Tests, mit denen der Leverkusener Multi eine Zulassung für seinen umstrittenen Gerinnungshemmer XARELTO erlangt hat, steht in Zweifel, wie das Handelsblatt berichtete. Nach Angaben der Europäischen Arzneimittel-Behörde EMA benutzten die WissenschaftlerInnen bei den Klinischen Prüfungen ein defektes Gerät zur Bestimmung der Gerinnungswerte der ProbandInnen, was die Ergebnisse verzerrte. Nach dem Erscheinen des Artikels verlor die BAYER-Aktie sofort drei Prozent an Wert und sackte damit so tief wie kein anderes Papier an diesem Tag. In einer umgehend veröffentlichten Erklärung verwies der Pharma-Riese auf Kontroll-Untersuchungen mit einem anderen Monitor-System, das die ursprünglichen Resultate angeblich bestätigte. Trotzdem überprüfen jetzt sowohl die EMA als auch ihr US-Pendant FDA die vom Global Player eingereichten Unterlagen. „BAYER arbeitet eng mit den Gesundheitsbehörden zusammen, um mögliche Fragen zu klären“, heißt es dazu aus der Konzern-Zentrale. Mit welchen Risiken die Einnahme des Präparats verbunden ist, belegen Zahlen des „Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte“. Es erhielt allein im Jahr 2014 161 Benachrichtigungen über Todesfälle im Zusammenhang mit dem Mittel; insgesamt erfolgten rund 2.000 Meldungen wegen unerwünschter Pharma-Effekte.

XARELTO: schwankende Gerinnungswerte
In den Klinischen Prüfungen zeigte sich BAYERs Gerinnungshemmer XARELTO dem altgedienten Marcumar nicht überlegen. Deshalb wirbt der Leverkusener Multi mit den praktischen Vorteilen der Arznei wie dem Wegfall der regelmäßigen Blutgerinnungsmessung. Aber selbst damit ist es nicht weit her. So räumte ein Konzern-Wissenschaftler gegenüber dem Handelsblatt ein, dass die Gerinnungswerte unter XARELTO eine erhebliche Schwankungsbreite aufweisen. Wegen des damit verbundenen Blutungsrisikos lässt das Kontrollen dringend angeraten erscheinen. Erst später relativierte der BAYER-Mediziner seine Aussage wieder – es habe ein „Irrtum“ vorgelegen.

BAYER nutzt AMNOG-Lücke aus

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Nach dem Arzneimittel-Neuverordnungsgesetz (AMNOG) von 2011 müssen neue Medikamente eine Kosten/Nutzen-Prüfung durchlaufen. Schaffen die Arzneien es dann in diesem Prozess, ihre Überlegenheit gegenüber herkömmlichen Pharmazeutika unter Beweis zu stellen, können die Hersteller in den Verhandlungen mit den Krankenkassen einen besonders hohen Preis für die Präparate verlangen. Gelingt es den Medikamenten hingegen nicht, den Nachweis über ihre besondere Qualität zu erbringen, so haben sich die Therapie-Kosten an denjenigen zu orientieren, welche die bislang verfügbaren Produkte verursachen. Viele Konzerne geben sich von vornherein mit der zweiten Option zufrieden, weil ihnen auch der Normalpreis ein gutes Auskommen sichert. Deshalb legen sie es gar nicht darauf an, einen Zusatznutzen bestätigt zu bekommen, und reichen dem „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ (IQWiG) unvollständige Dossiers ein oder verzichten ganz auf Dokumente aus klinischen Tests. So ging BAYER beispielsweise bei dem Magenkrebs-Mittel STIVARGA mit dem Wirkstoff Regorafenib vor. Der Global Player rechtfertigte sein Vorgehen zu allem Überfluss auch noch mit ethischen Motiven. STIVARGA hätte in den Versuchen so gut angeschlagen, dass die MedizinerInnen es den Kranken aus der Placebo-Gruppe nicht vorenthalten wollten und die Versuche vorzeitig abbrachen. Deshalb konnten aber leider keine Aussagen über den Zusatznutzen mehr erhoben werden. Ein fadenscheiniges Argument, das auch andere Konzerne gerne nutzen, um neue Arzneien auf den Markt schleusen, die keinen echten Vorteil für die PatientInnen bieten. Darum wächst auch die Kritik an diesem Schlupfloch des Arzneimittel-Neuverordnungsgesetzes. „Falls das AMNOG ernst gemeint ist, müsste es eine Verpflichtung geben, Dossiers abzugeben“, sagt etwa Wolfgang Becker-Brüser von der industrie-unabhängigen Fachzeitschrift arzneimittel-telegramm. Die Große Koalition sieht jedoch aktuell keinen konkreten Handlungsbedarf. Aber die Bundesregierung beobachte die Vorgänge aufmerksam und werde die Initiative ergreifen, sollte sie „zu der Überzeugung kommen, dass eine gesetzliche Änderung erforderlich ist“, wie es in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Partei „Die Linke“ heißt.

BAYER nutzt AMNOG-Lücke aus

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Der Leverkusener Multi profitiert noch von einer weiteren Lücke des Arzneimittel-Neuverordnungsgesetzes (AMNOG). Diese tat sich mit dem Regierungswechsel 2013 auf. Die neu an die Macht gekommene Große Koalition beschloss nämlich, schon länger zugelassene Medikamente von einer Kosten/Nutzen-Bewertung auszunehmen und den entsprechenden AMNOG-Passus zu streichen. Ulrike Faber, die als PatientInnen-Vertreterin an den Überprüfungen der Arzneien teilnimmt, kritisierte diese Verschonung des Bestandsmarkts gerade auch im Hinblick auf die Gerinnungshemmer XARELTO (Wirkstoff: Rivaroxaban) von BAYER und PRADAXA (Wirkstoff: Dabigatran) von BOEHRINGER. „Ebenso skandalös ist die Nichtbewertung der neuen oralen Antikoagulantien (Dabigatran, Rivaroxaban) – bei explodierenden Verordnungszahlen, extremen Kosten und nicht bewertetem Zusatznutzen“, schrieb sie in der vom VEREIN DEMOKRATISCHER ÄRZTINNEN UND ÄRZTE herausgegebenen Zeitschrift Gesundheit braucht Politik.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Immer mehr Pestizide
Die Agro-Riesen setzen immer mehr Pestizide ab. Global stiegen ihre Umsätze im Jahr 2014 um 4,5 Prozent auf 56,7 Milliarden Dollar. In der Bundesrepublik konnten die Konzerne sogar einen Zuwachs von 6,2 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro verzeichnen. BAYERs Ackergift-Geschäft lag dabei noch über dem Schnitt. Das Unternehmen nahm in diesem Segment mit 6,6 Milliarden Euro 7,2 Prozent mehr ein als 2013.

Neonics-Teilverbote ohne Wirkung
Pestizide aus der Gruppe der Neonicotinoide wie die BAYER-Wirkstoffe Imidacloprid (GAUCHO) und Clothianidin (PONCHO) haben einen erheblichen Anteil am weltweiten Bienensterben. Darum erfolgten auf nationaler Ebene 2008 und EU-weit Ende 2013 Anwendungsbeschränkungen. Gebracht haben die Maßnahmen jedoch kaum etwas, wie eine Kleine Anfrage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ergab (siehe SWB 1/16). Die Verbrauchsmengen gingen nämlich nicht zurück. Das „Bundesministerium für Landwirtschaft“ begründete das gegenüber der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) wie folgt: „Die Absatzmengen von Neonicotinoid-Wirkstoffen umfassen die in Deutschland abgegebene Menge aller Neonicotinoid-Wirkstoffe und damit mehr Wirkstoffe, als die auf EU-Ebene Verordnung (EU) Nr. 485/2013 verbotenen Wirkstoffe Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam. In Deutschland sind zwar die Anwendungen als Saatgut-Behandlungsmittel bei bienen-attraktiven Kulturen und die Anwendungen im nicht-beruflichen Anwender-Bereich verboten und die Zulassungen entsprechend eingeschränkt, diese Anwendungsbereiche fallen mengenmäßig jedoch weit weniger ins Gewicht als z. B. Wirkstoffe in Spritz-Anwendungen.“ Die CBG forderte die verantwortlichen Stellen deshalb auf, bei der demnächst anstehenden EU-Entscheidung über die weitere Zukunft von GAUCHO & Co. die Konsequenzen aus diesem Befund zu ziehen und die Neonicotinoide komplett zu verbieten.

Neonics gefährden nicht nur Bienen
Pestizide aus der Gruppe der Neonicotinoide wie die BAYER-Produkte GAUCHO und PONCHO (s. o.) gefährden nicht nur Honigbienen, sondern auch andere Tiere. Darauf hat jetzt die EASAC, das von den Wissenschaftsakademien der EU-Staaten gebildete BeraterInnen-Gremium, hingewiesen. Mehrere Studien, die Gefahren für Hummeln, Wildbienen, Schmetterlinge und Nachtfalter durch GAUCHO & Co. ausgemacht hatten, bestätigen diese Einschätzung der EASAC.

Propaganda-Studie zu GAUCHO & Co.
Professor Harald von Witzke, der an der Berliner Humboldt-Universität einen Lehrstuhl für „Internationalen Agrarhandel und Entwicklung“ innehat, gründete 2009 den Thinktank „Humboldt Forum for Food and Agriculture e. V. (HFFA), dabei geschickt auf den Renommee-Transfer durch den Namen Humboldt setzend. Zu den Partnern des Forums zählen BAYER, BASF, NESTLÉ, E.ON und KWS SEED – und so sehen die Expertisen der Denk-Fabrik dann auch aus. Witzke greift den Agro-Multis nämlich bevorzugt mit Untersuchungen unter die Arme, die es dann unter Überschriften wie „Studie belegt Wohlstandsgewinn durch moderne Landwirtschaft“ in die Presse schaffen. BAYER erteilt dem HFFA da natürlich gerne Aufträge. Jüngst bestellte der Leverkusener Multi beim Forum eine Ehrenrettung der als bienengefährlich verschrienen Pestizide aus der Gruppe der Neonicotinoide, zu der unter anderem die BAYER-Produkte PONCHO und GAUCHO gehören. Nach Meinung des Pestizid-Experten Lars Neumeister unterliefen dem HFFA dabei allerdings jede Menge Fehler. Nicht weniger als 15 Punkte umfasst seine Mängelliste. So belegten die Autoren etwa ihre These, das Verbot von PONCHO & Co. würde zu Ernte-Verlusten in Höhe von bis zu 23 Milliarden Euro führen, nicht mit empirischem Material. Zudem arbeiteten sie mit unrealistischen Modellen und nahmen die wissenschaftliche Literatur zum Thema nur unzureichend zur Kenntnis. Als „Corporate science fiction“ bezeichnet Neumeister die Arbeit deshalb.

Leverkusener Bienensterben
2014 verendeten in Leverkusen, nicht weit entfernt von den Pestizid-Versuchsfeldern des Agro-Multis, Millionen Bienen. Als Todesursache stellten die Behörden dann auch zweifelsfrei BAYERs Ackergift Clothianidin fest. Aber einen Zusammenhang zwischen den Feldversuchen des Konzerns und den verendeten Bienenvölkern konnte das beauftragte Labor dann überraschenderweise nicht ausmachen, obwohl AugenzeugInnen noch unmittelbar vor dem großen Sterben einen massiven Spritz-Einsatz beobachtet hatten. Auf eine kritische Nachfrage hin stritten die WissenschaftlerInnen jedoch einseitige Untersuchungsmethoden ab. Man empfinde BAYER gegenüber keine Loyalität, sei unabhängig und hätte sorgfältig getestet, hieß es.

Glyphosat schädigt Darmflora
Der Pestizid-Wirkstoff Glyphosat, der hauptsächlich in Kombination mit MONSANTOs Gen-Pflanzen zum Einsatz kommt, aber auch in BAYER-Mitteln wie GLYFOS, PERMACLEAN, USTINEX G, KEEPER und SUPER STRENGTH GLYPHOSATE enthalten ist, gilt als gesundheitsgefährdend. So hat die Weltgesundheitsorganisation die Substanz im März 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft. Darüber hinaus schädigt der Stoff nach Forschungen von Stefanie Seneff und Anthony Samsel das Immunsystem. Er hemmt die Produktion von CYP-Enzymen, die im Zusammenspiel mit der Darmflora eine wichtige Rolle bei Entgiftungsprozessen spielen. Den WissenschaftlerInnen zufolge kann das nicht nur zu Krebs, sondern auch zu Herz-Krankheiten, Depressionen, Diabetes, Alzheimer und Unfruchtbarkeit führen.

Glyphosat schädigt Lungen
Der Pestizid-Wirkstoff Glyphosat (s. o.) kann bei Kindern Schädigungen der Atemwege und der Haut hervorrufen. Zu diesem Ergebnis kommt eine argentinische Studie. Die WissenschaftlerInnen verglichen den Gesundheitszustand von 50 Kindern in ländlichen Regionen, wo auf den Feldern viel Glyphosat zum Einsatz kommt, mit demjenigen von 25 AltersgenossInnen, die in Städten aufwachsen. Das Resultat: Die Landkinder litten deutlich öfter an Atemwegsbeschwerden und Hautkrankheiten.

PAN dokumentiert Abdrift-Fälle
Wenn LandwirtInnen Pestizide ausbringen, dann bleiben die Stoffe nicht einfach auf den Feldern. Der Wind trägt sie teilweise weit fort. Abdrift nennen WissenschaftlerInnen dieses Phänomen, das bei den AnrainerInnen der Äcker oft zu gesundheitlichen Problemen führt. Das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN) dokume

Betriebsrenten

CBG Redaktion

Hajo Schröder, langjähriger BAYER-Mitarbeiter, wirft dem Konzern vor, mittels Tricks bei der Verbuchung von Firmenrenten Steuern zu sparen. Hier eine Darstellung von Herrn Schröder; auch der Leverkusener Anzeiger berichtete über den Sachverhalt.

Ergiebiges Steuersparmodell für DAX-Konzern bei Betriebsrenten

Grenzüberschreitende Steuersparmodelle sind in großen Unternehmen an der Tagesordnung. In pfiffigem Weitblick unterrichtet zum Beispiel Bayer seine Aktionäre von Zeit zu Zeit über solche Erfolgsmethoden. Der Spiegel vom 18.05.2015 beschreibt eine solche: „So verdoppelte der Leverkusener Pharmakonzern Bayer im Jahr 2011 das Eigenkapital seiner belgischen Tochter auf über acht Milliarden Euro. Der Lohn der Mühe: Auf den Vorsteuergewinn von 254,8 Millionen Euro mussten laut einer Statistik der Belgischen Nationalbank nur 10,8 Millionen Euro Steuern gezahlt werden.“ Fazit: Dank des günstigen „makrowirtschaftlichen Klimas in Belgien“ konnte Bayer seine Steuerlast auf 4,25 Prozent senken – eine besondere Art staatlicher Beihilfe! Die Einsparpraxis Betriebsrente ist allerdings subtiler, komplexer, schwerer zu durchschauen und bedarf einer Vielzahl erklärender Worte.

Situation: Die Rentner der vom Unternehmen gegründeten und getragenen Bayer-Pensionskasse VVaG (= Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit) beziehen Leibrente, für die sie während ihrer Arbeitsjahre beim Unternehmen einen monatlichen Regelbeitrag aus von ihnen bereits versteuertem Einkommen entrichtet haben. Der Arbeitgeber hingegen hat während dieser Ansparphase keinen monatlichen Regelbeitrag zugeschossen. Deshalb wird die Rente bei der Veranlagung zur Einkommensteuer lediglich mit dem Ertragsanteil belastet – dieser beträgt 18 Prozent, wenn ein Mitarbeiter mit 65 Jahren in den Ruhestand tritt; er erhöht sich oder wird allmählich niedriger, wenn dies früher beziehungsweise später der Fall ist - der festgesetzte Prozentsatz bleibt allerdings gleich bis zum Lebensende…

Daneben und ergänzend zu dieser sowie der externen gesetzlichen Rente gewährt das Unternehmen seinen Rentenempfängern eine Firmenrente. Sie stammt direkt vom Arbeitgeber, die Mitarbeiter haben dafür, im Gegensatz zur Pensionskasse, keine Eigenbeiträge geleistet. Deren Höhe ist nach betrieblich-persönli-chen Vorgaben der Betroffenen im Rahmen einer „Gesamtversorgung“ ausgerichtet. Bei der Firmenrente handelt es sich um betriebliche Versorgungsbezüge, die der Rentner nach §19 Einkommensteuergesetz als „Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit“ bis auf einen immer gleich bleibenden Freibetrag voll versteuern muss.

Die gesetzlich alle drei Jahre vorgeschriebenen Anpassungen an die Inflations-dynamik nahm der Arbeitgeber bis 2003 nach einheitlichem Prozentsatz für jede der beiden Versicherungsdurchführungswege gesetzeskonform, also getrennt vor. Seit der Triade 2006 allerdings führt er keine Anpassungen der Leibrenten aus der Pensionskasse mehr durch, streicht also diese Erhöhungsbeträge. Stattdessen schlägt er sie der versicherungsfremden Firmenrente zu. Dadurch stagniert seitdem die Höhe der Leibrenten, während die Versorgungsbezüge aus Firmenrente unangemessen gestiegen sind. Vorteil für das Unternehmen: Betriebliche Versorgungsbezüge kann es als Betriebsausgaben steuerlich absetzen!

Durch solche Tricks gewinnt nur der Konzern. Der Rentner, der mehr Steuern zahlen muss, ist hingegen der Dumme. Ebenso die Kommune, die weniger Gewerbesteuer bekommt, leidet darunter, was sich gerade aktuell an der Bewältigung des großen Flüchtlingsproblems bemerkbar macht. Das Potential steuermindernder Beträge dürfte jährlich Millionen Euro, seit der Umstellung des Verfahrens 2006 sogar einen bis dreistelligen Millionenbetrag ausmachen – immerhin hat die Bayer-Pensionskasse, die sich selbst als die größte Kasse ihrer Art in Deutschland bezeichnet, die Ansprüche von mehr als 55.000 Rentenempfängern (Zahl für 2013) zu befriedigen. Die nach Schließung der Kasse für neue Mitglieder im Jahr 2005 zügig erfolgte Neugründung, der Rheinischen Pensionskasse VVaG, für die auch befreundete Firmen und deren Mitarbeiter Zugang haben, macht das Risiko der alten Kasse für zukünftige Aufgaben deutlich.

Wie sehr die „Steueroptimierungsinstrumente“ dem Gemeinwesen schaden, zeigt das Beispiel Leverkusen: Die Stadt des wertvollen DAX-Konzerns leidet bereits seit zwei Dekaden. Mehrere Jahre lang musste die Kommune mit Nothaushalten über die Runden kommen, weil Bayer weniger Gewerbesteuern überwies, manche Jahre praktisch gar keine, obwohl die Erträge stiegen. So trat die Stadt vor drei Jahren dem vom Land NRW eingerichteten „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ verpflichtend bei. In dem Bericht „Regierungserklärung mit Drohpotential“ des Leverkusener Anzeiger/Kölner Stadt-Anzeiger vom 3.11.2015 über die erste Einbringung eines Haushaltsplanes in den Rat der Stadt Leverkusen unter dem neugewählten Oberbürgermeister Uwe Richrath zeigt Stadtkämmerer Frank Stein das Dilemma der Finanzen auf: Hauptproblem blieben die nur noch homöopathischen Gewerbesteuereinnahmen der Stadt. Nach dem desaströsen Einbruch dieser vormaligen Haupteinnahmequelle der Stadt in den vergangenen drei Jahren, in denen die bekannten Großunternehmen und Hauptsteuerzahler Standortentscheidungen gegen Leverkusen getroffen und legale Steueroptimierungsinstrumente exzessiv genutzt hätten, lägen die Gewerbesteuereinnahmen der vormals prosperierenden Großstadt auf dem Niveau einer mittleren kreisangehörigen Gemeinde. Ob allerdings die Hoffnung des Kämmerers aufgeht, dass es allein durch einen niedrigeren Hebesatz „wieder attraktiv würde, in Leverkusen Gewerbesteuer zu zahlen“, sei bei den komplexen, oft grenzüberschreitenden Steueroptimierungsmethoden dahin gestellt

Was das Steuermodell Betriebsrente angeht: Ausgerechnet § 16 Betriebsrentengesetz, den der Arbeitgeber Bayer als Norm seines Handelns in den Anpassungsmitteilungen an die Rentner o.ä. immer wieder zitiert, entlarvt, wie rechtswidrig das Verfahren ist:

1. Wenn unter Abs. (1) aufgeführt ist „Der Arbeitgeber hat alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und… zu entscheiden…“, dann sind die Leistungen aller im Gesetz an anderer Stelle beschriebenen Versicherungsdurchführungswege gemeint, also nicht nur die betrieblichen Versorgungsbezüge, sondern auch die Leibrente aus der Pensionskasse. Nirgendwo im Gesetz ist vermerkt, dass Beträge einer in Beträge einer anderen Versicherungsart umgemünzt werden dürfen!

2. Durch Abs. (4) dieses Paragrafen hat der Gesetzgeber hohe Hürden gesetzt, wenn ein Arbeitgeber sich der Anpassungsverpflichtung z.B. gegenüber einer Pensionskasse entziehen will: „ Eine Anpassung gilt als zu Recht unterblieben, wenn der Arbeitgeber dem Versorgungsempfänger die wirtschaftliche Lage des Unternehmens schriftlich darlegt, der Versorgungsempfänger nicht binnen dreier Kalendermonaten nach Zugang der Mitteilung schriftlich widersprochen hat und er auf die Rechtsfolgen eines nicht fristgerechten Widerspruch hingewiesen wurde.“
Ein derart einschneidendes Wechselspiel zwischen Unternehmen und Rentnern hat sich allerdings bislang als nicht notwendig erwiesen. Denn die Bayer AG ist, wie alle Welt weiß, hervorragend aufgestellt, gehört seit Einführung des Deutschen Aktienindex 1988 zu den erfolgreichsten Firmen dieser Art; sie entlohnt ihre Manager mit Millionen schweren Beträgen und die Profis der Werkself der Bayer 04 Leverkusen Fußball GmbH ebenso fürstlich.

Dies bedeutet im Umkehrschluss: Nicht eine von Bayer angegebene schlechte Fi-nanzlage der Pensionskasse darf der Grund für eine Anpassungsablehnung sein; maßgeblich ist allein die Finanzkraft des Arbeitgebers, die ihm erlaubt, etwaige Deckungslücken der Kassenbilanz nach gesetzlicher Vorgabe (z. B. Solvabilitäts-vorschriften) zu schließen. In den Ausführungen zu einem Urteil des Bundesar-beitsgerichts 2014 heißt es dazu: „Die Abänderung der Versorgungszusage zulasten des Arbeitnehmers setzt daher voraus, dass dem Arbeitgeber hierfür hinreichend gewichtige Gründe zur Seite stehen. Nicht maßgeblich ist hingegen, wie sich die wirtschaftliche Lage der Pensionskasse darstellt und wie diese wegen ihrer wirtschaftlichen Lage die Leistungen herabsetzen darf.“ – Roland Eckner

Nachtrag: „Unser Unternehmerisches Handeln orientiert sich an den Rechtsordnungen der verschiedenen Länder und Regionen, aus denen sich für den Bayer-Konzern und seine Mitarbeiter im In- und Ausland vielfältige Pflichten ergeben. Bayer führt das Geschäft verantwortungsvoll und in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften und behördlichen Regeln der Länder, in denen das Unternehmen tätig ist… Bayer erwartet von allen Mitarbeitern rechtlich und ethisch einwandfreies Handeln…“ (Aus dem Dokument „Bayer - Corporate Compliance Policy“)

Wimmelbuch

CBG Redaktion

Presse Info vom 18. Dezember 2015
Coordination gegen BAYER-Gefahren

BAYER-Tochterfirma: Werbung in städtischen Kindergärten

„Kleinkinder vor Konzern-Propaganda schützen!“

Das Unternehmen Currenta weitet sein Marketing aktuell auf Kindergärten aus. Von einem Illustrator ließ die Firma hierfür eigens ein „Wimmelbuch“ erstellen. Gezeigt wird darin das fröhliche Treiben in einer Chemie-Fabrik: Kranfahrer, Taucher, Besucher aus aller Welt, Clowns und viele Luftballons (Auszüge hier ansehen). Gestreut wird das Buch an den BAYER-Standorten Leverkusen, Dormagen und Krefeld-Uerdingen.

Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Nirgendwo sind Kinder vor der Einflussnahme von Unternehmen mehr sicher - nicht einmal in Kindertagesstätten. Da Kleinkinder die Risiken chemischer Anlagen nicht einordnen können, sind sie gegenüber solcher Propaganda wehrlos. Es ist ein Skandal, dass Currenta und BAYER diesen Schutzraum derart verletzen. Wir benötigen dringend Regeln, um Kindergärten und Schulen vor Werbung und Akzeptanzförderung der Industrie zu schützen!“.

Mimkes verurteilt auch die Rolle der Stadt Leverkusen: eine Vertreterin von Currenta durfte das Wimmelbuch in einer städtischen Kindertagesstätte präsentieren – zusammen mit Marc Adomat, dem Leverkusener Dezernenten für Kinder, Jugend und Schulen. Zudem versendet das Kommunale Bildungsbüro das Buch kostenlos. Dank der städtischen Unterstützung konnte Currenta von den 15.000 gedruckten Exemplaren bereits 4.000 verteilen.

Norbert Hocke, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisiert das Vorgehen von Currenta ebenfalls: „Das Buch hat in der Kita nichts zu suchen.“ Hocke fordert in der Süddeutschen Zeitung: „Es ist dringend geboten, dass wir Regelungen für den Umgang mit Werbung bekommen und dass Erzieher besser geschult werden“. Auch das Landesjugendamt des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR), zuständig für die Betriebserlaubnis von Kindertageseinrichtungen, „steht dem Versuch einer direkten oder indirekten Einflussnahme von Unternehmen in Kindertagesstätten kritisch gegenüber“, so ein Sprecher gegenüber der SZ.

Die Firma Currenta gehört zu 60 % zum BAYER-Konzern und zu 40 % der ehemaligen BAYER-Tochter Lanxess. Currenta betreibt die Chemie-„Parks“ an den BAYER-Standorten Leverkusen, Dormagen und Uerdingen. In den vergangenen Jahren hatte das Unternehmen im Umfeld der Fabriken bereits vier Projekte für Grundschüler durchgeführt.

Mit Hilfe von Unterrichtsmaterialien, Schulwettbewerben und Lehrerfortbildungen nehmen Lobbyisten und Werbeagenturen gezielt Kinder und Jugendliche ins Visier. So auch der BAYER-Konzern, der über die „BAYER Science & Education Foundation“ Einfluss nimmt. Stiftungsvorstand Thimo Schmitt-Lord räumt ein, dass dabei keine altruistischen Motive im Vordergrund stehen: „Ich muss gestehen, wir fördern die Schulen nicht ganz uneigennützig. Wir sehen das als langfristige Investition“.

Das Unternehmen bietet zudem kostenlose Lehrer-Fortbildungen an, unter anderem zum Thema Gentechnik. Die Deutsche Umwelthilfe kritisierte dieses Vorgehen: „Mit Veranstaltungen dieser Art versucht der Konzern immer wieder, Einfluss auf Schüler zu nehmen, um so die nächste Generation reif für Genfood zu machen“. Der Verband fordert daher: „BAYER raus aus den Schulen.“

weitere Informationen:
=> Auszüge des Wimmelbuchs
=> Bericht der „Rheinischen Post“ und des Leverkusener Anzeigers
=> Präsentation des Buchs durch den Leverkusener Schul-Dezernenten
=> Artikel SZ: „Konzerne in der Kita“

Yasmin

CBG Redaktion

17. Dezember 2015

Gefährliche Antibaby-Pillen von BAYER:

Prozess auf nächstes Jahr vertagt

Heute hat vor dem Landgericht Waldshut der Prozess gegen den Pharmakonzern BAYER wegen des Verkaufs gefährlicher Antibaby-Pillen der Yasmin-Reihe begonnen. Klägerin ist Felicitas Rohrer, die nach Einnahme des Präparats Yasminelle beinahe an einer Embolie gestorben wäre.

Der Vorsitzende Richter Johannes Daun kündigte heute an, dass sich die Verhandlungen länger hinziehen werden. Hierfür sollen mindestens zwei Sachverständige bestellt werden. Felicitas Rohrer, die ein Verbot der Präparate fordert, äußerte vor Gericht kein Interesse an einer außergerichtlichen Einigung.

Felicitas Rohrer in einer ersten Reaktion: „Der erste mündliche Prozesstag lief positiv. Das Gericht führt den Prozess weiter fort und hat die nächsten Schritte veranlasst. Wir sind also schon weit gekommen und so wird es hoffentlich weiter gehen. Ich bin optimistisch und bleibe kämpferisch.“ Auf Einladung der Coordination gegen BAYER-Gefahren hatte Frau Rohrer mehrfach die Hauptversammlungen von BAYER besucht und die AktionärInnen mit ihrem Schicksal konfrontiert. Der BAYER-Vorstand ging jedoch weder auf ihr Gesprächsangebot noch auf die Forderung nach einem Verbot der Produktgruppe ein.

Das pharmakritische Arznei-Telegramm warnte schon 2006 vor einem erhöhten Thrombose-Risiko der Pillen dieser vierten Generation im Vergleich zu besser verträglichen Pillen der zweiten Generation. Und weiter: „Die Vermarktung von Aida und Yasminelle ist unseriös und zielt auf den Lifestylebereich. Wir raten von der Verordnung ab.“

ausführliche Informationen

Störfälle

CBG Redaktion

16. Dezember 2015

Mangelhafte Kontrolle von Chemie-Fabriken

Unternehmen, die mit gefährlichen Chemikalien arbeiten, sollen laut Seveso-Richtlinie einmal pro Jahr inspiziert werden. Doch viele Betriebe in Deutschland bekommen nicht einmal alle drei Jahre Besuch. Die aktuelle Verordnung der EU wurde von Deutschland bislang nicht umgesetzt.

Wie oft und wie gründlich werden Chemie-Fabriken in Deutschland inspiziert? Konkrete, überprüfbare Antworten auf diese Fragen gibt es laut einer Recherche des SPIEGEL nicht.

Eigentlich müssen die Behörden jeden Betrieb einmal im Jahr kontrollieren, sobald dieser mit größeren Chemikalienmengen arbeitet. So schreibt es die Seveso-Richtlinie der EU vor - benannt nach dem Chemieunfall im italienischen Seveso im Jahr 1976. 1141 sogenannte Seveso-Betriebe der oberen Gefahrenklasse gab es Ende 2014 in Deutschland.

Ein Bericht des Bundesumweltministeriums zeigt jedoch, dass 63 Prozent der Betriebe der oberen Klasse zwischen 2012 und 2014 nicht jährlich kontrolliert wurden. 14 Prozent aller Standorte bekamen sogar in den gesamten drei Jahren nicht ein einziges Mal Besuch vom Inspektor. Schon im Zeitraum 2009 bis 2011 lag die Nicht-Kontroll-Quote deutschlandweit bei 14 Prozent - also genauso hoch. Der Bericht findet sich unter http://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Luft/seveso_ii_richtlinie_2015_bericht_bf.pdf

Das Fehlen der Inspektionen verstößt aber nicht zwingend gegen die Vorschrift. Denn wenn die Behörde eine „systematische Gefahrenbewertung“ für einen Betrieb erstellt, kann sie das Inspektionsintervall beliebig über das eigentlich vorgeschriebene Jahr hinaus verlängern. Auf diese Regelung beruft sich das rheinland-pfälzische Umweltministerium. Man habe anhand der Gefahrenbewertung teils auch Inspektionsintervalle länger als drei Jahre festgelegt, teilt das Ministerium mit. Ähnlich äußert sich das NRW-Umweltministerium, räumt aber auch Personalmangel ein. Die vorherige Landesregierung habe Stellen in der Umweltverwaltung abgebaut. Man sei dabei, wieder mehr Kontrolleure einzustellen.

Störfälle bei BAYER
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) wurde einst nach Störfällen im BAYER-Werk Wuppertal gegründet. Der Verein führt eine öffentlich einsehbare Liste der Störfälle bei BAYER: http://cbgnetwork.de/476.html

Auch wies die CBG wiederholt nach, dass der Konzern den Verpflichtungen der Störfall-Verordnung über die Information der Öffentlichkeit nicht nachkommt, siehe http://cbgnetwork.de/1704.html

Bis Ende der 90er Jahre wurden zudem die Einleitungen in Gewässer sowie Emissionen in die Luft geheim gehalten – wegen angeblicher Betriebsgeheimnisse. Erst durch das Umweltinformationsgesetz besserte sich die Situation. Die CBG konnte daraufhin die in mehreren BAYER-Werken gelagerten Chemikalien-Mengen veröffentlichen:
http://www.cbgnetwork.org/4269.html (Dormagen)
http://www.cbgnetwork.org/4511.html (Leverkusen)

Auch beteiligte sich die CBG intensiv am Genehmigungsverfahren für die neue TDI-Anlage in Dormagen, in der jährlich hunderttausende Tonnen gefährlicher Chemikalien wie Phosgen, Chlor und Ammoniak zum Einsatz kommen: http://www.cbgnetwork.org/3962.html

EU-Gesetze nicht umgesetzt
Claudia Baitinger vom Umweltverband BUND kritisiert die mangelnden Kontrollen. Inspektionsintervalle von mehr als drei Jahren seien nicht ausreichend für eine wirksame Kontrolle. Vor-Ort-Inspektionen seien oftmals die einzige Möglichkeit, den technischen Zustand der Anlage zu prüfen, betont auch Stephan Kurth, Experte für Anlagensicherheit des Öko-Instituts. Die Frage sei, wie die langen Intervalle zustande kommen. „Nicht tolerierbar wäre, wenn Inspektionsprogramme in der Praxis nicht eingehalten werden oder wenn leichtfertig längere Inspektionsintervalle vorgeschrieben werden“, sagt Kurth. Beim Umweltbundesamt wünscht man sich eine harte Obergrenze von maximal drei Jahren für die Inspektionsintervalle. Da sei die EU-Gesetzgebung fachlich nicht nachvollziehbar, sagt der Leiter des Fachgebiets Anlagensicherheit, Dieter Cohors-Fresenborg.

Die aktuelle Seveso-Richtlinie, fordert, dass alle Inspektionen im Internet nachvollziehbar sein müssen. Doch die Bundesrepublik hat diese nicht wie gefordert bis zum 31. Mai 2015 umgesetzt. Auf eine Anfrage von SPIEGEL ONLINE-Anfrage zu den Namen und Adressen aller Seveso-Betriebe in Deutschland antwortete das Bundesumweltministerium: „Die erbetenen aktuellen Informationen (...) liegen dem Bundesministerium (...) derzeit nicht vor. Sie werden frühestens Ende 2016 vorhanden sein.“

Mangelhaft ist leider auch die offizielle ZEMA-Datenbank des Umweltbundesamts, in der Störfälle in Seveso-Betrieben gesammelt werden. In dieser werden für die meisten Ereignisse nicht die betroffenen Firmen genannt, selbst der Ort bleibt oft unklar. Eine systematische Analyse ist dadurch nur bedingt möglich (siehe http://www.infosis.uba.de/index.php/de/zema/index.html).

[Yasmin] Antibaby-Pillen

CBG Redaktion

Presse Info vom 16. Dezember 2015
Coordination gegen BAYER-Gefahren

erhöhtes Thrombose-Risiko durch Antibaby-Pillen der 3. Generation

Erster Prozess gegen BAYER in Deutschland

Das Landgericht Waldshut-Tiengen eröffnet am morgigen Donnerstag einen Zivilprozess gegen den Pharmakonzern BAYER wegen erhöhter Risiken neuerer Antibaby-Pillen. Klägerin ist Felicitas Rohrer aus Bad Säckingen, die nach der Einnahme des Präparats Yasminelle eine schwere Lungenembolie erlitt und nur dank glücklicher Umstände überlebte.

Felicitas Rohrer kommentiert: „Ich freue mich, dass nun erstmals in Deutschland ein Prozess anberaumt wurde. In so vielen Ländern sind Klagen gegen BAYER aufgrund drospirenon-haltiger Antibabypillen anhängig, und es wurden schon hohe Entschädigungszahlungen geleistet. Es wird Zeit, dass es nun endlich auch ein Gerichtsurteil gibt!“. Rohrer fordert Schadenersatz und Schmerzensgeld in Höhe von 200.000 Euro. Ihr Anwalt, Martin Jensch aus Coburg, vertritt noch acht weitere Geschädigte.

Auf Einladung der Coordination gegen BAYER-Gefahren besuchte Frau Rohrer mehrfach die Hauptversammlungen von BAYER und konfrontierte die AktionärInnen mit ihrem Schicksal. Der BAYER-Vorstand ging jedoch weder auf ihr Gesprächsangebot noch auf die Forderung nach einem Verbot der Produktgruppe ein.

Auch Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren verlangt ein Verbot: „Von drospirenon-haltigen Pillen gehen deutlich höhere Risiken aus als von älteren Präparaten. Es ist ein Skandal, dass BAYER den Verkauf dennoch fortführt. Wir hoffen, dass der Prozess endlich zu einem Verbot der Produktgruppe führt.“

Studien zeigen, dass von Pillen wie Yasmin, Yasminelle, Yaz, Aida und Petibelle im Vergleich zu Pillen der 2. Generation ein zwei- bis dreifaches Embolie- und Thromboserisiko ausgeht. Mimkes fordert daher die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und den Berufsverband der Frauenärzte auf, vor den erhöhten Gefahren von Pillen der 3. und 4. Generation zu warnen.

BAYER machte im vergangenen Geschäftsjahr mit der Produktgruppe einen Umsatz von 768 Millionen Euro. In den USA hat der Konzern bereits 1,9 Milliarden Dollar Entschädigungen an Drospirenon-Opfer geleistet; dort sind noch Tausende Klagen anhängig.

In Frankreich werden die Kosten drospirenon-haltiger Pillen nicht mehr von der Krankenkasse übernommen; die Zahl tödlicher Thrombosen von jungen Frauen ging daraufhin stark zurück. In Großbritannien, den Benelux-Ländern, Dänemark und Norwegen warnen die Gesundheitsbehörden vor den erhöhten Risiken. Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) warnt seit Jahren vor den Gefahren der Produktgruppe und spricht sich für eine bessere Aufklärung der Patientinnen aus.

Informationen zur Kampagne

GenRaps

CBG Redaktion

14. Dezember 2015

GenRaps von BAYER kreuzt aus

Ein in der EU nicht zugelassener Gen-Raps von BAYER hat das Saatgut einer konventionellen Züchtung verunreinigt. In der Pflanze, welche die französische Firma RAGT entwickelt hat, fanden sich Spuren des gegen das Herbizid Bromosynil immunen BAYER-Raps’ NAVIGATOR.

RAGT strebte für das Produkt eine Zulassung in EU-Ländern an. Deshalb fand ein Probe-Anbau in England, Frankreich, Dänemark und Deutschland statt. Allein in Deutschland gab es quer durch die Republik 48 Versuchsfelder. Nach Bekanntwerden des Skandals haben die Behörden die Anweisung erteilt, den kontaminierten Raps zu zerstören (siehe unten). Eine Erklärung für den Vorfall konnte das Unternehmen aus Rodez bis jetzt nicht liefern; es kündigte eine Untersuchung an. Das verunreinigte Saatgut sorgte bereits Anfang November in England für Schlagzeilen.

Die Raps-Sorte NAVIGATOR darf nur in Kanada und Japan angebaut werden. Als Lebensmittel ist sie zudem in den USA, China, Neuseeland und Australien zugelassen. In der EU ist die Sorte nicht zugelassen, es liegt nicht einmal ein Antrag auf Zulassung vor. Offen ist, wie die Gentech-Samen in das neu gezüchtete Saatgut gelangen konnten. Denn in Kanada hatte Bayer den Gentech-Raps bereits 2002 vom Markt genommen, heißt es in einem Fachbuch von 2007. Und in Japan gibt es ebenfalls keinen kommerziellen Anbau.

Immer wieder machen Laborfrüchte von BAYER solche Schlagzeilen. 2006 tauchte der gentechnisch veränderte Langkorn-Reis „LL601“ weltweit in Handelsmarken wie UNCLE BEN’S auf. 2013 griff Mais von PIONEER und DOW CHEMICAL, dem die Forscher auch eine Resistenz gegen das gesundheitsschädigende BAYER-Herbizid Glufosinat verpasst hatten, auf traditionelle Arten über. Und 2014 fand sich INVIGOR-Raps in kanadischem Weizen.

Unbeabsichtigte Aussaat von nicht zugelassenem gentechnisch verändertem Raps in Deutschland im Rahmen einer Sortenvorprüfung

BVL -- Aus Großbritannien erhielt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) am 27.10.2015 Informationen darüber, dass in konventionellem Winterrapssaatgut geringe Anteile eines gentechnisch veränderten (gv) Rapses gefunden wurden. Das betroffene Saatgut stammt von einer Saatzuchtfirma in Frankreich und befand sich in Großbritannien in der Vorprüfung zur Sortenregisteranerkennung. Im Herbst 2015 kam es an mehreren Orten in England und Schottland in Kleinparzellen zur Aussaat. In Großbritannien sind die betroffenen Parzellen beräumt und das betroffene Saatmaterial ist zur Vernichtung eingezogen worden. Der nachgewiesene gentechnisch veränderte Raps (OXY-235) ist in der Europäischen Union nicht für den Anbau oder als Lebensmittel und Futtermittel zugelassen. Laut Auskunft des Biosafety Clearing-House (BCH) ist OXY-235 in mehreren Staaten als Lebensmittel (Australien, Japan, Neuseeland, USA) oder Futtermittel (Kanada, Japan, USA) oder auch zum Anbau (Kanada, Japan) zugelassen (http://bch.cbd.int/database/lmo/decisions.shtml?documentid=14752).
Nach Informationen der französischen Firma ist betroffenes Saatgut auch nach Deutschland und weitere EU-Mitgliedstaaten geliefert und ausgesät worden. In Deutschland wurde der Raps offenbar auf insgesamt 48 Parzellen mit jeweils ca. 10 m², die sich auf 10 Standorte in 8 Bundesländern verteilen, ausgebracht. Es handelt sich hierbei um züchterische Arbeiten im kleinen Maßstab im Zuge der Vorprüfung und Sortenentwicklung. Ein Anbau von Raps im landwirtschaftlichen Sinne für die Lebensmittel- oder Futtermittelerzeugung oder als nachwachsender Rohstoff hat nicht stattgefunden.
Die betroffenen Bundesländer sind seit dem 28.10.2015 über den Vorgang informiert. Nach Kenntnis des BVL haben die zuständigen Landesbehörden daraufhin sofort Maßnahmen veranlasst, die Rapspflanzen auf den betroffenen Parzellen zu zerstören. Weitere Kontrollmaßnahmen sollen gewährleisten, dass auch nachfolgend kein gentechnisch veränderter Raps auf den Parzellen zur Blüte gelangt.
Nach Abschluss der Maßnahmen informieren die Bundesländer das BVL, das dann der EU-Kommission und den anderen betroffenen EU-Mitgliedstaaten hierüber berichtet.

[GFP] German Food Partnership

CBG Redaktion

Im Jahr 2012 rief das Entwicklungshilfe-Ministerium die „German Food Partnership“ ins Leben, an der sich BAYER, BASF und SYNGENTA beteiligten. Die CBG kritisierte von Beginn an den Einfluss der Konzerne auf die Entwicklungspolitik, der in erster Linie dem Verkauf von Pestiziden dienen soll. Stattdessen fordert die CBG eine Stärkung kleinbäuerlicher Strukturen.
Das Bündnis „Keine Entwicklungshilfe für Agrarkonzerne!“ hatte nun Erfolg. Das Ministerium ließ das Programm still und leise auslaufen. Das Projekt „Better Rice Initiative in Asia“, an dem BAYER ebenfalls mitwirkt, wird jedoch fortgesetzt. Der Konzern nutzt das Programm in erster Linie, um seinen sterilen Hybrid-Reis zu vermarkten. Und auch die „Allianz für Ernährungssicherung“ mit MONSANTO und BAYER, in deren Rahmen die Konzerne an Projekten zur Behebung der Mangelernährung teilnehmen, kann sich nach wie vor über hohe Subventionen freuen.

BMZ stoppt Kooperationsplattform mit Agrarkonzernen

Nichtregierungs- und Bauernorganisationen: Dem Ende der German Food Partnership müssen weitere Schritte folgen

11. Dezember 2015 - Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat die in der Kritik stehende German Food Partnership (GFP) still und heimlich auslaufen lassen. FIAN, INKOTA, Oxfam und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) begrüßen diesen Schritt und werten dies auch als Erfolg ihrer Kampagnenarbeit. Die Nichtregierungs- und Bauernorganisationen hatten die Kooperation mit Agrar- und Chemiekonzernen wie Bayer, Syngenta und BASF kritisiert, weil sie statt der Armutsbekämpfung vor allem den Profitinteressen der Konzerne diene. Anstatt arme Bauern und Bäuerinnen in die Hungerbekämpfung einzubinden, durften über die GFP Konzerne Entwicklungspolitik mitbestimmen. Das Ministerium hatte das von Dirk Niebel als Vorzeigeprojekt initiierte Vorhaben zunächst auch unter Nachfolger Gerd Müller weitergeführt.

2014 hatte ein breites Bündnis zivilgesellschaftlicher und bäuerlicher Organisationen unter dem Slogan „Keine Entwicklungshilfe für Agrarkonzerne!“ das Entwicklungsministerium aufgefordert, die Kooperation mit Agrar- und Chemiekonzernen zu beenden. Mehr als 65.000 Menschen hatten diese Forderung mit ihrer Unterschrift unterstützt. Die Mitinitiatoren begrüßen das nun verkündete Ende der GFP, fordern aber einen prinzipiellen Kurswechsel.

Schließlich laufen drei regionale Projekte, die unter dem Dach der GFP geschmiedet wurden, weiter: die Better Rice Initiative Asia (BRIA), die Competitive African Rice Initiative (CARI) und die Potato Initiative Africa (PIA). Zudem arbeitet das BMZ auch über sogenannte „Grüne Innovationszentren“, das Programm develoPPP und die „Neue Allianz für Ernährungssicherung“ der G7-Staaten mit großen Agrarkonzernen zusammen. FIAN, INKOTA und Oxfam werden diese Kooperationen weiterhin kritisch verfolgen und an ihrer Forderung „Keine Entwicklungshilfe für Agrarkonzerne!“ festhalten.

Sie fordern, dass BMZ-Programme statt der Außenwirtschaftsförderung vor allem das Recht auf Nahrung und Ernährungssouveränität im Fokus haben. Dazu sei es notwendig, die von Armut und Hunger am stärksten betroffenen Bevölkerungsgruppen wie marginalisierte Kleinbäuerinnen und -bauern bei der Formulierung und Umsetzung von Initiativen einzubinden. Zudem müsse das BMZ bislang vernachlässigte agrarökologische Ansätze stärker fördern. Diese verbinden traditionelles und lokales Wissen mit Erkenntnissen und Methoden moderner Wissenschaft und werden insbesondere von Kleinbauern und -bäuerinnen weltweit erfolgreich angewendet.

Die Kampagne „Keine Entwicklungshilfe für Agrarkonzerne!“ wurde getragen von: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V., Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), FIAN Deutschland, Forum Umwelt und Entwicklung, INKOTA-netzwerk, Junge Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, Katholische Landjugendbewegung Deutschlands, Misereor, Oxfam Deutschland, Pestizid-Aktions-Netzwerk, Weltladen Dachverband.

Xarelto

CBG Redaktion

9. Dezember 2015

umstrittener Gerinnungshemmer Xarelto von BAYER

Aufsichtsbehörden untersuchen Zulassungs-Studie

Die europäische Arzneimittelbehörde EMA und ihr US-Pendant FDA prüfen, ob es bei der Zulassungs-Studie des Gerinnungshemmers Xarelto zu Unregelmäßigkeiten kam. Nach Angaben der EMA wurde bei den Tests offenbar ein fehlerhaftes Gerät benutzt, wodurch die Ergebnisse verzerrt wurden.

Die BAYER-Aktie notierte nach der Bekanntgabe der Untersuchungen heute mehr als vier Prozent im Minus und war mit Abstand der schwächste Dax-Wert. Das Handelsblatt schreibt, dass „der Fall für den Konzern zum Super-GAU werden könnte“. Xarelto besetzt rund ein Drittel des Marktes neuer Gerinnungshemmer (NOAKs), vor den Konkurrenzmitteln Pradaxa von Boehringer und Eliquis von Bristol-Myers Squibb's. BAYER strebt für das Präparat einen Umsatz von 3,5 Milliarden Euro an.

Bereits am Montag hatte das Handelsblatt in einer aufwendigen Recherche gezeigt, dass der Einsatz der teuren NOAKs für die wenigsten Patienten sinnvoll ist und dass die explodierenden Verschreibungszahlen dem exorbitanten Marketing sowie dem Einfluss der Industrie auf medizinische Fachverbände geschuldet sind. So haben von den 23 Autoren der jüngsten neurologischen Leitlinie zu Schlaganfällen, in der die Verwendung von NOAKs empfohlen wird, 16 Gutachter- oder Beraterverträge mit den Herstellern.

Auch zitiert das Handelsblatt aus internen e-Mails bei Boehringer. Demnach würde die Blutspiegelkonzentration bei Verwendung des Präparats Pradaxa um über das Fünffache variieren. Bei zu hohen Konzentrationen drohen dadurch größere Blutungsrisiken, bei zu niedrigem Wirkspiegel ein erhöhtes Schlaganfall-Risiko. Das wichtigste Marketing-Argument der Hersteller, wonach bei NOAKs keine regelmäßigen Blutkontrollen notwendig sind, entfällt dadurch.

Wie nervös die Firmen sind, zeigen die internen mails, die das Handelsblatt veröffentlichte. So schreibt ein medizinischer Teamleiter Ende 2011 besorgt, dass ihn die Daten geradezu „phobisch“ machen. Und später: „Die Welt schreit nach dieser Information. Aber der heikle Part ist, dass wir die Botschaft geschickt zuschneiden müssen.“ Auch die Reaktion von BAYER ist bezeichnend: So gibt ein Mediziner des Konzerns zunächst zu, dass bei Xarelto ebenfalls deutlich abweichende Minimal- und Maximalwerte bei der Blutspiegelkonzentration festgestellt worden seien. Bei weiterer Nachfrage heißt es später, es habe ein „Irrtum“ vorgelegen.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) kritisiert: „Die Schwankungen in der Wirkstoff-Konzentration sind spätestens seit der Veröffentlichung im British Medical Journal im Sommer 2014 bekannt. Für die meisten Patientinnen und Patienten besitzen die neuen Gerinnungshemmer schlichtweg keinen Zusatznutzen gegenüber bewährten und billigen Präparaten wie Marcumar. Wir benötigen dringend unabhängige Zulassungs-Studien, um die Vermarktung überflüssiger und teilweise sogar gefährlicher Präparate zu verhindern. XARELTO ist hierfür ein Musterbeispiel.“ Die CBG hat wiederholt in der BAYER-Hauptversammlung zu den Risiken des Präparats gesprochen.

Im Jahr 2008 hatten die Kosten für Gerinnungshemmer noch bei insgesamt 68 Millionen Euro gelegen. Im vergangenen Jahr verzehnfachten sich die Gesamtkosten auf gut 675 Millionen Euro. Krankenkassen wie die TK monieren die medizinisch nicht gerechtfertigten Verschreibungszahlen. Eine Nutzenbewertung für Xarelto wurde auf Beschluss der großen Koalition im April 2014 eingestellt.

weitere Informationen:
=> zur aktuellen Überprüfung durch die EMA
=> Kritik an Xarelto

Gefährliche Medizin

Milliardengeschäft mit Medikamenten, die Blutgerinnung hemmen: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Boehringer Ingelheim wegen Täuschung über Risiken

In den USA laufen seit längerem Klagen gegen die Konzerne Bayer, Boehringer Ingelheim und Pfizer wegen mutmaßlich durch ihre Medikamente verursachter Todesfälle. Bei den Streitfällen – allein gegen Bayer sind 1.200 Verfahren anhängig – geht es meist um Mittel, die die Blutgerinnung hemmen.
Jetzt ist mit Boehringer eines der Unternehmen in Zusammenhang mit seinem Gerinnungshemmer Pradaxa ins Visier einer Ermittlungsbehörde geraten. Dies berichtete am Montag das Handelsblatt. Weltweit erzielte die Firma mit dem Mittel, das zur Gruppe der sogenannten neuen oralen Antikoagulantien (NOAK) gehört, allein 2014 einen Umsatz von 1,2 Milliarden Euro.
Nach Angaben der Zeitung wurde gegen Boehringer eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Mainz eingereicht. Darin wird dem Konzern vorgeworfen, die europäische Zulassungsbehörde für Arzneimittel EMA (European Medicines Agency) sowie Ärzte und Patienten über die Risiken von Pradaxa getäuscht zu haben. Eine Behördensprecherin sagte dem Blatt, es werde gegen Unbekannt ermittelt.
Die Anzeige stützt sich auf Warnungen des US-amerikanischen Forschers Paul Reilly, der – im Auftrag des Konzerns – eine Studie zu den Risiken des Mittels erarbeitet hatte. Im Rahmen der Untersuchung war er schon 2011 zu der Einschätzung gelangt, dass es bei Patienten, denen es verabreicht wird, zu gefährlichen Über- oder Unterdosierungen kommen könnte. Der Wissenschaftler empfahl ein intensives »therapeutisches Monitoring«, um Personen, die durch die Gabe von Pradaxa gefährdet wären, »zu identifizieren«.
Boehringer wirbt aber gerade mit der so simplen und sicheren Anwendung des Mittels, die regelmäßige ärztliche Kontrollen überflüssig mache. Der Konzern erklärt laut Handelsblatt zu den Vorwürfen, Reillys Analyse sei erst 2013 veröffentlicht worden, das Zulassungsverfahren bei der EMA laufe aber schon länger. Der Zeitung lag allerdings ein Mailwechsel vor, der belegt, dass die Untersuchungen des Amerikaners bereits 2011 konzernintern zu besorgten Erörterungen darüber führten, ob deren Ergebnisse zu juristischen Problemen führen könnten.
Die modernen Gerinnungshemmer sind auch für Bayer und Pfizer ein Kassenschlager. Sie vertreiben ähnliche Mittel unter den Markennahmen Xarelto (1,68 Milliarden Euro Umsatz 2014) bzw. Eliquis (640 Millionen Euro). Vertreter beider Konzerne betonten laut Handelsblatt, ihre Präparate hätten andere Wirkmechanismen als Pradaxa, die Ergebnisse der Studie von Reilly seien daher für sie nicht relevant. Angesichts der laufenden Verfahren in den Vereinigten Staaten klingt dies wie das Pfeifen im Walde. Im Fall von Bayer gibt es zudem auch für die Bundesrepublik Berichte über mutmaßlich durch Xarelto verursachte Todesfälle. So machte die Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) darauf aufmerksam, dass im Jahr 2012 vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte 58 Tote und 750 Meldungen über schwere Nebenwirkungen wie Blutungen nach der Einnahme des Mittels registriert wurden. Über die juristischen Auseinandersetzungen um vermutlich durch das Boehringer-Präparat verursachte schwere Blutungen bei Patienten in den USA berichtete das ARD-Magazin Kontraste bereits im März 2014.
Die Therapie mit den neuen Gerinnungshemmern ist übrigens erheblich teurer als die mit »alten«. Laut Handelsblatt gaben die gesetzlichen Kassen in Deutschland für die Mittel der drei erwähnten Konzerne im Jahr 2014 mehr als 675 Millionen Euro aus. Bis 2011 hatten die jährlichen Kosten für Antikoagulantien bei deutlich unter 100 Millionen gelegen.

Plastikmüll

CBG Redaktion

Der Rhein gehört weltweit zu den am stärksten mit Plastikmüll verschmutzten Flüssen. Einer der größten Plastikproduzenten ist die BAYER-Tochter Covestro. Informationen zur Plastikmüll-Kampagne der CBG finden sich hier.

9. Dezember 2015

Uni Basel: Unmengen von Mikroplastik schwimmen im Rhein

Kein Fluss weltweit ist laut einer Studie derart stark mit kleinen Plastikpartikeln verschmutzt wie der Rhein. Bei einem Großteil des gefundenen Mikroplastiks ist völlig unklar, wie er in den Rhein gekommen ist und woher er stammt.

Der Rhein gehört nach Erkenntnissen Schweizer Wissenschaftler zwischen Basel und Rotterdam zu den weltweit am stärksten mit Plastikteilchen verunreinigten Gewässern. Besonders viele dieser Mikroteile fanden sich im Ruhrgebiet, berichten Forscher der Universität Basel in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“. „Die Konzentrationen von Mikroplastik im Rhein liegen damit im Bereich der höchsten Konzentrationen der bisher weltweit untersuchten Gewässer“, sagt die Leiterin der Studie, die Biologin Patricia Holm vom Departement Umweltwissenschaften der Universität Basel.

Am Rheinknie in Basel sei die Belastung noch leicht unter jener des Genfersees, in der Rhein-Ruhr-Region sei sie hingegen zehnmal höher. In den Weltmeeren bilde Plastikabfall längst riesige treibende Inseln. Zahlreiche Organismen nähmen die Mikroteile auf. Plastikteile von 0,3 bis 5 Millimeter finden sich demnach inzwischen in fast allen Gewässern.

Egal, wo entlang der gut 800 Flusskilometer die Forscher schauten, überall fanden sie reichlich Mikroplastik. Im Durchschnitt enthält der Rhein 892.777 Partikel pro Quadratkilometer oder 4.960 Plastikteilchen pro 1.000 Kubikmeter Wasser. Das ist nach Angaben der Wissenschaftler weit mehr als beispielsweise im ebenfalls mit Mikroplastik belasteten Genfer See oder dem Eriesee in den USA.

Studienleiterin Holm: „Gehen wir von der mittleren Mikroplastik-Konzentration am Tag der Probenahme in Rees aus, trägt der Rhein täglich eine Fracht von mehr als 191 Millionen Plastikteilchen in Richtung Nordsee, und das allein an seiner Oberfläche.“

In Würmern, Schnecken, Muscheln, Wasserflöhen und Muschelkrebsen ließen sich bereits aufgenommene Mikropartikel nachweisen. Gefährlich ist neben der mechanischen Wirkung vor allem, dass die Partikel Schadstoffe enthalten und anreichern können. Pestizide zählen dazu, Polychlorierte Biphenyle (PCB) und Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) - allesamt gesundheitsschädlich oder krebserregend. Ihre Konzentration kann in den Plastikpartikeln nach Analysen bis zu 100 000-fach höher sein als in der Umgebung.

Rätselhafte Kügelchen
Am häufigsten fanden die Forscher Mikroplastik in Form von kleinen Kügelchen, aber auch Fragmente und Fasern, wie sie beispielsweise aus Fleece-Textilien freigesetzt werden. „Auffallend ist der enorm hohe Anteil von bis zu über 60 Prozent Mikrokügelchen in gewissen Flussabschnitten“, sagt Erstautor Thomas Mani von der Universität Basel. Woher diese Kügelchen stammen und wofür sie hergestellt werden, ist jedoch unklar.

Unter den Kunststoffarten sind Polyethylen, Polypropylen und Polystyrol am stärksten vertreten. Diese werden in der Industrie unter anderem für Verpackungen, Innenausstattung und im Fahrzeugbau verwendet. „Angesichts unserer Ergebnisse unterstreichen wir die Dringlichkeit von sofortigen Maßnahmen, um den Plastikmüll zu begrenzen“, betonen die Forscher. „Bisher sind gesetzliche Regelungen in den meisten europäischen Ländern fehlend oder unzureichend.“

Der Rhein sei der erste große Meereszufluss, der auf Plastikabfall untersucht wurde, hieß es am Dienstag weiter. Andere Forschende hätten zuvor Ozeane, Seen und kleinere Flüsse unter die Lupe genommen. Die Wissenschaftler entnahmen bis zur Rheinmündung nahe Rotterdam an elf Standorten insgesamt 31 Proben an der Flussoberfläche. Dabei wurde Mikroplastik in einer durchschnittlichen Konzentration von 892 777 Partikeln pro Quadratkilometer gefunden. Zwischen Basel und Mainz waren es 202 900 Partikel. In der Gegend um Köln 714 053 und im Rhein-Ruhr-Raum im Mittel 2,3 Millionen Partikel.

Der Spitzenwert von 3,9 Millionen Partikeln pro Quadratkilometer wurde in Rees gemessen, rund 15 Kilometer vor der niederländischen Grenze. Weiter meerwärts sanken die Mikroplastik-Werte wieder. Zum Vergleich: Im Genfersee wurden 220 000 Partikel, im Erie-See in den USA 105 500 festgestellt. Rechne man den Spitzenwert von Rees hoch, so bringe der Rhein jeden Tag 191 Millionen Partikel zum Atlantik, was sich auf zehn Tonnen im Jahr summiere, erklärte Holm.

Zur konkreten Herkunft des Plastikabfalls werden in der Studie keine Angaben gemacht. Bei diesen Mini-Ausmaßen sei die Identifikation des Ursprungsmaterials sehr schwierig, sagte Studien-Erstautor Thomas Mani. Kläranlagen würden nur einen Teil herausfiltern. Zudem könne durch Regen-Überläufe ungefiltertes Wasser in den Fluss gelangen.

[UNO] Pestizide

CBG Redaktion

8. Dezember 2015

Kritik auch an Firma BAYER:

UN-Sonderberichterstatter fordert Ende für hochgefährliche Pestizide

Vom 30. November bis zum 7. Dezember unternahm der UNO-Sonderberichterstatter für Menschenrechte, gefährliche Chemikalien und Abfälle, Buskat Tuncak, einen Besuch in Deutschland. Dabei traf er Regierungsvertreter, NGOs und Verantwortliche der Agro-Industrie. Eines seiner Themen waren hochgefährliche Pestizide (HHP).

Am Ende der Reise sagte Buskat Tuncak unter anderem: „Gefährliche Pestizide, die in der EU zur Verwendung verboten sind, werden von einigen deutschen Unternehmen noch immer in Länder exportiert, die nicht über ein angemessenes System zur Kontrolle dieser gefährlichen Pestizide verfügen. Eine ähnliche Situation besteht auch für Industriechemikalien.“

Tuncat sprach auch die Rolle der Firma BAYER an: „BAYER hat zugegeben, dass noch hochgefährliche Pestizide hergestellt werden, hat aber auch eingeräumt, dass es hier Veränderungen geben muss. Sie haben mir gesagt, dass daran gearbeitet wird, nach und nach aus diesen Produkten auszusteigen. Was für mich allerdings nicht so befriedigend war, dass es keinen konkreten Zeitplan dafür gibt.“ Tuncat ruft zusammen mit dem UN-Sonderberichterstatter für Nahrung dazu auf, die Herstellung und den Gebrauch von HHP komplett zu beenden und sie durch andere zu ersetzen.

Weitere Auszüge aus dem Zwischenbericht (den Abschlussbericht legt der UNO-Sonderberichterstatter im September 2016 vor):

Mit der Beantwortung meiner Fragen zu einem langjährigen Problem bin ich allerdings noch unzufrieden. In der EU bereits zur Verwendung verbotene Chemikalien werden immer noch von deutschen Unternehmen für die Anwendung außerhalb der EU exportiert und hergestellt, auch in Länder mit einem sehr viel schwächeren oder faktisch nicht existierenden System für das Chemikalienmanagement. Diese Chemikalien werden von der EU üblicherweise verboten oder beschränkt, weil die sichere Verwendung in der EU nicht garantiert werden kann. Es ist unwahrscheinlich, dass diese Stoffe in Afrika, Südostasien und Lateinamerika sicher angewendet werden. Dies zeigt sich immer wieder darin, dass die von den Unternehmen unternommene Risikoabschwächung trotz aller Versuche der Chemikalienhersteller nicht erfolgreich ist. Arbeitnehmer und Gemeinschaften in Entwicklungsländern sind durch solche fortwährenden Praktiken besonders gefährdet.

So werden etwa einige gefährliche Pestizide, die in der EU zur Verwendung verboten sind, von einigen deutschen Unternehmen immer noch in Länder exportiert und hergestellt, die nicht über ein angemessenes System zur Bewirtschaftung dieser gefährlichen Pestizide verfügen. Eine ähnliche Situation besteht auch für Industriechemikalien. Die Nachverfolgung der Verwendung chemischer Produkte durch die Lieferkette hindurch stellt eine ernsthafte Herausforderung für die Unternehmen dar trotz der Anzeigepflicht unter der REACH Verordnung.

Untersuchungen zeigen, dass hunderte von giftigen Stoffen in Kindern (während kritischer Entwicklungsphasen) vorhanden sind, denen sie durch die Luft, die wir atmen, die Lebensmittel, die wir essen, das Wasser, das wir trinken, die Konsumgüter, die wir kaufen und die Orte, an denen wir leben und arbeiten, ausgesetzt sind. Es gibt eine wachsende Anzahl wissenschaftlicher Erkenntnisse über eine Reihe von verschiedenen Krankheiten, von Krebs über Diabetes bis zu Funktionseinschränkungen des Gehirns, die erst später im Leben auftreten und mit der Exposition gegenüber gefährlichen Stoffen während dieser sensiblen Phasen vor und nach der Geburt in Verbindung gebracht werden.

weitere Informationen:
=> Herbizide von BAYER im Soja-Anbau
=> HPP von BAYER
=> Belastung durch PCB

Bienensterben

CBG Redaktion

Presse Information vom 4. Dezember 2015

Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG)
Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany)

Verkaufsmengen bienenschädlicher Pestizide unverändert hoch

„EU muss Zulassung vollständig aufheben!“

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren und das Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany) fordern ein vollständiges Verbot von bienengefährlichen Pestiziden aus der Substanzklasse der Neonikotinoide. Das von der EU im Dezember 2013 verhängte Teil-Verbot wie auch die Maßnahmen der Bundesregierung führten zu keinem Rückgang der Verkaufsmenge und sind daher für den Schutz von Bienen und Wildinsekten unzureichend. Die EU muss bis Ende des Jahres über die Verlängerung oder Verschärfung des Verbots entscheiden.

Jan Pehrke vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Bundesregierung und EU-Kommission müssen aufhören, den Einflüsterungen der Agro-Konzerne zu folgen, und die Pestizide Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam endlich komplett vom Markt nehmen. Auch der Export der Substanzen muss gestoppt werden. Zudem dürfen die Gifte nicht durch neue, aber ebenfalls gefährliche Chemikalien wie Sulfoxaflor oder Flupyradifurone substituiert werden.“ Pehrke kritisiert überdies, dass die Bundesregierung in Brüssel nicht für die Annahme einer Leitlinie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA votierte, die eine stärkere Berücksichtigung des Bienenschutzes bei Pestizid-Zulassungsprüfungen vorsah, sondern sich der Stimme enthielt.

Susan Haffmans von PAN Germany ergänzt: „Das Teilverbot war ein erster wichtiger Schritt hin zu einem besseren Schutz von Bienen vor den akuten und chronischen Schäden durch Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam. Doch das reicht nicht aus. Denn die Wirkstoffe sind in Deutschland weiterhin in 14 Pestizidprodukten enthalten und dürfen legal beim Anbau von Äpfeln, Kartoffeln und Rüben eingesetzt werden. Während die notwendige Verschärfung der Wirkstoffprüfung verschleppt wird, schädigen die Neonikotinoide weiter Bienen, Wassertiere und Bodenlebewesen. Dass die Pestizid-Industrie die hochgefährlichen Wirkstoffe zudem in großen Mengen exportiert, ist unverantwortlich.“

Im Frühjahr 2008 hatte der Einsatz von Clothianidin ein großes Bienensterben in Süddeutschland verursacht. Die Bundesregierung hatte daraufhin die Verwendung von Clothianidin und Imidacloprid im Mais- und Wintergetreide-Anbau verboten; ein Verbot auf Raps-Kulturen wurde trotz Protestes von Seiten des Umweltbundesamts zunächst wieder aufgehoben. Seit Dezember 2013 dürfen Clothianidin, Imidacloprid (beide von BAYER) und Thiamethoxam (SYNGENTA) in der EU nicht mehr für die Behandlung von Mais-, Sonnenblumen- und Raps-Saatgut verwendet werden. Die Zulassung als Spritzmittel blieb jedoch bestehen.

Die bisherigen Maßnahmen haben zu keiner Reduzierung des Neonicotinoid-Verbrauchs geführt. Die von der Bundesregierung auf Anfrage der Grünen kürzlich vorgelegten Zahlen belegen, dass die Einsatzmengen unverändert blieben (siehe unten). Die exportierten Mengen stiegen sogar deutlich an - von 952 Tonnen (2008) auf 2269 Tonnen (2014).

Neonikotinoide sind hochtoxische, systemisch wirkende Insektizide. In Pflanzen, deren Saatgut mit den Substanzen behandelt wird, steigen die Giftstoffe in Blüten und Pollen auf. Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, dass hierdurch gravierende ökologische Schäden verursacht werden, da die Pestizide schon in geringsten Mengen negative Effekte auf Bienen, Wildinsekten, Würmer, Spinnen und Vögel haben. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kam im August zu dem Ergebnis, dass auch die Anwendung als Spritzmittel mit hohen Risiken für Bienen verbunden ist.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren führt bereits seit 1998 eine Kampagne zum Verbot von Neonicotinoiden. Mehrfach reichte der Verband Gegenanträge zur Hauptversammlung der BAYER AG ein und lud Imker/innen ein, vor den Aktionären zu sprechen. Der Konzern hatte die Substanzklasse vor über 20 Jahren auf den Markt gebracht und damit einen jährlichen Umsatz von bis zu einer Milliarde Euro erlöst.

Absatzmenge von Neonicotinoiden in Deutschland
2006: 258 Tonnen
2007: 280 Tonnen
2008: 258 to
2009: 280 to
2010: 257 to
2011: 295 to
2012: 342 to
2013: 200 to
2014: 207 to

ausführliche Informationen zum Thema

Steuerflucht

CBG Redaktion

3. Dezember 2015

Steuerflucht von BAYER

Patentabteilung: Umzug in Steueroase Monheim

Der Leverkusener Anzeiger berichtet heute, dass die Patentabteilung des BAYER-Konzerns im Jahr 2012 nach Monheim umgezogen ist. Kurz zuvor, im Juni 2011, waren die Patentrechte eigens in eine neue Firma ausgelagert worden, die Bayer Intellectual Property GmbH.

Monheim, nördlich an Leverkusen grenzend, hatte sich im Jahr 2012 zur rheinischen Steueroase gewandelt: Der Gewerbesteuer-Hebesatz wurde von 435 auf 300 Punkte gesenkt. Leverkusen berechnete die Gewerbesteuer zum selben Zeitpunkt auf der Basis von 460 Punkten. Dank zahlreicher Firmen-Verlagerungen verdreifachten sich dadurch die Monheimer Einnahmen innerhalb von zwölf Monaten. Noch beeindruckender ist die Entwicklung, wenn man den Zeitraum von 2010 bis 2013 betrachtet: innerhalb von nur drei Jahren stieg die verbuchte Gewerbesteuer von 16 Mio. auf 262 Millionen – ein Anstieg um 1.500 Prozent. Für das laufende Jahr erwartet Monheim 225 Millionen Euro, etwa das Vierfache der größeren Nachbarstadt Leverkusen.

Nach Schätzung von Apostolos Tsalastras, dem Kämmerer von Oberhausen, hätte Bayer Intellectual Property in Leverkusen 30 Millionen Euro Gewerbesteuer zahlen müssen. In Monheim waren es wegen des niedrigeren Hebesatzes rund 10 Millionen weniger. Bestätigt wird das weder bei Bayer noch im Rathaus von Monheim - mit Hinweis auf das Steuergeheimnis.

weitere Informationen zur Steuerflucht von BAYER:
=> Steuern in Leverkusen
=> (leise) Kritik der SPD
=> Artikel „Im Steuer Paradies“

Bluter

CBG Redaktion

Film bis 1. Januar hier in der Mediathek ansehen

Presse Info vom 2. Dezember 2015

ARD, 20.15 Uhr: TV-Film zum Bluter-Skandal

„Industrie hat HIV-Infektionen billigend in Kauf genommen“

Die ARD sendet heute um 20.15 Uhr den Film „Unter der Haut“, der sich mit der HIV-Infektion Tausender Bluter in den achtziger Jahren befasst. Weltmarktführer für Gerinnungshemmer zu diesem Zeitpunkt war der deutsche BAYER-Konzern, der rund die Hälfte der Infektionen verursachte. Weitere wichtige Hersteller waren die Firmen Baxter und Alpha. Die Firmen kannten das Risiko, setzten den Verkauf der Präparate jedoch über Jahre hinweg fort.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Es ist zu begrüßen, dass der Film das Leid der Opfer veranschaulicht und die Rolle der Industrie kritisch beleuchtet. Die firmeninternen Warnungen vor einer Epidemie, die Einschüchterung von Kritikern, die Exporte unbehandelter Chargen nach Asien – all das hat es wirklich gegeben. Schade, dass wie schon beim ZDF-Film „Blutgeld“ vor zwei Jahren der BAYER-Konzern nicht beim Namen genannt wird. Offenbar müssen selbst die öffentlich-rechtlichen Sender vor den Rechtsabteilungen der Konzerne zittern“. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren, die seit über 25 Jahren mit den Geschädigten kooperiert, hat die Recherchen zu dem ARD-Film unterstützt.

Ein Untersuchungsausschuss des Bundestags war 1994 zu dem Ergebnis gekommen, dass die Mehrzahl der Infektionen hätte verhindert werden können, da seit 1982 alle notwendigen Erkenntnisse über HIV vorlagen. Auch existierten Sterilisierungsverfahren, um die Blutkonserven von Viren zu befreien. Aus Profitgründen widersetzte sich die Industrie jedoch der Umstellung ihrer Produktion und der Vernichtung ungetesteter Präparate.

Die BAYER-Tochterfirma Cutter benannte das Risiko in firmeninternen Memos frühzeitig, verzichtete jedoch aus Kostengründen auf den Einsatz der Sterilisierungsverfahren. Darüber hinaus überzeugte Cutter die übrigen Hersteller, ebenfalls von einem Wechsel auf sicherere Verfahren abzusehen, und erreichte bei den Behörden, solche nicht verbindlich vorzuschreiben (dies führte 1994 zur Schließung des Bundesgesundheitsamts). Noch nach dem Verbot unbehandelter Blutprodukte in Europa und den USA exportierte Cutter übrig gebliebene Chargen nach Lateinamerika und Asien und verursachte damit wissentlich den Tod zahlreicher Bluter.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert Entschädigungen für die Opfer und ihre Hinterbliebenen, eine strafrechtliche Verfolgung der Konzern-Verantwortlichen sowie eine Übernahme der vollen Behandlungskosten durch die Firmen. „Die Verursacher der Infizierung Tausender Bluter profitieren bis heute vom Verkauf teurer Plasma-Medikamente und wälzen gleichzeitig die Behandlungskosten der von ihnen geschädigten Bluter auf die Allgemeinheit ab“, so Mimkes weiter. BAYER machte im vergangenen Jahr allein mit dem Bluter-Präparat Kogenate einen Umsatz von 1,1 Milliarden Euro.

Hintergründe zum Aids/Bluter-Skandal

IG Farben

CBG Redaktion

Heute vor 90 Jahren wurde der Mörder-Konzern IG Farben gegründet. Zu diesem Anlass veröffentlichen wir einen Artikel des Historikers Dr. Reiner Zilkenat zum Nürnberger IG Farben-Prozess.

2. Dezember 2015

»Gefangene Hitlers«

Ende November 1945 wurden 23 Manager der IG Farben AG verhaftet. Dank ihrer Behauptung, nur unter dem Druck der Nazis gehandelt zu haben, erhielten sie milde Strafen und bekleideten bald hohe Ämter in der Bundesrepublik

In den letzten Novembertagen des Jahres 1945 verhafteten alliierte Militärs zahlreiche Topmanager der IG Farbenindustrie AG und überführte insgesamt 23 von ihnen in das Verhörzentrum für Kriegsverbrecher auf Schloss Kransberg im Taunus. Zugleich begannen die Vorbereitungen eines Prozesses, in dem die führenden Repräsentanten dieses Konzerns wegen folgender Verbrechen angeklagt wurden: Planung, Vorbereitung, Einleitung und Durchführung von Angriffskriegen sowie Invasionen gegen andere Länder; Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit und in diesem Zusammenhang: Teilhabe an der Versklavung von Menschen in besetzten Gebieten sowie an ihrer Misshandlung, Folterung und Ermordung, einschließlich der Organisation von Zwangsarbeit; Mitgliedschaft einiger Angeklagter in einer verbrecherischen Organisation, der SS; Beteiligung an einer Verschwörung, um Verbrechen gegen den Frieden zu begehen.

Die Verhöre der Inhaftierten und die Auswertung umfangreichen Dokumentenmaterials nahmen längere Zeit in Anspruch, so dass erst am 13. Mai 1947 die Anklageschrift beim US-amerikanischen Militärgericht in Nürnberg eingereicht werden konnte. Der Prozess begann am 27. August 1947 und endete erst am 29. bzw. 30. Juli 1948 nach 152 Sitzungstagen mit der Verkündung der Urteile sowie der Verlesung der Urteilsbegründung.

Die besondere Bedeutung des Verfahrens besteht bis zum heutigen Tage darin, dass hier die Mechanismen des staatsmonopolistischen Kapitalismus in der Zeit des Faschismus transparent wurden. Wie unter einem Brennglas wurde die enge Zusammenarbeit, ja Verschmelzung der IG Farbenindustrie mit den staatlichen Machtorganen erkennbar.

Doch zunächst ist ein Blick in die Zeit vor der Machtübertragung notwendig. Denn die Interessengemeinschaft existierte bereits seit 1925. Worin bestand die herausragende Bedeutung dieses Konzerns? 1925 schlossen sich mehrere deutsche Unternehmen der chemischen und pharmazeutischen Industrie, darunter die Badische Anilin- und Sodafabrik (BASF), die Höchst AG und die Bayer AG, zum größten Unternehmen ihrer Branche, sogar der Welt zusammen. Das Aktienkapital der IG Farben lautete auf die damals unvorstellbar hohe Summe von 1,1 Milliarden Reichsmark. Die Beteiligungen dieses Giganten an anderen Firmen, nicht nur in Deutschland, waren selbst für Insider kaum überschaubar. Sie betrafen auch Unternehmen der Schwerindustrie, der Erdölbranche und des Fahrzeugbaus.

Es ist naheliegend, dass eine derart konzentrierte ökonomische Macht im Stande ist, auch einen erheblichen Einfluss auf staatliche Entscheidungen auszuüben. Für die »Pflege der politischen Landschaft« war vor allem das Berliner Büro der IG Farben mit seiner Pressestelle Unter den Linden zuständig. Hier und in der Volkswirtschaftlichen Abteilung wurden detaillierte Expertisen über die Lage in Konkurrenzunternehmen, aber auch in anderen Branchen und Großunternehmen ausgearbeitet. Daneben wurden Analysen der wirtschaftlichen und politischen Situation in anderen Ländern angefertigt. In Kriegszeiten kamen zahlreiche Kriegszieldenkschriften hinzu. Dass die im Ausland tätigen Filialen häufig den deutschen Nachrichtendiensten zuarbeiteten, sei nur am Rande erwähnt.

Eine der während des IG-Farben-Prozesses und danach von den Konzernmanagern verbreiteten Legenden lautete, dass es vor der Machtübertragung an die Faschisten keinerlei ernsthafte Kontakte und auch keine finanziellen Zuwendungen des Konzerns für die Nazipartei gegeben habe. Wie verhielt es sich aber tatsächlich mit den Beziehungen der IG Farben zur NSDAP?

IG Farben und NSDAP vor 1933
Die ersten Kontakte zwischen der faschistischen Partei und Repräsentanten des Chemiegiganten datieren von der Mitte bzw. dem Ende des Jahres 1931. Zwei Anlässe waren ausschlaggebend für die Bereitschaft der leitenden Herren der IG, sich mit Hitler und den Seinen an einen Tisch zu setzen. Zum einen war der Konzern immer häufiger von Nazigazetten ins Visier genommen worden, die ihm bescheinigten, angeblich Bestandteil des internationalen, »jüdisch dominierten« Finanzkapitals zu sein. Die Namen leitender Mitarbeiter, die jüdischer Herkunft waren, mussten als Belege für diese abenteuerliche These dienen, die durch antisemitische Karikaturen (»IG Moloch«, »Isidore G Farben«) noch veranschaulicht wurde. Heinrich Gattineau, der Leiter der Presseabteilung des Konzerns, erreichte durch eine Intervention seines ehemaligen Doktorvaters, des mit Hitler und dem »Stellvertreter des Führers« Rudolf Heß gut bekannten »Geopolitikers« Professor Karl Haushofer, die Beendigung derartiger Angriffe.

Zum anderen war die Ursache für die Kontaktaufnahme zwischen den IG Farben und Hitler handfester Natur. Auf ausdrückliche Anordnung des Vorstandsvorsitzenden Carl Bosch – er hatte 1931 den Nobelpreis für Chemie erhalten – hatten im Oktober/November 1931 Gattineau und Heinrich Bütefisch, Direktor der Leuna-Werke, Hitler um eine vertrauliche Zusammenkunft gebeten. Die Führung der IG Farben wollte sich vergewissern, ob Hitler im Falle seiner als wahrscheinlich erachteten Kanzlerschaft die Aktivitäten des Konzerns unterstützen würde, synthetisches Benzin zu produzieren. Bislang gelang dies wegen der hohen Ausgaben für Entwicklung und Produktion nicht annähernd kostendeckend. Hier bot sich die künftige politische Orientierung auf die NSDAP an. Schließlich planten Hitler und seine Partei für den Fall ihrer Regierungsübernahme, einen Revanchefeldzug für die im Ersten Weltkrieg erlittene Niederlage des deutschen Imperialismus vorzubereiten. Hierfür stellte die Brennstoffautarkie eine wesentliche Voraussetzung dar. Da Erdöl nur in geringen Mengen in Deutschland gefördert wurde, fehlte die Voraussetzung, um einen »modernen« Krieg führen zu können: die kontinuierliche Verfügung über große Mengen Benzins. Angesichts der technischen Möglichkeiten des Chemiekonzerns, dies synthetisch herzustellen, suchte man das Interesse Hitlers zu gewinnen.

Beiden Seiten war klar, dass die beabsichtigte Hochrüstung des deutschen Faschismus und der Kurs auf einen erneuten Angriffskrieg ohne die aktive Einbeziehung der IG Farben nicht möglich waren. Es erscheint daher folgerichtig, dass der Konzern durch Vorstandsmitglied Georg von Schnitzler bei einer Zusammenkunft führender Industrieller im Palais des Reichstagspräsidenten Hermann Göring am 20. Februar 1933 mit 400.000 Reichsmark den größten Beitrag leistete, um die faschistische Partei für die Vorbereitung der am 20. März durchzuführenden Reichstagswahlen mit den nötigen finanziellen Mitteln zu versorgen.

Dies war nicht die erste finanzielle Zuwendung des Konzerns an die faschistische Bewegung. 1983 erinnerte sich der 78jährige Gattineau in einem Interview mit dem ZDF, dass bereits vor dem 30. Januar 1933 einmalig 100.000 Mark und mehrere Monate lang jeweils 10.000 Mark zugunsten der SA überwiesen worden seien, die nach der Machtübergabe noch einmal 250.000 Mark für »Bedürftige« in ihren Reihen erhalten habe. Während der Nazidiktatur erhielten die NSDAP und andere Organisationen rund 40 Millionen Mark »Spenden« von seiten der IG Farben. Daneben bekamen Repräsentanten des Regimes wertvolle »persönliche Geschenke« überreicht. Angesichts einer Verfünffachung des Nettogewinns im Konzern von 1933 bis 1945 handelte es sich bei diesen Zuwendungen an die faschistische Partei um durchaus »lohnende« Investitionen, die sich in Form rasant steigender Profite amortisierten.

Ter Meers Verteidigungsstrategie
Zurück zu den 23 auf Schloss Kransberg inhaftierten ehemaligen IG-Farben-Managern. Sie standen vor der Frage, in welcher Weise sie vor den Verhöroffizieren und später vor den US-amerikanischen Richtern in Nürnberg auftreten wollten. Wie konnte es gelingen, die eingangs genannten fünf Anklagepunkte zu entkräften?

Es ergab sich folgende Situation: Georg von Schnitzler zeigte bei seinen Befragungen gewisse Zeichen von Reue, jedenfalls war er bereit, über die von der IG Farben zu verantwortenden Verbrechen, über die aktive Beteiligung des Konzerns an den Rüstungsprogrammen der Nazis sowie über den Anteil von führenden Industriellen und Bankiers an der Errichtung der faschistischen Diktatur zu sprechen. Immer wieder zog er aber wegen »Übersetzungsfehlern« und »Erinnerungsschwächen« schon einmal formulierte Aussagen zurück – um sie dann wieder ganz oder teilweise erneut zu bestätigen. Der Grund für sein widersprüchliches Verhalten lag jedoch an den Aktivitäten eines seiner ehemaligen Kollegen, der sich nicht scheute, hinter Gittern Druck auf seine Mitgefangenen auszuüben, falls sie seinen Anweisungen nicht folgen wollten.

Während der Haft in Schloss Kransberg bestand immer wieder die Möglichkeit, dass sich die gefangenen IG-Farben-Manager längere Zeit gemeinsam in einer Zelle aufhalten konnten. Hier übernahm Fritz ter Meer das Kommando. Er hatte letztlich mit seinen Bestrebungen Erfolg, eine einheitliche Verteidigungsstrategie auszuarbeiten, möglichst keine Widersprüche in den Aussagen bei den Verhören zuzulassen und die in der Anklageschrift enthaltenen Vorwürfe zu leugnen. Nicht die Verteidiger der Angeklagten, sondern ter Meer spielte bei alledem die maßgebliche Rolle.

Ter Meer war ab 1937 Mitglied der NSDAP, ab 1942 »Wehrwirtschaftsführer«. Während der Haft verfasste er eine knappe »Geschichte der IG Farben«, in der er ihre »Friedfertigkeit« beschwor. Ja, er scheute nicht davor zurück, den Konzern als einen »Hort der Völkerverständigung« zu bezeichnen, der die »abendländische Art zu leben« repräsentiert habe. Zugleich betrieb er die Dämonisierung Hitlers, den er durch sein Sprachrohr, den Strafverteidiger Friedrich Silcher, als »Wahnsinnigen« charakterisierte. Die Führung der IG Farben sei lediglich Befehlsempfänger gewesen. Er bezeichnete sie sogar als »Gefangene Hitlers«. Sie hätten keinerlei Handlungsspielräume gehabt, zumal Zwangs- und Kommandowirtschaft geherrscht habe. Man sei »Objekt der Politik« und einem »Befehlsnotstand« ausgesetzt gewesen. Im übrigen habe man seine »vaterländische Pflicht« erfüllt. Ter Meer gelang es, seine Mitgefangenen und die Verteidiger auf diese »Argumentation« einzuschwören. Vor Gericht verteidigte er sich zumeist selbst und in der Regel in fließendem Englisch. Sein arrogantes und jede Schuld verleugnendes Verhalten bestimmte auch das Auftreten der anderen Angeklagten. Nach der Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe von sieben Jahren schrieb er am 4. August 1948 triumphierend in einem an Vorstände verschiedener Unternehmen gerichteten Brief: »Der schlimmste Punkt der Anklage – das angebliche Bündnis mit Hitler und die Vorbereitung eines Angriffskrieges – haben wir so sauber ad absurdum geführt, dass der diesbezügliche Teil des Urteils für die IG Farben, für die deutsche Industrie und das deutsche Volk eine ganz klare Entlastung bringt.« Und weiter: Das Urteil sei »mehr eine Reinwaschung von wilden Anklagen als die Zuerkennung einer persönlichen Schuld«.

Gattineau, Bütefisch und andere
Neben ter Meer saßen noch weitere 22 Personen auf der Nürnberger Anklagebank. Einige seien an dieser Stelle genannt. Bereits erwähnt wurden Heinrich Gattineau und Heinrich Bütefisch. Seit 1931 leitete Gattineau die Pressestelle der IG Farben, seit 1931/32 diente er außerdem dem Stabschef der SA, Ernst Röhm, als »Berater in wirtschaftspolitischen Fragen«. Deshalb wurde er im Zusammenhang mit dem »Röhm-Putsch« 1934 für wenige Tage festgenommen. Er konnte aber den damals einsetzenden Verfolgungen gegen missliebige SA-Führer und ihre Vertrauten entkommen. Später machte er Karriere als Direktor der IG Farben, als Leiter der Volkswirtschaftlichen Abteilung und als Betriebsleiter der Dynamit-Nobel-Werke in Bratislava.

Heinrich Bütefisch gehörte dem Vorstand an, war Leiter der Leuna-Werke und später Produktionsleiter der IG-Farben-Fabrikanlagen im Vernichtungslager Auschwitz. Hier war er maßgeblich für den Arbeitseinsatz von KZ-Häftlingen zuständig. Ihren massenhaften Tod gemäß der faschistischen Devise »Vernichtung durch Arbeit« nahm er billigend in Kauf. Er bekleidete den Rang eines SS-Obersturmbannführers und gehörte seit 1934 dem exklusiven »Freundeskreis des Reichsführers SS« an. Beim Prozess in Nürnberg spielte Bütefisch den Ahnungslosen. Er habe von den katastrophalen Zuständen im Vernichtungslager Auschwitz sowie in den Unterkünften der Sklavenarbeiter »nichts gewusst«. Mehr noch: »Ich kann mir das auch nicht denken«.

Auch Walter Dürrfeld zählte zu den Angeklagten. Er war zunächst Bauleiter der IG-Farben-Anlagen in Auschwitz-Monowitz. Unter seiner Leitung wurden seit 1941 nicht weniger als 600 Millionen Mark in den gewaltigen Industriekomplex, einen der größten weltweit, investiert, der trotz aller Kriegsschäden nach 1945 einen Wert von 900 Millionen Mark repräsentierte. Seit 1943 amtierte Dürrfeld als Direktor in Auschwitz-Monowitz. Wie Bütefisch war er einer der Organisatoren der Sklavenarbeit von KZ-Häftlingen im IG-Farben-Werk in Auschwitz.

IG Farben und Auschwitz
Einer der zentralen Punkte der Anklage gegen die ehemaligen IG-Farben-Manager war deren aktive Teilhabe bei der Verwendung von Häftlingen zur Zwangsarbeit in Auschwitz. Zugleich ging es um das Giftgas Zyklon B, mit dem Millionen Häftlinge dort und in anderen Vernichtungslagern ermordet worden waren. Dieses Gas stammte aus den Produktionsstätten der Deutschen Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung (Degesch), zu deren Teilhabern die IG Farben und die Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt (Degussa) gehörten. Sie verdienten an der fabrikmäßigen Ermordung vor allem jüdischer Häftlinge. Von einem gegen diese ungeheuerlichen Verbrechen gerichteten Protest der Verantwortlichen der IG Farben ist nichts bekannt. Im Gegenteil, sie forderten von der SS ständig neue Sklavenarbeiter, für deren Einsatz sie dieser kriminellen Organisation regelmäßig Geld überwiesen.

Der massenhafte Einsatz von KZ-Häftlingen ist eine unumstößliche Tatsache. Ebenso die Praxis, dass die bald entkräfteten Arbeiter mit Zyklon B vergast und anschließend verbrannt wurden. Mehr als 25.000 Häftlinge haben sich in wortwörtlichem Sinne in Auschwitz-Monowitz zu Tode gearbeitet. All das auch nur gewusst zu haben, leugneten die Manager der IG Farben vehement. Ter Meer zog in seinem bereits zitierten Brief vom 4. August 1948 das Resümee, dass die Angeklagten auch im Falle Auschwitz vor Gericht »zu 90 Prozent obsiegt« hätten. Diese Aussagen erscheinen besonders zynisch, weil ter Meer im November 1942, als die Produktion in Monowitz bereits begonnen hatte, durch den Kommandanten des Vernichtungslagers Auschwitz, SS-Obersturmbannführer Rudolf Höß, persönlich durch das Lager und die Produktionsstätten geführt worden war. Dabei hätte er nichts von den zum Himmel schreienden Verhältnissen wahrnehmen können?

Tatsächlich stand die Häftlingsarbeit seit dem Juni 1940 bzw. – bezogen auf Auschwitz – seit dem Januar 1941 auf der Tagesordnung der IG Farben. Sie wurde mit den staatlichen Stellen rege diskutiert und schließlich gemeinsam organisiert. Eine materielle Entschädigung der überlebenden Zwangsarbeiter war bekanntlich viele Jahre lang ein Tabu. Dass sie nicht oder nicht in auch nur annähernd ausreichendem Maße stattgefunden hat, gehört zu den dunkelsten Kapiteln der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte.

Die Urteile
Der Ankläger im IG-Farben-Prozess, der junge US-amerikanische Jurist Josua Du Bois, vertrat seine Sache mit großem Engagement und war überzeugt davon, mit den 23 IG-Farben-Managern eine wichtige Tätergruppe des deutschen Faschismus zur Rechenschaft zu ziehen. Allerdings spürten er und der Chefankläger der USA, Brigadegeneral Telford Taylor, von Anfang an Gegenwind von der eigenen Militärregierung. Kein Geringerer als der US-Militärgouverneur in Deutschland, General Lucius D. Clay, hatte bereits die Einleitung des Prozesses kritisiert. Während des Verfahrens in Nürnberg änderte sich nunmehr die politische Großwetterlage in entscheidender Weise, denn 1947 setzte sich der von den USA und ihren Verbündeten ausgelöste Kalte Krieg als dominierende Tendenz in den internationalen Beziehungen durch. Damit veränderte sich der Umgang der Westmächte mit den von ihnen kontrollierten Zonen in Deutschland beträchtlich. Als Stichworte seien nur genannt: Die Bildung der Bizone aus US-amerikanischer und britischer Zone; die Truman-Doktrin, die im Kern eine auch militärische Bekämpfung von kommunistischen und Volksbefreiungsbewegungen beinhaltete; der Marshall-Plan, der »marktwirtschaftlich« organisierten Nationalökonomien in Europa zinsgünstige Milliardenkredite und »Aufbauhilfe« bot; die Berlin-Krise, die 1948/49 sogar zu einem Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion hätte führen können.

Jetzt stellte sich die Frage, ob eine lang andauernde politische, ökonomische und womöglich auch militärische Auseinandersetzung mit der UdSSR ohne die Einbeziehung des großen wirtschaftlichen Potentials der Westzonen denkbar sein könnte. Die Antwort hierauf war negativ.

Nicht zuletzt deshalb fielen die am 29. bzw. 30. Juli 1948 verkündeten Urteile im IG-Farben-Prozess sehr milde aus, zumal die Manager in den ersten drei der fünf eingangs genannten Anklagepunkte freigesprochen wurden. Vergleichsweise milde Freiheitsstrafen, die über acht Jahre nicht hinausgingen, sowie zehn Freisprüche waren die Folge. Fritz ter Meers Studienfreund und Verteidiger Friedrich Silcher hatte die Dinge in einem Plädoyer am 29. Oktober 1947 auf den Punkt gebracht: Die »Schicksalsfrage unserer Welt« sei der »Konflikt zwischen Sozialismus und Kapitalismus«. Es drohe »die Festung Europa vollends im Chaos zu versinken«. Die Kommunisten und »Nationalsozialisten« hätten gleichermaßen die private Wirtschaft bekämpft. Nun seien es ausgerechnet die USA, »die Hochburg des freien Unternehmertums«, die eine Zerschlagung der IG Farben praktizierten, »worüber sich die Kommunisten freuen« würden.

Karrieren in der BRD
In den folgenden Jahren kamen sämtliche Angeklagte, zum Teil lange vor der Verbüßung ihrer Strafen, wieder in Freiheit. Am 31. Januar 1950 wurde der »Gnadenerlass« des US-amerikanischen Hohen Kommissars, John McCloy, veröffentlicht, nach dem auch einige der im IG-Farben-Prozess Verurteilten auf freien Fuß gesetzt wurden. Daneben wurden Bundeskanzler Konrad Adenauer und Wirtschaftsminister Ludwig Erhardt immer wieder bei den Westalliierten für die Entlassung inhaftierter Kriegsverbrecher vorstellig. Schließlich waren die Manager der IG Farben erneut in wichtigen Positionen aktiv. Zum Beispiel Heinrich Bütefisch, der den Aufsichtsräten der Ruhrchemie AG und der Deutschen Gasolin AG angehörte. Das ihm vom Bundespräsidenten Heinrich Lübke 1964 verliehene Große Verdienstkreuz musste er allerdings aufgrund anhaltender öffentlicher Proteste wieder zurückgeben.

Heinrich Gattineau wurde Vorstandsvorsitzender der Dynamit Nobel AG, Aufsichtsratsmitglied der Gelsenkirchener Bergwerks AG und der Chemischen Werke Hüls. Im Gegensatz zu Bütefisch durfte er sein Bundesverdienstkreuz behalten, das ihm bereits 1953 verliehen worden war. Fritz ter Meer wurde zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Bayer AG berufen, einem ehemaligen Unternehmen »seiner« IG Farben. Zugleich gehörte er dem Aufsichtsrat der Commerzbank und des Mischkonzerns VIAG an, der sich zu jener Zeit im Staatsbesitz befand. Während sich die Kriegstreiber, Organisatoren und Helfershelfer eines millionenfachen Völkermords, sich problemlos wieder in die bürgerliche Gesellschaft integrieren konnten, warteten die überlebenden Zwangsarbeiter meistens vergeblich auf irgendeine materielle Entschädigung für das ihnen zugefügte Leid. Die Herren Gattineau, Bütefisch und ter Meer waren im Kalten Krieg als Experten für die industrielle Hochrüstung und Kriegsvorbereitung wieder gefragt, ihre Opfer wurden dagegen in der BRD bis in die 1990er Jahre beschwiegen.

[Vorträge] Bhopal mahnt

CBG Redaktion

Bhopal mahnt!

Zehntausende Vergiftete leiden bis heute

Der indische Arzt und Aktivist Dr. Mali Muttanna Mallappa wird in Düsseldorf, Köln und Wuppertal über die Chemie-Katastrophe in Bhopal/Indien berichten. Dr. Mali behandelt die Opfer in der selbstverwalteten Sambhavna Trust Clinic in Bhopal. Er reist auf Einladung der Stiftung ethecon und der Coordination gegen Bayer-Gefahren nach Deutschland.
Auf der großen ethecon-Tagung am 21. November in Berlin wird Dr. Mali die Schmährede zur Verleihung des Black Planet Awards an den Chemie-Konzern DOW CHEMICAL halten.

Themen des Vortrags:
=> die Chemiekatastrophe in Bhopal von 1984 und die Spätfolgen
=> The Bhopal Medical Appeal
=> Die selbstverwaltete Sambhavna Trust Clinic / Ayurveda-Praktiken zur Behandlung der Opfer

ALLE TERMINE:
Düsseldorf
23.11.15,19:30 Uhr
Bürgersaal Bilk
40217 Düsseldorf, Bachstraße 145

Köln
24.11.15, 20:00 Uhr
Alte Feuerwache Köln
50670 Köln, Melchiorstr. 3
Versammlungsraum in der Branddirektion/Hochparterre

Wuppertal
25.11.15, 19:00 Uhr
Alte Feuerwache Wuppertal
402107 Wuppertal
Gathe 6, große Wagenhalle, EG

Alle Vorträge werden mit Übersetzung etwa 45 min. dauern, danach ist eine 45 minütige Diskussionsrunde geplant. Auch die Aktivistin Anabel Schnura wird nach Ihrem 4-monatigen Aufenthalt in Bhopal und Ihrem freiwilligen Einsatz in der Sambavhna Trust Clinic gern die Fragen der Besucher beantworten.

Hintergrund:
1984 explodierte die Pestizidfabrik von UNION CARBIDE in Bhopal und eine Giftgaswolke zog über die dichtbesiedelten Gebiete. Innerhalb weniger Tage starben 8.000 Menschen an dem Gift, bis heute starben über 25.000 Menschen an den Folgen, ca. 100.000 sind immer noch chronisch krank.
Selbst heute noch, in der dritten, jetzt heranwachsenden Generation sind Zehntausende vergiftet, sterben immer noch Menschen. Die Gifte wurden nie entsorgt, sie reichern sich großflächig in den Böden an, verseuchen das Grund- und Oberflächenwasser der Region. Der Rechtsnachfolger des betreibenden Pestizidherstellers, DOW CHEMICAL, hat die Anlage zwar von UNION CARBIDE komplett übernommen, weist aber jeglichen Rechtszusammenhang von sich, tut genauso wenig zur Behebung der Folgen der Industriekatastrophe und lässt die Menschen in Bhopal nach wie vor ohne jede Hilfe und Unterstützung.
Auch der indische Staat kümmert sich nicht um die Betroffenen in Bhopal. Sie müssen ihre ärztliche Versorgung eigenständig organisieren. So zum Beispiel in der Sambhavna Trust Clinic. Sie arbeitet einzig durch die Kraft der internationalen Solidarität. Dort werden auch über 30 Jahre nach der Chemiekatastrophe 31.000 vergiftete Patienten, darunter unzählige Kinder und Jugendliche versorgt.
ethecon und Coordination gegen BAYER-Gefahren arbeiten mit den internationalen Bhopal-Kampagnen Bhopal.org und Bhopal.net zusammen.

Artikel 30 Jahre Chemie-Katastrophe in Bhopal

[Dormagen] Carl Duisberg

CBG Redaktion

Presse Info vom 20. November 2015

Umbenennung der Carl Duisberg-Straße in Dormagen:

„Stadtrat muss Farbe bekennen“

Der Dormagener Planungs- und Umweltausschuss konnte sich in seiner Sitzung am Dienstag zu keiner Entscheidung über den Umgang mit belasteten historischen Personen durchringen. Stattdessen sollen die Anwohner der Carl-Duisberg-Straße und der Hindenburgstraße selber über eine mögliche Umbenennung entscheiden. Sowohl die Grünen als auch die Piraten hatten einen Antrag auf Namensänderung gestellt.

Vor der Debatte hatte der Kreisarchivar eine detaillierte Stellungnahme zum Leben Carl Duisbergs erstellt. Darin werden einige positive Aspekte wie „soziale Akzente“ sowie Duisbergs Unterstützung der Wissenschaft genannt. Ausführlich werden jedoch auch die Aspekte, die zur Forderung nach einer Umbenennung führten, dokumentiert - insbesondere Duisbergs Unterstützung für rechtsextreme Parteien, seine Forderung nach einem Einsatz von Zwangsarbeiter/innen (gerade auch in Dormagen) sowie seine Verantwortung für die Verwendung chemischer Kampfstoffe. Unter Duisbergs Leitung war die Firma BAYER zudem zum größten Sprengstoff-Produzenten Deutschlands aufgestiegen.

Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Duisberg ist ein klassischer Kriegsgewinnler, der für den mörderischen Verlauf des 1. Weltkriegs mitverantwortlich ist. Die Dormagener Stadtspitze sollte ein Zeichen setzen und sich für eine Namensänderung einsetzen. Stattdessen hofft sie offenbar, dass die Anlieger den Antrag wegen der damit verbundenen Unannehmlichkeiten ablehnen werden. Nun muss der Stadtrat Farbe bekennen und eine Umbenennung beschließen.“ Mimkes schlägt vor, dass die Stadt den Anwohnerinnen und Anwohnern alle Gebühren erlässt, die mit einer Umbenennung verbunden sind, zum Beispiel bei der Beschaffung neuer Ausweispapiere.

Andere Städte zeigten mehr Geschichtsbewusstsein als Dormagen. So hatten die politischen Gremien in Dortmund und Lüdenscheid Ende letzten Jahres beschlossen, die örtlichen Carl Duisberg-Straßen umzubenennen.

Hintergrund
=> Im 1. Weltkrieg entwickelte Carl Duisberg Giftgase wie „Grünkreuz“ und „Senfgas“, testete diese erstmals an der Front und verlangte vehement ihren Einsatz. Die Firma BAYER baute er zum größten deutschen Sprengstoff-Produzenten um.

=> Gegenüber den Generälen Hindenburg und Ludendorff beklagte Duisberg den Mangel an Arbeitskräften und forderte mit dem Ausspruch „Öffnen Sie das große Menschenbassin Belgien“ den Einsatz von Zwangsarbeitern. Das Reichsamt des Inneren griff Duisbergs Vorschlag auf und ließ zehntausende Belgier deportieren; mehrere Tausend starben.

=> Duisberg war Mitglied der rechtsradikalen und antisemitischen Deutschen Vaterlandspartei. Duisberg setzte sich vehement für die Annexion Belgiens und großer Gebiete in Osteuropa ein.

=> Carl Duisberg war die treibende Kraft beim Zusammenschluss der deutschen Chemie-Industrie zur IG FARBEN im Jahr 1925. Während der Weimarer Republik organisierte Duisberg Spenden an nationalistische Parteien, spätestens seit 1930 auch an die NSDAP. Kein anderes Unternehmen kollaborierte in der Folgezeit so eng mit dem Dritten Reich.

Das Dortmunder Stadtarchiv kam zu dem Ergebnis: „Duisberg gehörte zu den führenden deutschen Industriellen, die während des Krieges die - auch nach dem damals geltenden internationalen Kriegsrecht illegale - Deportation belgischer Zivilisten zur Zwangsarbeit nach Deutschland durchsetzten. (…) Als Patriarch lehnte er bis zu seinem Tod Gewerkschaften entschieden ab.“

Das Lüdenscheider Stadtarchiv schrieb in seinem Votum: „Während des Ersten Weltkriegs wurde unter Duisbergs Vorsitz bei Bayer Giftgas für den Kriegseinsatz produziert. Abfallprodukte der Chemischen Industrie, die mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten kämpfte, dienten als Rohstoffe. In Leverkusen war das u. a. Phosgen, ein Gas, das besonders grausam wirkt“.

weitere Informationen:
=> Die Stellungnahme des Kreisarchivars
=> Informationen zu Carl Duisberg

Energiewende

CBG Redaktion

Presse Info vom 13. November 2015

Manfred Schneider (RWE), Werner Wenning (Eon):

„BAYER-Manager vergeigen Energiewende“

Nach der gestrigen Bekanntgabe der Geschäftszahlen von RWE rutschten die Aktien des Konzerns erneut um acht Prozent ab. Seit Anfang des Jahres hat die Firma damit mehr als die Hälfte ihres Werts verloren. Noch schlimmer erwischte es den Versorger Eon, der für die ersten drei Quartale einen Rekordverlust von 5,6 Milliarden Euro präsentieren musste.

Beide Unternehmen haben den Umstieg auf regenerative Energien jahrzehntelang nach Kräften blockiert. Zu allem Übel versuchte Eon auch noch, den Steuerzahler/innen die Folgekosten des Atomgeschäfts aufzubürden, was die Regierung nur mit einer Gesetzesänderung verhindern konnte. Viel Unmut richtet sich daher gegen die Vorstandsvorsitzenden, Johannes Teyssen bei Eon und Peter Terium bei RWE. So schreibt die Süddeutsche Zeitung, „beide werden es nicht mehr schaffen, den Konzernen aus dem Morast zu helfen.“ Mit dem Umbruch des Energiemarkts seien die „Manager der Stromdinos überfordert“.

Für den Blindflug der beiden Unternehmen sind aber auch die Aufsichtsratsvorsitzenden Werner Wenning (Eon) und Manfred Schneider (RWE) verantwortlich, denn der Aufsichtsrat beruft den Vorstand und wird bei Strategie-Entscheidungen eingebunden. Wenning und Schneider waren zuvor Vorstandsvorsitzende des BAYER-Konzerns, der bei der Strom- und Wärmeproduktion eng mit RWE zusammenarbeitet.

Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Werner Wenning und Manfred Schneider haben es bereits bei BAYER versäumt, eine ökologische Wende einzuleiten. Der CO2-Ausstoß von BAYER liegt seit Jahren bei über 8 Millionen Tonnen, während der Anteil der regenerativen Energie beim selbst erzeugten Strom weniger als 1% beträgt. Es verwundert daher nicht, dass Wenning und Schneider mit den Herausforderungen der Energiewende überfordert sind“.

Die Produktion bei BAYER basiert fast vollständig auf Öl, Gas und Kohle. Im aktuellen Geschäftsbericht musste die Firma einräumen, dass der „Einsatz nachwachsender Rohstoffe noch eine untergeordnete Rolle“ spielt. Mimkes kommentiert: „Das Geschäftsmodell von Chemie- und Energiewirtschaft gründete sich jahrzehntelang auf fossile Rohstoffe. In absehbarer Zeit wird es jedoch parallel zur Energiewende auch zu einer Chemiewende kommen - zum einen wegen der Klimaschutz-Anforderungen, zum anderen wegen der schwindenden Ressourcen. BAYER und die neue Plastik-Tochter COVESTRO sind auf diesen Wandel schlecht vorbereitet. Dabei können Dämmstoffe, Polymere, Lacke oder Textilfasern schon heute in hoher Qualität aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden.“

[Leverkusen] CO-Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

10. November 2015
Presse Info zur heutigen Informationsveranstaltung der PR-Agentur Johanssen + Kretschmer in Leverkusen

CO-Pipeline von Leverkusen nach Dormagen schließen!

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert, die geplante Rheinunterquerung der Kohlenmonoxid-Leitung zwischen Leverkusen und Dormagen nicht zu genehmigen. Der sogenannte Düker ist Teil einer 50 Jahre alten Leitung, die jahrzehntelang für den Transport von ungefährlichen Gasen verwendet wurde. Im Jahr 2001 wurde die Pipeline für giftiges Kohlenmonoxid umgewidmet – ein einmaliger Fall in Deutschland!
Erst durch eine Akteneinsicht der Coordination gegen BAYER-Gefahren bei der Bezirksregierung Köln erfuhr die Öffentlichkeit, dass die Leitung unter dem Rhein schwere Schäden aufwies. Kurz darauf leitete BAYER den CO-Transport auf ein anderes Rohr um und kündigte den Neubau des Dükers an.
Eine vor 50 Jahren gebaute Pipeline entspricht nicht dem heutigen Stand der Technik, zumal die Leitung für deutlich ungefährlichere Gase konzipiert wurde! Sogar ein Gutachter von BAYER spricht in einem firmeninternen Schreiben von einem Gefahrenbereich von 350 Metern beidseits der Trasse. In diesem Abstand finden sich die Wohngebiete von Wiesdorf, Merkenich, Rheinkassel, Langel, Hitdorf und Worringen.
BAYER räumt in den Antragsunterlagen ein, dass eine Explosion „nicht 100-prozentig ausgeschlossen werden“ könne, was „als katastrophal einzuschätzen“ sei. Aus unserer Sicht ist ein solches Risiko untragbar und wegen der Möglichkeit einer dezentralen Kohlenmonoxid-Produktion in Dormagen und Leverkusen auch nicht notwendig.
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert eine Stilllegung der gesamten CO-Leitung von Dormagen nach Leverkusen und hat eine Einwendung gegen das Projekt eingereicht. Die CBG kritisiert, dass für den Düker ein einfaches Plangenehmigungsverfahren gewählt wurde. Ein reguläres Genehmigungsverfahren müsste die gesamte Leitung von Dormagen bis Leverkusen umfassen und eine Umweltverträglichkeitsprüfung beinhalten.
Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „Für ergebnisoffene Diskussionen stehen wir gerne zu Verfügung, nicht aber für Alibi-Veranstaltungen zur Akzeptanzförderung. Statt eine PR-Agentur zu engagieren sollte die Bezirksregierung lieber ein reguläres Genehmigungsverfahren durchführen!“.
Dipl.-Ing. Bernhard Wening, Sachverständiger für Gasleitungen und bis 2012 „Leiter Qualität und Regelsetzung“ bei RWE, ergänzt: „Die damalige Umwidmung der Kohlendioxid-Leitung auf den Transport von Kohlenmonoxid ohne umfangreiche Sicherheitsvorgaben halte ich für äußerst unsachgemäß. Gefahrstoffe wie CO sollten nur im Labormaßstab transportiert und ansonsten am Ort ihres Verbrauchs produziert werden“.

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[ARD] Antibaby-Pillen

CBG Redaktion

Presse Info vom 9. November 2015
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Todkrank durch die Pille? Frauen kämpfen gegen BAYER

ARD, die story, 22.45 – 23.30 Uhr: http://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/sendung/todkrank-durch-die-pille-114.html

Anlässlich der heutigen Ausstrahlung der ARD-Dokumentation „Todkrank durch die Pille? Frauen kämpfen gegen BAYER“ fordert die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) ein Verbot von Antibaby-Pillen mit erhöhtem Gefahrenpotential. In dem Film wird der Leidensweg von Felicitas Rohrer aus Bad Säckingen geschildert, die nach Einnahme des Präparats Yasminelle eine schwere Lungenembolie erlitt und nur dank glücklicher Umstände überlebte.

Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „Von Pillen mit dem Hormon Drospirenon gehen deutlich höhere Risiken aus als von älteren Präparaten. Es ist ein Skandal, dass die Firma BAYER den Verkauf fortführt und damit vermeidbare Schädigungen und Todesfälle in Kauf nimmt.“ Studien zufolge geht von Präparaten wie Yasmin, Yasminelle, Yaz, Aida und Petibelle im Vergleich zu Pillen der 2. Generation ein verdoppeltes Embolie- und Thromboserisiko aus.

Felicitas Rohrer klagt als erste Betroffene in Deutschland gegen BAYER. Das Landgericht Waldshut-Tiengen eröffnet den Prozess am 17. Dezember. In den USA hat der Konzern bereits Entschädigungen in Höhe von zwei Milliarden Dollar an Drospirenon-Opfer geleistet.

Auf Einladung der Coordination gegen BAYER-Gefahren sprach Frau Rohrer mehrfach in der Hauptversammlung des Konzerns. Der BAYER-Vorstand ging jedoch weder auf ihre Gesprächsangebote noch auf die Forderung nach einem Verbot der Produktgruppe ein. Die Proteste in der Versammlung werden auch in der ARD-Dokumentation gezeigt.

Drospirenonhaltige Präparate galten lange als meistverkaufte Antibaby-Pillen der Welt. BAYER machte im vergangenen Geschäftsjahr mit der Produktgruppe einen Umsatz von 768 Millionen Euro.

Das Marketing des Konzerns wendet sich speziell an Mädchen und junge Frauen. Im Vordergrund stehen dabei Versprechungen wie ein angeblicher „Figurbonus“ und „wirkt gegen Akne“; auf die erhöhten Gefahren wird nicht eingegangen. Auch die website Pille.com wird von dem Konzern betrieben. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hingegen warnt seit Jahren vor den Gefahren der Produktgruppe und spricht sich für eine bessere Aufklärung der Patientinnen aus.

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