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Beiträge verschlagwortet als “BAYER HV 2009”

[BAYER HV 2009] Hauptversammlung 2009

CBG Redaktion

Fünfzehn Kritische Aktionäre sprachen in der BAYER-Hauptversammlung am 12. Mai in Düsseldorf. Wir dokumentieren die Redebeiträge, Gegenanträge, Pressestimmen und weitere Fotos von den Protestaktionen.

Presse Infos
=> Katastrophale Sicherheitslage in US-Werk in der Kritik
=> Duogynon-Opfer verlangen Entschuldigung von BAYER Schering
=> Pharma-Korruption: ehemaliger BAYER-Mitarbeiter packt aus
=> Mitmachen! Protestaktionen am 12. Mai in Düsseldorf
=> CO-Pipeline: Demo zur Bayer-Aktionärsversammlung
=> Attac wirft Bayer unsoziale und umweltfeindliche Unternehmenspolitik vor
=> Ärzte ohne Grenzen: Generika-Produktion für ärmere Länder nicht behindern!

Lesen Sie auch einen Bericht über die Proteste sowie eine Zusammenfassung der kritischen Redebeiträge

Presseberichte
=> die tageszeitung: Initiativen kritisieren Konzern
=> Express: Aufstand gegen BAYER
=> Leverkusener Anzeiger: Der große Rundumschlag
=> Leverkusener Anzeiger: Zweierlei Rechnung

Gegenanträge zur Hauptversammlung
=> Coordination gegen BAYER-Gefahren reicht Gegenanträge ein
=> CO-Pipeline: Gegenantrag zur BAYER-Hauptversammlung
=> Störfall-Gefahren in Institute/USA: weiterer Gegenantrag eingereicht
=> Umstellung auf Namensaktien: Coordination reicht Gegenantrag ein

Insgesamt sprachen 15 Kritische Aktionäre in der Versammlung:

[Axel] Rede Axel Köhler-Schnura

CBG Redaktion

Meine Damen und Herren, guten Tag,

mein Name ist Axel Köhler-Schnura. Ich bin selbstständig und ehrenamtlich im Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren. Auch bin ich Gründungsmitglied des Dachverbandes der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.

Meine Damen und Herren,
Sie erinnern sich, heute Vormittag hat Herr Wenning behauptet, die Vorwürfe von der Coordination gegen BAYER-Gefahren und auch von mir seien nicht stichhaltig. Ich stehe jetzt seit 1983 hier an diesem Pult und Sie werden ahnen, was ich Jahr für Jahr hier höre: Unsere Argumente seien nicht stichhaltig.
Meine Damen und Herren,
jedoch, wenn das alles so wenig stichhaltig wäre, was wir hier vortragen, wie Herr Wenning und seine Vorstandskollegen der Öffentlichkeit weiszumachen versuchen, dann frage ich mich, wie es sein kann, dass beispielsweise im Hinblick auf die CO-Pipeline jede Menge Sachverstand der unterschiedlichsten Sparten, der Wissenschaft, der Ärzteschaft, des Katastrophenschutzes, ja selbst der Polizei und der Verwaltungen sich vehement gegen die Pipeline ausprechen?
Weshalb es ein Oberwaltungsgerichtsurteil gibt, dass die Inbetriebnahme der Pipeline untersagt?
Weshalb es quer durch ALLE Parteien einstimmig gefasste Beschlüsse von fast einem Dutzend Kommunen entlang dieser Pipeline gibt, darunter übrigens auch von der Stadt, in der wir heute tagen, der Landeshauptstadt Düsseldorf, die allesamt die Pipeline wegen ihrer Gefahren für die Bevölkerung und die Umwelt ablehnen?
Und schließlich frage ich mich, wie es kommen kann, dass mehr als 100.000 BürgerInnen alleine aus Nordrhein-Westfalen den Protest gegen die Pipeline persönlich unterschrieben haben, wenn das alles „nicht stichhaltig“ sein soll?

Meine Damen und Herren,
es mangelt nicht an Stichhaltigkeit unserer Argumente, sondern es ist so, dass Herr Wenning hier eine sehr einseitige Wahrnehmung wiedergibt. Es sind nicht wir, die wir hier ohne Substanz argumentieren, es ist die Konzernleitung, die die Wahrheiten verdreht, Fakten unterschlägt und wahrheitswidrig berichtet.
Ein kleines Beispiel, Herr Wenning, dafür, wie Sie einfach die Hälfte der Wahrheit weglassen: Sie haben sich heute morgen dafür beklatschen lassen, dass Sie 800 Auszubildende einstellen. Unterschlagen haben Sie aber, wie viele – oder besser – wie wenige Sie von diesen nach Abschluss der Ausbildung in eine Festanstellung übernehmen?

Meine Damen und Herren,
wir müssen uns hier über Eines im Klaren sein. Es geht hier nicht um irgendwelche Bagatellen. So groß dieser Konzern ist, so groß sind auch die Probleme. Es geht hier immer wieder um Probleme, die uns alle betreffen. Die Sie und mich, Ihre Familien, Ihre Kinder und Enkel betreffen.
Wenn wir beispielsweise über die Vernichtung von Arbeitsplätzen sprechen, dann geht nicht um einige hundert vernichtete Arbeitsplätze, es geht um zehntausende. Im aktuellen Berichtsjahr gibt es bei BAYER 70.000 Arbeitsplätze weniger als 1983, das sind immer 40 Prozent der damaligen Arbeitsplätze, die weg sind.
Und das nicht, weil die Umsätze sich entsprechend reduziert hätten. Nein, die Umsätze haben sich im Berichtsjahr gegenüber damals von 14 Mrd. Euro auf 33 Mrd. Euro mehr als verdoppelt.
Damit verbunden hat sich die Arbeitshetze und die Belastung der Beschäftigten enorm erhöht. Jeder Beschäftigte muss heute 276 Prozent mehr Umsatz bringen als damals. Das ist fast eine Verdreifachung!
Selbst wenn wir die Inflationsrate abziehen und wenn wir berücksichtigen, dass durch den Einsatz von Maschinen die Produktivität gestiegen ist, wird mehr als deutlich, dass die Ausbeutung, dass Arbeitshetze und Arbeitsdruck im Konzern unerträglich gestiegen sind.
Oder nehmen wir die Umwelt. Nach wie vor beispielsweise hält BAYER an dem neuen Kohlekraftwerk in Krefeld fest. Dieses Kraftwerk wird die Klima-Bilanz mit 4,4 Millionen Tonnen jährlich zusätzlich belasten. Meine Damen und Herren, das entspricht der Ladung von mehr als 40.000 Eisenbahnwaggons, das ist mehr als die gesamte Bevölkerung Krefeld in die Luft bläst. Und das vor dem Hintergrund, dass es keinen einzigen verantwortungsbewussten Wissenschaftler mehr auf diesem Planeten gibt, der nicht in der höchsten ihm möglichen Eindringlichkeit vor der Klimakatastrophe warnt und die sofortige drastische Reduzierung der klimaschädlichen Stoffe anmahnt.
Oder nehmen wir die Sicherheit! Herr Wenning, Sie sprachen heute morgen über das BAYER-Werk in Institute in USA. Natürlich in der Ihnen eigenen verharmlosenden und uns diffamierenden Manier. Doch die Wahrheit ist, dass das, was Sie einen „Unfall“ nennen, eine „Katastrophe“ war. Und vollständig verschwiegen haben Sie, dass wir es waren, die im vergangenen Jahr von dieser Stelle aus wegen der verheerenden Sicherheitsmängel die Schließung des BAYER-Werkes in Institute/USA gefordert haben. Sie haben damals uns und auch alle anderen Aktionärinnen und Aktionäre damit abgespeist, dass unsere Befürchtungen „nicht stichhaltig wäre.
Aber heute ist die Anlage in die Luft geflogen. Und verschwiegen haben Sie, dass um Haaresbreite die Katastrophe die Belegschaft und die gesamte Region ausgelöscht hätte.
Und da ist der Vergleich zur Produktionskatastrophe im Chemiewerk in Bhopal/Indien mit gleicher Produktionsstruktur wie in Institute eben doch nicht nur legitim, sondern durchaus auch stichhaltig. Immerhin wurden in Bhopal weit mehr als 20.000 Menschen getötet und Hunderttausende gesundheitlich geschädigt. Ausschließlich wegen einiger glücklicher Umstände blieb das der Bevölkerung in Institute erspart. Ein Millimeter weiter und Institute wäre als schreckliches BAYER-Chemie-Fanal in die Menschheitsgeschichte eingegangen.
Und was Sie auch verschwiegen haben, Herr Wenning, dass ist die Tatsache, dass sich Ihr Unternehmen derzeit vor dem US-Senat und den Sicherheitsbehörden der USA verantworten muss für Ihre Verantwortungs- und Rücksichtslosigkeit gegenüber den Beschäftigten und der Gesellschaft. Und Sie verschweigen auch, dass die Coordination gegen BAYER-Gefahren offizieller Berichterstatter in der Beweisaufnahme des Chemical Safety Board in den USA ist.
Meine Damen und Herren,
soviel zur Stichhaltigkeit unserer Argumente. Interessant ist allerdings die Frage, weshalb die Vorstandsvorsitzenden hier ständig irreführen, verschleiern und vernebeln. Es gibt nur einen Grund: Weil der Profit die Großaktionäre und die Manager leitet, weil sie deshalb ohne Moral und ohne Ethik handeln.
Und das lässt sich auch belegen. Beispielsweise mit einer Aussage von dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Prof. Grünewald. Er distanzierte sich auf einer Hauptversammlung in den 80er Jahren regelrecht von Moral und Ethik und bekannte sich einzig zum Profit. Er sagte mit unverständlicher Klarheit (ich zitiere): „Für die Moral ist die Kirche zuständig, für die Ethik gibt es Kommissionen - wir sind für den Profit zuständig.“
Einer seiner Nachfolger, nämlich Sie Herr Schneider, der Sie heute als Aufsichtsratsvorsitzender dort oben sitzen, brachte das Credo dann auf die kurze Formel (ich zitiere): „Unser Job ist der Profit!“
Die Krone aber hat dem Ganzen Herr Wenning im Geschäftsjahr, um das es hier geht, aufgesetzt. Er ging im November im Spiegel einen Schritt weiter, indem er feststellte (ich zitiere): „.. ein wenig ‚gesunde’ Gier ist sogar ganz nützlich und natürlich.“
Nun, meine Damen und Herren, Sie sehen, es geht hier nicht nur um Profit als Leitlinie des Handelns, es geht auch um Gier. Wenn Herr Wenning sich dann heute morgen dagegen verwahrt, dass die „Unmoral der Manager“ angeprangert wird, so erweist sich das angesichts dieser Faktenanlage als purer Zynismus.
Meine Damen und Herren,
es muss uns klar sein, denn genau das hat die verheerende Krise, die wir erleben bereits jetzt offen gelegt, dass es gemeingefährlich ist, wenn die Perversion menschlichen Strebens, die Gier, zur Leitlinie ihres Handelns gemacht wird! Und genau dafür plädiert Herr Wenning. Offen und unverblümt.
Auch wenn wir hier keinen Grundkurs in Philosophie haben, möchte ich Sie doch darauf aufmerksam machen, dass Herr Wenning in seinem kurzen Satz von der „gesunden Gier, die nützlich und natürlich“ sei, gleich drei faustdicke Lügen verpackt hat:
Erstens gibt es keine gesunde Gier! Gier ist immer ungesund. Gier ist hochgradig krankhaft.
Zweitens kann Gier niemals nützlich sein. Gier ist nicht einmal nur unnütz. Gier ist einzig gefährlich.
Und drittens ist Gier auch niemals natürlich. Natürlich sind Gierbremsen, wie sie jeder Mensch besitzt und die er bewusst ausschalten muss, um sich der Gier hinzugeben. Und diese Bremsen auszuschalten, ist hochgradig unnatürlich.
Herr Wenning, ich wiederhole es, Gier zu kultivieren, ist gemeingefährlich. Und ich weiß mich mit dieser Meinung in bester Gesellschaft. Beispielsweise mit unserem Bundespräsidenten, der Ihre Gier und die Gier Ihrer Kollegen in ebenso klaren Worten, wie ich es tue, benannt und kritisiert hat. Gier ist und bleibt ein menschlicher Charakterfehler, darüber sind sich Ethik und Philosophie der Menschheitsgeschichte einig.
Mahatma Ghandi machte einmal in leicht verständlichen Worten klar, worum es geht und weshalb alles getan werden muss, die Perversion der Gier zu bekämpfen. Er sagte (ich zitiere): „Zur Befriedigung der Gier des Menschen wird der gesamte Reichtum der Erde nicht ausreichen.“
Und genau das ist der Punkt. Wenn bei BAYER der Profit Handlungsmaxime ist und „gesunde Gier“ sich breit macht, dann muss uns allen hier im Saal bei der Größe und der Bedeutung dieser Firma klar sein, dass es um unser Leben, um unsere Gesundheit, um unsere soziale Sicherheit, um unsere Demokratie – kurzum um unseren Planeten geht. Das alles wird durch Profit und Gier rücksichtslos auf das Spiel gesetzt.
Deshalb bleibe ich dabei, was ich schon öfter an dieser Stelle feststellte: Konzerne wie BAYER gehören auf den Müllhaufen der Geschichte. Im Interesse von uns allen, im Interesse unserer Kinder, im Interesse unserer Enkel, im Interesse der Umwelt und des Klimas.
Meine Damen und Herren,
damit komme ich zu meinen Anträgen. Diese Anträge stellen mit mir die Coordination gegen BAYER-Gefahren und mehrere hundert AktionärInnen, die uns beauftragt haben.
Zunächst zum Gewinnantrag:
Wir beantragen die Kürzung der Dividende von 1,40 Euro auf 10 Cent je Aktie. Die frei werdenden Gewinn-Milliarden sollen verwendet werden
- für Erhalt und Schaffung sicherer Arbeitsplätze und für die Zahlung sozial gerechter Löhne;
- für einen Fonds zum angemessenen Ausgleich von Schäden, die infolge der Geschäftstätigkeit an Mensch und Umwelt eingetreten sind;
- für den umfassenden ökologischen und sozialen Umbau des Konzerns ohne doppelte Standards.
- und schließlich für die Zahlung von Wiedergutmachungen für die Verbrechen von BAYER und des von BAYER mitbetriebenen IG FARBEN-Zusammenschlusses an die Opfer bzw. deren Angehörige und Nachkommen.
Es sei wie jedes Jahr angemerkt, daß wir durchaus auch den völligen Verzicht auf jede Dividendenausschüttung im Sinne der erläuterten Sozial-, Menschenrechts- und Ökologie-Leistungen beantragen würden, doch nach der Lage der Gesetze ist das nicht möglich.
Meine Damen und Herren,
wir stellen weiterhin die Anträge, den Vorstand nicht zu entlasten und auch dem Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern. Wir begründen diese Nicht-Entlastungen damit, dass beide Gremien ihrer Verantwortung im dargelegten Sinne in keiner Weise gerecht wurden und uns zudem hier im Saal in die Irre führen.
Meine Damen und Herren Kleinaktionäre und Kleinaktionärinnen,
seit Jahren zeigen Sie sehr zum Ärger der Großaktionäre, Vorstände und Aufsichtsräte, Zivilcourage. Wer bereits öfter hier war, weiß, dass bis zu mehreren Millionen Aktien regelmäßig mit uns gegen die Anträge des Vorstands stimmen.
Allerdings fällt immer wieder auf, dass viele AktionärInnen zwar mit uns gegen die Entlastungen stimmen, dies aber bei dem Gewinnantrag in weitaus geringerem Umfang tun. Ich möchte Sie ausdrücklich ermuntern, auch bei den Gewinnen ein deutliches Signal für die dringend gebotene Umverteilung der Gewinne im Sinne unseres Gegenantrages zu setzen. Natürlich ist uns klar, dass die Großaktionäre und Banken mit ihren Multi-Millionen-Paketen nicht mit uns stimmen werden; aber Sie, die KleinaktionärInnen sind nur ihrem Gewissen verpflichtet, stimmen Sie mit „Nein“.
Sollten Sie die HV vorzeitig verlassen, aber dennoch mit uns stimmen wollen, so lassen Sie Ihre Aktien nicht von BAYER unten am Ausgang vertreten, sondern von uns. Sie finden uns hier vorne, von Ihnen aus gesehen links.
Stärken Sie mit ihren Aktien das wichtige Signal für soziale Sicherung, Umweltschutz und Menschenrechte. Stimmen Sie bei ALLEN Tagesordnungspunkten als Ausdruck Ihres Einsatzes für Umwelt, soziale Sicherheit und Frieden mit NEIN!
Vielen Dank.

[Dachverband] Antje Kleine-Wiskott

CBG Redaktion

Antje Kleine-Wiskott: Rede auf der Bayer-Hauptversammlung 2009

Sehr geehrter Herr Wenning, sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat, sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre!

Mein Name ist Antje Kleine-Wiskott, ich bin vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. In diesem Jahr haben wir den Schwerpunkt auf das Thema „verantwortungsvolle Unternehmensführung“ gelegt und setzen uns für „Spielregeln für Global Players“ ein. Dazu stellen wir bei allen von uns besuchten Hauptversammlungen eine Reihe von Fragen. Herr Wenning, Sie kennen die meisten Fragen ja schon, da Sie bei E.ON im Aufsichtsrat sitzen und ich sie dort letzte Woche auch gestellt habe! E.ON plante im letzten Jahr auf dem Bayergelände in Antwerpen ein Steinkohlekraftwerk zu bauen, welches 6 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr emittieren würde. Ist dieses Projekt noch aktuell? Auf der letzten HV hatte Herr Wenning auf jeden Fall meine Frage, ob er keinen Interessenkonflikt darin sehe, dass er bei E.ON im Aufsichtsrat sitzt, verneint. WIR sehen darin einen Interessenkonflikt. Nun zu meinen weiteren heutigen Fragen.

1. Einführung gesetzlicher Regelungen zur Unternehmensverantwortung
Befürwortet Bayer die Einführung gesetzlicher Regelungen zur Unternehmensverantwortung?

2. Verbot eines direkten Wechsels von Vorständen in den Aufsichtsrat
Bei Bayer ist seit Jahrzehnten die Praxis gang und gäbe, dass der ehemalige Vorstandsvorsitzende zum Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt wird. Wir sind der Auffassung, dass Aufsichtsratsmitglieder, die vorher Vorstände waren, nicht unabhängig sind und den Vorstand deshalb nicht kontrollieren können. Befürwortet Bayer gesetzliche Regelungen, die für Vorstände einen Wechsel in den Aufsichtsrat des eigenen Unternehmens erst nach zwei Jahren erlauben?

3. Begrenzung auf zwei Aufsichtsratsmandate je Vorstand
Aufsichtsräte tragen ein hohes Maß an Verantwortung. Sie müssen die Vorstandsmitglieder auswählen, die Vorstandsarbeit überwachen und wichtige strategische Entscheidungen treffen. Diese anspruchsvolle Tätigkeit erlaubt es dem Vorstand eines Unternehmens nicht, eine große Anzahl dieser Mandate nebenbei wahrzunehmen. Befürwortet Bayer eine Begrenzung der Aufsichtsratsmandate auf höchstens zwei je Vorstand?

4. Begrenzung der Gehälter von Vorständen in Aktiengesellschaften
Die Vorstandsgehälter in manchen Unternehmen betragen mehr als das Hundertfache der Durchschnittslöhne. Angesichts der Finanzmarktkrise muss es geradezu obszön wirken, wenn die Einkommensschere derart weit auseinanderklafft. Ist Bayer bereit, das Gehalt eines Vorstands inclusive Boni auf das 20-fache des Lohns eines durchschnittlichen Beschäftigten im Unternehmen zu begrenzen?

5. Verbot des „Goldenen Handschlags“
Vorstände, die ihrem Unternehmen nachweislich geschadet haben, wurden in der Vergangenheit häufig per „Goldenem Handschlag“ verabschiedet. Bei Bayer sind Vorstandsvorsitzende immer regulär verabschiedet worden. Würden Sie, falls dies mal nicht der Fall wäre, auf einen „Goldenen Handschlag“ verzichten? Gab es den „Goldenen Handschlag“ auf der Ebene unter dem Vorstand (Sie haben ja verschiedene Geschäftsbereiche!)? Wie sieht die Vertragslaufzeit derzeit für Vorstandsmitglieder und direkt an Vorstandsmitglieder berichtende Topmanager aus? Welche Leistungen seitens des Unternehmens fallen bei vorzeitiger Vertragsbeendigung an, ausschließlich fixe oder auch variable Gehaltsbestandteile? Befürwortet die Verwaltung den Vorschlag, mit Topmanagern keine befristeten Verträge mehr abzuschließen, sondern Verträge mit maximal einjähriger Kündigungsfrist, so dass bei Vertragsbeendigung maximal noch ein Jahresgehalt seitens des Unternehmens zu leisten ist? Sie geben auf Ihrer Website an, dass Sie dem Deutschen Corporate Governance Kodex zu 100% folgen. Ich habe auch gelesen, dass der Aufsichtsrat beschlossen hat, der im Sommer 2008 geänderten Empfehlung dieses Kodex zur Begrenzung von Abfindungszahlungen bei neuen Vertragsabschlüssen zu folgen. Gilt dies auch für davor abgeschlossene Verträge? Wenn nicht, werden Sie, die Vorstandsmitglieder von Bayer, dieser Empfehlung trotzdem FREIWILLIG folgen, so wie manche Vortandsmitglieder anderer Konzerne es gemacht haben? Falls nicht, mit welcher Begründung?

6. Persönliche Haftung für Vorstände
Bayer wurde in der Vergangenheit einer Vielzahl von Fällen des Kartell-Betrugs überführt. Die Mehrzahl solcher Absprachen bleibt vermutlich unentdeckt. Die Zeche zahlen Verbraucher und Steuerzahler.
Im Allgemeinen waren bisher Vorstände, die durch grob fahrlässiges Verhalten ihrem Unternehmen schadeten, zwar schadensersatzpflichtig. Doch in der Praxis haben die Unternehmen die Regressversicherungen (D&O-Versicherungen) für ihre Vorstände bezahlt. Ist unser Unternehmen bereit, zukünftig eine solche Leistung nicht mehr zu erbringen und auf einem angemessenen Selbstbehalt in Höhe von zwei Jahresgehältern zu bestehen?

7. Stärkere Berücksichtigung von Stakeholdern
Nicht nur die Shareholder, also die Aktionäre, haben Ansprüche an ein Unternehmen, auch die Stakeholder haben berechtigte Interessen. Dazu zählen wir die Kunden, die Arbeiter und Angestellten, die den Gewinn eines Unternehmens erwirtschaften, und alle, die von den Auswirkungen der Produktion betroffen sind. Ist Bayer bereit, Gremien einzurichten, in denen Stakeholder ihre Anliegen zum Ausdruck bringen können?

8. Regelungen zum Schutz von Whistleblowern
Whistleblower sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Hinweise auf illegales Handeln, Korruption und sonstiges Fehlverhalten in ihrem Unternehmen geben.
Fragen: Gibt es in unserem Unternehmen spezielle Regelungen für Whistleblowing bzw. zum Whistleblowerschutz? In wieweit genügt deren Ausgestaltung international anerkannter „Best Practice„, wie sie sich z.B. im Code of practice „Whistlelbowing arrangements“ (PAS 1998:2008) der British Standards Institution widerspiegelt?

9. Konflikt zwischen öffentlichen, Aktionärs- und Vorstandsinteressen
Wie ist sichergestellt, dass Hinweisen von Whistleblowern auf Risiken, Missstände und Gesetzesverstöße aller Art in unserem Unternehmen auch dann umfassend und bis zur Abhilfe nachgegangen wird, wenn es dabei um den Schutz von langfristigen Aktionärsinteressen oder öffentlichen Interessen geht und hierbei ein Interessenskonflikt mit den kurzfristigen Interessen der aktuellen Unternehmensleitung besteht?

10. Informationspolitik zum Whistleblowing
Erläutern Sie bitte die gegenwärtige Informationspolitik unseres Unternehmens bezüglich tatsächlich vorkommender Fälle von Whistleblowing.
Wir begreifen Whistleblowing als wichtiges Element der Risikovorsorge und Compliance. Ist in unserem Unternehmen die Informationspolitik intern und extern ausreichend, um bei potenziellen Whistleblowern und auch bei Aktionären, die diese Anschauung teilen, eine tragfähige Vertrauensbasis herzustellen?

Sie schreiben in Ihrem Geschäftsbericht: „Alle Bayer-Mitarbeiter sind verpflichtet, Verletzungen der Compliance Policy unverzüglich mitzuteilen. Die Anzeigen können auch anonym erfolgen; dazu sind in allen Ländern spezielle Hotlines eingerichtet, die ganz überwiegend zu von uns beauftragten spezialisierten Rechtsanwaltskanzleien führen.“

Was genau meinen Sie mit „ganz überwiegend“? Wer sind diese Anwälte? In welcher Beziehung stehen sie ansonsten zum Unternehmen? Was genau sind ihre Aufgaben? Gehören dazu auch unternehmensberatende Tätigkeiten oder gar Ermittlungen gegen Whistleblower, wie sie derzeit über Bahn-Ombudsleute berichtet werden? Könnten Sie sich vor diesem Hintergrund eine Einbeziehung wirklich Unabhängiger vorstellen?

Vielen Dank!

[Greenpeace] Philipp Strohm, Greenpeace

CBG Redaktion

Redebeitrag von Philipp Strohm (Greenpeace) bei der Vollversammlung von BAYER in Düsseldorf am 12. Mai 2009

Sehr geehrter Vorstand, sehr geehrte Aktionäre,

ich bin von Greenpeace. Sie werden jetzt wahrscheinlich erwarten, dass wieder eine Kritik an den vielen Pestiziden von Bayer kommt. Grund dafür gäbe es ja genug. Denn die Pestizide aus dem Portfolio der Bayer AG gefährden im internationalen Konzern-Vergleich die menschliche Gesundheit und Umwelt am stärksten. Nachlesen können Sie das in dem 2008 von Greenpeace veröffentlichten Bericht „Die schmutzigen Portfolios der Pestizid-Industrie“.
Aber darum geht es mir heute nicht.

Mein Thema heute ist die Biotechnologie. Ein Geschäftsfeld von Bayer, welches wohl besser bekannt ist durch die gentechnisch veränderten Pflanzen, die es hervorbringt.

Bayer setzt mit der Gentechnik auf ein Geschäftsfeld, welches in der Nahrungsmittelproduktion der Zukunft keine tragende Rolle spielen wird, weil das Versprechen von mehr Ertrag bis heute nicht eingelöst werden konnte. Anderen Landwirtschaftlichen Methoden ist das hingegen gelungen. In der wissenschaftlichen Welt gilt die Gentechnik daher zunehmend als veraltete Technik.

Darüber hinaus handelt es sich dabei für Bayer um ein höchst riskantes Geschäftsfeld. 2006 verunreinigte ein Bayer-Reis den weltweiten Reishandel. Ein Schaden im Wert von ca. 1,2 Milliarden US-Dollar ist entstanden. Die Klagen gegen Bayer laufen noch und, sehr geehrte Aktionäre, stellen Sie sich nur vor, was mit Ihrer Aktie geschieht, wenn Bayer einen solchen Gerichtsprozess verliert und zu Strafzahlungen in Milliardenhöhe verdonnert wird.

Und zum Dritten kann das Geschäftsfeld der Gentechnik für Bayer zu einem enormen Image-Schaden führen, welcher sich dann auch auf andere Geschäftfelder auswirken wird. Der gentechnisch veränderte Reis, den Bayer gerade versucht weltweit zu vermarkten, birgt ein Gesundheitsrisiko - insbesondere für Kleinkinder. Bayer wird dann wahrgenommen werden als jenes Unternehmen, welches auf der einen Seite Medikamente herstellt und auf der anderen Seite gesundheitsgefährdende Lebensmittel. Das wird für den Umsatz von Aspirin sicher nicht förderlich sein.

Sehr geehrte Aktionäre, Aktien können steigen – Aktien können aber auch wieder fallen, wenn die Konzernleitung auf das falsche Pferd setzt.

Daher meine erste Frage an den Vorstand:
Warum planen Sie, in den kommenden Jahren mehrere Milliarden Euro der Aktionäre in ein Geschäftsfeld zu investieren, welches
1. in der Landwirtschaft der Zukunft keine tragende Rolle spielen wird und
2. durch mögliche Klagewellen mit enormen Risiken für den gesamten Konzern verbunden ist und
3. wegen der Ablehnung der Menschen gegen Gentechnik in Lebensmitteln zu einem nachhaltig wirkenden Imageschaden für Bayer führen wird?

Sehr geehrter Herr Wenning, sehr geehrter Vorstand, Sie sagen wir bräuchten die Gentechnik, weil sie durch mehr Ertrag den globalen Hunger bekämpfen könne.

Der Weltagrarbericht (IAASTD) sieht das ganz anders. Dieser Bericht, zur Zukunft der globalen Landwirtschaft, kommt zu dem Schluss, dass Gentechnik in Nahrungsmitteln bei der Versorgung der Weltbevölkerung keine tragende Rolle spielen wird!

Und der Weltagrarbericht ist nicht irgendeine Studie. Er wurde im Auftrag der Weltbank und der UNO von über 400 Experten weltweit erstellt und inzwischen von zahlreichen Regierungen unterzeichnet.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Grund weshalb Gentechnik nicht zur Lösung des globalen Hungers beitragen wird, ist ein ganz einfacher:
Seit 30 Jahren werden mehr und gesündere Lebensmittel durch Gentechnik versprochen. Seit 30 Jahren wurde dieses Versprechen nicht eingelöst.
In den USA, dem weltweit größten Anbaugebiet für gentechnisch veränderte Pflanzen, hat die normale Landwirtschaft in den letzten 13 Jahren eine jährliche Ertragssteigerung von 1% erzielen können. Die Gentechnik hingegen konnte das bei weitem nicht und hat teilweise sogar Ertragsverluste verursacht.

Und jetzt frage ich Sie, sehr geehrter Herr Wenning, sehr geehrter Vorstand, wenn doch der Weg der Gentechnik gepflastert ist mit Misserfolgen und es inzwischen andere Methoden in der Landwirtschaft gibt, die viel erfolgreicher sind als die Gentechnik, warum investieren Sie dann weiterhin das Geld der Aktionäre in diese veraltete, erfolglose Technik?

Die Gentechnik ist bei Bayer ein kleines Segment mit hohem Risiko für den gesamten Konzern und ohne Nutzen für die Konsumenten. Obwohl die Gentechnik bei Bayer im letzten Jahr einen Umsatzzuwachs erzielte, stellt sich die Frage, ob sie langfristig gewinnbringend sein wird. Wir sind der Meinung nein!

Schauen wir uns die Sparte Gentechnik bei Bayer etwas genauer an. Sie ist gekennzeichnet durch 2 Faktoren:
1. sie ist das kleinste Geschäftsfeld von Bayer: mit gerade einmal 1,4% des Gesamtumsatzes trägt sie nur unwesentlich zum Unternehmenserfolg bei
2. sie ist das riskanteste Geschäftsfeld von Bayer: als es 2006 zu ungewollten Verunreinigungen der internationalen Reismärkte kam, weil Bayer ein Gentech-Reis aus dem Labor entwischte, verursachte das einen Schaden von 1,2 Mrd. USD. Wie es dazu kommen konnte ist bis heute ungeklärt und die gerichtlichen Klagen gegen Bayer laufen noch.

Sehr geehrte Aktionäre, können Sie sich vorstellen, wie schnell ihre Aktie die Talfahrt antritt, wenn Bayer für einen verursachten Schaden in Milliardenhöhe aufkommen muss?

Die gesamte Sparte BioScience zusammen macht sogar etwas weniger Umsatz als das gute alte Aspirin alleine. Aspirin ist wohl DIE Marke, für die man Bayer kennt. Die Menschen sehen Aspirin äußerst positiv. Aus einem einfachen Grund: es ist ein gutes Produkt mit einem direkten Nutzen für die Konsumenten.
Gentechnik in Lebensmitteln lehnen die Menschen hingegen mehrheitlich entschieden ab. Ebenfalls aus gutem Grund: es handelt sich um riskante Lebensmittel mit keinem direkten Nutzen für die Konsumenten. Kein Wunder, dass niemand Gentechnik auf dem Teller haben will.

Greenpeace hat in Österreich eine Umfrage gemacht. Das Ergebnis: nur 1,6 % der Menschen wissen überhaupt, dass Bayer nicht nur Aspirin macht, sondern auch gentechnisch veränderte Lebensmittel.
Als wir in Österreich den Medien davon erzählten und diese dann über das doppelte Spiel von Bayer berichteten, rief mich kurze Zeit später eine Apothekerin an und fragte, was es denn mit diesem Reis auf sich hätte. Es seien schon Kunden bei ihr gewesen, die nach Alternativen zu Aspirin gefragt haben, weil sie wegen des Reises keine Bayer-Produkte mehr kaufen wollten.

Sehr geehrte Aktionäre, wenn die Menschen erst einmal flächendeckend die Information erhalten werden, dass Bayer neben Medizin auch gesundheitsgefährdende Lebensmittel verkauft, wird sich dieser Fall in der Apotheke zigtausendfach wiederholen.

Und darum frage ich Sie sehr geehrter Herr Wenning, sehr geehrte Vorstandsmitglieder, warum gefährden Sie mit dem Geschäftsfeld der Gentechnik den Umsatz von einem guten Produkt wie Aspirin und darüber hinaus das Image des gesamten Konzerns Bayer?
Eine nachhaltige Konzernstrategie sieht anders aus.

(Der neue Risiko-Reis von Bayer)

Doch lassen Sie uns zum Abschluss noch beispielhaft auf ein ganz bestimmtes Produkt aus dem Bereich der Gentechnik kommen. Es geht um das kleine weiße Korn, dass jeder von uns hier im Saal, immer mal wieder auf dem Teller liegen hat.
Sehr geehrte Aktionäre, Bayer sucht gerade weltweit um Zulassung für seinen gentechnisch veränderten Reis LL62 an. Auch in Europa läuft ein Antrag, über den in den nächsten Monaten entschieden wird.

Dieser Reis birgt Gesundheitsrisiken in sich. Als Aktionäre können Sie daher eigentlich nur hoffen, dass die Zulassung nicht gegeben wird.

Denn:
Der Reis enthält Rückstände von Glufosinat, gegen das er mittels Gentechnik resistent gemacht wurde. Glufosinat ist ein Unkrautgift.
Die wissenschaftlichen Studien zu Glufosinat und seiner Auswirkung auf die menschliche Gesundheit sprechen eine ganz eindeutige Sprache.
1. Die amerikanische Umweltbehörde hat nachgewiesen, dass Glufosinat Rückstände im Reiskorn bildet.
2. sogar die eher konservative europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA, hat herausgefunden, dass Glufosinat „ernsthafte Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit hat und insbesondere ein Risiko für Kleinkinder“ darstellt.
3. Eine Arbeitsgruppe der Europäischen Kommission hatte angeregt, dass Glufosinat als „gefährlich für das Ungeborene Kind und Frauen in der Schwangerschaft“ eingestuft werden soll.

Aus diesen Gründen hat die EU auch schon beschlossen Glufosinat in der europäischen Landwirtschaft zu verbieten, denn Glufosinat ist ein Gift, das der Gesundheit der Menschen schadet.

Sehr geehrte Aktionäre, wenn dieser Reis auf den Europäischen Markt kommt und nachgewiesen wird, dass er Rückstände von Glufosinat enthält, und das wird geschehen, dann wird Bayer in die Schlagzeilen geraten mit einem Produkt, welches die Gesundheit von Kindern gefährden kann. Wenn die Menschen erkennen, dass Bayer auf der einen Seite Medizin herstellt und auf der anderen Seite Gesundheit gefährdende Lebensmittel, wird das zu einem enormen Imageschaden führen. Sie verspielen damit bei den Konsumenten ihre Glaubwürdigkeit als einer der größten Pharma-Hersteller der Welt, was wiederum der Umsatzentwicklung von Aspirin nicht förderlich sein wird.

Und deshalb frage ich Sie heute, bevor es zu spät ist: Sehr geehrter Herr Wenning, wie können Sie es verantworten ein gentechnisch verändertes Lebensmittel vermarkten zu wollen, von dem sie bereits jetzt wissen, dass es ein Gesundheitsrisiko birgt? Sie kennen die alarmierenden Studien zu Glufosinat genau so gut wie wir und ignorieren diese einfach, nur, um an Ihrem Plan festhalten zu können den Reis auf den Markt zu drücken.

Für diese außerordentliche Ignoranz möchte Greenpeace Sie heute gerne auszeichnen. Und zwar mit dem Preis für besondere Ignoranz gegenüber Gesundheitsgefährdung von Menschen.

[Pequito] Alfredo Pequito

CBG Redaktion

Rede Alfredo Pequito

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich freue mich, hier sprechen zu können und möchte mich besonders bei der Coordination gegen BAYER-Gefahren für ihre ausdauernde Unterstützung bedanken.

Mein Name ist Alfredo Pequito. Ich bin Portugiese und wahrscheinlich den meisten von Ihnen nicht bekannt. Einige unter Ihnen werden wissen, dass ich die Öffentlichkeit und die portugiesischen Behörden auf korrupte Praktiken von Bayer im Gesundheitswesen aufmerksam gemacht habe.

Bis 1992 arbeitete ich für eine andere Pharmafirma und wurde dann von einem hohen Verantwortlichen bei Bayer abgeworben. Sobald ich meine Arbeit für Bayer aufnahm, im Dezember 1992, wurde ich darauf hingewiesen, dass mir jederzeit ein hoher Betrag zu Verfügung stünde, mit dem ich Ärzte unterstützen könne. Mit diesem Geld sollten in erster Linie Flüge und Urlaubsreisen finanziert werden. Dabei fungierten Reisebüros als eine Art Bank: Bayer hinterlegte dort mit den Medizinern ausgehandelte Summen für Flüge, und die Doktoren konnten damit zu Ärzte-Kongressen reisen oder aber gleich das Geld nehmen.

Bayer klassifizierte die portugiesischen Ärzte dabei in die Klassen A, B und C, abhängig davon, in welchem Umfang sie Medikamente verschreiben konnten. Die medizinischen Berater von Bayer waren angehalten, zusätzliche Informationen über die Ärzte einzuholen, zum Beispiel Zahl der Kinder, Hobbies, politische Einstellung und sogar sexuelle Vorlieben. Mit Hilfe dieser Dossiers und den Bonuszahlungen sollten die Ärzte dazu gebracht werden, Produkte von Bayer zu verschreiben.

Meine Frage an Bayer lautet: gibt es solche Ärzte-Dossiers auch in Deutschland?

Ich setzte diese Art von Geld während meiner Arbeit für Bayer nie ein, da dies meiner Meinung nach nicht zu meinen Aufgaben als medizinischer Berater gehörte. Nach einigen Jahren wurde ich nach einem ganz normalen Meeting überraschend aufgefordert, mich in der Personalabteilung zu melden. Dort wartete bereits der Personaldirektor, heute Vorstandsmitglied von Bayer Portugal. Er hielt mir vor: „Sie kaufen keine Ärzte, Sie hinterlegen kein Geld in Reisebüros, Sie reichen keine überhöhten Rechnungen ein, Sie kaufen keine Elektrogeräte für die Ärzte, die Sie betreuen. Sie akzeptieren also unsere Strategie nicht - damit dienen Sie dem Unternehmen nicht“. Ich wurde gefeuert.

Das portugiesische Gesundheitsministerium veröffentlichte später eine Untersuchung, wonach Bayer im Jahr 1997 zwischen 5 und 10% des Pharma-Umsatzes, also etwa ein bis zwei Millionen Euro, für solch korrupte Praktiken. Zur Beruhigung meines Gewissens kann ich sagen, nie Teil eines solchen korrupten Systems gewesen zu sein.

Ich dachte, es sei meine Pflicht, den damaligen Vorstandsvorsitzenden von Bayer, Manfred Schneider, über solche Unregelmäßigkeiten in Kenntnis zu setzen. Ich erhielt lediglich die Antwort, dass Bayer Portugal autonom arbeite. Dies ist eine der vielen Ausreden der Konzernleitung.

Ich frage daher den heutigen Vorstandsvorsitzenden: tolerieren Sie es weiterhin, wenn bei Ihren ausländischen Tochterfirmen Korruption und Bestechung angewandt werden? Welche Konsequenzen hat Bayer daraus gezogen, dass sie in Portugal der Korruption überführt wurden?

Nachdem ich die portugiesischen Behörden auf diese Missstände hinwies, wurde eine Untersuchung der Generalstaatsanwaltschaft durchgeführt. Ich sprach mehrfach mit dem Gesundheitsminister, und auch die Parteien empfingen mich. Die Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass sich korrupte Praktiken im gesamten Gesundheitswesen ausgebreitet hatten. Falls es Sie genauer interessiert: die Ergebnisse füllen vier voluminöse Bände. Belangt werden konnten jedoch nur Ärzte, die im öffentlichen Dienst arbeiteten, rund 10.000. Niedergelassene Ärzte wurden nicht behelligt.

Ich dachte wie viele andere auch, diese Enthüllungen würden die Regierung dazu veranlassen, wieder etwas Ordnung in diesen Sektor zu bringen, der schon lange im Gerede war, dessen Gepflogenheiten aber niemals so offen kritisiert worden waren wie von mir.

Bayer engagierte daraufhin eine berühmte Kanzlei aus Lissabon – Jardim, Sampaio, Caldas. Die Teilhaber dieser Kanzlei waren der damalige portugiesische Präsident, der Justizminister und der Verteidigungsminister. Die wirtschaftliche Macht ist augenscheinlich mit der politischen Macht eng verbündet.

Bayer und die mit Bayer verbündeten Politiker fanden dann eine Lösung: 1999 verkündete der Präsident der Republik zum 25. Jahrestag der Nelkenrevolution eine Generalamnestie, die auch für korrupte Praktiken im Pharma-Bereich galt. Die Amnestie wurde vom Präsidenten Jorge Sampaio und seinem Justizminister verkündet – beides Teilhaber der Kanzlei, die Bayer verteidigte. So blieb es bei einigen Geldbußen und Verurteilungen zu gemeinnütziger Arbeit.

Über Korruption und Bestechung hinaus gibt es weiter Missstände in Portugal, für die Bayer verantwortlich ist. Zum Beispiel führte Bayer ohne Kenntnis der Behörden und ohne medizinische Aufsicht klinische Untersuchungen durch, u.a. mit der Substanz Escadotril. In einem firmeninternen Memorandum heißt es: Placebo null Tote, Escadotril acht Tote.

Die portugiesische Medikamentenaufsicht Infarmed war über diese Tests von Bayer nicht informiert. Die Untersuchungen wurden mit Hilfe der beteiligten Ärzte verheimlicht. Erst Recherchen der Zeitung Expresso brachten die Fakten in die Öffentlichkeit.

Meine Frage an Bayer lautet: Warum wurde die Existenz dieser Studie verheimlicht? Warum hat Bayer nicht die Verantwortung für diese Todesfälle übernommen? Ist Bayer bereit, die Ergebnisse aller in Portugal durchgeführten klinischen Tests offen zu legen?

Aus Portugal wurden nie Nebenwirkungen von Lipobay gemeldet, obwohl dieses Präparat Tausende Patienten in aller Welt geschädigt hat und obwohl Lipobay auch in Portugal verschrieben wurde. Meine Frage an den Vorstand lautet: wie viele Lipobay-Verschreibungen gab es in Portugal und zu wie vielen Gesundheits-Schäden ist es gekommen?

Das gleiche gilt für das tödliche Herzmittel Trasylol. Seit Jahrzehnten waren Bayer die schweren Nebenwirkungen von Trasylol bekannt. Auch hierzu frage ich: wie viele Patienten wurden in Portugal geschädigt? Wann werden Sie dieses Präparat endlich vollständig vom Markt nehmen?

Herr Wenning, fühlen Sie Scham und Schuldgefühle für die Unglücksfälle, für die Sie in aller Welt verantwortlich sind?

Warum korrumpiert Bayer Ärzte und Apotheken in solcher Art und Weise? Vertraut Bayer seinen Produkten nicht und greift deswegen zu solchen Verkaufsmethoden?

Ich frage Sie: Welche Konsequenzen hat Bayer aus diesen Enthüllungen gezogen?

Diese beschämende Vorgehensweise ist wirklich kein Aushängeschild für ein großes Land wie Deutschland. Meine Familie und ich mussten stark unter dem Vorgehen von Bayer leiden. Ich hoffe, der Vorstand hat heute den Mut, meine Fragen ehrlich zu beantworten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Rede Karl Murphy

CBG Redaktion

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Karl Murphy. Ich bin 36 Jahre alt und lebe in Liverpool. Meine Gesundheit wurde durch ein Medikament der Firma Schering, die heute zu Bayer gehört, schwer geschädigt. Ich möchte Sie daher bitten, meine Lebensgeschichte anzuhören und meine Fragen zu beantworten.

1969 wurde meine Mutter erstmals schwanger. Sie erhielt von ihrem Arzt einen hormonellen Schwangerschaftstest, zwei Tabletten mit dem Namen Primodos. Meine Mutter nahm diese ein und erlitt wenige Wochen später eine Fehlgeburt. Primodos wurde von Schering hergestellt, in Deutschland war das Mittel unter dem Namen Duogynon auf dem Markt.

Drei Jahre später war meine Mutter erneut schwanger. Wieder erhielt sie von ihrem Frauenarzt Primodos. Sie wies ihn auf ihre vorherige Fehlgeburt hin. Der Arzt versicherte ihr jedoch, dass dies nicht wieder geschehen werde.

Er hatte Recht. Sie erlitt keine Fehlgeburt. Aber ich wurde mit einer Reihe von Fehlbildungen geboten: ich habe eine Gaumenspalte und an meinen beiden Händen fehlen Finger. An meinem linken Fuß fehlen alle Zehen, an meinem rechten Fuß fehlt ein Zeh. Direkt im Krankenhaus wurde meine Mutter gefragt, welche Medikamente sie eingenommen hatte. Meine Mutter gab an, dass ihr Arzt ihr Primodos verschrieben hatte.

Ich habe heute den alten Arztbrief meiner Mutter dabei. Darin wird Primodos zweimal genannt, der Krankenhausarzt hat diese Angabe extra eingekreist. Ich habe auch die Unterlagen von weiteren Menschen mit Fehlbildungen, deren Mütter Primodos eingenommen hatten.

Auf den Tabletten-Schachteln befanden sich keinerlei Warnhinweise. Einige Jahre später hingegen schrieb Schering, dass Primodos im Fall einer Schwangerschaft nicht eingenommen werden dürfe. Warum wurden diese Warnungen nicht früher angebracht? Wurden wir damals als Versuchskaninchen benutzt?

Seit meiner Geburt ist mein Leben die Hölle. Mehrfach musste ich operiert werden, um die Folgen dieses Medikaments zu lindern. In der Schule wurde ich wegen meiner Hände und Füße gehänselt, einige meiner Spott-Namen waren Hummer-Hand, Lustiger Finger oder Haxen-Hand. Ich hatte kein Selbstvertrauen und keine Freunde und saß alleine an einem Tisch, keiner wollte mit einem Monster zu tun haben. Ich konnte nicht einmal die Griffe von meinem Fahrrad festhalten. Nach Beendigung der Schule bewarb ich mich immer wieder auf Jobs, die ich wegen meiner Behinderungen nicht erhielt.

Ich frage Sie: warum hat Schering das Medikament Primodos auf dem Markt belassen - trotz zahlreicher Hinweise auf erhöhte Missbildungsraten? Ich fordere Bayer als den heutigen Besitzer von Schering auf, einzugestehen, dass damals ein Fehler gemacht wurde. Ich kann akzeptieren, dass Fehler gemacht werden. Aber dann müssen diese auch zugegeben werden. Und den Opfern muss geholfen werden.

Ich habe bis heute Probleme, mich anzuziehen, Knöpfe zu öffnen oder einen Reißverschluss zu schließen. Auch mein Essen kann ich nicht schneiden und sogar Türen oder Flaschen zu öffnen ist ein Problem für mich. Wenn ich in einem Geschäft bezahle, ziehen die Verkäufer vor Schreck ihre Hand zurück. Ich kann nicht in Urlaub fahren, da ich von den Versicherungen abgewiesen werde. Ich war niemals schwimmen, da die Leute auf meine Hände und Füße starren würden. Ich kann kein Werkzeug halten und muss jede Reparatur bezahlen. Ich muss sogar jemanden bitten, eine kaputte Glühbirne für mich auszutauschen.

Ich weiß, dass Schering und Bayer immer behauptet haben, dass dieses Medikament niemanden geschädigt hat und dass die Missbildungen andere Gründe haben. Ich habe aber Dokumente bei mir, aus denen hervorgeht, dass Schering damals einer Betroffenen eine außergerichtliche Entschädigung angeboten hat, verbunden mit einer Schweigepflicht. Warum wurde dieses Angebot nicht allen Geschädigten unterbreitet?

Ein damaliger Mitarbeiter von Schering bot einer Geschädigten damals an, für eine Summe von 10.000 Pfund interne Dokumente zu Primodos zu besorgen. Warum wurden diese Unterlagen nicht veröffentlicht?

Englische Schering-Mitarbeiter warnten die deutsche Schering-Zentrale schon 1968 vor erhöhten Missbildungsraten durch Duogynon. Warum hat die Firma darauf nicht reagiert? Sollte der Umsatz von Duogynon und der von Verhütungsmitteln, die die gleichen Hormone enthielten, nicht gefährdet werden?

Gibt es Gespräche zwischen Bayer und britischen oder deutschen Behörden, um den Opfern zu helfen?

Vor einigen Monaten habe ich Dr. Peter Longthorne, den medizinischen Direktor von Bayer Schering Pharma in England angeschrieben und um Firmenunterlagen zu Primodos gebeten. Ich erhielt schriftlich die Antwort, dass Bayer Schering „keine Dokumente zu diesem Medikament besitzt“. Dies ist wenig glaubhaft, schließlich wurde dieses Präparat über Jahrzehnte hinweg von Schering verkauft.

Wollen Sie wirklich die Behauptung aufrecht erhalten, keinerlei Unterlagen mehr zu Primodos bzw. Duogynon zu besitzen? Wie können Sie überhaupt Fragen zu diesem Thema beantworten, wenn Sie keine Unterlagen mehr besitzen?

Bis heute enthalten Kontrazeptiva von Bayer Schering den Wirkstoff Norethisteron Acetat. Auf der Packungsbeilage findet sich der Hinweis, dass der Wirkstoff im Fall einer Schwangerschaft nicht eingenommen werden darf. Ich frage Sie, wenn sich dieser Wirkstoff heute in Verhütungsmitteln findet, warum wurde er damals in Schwangerschaftstests verwendet? Wenn Sie einen Beweis sehen möchten, zeige ich Ihnen gerne eine alte Primodos-Packung.

Bislang hat Bayer Schering versucht, das Problem unter den Teppich zu kehren und von der Öffentlichkeit fern zu halten. Die schrecklichen Deformationen, die wir erlitten haben, scheinen Ihnen gleichgültig zu sein.

Ich fordere Sie auf, nach der heutigen Versammlung mit mir zu sprechen. Ich habe Unterlagen aus den vergangenen 30 Jahren bei mir, darunter Empfehlungen der britischen Gesundheitsbehörde und von Fachzeitschriften, Primodos wegen der Gefahr von Fehlbildungen nicht als Schwangerschaftstest einzusetzen. Nach diesen Warnungen wurde das Mittel jedoch weitere zehn Jahre eingesetzt. Ich stelle Ihnen auch von diesen Dokumenten gerne Kopien zu Verfügung.

Das heutige Bayer-Management trägt keine Schuld an den Entscheidungen von Schering in den 60er und 70er Jahren. Aber durch die Übernahme von Schering trägt Bayer heute die Verantwortung für alle Schering-Produkte, auch die in der Vergangenheit verkauften. Ich meine, dass die Übernahme von Schering durch Bayer der richtige Moment ist, auf die Opfer von Primodos zuzugehen.

Mein Leben wurde durch zwei Tabletten von Schering zerstört. Bitte denken Sie an Ihre eigenen Kinder und stellen Sie sich vor, wie diese mit den Schwierigkeiten und dem Spott klarkommen müssten, dem meine Familie und ich täglich ausgesetzt sind. Ich appelliere heute an den Bayer-Vorstand, sich im Namen ihrer Tochterfirma Schering zu entschuldigen und die Opfer von Primodos zu entschädigen.

Ich stehe gerne für weitere Rückfragen zu Verfügung.
Kontakt: KCBM@BLUEYONDER.CO.UK

Valerie Williams

CBG Redaktion

Guten Tag,

mein Name ist Valerie Williams. Ich bin Vorsitzende einer britischen Organisation, die sich für Kinder einsetzt, die durch hormonelle Schwangerschaftstests geschädigt wurden. Zu den Erkrankungen dieser Kinder zählen Herzfehler, fehlende Gliedmaßen, Hydrocephalus, fehlentwickelte Genitalien, Nierenschäden, Gaumenspalten und vieles mehr.

Ich bin selbst eine der Betroffenen. Mein Sohn Daniel leidet seit seiner Geburt an schweren Herzfehlern und Schädigungen der Genitalien. Verantwortlich hierfür ist der hormonelle Schwangerschaftstest Primodos der Firma Schering, den ich im September 1974 eingenommen habe. Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits sichere und einfache Urintests zur Feststellung einer Schwangerschaft. Trotzdem wurden hormonelle Tests weiter hergestellt und verschrieben.

Unser Verband ASSOCIATION FOR CHILDREN DAMAGED BY HORMONE PREGNANCY TESTS wurde 1978 gegründet. Eines unserer Ziele war ein endgültiges Verbot von Primodos. Ähnliche Organisationen gab es hier in Deutschland und in anderen Ländern.

Vier Wochen vor Gründung dieses Verbands hat mir die Firma SCHERING eine finanzielle Entschädigung angeboten. Im Gegenzug forderte Schering, dass ich mich nicht mehr öffentlich zu dem Thema äußere. Daher lehnte ich das Angebot ab. Der Vergleich, der mir angeboten wurde, zeigt, dass Primodos für die schrecklichen Schäden meines Sohne verantwortlich war. Ich frage die Verantwortlichen bei Bayer Schering: warum wurde das Vergleichs-Angebot wieder zurückgezogen? Warum leugnen Sie trotzdem Ihre Verantwortung?

Für mich als Mutter war es herzzerreißend, als sich mein Sohn mit sechs Jahren vollkommen von seiner Umgebung abkapselte. Wegen der zahlreichen Operationen konnte er sein Leben mental und physisch nicht mehr bewältigen.

Wie mir erging es Tausenden von Frauen, die dieses Präparat zwischen der fünften und zehnten Schwangerschaftswoche einnahmen. Zu diesem Zeitpunkt der Schwangerschaft ist der menschliche Fötus in der empfindlichsten Phase seiner Entwicklung. Viele Frauen, die in diesem Zeitraum Primodos einnahmen, erlitten Fehlgeburten.

1976 wurde mir erneut Primodos verschrieben, dieses Mal zur Behandlung einer Amenorrhoe. Nun trug die Packung die Aufschrift „Nicht in der Schwangerschaft einnehmen. Kann Herzfehler bei Föten verursachen“.

Primodos, das in Deutschland unter dem Namen Duogynon verkauft wurde, war in England rund 20 Jahre auf dem Markt. 1978 wurde es in England als Schwangerschaftstest verboten.

Ich möchte Sie, liebe Aktionäre und auch Sie im Vorstand fragen, wie Sie sich fühlen würden, wenn Ihr Kind wegen eines Hormonpräparats schwerwiegende Behinderungen erlitten hätte?

Primodos enthielt die selben Hormone wie Antibaby-Pillen, nur in viel höherer Konzentration. Als Primodos im Jahr 1958 auf den Markt kam, teilte die Firma Schering mit, dass schwangere Frauen und Föten in keinster Weise geschädigt würden. Da Schering heute zu Bayer gehört, frage ich den Vorstand: welchen Beweis gab es für diese Aussage? Welche Untersuchungen wurden hierfür durchgeführt?

Tatsächlich gab es schon zu diesem frühen Zeitpunkt Untersuchungen, die eine Verursachung von Geburtsschäden belegten.

In den 60er Jahren führte die Kinderärztin Isabel Gal Studien durch, die einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Primodos und dem Auftreten von Spina Bifida, dem sogenannten Offenen Rücken, belegten. Ihre Ergebnisse wurden in dem Wissenschafts-Magazin Nature veröffentlicht. Dr. Gal kam zu dem Ergebnis, dass die Verwendung dieses Medikaments unnötig und nicht zu rechtfertigen sei.

Kurz darauf schrieben zwei medizinische Berater von Schering einen Brief an die Schering-Zentrale in Deutschland und warnten vor den Risiken von Primodos. Die Zeitung Sunday Times hat diesen Brief veröffentlicht. Darin heißt es wörtlich: „Wir müssen bezüglich des möglichen Zusammenhangs von Primodos und Geburtsschäden zu einer Lösung kommen. Als Hersteller ist es unsere moralische Pflicht, alles Menschenmögliche zu unternehmen, die Sicherheit unserer Produkte zu gewährleisten.“

Sogar eine Petition von 200 britischen Abgeordneten warnte vor Primodos. Meine Frage an Sie lautet daher: Warum hörte Schering nicht auf die Warnungen seiner eigenen medizinischen Berater? Warum wurden die Hinweise unabhängiger Wissenschaftler nicht berücksichtigt?

Nach Schätzungen von Dr. Claus Newman, einem bekannten britischen Pädiater, sind hormonelle Schwangerschaftstests für mehr Schädigungen verantwortlich als Contergan. Eine Studie des ROYAL COLLEGE OF GENERAL PRACTITIONERS zeigte 1969, dass Hormontests zu einer höheren Wahrscheinlichkeit von Fehlgeburten führten. Dr. Dean, der Studienleiter, empfahl ein sofortiges Verbot solcher Tests. Die französische Firma Roussel, die ein ähnlich wirkendes Präparat herstellte, stellte noch im selben Jahr die Produktion ein. Schering hingegen beließ Primodos auf dem Markt und sandte keinerlei Warnungen an die Ärzte, so dass es noch jahrelang verschrieben wurde.

Meine Frage lautet: Warum hat Schering nicht die selben Vorsichtsmaßnahmen ergriffen wie Roussel? Warum hat Schering nicht die Ärzte und die Behörden über die Risiken informiert? Warum reagierte die Firma stets so spät?

Ich frage Sie im Vorstand, ob Sie tief in Ihrem Herz und Ihrem Gewissen zugeben können, dass diese Hormonpräparate niemals an Föten hätten verwendet werden sollen?

Ich frage weiterhin: ist Ihnen bewusst, dass die selben künstlichen Östrogene auch heute noch in Antibaby-Pillen verwendet werden? Neben gesundheitlichen Risiken führt dies auch zu großen Umweltproblemen: Die künstlichen Hormone können vom Körper nicht abgebaut werden und werden mit dem Urin ausgeschieden. Hierdurch kommt es zu einer Anreicherung in Gewässern und der gesamten Natur.

Ich frage Sie: wie rechtfertigen Sie die ungezählten Fehlgeburten, und die Tausenden von Kindern, die wegen ihrer Schädigungen kurz nach der Geburt starben? Seit 40 Jahren erleben wir die Leiden unserer Kinder. Wie rechtfertigen Sie die Tausenden von schweren Fehlbildungen?

Auf der homepage von Bayer Schering heißt es: „Mit seiner ausgeprägten Forschungskompetenz entwickelt das Unternehmen neue Medikamente und Therapien, die zur Steigerung der Lebensqualität von Patienten beitragen.“ Ich fordere, dass Sie auch öffentlich darauf hinweisen, dass einige Ihrer Produkte nicht sicher sind und großes Leid verursacht haben.

Eine ausführliche Chronologie der Primodos-Erkrankungen stelle ich allen Interessierten gerne zu Verfügung. Liebe Aktionäre, ich fordere Sie auf, die permanent geschlossenen Scheuklappen dieses Pharmaunternehmens zu öffnen. Tausende von Eltern in aller Welt warten auf eine ehrliche Aussage von Bayer Schering zum Thema Primodos und auf eine Entschuldigung dieses Unternehmens.

Ich danke Ihnen sehr für Ihre Aufmerksamkeit.

[Strack] Rede Guido Strack

CBG Redaktion

Köln, 14. Mai 2009
Whistleblowing bei Bayer

Ein Bericht von der Hauptversammlung der Bayer AG
am 12.5.2009 in den Messehallen Düsseldorf

1. Rede des Vorsitzenden des Whistleblower-Netzwerk e.V., Guido Strack

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Guido Strack. Ich bin Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins Whistleblower-Netzwerk e.V. aus Köln der sich für Whistleblower, also für Menschen einsetzt, die auf Miss-stände in ihren Unternehmen hinweisen, damit diese frühzeitig abgestellt werden können. Lei-der ernten Whislteblowe heut zu tage statt Lob und Anerkennung in vielen Betrieben immer noch Mobbing und ihnen droht der Jobverlust

Bevor ich dem Vorstand ein paar Fragen zum Thema Whistleblowing stelle, möchte ich mich zunächst mit einigen Fragen an Sie liebe Mit-Aktionärinnen und Mit-Aktionäre wen-den:

Glauben Sie eigentlich, dass sich unsere Firma an Recht und Gesetz hält, überall, in in Deutschland in Europa und in der Welt?

Glauben Sie, dass der Vorstand uns darüber aufklären würde wenn dies – und sei es auch nur irgendwo in einer Ecke des großen Bayer-Imperiums - nicht der Fall wäre?

Glauben Sie dass der Aufsichtsrat dies auch dann feststellen würde, wenn der Vorstand ihm derartige Informationen vorenthalten würde?

Und, glauben Sie, dass uns hier und heute reiner Wein auch dann eingeschenkt wird, wenn die wahrheitsgemäße Beantwortung der Fragen die Herren auf dem Podium erheblich belasten würde – sei es einzelne, sei es mehrere?

Nur zu gerne würde ich alle diese Fragen aus vollem Herzen bejahen und mit der Vorlage von Informationsmaterial aller Art, inklusive schöner Worte in der Corporate Compliance Policy tut der Vorstand einiges dafür insoweit Vertrauen zu schaffen.

Aber was würde wohl geschehen, wenn hier und heute im Backoffice ein Mitarbeiter aufbegehrt und gegenüber seinen Vorgesetzten feststellt, dass eine Antwort auf eine der bereits gestellten Fragen geschönt oder gar bewusst falsch abgegeben werden soll oder wurde. An wen könnte er sich dann wenden? Ließe man es zu, dass er hier ans Rednerpult tritt und uns alle über sei-ne Sicht der Dinge informiert? Ich jeden falls würde mir dies wünschen.

Ich sprach eben von Vertrauen, aber ist dieses Vertrauen wirklich angebracht angesichts der diesbezüglichen Bilanz von Bayer?

Ist nicht vielmehr davon auszugehen, dass sich jener Mitarbeiter im Backoffice wenn er tatsäch-lich den Versuch unternehmen würde um uns als Eigentümer darüber zu informieren was im Unternehmen wirklich passiert sich schon morgen nach einem neuen Job umsehen müsste? Davon, dass diese unausgesprochene Wahrheit allen Mitarbeitern bekannt ist und dass die meisten genau deshalb schweigen.

Bayer hat eine lange unrühmliche Tradition im Hinblick auf Gesetzesverstöße, Missstän-de und die Gefährdung von Kundeninteressen und über einen schlechten Umgang mit Whistleblowern.

Mit Alfredo Pequito tritt hier heute ein solcher Whistleblower auf und berichtet uns allen über einen Teil jener Wirklichkeiten die uns der Vorstand auch diesmal wahrscheinlich wieder ver-schweigen wird. Wirklichkeiten von denen wir nur dank Whistleblowern und auch dank ihrer Unterstützung durch die Coordination gegen Bayer Gefahren überhaupt wissen.

Erinnern möchte ich hier auch an den Bayer Mitarbeiter George Couto. Er deckte auf, dass Bayer die US-Regierung betrog indem der staatlichen Gesundheitsversorgung zustehende Ra-batte nicht gewährt wurden. 2003 musste Bayer schließlich aufgrund eines in den USA und in Deutschland leider nicht bestehenden Whistleblowerschutz-Gesetzes des false claims acts 255,6 Millionen Dollar, die bis dahin höchste je verhängte Strafsumme einem Betrugsverfahren zahlen.

Dabei hätte BAYER damals eigentlich schon gewarnt sein können, denn bereits zwei Jahre zuvor zahlte man 14,1 Millionen Dollar in einem anderen Betrugsfall zu Lasten der US-Gesundheitsvorsorge, der ebenfalls durch einen Whistleblower ans Tageslicht gekommen war.

Ich möchte gerne herausfinden was der Vorstand aus diesen und anderen Fällen gelernt hat und was in unserem Unternehmen heute anders laufen würde, wie heute sichergestellt ist, dass Whistleblower heutzutage frühzeitig auf Missstände, Gefahren und Risiken auch für unsere Ak-tionärsinteressen hinweisen und wie mit diesen Hinweisen umgegangen wird.

Vor diesem Hintergrund habe ich folgende Fragen, sowohl zu einzelnen Fällen, die durch die Medien gegangen sind, als auch genereller Art:

Ist der Whistleblower bekannt der auf die von Bayer zunächst nicht veröffentlichten Daten zur Gefährlichkeit von Trasylol hinwies? Was ist mit ihm geschehen bzw. was würde geschehen wenn sein Name bekannt würde?

Unterhält Bayer noch vertragliche Beziehungen zu Alexander Walker einem Professor in Har-vard der an der Trasylol-Studie beteiligt war oder ist dieser mittlerweile eine „persona non grata“ in unserem Konzern?

Wie ging Bayer mit der ehemaligen Marketing-Expertin Susan Blankett um, die zunächst intern immer wieder erfolglos versuchte auf die Gefahren von LIPOBAY hinzuweisen bis sie schließ-lich einen Prozess gegen unser Unternehmen anstrengte? Wie ist diesbezüglich der aktuelle Sachstand? Welche Maßnahmen wurden ergriffen um zu verhindern, dass derartiges wieder passieren kann?

Der Herr von Greenpeace hat eben über das Image unseres Unternehmens gesprochen. Am 19.4.2009, also vor weniger als einem Monat, fand sich in einem der best besuchtesten deut-schen Politik-Blogs unter der Überschrift „“Bayer Mord wegen des Profits!“ ein Link zum Film „Tödlicher Ausverkauf“ von Egmond R. Koch, in welchem behauptet wurde, dass die US-Tochter Cutter auch dann noch ungereinigte Blutkonserven an Bluter in Asien und in Entwick-lungsländern aus Lagerbeständen abverkaufte als ihr die damit verbundenen Gefahren bereits bekannt waren. Trifft dies zu?
Wieviele Menschen sind hierdurch mit AIDS infiziert worden bzw. zu Tode gekommen? Sind diesbezüglich noch Rechtsstreite anhängig? Um welche Beträge geht es dabei? Was wurde aus dem chinesischen Hongkong Vertriebsmann von Cutter, einem Herrn Raymond Ho der sich als Whistleblower frühzeitig intern über diese Vertriebspraxis beschwerte? Ist er noch bei Cutter bzw. Bayer beschäftigt und wenn nein, warum nicht mehr? Gab es in diesem Fall andere Whistleblower und was geschah mit Ihnen? Was wurde aus Willi Ewald der in anderen Fällen zeitgleich vor der Verwendung des Produkts warnte, den Verkauf an Entwicklungsländer und Asien aber wohl nicht stoppte. John H. Hink ein ehemaliger Cutter-Manager sagt in diesem Film sinngemäß: „Statt die Produkte wegzuschmeißen wurde entschieden diese in anderen Ländern zu verkaufen wodurch Menschen zu Schaden kamen. Ich habe Fehler gemacht und bin froh jetzt darüber reden zu können.“ Wäre Bayer bereit diesen und andere Ex-Manager die Fehler bereuen heute für Compliance Schulungen anzuwerben und einzusetzen um Mitarbeitern dras-tisch und anschaulich zu vermitteln, wie man es nicht und wie man es besser machen sollte?

Wie viel Geld hat Bayer in den letzten 10 Jahren im Rahmen von Fällen die nach US-Bundes oder Staaten false claims acts anhängig gemacht wurden gezahlt? Sei es im Vergleichswege oder nach Verurteilungen und welche weiteren Kosten, z.B. für Rechtsanwälten sind dem Un-ternehmen dadurch insgesamt entstanden?

Können Sie uns bitte nähere Information über den Stand des im Berichtszeitraum, nämlich am 24.4.2008 in Newark New Jersey geöffneten false claims Verfahrens gegen BAYER geben, bei dem ein Whistleblower dem Unternehmen und seinen Töchtern vorwirft über einen Zeitraum von drei Jahren vor der Rücknahme von BAYCOL vom Markt illegale und betrügerische Marke-ting-Praktiken inklusive Schmiergeldzahlungen –Sie erinnern sich ja noch an das was ich eben zum false claims act gesagt habe – angewandt zu haben? Welche Strafzahlung könnten hier auf das Unternehmen schlimmstenfalls zukommen, wenn dieser Klage stattgegeben werden würde? Wie vielen anderen false claims act Verfahren sind derzeit in den USA auf Bundes oder Staatenebene anhängig? Worum geht es dabei jeweils und wie hoch wären in jenen Verfahren die jeweils maximal zu befürchtenden Schadensersatzzahlungen? Dazu muss man wissen, dass Bayer seit zwei Jahren nicht mehr in Amerika gelistet ist, also auch nicht mehr den SEC-Regeln unterliegt und es den 20-F Bericht nicht mehr gibt, in dem solche Informationen früher auch aufgeführt hätten werden müssen. Also haben wir nicht unbedingt ein Mehr an Transpa-renz in den letzten Jahren.

Abschließend noch ein paar generellere Fragen:

Teilen Sie die Einschätzung einer globalen Umfrage von Price Waterhouse aus dem letzten Jahr, der zu Folge Whistleblower-Vorbringen in mehr Fällen für die Feststellung von internen Betrugsfällen verantwortlich war als Audits, Interne Compliance und behördliche Kontrolle zu-sammen?

Gab es in den letzten drei Jahren Kündigungen von Bayer-Mitarbeitern, oder von Mitarbeitern von Tochterunternehmen an denen Bayer mehrheitlich beteiligt ist, wegen des Verrats von Be-triebs- und Geschäftsgeheimnissen oder wegen Loyalitätspflichtverletzungen in denen sich jene Mitarbeiter zuvor oder danach mit Hinweisen auf Missstände oder mit Vorwürfen in Bezug auf Gesetzesverstöße an Behörden oder an die Öffentlichkeit gewandt hatten? Wenn ja wie viele und welche Vorwürfe wurden dem Unternehmen dabei gemacht?

Wie würde ein Bayer-Mitarbeiter behandelt, der sich an die Öffentlichkeit wendet und Beweise vorlegen könnte dass Bayer z.B. für das derzeit an vielen Stellen zu beobachtende Massenbie-nensterben mit-verantwortlich ist?

Im Bayer Compliance Programm heißt es „. Alle Mitarbeiter sind verpflichtet, Verletzungen die-ses Compliance-Programms unverzüglich mitzuteilen.“ Wieviele solche Meldungen gab es 2008? Was waren die Folgen? Ist jemals einem Mitarbeiter die Nichterfüllung der Mitteilungs-pflicht vorgeworfen worden? Ist jemals ein Mitarbeiter hierfür sanktioniert worden? Oder steht dies alles nur auf dem Papier und abgestraft werden diejenigen, die unbequeme Meldungen machen?

Hat Bayer irgendwelche früheren Whistleblower rehabilitiert bzw, ihnen die Wiedereinstellung z.B. als Berater in Compliance-Angelegenheiten angeboten oder wäre der Vorstand hierzu als glaubwürdigen Einstieg in eine Neuorientierung bereit?

Wenn der Vorstand an Veränderungen und Vertrauen schaffender Transparenz hinsichtlich seiner Whistleblower-Politik interessiert ist, warum dann wurde die Umfrage mit welcher Whistleblower-Netzwerk und der Dachverband kritischer Aktionäre sich bereits Ende letzten Jahres an Sie gewandt hatten, bisher von Ihnen, anders als von vielen anderen DAX-Unternehmen, überhaupt nicht beantwortet?

Sind Sie bereit über Verbesserungen Ihrer derzeitigen Whistleblower-Policy nachzudenken und hierzu mit unserem Verein oder mit anderen anerkannten Experten mit dem Ziel einer best-practice zusammen zu arbeiten?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

2. Fragen von Antje Kleine-Wisskot zum Thema Whistleblowing

Unmittelbar im Anschluss, stellte Antje Kleine-Wiskott vom Dachverband kritischer Akti-onärinnen und Aktionäre in ihrer Rede noch folgende Fragen im Zusammenhang mit dem Thema Whistleblowing:

Gibt es in unserem Unternehmen spezielle Regelungen für Whistleblowing bzw. zum Whistleblowerschutz? In wieweit genügt deren Ausgestaltung international anerkannter „Best Practice„ wie sie sich z.B. im Code of practice „Whistlelbowing arrangements“ (PAS 1998:2008) der British Standards Institution widerspiegelt?

Wie ist sichergestellt, dass Hinweisen von Whistleblowern auf Risiken, Missstände und Geset-zesverstöße aller Art in unserem Unternehmen auch dann umfassend und bis zur Abhilfe nach-gegangen wird, wenn es dabei um den Schutz von langfristigen Aktionärsinteressen oder öf-fentlichen Interessen geht und hierbei ein Interessenskonflikt mit den kurzfristigen Interessen der aktuellen Unternehmensleitung besteht?

Erläutern Sie bitte die gegenwärtige Informationspolitik unseres Unternehmens bezüglich tat-sächlich vorkommender Fälle von Whistleblowing.
Wir begreifen Whistleblowing als ein wichtiges Element der Risikovorsorge und Compliance. Ist in unserem Unternehmen die Informationspolitik intern und extern ausreichend, um bei poten-ziellen Whistleblowern und auch bei Aktionären, die diese Anschauung teilen, eine tragfähige Vertrauensbasis herzustellen?

Sie schreiben in Ihrem Geschäftsbericht: „Alle Bayer-Mitarbeiter sind verpflichtet, Verletzungen der Compliance-Policy unverzüglich mitzuteilen. Die Anzeigen können auch anonym erfolgen; dazu sind in allen Ländern spezielle Hotlines eingerichtet, die ganz überwiegend zu von uns beauftragten spezialisierten Rechtsanwaltskanzleien führen.“ Was heißt an dieser Stelle „ganz überwiegend“ ganz genau? Wer sind diese Anwälte? In welcher Beziehung stehen sie ansons-ten zum Unternehmen? Was genau sind ihre Aufgaben? Gehören dazu auch unternehmensbe-ratende Tätigkeiten oder gar Ermittlungen gegen Whistleblower wie sie derzeit über Bahn-Ombudsleute berichtet werden? Könnten Sie sich vor diesem Hintergrund eine Einbeziehung wirklich Unabhängiger vorstellen?

3. Beantwortung der Fragen von Guido Strack durch den Vorstandsvorsitzenden der Bayer AG Werner Wenning:

Unser Bestreben ist es unsere Aktionäre offen und umfassend über alle wesentlichen Entwick-lungen in unserem Haus zu informieren. Nichts anderes gilt für de unternehmensinterne Dis-kussion. Ein offener, ehrlicher und direkter Dialog gehört zu unserer Unternehmenskultur und zu unseren Werten.

Herr Strack, sie haben ferner eine Reihe von hypothetischen Fragen zu unserem Backoffice gestellt. Diese Konstruktionen gehen jedoch an den realen Gegebenheiten vorbei. Sie werden verstehen, dass ich auf hypothetische Fragen auch keine faktischen Antworten geben kann.

Wenn wir uns an den realen Gegebenheiten orientieren, dann lassen sie mich an dieser Stelle unmissverständlich sagen: gesetzmäßiges und verantwortungsbewusstes Handeln ist für jeden Mitarbeiter verbindlich. Verstöße gegen Gesetze werden von uns nicht geduldet. Unser umfas-sendes Compliance-Programm beinhaltet u.a. ein striktes Verbot von Korruption und wettbe-werbswidrigem Verhalten, die Schaffung fairer und respektvoller Arbeitsbedingungen und ein klares Bekenntnis zum Schutz geistigen Eigentums.

Dies ist für uns ein Kernthema. Unseren Mitarbeitern wurde deshalb dieses Programm, fast überall verbunden mit persönlichen Gesprächen, als Broschüre ausgehändigt. Parallel dazu starteten wir eine Kommunikationskampagne, die das Bewusstsein für Compliance weiter schärft. Unter dem Titel Compliance W.I.N.S. werden weltweit u.a. Plakate an den Standorten ausgehängt, Präsentationsmaterial für Teambesprechungen und Mitarbeiterversammlungen bereit gestellt und Artikel in den internen Publikationen veröffentlicht. Informationen zu Compli-ance sind zudem über das Intranet für Mitarbeiter zugänglich, ebenso wie die Kontaktdaten aller Compliance-Officers und die Telefonnummern der lokalen Compliance-Hotlines, die inzwischen in 66 Ländern, in denen Bayer-Gesellschaften ansässig sind, bereitgestellt werden. Um Regel-verstöße aufdecken zu können, unterliegen Bayer Mitarbeiter einer Meldepflicht für mutmaßli-che Compliance-Verstöße. Gemeldete Vorfälle werden untersucht. Bei Bedarf ergreifen wir Maßnahmen. Dies beantwortet auch ihre Frage, Herr Strack, wie Mitarbeiter im Backoffice e-ventuelle Compliance Fälle melden können und wie bei uns mit diesen Hinweisen umgegangen wird.

Sie sprechen auch Compliance Verstöße in den USA und daraus resultierende Strafzahlungen an. Diese Sachverhalte liegen zum Teil weit zurück in der Vergangenheit. Wir haben in den vergangenen Jahren unser Compliance Programm und auch unsere Compliance Organisation erheblich ausgebaut und weiter verschärft. Wir sind deshalb davon überzeugt, dass Compliance bei Bayer heute ein fester Bestandteil unserer Geschäftsprozesse ist.

Herr Strack, sie haben eine im Zusammenhang mit Trayslol beauftragte Studie erwähnt. Deren vorläufige Daten von Bayer erst kurz nach der Sitzung eines Advisory Committees der amerika-nischen FDA im Herbst 2006 eingereicht wurden. Ihre Unterstellung, dass es einen Whistleblo-wer gab, der diese Daten öffentlich machte, ist unzutreffend. Bayer selbst hat die Daten der FDA bekannt gemacht. Sie sprachen außerdem Herrn Professor Alex Walker an. Er hat diese Studie für uns im Jahre 2007 fortgeführt und beendet.

Sie sprachen eine Klage an, die von einer ehemaligen Bayer Mitarbeiterin im vergangenen Jahr in den USA im Zusammenhang mit Baycol gegen Bayer erhoben wurde. Die in dieser Klage erhobenen Vorwürfe waren zum allergrößten Teil bereits Gegenstand der zahlreichen Klagen die zum Marktrückzug von Baycol/Lipobay in den USA erhoben worden sind. Wir weisen diese Vorwürfe entschieden zurück. Bayer hat in den USA bisher alle sechs Prozesse gewonnen. Die von der ehemaligen Bayer Mitarbeiterin eingereichte neue Klage ist nun zuständigkeitshalber an das Bundesgericht in Minnesota verwiesen worden, welches auch in den anderen bundes-gerichtlichen Baycol-Verfahren für die prozessuale Koordinierung zuständig ist.

Herr Strack, sie haben sich ausführlich nach dem Stand von false claims act Verfahren in den USA erkundigt. Derzeit sind uns keine Klagen bekannt, in denen von Behörden Verletzungen des false claims act durch uns behauptet wurden.

Sie haben, Herr Strack, eine Reihe von Fragen zu den HIV verunreinigten Blutprodukten und im Zusammenhang der damit anhängigen Rechtsstreitigkeiten gestellt. Im Zusammenhang mit Bluterpräparaten, die während der 80iger Jahre hergestellt wurden, betont Bayer nochmals, dass alle mit der Herstellung und Vermarktung biologischer Produkte befassten Unternehmen größtes Mitgefühl empfinden wegen der Folgen von HIV und AIDS für die Blutererkrankten. Die Tragik, ist der Umstand dass das Virus gerade durch die Therapien übertragen wurde, die das Leben von Bluterpatienten entscheidend verbessern können. Dies geschah zu einem Zeitpunkt als man nicht wusste und auch nicht wissen konnte, dass das Virus in die Blutprodukte gelangt war. Bayer bestreitet Fehlverhalten bei der Herstellung und Vermarktung dieser Produkte. Grundlage für die Entscheidungen von Cutter Laboratories waren die seinerzeit vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse und der damalige Stand der Technik. Man kann diese Ent-scheidungen nicht mit dem Wissen und den technischen Möglichkeiten beurteilen die es Jahre später verfügbar wurden. Gegen Bayer sind in den USA und in anderen Ländern zahlreiche Klagen anhängig die sich auf Schadensersatz für außerhalb der USA lebende Kläger richten, die durch von Bayer verkaufte Blutplasma-Produkte mit HIV oder Hepatitis-C Virus infiziert wor-den sein sollen. Die Klagen sind der Höhe nach nicht näher beziffert.

Herr Strack, sie fragten, ob wir bereit sind, mit ihrem Verein zusammen zu arbeiten. Ich habe gerade bereits auf unser umfassendes Compliance Programm hingewiesen. Wir haben dies zusammen mit Experten einer spezialisierten externen Kanzlei erarbeitet. Insofern sehen wir keinen weiteren Handlungsbedarf.

Herr Strack, sie fragten nach unserer Einschätzung einer Studie von Price-Waterhouse-Coopers zu Whistleblower-Fällen. Bitte haben sie Verständnis dafür, dass ich Ergebnisse von allgemeinen Erhebungen anderer Unternehmen weder validieren noch kommentieren kann.

Sie haben nach Zahlungen gefragt, die Bayer in den letzten Jahren wegen angeblicher Verlet-zungen des false claims acts in den USA geleistet hat. Wir haben in den letzten Jahren ein Ver-fahren hierzu verglichen ohne eine solche Verletzung einzugestehen. Wir haben in diesem Ver-gleich 97,5 Mio US-$ an die Behörde gezahlt. Die Anwaltskosten liegen im niedrigen einstelli-gen Millionenbereich. Darüber hinaus gibt es keine weiteren Klagen, in denen Behörden Verlet-zungen des false claims acts durch uns behaupten.

Sie fragten nach Kündigungen von Mitarbeitern im Zusammenhang mit der Meldung von Compliance Verstößen. Auch hierzu enthält unser aktuelles Compliance Programm eine klare Aussage: Kein Mitarbeiter darf auf Grund einer gutgläubigen Anzeigeerstattung auf irgendeine Weise benachteiligt werden. Dementsprechend sind uns auch keine derartigen Fälle bekannt.

Herr Strack, sie fragten nach der Anzahl von Anzeigen unter unserem Compliance Programm im Laufe des Jahres 2008. Die genaue Zahl der weltweiten Fälle liegt uns nicht vor. Die Grö-ßenordnung dürfte zwischen 50 und 100 liegen. Ich kann ihnen aber versichern, dass wir sämt-lichen Anzeigen nachgehen. Teilweise erwiesen sich diese Meldungen als nicht zutreffend. Da wo zutreffend hat dies zu arbeitsrechtlichen Schritten bis hin zur Trennung von Mitarbeitern ge-führt. Sie fragten nach der Wiedereinstellung von Whistleblowern bei Bayer. Dies würde vor-aussetzen, dass wir uns von Whistleblowern getrennt hätten. Dies ist aber nicht der Fall. Kein Mitarbeiter wird bei uns auf Grund einer gutgläubigen Anzeige von Compliance Verstößen auf irgendeine Weise benachteiligt und schon gar nicht gekündigt.

Herr Strack, sie hatten das Thema Bienensterben und Bayer angesprochen. Herr Strack, selbstverständlich gehen wir Hinweisen die zu einer Verbesserung der Sicherheit unserer Pro-dukte führen können im eigenen Interesse nach. Ich möchte allerdings festhalten: Unsere Pro-dukte sind, bei sachgerechter Anwendung, sicher für den Landwirt, die Umwelt und den Verbraucher. Die Wissenschaftler sind sich einig, dass es eine Vielzahl von Gründen für die in bestimmten Regionen beobachteten Bienenverluste gibt. Dazu zählen u.a. extreme Umweltein-flüsse und Bienenkranheiten wie die Varoa-Milbe. Die Bienengesundheit hat für Bayer hohe Priorität. Daher unterstützt das Unternehmen Wissenschaftler und Behörden bei der Aufklärung.

4. Herr Wenning zu den Fragen von Antje Kleine-Wisskot

Zu den Fragen von Antje Kleine-Wisskot aus dem Bereich Whistleblowing führte Herr Wennig anschließend noch sinngemäß aus:

- dass auch anonyme Meldungen an externe Rechtsanwalts-Kanzleien möglich sind,
- dass keinerlei Benachteiligungen von Whistleblowern stattfinden und
- dass er auch keinen Widerspruch zwischen kurz- und langfristigen Interessen sähe; vielmehr sei eine uneingeschränkte Compliance Politik nötig und werde von Bayer auch angewandt.

5. Zweite Wortmeldung von Guido Strack

In einer zweiten Wortmeldung versuchte Guido Strack später noch Antworten auf die zunächst unbeantworteten Fragen zu bekommen und stellte zugleich auch einige Nach-fragen zu den Äußerungen von Herrn Wennig.

Sehr geehrter Herr Wennig,

leider haben sie nur einen Teil der von mir und Frau Kleine Wisskot aufgeworfenen Fragen zum Thema Whistleblowing beantwortet. Außerdem ergeben sich aus ihren Äußerungen auch Nach-fragen, weshalb ich mich nunmehr zu acht Punkten nochmals äußern möchte:

Vorab möchte ich aber auch feststellen, dass ich die auf dem Papier bestehende Grundaussa-ge ihrer Compliance-Policy „keinerlei Nachteile für Whistleblower“ ausdrücklich begrüße. Mei-nes Erachtens fehlt aber die Transparenz und hierzu haben sie meine spezifischen Fragen auch nicht ausreichend beantwortet. Transparenz wäre aber nötig um Vertrauen aufzubauen und die Kultur des Schweigens zu überwinden.

Erstens: Sie sprachen von externen Anwaltskanzleien. Wir hatten auch nach Namen gefragt. Können sie diese bitte, wenn schon nicht für die gesamte Welt, dann wenigsten für Deutschland benennen? Wenn sie von externen Kanzleien sprechen, kann ich daraus schließen, dass sie grundsätzlich der Meinung sind, dass es einen unabhängigen Ansprechpartner für Whistleblo-wer geben sollte? Zugleich möchte ich dann aber hinterfragen, wie extern und unabhängig die von ihnen konkret eingeschalteten Kanzleien sind. Habe ich sie richtig verstanden, dass die Kanzleien das Unternehmen beim Aufbau des Systems beraten haben und dass sie auch in Bereichen jenseits der Compliance mit diesen Zusammenarbeiten? Teilen sie meine Einschät-zung, dass eine solche Kanzlei dann nicht mehr wirklich unabhängig sein kann? Außerdem hät-te ich gerne nähere Informationen darüber, was die Anwaltskanzleien genau machen? Nehmen sie nur die Anzeigen auf oder sind sie auch in die Aufklärung der Sachverhalte eingebunden? Gibt es Rückmeldungen an die Whistleblower und haben diese Gelegenheit zu Ermittlungs-nachfragen und/oder dazu zu Ermittlungsergebnissen Stellung zu nehmen?
Außerdem interessiert es mich zu erfahren, welche Rechte die Anwaltskanzlei hat. Erschöpfen sich diese in der Einbindung in einen internen Prozess oder haben die Kanzleien, im Sinne von unabhängigen Organen der Rechtspflege, auch die Möglichkeit Behörden einzuschalten wenn sie der Auffassung sind, dass Gesetzesverstöße seitens von Bayer oder von Mitarbeitern vor-liegen?
Teilen sie meine Auffassung, dass mehr Transparenz mehr Vertrauen schaffen kann? Sind sie bereit die nähere Ausgestaltung ihres Umgangs mit Whistleblower-Hinweisen und zur Rolle der Rechtsanwaltskanzleien sowie die mit jenen geschlossenen Verträge – und hier geht es nicht um finanzielle Regelungen – öffentlich zu machen?

Zweitens: Es wurde gefragt, wie die interne und externe Kommunikationspolitik zu konkreten Whistleblower- bzw. Compliance Meldungen aussieht. Hierzu gab es leider keine Antwort. Ich will daher kurz verdeutlichen, was mit jener Frage gemeint war: Die Lufthansa Technik z.B. ver-öffentlicht intern in einem Tracing System, also einer Übersicht anonymisiert sämtliche Whistleblower Meldungen, deren jeweils aktuellen Sach- und Bearbeitungsstand, bis hin zu Untersuchungsergebnissen und follow-up. Damit ist gewährleistet, dass ein transparentes Ver-fahren entsteht und Mitarbeiter begründetes Vertrauen gewinnen und aus Fehlverhalten lernen können. Siemens macht die Zahlen zur Nutzung seiner Whistleblower-Hotlines zumindest in Form von nach Sachgruppen untergliederten statistischen Daten sogar der Öffentlichkeit quar-talsmäßig zugänglich. In beiden Fällen und auch in anderen uns bekannten Unternehmen ist die Nutzung der Hotlines außerdem wesentlich größer als die von ihnen genannten groben Zah-len. Sehen sie hier einen Zusammenhang? Können auch sie bitte die von ihnen genannten Fallzahlen weiter aufschlüsseln? Ging es hierbei um Korruption, andere Gesetzesverstöße oder auch um Fragen unzureichender Risikoabschätzungen hinsichtlich der Gefährlichkeit von Bayer Produkten? Ist der letztere Bereich überhaupt vom Compliance Programm umfasst?

Drittens: Eine andere Frage, zu der sie nicht Stellung genommen haben war jene nach dem Vergleich ihres Compliance Systems mit dem BSI Standard PAS 1998:2008. Dieser Standard enthält am Ende eine Checklist mit konkreten Punkten und ich würde gerne wissen, in wie weit ihr Compliance System jedem dieser Punkte genügt. So wird z.B. neben einem Meldekanal auch eine davon und vom Unternehmen unabhängige Beratungsmöglichkeit gefordert. Gewähr-leisten sie diese? Wichtig für gute Whistleblower-Systeme ist anerkannter Weise auch eine Vorbild Funktion und die transparente Belobigung von Whistleblowern die über eine bloße Nichtdiskriminierung hinaus gehen muss. Was tun sie insoweit? Können sie bitte auch noch etwas dazu sagen, ob die Compliance Hotline auf Mitabeiter begrenzt ist oder ob sie z.B. auch von Vertragspartnern, Lieferanten oder Kunden genutzt werden kann wie sich dies in anderen Unternehmen bewehrt hat?
Viertens: Ich hatte sie gefragt, ob es bisher bei Bayer einen Fall gab, in dem ein Mitarbeiter we-gen der Nichtmeldung von Compliance Informationen, also für Nicht-Whistleblowing sanktioniert wurde, denn dies wäre ja eigentlich eine Folge der von ihnen statuierten Meldepflicht. Hierzu hatte ich keine Antwort erhalten.

Fünftens: Sie haben trotz aller Defizite einen zumindest auf dem Papier bestehenden Compli-ance Standard beschrieben der über jenen des Deutschen Corporate Governance Kodex hi-nausgeht. Daher meine Frage: Werden sie sich dafür einsetzen zumindest jenen Standard auch im Deutschen Corporate Governance Kodex verbindlich festzuschreiben? Wird Bayer die Be-deutung von Whistleblowing auch dadurch anerkennen, dass sich der Konzern für eine gesetz-liche Schutzregelung für Whistleblower einsetzt. Im letzten Sommer ist der Vorschlag für einen neune § 612a BGB ja noch am Widerstand von CDU/CSU und der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände gescheitert. Wird sich Bayer gegen diese Haltung der BdA stel-len?

Sechstens: Eine weitere Nachfrage bezieht sich auf die false claims act Fälle. Hier hatten sie erwähnt, dass Bayer im letzten Jahr eine Zahlung vom 97,5 Mio US-$ geleistet hat. Dabei hatte ich den Eindruck, dass es sich hierbei nicht um den von mir erwähnten Fall aus Newark iZm. Baycol handelte – der jetzt wohl in Minnesota anhängig ist. Daher die Nachfrage: Worum ging es bei der Zahlung von 97,5 Mio US-$? Wieso zahlt Bayer mal eben 100 Millionen, wenn doch wie sie sagen „keine Rechtsverstöße anerkannt“ wurden? Sehen sie in diesem verweigerten Bekenntnis zu eigenen früheren Rechtsverstößen nicht einen Widerspruch zu dem von ihnen mehrmals abgegebenen Bekenntnis zur Rechtstreue? Setzt Rechtstreue und verantwortliches Handeln nicht auch klare Fehlereingeständnisse voraus? Wir alle machen Fehler. Wie kann dies von den Mitarbeitern verlangt werden, wenn die Firma hier nicht mit Vorbildfunktion voran-geht? Außerdem nochmals meine Frage von eben: Wieviel wurde in den letzten 10 Jahren im Rahmen von false claims act Verfahren sei es über Verurteilungen oder Vergleiche inklusive Kosten insgesamt gezahlt? Ich komme hier auf ca. 370 Milllionen US-$, sie sprachen aber nur von 97,5 Mio US-$ plus Anwaltskosten.

Siebtens: Abschließend erlauben sie mir noch eine Anmerkung zur Frage des Dialogs. Sie ha-ben heute mehrfach betont, dass sie diesen für wichtig halten. Zugleich aber mein konkretes Angebot in einem solchen Dialog mit uns, dem Whistleblower-Netzwerk e.V. einzusteigen aber verweigert. Gibt es einen Grund für diese offensichtliche Abweichung von ihrem Grundprinzip und wenn ja , warum haben sie dann nicht wenigstens meine konkrete Frage nach den Grün-den für die Nichtbeantwortung der ihnen bereits im Dezember 2008 zugesandten Umfrage be-antwortet?

Achtens und dies ist eine ganz persönliche Anmerkung zum Schluss: „Claiming science for a better life without caring for risks“ so scheint mir nach allem hier heute gehörten der wahre Leit-spruch von Bayer zu lauten. Bei Produkteinführungen wahren sie bestenfalls noch die nach gesetzlichen Vorgaben nötigen Anforderungen vom Stand der Technik, allerdings stets unter dem Gesichtspunkt der Kostenminimierung. Dann versuchen sie das meiste aus dem Produkt herauszuholen, notfalls auch jenseits der geprüften Bereiche. Wenn dann ein Schaden bei Drit-ten auftritt wird er solange wie möglich geleugnet und entsprechende Medien- und Politikbear-beitung betrieben. Lässt er sich nicht mehr leugnen, leugnet man die eigene Verantwortung und zahlt notfalls, „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ an diejenigen wenigen Hartnäckigen, die bis hierhin durchgehalten haben. Nachhaltige Unternehmenspolitik sieht für mich anders aus.

6. Replik Wennig

Ganz am Ende der Hauptversammlung erfolgte dann nochmals eine sehr kurze Replik von Herrn Wenning die in etwa wie folgt zusammengefasst werden kann:

Die für Deutschland beauftragte externe Anwaltskanzlei ist die Kanzlei Heuking, Kühn, Lüer und Wojek in Köln.

Compliance steht für Bayer nicht neben dem Geschäft sondern ist voll integriert. Jeder Mitarbei-ter ist zur Compliance verpflichtet und kann sich an Vorgesetzte, spezielle Compliance Beauf-tragte oder eben auch über die Hotline anonym an externe Anwaltskanzleien wenden. Im letzte-ren Fall bekommt er eine Fallnummer über die jederzeit Rückfragen zu Stand und Ergebnissen der Untersuchungen bei den Anwälten möglich sind. Die Untersuchungen werden von der Compliance Abteilung koordiniert und wo nötig unter Einbeziehung anderer Abteilungen (z.B. Rechtsabteilung oder Fachabteilungen) durchgeführt. In Einzelfällen werden auch externe Stel-len und Behörden eingebunden. Die Unabhängigkeit ist demnach in ausreichender Form ge-währleistet.

Sie sprachen von einer Kultur des Schweigens bei Bayer – dies ist falsch, das Gegenteil ist rich-tig.

Unser umfassendes Compliance Programm spricht insgesamt 10 Bereiche an darunter neben Gesetzesverstößen auch Nachhaltigkeit, Umwelt und Gesundheit. Wir haben dieses Programm selbst entwickelt, weiter ausgebaut und genau auf unser Unternehmen zugeschnitten. Daher ist es nachrangig ob es BSI-konform ist. Jedes Unternehmen sollte hier selbst entscheiden, was das Beste ist.

Die erwähnten 97,5, Mio US-$ sind nicht im Zusammenhang mit Baycol, sondern von Bayer Healtcare LLC im Zusammenhang mit einem Streit um die Marketingmethoden bei Diabetes Care in den Jahren 1998 bis 2003 gezahlt worden. Konkret ist es um den Vertrieb von Blutzu-ckermessgeräten. Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht ist hierzu im November 2008 ein Ver-gleich mit dem US-Justiztministerium und ein Corporate Integrity Agreement geschlossen wer-den. Weitere Zahlungen in false claims act Sachverhalten gab es in den letzten 10 Jahren nicht.

7. Persönliches Fazit von Guido Strack:

Aufschlussreich und erschöpfend war es schon die Bayer Hauptversammlung 2009 mitzuerle-ben. Aufschlussreich vor allem im Hinblick auf die von Herrn Wenning beim Thema Whistleblo-wing aber auch bei vielen anderen kritischen Fragen an den Tag gelegte professionelle Igno-ranz von Kritik. Mit zur Schau getragener Selbstsicherheit und ohne Anflug von Zweifeln wurden da Bedenken zu vergangenen und aktuellen Bayer-Produkten und -Vorhaben locker vom Tisch gewischt. Und mit gleicher Sicherheit wird auch an dem bedrohlichen Pipeline Projekt festgehal-ten. Wen kümmern da schon die Massenproteste bei der betroffenen Bevölkerung – Bayer je-denfalls nicht.

Eine „Kultur des Schweigens“ herrsche bei Bayer nicht, sagte Vorstandsvorsitzender Wenning. Aber die extrem niedrige Zahl von 50 – 100 Whistleblower-Meldungen weltweit in 2008 beweist etwas anderes.

Eine Fehlerkultur die eigene Fehler einräumt und für diese Verantwortung übernimmt ist nicht erkennbar. Alle Entscheidungen liegen allein in der Hand des Vorstandes, ohne jegliche externe Kontrolle. Praktisch ist es da auch, dass der Aufsichtsrat dem ehemaligen Vorstandsvorsitzen-den untersteht.

Der Schutz von Whistleblowern vor Benachteiligungen wird zwar behauptet. In konkreten Fäl-len, wie etwa dem des Portugiesen Alfrede Pequito, droht man dann aber doch lieber mit allen verfügbaren rechtlichen Keulen und hat diese in der Vergangenheit auch reichlich zum Einsatz gebracht.

Dialogbereitschaft wird zwar formal postuliert, bei konkreten Angeboten aber verneint. Das gilt hinsichtlich der Coordination gegen Bayer Gefahren, die es immer wieder wagt Bayer auf seine wirklichen Probleme hinzuweisen, ebenso wie gegenüber dem Whistleblower-Netzwerk. Da wundert es dann auch kaum noch, dass Internationale best practice Standards zu Whistleblo-wing die selbstherrlichen Herren bei Bayer ebenfalls nicht interessieren.

All dies spricht mehr für ein „Augen zu und durch“ als für ein Interesse daran mittels Förderung von Whistleblowing eigene Probleme und Risken frühzeitig erkennen und bekämpfen zu wollen, mag auf dem Papier der Compliance Policy stehen was will.

Mal abwarten wann Herr Wenning & Co. von den Folgen ihrer eigentlichen Agenda eingeholt werden – es bleibt nur zu hoffen, dass dabei nicht noch wesentlich mehr Menschen zu Bayer-Opfern werden.

[Koch] Rede Christoph Koch

CBG Redaktion

Bienensterben 2008 ein Zufall oder ein Skandal?

Sehr geehrter Vorstand,
sehr geehrter Aufsichtsrat,
sehr geehrte Aktionäre,
meine sehr geehrten Damen und Herrn,

mein Name ist Christoph Koch. Ich bin ein Berufsimker aus Baden Württemberg und spreche zu ihnen im Namen des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbunds.

Vergangenes Frühjahr wurden am Oberrhein und im Raum Passau weit über 12500 Bienenvölker nachweislich durch ein BAYER Pestizid vergiftet. Diese größte je dokumentierte Bienenvergiftung Deutschlands ist zurückzuführen auf den Wirkstoff Clothianidin, der als Beizmittel am Mais erstmals im großen Stil in den genannten Gebieten nahezu flächendeckend gegen den Maiswurzelbohrer eingesetzt wurde. Ich selber gehöre zu den über 700 betroffenen Imkern.

Die Zulassungsbehörden haben daraufhin sehr bald die Zulassung aller insektiziden Beizmittel ausgesetzt .Für die Wirkstoffgruppe der Neonicotinoide, zu denen auch das Clothianidin gehört, ist bis heute zur Behandlung von Mais-Saatgut verboten.
Als einer der betroffenen Berufsimker hier in Deutschland muss ich sie hier heute mit der Frage konfrontieren, wie es möglich sein konnte, dass das legal zugelassene Beizmittel Poncho bzw. Poncho Pro dieses Konzerns allein in der BRD weit über 12000 Bienenvölker nachweislich vergiften konnte und auch in anderen Ländern große Bienenvergiftungen angerichtet hat. So in Italien z.B. sind es bereits über 50000 Bienenvölker gewesen, welche durch Neonicotinoide dieses Konzerns vergiftet wurden. Ganz aktuell sind erneut weit über 9000 Bienenvölker von rund 1000 Österreichischen Imkern vergiftet worden.

Ja wie kann so eine der größten je dokumentierten Bienenvergiftungen möglich sein?

Das Landwirtschaftsministerium Baden Württembergs schreibt in seinem Abschlußbericht als mögliche Ursache eine Verkettung von unglücklichen Umständen und nennt als Hauptursache fehlerhaftes gebeiztes Saatgut, ausgebracht von letztlich völlig ungeeigneten pneumatischen Sämaschinen.

Analysiert man diese Aussage einmal genauer, so muss man sich schon fragen ob der Konzern es sich leisten kann, durch schlampig arbeitende Beizfirmen sein Image versauen zu lassen? Und warum die verantwortlichen Konzernmanager dagegen nicht gerichtlich vorgehen?

Zumindest jetzt nach dem brandaktuellen Fall Österreich wo die dortige Zulassungsbehörde von perfekt gebeizten Saatgutpartien ausgegangen ist und Fehler wie sie in Baden Württemberg passierten ausgeschlossen hat.

Ja warum gehen die Manager jetzt nicht gerichtlich gegen diese Imageschänder vor?

Weil sich dann vielleicht herausstellen könnte, dass es selbst mit vorschriftsmäßig perfekt gebeizten Saatgut zu Bienenvergiftungen kommt?

Ist die Geschichte mit dem schlampig gebeizten Saatgut am Ende nur ein Märchen?

Ein Märchen erfunden von den Managern um die Schuld von sich zu weisen?

Nun, in Italien hatten die Forscher des ICPR schon 2002 herausgefunden dass diese BAYER Produkte, durch den ganz normal entstehenden Staub der entstehen kann, wenn man z.B. mit den Säcken hantiert und beim Einsatz der üblicherweise bei Mais verwendeten pneumatischen Sämaschinen zu großen Bienenvergiftungen führen. In ihrem Schlusspapier warnen diese Forscher aus Udine vor genau diesen Gefahren, welche wir Imker letztes Jahr am Oberrhein und dieses Jahr in Österreich hautnah erleben durften. Bei diesen Tagungen in Italien waren auch deutsche Wissenschaftler dabei und auch der Konzern wusste von diesen Ergebnissen.
Als 2004 die Zulassung für Poncho Pro für die BRD erteilt wurde war kein Wort von diesen Gefahren irgendwo in den Technischen Datenblättern oder sonst in irgendwelchen Auflagen aufgeführt.

Warum hat man diese doch so entscheidende Tatsache möglicher Probleme so rigoros verschwiegen?

Bienen-Experten konfrontiert mit diesen Tatsachen erklärten auf der Tagung des Deutschen Berufs und Erwerbsimkerbundes 2008 in Donaueschingen folgendes: die italienischen Sämaschinen seien vollkommen anders als die der deutschen Bauern.
Wenn man solche Antworten ernst nehmen soll, ist es ungefähr so als würde man sich für die Zukunft Gedanken darüber machen, Hersteller bedingte unterschiedliche Geschwindigkeitsbegrenzungen einzuführen. In der Konsequenz also für eine Fiat dann eine deutlich niedrigere Geschwindigkeitsbegrenzungen, als für Daimler oder Proschemodelle die ja angeblich eine bessere Sichheitsausstattung haben. Als Argument das ABS der Italiener sei nicht das gleiche ist wie das der Daimler und Co!

Ein weiteres Totschlag Argument des Konzernes in dieser Geschichte sind die Bienenkrankheiten: Der Bayer-Mitarbeiter und maßgebliche Betreuer in Sachen Neonicotinoiden und Bienen der Herr Dr. Schmuck wurde am 8.5.2008 in der ersten sog. Experten Runde von mir gefragt was er aus Italien denn alles wisse. Seine Antwort war: ja da war was in 2004 und 2005 aber dies sei bis zum damaligen Zeitpunk nicht abschließend geklärt, ob da nicht Bienenkrankheiten mit verantwortlich seien. Von den damals aktuellen riesigen Vergiftungen in 2008 wusste er angeblich nichts. Dazu muss man wissen, dass in Oberitalien die Maissaat rund 4 Wochen früher stattfindet als bei uns am Oberrhein.

Diese und viele anderen Aussagen und PR Meldungen aus diesem Haus zeigt uns bis heute, dass der Konzern mit aller Gewalt versucht die tatsächlichen Bienen-Probleme dieser Stoffgruppe der Neonicotinoide mit den Bienenkrankheiten zu legitimieren. Man will uns Imkern weiß machen, dass erst kranke Bienen sich an diesen hochgiftigen Neonikotinoieden vergiften können. Gesunde Bienen würden so was leicht abhaben.

Meine Damen und Herrn das ist wie wenn man sagen würde: wir haben nur deshalb ein Schweinegrippe Problem weil alle bisherigen Fälle immer mit Schnupfen in Verbindung gebracht werden konnten und wer gesund ist kann sich an der Schweinegrippe nicht anstecken.

Mit dieser Methodik die Probleme auf Bienenkrankheiten zu focusieren, haben die Strategen in diesem Konzern jetzt aber eine Bauchlandung gemacht und riskierten so letztlich auch die Zulassung.

Warum wird den Imkern die Einsicht in die Zulassungsunterlagen verwehrt?

Warum zahlte der Konzern freiwillig eine Soforthilfe obwohl die Beizfirmen laut Baden Württemberg angeblich schuld waren? Ja und warum bediente man sich sogar der Hilfe der Landsiedelung zur Auszahlung?

Warum wurden die Imker nicht richtig entschädigt?

Warum wurde hier auf eine möglichst schnelle Abwicklung gedrängt und die Geldzusage an eine zeitliche Bedingungen geknüpft?

Wollte man mit dieser Strategie möglichst schnell das Ruhen der Zulassung aufheben?
Nach dem Motto: die Imker wurden entschädigt und die Bienen erholen sich, also sind die Schäden dieses angeblichen Unfalls geregelt und man kann die Zulassungsbeschränkung aufheben um wieder ins Geschäft zu kommen?

Wäre da nicht die Problematik der Vergiftungen durch Gutation gekommen, hätten die Zulassungsbehörden wohl unter dem Druck der Manager die Freigabe erteilt?
Und es wäre dann so gekommen wie jetzt aktuell in Österreich mit wieder zig tausende von vergifteten Bienen?

Ja das wäre wohl gut möglich gewesen!

Diese Neonicotinoide ziehen wie ein Komet einen grausamen Schweif toter Bienen und Blütenbesuchende Insekten hinter sich her. Überall wo diese Stoffe als Beizmittel bisher im Großen Stiehl eingesetzt wurden, gab es in der Folge massenhaft vergiftete tote Bienen.

Die Zusammenhänge sind aufgedeckt und bewiesen. Es ist nahe zu skandalös wie der Konzern damit umgeht. Das Management zieht immer noch nicht die notwendigen Konsequenzen aus der ganzen Affäre und nimmt diese Produkte immer noch nicht vom Markt. Dies müssten sie aber eigentlich nach allem dem was nun Welt-weit passiert ist längst umsetzten, so fordert es jedenfalls unserer Verständnis des Bienenschutzes. Das Ansehen dieses Chemie-Konzerns wird so in unverantwortlicher weise extrem belastet.

Die Verantwortlichen in diesem Konzern aber weisen bis jetzt jegliche derartige Zusammenhänge weit von sich. Dies ist gegenüber der Bedeutung der Bienen und anderen Blütenbesuchenden Insekten im Ökosystem extrem verantwortungslos und man riskiert hier ganz bewusst ein Firmen Image sondergleichen.

Wir fordern daher den sofortigen Verkaufs-Stopp von Imidacloprid und Clothianidin.
Da sich der Vorstand und Aufsichtsrat nicht für einen umfassenden Schutz der Bienen einsetzt, werden wir gegen die Entlastung stimmen.

Christoph Koch
Tel.: +49 7804 3589
E-Mail: vorstand@berufsimker.de

Kommentar zu den Antworten des Vorstandes auf meine Fragen aus der Rede auf der Aktionärsversammlung am 12.5.2009

Wenning betonte nochmals, dass das Bienensterben im Frühjahr 2008 hauptsächlich auf Fehlerhaftes Saatgut zurückzuführen ist und steht so im Einklang mit der Auffassung des Abschlußberichtes vom Landwirtschaftsministerium Baden Württembergs in dem es aber noch viele widersprüchliche Fragen gibt.

Er betonte, dass die Soforthilfe ausdrücklich freiwillig geleistet wurde.

Auf meine Frage warum der Konzern nicht dagegen vorgeht, dass ihm schlampig arbeitende Beizfirmen das Image versauen ist man nicht eingegangen. Es wundert auch nicht, denn bekanntlich sind ja die meisten Saatgutbetriebe in der Hand der Chemieindustrie und diese wird wohl sehr unwahrscheinlich gegen ihre eigenen Leute in irgendeiner Form Gerichtlich vorgehen.

Also kann man daraus schließen, dass der Konzern sehr wohl weiß, warum unsere Bienen vergiftet wurden. Deshalb auch das drängen auf sehr schnelle Auszahlung der Soforthilfe an alle betroffenen Imker, um möglichst schnell das Sperren der Zulassung aufzuheben.

Die extreme Gefährlichkeit der Neonicotinoiede gegenüber Bienen herab zuspielen war ein weiterer Plan des Vorstandes bei der Hauptversammlung. Auf mögliche Probleme mit den Bienenkrankheiten insbesondere auf die Varroa hatte Wenning schon zu einer vorherigen Anfrage verwiesen. Eine nicht ganz neue Methode um von der extremen Giftigkeit abzulenken, neu ist aber die Dreistigkeit der Methode.

Im Frühjahr hatten Bienen bis her noch nie Schwierigkeiten mit Varroa! Bienenvölker welche einen zu hohen Varroa Milbenbefall haben, erleben das kommende Frühjahr nicht! Das ist in Fachkreisen allgemein hin bekannt. Auch die Bienenexperten des BAYER Konzerns haben nie die Varroa im Zusammenhang mit den Vergiftungen im Frühjahr 2008 als ein Problem ausgemacht. Auch nicht in den Bekannten Fällen in Italien nicht.

Hier vermischt Wenning und seine Berater wohl einiges durcheinander bzw. passt die Varroa wohl besser ins allgemeine Bild, denn beim Deutschen Bienen Monitoring das ja von BAYER bisher ganz kräftig mit Geld großzügig unterstützt wurde, hat sich laut der letzten Abschlußberichte die Varroa als das große Problem in der Deutschen Imkerei herauskristallisiert. Nun wird dies vom Management des Konzerns mit allen Mitteln und wo immer es nötig erscheint auch dazu hergenommen und benutzt um jedes selbst verschulden von sich zu weisen.

Hier aber bei der größten je dokumentierten Bienenvergiftung Deutschlands hat Wennings Verweis auf die Varroa ihn wohl eher einen Bärendienst erwiesen.

Wenn Wennings Berater auch nur einen Funken Sachverstand hätten, wüssten sie, dass man im Frühjahr besser die Nosema als Sündenbock ins Feld führen sollte als den allgemein abgedroschenen Sündenbock Varroa.

Imkern aber weiterhin glaubhaft machen zu wollen, dass zitternde und gelähmte Bienen etwas mit Krankheiten zu tun haben, ist schon in sich ein Bärendienst und stellt für den Konzern die reine Blöße sondergleichen dar.

Auf die jüngsten Fälle aus Österreich ist Wenning auch nicht eingegangen. Die Krankheitsmaschinerie läuft dort auch schon auf Hochtouren und gleichzeitig streitet man sich wer die Analysenkosten bezahlt. Komisch ist nur, dass es keinen Disput darüber gibt, wer die Analysekosten hinsichtlich der Krankheitsbilder zahlt. Da hat sich scheinbar schon ein spendabler Geldgeber gefunden, nur nicht für die Rückstände! Eigenartig oder nicht?

Wundern tut man sich auch was die Risiko Einschätzung der Saattechnik betrifft. Man ist wohl seitens des Konzerns so optimistisch und zuversichtlich, dass alle Landwirte in der EU immer über die aller neuste und modernste Saattechnik verfügen. Mag sein, dass ein Konzern der scheinbar im Geld gerade zu schwimmt, seine Tests mit dem Besten am Markt befindlichen Geräten durchführt. Ein von Preisdiktaten der Lebensmittelkonzerne gebeutelt Landwirt von neben an hat jedoch nicht immer das neuste vom neuesten. Diesem Tatbestand wird hier nirgends auch nur im Ansatz Rechung getragen.

Warum auch? Hauptsache der Rubel rollt, das wurde mir auf der Hauptversammlung mehr als deutlich.

Wir sind wohl noch sehr weit weg von der Endgültigen Verbannung dieser Hochtoxsischen Beizmittel Generation der Neonikotinuiede. Den gemeinen Aktionär freut es aber um so mehr, wenn er auf der alljährlichen Hauptversammlung mit viel Pompös das tolle Geschäftsergebnis feiern kann und sich anschließen auch noch den Bauch (und alle Taschen) voll schlagen kann, auf dass auch ja nichts verkommt.

Hochachtungsvoll

Christoph Koch
Imkermeister
Karl-Friedrichstraße 15
D 77728 OPPENAU
Tel.: +49 7804 3589
E-Mail: vorstand@berufsimker.de
www.berufsimker.de

attac

CBG Redaktion

Liebe Aktionärinnen, liebe Aktionäre.

Mein Name ist Thomas Eberhardt-Köster. Ich spreche für das globalisierungskritische Netzwerk ATTAC und möchte dem Vorstand einige Fragen in Bezug auf die nachhaltige Entwicklung des Bayer-Konzerns stellen.

Nachhaltigkeit und kurzfristige Profitinteressen
Auf die von neoliberaler Seite nach wie vor gerne wiederholte Behauptung, dass der Markt alles regele und sich langfristig immer ein Gleichgewicht einstellen würde, gab der in den letzten Monaten wieder vermehrt zur Kenntnis genommene Ökonom John Maynard Keynes seine berühmte Antwort: „Langfristig sind wir alle tot” und ergänzte: „Die Ökonomen stellen sich eine zu einfache und zu nutzlose Aufgabe, wenn sie uns in stürmischen Zeiten lediglich mitteilen können, dass das Meer, sobald der Sturm vorüber ist, wieder glatt sein wird.”
Heute würde kein Ökonom mehr, selbst wenn er es denkt, öffentlich äußern, langfristig kommt schon alles wieder ins Lot, vielmehr bemühen sich alle darauf hinzuweisen, dass Nachhaltigkeit wichtiger den je sei, selbst wenn sie wissen, dass das tendenziell kurzfristig orientierte ökonomische Denken langfristig dazu führt, dass wir die natürlichen Ressourcen aus dem Blick verlieren, sie zerstören und damit uns selbst sowie unseren Kindern und Enkeln die Lebensgrundlage entziehen.

Das Bayer-Management scheint allerdings weitsichtiger zu sein, als die Mehrheit der Ökonominnen und Ökonomen. Diesen Eindruck bekommt man zumindest, wenn man den Aussagen in der Bayer-Publikation „Namen, Zahlen, Fakten 2009, 2010“ glaubt.

Ich möchte kurz daraus zitieren:
„Ökonomie, Ökologie und soziales Engagement sind für uns gleichrangige Ziele innerhalb unserer Unternehmenspolitik.“ (NZF S.3)

Ja, Sie haben sich nicht verhört, so steht es im ersten Kapitel, das mit „Credo“ überschrieben ist, und weiter heißt es dort, dass das Unternehmen, ich zitiere wieder, „den Menschen nützen und zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen“ will (NZF S. 2).

Eigentlich könnten mich solche Aussagen zufrieden stimmen, denn auch ich meine, dass Ökonomie, Ökologie und Soziales zusammen gedacht werden müssen.

Wenn ich mir aber die Geschäftspraktiken des Bayer-Vorstandes ansehe, setzt sich bei mir der Eindruck fest, dass dieser in krassem Gegensatz zu den eingangs zitierten Aussagen steht.
Wenn ich diese Geschäftspraktiken ansehe drängt sich mir zudem der Verdacht auf, dass der Vorstand und insbesondere der Vorstandsvorsitzende Werner Wenning wenig bis nichts aus der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise gelernt hat und sein Heil in einem einfachen „Weiter so“ sucht.

Ich will dies an drei Punkten festmachen:
§ Erstens an den Entgeltkürzungen für die Bayer-Beschäftigten im Bereich MaterialSience,
§ zweitens am Umgang mit Leiharbeit im Konzern und
§ drittens an der für die heutige Versammlung vorgeschlagene Dividendenausschüttung.

Entgeltkürzungen
Weltweit hatte der Bayer-Konzern 2008 108.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Dies waren 2.200 mehr als 2007. Gleichzeitig wurden die Personalaufwand um 1,1 Prozent gesenkt. (NZF S. 32). Dies bedeutet, dass die Beschäftigten 2008 im Durchschnitt weniger verdient haben als 2007. Wie wir dem Geschäftsbericht entnehmen konnten war das Jahr 2008 das erfolgreichste in der Unternehmensgeschichte von Bayer. Trotz bereits aufziehender Wirtschaftskrise konnte ein Gewinn von 6,9 Milliarden Euro eingefahren werden. Möglich war dies offensichtlich, weil Personalkosten gespart wurden. Auch 2009 soll diese Strategie fortgesetzt werden in dem unter anderem Arbeitszeitverkürzungen ohne Entgeltausgleich durchgesetzt wurden. Dabei wurde das gute Ergebnis im Jahr 2008 von den Beschäftigten mit erwirtschaftet, denen nun die Entgelte gekürzt werden.

Hier nun meine Frage an den Vorstand: Warum nutzt er nicht einen Teil der geplanten Dividendeausschüttung zur Entgeltsicherung für die Bayer-Beschäftigten?

Leiharbeit
Unter anderem in Folge der Krise der Automobilindustrie ist der Umsatz im Bereich MaterialSience zurückgegangen. Bezogen auf das gesamte Jahr 2008 um insgesamt - 4,6 Prozent (NZF S. 12). Hinzu kommt, dass laut Arbeitsdirektor Pott - in der Financial Times Deutschland vom 9. März 2009 nachzulesen - als Folgen steigender Produktivität „jährlich einige Hundert Mitarbeiter“ abgebaut werden. Der schleichende Jobverslust an inländischen Standorten machte 2008 laut derselben Pressemeldung 1.700 Kolleginnen und Kollegen aus 2007 = 39.100; 2008 = 37.400 (FTD am 9.3.2009).

Für 2009 schließt der Vorstand noch betriebsbedingte Kündigungen aus. Hier kommt zum Tragen, dass der Konzern in den letzten Jahren verstärkt Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter eingesetzt hat. Diese haben nicht nur deutlich weniger als die Stammbelegschaft verdient. Sie sind zudem in der Krise die ersten, die ihren Job verlieren.

Meine Frage an den Vorstand in diesem Zusammenhang, insbesondere an Arbeitsdirektor Pott: Wie viel Leiharbeiter und Leiharbeiterinnen waren 2008 im Konzern beschäftigt und wie viele haben in Folge von Umsatzeinbrüchen ihren Arbeitsplatz verloren?
Und weiter: Was gedenkt der Vorstand zu tun, um die Arbeitsplätze bei Bayer langfristig zu sichern?

Zu Höhe der Dividende
Der Vorstand schlägt vor, für das Geschäftsjahr 2008 1,40 Euro pro Aktie auszuschütten, insgesamt 1.070 Millionen Euro. Offensichtlich macht er sich weniger Sorgen um die langfristige Entwicklung des Konzerns, als vielmehr um die kurzfristige Verbesserung der Performance der Bayer-Aktie.
Anstatt die in 2008 erwirtschafteten Gewinne zu nutzen, um in die Entwicklung ökologisch nachhaltige Produkte und in die Sicherung von Arbeitsplätzen zu investieren, schlägt er eine Rekorddividende vor.

Würde die Dividende um die Hälfte gekürzt, stünden rund 500 Millionen Euro für Zukunftsinvestitionen zur Verfügung.

Meine Frage in diesem Zusammenhang: Wie will der Vorstand auf die anhaltende ökonomische Krise der Automobilindustrie - die Abnehmer vieler Bayer-Produkte ist - reagieren und warum investiert er nicht einen Teil der geplanten Dividendeausschüttungen in ökologischen Standards genügende Zukunftstechnologie?

Lernfähig?
Die deutsche Chemieindustrie ist von der globalen Wirtschaftskrise weiterhin stark betroffen. Dies liegt unter anderem an der starken Exportorientierung und daran, dass wichtige Abnehmerindustrien, wie die Automobil- und die Bauindustrie von der Krise erfasst sind. Im vierten Quartal 2008 lag die Auslastung der Kapazitäten bei lediglich 75 Prozent 75% (IG BCE). Der Neoliberalismus ist gescheitert und eine stärkere Regulierung der Ökonomie auf nationaler und internationaler Ebene immer nötiger. Werner Wenning hat in einem Spiegel-Interview vor staatlicher Regulierung gewarnt und geäußert: „Es wäre deutlich besser, jetzt jene Bremsen zu lösen, die den Wachstum behindern.“ Er möchte nicht nur die Bremsen lösen, sondern auch möglichst wenig Verkehrsregeln haben, damit sich die ökonomisch Starken auf Kosten der Schwachen und der Natur durchsetzten.
Angesichts der Abstütze der Banken und Investmentgesellschaften, die nicht zuletzt den Deregulierungen den internationalen Finanzmärkte in den letzten drei Jahrzehnten geschuldet waren, und angesichts der auf uns zukommenden Klimakatastrophe kommen einem solche Aussagen wie die Wahnträume eines auf den Abgrund Zurasenden vor, der kurz vor dem Ende noch einmal den ultimative Kick verspüren will. Wer etwas klarer denkt, weiß nicht nur im Straßenverkehr Regulierungen durchaus zu schätzen und ist spätestens auf der abschüssigen Passstrasse froh, dass der TÜV so hohen Wert auf sichere Bremssysteme legt.

In diese Richtung geht auch meine abschließende Frage: Wäre der Vorstand angesichts der Defizite, die die Finanzmarktkrise dem Betriebsrentenfonds von Bayer beschert hat nicht glücklich, wenn eine strengere internationale Finanzaufsicht so manchen Kurssturz im Vorhinein verhindert hätte?

Thomas Eberhardt-Köster, Düsseldorf 12. Mai 2009

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[NUV] Kohlekraftwerk

CBG Redaktion

Harald Jochums, Niederrheinischer Umweltverband NUV

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin und heiße Harald Jochums aus Duisburg-Rheinhausen, bin unter vielem anderen Architekt für Ökologisches Bauen und darüber hinaus noch direkter Anrainer sowohl an den Rhein, als auch an die Bayer-Werke Uerdingen, die sich heuer schon mal ein wenig zurückgezogen haben - und das Ganze nennt sich jetzt als Konglomerat von mehreren Firmen: „Chempark“.

Ich stelle meine kleine Rede unter folgendes Motto: „Wer Wind sät, wird Strom ernten“ aus dem Neuen Testament Hosea 8, Vers 7, in der allerneuesten Neufassung.

Blasphemie? Wohl kaum, geht es doch für uns Menschen seit jeher darum, die Schöpfung zu bewahren oder profan ausgedrückt: unser aller Lebensgrundlagen - und dies immer dringlicher, sind wir doch dabei, diese zu zerstören.

Was können wir Alle tun, um dieser Zerstörung entgegenzuwirken?

In diesem Zusammenhang gleich die Frage1 an Sie Herr Wenning:
„Können Sie sich die Bayer AG als 1. „Grünen“, global aufgestellten Großkonzern vorstellen?“
Anstatt des Adjektivs „Grün“ würde ich lieber „Farbig“ sagen (jedoch nicht im Sinne der IG Farben). Die zusätzlichen Kriterien, die auf so einen Konzern anzuwenden seien, gehen nämlich über die landläufigen, grünen Kriterien wie Energie und Umweltschutz hinaus. Es sind dies:

1. Die Menschen insgesamt (und nicht nur die Gruppe der Aktionäre)
2. Unsere Gesellschaft, Gemeinschaft

Ich möchte die Folgen solchen Umdenkens an Hand zweier Bayer-Projekte erläutern:

1. Co-Pipeline von Dormagen nach Krefeld-Uerdingen
2. Fossiles Kohlekraftwerk im Chempark Krefeld-Uerdingen; Betreiber ist hier
allerdings die Fa. Trianel aus Aachen, einem Zusammenschluß von vielen Stadtwerken.

Beide Projekte sind nämlich undenkbar, wendet man die beiden obengenannten zusätzlichen Kriterien an:

1. Die CO-Pipeline gefährdet potentiell das Leben von vielen Menschen, die von der eigenen Landesregierung und der Bayer AG gezwungen werden, an dieser Pipeline zu leben, darunter insbesondere unsere Kinder, führt die Trasse doch bisweilen direkt an den Gartenzäunen von Kindergärten und Schulen vorbei - nicht nur für mich Ausdruck einer grenzenlosen Mißachtung von Menschenleben. -
Nicht viel besser sieht es bei Privatgrundstücken aus. Dort werden die Menschen ihr Leben lang – und ich wiederhole – ihr Leben lang mit der Angst leben müssen, Opfer eines Störfalls zu werden, wie es so verharmlosend in den zuständigen Verordnungen formuliert ist. – Und allein diese beiden Tatsachen würden das Projekt zu Fall bringen, würde man die Menschen in seine Überlegungen mit einbeziehen. – Darüber hinaus handelt es sich um eine firmeninternes Problem, dessen negativen Aspekte aber der Gemeinschaft aufgebürdet werden.

2. Bei dem Fossilen Kohlekraftwerk sieht es nicht viel anders aus. Zwar geht von diesem keine akute, tödliche Gefahr aus; es wirkt eher längerfristig (deshalb aber nicht minder scherwiegend ist), und es sogar als fataler Global Player, denken wir an die gigantischen Mengen des treibhauswirksamen Gases CO2, die dem heutigen, jährlichen Ausstoß von Krefeld von allen Emittenten mit ca. 4 Mio.t. CO2 entsprechen; und dann werden jede Menge Feinstaub ausgestoßen in einem Gebiet, in dem jetzt schon die Grenzwerte um 100% überschritten werden, zusammen mit anderen gesundheitsgefährdenden Schadstoffen wie Cadmium, Blei, Arsen, etc. Die genaue Aufstellung finden Sie unter www.nuv-online.de
Und dann ist das Fossile Kraftwerk 7,3 fach so groß wie die zwei vorhandenen Kohlekessel, die stillgelegt werden sollen und auch das nur nach zähem Ringen. Auch hier reicht schon allein diese Aufzählung, dieses Projekt nicht weiterzuverfolgen, bzw. die von Umweltschützern genannten Alternativen der Ertüchtigung oder des Neubaus der 2 alten Kohlekessel und äußerstenfalls ein halb so großes Gaskraftwerk zu planen, das viele negativen Aspekte des Fossilen Kohlekraftwerks abmildert oder sogar vermeidet.

Und was sagen die Landesregierung und die Bayer AG dazu?
- Die Haltung der Landesregierung ist kurz abzuhaken: Sie hat die CO-Pipeline erst ermöglicht, indem Sie die rechtliche Grundlage für den Bau geschaffen hat in Form eines Enteignungsgesetzes. Ausgerechnet CDU und FDP, seit der Steinzeit Hort des grundgesetzlich zugesicherten Eigentums, greifen zu der zu Recht verteufelten Maßnahme der Enteignung der Bürger, die sie gewählt haben! Der Zweck heiligt bekanntlich die Mittel; wer aber heiligt den Zweck? -
Darüberhinaus genehmigt der linientreue RP, was das Zeug hält, bzw. die Industrie für richtig hält. Beim Bau ist Wegschauen das oberste Gebot der Stunden. Eigenmächtige Änderungen der Bayer AG und ihrer Töchter sollen im Rahmen einer „Fiktion“ (O-Ton RP im Umweltausschuß) im Nachhinein genehmigt werden. - Hat hier der RP den Slogan der Bayer AG etwa abgeändert in: “Science Fiction for a better Life?“ - Man könnte es vermuten. –

Die Bayer AG setzt hingegen eher auf Bewährtes: Sie schwingt die Keule Arbeitsplätze und droht mit Abzug ihrer Streitkräfte. Die Landesregierung souffliert noch mit dem Hinweis auf den Wirtschaftsstandort NRW. – Das ist insofern unredlich, als Bayer unerwähnt läßt, daß Arbeitsplätze im Chempark Uerdingen wegfallen, wird doch die dortige CO-Produktionsanlage überflüssig, sollte die CO-Pipeline jemals in Betrieb gehen (- wovor uns Gott oder wer auch immer (mit Ausnahme der Landesregierung) bewahre; wie schon ausgeführt, kann diese Landesregierung das auch gar nicht, weil sie es nicht will. Willkommen in Rüttgers Club). Unredlich ist die Keule Arbeitsplatz auch, weil es Alternativen für die CO-Pipeline gibt, die sogar von der Bundesregierung gestützt werden, hat sie doch vor nicht allzu langer Zeit gegenüber der EU erklärt, daß solch potentiell todbringenden Stoffe nur innerhalb der eigenen Firmenzäune verarbeitet werden sollen. Die Alternative lautet: Die Anlage in Uerdingen erweitern und damit Arbeitsplätze schaffen. Das mag auf Dauer etwas teurer sein als die Pipeline, würde aber vielen, vielen Menschen entlang der geplanten Trasse ihre Todesangst nehmen; ein lohnendes Ziel, wie ich meine und angesichts von einem Gewinn vor Steuern von 4Mrd. EURO im Jahr 2007 auch gegenüber uns Aktionären vertretbar. Lieber Herr Wenning, Sie hätten in diesem Fall also nicht mit einer Anklage unsererseits zu rechnen, eher mit einem Verdienstorden wider die tierische Unvernunft.

Zum potentiellen Rückzug der Bayer AG von dem Standort Krefeld-Uerdingen: Der selbsternannte Hotelmanager des Chemparks in Krefeld-Uerdingen hat mal ziemlich beleidigt öffentlich erklärt, wenn er und die Bayer AG nicht erwünscht wären, würden sie gehen. Das Dumme daran ist das Dumme darin: Das hat kein Mensch gefordert und gesagt. Was will der Mann uns denn dann damit sagen? Scheut er die offene Erpressung: „Wenn wir das nicht genehmigt bekommen, gehen wir nach Shanghai!“oder wie oder was?

An dieser Stelle muß ich etwas für Sie einfügen, lieber Herr Wenning: Ich wage eine Voraussage, obwohl für gewöhnlich selber jeglicher Spekulation abhold: Mehr über kurz als über lang werden Sie den Standort Uerdingen schließen mit der folgenden Begründung: Die bösen, bösen Umweltschützer, die ja bekanntlich auch die Finanzkrise in Schuld sind, sind Schuld. – Ich könnte das einfach mal so stehen lassen, frage Sie aber lieber in meiner Frage 2: Haben Sie, bzw. die Bayer AG vor, das Werk Uerdingen in den nächsten 10 Jahren zu schließen?

Zu Ihren möglichen Antworten habe ich noch eine Bitte: Versuchen Sie es bitte mal zur Abwechselung mit unmöglichen (Antworten); die anderen kenne ich nämlich schon. – Sie können auch gerne einen Scherz einflechten, wenn Ihnen danach ist.

Sehr geehrte Damen und Herren Aktionäre, noch stundenlang könnte ich über die genannten Themenkomplexe berichten, z.B. über die von der Chempark-Leitung so viel beschworene „Gute Nachbarschaft“ zu der Nachbarschaft, die jedoch leider nicht existiert, kommt doch die Bayer AG noch nicht einmal der in der Störfallverordnung gesetzlich verankerten Aufforderung nach, die betroffene Anwohnerschaft unaufgefordert über Gefahren zu unterrichten und wie im Ernstfall sich verhalten und so. Dazu habe ich Sie, lieber Herr Wenning, schon das letzte Jahr befragt und keine Antwort erhalten, rechne auch in diesem Jahr nicht damit und verzichte hiermit ausdrücklich eindrücklich darauf. – Doch Halt! Meine 3. Frage lautet nämlich: „Was soll ich tun, wenn die Bayer AG noch nicht einmal gesetzlichen Bestimmungen nachkommt, wie in diesem Fall, lieber Herr Wenning?“ Soll ich die Bayer AG verklagen, also gegen eine Heerschar von Advokaten antreten und gegen die geballte Macht des Kapitals? - Guter Rat ist teuer - ich weiß. Für eine Gute Nachbarschaft sollte Ihnen jedoch nichts zu teuer sein. – Ihre begrünten Hochglanzbroschüren „bayer direkt“ bringen`s auf jeden Fall nicht; habe sie auch anfangs direkt dem Papierrecycling zugeführt, muß aber zugeben, das Heftchen mittlerweile mit vergnügtem Schmunzeln zu lesen, wie z.B. ein global aufgestellter Konzern jedes Gramm eingesparten CO2s bejubelt.
Dann könnte ich Ihre merkwürdige Marketing-Strategie erwähnen, erst potentielle Kunden wie uns mit tödlicher Sicherheit zu verprellen, um dann zu sagen: „Kauf mich doch!“ - oder die wissenschaftlich völlig unhaltbare Mär von der absonderlichen Effizienz des geplanten Fossilen Kohlekraftwerks, die Prof. Hartmut Graßl, immerhin einer der führenden Deutschen Klimaforscher eindrucksvoll beschrieben und widerlegt hat. Da ist ja dann wohl nix mehr mit „science“ und damit auch nicht mit „better Life“, was ich sehr bedauere. -
Noch ein Einschub mit Frage 4: Was versteht die Bayer AG eigentlich unter einem „better Life“ und wozu sonst soll „science“ gut sein? - Zusatzfrage: Muß das aber unbedingt materiell „better“ werden? Täte uns Allen nicht beispielsweise ein bißchen mehr Bescheidenheit gut? –

Genug der Kritik. Hat der Mann denn Vorschläge, wie „better“ machen - oder kann ER nur mosern? –

Ja, hat ER - und stellt sie auch in den Raum und damit zur Diskussion:

Wir müssen umdenken, wegkommen von den einseitigen, hohlen Phrasen von der Allmacht des Geldes. Wie hohl diese sind, zeigt schon der Spruch unserer Amerikanischen Freunde (hüstel, hüstel): „Time is money“. Einfache Konsequenz aus dieser einfachen Gleichung: Kein „Time“, kein „Money“.

Wir müssen wegkommen von dem gedankenlosen Umgang mit Fossilen Rohstoffen. Zum Verbrennen sind diese nämlich viel zu schade – auch weil mit Sonnenenergie aus Jahrmillionen entstanden - und wir schädigen und zerstören damit auch unsere Lebensgrundlagen.

Wir müssen uns darauf besinnen
1. die sogenannten Erneuerbaren Energien massiv auszubauen, die uns jeden Tag frei Haus geliefert werden in Hülle und Fülle, nämlich mehr als 10.000 mal soviel, als wir verbrauchen können, wenn wir sie auch nur zu einem Teil nutzen können.
2. die Fossilen Rohstoffe intelligent einzusetzen, wenn wir sie schon in einer Übergangsphase verbrennen müssen, beispielsweile mit der Technik der Kraft-Wärme-Kopplung.
3. Rohstoffe einzusparen.

Wir müssen wieder dezentrale Strukturen schaffen, die wesentlich effektiver sind, als die unbeholfenen, unbeweglichen Großkonzerne, die auch noch den Nachteil haben, eine ungebührliche Fülle an Macht an sich zu ziehen und damit in der Lage sind, z.B. demokratische Gefüge auszuhebeln.
Wir müssen möglichst allumfassende Kriterien an unsere Produkte legen wie weiter oben schon beschrieben. Dann wären gemeingefährliche Zwischenprodukte wie CO und Phosgen gar nicht denkbar, die nicht gerade dem Wohle der Allgemeinheit dienen, obwohl für die CO-Pipeline genau dieses „Argument“ benützt worden ist. - Oder die Chlorchemie, die in Teilen ihre Berechtigung haben mag, in ihrer großtechnischen Anwendung aber unendlich viele Schäden angerichtet hat, denke ich etwa an PCB oder PCP. Die Kosten für die Schäden wurden und werden auch hier weiter der Allgemeinheit aufgebürdet. - Und zu allen Produkten gab und gibt es Alternativen. Ich bin selber Planer und weiß um die vielen Möglichkeiten, Probleme zu lösen.

Zum hoffentlich guten Schluß: Seien Sie gewiß, lieber Herr Wenning, meine Herren vom Vorstand und Damen und Herren vom Aufsichtsrat: Wir Bürger und Bürgerinnen lassen uns kein „X“ mehr für ein „U“ vormachen lassen, schon gar nicht im XXL-Format. - Wir werden die potentiell tödliche CO-Pipeline und das völlig überdimensionierte, extrem klimaschädliche Fossile Kohlekraftwerk mit allen friedlichen, demokratischen Mitteln zu verhindern suchen und uns dafür einsetzen, die Zukunft zu denken und zu bauen - und nicht die Steinzeit zu restaurieren. -
Ich halte es dennoch oder gerade deshalb für notwendig, daß sich alle Seiten auf einer Augenhöhe zusammensetzen und an dieser verantwortungsvollen Aufgabe mitarbeiten – auch aus Verantwortung für unsere Kinder und Enkel. - Unsere Gesprächsangebote liegen seit geraumer Zeit vor, sind jedoch von Ihnen, lieber Herr Wenning, nicht wahrgenommen worden.

[Elsen] Marlis Elsen

CBG Redaktion

Meine Name ist Marlis Elsen und ich kämpfe gegen die CO-Pipeline aus Verantwortung für die Generation meiner Schüler und ihre zukünftigen Kinder. Darüber hinaus natürlich für alle von der Pipeline betroffenen Menschen.

Kohlenmonoxid ist sensorisch nicht wahrnehmbar und führt in kleinsten Mengen zum Tode. Von der Pipeline geht also eine ständige tödliche Bedrohung aus, die bei einer Leckage möglicherweise die Gesundheit und das Leben vieler Menschen kosten kann.

Sehr geehrter Herr Wenning,

1. Soll es in Kürze nicht mehr heißen: Die Würde des Menschen ist unantastbar und das Leben und die Gesundheit der Menschen müssen geschützt werden, sondern:
2. Bayers Forderung nach Gewinnmaximierung ist oberstes Gesetz?

Der Konzern hat mit seinem Geld und seiner macht enorme Möglichkeiten der Einflussnahme.

Wir haben nur wenige Mittel des Kampfes. Trotzdem kämpfen auch nach zwei Jahren kämpfen die betroffenen Bürger und die Kommunalpolitiker Seite an Seite mit unveränderter Stärke. Gibt Ihnen das nicht zu denken?

Sie haben die Privatkläger, die Kommunen und den Kreis in einen langdauernden, mühevollen und teuren Kampf gezwungen, der durch private und öffentliche Gelder finanziert wird.

Man kann nur spekulieren, was die Landespolitiker davon abhält, ihre Fehlentscheidung zu korrigieren. Schließlich hat die Regierung geschworen, dass man die ganze Kraft dem Wohle des Volkes widmet und Schaden von ihm abwendet.

Das Festhalten an diesem Projekt hat einen enormen Vertrauensverlust gegenüber den Politikern, besonders aber gegenüber unserem Landesvater Herrn Dr. Rüttgers bewirkt.

3. Wie erklären Sie sich das Schweigen und Wegducken unserer Volksvertreter?

Trotz der laufenden Gerichtsverfahren gibt es kein Innehalten, sondern der Vertrag soll noch dieses Gesetz gegen das Wohl der Menschen in unserem Land stützen.

4. Empfinden Sie es nicht als unredlich, diese unfairen Mittel des Eilantrages und des Vertrages zu benutzen?

5. Warum besitzen Sie nicht die Fairness und den Anstand, die Hauptsacheverfahren und den Weg durch die Instanzen abzuwarten?

6. Sehen Sie Eilantrag und Vertrag nicht selbst als Machtmissbrauch Ihres mächtigen Konzerns an?

Der Kunststoffabsatz hat enorme Einbrüche erlitten. In dieser Situation können Sie es wohl niemandem vermitteln, dass Sie die Leitung ach so dringend und sofort brauchen.

Trotzdem möchte Bayer jetzt ein Gericht „benutzen“, die Pipeline doch vorzeitig in Betrieb zu nehmen.

Bayer maßt sich sogar an, gerichtliche Entscheidungen vorwegzunehmen: Die Klagen hätten keine Aussicht auf Erfolg. Es läge kein Grund mehr vor, die aufschiebende Wirkungen der Klagen aufrechtzuerhalten. Sollte aber nach dem Eilantrag das Gas durch die Leitung strömen, so hat die Wirtschaft entgültig die Diktatur in unserem Staate übernommen.

7. Warum missachten Sie nicht nur die von der Pipeline betroffenen Menschen und die dem Volke verpflichteten Politiker, sondern auch die unabhängige Gerichtsbarkeit?

8. Wie würden Sie folgenden Ausschnitt aus einem Zeitungsartikel kommentieren?

„Die Feuerwehren lehnen den Bau der CO-Pipeline ab“, mit diesen klaren Worten bezog Hildens Stadtbrandmeister Lothar von Gehlen in der Sitzung des Rates klar Stellung zu dem Projekt des Chemieriesen Bayer. Das war nichts Neues, aber in seiner Eindringlichkeit ebenso aufrüttelnd wie seine Feststellung: „Ein Störfall an der Pipeline kann von den Feuerwehren nicht beherrscht werden.“

9. Wie viel Geld haben sie den Kommunen und den Feuerwehren zur Verfügung gestellt?

10. Wie viel Geld würden Sie pro Jahr an der Pipeline verdienen?

Und jetzt habe ich ein paar praktische Fragen zur Rettung der Menschen:

Beispiel Kinderspielplatz und schleichende Leckagen: In Hilden verläuft die Leitung unmittelbar unter einem Bolzplatz in direkter Nähe zu einer Siedlung für kinderreiche Familien.

Fragen:

11. Wie soll die Mutter sich verhalten, wenn sie vom Fenster aus ihr Kind leblos auf dem Boden liegen sieht?

Beispiel Schulen: In einigen Städten wird die Leitung in unmittelbarer Nähe zu Schulen und Kindergärten gebaut, teilweise bis in eine Nähe von 10 Metern.

12. Welche Katastrophenübungen werden demnächst in den Schulen durchgeführt werden?

13. Wie stellt man sich die Evakuierung dieser Schulen oder Kindergärten vor, wenn das Gas doch in wenigen Minuten tödlich sein kann?

14. Dieselbe Frage möchte ich stellen für Krankenhäuser und Altenheime, die in der Nähe der Pipeline liegen?

Beispiel Siedlung: Unsere Siedlung wird von zwei Seiten von der Pipeline umschlossen.

15. Wie sollen wir uns verhalten, wenn wir tagsüber oder besonders nachts die Sirenen hören, möglicherweise aber schon durch das Einatmen des Gases benommen sind?

16. Nach welchen Evakuierungsplänen sollen wir die Siedlung verlassen?

Fragen einer Nachbarin:

17. Zahlt die Bayer AG für jeden Haushalt an der Trasse einen CO-Warngerät?

18. Wir haben zwar den Rat, schräg zur Windrichtung zu laufen, was wir vielleicht in der Aufregung nicht so hinbekommen, aber vielleicht würde uns ja ein Atemgerät helfen. Bezahlt Bayer dieses für jeden Menschen, der im Gefahrenbereich lebt?

Beispiel Kaserne: In der Nähe der Schieberstation in der Nähe des Hildener Zentrums befindet sich die Waldkaserne, deren Soldaten z.T. in Afghanistan eingesetzt sind.

19. Wie sehen die Rettungspläne für die Soldaten aus, falls es zu einem Terroranschlag an der Schieberstation kommt?)

Die Bayer-AG hat ihr Gesicht verloren und das Vertrauen der betroffenen Bevölkerung.

Wie wollen Sie dieses Vertrauen wiedergewinnen?

Marlis Elsen
Schlehenweg 21
40723 Hilden

[Pehrke] Rede Jan Pehrke

CBG Redaktion

Sehr geehrte Damen und Herren!

Mein Name ist Jan Pehrke. Ich bin Journalist, gehöre dem Vorstand der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN an und möchte zur Kooperation BAYERs mit der Kölner Universität sprechen.

Im letzten Jahr hat BAYER mit der Kölner Universitätsklinik eine Kooperation vereinbart. Sie umfasst Arznei-Forschungen zu Krebs, Herz/Kreislauf-Erkrankungen und Störungen des Zentralen Nervensystems mitsamt Erprobung im hochschul-eigenen „Zentrum für Klinische Studien“ und die Einrichtung eines Graduierten-Kollegs.

NRW-Forschungsminister Andreas Pinkwart hat diese Kooperation als „die weitreichenste, die eine nordrhein-westfälische Universitätsklinik bislang eingegangen ist“ bezeichnet. Wie weitreichend diese ist, darüber gibt es allerdings keine Informationen. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren forderte deshalb die Hochschule gemeinsam mit Studierenden der Universität und anderen Initiativen auf, der Öffentlichkeit den Vertrag zugänglich zu machen. Dem hat sich die Universität verweigert. Das nährt den Verdacht, dass Grund zur Geheimhaltung besteht.

Deshalb möchte ich Sie heute fragen:

Ist BAYER bereit, den Vertrag zu veröffentlichen?

Wie berechtigt dieser Verdacht ist, hat eine Veranstaltung des Düsseldorfer „Zentrums für Gewerblichen Rechtsschutz“ zum Thema „Forschungskooperationen“ gezeigt, an der auch BAYER-Manager teilnahmen. Die Universitätsmitarbeiter sprachen bei der Tagung von „diktierten Verträgen“ und Knebelparagraphen, die den Hochschulen das Recht bestritten, über fehlgeschlagene Forschungen zu berichten. Der BAYER-Vertreter Dr. Elmar Bramer-Weger verlangte von den Universitäten ganz offen eine Verausabtretung der Patent-Rechte an den Entwicklungen. Nicht einmal eine „Bestseller-Klausel“ in den Verträgen wollte er den Universitäten zubilligen, also Sonderzahlungen im Falle eines besonders erfolgreichen Produkts. Unter Kooperation stelle ich mir etwas anderes vor.

Deshalb hierzu vier Fragen:

1. Hat auch BAYER der Universität einen ausgearbeiteten Vertrag zur Unterschrift vorgelegt?

2. Räumt BAYER den Kölner Forschern das Recht ein, über fehlgeschlagene Forschungen zu berichten?

3. Verlangt BAYER von der Kölner Universität eine Vorausabtretung aller Rechte an den Entwicklungen?

4. Gewährt BAYER der Universität eine „Bestseller-Klausel“?

Die Kooperation BAYERs mit der Kölner Uni-Klinik stellt eine große Gefahr für die Forschungsfreiheit dar. Dies ist umso bedrohlicher, als es sich um die lebenswichtige Arzneimittel-Forschung handelt. Schon vor der „weitreichensten Kooperation, die eine nordrhein-westfälische Universität bislang eingegangen ist“, klagte der Kölner Herzspezialist Dr.Erland Erdmann in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über den großen Einfluss der Pharma-Industrie auf die Wissenschaft.

Die Zeitung gibt seine Worte so wieder:

„Bevor man als Wissenschaftler die Ergebnisse einer solchen Studie veröffentlichen könne, müsse man den zur Publikation vorgesehenen Bericht in der Regel erst dem Sponsor vorlegen. Marktschädliche Äußerungen könnten dabei dem Rotstift zum Opfer fallen“.

Und hier in der BAYER-Hauptsammlung hat der britische Chirurg Stephen Karran im Jahr 2001 plastisch dargestellt, welche unheilvolle Rolle BAYER schon bei Arzneimittel-Tests gespielt hat. Entgegen ärztlichem Rat hatte BAYER die Probanden nicht darauf aufmerksam gemacht, dass das getestete Antibiotikum im Zusammenspiel mit anderen Arzneien seine Wirksamkeit verlieren kann. Die Folge: Es kam bei mindestens einem Patienten zu einer lebensgefährlichen Infektion. Dr. Karran konnte das damals nicht verhindern.

Ich zitiere ihn: „Obwohl ich zu Beginn der Tests auf die Probleme hingewiesen habe, wurde die Studie im ganzen Land unverändert durchgeführt“.

Genau wegen solcher Vorkommnisse fordern Fachleute wie Thomas Lönngren von der Europäischen Arzneimittelbehörde mehr industrie-unabhängige Studien, die aus öffentlichen Mitteln gefördert sind.

Zu diesem Komplex 2 Fragen:

Billigt der Vertrag BAYER zu, marktschädliche Aussagen aus Veröffentlichungen zu entfernen?

Ist in dem Vertrag sichergestellt, dass Mediziner der Kölner Universität das Recht haben, Versuche abzubrechen, wenn sie die Gesundheit der Probanden gefährdet sehen?

Die Kooperation BAYERs mit der Universität Köln stellt kein Einzelfall dar. Über 800 solcher Allianzen mit Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen hat BAYER geschmiedet. Nach den Worten des Forschungsvorstandes Wolfgang Plischke dienen sie dazu, dem Konzern „breiten Zugang zu Wissen“ zu eröffnen. Offensichtlich sucht BAYER diesen Zugang zu Wissen zunehmend außer Haus. Die eigene Forschung vernachlässigt BAYER dagegen. Die Zahlen des Geschäftsberichts sprechen da eine beredte Sprache. 11.900 Beschäftigten in der Forschung stehen 38.000 im Marketing gegenüber.

Hierzu meine abschließende Frage:

Will BAYER dieses Missverhältnis beibehalten oder ist ein Kurswechsel geplant?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!