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Beiträge verschlagwortet als “IG Farben”

[Aachen] Aachen: Vortrag am 18. Februar zu „100 Jahre Giftgas-Krieg“

CBG Redaktion

Informations- und Diskussionsveranstaltung der VVN mit Philipp Mimkes, Vorstandsmitglied der „Coordination gegen Bayer-Gefahren“

Zeit: Mittwoch, 18. Februar um 19:00 Uhr
Ort: DGB-Haus, Aachen, Dennewartstraße

Von den 10 Millionen Toten des ersten Weltkriegs sind ungefähr 90.000 auf den Einsatz von chemischen Kampfstoffen zurück zu führen. Von den 25 Millionen Schwerverletzten 1914-18 sind ca. eine Million Menschen vergiftet worden. Deutschland begann als erstes Land den Giftgasangriff am 22. April 1915 in Ypern. Es war eine neue Eskalation des deutschen Angriffskrieges mit Mitteln, die von der Haager Landkriegsordnung von 1907 untersagt, also völkerrechtswidrig, waren.

Die Firma Bayer in Leverkusen machte mit Giftgas Riesenprofite, war aber auch bei der Entwicklung und Herstellung von Sprengstoffen „mittendrin“. Unter dem Dach der IG Farben wiederholte der Konzern das Geschäft mit Verbrechen gegen die Menschlichkeit im 2. Weltkrieg. Die Barbarisierung der von Deutschland ausgehenden Weltkriege wurde durch Bayer-Manager vorangetrieben. Der Einfluss auf die Politik war und ist groß. Dazu gehört auch die Finanzierung der Nazi-Partei.

Seit 35 Jahre existiert eine Gruppe von Menschen, die sich mit Aktionen, Aufklärungsarbeit und als Kleinaktionäre auf den Aktionärsversammlungen kritisch mit den Umtrieben des Konzerns auseinandersetzen: Die „Coordination gegen Bayer Gefahren“. Regelmäßig informiert die CBG in ihrer Zeitung „Stichwort Bayer“.

Nach dem Vortrag ist Gelegenheit zur Diskussion.

[Carl Duisberg] Vortrag „Carl Duisberg, Bayer und der Erste Weltkrieg“

CBG Redaktion

Zeit: Mittwoch, 4. März 2015; 18.30 Uhr
Ort: Vortragssaal im Forum Leverkusen, Am Büchelter Hof 9, 51373 Leverkusen

Carl Duisberg setzte im 1. Weltkrieg den Einsatz von Giftgas durch, betrieb die Deportation belgischer Zwangsarbeiter und forderte die Annexion großer Teile Europas. Höhepunkt von Duisbergs Lebenswerk war der Zusammenschluss der deutschen Chemie-Industrie zur IG FARBEN.

Ende 2014 wurden in Dortmund und Lüdenscheid Carl-Duisberg-Straßen umbenannt. Auch in Frankfurt, Bonn, Dormagen und Marl laufen entsprechende Verfahren. In Leverkusen hingegen scheiterten Anträge auf Entzug der Ehrenbürgerschaft Duisbergs sowie auf Umbenennung der Carl-Duisberg-Straße.

Ausführliche Infos hierzu finden sich hier

Der Opladener Geschichtsverein organisiert morgen die Vortragsveranstaltung „Carl Duisberg, Bayer und der Erste Weltkrieg“. Referentin ist Dr. Kordula Kühlem von der Konrad-Adenauer-Stiftung.

In der Ankündigung schreibt der Geschichtsverein: „Carl Duisberg (1863–1935) war von 1900 bis 1925 als Direktor bzw. Generaldirektor der Farbenfabriken Elberfeld, vorm. Friedr. Bayer & Co. (FFB), der heutigen Bayer AG, sowie von 1925 bis 1935 als Aufsichtsratsvorsitzender der I. G. Farbenindustrie AG nicht nur einer der einflussreichsten Industriellen seiner Zeit. Durch seine – bis heute umstrittene – Rolle im Ersten Weltkrieg und seine wirtschaftspolitischen Aktivitäten während der Weimarer Republik erlangte er eine machtvolle Stellung im Deutschen Reich.
Aus Anlass des Gedenkens an den 100 Jahre zurückliegenden Ersten Weltkrieg soll besonders Duisbergs Wirken in diesen Jahren betrachtet werden – von seiner Rolle als Unternehmer über seine Mitwirkung an Entwicklung sowie Produktion von Sprengstoffen und Giftgasen bis hin zu seiner politischen Haltung.
Dieser Spannungsbogen wird auf der Grundlage der umfangreichen Korrespondenz Carl Duisbergs anschaulich dargestellt und mit seinen eigenen Zeugnissen ausgeschmückt.“

Die Referentin, Dr. Kordula Kühlem, edierte von 2007 bis 2011 im Auftrag der Universität Bonn und der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften den Briefwechsel Carl Duisbergs. Das Buch erschien 2012 im Oldenbourg Verlag. Seit 2011 arbeitet sie für die Konrad Adenauer Stiftung e. V.

Kostenbeitrag: € 4,–
http://ogv-leverkusen.de/programm/kamingespraeche/

Carl Duisberg

CBG Redaktion

In Dortmund, Frankfurt und Lüdenscheid gibt es erfolgreiche Initiativen zur Umbenennung von Carl-Duisberg-Straßen. Nun steht das Thema auch in Bonn auf der Tagesordnung. Nach hitziger Debatte wurde das Thema zunächst vertagt.

Bonn: Sitzung der Bezirksvertretung am 17. März

Antrag auf Umbenennung der Carl-Duisberg-Straße

11. März - Die Bezirksvertretung Bonn berät am kommenden Dienstag über einen Antrag auf Umbenennung der Carl-Duisberg-Straße in Dransdorf. Damit soll dem Vorbild der Städte Dortmund und Lüdenscheid gefolgt werden, die Ende 2014 eine entsprechende Namensänderung beschlossen hatten. Auch in Frankfurt läuft derzeit ein Umbenennungs-Verfahren.

Im 1. Weltkrieg entwickelte Carl Duisberg Giftgase wie „Grünkreuz“ und „Senfgas“, testete diese erstmals an der Front und verlangte vehement ihren Einsatz. Die Firma BAYER baute er zum größten deutschen Sprengstoff-Produzenten aus. Auch forderte Duisberg die Annexion Belgiens und großer Gebiete in Osteuropa.

Gegenüber den Generälen Hindenburg und Ludendorff beklagte Duisberg den Mangel an Arbeitskräften und forderte mit dem Ausspruch „Öffnen Sie das große Menschenbassin Belgien“ den Einsatz von Zwangsarbeitern. Das Reichsamt des Inneren griff Duisbergs Vorschlag auf und ließ zehntausende Belgier deportieren; mehrere Tausend starben.

Das Dortmunder Stadtarchiv begründete die Umbenennung wie folgt: „Duisberg gehörte zu den führenden deutschen Industriellen, die während des Krieges die - auch nach dem damals geltenden internationalen Kriegsrecht illegale - Deportation belgischer Zivilisten zur Zwangsarbeit nach Deutschland durchsetzten. (…) Als Patriarch lehnte er bis zu seinem Tod Gewerkschaften entschieden ab.“ Duisberg war zudem Mitglied der rechtsradikalen und antisemitischen Deutschen Vaterlandspartei.

Das Lüdenscheider Stadtarchiv schrieb in seinem Votum: „Während des Ersten Weltkriegs wurde unter Duisbergs Vorsitz bei Bayer Giftgas für den Kriegseinsatz produziert. Abfallprodukte der Chemischen Industrie, die mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten kämpfte, dienten als Rohstoffe. In Leverkusen war das u. a. Phosgen, ein Gas, das besonders grausam wirkt“.

Carl Duisberg war auch die treibende Kraft beim Zusammenschluss der deutschen Chemie-Industrie zur IG FARBEN im Jahr 1925. Während der Weimarer Republik organisierte Duisberg Spenden an nationalistische Parteien, spätestens seit 1930 auch an die NSDAP. Kein anderes Unternehmen kollaborierte in der Folgezeit so eng mit dem Dritten Reich.

Die Bonner Stadtverwaltung spricht sich bislang gegen eine Umbenennung aus. In einer Vorlage heißt es, „Informationsveranstaltungen, kritische Diskurse und gegebenenfalls erläuternde Zusatzschilder“ seien sinnvoller. Diese Argumentation ist sicherlich für kleinere Verfehlungen angemessen. Niemand käme jedoch auf die Idee, eine Ludendorff-Straße oder eine Himmler-Straße mit Zusatzschildern zu versehen. Auch bei Carl Duisberg ist die Grenze der Zumutbarkeit deutlich überschritten.

Desweiteren moniert die Verwaltung, dass sich die Anlieger zumeist gegen eine Umbenennung aussprächen. Dies ist wegen des bürokratischen Aufwands natürlich verständlich. Die Verwaltung kann den Anwohner/innen jedoch entgegen kommen und – so wie in anderen Städten – kostenlos neue Ausweise ausstellen.

Schließlich heißt es in der Vorlage der Stadtverwaltung, dass zu Duisberg „ein wissenschaftlich relevantes Lebensbild noch nicht vorliegt“. Dies ist falsch; es gibt zahlreiche Veröffentlichungen (zum Beispiel „Briefe eines Industriellen“ von Kordula Kühlem; „Und heute die ganze Welt“ von Otto Köhler).

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) unterstützt die Forderung nach einer Umbenennung. „Carl Duisberg ist kein Vorbild für künftige Generationen. Die Stadt Bonn sollte sich deutlich von Kriegsprofiteuren wie Duisberg distanzieren“, so Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG.

Carl Duisberg

„Er ist als Vorbild ungeeignet“

DRANSDORF. Wird die Carl-Duisberg-Straße einen anderen Namen bekommen? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Bezirksvertretung Bonn in ihrer Sitzung am 17. März.

6. März 2015 -- Anlass ist die Vergangenheit des Industriellen Duisberg (1861 bis 1935), der auf der einen Seite die Universität Bonn sehr unterstützt hatte. Auf der anderen Seite forderte er im Ersten Weltkrieg den Einsatz von belgischen Zwangsarbeitern und ließ Giftgase an der Front testen. Das steht in einem Bürgerantrag, mit dem sich die Kommunalpolitiker nun befassen werden.

Bereits im Fall von Reichspräsident Paul von Hindenburg (siehe unten) ging es vor einiger Zeit um Straßenbenennungen in Bonn. Nun gerät der Chemiker Duisberg, der bis 1926 bei den Bayer-Werken tätig war und dort bis zum Generaldirektor aufstieg, in die Kritik. Die genannte Straßenbezeichnung sei politisch belastet, heißt es im Bürgerantrag. „Die Person Carl Duisberg ist als Vorbild für künftige Generationen nicht geeignet.“

Die Städte Lüdenscheid und Dortmund haben bereits wegen Duisberg Straßennamen geändert. Unter seinem Vorsitz sei in Leverkusen unter anderem Phosgen produziert worden, „ein Giftgas, das in einem Lehrbuch folgendermaßen beschrieben wird: »Der Atem wird immer kürzer und stoßweiser, bis schließlich der Tod durch Ersticken eintritt«“, so der Wortlaut einer Niederschrift des Dortmunder Bürgerausschusses vom vergangenen September. Der Mensch bleibe dabei bis zuletzt bei vollem Bewusstsein.

„Duisberg gehörte auch - zusammen mit Walter Rathenau und Hugo Stinnes - zu den führenden deutschen Industriellen, die während des Krieges die - auch nach dem damals geltenden internationalen Kriegsrecht illegale - Deportation belgischer Zivilisten zur Zwangsarbeit nach Deutschland durchsetzten.“ Duisberg war Mitglied im antisemitischen Alldeutschen Verband, heißt es in Dortmund. „Als Patriarch lehnte er bis zu seinem Tod Gewerkschaften entschieden ab. Er war von Beginn an Gegner der Weimarer Demokratie.“

„Bereits Ende des 19. Jahrhunderts hatte Carl Duisberg die Vermarktung von Heroin als angeblich harmlosem Hustenmittel betrieben“, ergänzt der Bonner Antragsteller. Die IG Farben, deren Aufsichtsratsvorsitzender Duisberg war, habe eng mit dem Dritten Reich kollaboriert.

Die Bonner Carl-Duisberg-Straße gibt es seit 1970. Wohl deshalb, weil er der Universität Bonn besonders in den wirtschaftlich schweren Zeiten nach dem Ersten Weltkrieg finanziell unter die Arme gegriffen hatte. „Zwischen 1917 und 1931 war Duisberg der Vorsitzende der Gesellschaft von Freunden und Förderern der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, die mittlerweile in der Universitätsgesellschaft Bonn - Freunde, Förderer, Alumni e.V. aufgegangen ist“, teilt die Stadt mit. „1931 wurde Duisberg Ehrensenator der Universität Bonn.“

Das politische und gesellschaftliche Handeln Duisbergs ist nach Angaben der Verwaltung die eine Seite. Die andere sei das Problem einer Straßenumbenennung. Das Stadtarchiv ist der Auffassung, dass Geschichte durch Umbenennung von Straßen weder entsorgt noch bewältigt werde. Informationsveranstaltungen, kritische Diskurse und gegebenenfalls erläuternde Zusatzschilder seien sinnvoller, steht in der Vorlage für die Bezirksvertretung.

An der Carl-Duisberg-Straße in Dransdorf befinden sich 70 Hausgrundstücke beziehungsweise Einfamilienhäuser. Eine Umbenennung hätte für zahlreiche Anwohner und Eigentümer eine Adressenänderung und damit verbundene Kosten zur Folge, so die Stadt. Personalausweise und Fahrzeugzulassungen müssen etwa geändert und andere über die Adressänderung informiert werden. Letztlich handele es sich bei einer Straßenumbenennung um eine Ermessensentscheidung der Gemeinde. Übliche Praxis in Bonn sei, im Vorfeld die Anwohner zu befragen. In der Vergangenheit seien die aber meist gegen Umbenennungen gewesen.

So geht es weiter beim Thema Hindenburg
Still geworden ist es im vergangenen Jahr um die mögliche Umbenennung der Hindenburgallee in Plittersdorf und des Hindenburgplatzes in Dottendorf. Schon längst geplant war - und vom Bürgerausschuss beschlossen - eine breit angelegte Bürgerbeteiligung. Der frühere Reichspräsident Paul von Hindenburg hatte nach Ansicht seiner Kritiker Adolf Hitler ohne Not zum Reichskanzler gemacht. 2012 entbrannte zudem eine Debatte, ob man Hindenburg die 1933 verliehene Bonner Ehrenbürgerwürde aberkennen soll.

Zuletzt gab es einen Bürgerantrag, wonach der Hindenburgplatz in „Dr.-Hans-Riegel-Platz“ umbenannt werden soll. Riegel war Inhaber der Kessenicher Firma Haribo, er starb am 15. Oktober 2013. Die Stadt teilte nun mit, dass das sogenannte Hindenburg-Forum doch noch kommen wird, und zwar voraussichtlich im April. Näheres soll bald bekanntgegeben werden.

hier weitere Infos zu Carl Duisberg

[Wir haben’s satt] CBG bei „Wir haben Agrarindustrie satt!“-Demo

CBG Redaktion

27.000 Menschen gegen BAYER & Co.

Seit einiger Zeit finden die alljährlichen Proteste zur Berliner „Grünen Woche“ nicht mehr unter dem Motto „Wir haben es satt“ statt, sondern unter einem, das noch weniger Zweifel daran lässt, um was es geht. „Wir haben die Agrarindustrie satt“ heißt es nunmehr. Und die Wurzel allen agro-industriellen Übels benannte die indische Aktivistin Vandana Shiva in ihrer Rede zum Auftakt der Kundgebung am Brandenburger Tor: die von BAYER mitgegründeten IG FARBEN.

Als den Urahnen der Agro-Industrie bezeichnete sie den Konzern, der in Auschwitz ein eigenes KZ unterhielt und Menschenversuche durchführte. Vom Genozid zum Ökozid verlief für die Trägerin des Alternativen Nobelpreises dann die weitere Entwicklung der Landwirtschaftsbranche. Dieser Logik der Vernichtung, deren sich BAYER und die anderen drei Mitglieder des „Gift-Kartells“ befleißigen, gilt es sich nach Meinung der Physikerin zu widersetzen. „Wir brauchen in diesem Land eine Kampagne gegen BAYER“, hatte sie darum bereits am Vortag der Demonstration bei einer Veranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung eindringlich gefordert.

Aber nicht nur Shiva nannte in Berlin das Kind beim Namen. Der brasilianische Agrar-Techniker Prof. Dr. Antonio Andrioli griff in seinem Kundgebungsbeitrag die doppelten Standards des Leverkusener Multis bei den Pestizid-Exporten scharf an, verkauft der Global Player in dem südamerikanischen Land doch zahlreiche hierzulande wegen ihrer Gesundheitsschädlichkeit bereits seit Langem verbotene Chemie-Cocktails. Imker*innen stritten derweil für „Bienen statt BAYER“ und kippten Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) vier Tonnen glyphosat-verseuchten und deshalb nicht mehr vermarktbaren Honig vor die Tür.

Bei einer solchen Lage versteht es sich von selbst, dass die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN auch dieses Mal in Berlin wieder vor Ort war und zu den 27.000 gehörte, die für eine Agrar-Wende auf die Straße gingen.

[HV Rede] Hauptversammlung 2005

CBG Redaktion

Sehr geehrte Damen und Herren, guten Tag,
mein Name ist Axel Köhler-Schnura. Ich spreche für das internationale Selbsthilfenetzwerk der Coordination gegen BAYER-Gefahren und den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Und ich möchte auch vorweg schicken, dass ich in einem Gegenantrag als Kandidat für den Aufsichtsrat vorgeschlagen wurde.

Sehr geehrte Damen und Herren,
zunächst zum wichtigsten Ereignis des letzten Geschäftsjahres, zur sogenannten „Ausgliederung“ von LanXess. Was wurde mit der Abspaltung nicht alles versprochen? Insbesondere - so Herr Wenning beispielsweise auch in seinem letztjährigen „Brief des Vorstandsvorsitzenden“ - wurden uns Verbesserungen für alle Beteiligten versprochen. Ich betone, für alle Beteiligten.

Nun, heute wissen wir: Alles glatt gelogen. Die Abspaltung brachte keinesweges Vorteile für alle Beteiligten, sondern nur für die Aktionärsseite. Diese steckten sich mehr als eine Milliarde Euro in die Taschen, für die Belegschaften gab es Massenentlassungen, Lohnabbau, gesteigerten Arbeitsdruck. In allen Zeitungen ist es mittlerweile nachzulesen: 2.400 Arbeitsplätze wurden bei BAYER vernichtet, und bereits jetzt sind bei LanXess weitere 1.000 Entlassungen angekündigt. LanXess möchte gar die übernommene Standortsicherungsvereinbarung zum Schutz der Arbeitsplätze aushebeln, um den Weg für weitere Arbeitslatzvernichtung freizumachen. Hierzu meine Frage: Herr Wenning, weshalb erfahren wir Aktionäre die Tatsachen immer erst nach der Hauptversammlung aus der Presse? Weshalb täuschen Sie auf den Hauptversammlungen die versammelte Aktionärsschaft, die Öffentlichkeit und vor allem auch die Belegschaften? Was zu der Frage führt: Wie sieht es in diesem Geschäftsjahr aus? Wieviele Arbeitsplätze werden bei BAYER in diesem Jahr vernichtet?

Meine Damen und Herren, erinnern Sie sich noch - anstatt auf meine Fragen zu antworten, verlas Herr Wenning im vergangenen Jahr minutenlang einen Bericht seiner Spitzel bei Werks- und Verfassungsschutz. Mit seinen diffamierenden Auslassungen zu meiner DKP-Mitgliedschaft meinte er, meine Argumente entkräften zu können. Ich kann dazu nur sagen, Herr Wenning, das langweilt. Seit 25 Jahren versuchen Sie und Ihre Vorgänger es immer wieder mit dem Schüren antikommunistischer Ressentiments. Aber – und das ist der relevante Fakt - es schafft keinen einzigen vernichteten Arbeitsplatz aus der Welt.

Und obendrein, meine Damen und Herren, Herr Wenning sprach es heute morgen bereits an. Wir haben inzwischen prominenten Beistand bei unseren Bewertungen der Geschäftspolitik des Konzerns und seines Managements bekommen. Und es ist auch nicht nur Herr Müntefering von der SPD, der kein Blatt mehr vor den Mund nimmt, sondern es sind auch führende Personen aus Unternehmerverbänden und CDU/CSU, die das Kind beim Namen nennen, nämlich „verantwortungs- und rücksichtslose raubtierkapitalistische Profitgier“.

Nun, Herr Wenning, im Intervie mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung fühlten Sie sich von dieser Kritik nicht angesprochen. Wie der fragende Journalist aber bereits bemerkte, sollten das durchaus tun. Und Sie sollten nicht in billiger Rhetorik die Realitäten verdrehen: Herr Wenning, nicht Rotgrün ist Schuld an Profitgier und Massenentlassungen, sondern Sie und ihre anderen Konzernkollegen bekommen den Hals nicht voll und vernichten die Arbeitsplätze zu Hunderttausenden.

Herr Wenning, und so wird ein Schuh aus Ihrer Äußerung von heute morgen: Nicht Rotgrün betreibt Klassenkampf, sondern Sie im BAYER-Management sind es, die mit Rendite-Zielen von 19 Prozent Klassenkampf von oben betreiben. Längst erwirtschaften Sie Ihre Profite nicht mehr im Rahmen üblicher betriebswirtschaftlicher Prozesse, sondern auf Kosten der Belegschaften und zunehmend auch zum Schaden der gesamten Allgemeinheit unseres und anderer Länder! Ihr Verweis auf die Investoren entlastet da auch nicht, sondern ist wieder einer ihrer billigen Taschenspielertricks. Es ist doch genau so, dass BAYER für die gierige Unersättlichkeit einer kleinen Handvoll von Investoren das Wohl der Allgemeinheit ruiniert und menschliche Existenzen im großen Stil vernichtet.

Sehr geehrte Damen und Herren,
erlauben Sie mir noch einen zweiten Punkt anzusprechen. Direkt meine Frage dazu: Herr Wenning, haben Sie im vergangenen Jahr endlich die Denkmäler auf dem Gelände der verschiedenen ehemaligen Konzentrations- und Zwangsarbeiterlager Ihres Konzerns errichtet? Und wenn Sie es nicht getan haben, weshalb nicht?
Selbst hier in Leverkusen wurde ein Lager mit ZwangsarbeiterInnen von BAYER betrieben, auf das jeder Hinweis fehlt. Ganz zu schweigen vom großen Vernichtungslager in Auschwitz-Monowitz, in dem Schergen von BAYER/IG FARBEN mehr als 40.000 Häftlinge zu Tode knechtete.

Im vergangenen Geschäftsjahr hat sich ganz Deutschland auf den 60. Jahrestag der Befreiung von Naziterror und Krieg vorbereitet. Meine Frage: Welche Vorbereitungen hat BAYER getroffen? Und nicht dass jemand meint, das ginge diese Hauptversammlung nichts an: Es ist historische Tatsache, dieser Konzern hat entscheidend mit der Gewaltherrschaft des Hitler-Faschismus zu tun. Angefangen von der Finanzierung des Aufstiegs von Hitler und der Organisation der „Machtergreifung“ durch Hitler, über die Verflechtung das Naziapparats mit den Konzernstrukturen bis hin zur profitablen Nutzung aller Nazistrukturen und des faschistischen Weltkrieges. Wir haben ja heute bereits den erschütternden Bericht eines Opfers der BAYER-Menschenversuche in den Nazi-Konzentrationslagern gehört. Es steht also gerade diesem Konzern an, sich zum 60. Jahrestag der Befreiung von Krieg und Naziherrschaft zu seiner historischen Schuld zu bekennen. Statt dies zu tun, verweigert der Konzern noch immer den Opfern die angemessene und gerechte Entschädigung. Wir wurden gerade erst Zeuge, wie Herr Wenning jede Entschädigung verweigerte. Empörend.

Sehr geehrte Damen und Herren,
zum Schluss noch eine Frage zur kriminellen Seite der Geschäftstätigkeit von BAYER. Herr Wenning, wieviele Strafen musste der Konzern im vergangenen Jahr bezahlen, weil er kriminell agiert hat? Wieviel Urteilen ist BAYER durch die Zahlung außergerichtlicher Summen entgangen? Durch die Medien gingen nicht nur die 100 Millionen für illegale Preisabsprachen und verbotene Kartellabsprachen. Auch ihre Umweltverbrechen in Kanada und USA machten Schlagzeilen.

Sehr geehrte Damen und Herren,
jeder von Ihnen, der diese Hauptversammlungen schon längere Zeit besucht, weiß, dass auf die Fragen von Kritikern nur ausweichend, sinnentstellend, irreführend oder überhaupt nicht geantwortet wird. Unsere Gegenanträge werden verunglimpft, diffamiert oder – sowie heute schlichtweg - totgeschwiegen. Doch ebenso haben Sie alle im Saal es auch erlebt, die Fakten und Tatsachen holen den Konzerns immer wieder ein. Die Wahrheit bricht sich immer wieder Bahn.

Meine Damen und Herren Kleinaktionäre und Kleinaktionärinnen,
seit Jahren zeigen Sie den Großaktionären, Vorständen und Aufsichtsräten, was Sie von Ihnen halten. Längst stimmen viele Hunderttausend Aktien hier im Saal mit uns. An dieser Tatsache ändert sich auch nichts, wenn die Großaktionäre mit ihren Depots und Depotvertretungen dafür sorgen, dass klare Mehrheiten für das Management zustandekommen. Sie, meine Damen und Herren Kleinaktionäre, Sie haben nichts gemein mit den Profittreibern aus den Vorständen. Und auch nicht mit Herrn Wenning, der sich soeben eine 48-prozentige Gehaltserhöhung auf 2,5 Millionen Euro genehmigt hat. Dafür müssen die meisten hier im Saal zwei Leben lang arbeiten. Aber ich möchte das nicht vertiefen, darüber hat ja einer meiner Vorredner erschöpfend gesprochen. Ich möchte diesem Aktionärskollegen, dessen Namen ich leider nicht mitbekommen habe, ausdrücklich für seine offenen Worte danken.

Meine Damen und Herren,
ich komme jetzt zu unseren schriftlich eingereichten Gegenanträgen. Zunächst zum Gewinnantrag:
Wir beantragen die Kürzung der Dividende auf 0,10 Euro je Aktie. Die frei werdenden Gewinn-Milliarden sollen stattdessen verwendet werden
- für Erhalt und Schaffung sicherer Arbeitsplätze und für die Zahlung sozial gerechter Löhne;
- für einen Fonds zum angemessenen Ausgleich von Schäden, die infolge der Geschäftstätigkeit an Mensch und Umwelt eingetreten sind;
- für den umfassenden ökologischen und sozialen Umbau des Konzerns ohne doppelte Standards.
- und schließlich für die Zahlung von Wiedergutmachungen für die Verbrechen von BAYER und des von BAYER mitbetriebenen IG FARBEN-Zusammenschlusses bzw. deren Angehörigen.
Es sei wie stets angemerkt, daß wir durchaus auch den völligen Verzicht auf jede Dividendenausschüttung im Sinne der erläuterten Sozial-, Entschädigungs- und Ökologie-Leistungen beantragen würden, wäre dies für uns Aktionäre überhaupt möglich.
Weiterhin stellen wir den Antrag, den Vorstand nicht zu entlasten.
Ebenso stellen wir den Antrag, den Aufsichtsrat nicht zu entlasten.
Wir begründen diese Nicht-Entlastungen damit, dass beide Gremien ihrer Verantwortung im dargelegten Sinne in keinster Weise gerecht wurden. In verschiedenen Redebeiträgen wurde dies bereits und wird dies noch mit Beispielen belegt.
Natürlich lehnen wir auch die Erhöhung der Aufsichtsratsbezüge und auch die Personalvorschläge von Vorstand und Aufsichtsrat zu diesemn Gremium ab.

Meine Damen und Herren,
eine stetig wachsende Zahl von Kleinaktionären und Kleinaktionärinnen mit Gewissen übertragen Jahr für Jahr der Coordination gegen BAYER-Gefahren und dem Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre bereits im Vorfeld der Hauptversammlungen die Stimmrechte ihrer Aktien. Auch hier im Saal haben uns heute mehrere Aktionäre mit der Vertretung ihrer Aktienstimmrechte beauftragt. Tun Sie Ihre Aktien dazu, stärken Sie das wichtige Signal für Soziale Sicherung, Umweltschutz und Menschenrechte. Stimmen Sie bei allen Tagesordnungspunkten mit NEIN!
Sollten Sie die HV vorzeitig verlassen, aber dennoch mit uns stimmen wollen, so lassen Sie Ihre Aktien nicht von BAYER unten am Ausgang vertreten, sondern von uns. Sie finden uns hier vorne, von Ihnen aus gesehen links.
Vielen Dank.

Reaktion auf Zwischenrufe:

Wenn Sie meinen, Sie müßten hier etwas sagen, dann tragen Sie sich doch bitte in die Rednerliste ein, so wie ich es auch getan habe.

Ihre Reaktion auf meinen Vorschlag zur Dividenkürzung wundert mich überhaupt nicht, bringt er doch nur Ihr mangelndes Solidarverhalten zum Ausdruck.

Wenn Ihre Nerven meine Ausführungen nicht vertragen, so genehmigen Sie sich doch während meiner Rede einen Kamillentee in der Cafeteria.

Argument: Bleiben Sie doch weg, wenn Ihnen etwas nicht paßt
Das kennen wir aus der unseligen Vergangenheit: Andersdenkende sollen ausgegrenzt werden. Mit Demokratie und Meinungsstreit hat dies nichts zu tun.

oder wie es ein Aktionär auf der Hauptversammlung formulierte, „daß es sehr wohl viele Aktionärinnen und Aktionäre gibt, die sich für den Erhalt des Planeten für unsere Kinder verantwortlich fühlen“

[Axel] Rede Axel Köhler-Schnura

CBG Redaktion

Meine Damen und Herren, guten Tag,

mein Name ist Axel Köhler-Schnura. Ich bin selbstständig und ehrenamtlich im Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren. Auch bin ich Gründungsmitglied des Dachverbandes der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.

Meine Damen und Herren,
Sie erinnern sich, heute Vormittag hat Herr Wenning behauptet, die Vorwürfe von der Coordination gegen BAYER-Gefahren und auch von mir seien nicht stichhaltig. Ich stehe jetzt seit 1983 hier an diesem Pult und Sie werden ahnen, was ich Jahr für Jahr hier höre: Unsere Argumente seien nicht stichhaltig.
Meine Damen und Herren,
jedoch, wenn das alles so wenig stichhaltig wäre, was wir hier vortragen, wie Herr Wenning und seine Vorstandskollegen der Öffentlichkeit weiszumachen versuchen, dann frage ich mich, wie es sein kann, dass beispielsweise im Hinblick auf die CO-Pipeline jede Menge Sachverstand der unterschiedlichsten Sparten, der Wissenschaft, der Ärzteschaft, des Katastrophenschutzes, ja selbst der Polizei und der Verwaltungen sich vehement gegen die Pipeline ausprechen?
Weshalb es ein Oberwaltungsgerichtsurteil gibt, dass die Inbetriebnahme der Pipeline untersagt?
Weshalb es quer durch ALLE Parteien einstimmig gefasste Beschlüsse von fast einem Dutzend Kommunen entlang dieser Pipeline gibt, darunter übrigens auch von der Stadt, in der wir heute tagen, der Landeshauptstadt Düsseldorf, die allesamt die Pipeline wegen ihrer Gefahren für die Bevölkerung und die Umwelt ablehnen?
Und schließlich frage ich mich, wie es kommen kann, dass mehr als 100.000 BürgerInnen alleine aus Nordrhein-Westfalen den Protest gegen die Pipeline persönlich unterschrieben haben, wenn das alles „nicht stichhaltig“ sein soll?

Meine Damen und Herren,
es mangelt nicht an Stichhaltigkeit unserer Argumente, sondern es ist so, dass Herr Wenning hier eine sehr einseitige Wahrnehmung wiedergibt. Es sind nicht wir, die wir hier ohne Substanz argumentieren, es ist die Konzernleitung, die die Wahrheiten verdreht, Fakten unterschlägt und wahrheitswidrig berichtet.
Ein kleines Beispiel, Herr Wenning, dafür, wie Sie einfach die Hälfte der Wahrheit weglassen: Sie haben sich heute morgen dafür beklatschen lassen, dass Sie 800 Auszubildende einstellen. Unterschlagen haben Sie aber, wie viele – oder besser – wie wenige Sie von diesen nach Abschluss der Ausbildung in eine Festanstellung übernehmen?

Meine Damen und Herren,
wir müssen uns hier über Eines im Klaren sein. Es geht hier nicht um irgendwelche Bagatellen. So groß dieser Konzern ist, so groß sind auch die Probleme. Es geht hier immer wieder um Probleme, die uns alle betreffen. Die Sie und mich, Ihre Familien, Ihre Kinder und Enkel betreffen.
Wenn wir beispielsweise über die Vernichtung von Arbeitsplätzen sprechen, dann geht nicht um einige hundert vernichtete Arbeitsplätze, es geht um zehntausende. Im aktuellen Berichtsjahr gibt es bei BAYER 70.000 Arbeitsplätze weniger als 1983, das sind immer 40 Prozent der damaligen Arbeitsplätze, die weg sind.
Und das nicht, weil die Umsätze sich entsprechend reduziert hätten. Nein, die Umsätze haben sich im Berichtsjahr gegenüber damals von 14 Mrd. Euro auf 33 Mrd. Euro mehr als verdoppelt.
Damit verbunden hat sich die Arbeitshetze und die Belastung der Beschäftigten enorm erhöht. Jeder Beschäftigte muss heute 276 Prozent mehr Umsatz bringen als damals. Das ist fast eine Verdreifachung!
Selbst wenn wir die Inflationsrate abziehen und wenn wir berücksichtigen, dass durch den Einsatz von Maschinen die Produktivität gestiegen ist, wird mehr als deutlich, dass die Ausbeutung, dass Arbeitshetze und Arbeitsdruck im Konzern unerträglich gestiegen sind.
Oder nehmen wir die Umwelt. Nach wie vor beispielsweise hält BAYER an dem neuen Kohlekraftwerk in Krefeld fest. Dieses Kraftwerk wird die Klima-Bilanz mit 4,4 Millionen Tonnen jährlich zusätzlich belasten. Meine Damen und Herren, das entspricht der Ladung von mehr als 40.000 Eisenbahnwaggons, das ist mehr als die gesamte Bevölkerung Krefeld in die Luft bläst. Und das vor dem Hintergrund, dass es keinen einzigen verantwortungsbewussten Wissenschaftler mehr auf diesem Planeten gibt, der nicht in der höchsten ihm möglichen Eindringlichkeit vor der Klimakatastrophe warnt und die sofortige drastische Reduzierung der klimaschädlichen Stoffe anmahnt.
Oder nehmen wir die Sicherheit! Herr Wenning, Sie sprachen heute morgen über das BAYER-Werk in Institute in USA. Natürlich in der Ihnen eigenen verharmlosenden und uns diffamierenden Manier. Doch die Wahrheit ist, dass das, was Sie einen „Unfall“ nennen, eine „Katastrophe“ war. Und vollständig verschwiegen haben Sie, dass wir es waren, die im vergangenen Jahr von dieser Stelle aus wegen der verheerenden Sicherheitsmängel die Schließung des BAYER-Werkes in Institute/USA gefordert haben. Sie haben damals uns und auch alle anderen Aktionärinnen und Aktionäre damit abgespeist, dass unsere Befürchtungen „nicht stichhaltig wäre.
Aber heute ist die Anlage in die Luft geflogen. Und verschwiegen haben Sie, dass um Haaresbreite die Katastrophe die Belegschaft und die gesamte Region ausgelöscht hätte.
Und da ist der Vergleich zur Produktionskatastrophe im Chemiewerk in Bhopal/Indien mit gleicher Produktionsstruktur wie in Institute eben doch nicht nur legitim, sondern durchaus auch stichhaltig. Immerhin wurden in Bhopal weit mehr als 20.000 Menschen getötet und Hunderttausende gesundheitlich geschädigt. Ausschließlich wegen einiger glücklicher Umstände blieb das der Bevölkerung in Institute erspart. Ein Millimeter weiter und Institute wäre als schreckliches BAYER-Chemie-Fanal in die Menschheitsgeschichte eingegangen.
Und was Sie auch verschwiegen haben, Herr Wenning, dass ist die Tatsache, dass sich Ihr Unternehmen derzeit vor dem US-Senat und den Sicherheitsbehörden der USA verantworten muss für Ihre Verantwortungs- und Rücksichtslosigkeit gegenüber den Beschäftigten und der Gesellschaft. Und Sie verschweigen auch, dass die Coordination gegen BAYER-Gefahren offizieller Berichterstatter in der Beweisaufnahme des Chemical Safety Board in den USA ist.
Meine Damen und Herren,
soviel zur Stichhaltigkeit unserer Argumente. Interessant ist allerdings die Frage, weshalb die Vorstandsvorsitzenden hier ständig irreführen, verschleiern und vernebeln. Es gibt nur einen Grund: Weil der Profit die Großaktionäre und die Manager leitet, weil sie deshalb ohne Moral und ohne Ethik handeln.
Und das lässt sich auch belegen. Beispielsweise mit einer Aussage von dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Prof. Grünewald. Er distanzierte sich auf einer Hauptversammlung in den 80er Jahren regelrecht von Moral und Ethik und bekannte sich einzig zum Profit. Er sagte mit unverständlicher Klarheit (ich zitiere): „Für die Moral ist die Kirche zuständig, für die Ethik gibt es Kommissionen - wir sind für den Profit zuständig.“
Einer seiner Nachfolger, nämlich Sie Herr Schneider, der Sie heute als Aufsichtsratsvorsitzender dort oben sitzen, brachte das Credo dann auf die kurze Formel (ich zitiere): „Unser Job ist der Profit!“
Die Krone aber hat dem Ganzen Herr Wenning im Geschäftsjahr, um das es hier geht, aufgesetzt. Er ging im November im Spiegel einen Schritt weiter, indem er feststellte (ich zitiere): „.. ein wenig ‚gesunde’ Gier ist sogar ganz nützlich und natürlich.“
Nun, meine Damen und Herren, Sie sehen, es geht hier nicht nur um Profit als Leitlinie des Handelns, es geht auch um Gier. Wenn Herr Wenning sich dann heute morgen dagegen verwahrt, dass die „Unmoral der Manager“ angeprangert wird, so erweist sich das angesichts dieser Faktenanlage als purer Zynismus.
Meine Damen und Herren,
es muss uns klar sein, denn genau das hat die verheerende Krise, die wir erleben bereits jetzt offen gelegt, dass es gemeingefährlich ist, wenn die Perversion menschlichen Strebens, die Gier, zur Leitlinie ihres Handelns gemacht wird! Und genau dafür plädiert Herr Wenning. Offen und unverblümt.
Auch wenn wir hier keinen Grundkurs in Philosophie haben, möchte ich Sie doch darauf aufmerksam machen, dass Herr Wenning in seinem kurzen Satz von der „gesunden Gier, die nützlich und natürlich“ sei, gleich drei faustdicke Lügen verpackt hat:
Erstens gibt es keine gesunde Gier! Gier ist immer ungesund. Gier ist hochgradig krankhaft.
Zweitens kann Gier niemals nützlich sein. Gier ist nicht einmal nur unnütz. Gier ist einzig gefährlich.
Und drittens ist Gier auch niemals natürlich. Natürlich sind Gierbremsen, wie sie jeder Mensch besitzt und die er bewusst ausschalten muss, um sich der Gier hinzugeben. Und diese Bremsen auszuschalten, ist hochgradig unnatürlich.
Herr Wenning, ich wiederhole es, Gier zu kultivieren, ist gemeingefährlich. Und ich weiß mich mit dieser Meinung in bester Gesellschaft. Beispielsweise mit unserem Bundespräsidenten, der Ihre Gier und die Gier Ihrer Kollegen in ebenso klaren Worten, wie ich es tue, benannt und kritisiert hat. Gier ist und bleibt ein menschlicher Charakterfehler, darüber sind sich Ethik und Philosophie der Menschheitsgeschichte einig.
Mahatma Ghandi machte einmal in leicht verständlichen Worten klar, worum es geht und weshalb alles getan werden muss, die Perversion der Gier zu bekämpfen. Er sagte (ich zitiere): „Zur Befriedigung der Gier des Menschen wird der gesamte Reichtum der Erde nicht ausreichen.“
Und genau das ist der Punkt. Wenn bei BAYER der Profit Handlungsmaxime ist und „gesunde Gier“ sich breit macht, dann muss uns allen hier im Saal bei der Größe und der Bedeutung dieser Firma klar sein, dass es um unser Leben, um unsere Gesundheit, um unsere soziale Sicherheit, um unsere Demokratie – kurzum um unseren Planeten geht. Das alles wird durch Profit und Gier rücksichtslos auf das Spiel gesetzt.
Deshalb bleibe ich dabei, was ich schon öfter an dieser Stelle feststellte: Konzerne wie BAYER gehören auf den Müllhaufen der Geschichte. Im Interesse von uns allen, im Interesse unserer Kinder, im Interesse unserer Enkel, im Interesse der Umwelt und des Klimas.
Meine Damen und Herren,
damit komme ich zu meinen Anträgen. Diese Anträge stellen mit mir die Coordination gegen BAYER-Gefahren und mehrere hundert AktionärInnen, die uns beauftragt haben.
Zunächst zum Gewinnantrag:
Wir beantragen die Kürzung der Dividende von 1,40 Euro auf 10 Cent je Aktie. Die frei werdenden Gewinn-Milliarden sollen verwendet werden
- für Erhalt und Schaffung sicherer Arbeitsplätze und für die Zahlung sozial gerechter Löhne;
- für einen Fonds zum angemessenen Ausgleich von Schäden, die infolge der Geschäftstätigkeit an Mensch und Umwelt eingetreten sind;
- für den umfassenden ökologischen und sozialen Umbau des Konzerns ohne doppelte Standards.
- und schließlich für die Zahlung von Wiedergutmachungen für die Verbrechen von BAYER und des von BAYER mitbetriebenen IG FARBEN-Zusammenschlusses an die Opfer bzw. deren Angehörige und Nachkommen.
Es sei wie jedes Jahr angemerkt, daß wir durchaus auch den völligen Verzicht auf jede Dividendenausschüttung im Sinne der erläuterten Sozial-, Menschenrechts- und Ökologie-Leistungen beantragen würden, doch nach der Lage der Gesetze ist das nicht möglich.
Meine Damen und Herren,
wir stellen weiterhin die Anträge, den Vorstand nicht zu entlasten und auch dem Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern. Wir begründen diese Nicht-Entlastungen damit, dass beide Gremien ihrer Verantwortung im dargelegten Sinne in keiner Weise gerecht wurden und uns zudem hier im Saal in die Irre führen.
Meine Damen und Herren Kleinaktionäre und Kleinaktionärinnen,
seit Jahren zeigen Sie sehr zum Ärger der Großaktionäre, Vorstände und Aufsichtsräte, Zivilcourage. Wer bereits öfter hier war, weiß, dass bis zu mehreren Millionen Aktien regelmäßig mit uns gegen die Anträge des Vorstands stimmen.
Allerdings fällt immer wieder auf, dass viele AktionärInnen zwar mit uns gegen die Entlastungen stimmen, dies aber bei dem Gewinnantrag in weitaus geringerem Umfang tun. Ich möchte Sie ausdrücklich ermuntern, auch bei den Gewinnen ein deutliches Signal für die dringend gebotene Umverteilung der Gewinne im Sinne unseres Gegenantrages zu setzen. Natürlich ist uns klar, dass die Großaktionäre und Banken mit ihren Multi-Millionen-Paketen nicht mit uns stimmen werden; aber Sie, die KleinaktionärInnen sind nur ihrem Gewissen verpflichtet, stimmen Sie mit „Nein“.
Sollten Sie die HV vorzeitig verlassen, aber dennoch mit uns stimmen wollen, so lassen Sie Ihre Aktien nicht von BAYER unten am Ausgang vertreten, sondern von uns. Sie finden uns hier vorne, von Ihnen aus gesehen links.
Stärken Sie mit ihren Aktien das wichtige Signal für soziale Sicherung, Umweltschutz und Menschenrechte. Stimmen Sie bei ALLEN Tagesordnungspunkten als Ausdruck Ihres Einsatzes für Umwelt, soziale Sicherheit und Frieden mit NEIN!
Vielen Dank.

[Auschwitz-Befreiung] Presse-Information CBG vom 27.1.20

CBG Redaktion

75 Jahre Auschwitz-Befreiung

BAYER muss sich zu historischer Schuld bekennen!

Am heutigen Montag jährt sich die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee zum 75. Mal. Über eine Millionen Menschen brachten die Nazis dort um. Der BAYER-Konzern wirkte als wesentlicher Teil der IG FARBEN an der Tötungsmachinerie mit. Die IG unterhielt auf dem Gelände ein eigenes KZ, beschäftigte Sklavenarbeiter*innen und führte Menschenversuche durch. Zu dem, was Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Yad-Vashem-Rede als industriellen Massenmord beschrieb, lieferte das Unternehmen den Rohstoff: Zyklon B.

Der Einsatz von Slavenarbeiter*innen ist auf Carl Duisberg zurückzuführen, den ehemaligen Generaldirekter des BAYER-Konzerns und den Gründer der IG FARBEN. Er entwickelte bereits im Ersten Weltkrieg die Idee, Kriegsgefangene als Arbeitssklaven einzusetzen und „testete“ dies mit Zehntausenden von gefangenen Soldaten im BAYER-Werk Leverkusen. Die BAYER-/IG FARBEN-Idee wurde von den Hitler-Faschisten und der gesamten deutschen Industrie Im Zweiten Weltkrieg flächendeckend umgesetzt. Die IG FARBEN ging sogar den unfassbaren Schritt, unmittelbar in dem Nazi-Vernichtungslager Auschwitz ein eigenes Werk, die IG Monowitz/Buna-Werke, zu errichten.

Der 2016 verstorbene Elie Wiesel hat in seinem Buch „Die Nacht“ all die Schrecken festgehalten, die ihm in den Fängen von SS und IG FARBEN widerfuhren. Als 14-Jähriger wurde er gemeinsam mit seiner Familie nach Auschwitz deportiert. Der Junge und sein Vater kamen ins KZ Auschwitz III Monowitz, um beim Bau der neuen Produktionsstätte der IG FARBEN Sklavendienste zu verrichten, während die Mutter und seine drei Schwestern ins Vernichtungslager Birkenau mussten. Vier Reichsmark pro Tag für Fachkräfte zahlte die IG FARBEN an die SS, drei Reichsmark für Hilfskräfte.

Da der tägliche Fußmarsch vom Stammlager Auschwitz I zum Gelände der IG FARBEN Buna-Werke die Gefangenen so entkräftete, dass die Arbeitsleistung darunter litt, errichtete die IG FARBEN Anfang 1942 direkt neben der Baustelle der Produktionsanlagen der IG FARBEN Buna-Werke das konzerneigene KZ Monowitz/Buna. „... Buna (war) die wahre Hölle. Es gab kein Wasser, keine Decken (...) Nachts schlief man fast nackt, und das bei 30 Grad unter Null. Jeden Tag sammelte man die Leichen zu Hunderten ein“, erinnerte sich Wiesel. Das Werk hat eine maximale Belegschaftszahl von 11.000 Sklavenarbeiter*innen. Insgesamt 30.000 Menschen wurden „durch Arbeit vernichtet“, in etwa die dreifache Zahl der Belegschaftszahl.

Seit ihrer Gründung im Jahr 1978 forderte die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) nicht nur die Aufarbeitung der Verbrechen von BAYER/IG FARBEN an den konzerneigenen Sklavenarbeiter*innen, sondern auch eine gerechte Entschädigung der Opfer und ihrer Hinterbliebenen sowie eine öffentliche Entschuldigung. Jahr für Jahr sprachen die Kritischen Aktionär*innen der CBG dies auf den Aktionärshauptversammlungen des Konzerns an, Jahr für Jahr verweigerten sich die BAYER-Vorstände. Im Gegenteil, sie gingen immer wieder rüde mit überlebenden ehemaligen BAYER-/IG FARBEN-Sklaven um, die auf Aktien der CBG an den Mikrofonen der Hauptversammlung sprechen konnten.

Es dauerte ganze 9 Jahre, bis sich 1995, 40 Jahre, nachdem Auschwitz befreit worden war, der damalige US-Chef von BAYER, Helge Wehmeier, in einer Rede bei Elie Wiesel entschuldigte. Der Konzern weigerte sich, die Rede von Wehmeier an die Öffentlichkeit zu geben. Erst auf öffentlichen Druck wurde es Journalist*innen zugänglich gemacht. Die Konzernspitze selbst verweigert bis heute jede Entschuldigung.

Aber nicht nur das, schlimmer noch: Seine Entschädigungspflichten hat der Konzern in übelster Art und Weise im Jahr 2000 in einem Nacht-und-Nebel-Komplott mit dem DAIMLER-Konzern und anderen Unternehmen sowie mit dem damaligen Bundeskanzler Schröder an eine Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ übertragen.

CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann kommentiert das Vorgehen des Konzerns: „Der BAYER-Konzern entzieht sich konsequent seiner historischen Verantwortung und verweigert den Zwangsarbeiter*innen und ihren Nachkommen die Entschuldigung. Im vergangenen Dezember ist Kanzlerin Angela Merkel das erste Mal nach Auschwitz gereist, um den Opfern der NS-Tötungsmaschine ihren Respekt zu erweisen. Es wäre an der Zeit für den Vorstand von BAYER, es ihr gleichzutun.“

Pressekontakt
Marius Stelzmann 0211/33 39 11

[Gegenanträge] Hauptversammlung 2003

CBG Redaktion

GEGENANTRÄGE ZUR BAYER-HAUPTVERSAMMLUNG 2003

17. März 2003

BAYER AG
Gebäude Q 26 (Rechtsabteilung)
Kaiser Wilhelm Allee
51368 Leverkusen

Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit zeigen wir an, dass wir zu den Punkten 2-4 der Tagesordnung den Vorschlägen des Vorstands und des Aufsichtsrates widersprechen und die anderen Aktionäre veranlassen werden, für die folgenden Gegenanträge zu stimmen. Um Mitteilung dieser Gegenanträge sowie der nachstehenden Begründungen gemäß §§ 125, 126 AktG dürfen wir bitten.

Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet

Begründung:
Der BAYER-Konzern war im vergangenen Geschäftsjahr für eine Vielzahl von Missständen verantwortlich. Die Entscheidungen des Vorstands haben diese verursacht oder nicht verhindert, weshalb wir eine Nicht-Entlastung fordern. Es folgt eine Auswahl aktueller Problemfälle, weitere Informationen finden sich auf der homepage der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN www.CBGnetwork.de
Unter info@cbgnetwork.org können weitere Hintergrundmaterialien angefordert werden.
* Erneut hat BAYER mit Konkurrenten illegale Preisabsprachen getroffen. Mit amerikanischen Wettbewerbern bildete die Firma ein Kartell für Kautschukchemikalien, die für die Produktion von Autoreifen verwendet werden, die EU-Kommission ließ daher die Konzernzentrale in Leverkusen durchsuchen. In der Vergangenheit wurde BAYER bereits mehrfach wegen Preisabsprachen oder manipulierter Preise verurteilt.
* Obwohl das Unternehmen schwarze Zahlen schreibt, will der BAYER-Vorstand bis zum Jahr 2005 mindestens 12.000 Arbeitsplätze vernichten. Gleichzeitig ist die Zahl der Ausbildungsplätze bei BAYER in den letzten zwölf Jahren um mehr als ein Drittel zurückgegangen (von 1.600 auf rund 1.000 Azubis, von denen in der Regel nur die Hälfte übernommen wird). Der Konzern wirft damit jegliche soziale Verantwortung über Bord und betreibt eine rücksichtslose Gewinnmaximierung auf dem Rücken der Belegschaft.
* Die amerikanische Umweltbehörde EPA prüft gegenwärtig einen Antrag der Firma BAYER, Menschenversuche mit Pestiziden zuzulassen. Entsprechende Untersuchungen werden bislang aus ethischen Gründen nicht akzeptiert. Langfristiges Ziel solcher Experimente sind höhere Grenzwerte von Pestiziden in der Nahrung und im Wasser. BAYER hatte bereits 1998 in Schottland eine Studie durchgeführt, in deren Verlauf acht Personen Azinphos-Methyl, das von der Weltgesundheitsorganisation als „hoch gefährlich“ eingestuft wird, einnahmen (BAYER ist weltweit größter Hersteller des Wirkstoffs). Das Unternehmen BAYER scheint verdrängt zu haben, dass Menschenversuche seit den grauenvollen Experimenten im Dritten Reich geächtet sind - Auftraggeber war im übrigen schon damals die BAYER-Gruppe innerhalb der IG Farben.
* Ein Untersuchungsausschuss des peruanischen Parlaments kam im vergangenen Sommer zu dem Ergebnis, dass BAYER für die durch das Pestizid Parathion-Methyl verursachte tödliche Vergiftung von 24 Kindern in dem Andendorf Tauccamarca verantwortlich ist. Der Vorfall ereignete sich im Jahr 1999, als die Kinder in der Schule mit dem Pestizid verunreinigtes Milchpulver zu trinken bekamen. Trotz der Ergebnisse des Untersuchungsausschusses weigert sich das Unternehmen, die betroffenen Familien zu entschädigen.
* BAYER ist weltweit der größte Hersteller des Kunststoffes Bisphenol A. Dieser kann das Hormonsystem schädigen und Mißbildungen hervorrufen. Trotzdem findet sich Bisphenol A noch immer in risikoreichen Anwendungen wie Konservendosen und Babyflaschen.
* Nach der bisher größten Feldstudie zur Wirksamkeit von Medikamenten bei Altersdiabetes ist das Mittel Glucobay völlig wirkungslos. Ungeachtet dessen will BAYER das Anwendungsgebiet des Präparats erweitern und es auch noch zur Diabetes-Vorbeugung anbieten.
* Die Bayer AG hat am Standort Krefeld-Uerdingen die Produktion von Polycarbonat und Methyldiisocyanat (MDI) um 100.000 bzw 24.000 Tonnen/Jahr erhöht. Hiermit einher geht eine Erhöhung der Phosgenproduktion um rund 60.000 Tonnen/Jahr. Phosgen ist einer der giftigsten industriell eingesetzten Stoffe überhaupt, für den Menschen kann er schon in geringsten Dosen tödlich sein. Die Phosgenreaktoren in Uerdingen gehören zu den risikoreichsten Anlagen in Nordrhein Westfalen. Technisch ist es möglich, Polycarbonat phosgenfrei herzustellen. Für BAYER ist es aber offenbar preisgünstiger, die bestehenden Verfahren weiter anzuwenden - bei einer Lebensdauer der Anlagen von 25-30 Jahren wird diese hochgefährliche Produktionsweise damit für Jahrzehnte festgeschrieben.
* Ein im Herbst veröffentlichter Bericht der UN stellt fest, dass die BAYER-Tochter H. C. Starck noch immer Rohstoffe aus dem kongolesischen Bürgerkriegsgebiet bezieht und hiermit Waffenkäufe ermöglicht. Nach Angabe der UN verstößt Starck hiermit gegen den Code for Conduct of Multinational Companies der OECD.
* Im vergangenen Jahr haben weltweit mehrere tausend Personen wegen schwerer Nebenwirkungen des Cholesterinsenkers Lipobay Klage gegen BAYER eingereicht. Die Zeitung „New York Times“ berichtet über E-Mails und interne Notizen, die darauf hindeuten, dass BAYER-Manager lange vor August 2001 (dem Moment des Verkaufs-Stopps) von den Risiken gewusst haben. BAYER vertrieb in Japan und den USA eine Lipobay-Version mit der höchsten Wirkstoffdosis, obwohl interne Studien belegten, dass die behandelten Patienten häufiger an Muskelschwäche erkrankten als Konsumenten ähnlicher Medikamente.

Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet

Begründung:
Der Aufsichtsrat kommt seiner Kontrollfunktion nur ungenügend nach und soll daher nicht entlastet werden. Es folgen Beispiele einer umweltfeindlichen Konzernpolitik, die vom Aufsichtsrat mitgetragen werden:
* In Frankreich, Österreich und Deutschland sind in den letzten Jahren rund 50% der Bienenvölker abgestorben. Untersuchungen in Frankreich und Österreich haben ergeben, dass das von BAYER vertriebene Pestizid Gaucho für die Vergiftungen mitverantwortlich ist. In Frankreich wurde im Herbst ein erneutes Anwendungsverbot für Gaucho auf Sonnenblumen verhängt. BAYER weigert sich jedoch, Gaucho aus Sicherheitsgründen vom Markt zu nehmen - stattdessen übt der Konzern Druck auf Imker-Institute aus, keine kritischen Informationen über Gaucho zu verbreiten.
* Weite Teile der norwegischen Küste sind mit polychlorierten Biphenylen verseucht. Chemische Nachweisverfahren zeigen, dass der größte Teil der gefundenen Gifte aus der Produktion von BAYER stammt. Obwohl die Stadt Oslo schriftlich eine Beteiligung des Unternehmens an den Reinigungskosten gefordert hat, verweigert BAYER bislang jegliche Unterstützung.
* BAYER ist größter europäischer Anbieter von gentechnisch veränderten Pflanzen. Obwohl die Mehrheit der Bevölkerung gentechnisch veränderte Nahrungsmittel ablehnt, drängt das Unternehmen die verantwortlichen Politiker, einen unkontrollierten Anbau zuzulassen. Bereits jetzt unternimmt das Unternehmen großflächige Freilandversuche, mit denen die Umwelt gefährdet wird: so sammelten bei Eickendorf (südlich von Magdeburg) Bienen in einem herkömmlichen Rapsfeld Honig. Rund 300 Meter entfernt lag ein Freiland-Versuchsfeld von Bayer CropScience mit Gen-Raps. Die Pflanzen waren gentechnisch gegen ein Herbizid resistent gemacht worden und haben EU-weit keine Zulassung für kommerziellen Anbau. In dem Honig, den die Bienen produziert haben, konnte der Umweltverband Greenpeace eindeutig gentechnisch veränderte Bestandteile aus dem BAYER-Feld nachweisen.
* In Swisttal bei Bonn hat BAYER eine Aussaat von Gen-Raps in unmittelbarer Nähe eines Naturschutzgebietes beantragt, womit das Unternehmen einen Präzedenzfall für die Umgehung des europäischen Naturschutzrechts schaffen will. Die Risiken solcher Freilandversuche sind nicht absehbar - Tests haben zum Beispiel gezeigt, dass sich gentechnisch herbeigeführte Herbizidresistenz auch auf andere Pflanzen übertragen und quasi Superunkräuter entstehen lässt, die selbst mit einer Vielzahl von Pflanzenvernichtungsmitteln nicht mehr bekämpft werden können. Bei Raps kommt hinzu, dass er als heimische Pflanze in Mitteleuropa in zahlreichen Sorten angebaut wird und eine Reihe verwandter Arten hat. Das erhöht die Gefahr, dass sich gentechnische Veränderungen auskreuzen.
* In England musste das Unternehmen einräumen, drei Jahre lang gentechnisch veränderten Raps, der nicht zugelassene Antibiotika-Resistenzen enthielt, gepflanzt zu haben.
* BAYER weigert sich, in den USA das Pestizid Fenthion vom Markt zu nehmen, obwohl dessen Anwendung im Bundesstaat Florida zu dramatischen Vogelsterben führte. Mindestens 16 seltene Vogelarten werden dadurch in ihrem Bestand gefährdet.
* BAYER ist mit einer Klage gescheitert, dem VEREIN ZUM SCHUTZ DES RHEINS UND SEINER NEBENFLÜSSE (VSR) die Einsicht in Abwasser-Daten des Krefelder Werks zu untersagen. Die Richter mochten sich dem Argument des Konzerns, die Mess-Daten fielen unter das Betriebsgeheimnis, nicht anschließen. Dem VSR ist es nun möglich, einen Überblick über die Abwasser-Frachten des zweiten Werkskanalnetzes zu nehmen. Dort fließen die Schmutz-Wässer von BAYER mit denen anderer Firmen zusammen und gelangen dann ungeklärt in den Rhein. Woher die Schadstoffe genau kommen, ist dann nur noch schwer nachzuvollziehen. Nur eine Mess-Station vor dem Entstehen des großen Einheitsbreis bietet Aufschluss darüber - weshalb BAYER sie offensichtlich unter Verschluss halten wollte.
* In West Virginia/USA wurde BAYER im vergangenen Jahr wegen Asbest-Vergiftungen angeklagt. Das Unternehmen stimmte einem Vergleich zu. BAYER weigert sich jedoch, Betroffene in Deutschland in ähnlicher Weise zu entschädigen oder auch nur für eine medizinische Betreuung der Erkrankten zu sorgen. Tausende Beschäftigte der Chemie-Industrie waren mit Asbest vergiftet worden, obwohl die Risiken des Stoffes seit Jahrzehnten bekannt waren.
* Britische Umweltorganisationen protestieren vehement gegen Freilandversuche des BAYER-Konzerns mit gentechnisch verändertem Raps, der sogenannte „Terminator Gene“ enthält. Terminator Gene schaffen sterile Pflanzen, deren Samen für die Aussaat nicht weiter verwendet werden können. Der Einsatz solcher Gene wurde seitens des Saatgut-Herstellers Bayer CropScience und der Aufsichtsbehörde DEFRA geheim gehalten. Verwandte Arten wie Broccoli, Senf, Blumenkohl und wildlebende Pflanzen könnten an der Fortpflanzung gehindert werden und schlimmstenfalls aussterben.

Gegenantrag zu TOP 4: Wir schlagen vor, Axel Köhler Schnura, Diplom Kaufmann, Düsseldorf, für die restliche Amtszeit des ausscheidenden Dr. Wolfgang Reitzle, d.h. für die Zeit bis zur Beendigung der Hauptversammlung, die über die Entlastung der Aufsichtsratsmitglieder für das Geschäftsjahr 2006 beschließt, als Vertreter der Anteilseigner in den Aufsichtsrat zu wählen.

Begründung:
Axel Köhler-Schnura kontrolliert den BAYER-Konzern seit nunmehr 25 Jahren. Er ist Gründer der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN e.V., Postfach 15 04 18, 40081 Düsseldorf, Telefon: 0211-333 911, und hat zahlreiche Verstöße des Konzerns gegen Menschenrechte und Umweltschutzauflagen publik gemacht. Somit ist er prädestiniert für eine gründliche, von Profitinteressen unabhängige Kontrolle des Vorstands der BAYER AG.

Für den Vorstand der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN e.V.

Philipp Mimkes
Axel Köhler-Schnura

[Peter Gingold] Tod von Peter Gingold

CBG Redaktion

Am 28. Oktober verstarb Peter Gingold. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat gemeinsam mit Peter viele Jahre für die Auflösung der „Blut-Firma“ IG Farben i.A. gekämpft. Das Bild zeigt ihn bei den Protesten gegen die IG Farben-Hauptversammlung 2001.

30.10.06; Neues Deutschland

Résistance - ein Leben lang

Zum Tod des Antifaschisten Peter Gingold

Am Sonnabend verstarb im Alter von 90 Jahren Peter Gingold, antifaschistischer Widerstandskämpfer, Kommunist aus jüdischem Elternhaus, Internationalist. „Résistance ist gleich Widerstand“ war sein Motto. Ein Leben lang.

Geboren am 8. März im Kriegsjahr 1916 erlebte Peter Gingold schon als Kind und heranwachsender Jugendlicher soziale Not und Ausgrenzung - in der ersten deutschen Republik, die sich die Weimarer nannte. Alte Zöpfe aus Kaisers Zeiten hatten noch vielfach das Sagen, alter und neuer Antisemitismus überschattete das Land. So wurde der junge Gingold früh politisiert. Politische Überzeugung und Handeln war für ihn eins. Er organisierte sich in der sozialistischen Arbeiterjugendbewegung und engagierte sich lange vor dem 30. Januar 1933, dem berüchtigten, schwärzesten Tag deutscher Geschichte, als Hitler die Macht übertragen bekam, im antifaschistischen Kampf.
Nach seiner ersten Verhaftung durch die Nazis im Juni 1933 sieht er sich gezwungen, in die Emigration zu gehen. Er übersiedelt nach Paris, wo bereits seine Eltern und Geschwister lebten. Dort setzte er seinen antifaschistischen Kampf fort, gehörte zu den Gründern der überparteilichen Freien Deutschen Jugend (FDJ) und wurde Mitglied der KPD. Hier lernte er auch Ettie Stein-Haller kennen, die er 1940 heiratete. Über sechzig Jahre lebten sie zusammen und haben sich gegenseitig in ihrer politischen Arbeit und Überzeugung gestützt und gestärkt. Nach dem faschistischen Überfall auf Frankreich arbeiteten beide in der französischen Résistance. 1943 geriet Peter Gingold in die Fänge der Gestapo. Ihm gelang jedoch die Flucht. Im August 1944 nahm er am Aufstand zur Befreiung von Paris teil. Den 8. Mai 1945, „das Morgenrot der Menschheit“, erlebte er bei den italienischen Partisanen in Turin. Zurückgekehrt nach Frankfurt (Main) gründeten Peter und Ettie die hessische VVN mit. Politische Heimstatt war wieder die KPD. Doch während Peter für seine antifaschistische Arbeit in Frankreich und Italien geehrt wurde, erlebte er in Deutschland lange Jahre gesellschaftliche Ächtung und Ausgrenzung. Als Widerstandskämpfer und Kommunist wurden ihm und seiner Frau viele Jahre die deutsche Staatsbürgerschaft verweigert. In Gefolge des KPD-Verbots musste Peter Gingold zeitweilig wieder in die Illegalität gehen. Später musste er erleben, dass man auch seine Tochter Sylvia wegen ihrer politischen Überzeugung mit Berufsverbot belegte.
All das hat ihn nicht abgehalten, sich für seine Vision von einer sozialen und menschenwürdigen Gesellschaft, frei von Krieg und Ausbeutung einzusetzen. Dass man dazu einen sehr langen Atem brauche, auch Rückschläge verkraften müsse, vermittelte er in zahllosen Gesprächen und Vorträgen, besonders gegenüber jungen Zuhörern. Und er forderte die jungen Leute stets auf, auch selber aktiv zu werden gegen Neofaschismus, Rassismus und soziale Ungerechtigkeit.
Peter Gingold war ein viel gefragter Redner, Gesprächspartner und Zeitzeuge, der politisch reflektiert, engagiert und persönlich authentisch historische Zusammenhänge vermitteln konnte. Er wurder eingeladen von Gewerkschaften oder der autonomen Antifa, von Universitäten oder der DKP und natürlich von der VVN-BdA, für die er in den letzten Jahren als Bundessprecher politisch aktiv war. Hier - und das zeigte besonders eindrucksvoll die Feier zu seinem 90. Geburtstag im Frankfurter DGB-Haus - erlebte er die Anerkennung, die ihm die bundesdeutsche Gesellschaft verweigert hatte. Von Ulrich Schneider

Frankfurter Rundschau, 30. Oktober 2006
Frankfurter Widerstandskämpfer

Nazi-Gegner Gingold ist tot

Frankfurt - Peter Gingold ist tot. Der frühere Widerstandskämpfer gegen die Nationalsozialisten starb am Samstag im Alter von 90 Jahren. Das teilte Peter Altmann im Auftrag des hessischen Landesverbands der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN) am Sonntag mit. Gingold war viele Jahre Bundessprecher der VVN.

Mit Peter Gingold verliert die Frankfurter Stadtgesellschaft ihren wohl prominentesten noch aktiven Nazi-Gegner. Fast bis zuletzt trat der Niederräder in Schulen, bei Gedenk- und Protestveranstaltungen auf und berichtete von seiner Zeit in der französischen Résistance und warnte vor dem wieder erstarkenden Faschismus.

Der Sohn einer jüdischen Familie wurde 1916 in Aschaffenburg geboren und kam 1929 nach Frankfurt. Er prügelte sich schon 1931 mit Hitler-Anhängern auf der Straße, wurde 1933 verhaftet und ging nach seiner Freilassung mit seiner Familie nach Frankreich. Dort schloss er sich dem kommunistischen Widerstand an. Ab 1940 kämpfte er gegen die deutsche Besatzung. Zwei seiner Geschwister starben im KZ Auschwitz, er selbst entkam der Haft durch einen Trick. 1945 kehrte er nach Frankfurt zurück.

[NUV] Kohlekraftwerk

CBG Redaktion

Harald Jochums, Niederrheinischer Umweltverband NUV

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin und heiße Harald Jochums aus Duisburg-Rheinhausen, bin unter vielem anderen Architekt für Ökologisches Bauen und darüber hinaus noch direkter Anrainer sowohl an den Rhein, als auch an die Bayer-Werke Uerdingen, die sich heuer schon mal ein wenig zurückgezogen haben - und das Ganze nennt sich jetzt als Konglomerat von mehreren Firmen: „Chempark“.

Ich stelle meine kleine Rede unter folgendes Motto: „Wer Wind sät, wird Strom ernten“ aus dem Neuen Testament Hosea 8, Vers 7, in der allerneuesten Neufassung.

Blasphemie? Wohl kaum, geht es doch für uns Menschen seit jeher darum, die Schöpfung zu bewahren oder profan ausgedrückt: unser aller Lebensgrundlagen - und dies immer dringlicher, sind wir doch dabei, diese zu zerstören.

Was können wir Alle tun, um dieser Zerstörung entgegenzuwirken?

In diesem Zusammenhang gleich die Frage1 an Sie Herr Wenning:
„Können Sie sich die Bayer AG als 1. „Grünen“, global aufgestellten Großkonzern vorstellen?“
Anstatt des Adjektivs „Grün“ würde ich lieber „Farbig“ sagen (jedoch nicht im Sinne der IG Farben). Die zusätzlichen Kriterien, die auf so einen Konzern anzuwenden seien, gehen nämlich über die landläufigen, grünen Kriterien wie Energie und Umweltschutz hinaus. Es sind dies:

1. Die Menschen insgesamt (und nicht nur die Gruppe der Aktionäre)
2. Unsere Gesellschaft, Gemeinschaft

Ich möchte die Folgen solchen Umdenkens an Hand zweier Bayer-Projekte erläutern:

1. Co-Pipeline von Dormagen nach Krefeld-Uerdingen
2. Fossiles Kohlekraftwerk im Chempark Krefeld-Uerdingen; Betreiber ist hier
allerdings die Fa. Trianel aus Aachen, einem Zusammenschluß von vielen Stadtwerken.

Beide Projekte sind nämlich undenkbar, wendet man die beiden obengenannten zusätzlichen Kriterien an:

1. Die CO-Pipeline gefährdet potentiell das Leben von vielen Menschen, die von der eigenen Landesregierung und der Bayer AG gezwungen werden, an dieser Pipeline zu leben, darunter insbesondere unsere Kinder, führt die Trasse doch bisweilen direkt an den Gartenzäunen von Kindergärten und Schulen vorbei - nicht nur für mich Ausdruck einer grenzenlosen Mißachtung von Menschenleben. -
Nicht viel besser sieht es bei Privatgrundstücken aus. Dort werden die Menschen ihr Leben lang – und ich wiederhole – ihr Leben lang mit der Angst leben müssen, Opfer eines Störfalls zu werden, wie es so verharmlosend in den zuständigen Verordnungen formuliert ist. – Und allein diese beiden Tatsachen würden das Projekt zu Fall bringen, würde man die Menschen in seine Überlegungen mit einbeziehen. – Darüber hinaus handelt es sich um eine firmeninternes Problem, dessen negativen Aspekte aber der Gemeinschaft aufgebürdet werden.

2. Bei dem Fossilen Kohlekraftwerk sieht es nicht viel anders aus. Zwar geht von diesem keine akute, tödliche Gefahr aus; es wirkt eher längerfristig (deshalb aber nicht minder scherwiegend ist), und es sogar als fataler Global Player, denken wir an die gigantischen Mengen des treibhauswirksamen Gases CO2, die dem heutigen, jährlichen Ausstoß von Krefeld von allen Emittenten mit ca. 4 Mio.t. CO2 entsprechen; und dann werden jede Menge Feinstaub ausgestoßen in einem Gebiet, in dem jetzt schon die Grenzwerte um 100% überschritten werden, zusammen mit anderen gesundheitsgefährdenden Schadstoffen wie Cadmium, Blei, Arsen, etc. Die genaue Aufstellung finden Sie unter www.nuv-online.de
Und dann ist das Fossile Kraftwerk 7,3 fach so groß wie die zwei vorhandenen Kohlekessel, die stillgelegt werden sollen und auch das nur nach zähem Ringen. Auch hier reicht schon allein diese Aufzählung, dieses Projekt nicht weiterzuverfolgen, bzw. die von Umweltschützern genannten Alternativen der Ertüchtigung oder des Neubaus der 2 alten Kohlekessel und äußerstenfalls ein halb so großes Gaskraftwerk zu planen, das viele negativen Aspekte des Fossilen Kohlekraftwerks abmildert oder sogar vermeidet.

Und was sagen die Landesregierung und die Bayer AG dazu?
- Die Haltung der Landesregierung ist kurz abzuhaken: Sie hat die CO-Pipeline erst ermöglicht, indem Sie die rechtliche Grundlage für den Bau geschaffen hat in Form eines Enteignungsgesetzes. Ausgerechnet CDU und FDP, seit der Steinzeit Hort des grundgesetzlich zugesicherten Eigentums, greifen zu der zu Recht verteufelten Maßnahme der Enteignung der Bürger, die sie gewählt haben! Der Zweck heiligt bekanntlich die Mittel; wer aber heiligt den Zweck? -
Darüberhinaus genehmigt der linientreue RP, was das Zeug hält, bzw. die Industrie für richtig hält. Beim Bau ist Wegschauen das oberste Gebot der Stunden. Eigenmächtige Änderungen der Bayer AG und ihrer Töchter sollen im Rahmen einer „Fiktion“ (O-Ton RP im Umweltausschuß) im Nachhinein genehmigt werden. - Hat hier der RP den Slogan der Bayer AG etwa abgeändert in: “Science Fiction for a better Life?“ - Man könnte es vermuten. –

Die Bayer AG setzt hingegen eher auf Bewährtes: Sie schwingt die Keule Arbeitsplätze und droht mit Abzug ihrer Streitkräfte. Die Landesregierung souffliert noch mit dem Hinweis auf den Wirtschaftsstandort NRW. – Das ist insofern unredlich, als Bayer unerwähnt läßt, daß Arbeitsplätze im Chempark Uerdingen wegfallen, wird doch die dortige CO-Produktionsanlage überflüssig, sollte die CO-Pipeline jemals in Betrieb gehen (- wovor uns Gott oder wer auch immer (mit Ausnahme der Landesregierung) bewahre; wie schon ausgeführt, kann diese Landesregierung das auch gar nicht, weil sie es nicht will. Willkommen in Rüttgers Club). Unredlich ist die Keule Arbeitsplatz auch, weil es Alternativen für die CO-Pipeline gibt, die sogar von der Bundesregierung gestützt werden, hat sie doch vor nicht allzu langer Zeit gegenüber der EU erklärt, daß solch potentiell todbringenden Stoffe nur innerhalb der eigenen Firmenzäune verarbeitet werden sollen. Die Alternative lautet: Die Anlage in Uerdingen erweitern und damit Arbeitsplätze schaffen. Das mag auf Dauer etwas teurer sein als die Pipeline, würde aber vielen, vielen Menschen entlang der geplanten Trasse ihre Todesangst nehmen; ein lohnendes Ziel, wie ich meine und angesichts von einem Gewinn vor Steuern von 4Mrd. EURO im Jahr 2007 auch gegenüber uns Aktionären vertretbar. Lieber Herr Wenning, Sie hätten in diesem Fall also nicht mit einer Anklage unsererseits zu rechnen, eher mit einem Verdienstorden wider die tierische Unvernunft.

Zum potentiellen Rückzug der Bayer AG von dem Standort Krefeld-Uerdingen: Der selbsternannte Hotelmanager des Chemparks in Krefeld-Uerdingen hat mal ziemlich beleidigt öffentlich erklärt, wenn er und die Bayer AG nicht erwünscht wären, würden sie gehen. Das Dumme daran ist das Dumme darin: Das hat kein Mensch gefordert und gesagt. Was will der Mann uns denn dann damit sagen? Scheut er die offene Erpressung: „Wenn wir das nicht genehmigt bekommen, gehen wir nach Shanghai!“oder wie oder was?

An dieser Stelle muß ich etwas für Sie einfügen, lieber Herr Wenning: Ich wage eine Voraussage, obwohl für gewöhnlich selber jeglicher Spekulation abhold: Mehr über kurz als über lang werden Sie den Standort Uerdingen schließen mit der folgenden Begründung: Die bösen, bösen Umweltschützer, die ja bekanntlich auch die Finanzkrise in Schuld sind, sind Schuld. – Ich könnte das einfach mal so stehen lassen, frage Sie aber lieber in meiner Frage 2: Haben Sie, bzw. die Bayer AG vor, das Werk Uerdingen in den nächsten 10 Jahren zu schließen?

Zu Ihren möglichen Antworten habe ich noch eine Bitte: Versuchen Sie es bitte mal zur Abwechselung mit unmöglichen (Antworten); die anderen kenne ich nämlich schon. – Sie können auch gerne einen Scherz einflechten, wenn Ihnen danach ist.

Sehr geehrte Damen und Herren Aktionäre, noch stundenlang könnte ich über die genannten Themenkomplexe berichten, z.B. über die von der Chempark-Leitung so viel beschworene „Gute Nachbarschaft“ zu der Nachbarschaft, die jedoch leider nicht existiert, kommt doch die Bayer AG noch nicht einmal der in der Störfallverordnung gesetzlich verankerten Aufforderung nach, die betroffene Anwohnerschaft unaufgefordert über Gefahren zu unterrichten und wie im Ernstfall sich verhalten und so. Dazu habe ich Sie, lieber Herr Wenning, schon das letzte Jahr befragt und keine Antwort erhalten, rechne auch in diesem Jahr nicht damit und verzichte hiermit ausdrücklich eindrücklich darauf. – Doch Halt! Meine 3. Frage lautet nämlich: „Was soll ich tun, wenn die Bayer AG noch nicht einmal gesetzlichen Bestimmungen nachkommt, wie in diesem Fall, lieber Herr Wenning?“ Soll ich die Bayer AG verklagen, also gegen eine Heerschar von Advokaten antreten und gegen die geballte Macht des Kapitals? - Guter Rat ist teuer - ich weiß. Für eine Gute Nachbarschaft sollte Ihnen jedoch nichts zu teuer sein. – Ihre begrünten Hochglanzbroschüren „bayer direkt“ bringen`s auf jeden Fall nicht; habe sie auch anfangs direkt dem Papierrecycling zugeführt, muß aber zugeben, das Heftchen mittlerweile mit vergnügtem Schmunzeln zu lesen, wie z.B. ein global aufgestellter Konzern jedes Gramm eingesparten CO2s bejubelt.
Dann könnte ich Ihre merkwürdige Marketing-Strategie erwähnen, erst potentielle Kunden wie uns mit tödlicher Sicherheit zu verprellen, um dann zu sagen: „Kauf mich doch!“ - oder die wissenschaftlich völlig unhaltbare Mär von der absonderlichen Effizienz des geplanten Fossilen Kohlekraftwerks, die Prof. Hartmut Graßl, immerhin einer der führenden Deutschen Klimaforscher eindrucksvoll beschrieben und widerlegt hat. Da ist ja dann wohl nix mehr mit „science“ und damit auch nicht mit „better Life“, was ich sehr bedauere. -
Noch ein Einschub mit Frage 4: Was versteht die Bayer AG eigentlich unter einem „better Life“ und wozu sonst soll „science“ gut sein? - Zusatzfrage: Muß das aber unbedingt materiell „better“ werden? Täte uns Allen nicht beispielsweise ein bißchen mehr Bescheidenheit gut? –

Genug der Kritik. Hat der Mann denn Vorschläge, wie „better“ machen - oder kann ER nur mosern? –

Ja, hat ER - und stellt sie auch in den Raum und damit zur Diskussion:

Wir müssen umdenken, wegkommen von den einseitigen, hohlen Phrasen von der Allmacht des Geldes. Wie hohl diese sind, zeigt schon der Spruch unserer Amerikanischen Freunde (hüstel, hüstel): „Time is money“. Einfache Konsequenz aus dieser einfachen Gleichung: Kein „Time“, kein „Money“.

Wir müssen wegkommen von dem gedankenlosen Umgang mit Fossilen Rohstoffen. Zum Verbrennen sind diese nämlich viel zu schade – auch weil mit Sonnenenergie aus Jahrmillionen entstanden - und wir schädigen und zerstören damit auch unsere Lebensgrundlagen.

Wir müssen uns darauf besinnen
1. die sogenannten Erneuerbaren Energien massiv auszubauen, die uns jeden Tag frei Haus geliefert werden in Hülle und Fülle, nämlich mehr als 10.000 mal soviel, als wir verbrauchen können, wenn wir sie auch nur zu einem Teil nutzen können.
2. die Fossilen Rohstoffe intelligent einzusetzen, wenn wir sie schon in einer Übergangsphase verbrennen müssen, beispielsweile mit der Technik der Kraft-Wärme-Kopplung.
3. Rohstoffe einzusparen.

Wir müssen wieder dezentrale Strukturen schaffen, die wesentlich effektiver sind, als die unbeholfenen, unbeweglichen Großkonzerne, die auch noch den Nachteil haben, eine ungebührliche Fülle an Macht an sich zu ziehen und damit in der Lage sind, z.B. demokratische Gefüge auszuhebeln.
Wir müssen möglichst allumfassende Kriterien an unsere Produkte legen wie weiter oben schon beschrieben. Dann wären gemeingefährliche Zwischenprodukte wie CO und Phosgen gar nicht denkbar, die nicht gerade dem Wohle der Allgemeinheit dienen, obwohl für die CO-Pipeline genau dieses „Argument“ benützt worden ist. - Oder die Chlorchemie, die in Teilen ihre Berechtigung haben mag, in ihrer großtechnischen Anwendung aber unendlich viele Schäden angerichtet hat, denke ich etwa an PCB oder PCP. Die Kosten für die Schäden wurden und werden auch hier weiter der Allgemeinheit aufgebürdet. - Und zu allen Produkten gab und gibt es Alternativen. Ich bin selber Planer und weiß um die vielen Möglichkeiten, Probleme zu lösen.

Zum hoffentlich guten Schluß: Seien Sie gewiß, lieber Herr Wenning, meine Herren vom Vorstand und Damen und Herren vom Aufsichtsrat: Wir Bürger und Bürgerinnen lassen uns kein „X“ mehr für ein „U“ vormachen lassen, schon gar nicht im XXL-Format. - Wir werden die potentiell tödliche CO-Pipeline und das völlig überdimensionierte, extrem klimaschädliche Fossile Kohlekraftwerk mit allen friedlichen, demokratischen Mitteln zu verhindern suchen und uns dafür einsetzen, die Zukunft zu denken und zu bauen - und nicht die Steinzeit zu restaurieren. -
Ich halte es dennoch oder gerade deshalb für notwendig, daß sich alle Seiten auf einer Augenhöhe zusammensetzen und an dieser verantwortungsvollen Aufgabe mitarbeiten – auch aus Verantwortung für unsere Kinder und Enkel. - Unsere Gesprächsangebote liegen seit geraumer Zeit vor, sind jedoch von Ihnen, lieber Herr Wenning, nicht wahrgenommen worden.

[HV Gegenanträge] Verwendung des Bilanz-Gewinns

CBG Redaktion

Wir beantragen die Kürzung der Dividende auf 10 Cent je Aktie. Die frei werdenden
Gelder sollen verwendet werden:

- für Erhalt und Schaffung sicherer Arbeitsplätze und für die Zahlung sozial
gerechter Löhne;

- für einen Fonds zum angemessenen Ausgleich von Schäden, die infolge der
Geschäftstätigkeit an Mensch und Umwelt eingetreten sind;

- für den umfassenden ökologischen und sozialen Umbau des Konzerns ohne
doppelte Standards.

- und schließlich für die Zahlung von Wiedergutmachungen für die Verbrechen von
BAYER und des von BAYER mitbetriebenen IG FARBEN-Zusammenschlusses
an die Opfer bzw. an deren Angehörige und Nachkommen.

Es sei angemerkt, dass wir durchaus auch den völligen Verzicht auf jede
Dividendenausschüttung im Sinne der erläuterten Sozial-, Menschenrechts- und
Ökologie-Leistungen beantragen würden, doch nach der Lage der Gesetze ist das
nicht möglich.

Um Mitteilung dieses Gegenantrags sowie der Begründung bitten wir gemäß §§ 125,
126 AktG. Die Aktionärinnen und Aktionäre werden gebeten, ihre Stimmrechte der
Coordination gegen BAYER-Gefahren zu übertragen.

Für den Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren e. V.

[8.Mai] Tag der Befreiung

CBG Redaktion

8.Mai: Tag der Befreiung

Heute vor 75 Jahren befreiten die Alliierten Deutschland vom Faschismus. Die von BAYER mitgegründete IG FARBEN war ein wesentlicher Bestandteil des NS-Systems. Darum stand die Zerschlagung des Konzerns zunächst ganz oben auf der Agenda der Kriegskoalition. „Wenn es die Politik der Alliierten ist, dass ‚Deutschland nie wieder seine Nachbarn oder den Frieden der Welt bedrohen wird’, dann müssen die IG FARBEN zusammen mit ihren kriegswichtigen Anlagen zerstört werden“, hieß es in einem Bericht des US-Finanzministeriums. Aber es sollte anders kommen. Die westlichen Besatzungsmächte beließen es bei einer groben Entflechtung, die BAYER, BASF und HOECHST unbeschadet überstanden. Und 20 Jahre später waren die einstigen IG-Teile alleine größer als das damalige Ganze.

Das Stichwort BAYER hat sich im Jahr 2013 genauer mit der Stunde Null, die keiner war, befasst. Im Folgenden dokumentieren wir den Artikel.

IG FARBEN & heute

1945 keine Zäsur

BAYERs Wiedergeburt

1945 sah es schlecht für BAYER und andere deutsche Großunternehmen aus. Die Alliierten betrachteten die Industrie nämlich als willigen Helfer der Nazis. Und „härter als alle anderen trat die IG FARBEN auf“, urteilten sie über den vom Leverkusener Multi mitgegründeten Mörder-Konzern. Im Potsdamer Abkommen verständigte sich die Anti-Hitler-Koalition deshalb auf „die totale Zerstörung der gesamten deutschen Rüstungsindustrie und die Beseitigung oder Zerstörung sonstiger Schlüsselindustrien, die die Grundlage der Wehrkraft sind“. Aber es sollte anders kommen: Für den BAYER-Konzern schlug keine Stunde Null, bald schon wieder galt „Business as usual“.

Von Jan Pehrke

1945 kam die nationalsozialistische Diktatur zu ihrem Ende. Und das hätte eigentlich auch das Ende für BAYER und die anderen Konzerne bedeuten müssen, die 1925 die IG FARBEN gegründet hatten. Diese Gesellschaft bildete nämlich das industrielle Rückgrat des deutschen Faschismus. So erstellte sie die Blaupause für den Vierjahresplan, mit dem Hitler & Co. die Wirtschaft wehrtüchtig machten. Als es dann 1939 soweit war, konnte das Unternehmen die Armee fast alleine ausstatten. Zudem betätigten sich Beschäftigte der Auslandsniederlassungen als Spione und fertigten Karten-Material für Bombenangriffe an. An der Vernichtungspolitik wirkte die IG FARBEN ebenfalls mit. Sie errichtete in unmittelbarer Nähe zu Auschwitz ein eigenes Werk, um Zugriff auf ZwangsarbeiterInnen zu haben, während ihre Tochter-Firma DEGESCH den FaschistInnen mit dem Zyklon B die Mordwaffe bereitstellte. „Sollte es zu Wirtschaftsklagen kommen, würde das Material den Verteidigern den Schlaf rauben“, schwante deshalb dem IG-Vorstandsmitglied Georg von Schnitzler1.

Economic warfare

Die USA haben solches Material über die IG FARBEN schon seit Anfang der 1940er-Jahre gesammelt, wie Bernd Greiner in seinem Buch „Die Morgenthau-Legende“ darlegt. BeamtInnen des Finanz- und des Justizministeriums ermittelten über 500 Firmen-Beteiligungen und 2.000 Kartellverträge mit anderen Unternehmen und machten den Konzern als Hauptlieferanten der Vernichtungsfeldzüge aus. 95 Prozent der Giftgase und 84 Prozent der Sprengstoffe stammten aus IG-Fabriken. Zudem gehörten Brandbomben, Handgranaten, Maschinengewehre und kriegswichtige Rohstoffe wie Benzin, Schmieröle, Magnesium, Nickel und Methanol zur Produkt-Palette. Nach dem Sieg über die Nazis setzten die Emissäre des US-Finanzministers Henry Morgenthau mit ihren „field teams“ die Recherche-Arbeit auf deutschem Boden fort. 14 prall gefüllte Bände mit Dokumenten trugen die Mannen des „Secretary of the Treasury“ zusammen, obwohl die IG viele Akten vernichtet hatte. „Wenn es die Politik der Alliierten ist, dass ‚Deutschland nie wieder seine Nachbarn oder den Frieden der Welt bedrohen wird’, dann müssen die IG FARBEN zusammen mit ihren kriegswichtigen Anlagen zerstört werden“, lautete ihre Empfehlung zum Umgang mit dem Unternehmen, dessen Maschinenpark den Krieg zu 87 Prozent heil überstanden hatte2. Sie bestätigten damit die Analyse Thurman Arnolds von der Anti-Trust-Division des Justizministeriums. „Dies ist ein Kampf zwischen den Armeen der Industrie, nicht zwischen den Armeen der Militärs“, hatte dieser während des Krieges konstatiert3. Von „economic warfare“, industrieller Kriegführung, sprachen die US-amerikanischen PolitikerInnen und vermochten nicht einmal zu sagen, ob die Großkonzerne im Tausendjährigen Reich Koch oder Kellner waren. „Manchmal frage ich mich, ob diese Leute im Dienst der Nazis standen oder ob die Nazis nicht umgekehrt ihnen zu Diensten waren“, bemerkte etwa der Senator Harley Kilgore.

Die Bündnispartner Nordamerikas maßen dem „economic warfare“ ebenfalls eine zentrale Bedeutung zu. Darum einigten sich die Alliierten auf weitgehende Strukturreformen. „Die totale Zerstörung der gesamten deutschen Rüstungsindustrie und die Beseitigung oder Zerstörung sonstiger Schlüsselindustrien, die die Grundlage der Wehrkraft sind“ beschloss die Anti-Hitler-Koalition im Potsdamer Abkommen. Im Zuge des „industrial disarmament“, der industriellen Entwaffnung, verboten die Besatzungsmächte die Produktion von Flugzeugen, Schiffen und Waffen. Chemie-, Eisen- und Stahlwerke wollten sie „rigide kontrollieren“ und nach den Maßstäben einer „zivilen Friedenswirtschaft“ umgestalten. „Bei der Organisation der deutschen Wirtschaft soll die Betonung vor allem auf der Entwicklung der Landwirtschaft und der auf Frieden ausgerichteten einheimischen Industrie liegen“, hieß es in dem Dokument.

Eine konkrete Vorlage dazu hatte Morgenthau bereits während des Krieges angefertigt. Diese sah unter anderem eine Deindustrialisierung des Ruhrgebietes und des Rheinlandes vor sowie eine Unterstellung des Gebietes unter das Mandat der UN. Der „Morgenthau-Plan“ und die nachfolgenden Konzeptionen zielten dabei – anders als in der Öffentlichkeit oftmals dargestellt – nicht darauf ab, aus Deutschland wieder Ackerland zu machen. Sie wollten zwar tatsächlich die Kriegswirtschaft bis in ihre Grundfeste zerstören und auch im Sinne einer gerechten Strafe wirken, setzten jedoch nicht zuletzt ganz pragmatisch bei einem realen Grundproblem der deutschen Wirtschaft an: dem Ungleichgewicht zwischen der Schwer- und Chemie-Industrie auf der einen und der Konsumgüter- und Bauindustrie sowie der Landwirtschaft auf der anderen Seite. Darum strebten die mit den Umstrukturierungen betrauten US-StrategInnen unter anderem eine „neue Balance zwischen Schwer- und Leichtindustrien“ an.

Diese Balance störte das machtvolle Konglomarat der IG FARBEN ganz erheblich. Darum befasste sich das Gesetz Nr. 9 des Alliierten Kontrollrates auch explizit mit dem Multi. Es wollte dazu beitragen, „dass Deutschland nie mehr zu einer Bedrohung für seine Nachbarn oder den Weltfrieden werden kann (...) unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die IG FARBEN wissentlich und an führender Stelle am Aufbau und der Produktion des deutschen Rüstungspotenzials beteiligt war“7. Darum ordnete das Paragraphen-Werk eine Beschlagnahme des Firmen-Vermögens und eine weitreichende Parzellierung an.

Paradigmenwechsel

Zu all diesen Maßnahmen sollte es jedoch nicht kommen. Das hatte vornehmlich drei Gründe. Zum Ersten änderten sich in den USA die politischen Kräfteverhältnisse, so dass die New-Deal-SympathisantInnen unter den DemokratInnen immer mehr an Rückhalt verloren. Zum Zweiten unterhielt die US-Industrie umfangreiche Geschäftsbeziehungen zu deutschen Konzernen und verlangte von der Regierung, ihre Absatzgebiete zu sichern statt eine „Tabula rasa“-Strategie umzusetzen. Zum Dritten schließlich spaltete sich die Anti-Hitler-Koalition, und im Kalten Krieg war wieder ein starkes Deutschland gefragt, das als „Frontstaat“ agieren konnte.

Der Konsens über den von Franklin D. Roosevelt ins Leben gerufenen „New Deal“ brach bereits 1934 auf. Ab 1939 kamen die Reformen zum Erliegen, und AnhängerInnen des Programms wie Henry Morgenthau gerieten in die Defensive. Nicht einmal vor Antisemitismus schreckten die GegnerInnen zurück – vom „Jew Deal“ kündete die Propaganda. Morgenthau selber unterstellte man rein persönliche Motive für seine Politik und wollte „den Eifer des jüdisch-amerikanischen Staatsmannes besiegen, der nach Rache dürstet“8. Nach dem Tode seines Mentors Roosevelt büßte der Politiker entscheidend an Einfluss ein und trat bald zurück; seinen alten Weggefährten ging es unter Harry S. Truman nicht besser.

Zu den größten Opponenten von Morgenthau & Co. gehörte die heimische Industrie, denn es gab viele ökonomische Verflechtungen zwischen den USA und Deutschland. US-Kompanien hielten Beteiligungen an 278 deutschen Betrieben im Wert von insgesamt 420 Millionen Dollar, während sich das im Land der unbegrenzten Möglichkeiten investierte Kapital von AEG, IG FARBEN & Co. auf 450 Millionen Dollar belief. Zudem existierten zahlreiche Handelsbeziehungen und Kartell-Verträge. Allein die IG FARBEN hatte 63 nach US-Recht illegale Geschäftsvereinbarungen mit ihren transatlantischen Partnern geschlossen.
Besonders intensiv kooperierte die IG mit STANDARD OIL. So bezog sie etwa das für die Vierjahresplan-Erfüllung unabdingbare Flugbenzin von dem Unternehmen. Bereits 1929 hatten die beiden Multis gegenseitig ihre Claims abgesteckt. Die IG FARBEN sah davon ab, in den USA Treibstoffe, Öle und Schmiermittel zu verkaufen, und die US-amerikanische Firma ließ dafür die IG-Patente zur Herstellung von Benzin und anderen Stoffen in der Schublade. Zu Kriegszeiten konnte STANDARD OIL wegen solcher und anderer Deals Aufträgen der US-Luftwaffe nicht mehr nachkommen. Dann „müssten wir unsere Abmachungen mit unseren Partnern im In- und Ausland verletzen und das in uns gesetzte Vertrauen missbrauchen“, hieß es in dem abschlägigen Bescheid9. Als sich GOODRICH und GOODYEAR über die Schutztitel hinwegsetzten, reichte STANDARD OIL – vergeblich – Klage ein. Auch sonst verwendete sich die Gesellschaft als Hüterin des geistigen Eigentums der IG. Im September 1939 einigte sie sich mit FARBEN-Managern darauf, 2.000 Patente auf ihren eigenen Namen zu überschreiben, damit sie vor dem Zugriff der Behörden geschützt waren, was sich letztlich ebenfalls als vergebliche Maßnahme erwies. Das Nazi-Reich honorierte jedoch diese Freundschaftsdienste und erteilte den U-Boot-Kommandanten Weisung, Schiffe des Chemie-Riesen vor Angriffen zu verschonen.

Zu FORD hatte die IG ebenfalls ein ausgezeichnetes Verhältnis. Mit Carl Krauch saß beispielsweise einer der ihren im Aufsichtsrat der deutschen FORD AG und sicherte deren Unabhängigkeit, indem er persönlich bei Göring vorsprach, um die Eingliederung des Auto-Produzenten in die Hermann-Göring-Werke zu verhindern. Auch mit AMERICAN ROHM & HAAS trieb der Mogul Handel. Darum versicherte deren Management dem IG-Vorstand: „Wir werden zum Status quo ante zurückkehren, sobald wieder normale Bedingungen eingekehrt sind.“10 Ähnliches versprachen DUPONT und zahlreiche weitere US-Unternehmen ihren deutschen Partnern.

In der Nachkriegszeit standen die Zeichen dafür bald schon wieder gut. Statt der braunen machten die Westmächte nun nämlich eine rote Gefahr aus. Zunächst hatte Lucius D. Clay als Militär-Gouverneur der US-amerikanischen Besatzungszone, in der das Hauptquartier der IG FARBEN lag, noch einen harten Kurs gegenüber dem Unternehmen befürwortet. Er stand dem „economic disarmament“ eigentlich kritisch gegenüber, wollte aber nicht zuletzt der Sowjetunion entgegenkommen und die Anti-Hitler-Koalition auf keinen Fall wegen der IG auseinanderbrechen lassen. In seinen Augen wäre das „vielleicht der größte Schritt zu einem Dritten Weltkrieg“11. Dieses Risiko nahmen die Westmächte dann jedoch in Kauf: Auf den heißen Krieg folgte ein kalter. „Nicht Deutschland ist unser Problem, sondern Russland“, lautete nun die Devise.

All diese drei Faktoren – die veränderte politische Konstellation in den USA, die Verflechtungen zwischen deutschen und US-amerikanischen Konzernen und der beginnende Ost/West-Konflikt – führten zu einer Besatzungspolitik, die sich von den Bestimmungen des Potsdamer Abkommens mehr und mehr entfernte. Mit dazu bei trug auch das wachsende Bewusstsein über die strategischen Möglichkeiten der Atombombe. Der qualitative Sprung in der Waffentechnik machte nicht nur ein allzu strenges Vorgehen gegen die industriellen Rüstungsschmieden alter Schule auf deutschem Boden obsolet, er sorgte auch für ein gesteigertes Selbstbewusstsein im Auftreten gegenüber der Sowjetunion. Ein Übriges zum Verzicht auf „die totale Zerstörung der gesamten deutschen Rüstungsindustrie und die Beseitigung oder Zerstörung sonstiger Schlüsselindustrien, die die Grundlage der Wehrkraft sind“ trug die Befürchtung bei, ein in seiner Wirtschaftskraft eingeschränktes Deutschland auf Dauer alimentieren zu müssen.

Nur noch Entflechtung

Und so wandelte sich die Einstellung gegenüber dem Land, das den Kontinent mit einem beispiellosen Vernichtungsfeldzug heimgesucht hatte. Statt einem „industrial disarmament“ stand jetzt nur noch eine Entflechtung der Wirtschaft auf dem Programm, und selbst diese führten die Alliierten nur halbherzig durch. Die erste Weiche zu der neuen Strategie wurde schon früh gestellt. Nach dem Tod Roosevelts verlor Morgenthau den Rückhalt in der Regierung. Dem Nachfolger Truman war die Außenpolitik des Finanzministers suspekt, weshalb er ihn aus dem Amt drängte. Auch dessen „treasury boys“ konnten sich nicht allzu lange halten. Bernhard Bernstein, der als Abgesandter des Finanzministeriums das alliierte Oberkommando in Geldangelegenheiten beriet und mit seinen „field teams“ Belastungsmaterial in Sachen „IG FARBEN“ zusammengestellt hatte, stieß auf immer mehr Widerstände. Kurz nach Vorlage des IG-Berichts löste der Militärgouverneur Lucius D. Clay Bernsteins Abteilung auf und schlug sie der „Finance Division“ zu. Clay betraute den Juristen stattdessen mit der Leitung eines Bereichs zur Untersuchung von Kartellen und Auslandsvermögen. Diese DICEA hatte allerdings kaum Kompetenzen. Als einen „Meilenstein in dem Bemühen, die einzige zusammenhängende und schlagkräftige Gruppe aufzulösen, die es in Deutschland darauf abgesehen hatte, die Deutschen hart anzupacken“, bezeichnete Bernsteins Mitstreiter Russell Nixon die Umstrukturierung deshalb14. Bernstein kämpfte in Washington noch darum, die DICEA direkt dem Finanzministerium unterstellen zu lassen, scheiterte aber und trat schließlich zurück. Nixon rückte nach, bis er die Amtsgeschäfte an James Stewart Martin weiterreichte, der aber – ebenso frustriert über den zunehmenden Machtverlust gegenüber der von William Draper geleiteten „Economic Division“ wie sein Vorgänger – auch schnell wieder aufgab.
Draper kam von der Wall Street, und in seinem Stab fanden sich viele Emissäre von Unternehmen wie DUPONT, STANDARD OIL, GENERAL MOTORS oder AT & T, denen an einer Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen gelegen war. Vor Ort erhielten diese Unterstützung für ihre Interessenspolitik von US-Wirtschaftsdelegationen, die Deutschland besuchten und befanden: „Von einem kriegerischen Potenzial in der Industrie geht nur wenig Gefahr aus“15. Nicht zuletzt wegen ihres eigenen kriegerischen Potenzials, das ihnen bei ungünstigen politischen Entwicklungen vielleicht auch einmal zum Verhängnis werden könnte, gaben sie Entwarnung. Daheim kam indessen Flankenschutz von Banken, die gegen einen dem besiegten Dritten Reich angeblich zuviel abverlangenden Karthago-Frieden wetterten.

Die US-amerikanische Besatzungsdirektive JCS 1067, die es den Militärgouverneuren untersagten, Schritte zu unternehmen, „die (...) zum wirtschaftlichen Wiederaufbau Deutschlands führen könnten oder (...) geeignet sind, die deutsche Wirtschaft zu erhalten oder zu stärken“ ignorierte die „Economic Division“ deshalb nach Kräften. Das räumte Draper später auch selber ein: „Wir haben JSC 1067 nicht soviel Beachtung geschenkt, wie wir es vom Standpunkt militärischer Disziplin vielleicht hätten tun sollen.“16 Dass dies ohne Konsequenzen blieb, hatte der Banker nur seiner Protektion durch General Clay zu verdanken. Ab Juli 1947 jedoch konnte er unbeschwert seines Amtes walten. Die Direktive JCS 1779 trat an die Stelle der alten und erteilte der wirtschaftlichen Gesundung Deutschlands die höchste Priorität. „Diese Direktive ist ein Schritt weg von Potsdam und den Kriegsjahren, als man einen deutschen Agrarstaat und einen Karthago-Frieden im Auge hatte, jubilierte der ehemalige Bank-Manager.

JCS 1779 schuf die rechtliche Basis für den Marshall-Plan. Auch wenn sein Schöpfer George Marshall vor Harvard-StudentInnen erklärte: „Unsere Politik richtet sich nicht gegen irgendein Land oder eine Doktrin, sondern gegen Hunger, Armut, Verzweiflung und Chaos“18, war sein „European Recovery Program“ ein Kind des sich anbahnenden Kalten Krieges. „Die Politik der Russen (...) zwingt uns unweigerlich, in enger Abstimmung mit den Briten die Wirtschaft in Westdeutschland in Schuss zu halten“, stellte Kriegsminister Henry Stimson fest19. Die Besatzer fürchteten, ein allzu rigides Durchgreifen würde Deutschland der Sowjetunion in die Arme treiben und setzten sich deshalb daran, das Land zu einem ökonomisch florierenden Frontstaat mit Ausstrahlung auf den ganzen Kontinent aufzubauen. 13 Milliarden Dollar wendete die USA dafür zwischen 1948 und 1952 auf. Knapp 30 Prozent davon erhielt Deutschland. Dieser Verteilungsschlüssel stieß auf Protest, denn die ökonomische Lage in den 15 anderen Staaten, die auf der Liste des Programms standen, hätte dort ein größeres finanzielles Engagement verlangt. „Die Erinnerung an die Nazis ist in Europa (...) noch nicht so verblasst, wie das (aus verständlichen Gründen) jenseits des Atlantiks der Fall ist. Die Welt wird in jedem Fall alle ihre Weisheit aufbieten müssen, um Europa zur Einheit zu überreden. Aber wenn hinter dieser Einheit die Möglichkeit lauert, dass ein wiederbelebtes Deutschland in Zukunft Europa beherrscht, dann ist der Plan zum Scheitern verurteilt, bevor er geboren ist“, kommentierte The Economist mit viel Weitblick die spätere Rolle der Bundesrepublik in der EU betreffend.

Grundlegende ökonomische Veränderungen standen da nicht mehr auf der Agenda. An die Stelle des „economic disarmament“ war eine bloße Entflechtungspolitik getreten, und selbst diese hatte einen schweren Stand. Deshalb forderte Martin als Leiter der „Decartelization Branch“ im August 1946 von Clay mehr Rückendeckung gegenüber Draper. Sich der Tatsache bewusst, „dass mehr und mehr Schritte unternommen werden, um das Dekartellisierungsprogramm ins Leere laufen zu lassen“21, sicherte der Militärgouverneur Martin auch Unterstützung zu und veranlasste die Regierung in Washington, ein Entflechtungsgesetz vorzubereiten. Dazu kam es allerdings nie, denn bei den Zwischenwahlen im November 1946 verloren die Demokraten ihre Mehrheiten im Repräsentantenhaus und im Senat. „Damit ging der ganze Entflechtungskram über Bord“, kommentierte ein US-amerikanischer Botschaftsangehöriger22. US-Amerikaner und Briten strebten auf ihrem zur Bizone vereinigten Besatzungsgebiet mit dem „Law 56“ und der „Ordinance 78“ nunmehr nur noch „ein Verbot der übermäßigen Konzentration deutscher Wirtschaftskraft“ an. Zunehmend entnervt, unternahm Martin im Frühjahr 1947 letzte vergebliche Versuche, der US-Administration ein eindeutiges Bekenntnis zur Zerschlagung von IG FARBEN & Co. abzuringen. „Daraus schloss ich, dass die Entflechtung keine Zukunft mehr hatte“, erklärte er und stellte im Mai 1947 seinen Posten zur Verfügung23. Zehn Monate später erschien schon ein Vorgehen gegen eine „übermäßige Konzentration“ übermäßig – das „Law 56“ fiel. 19 MitarbeiterInnen der „Decartelization Branch“ legten dagegen Protest ein, ohne etwas zu erreichen. Stattdessen wanderte ihre Sektion von der „Economics Division“ zur „Property Division“ und musste sich fortan den Anweisungen des „Bipartite Control Office“ fügen.

Zu allem Überfluss konnten die Manager der IG FARBEN und anderer Unternehmen fleißig mitentflechten. Im „Bizonal IG FARBEN Dispersal Panel“ (FARDIP)“ fungierte unter anderem der ehemalige IG-FARBEN-Direktor Oskar Löhr als Berater des „Bipartite IG FARBEN Control Office“ (BIFCO). Die Adenauer-Regierung ersetzte das Panel 1951 dann durch ein Gremium, dem Hermann Gross, Leiter des Wiener Büros der „Volkswirtschaftlichen Abteilung“ der IG FARBEN, IG-Aufsichtsrat Hermann Josef Abs und der Vierjahresplan-Ministerialdirektor Helmuth Wohlthat angehörten. Und auch die beiden in Ludwig Erhards Wirtschaftsministerium mit dem Konzern befassten Experten hatten eine IG-Vergangenheit.

Keine Stunde Null

Den Einflüsterungen dieser Ehemaligen erlagen die USA, Großbritannien und Frankreich schließlich. Von den ursprünglich geplanten 50 „independent units“ blieben in einem ersten Schritt noch zwölf IG-Nachfolger und dann mit BAYER, BASF, HOECHST und CASELLA gar nur noch vier übrig. Damit unterschied sich die Lösung nicht mehr allzu sehr von den Nachkriegsplänen der IG selber, welche vorsahen, den Zentralismus abzubauen und mehr auf Regionalisierungen zu setzen. Das Quartett konnte großzügigerweise mit fast dem gesamten Kapital der in den westlichen Besatzungszonen gelegenen IG-Niederlassungen operieren, das Vermögen der 24 in der Sowjetzone gelegenen Firmen-Sitze musste es hingegen abschreiben. Die Westmächte behielten jedoch bloß zehn Prozent des Grundvermögens der IG FARBEN ein; Reparationen verlangten die Länder nicht. BAYER bekam von dem schmutzigen Geld im Mai 1952 mit 387 Millionen D-Mark den höchsten Betrag. Dann folgten die BASF mit 340 Millionen und HOECHST mit 285 Millionen. CASSELLA hatte sich mit 34 Millionen zu begnügen.

Für die BAYER-Werke, die größtenteils unter das Mandat Großbritanniens fielen, hatte es sich schon vorher recht gut angelassen. „Die britischen Militärbehörden verfuhren pragmatisch und ließen die Betriebsgemeinschaft Niederrhein intakt“, hält die zum 125. Jahrestag der Firmengründung erschienene Jubelschrift „Meilensteine“ fest26. Nicht einmal auf den Standort Dormagen brauchte der Verbund zu verzichten, und selbst die Umsiedelung der AGFA aus dem roten Wolfen nach Leverkusen gelang. Geschafft hatte das Ulrich Haberland, der IG-Leiter der Betriebsgemeinschaft Niederrhein, durch seine „hartnäckigen Verhandlungen“. Seine Kollegen von den Betriebsgemeinschaften in den anderen Zonen durften so etwas nicht mehr vollbringen, denn die Militärgouverneure duldeten sie nicht mehr im Amt. „Britischer Pragmatismus“ hingegen verschonte Haberland, obwohl Bernstein viel Aktenmaterial – unter anderem über seine Versuche, IG-Manager nach 1945 wieder zu Posten zu verhelfen – gesammelt hatte.

Die Beschlagnahmung des ganzen Besitzes der IG FARBEN und die Aufteilung in kleine Unternehmen, wie es das Gesetz Nr. 9 wegen der wehrwirtschaftlichen Bedeutung des Mörder-Konzerns vorschrieb, „erwies sich in der Praxis als undurchführbar“, befanden die „Meilensteine“ mit Verweis auf die große Not in der Nachkriegszeit. Überhaupt hätten die IG-Oberen ja nur „angeblich Hitlers Angriffskriege mit geplant und vorbereitet“28. Damit nicht genug, geht die Unternehmenschronik sogar so weit, den „passiven Widerstand“ derjenigen Beschäftigten zu feiern, die Militärs Auskünfte über bestimmte Produktionsverfahren verweigerten und sogar gezielte Desinformationen streuten.
Schon im Juni 1945 hatten die Briten die Erlaubnis für das Anlaufen bestimmter Fertigungsreihen erteilt. So verließen bald schon wieder Chlor, Arzneien, Wurmmittel und Kunststoff-Borsten für Bürsten die Anlagen. Dementsprechend stieg die Beschäftigten-Zahl. „Schneller, als sich jemand in der ‚Stunde Null’ hätte vorstellen können, wuchsen Belegschaft und Produktion am Niederrhein wieder an, konstatierten die „Meilensteine“ zufrieden29. Von 1.730 ArbeiterInnen im April 45 auf fast 11.000 im April 46 erhöhte sich der Personalstand. Später stießen auch alte IGler wie der in Nürnberg als Kriegsverbrecher verurteilte Fritz ter Meer wieder hinzu und sorgten mit für florierende Geschäfte. Bei der BASF und bei HOECHST entwickelten sich die Dinge in ähnlicher Weise. „Mit den Franzosen kam es zu keinen Reibungen und keinen Spannungen“, vermeldete etwa der IGler und spätere BASF-Vorstandsvorsitzende Bernhard Timm30. Unter anderem ließ sich die französische Kommandatur von dem IG-Vorständler Otto Ambros in Sachen „Export-Förderung“ beraten. Und so waren sowohl BAYER als auch HOECHST und BASF kaum 20 Jahre nach ihrem Neustart bereits alleine so groß wie die IG FARBEN zu ihren besten Zeiten.

Anmerkungen

1 Bernd Greiner, Die Morgenthau-Legende; Hamburg 1995; S. 219
2 zit. n. Greiner; S. 243
3 zit. n. Greiner; S. 34
4 zit. n. Greiner; S. 42
5 zit. n. Greiner; S. 231
6 zit. n. Greiner; S. 284
7 zit. n. Dietrich Eichholtz, Abwicklung unerwünscht; junge welt vom 27.11.2010
8 zit. n. Greiner; S. 208
9 zit. n. Greiner; S. 33
10 zit. n. Greiner; S. 43
11 zit. n. Greiner; S. 257
12 zit. n. Greiner; S. 205
13 zit. n. Greiner; S. 171f
14 zit. n. Greiner; S. 248
15 zit. n. Greiner; S. 323
16 zit. n. Greiner; S. 263
17 zit. n. Greiner; S. 328
18 zit. n. Greiner; S. 327
19 zit. n. Greiner; S. 239
20 zit. n. Greiner; S. 329
21 zit. n. Greiner; S. 297f
22 zit. n. Greiner; S. 303
23 zit. n. Greiner; S. 338
24 Peer Heinelt, Die Entflechtung und Nachkriegsgeschichte der IG FARBEN-INDUSTRIE AG; S. 13
25 Heinelt; S. 16
26 Meilensteine, Hrsg: BAYER, Leverkusen 1988; S. 304
27 Meilensteine; S. 304
28 Meilensteine; S. 314
29 Meilensteine; S. 303
30 zit. n. Heinelt; S. 8

Offener Brief

CBG Redaktion

06.September 2001

Ehemalige ZwangsarbeiterInnen bei BAYER-Zentrale in Leverkusen

Heute wird von BAYER eine Gruppe ehemaliger ZwangsarbeiterInnen empfangen, die in der Zeit des Hitler-Faschismus in Leverkusen Sklavenarbeit verrichten mussten.

Anläßlich des Empfangs der ZwangsarbeiterInnen überreicht die „Coordination gegen BAYER-Gefahren“ (CBG) dem Vorstands-
vorsitzenden des BAYER-Konzerns einen Offenen Brief.

In diesem kritisiert das konzernkritische Netzwerk die beharrliche Verweigerung von aufrichtiger Entschuldigung und erneuert ihre Forderung nach angemessener Wiedergutmachung bei allen Opfern des BAYER-Terrors und vor allem auch bei deren Hinterbliebenen.
Weiterhin verlangt die CBG den ihr verweigerten Zugang zu den BAYER-Archiven und den Unterhalt bzw. die Einrichtung von Gedenkstätten durch BAYER.

Noch 1995 ließ der Konzern Redner, die zur verbrecherischen Vergangenheit sprechen wollten, gewaltsam von den Mikrofonen der Hauptversammlung entfernen, noch 1999 verweigerte Vorstandschef
Dr. Manfred Schneider auf der BAYER-Hauptversammlung ausdrücklich eine Entschuldigung für den BAYER-Terror. Axel Köhler-Schnura, Vorstand Coordination gegen BAYER-Gefahren:
„Solange BAYER die offizielle Entschuldigung verweigert, der Coordination gegen BAYER-Gefahren den Zugang zum Archiv sperrt, sich mit lächerlichen Beträgen aus der Verantwortung stiehlt, kann von Wiedergutmachung, Reue und Sühne keine Rede sein. Wir fordern die überfällige Abkehr vom alten Geist.“

Die CBG übermittelte den ZwangsarbeiterInnen eine Kopie ihres Offenen Briefes an BAYER sowie das von ihr herausgegebene Buch
„IG FARBEN - Von Anilin bis Zwangsarbeit“ (Schmetterling-Verlag), Informationen über ihre Arbeit und wünschte ihnen die erhofften Ergebnisse ihrer Reise und eine wohlbehaltene Heimkehr.

Weitere Informationen bei
Axel Köhler-Schnura/CBG 0211 - 26 11 210

Offener Brief

BAYER AG
Dr. Manfred Schneider
51368 Leverkusen

6. September 2001

Zwangsarbeit

Sehr geehrter Herr Dr. Schneider,

anläßlich des Besuchs ehemaliger ZwangsarbeiterInnen in Leverkusen vom 3. bis zum 10. September und des Empfangs dieser Zwangs-
arbeiterInnen durch BAYER erneuern wir unsere Forderung nach einer rückhaltlosen Entschuldigung des BAYER-Konzerns für die zur Zeit des Hitler-Faschismus an ZwangsarbeiterInnen, KZ-InsassInnen und anderen Menschen begangenen Verbrechen.

Auch fordern wir die Rücknahme des von Ihnen in diesem Zusammenhang auf der Hauptversammlung 1999 geäußerten Satzes: „Ich entschuldige mich für nichts, was geschah, als ich ein Kind war.“

Wir betrachten die von Ihnen in den Stiftungsfonds zur Entschädigung ehemaliger ZwangsarbeiterInnen eingelegte Summe von 100 Mio. DM als völlig ungenügend. Zumal diese Summe zu 50 Prozent als „Betriebskosten“ über die Steuer getragen wird und Sie die Zahlung mit erpresserischen Forderungen nach jeglichem Verzicht auf Ansprüche aus Zwangsarbeit, Menschenversuchen, Enteignung etc. verbinden.

Immerhin war es BAYER-Chef Carl Duisberg, der bereits im Ersten Weltkrieg das „Modell Zwangsarbeit“ erfand und den Einsatz in Leverkusen durchsetzte; auch war es der BAYER-Betriebsteil innerhalb des IG FARBEN-Verbundes, der 1940 als erster bei den Behörden Bedarf an ZwangsarbeiterInnen anmeldete; es gab in Leverkusen öffentliche Hinrichtungen von ZwangsarbeiterInnen; im Uerdinger Werk verleibte BAYER ohne jedes Federlesen einen jüdischen Friedhof dem Werksgelände ein; Sklavenarbeit, Menschenversuche, Raub, Qual und Werksschutz-Terror gegen ZwangsarbeiterInnen - all das gehörte bei BAYER zur gängigen Praxis.

Ihre beharrliche Weigerung, den ehemaligen ZwangsarbeiterInnen und anderen Opfern bzw. deren Hinterbliebenen gerechte und angemessene Entschädigung zu gewähren sowie sich für den Konzern zu entschuldigen zeigt ebenso wie die Tatsache, dass am Grab des IG FARBEN-Verbrechers Fritz Ter Meer stets frische Blumen von BAYER liegen, dass es keine nachhaltige Distanzierung vom Täterbewußtsein und keinen entschiedenen Willen zur Wiedergutmachung gibt.
Dies bedauern wir sehr und fordern endlich überzeugende Schritte zur Abkehr von dieser Haltung.

In Erwartung Ihrer Antwort

(für den Vorstand)
- Axel Köhler-Schnura -

[Rede Axel K.-Schn.] Hauptversammlung 2003

CBG Redaktion

Sehr geehrte Damen und Herren, guten Tag,

mein Name ist Axel Köhler-Schnura. Da ich heute mehrfach persönlich angesprochen wurde nur eine kurze Antwort: Dem Herr Betriebsrat aus Wuppertal empfehle ich, aus der Gewerkschaft in den Unternehmer-
verband zu wechseln, dann würde wenigstens das Etikett stimmen. Allerdings wäre auch dann das Gesetz für BAYER geltend und die Einleitungen müssten offengelegt werden. Weder Sie noch BAYER können Gesetze brechen. Und wenn BAYER das dennoch tut, dann ist es keine Agitation und Propaganda, sondern eine wichtige Information für die AktionärInnen, die BAYER-Belegschaften und auch die allgemeine Öffentlichkeit, wenn wir dies publizieren und kritisieren.

Ich stehe hier nicht zum ersten, sondern bereits zum 20. Male. Ich betone dieses Faktum deshalb, weil ich es als wirklich schockierend empfinde, miterleben zu müssen, wie, in welcher uneinsichtigen Art und Weise hier im Saal in den letzten 20 Jahren Fachleute, WissenschaftlerInnen, Betroffene, ja selbst Geschädigte und Opfer mißachtet werden. In nicht einem einzigen Fall war in den letzten 20 Jahren die Konzernleitung bereit, irgendeine Schuld anzuerkennen, eine Entschuldigung abzugeben oder auch nur ein klein wenig Einsicht zu zeigen. Egal, ob die Vorstandsvorsitzenden Grünewald, Strenger oder Schneider hießen, stets wurde behauptet, die Fakten und Darlegungen der KritikerInnen seien „haltlos“, hätten „keinerlei Grundlage“ etc.

Und leider musste ich heute feststellen, dass auch Herr Wenning dieser Linie folgt. In seinen Gegenreden zu unseren Kritiken betonten Sie zwar ununterbrochen das angeblich so hohe Verantwortungsbewußtsein des Konzerns, wiesen aber dennoch alle vorgebrachten Fakten als „Behauptungen“, „wissenschaftlich unhaltbar“ etc. zurück. Egal ob es um die Gefährdung von Millionen Menschen durch das hochgefährliche Phosgen in Krefeld-Uerdingen oder die getöteten Kinder in Peru oder die Klagen der norwegischen Regierung geht. Im Uerdingen, so meinten Sie, bestehen „gute Kontakte zu Politikern, die die hohen Sicherheits-
standards immer wieder loben“, im Falle der getöteten Kinder ist angeblich gar kein BAYER-Stoff beteiligt und im Fall von Norwegen ist die Nachweismethode wissenschaftlich nicht haltbar. Dabei polemisierten Sie - Gesetzesbrüche bleiben Gesetzesbrüche, auch wenn Sie etwas anders sehen - und blieben konkrete Antworten auf die konkreten Fragen schuldig.

Herr Wenning, so einfach geht es nicht. BAYER ist nicht nur eine Wirtschaftseinheit, sondern ein nicht unwesentlicher Teil des sozialen und ökologischen Gefüges. Deshalb spielt das Wirken des Konzerns in Ökologie und Gesellschaft eine Rolle - ob Ihnen das passt oder nicht. Und deshalb wird die Diskussion um gesellschaftliche Schuld und Verantwortung des Konzerns, um das Verhältnisses von Konzernprofit und gesellschaftlichen Schäden nicht abreißen.

Zumal sich auch immer wieder heraus stellt, dass unsere Vorwürfe eben doch zutreffen. Um nur einige wenige Beispiele dafür herauszugreifen, frage ich jetzt einfach mal:

War unsere Kritik hinsichtlich der BAYER-Holzgifte XYLAMON/XYLADECOR, mit dem Tausende von Menschen alleine in Deutschland vergiftet und hochgradig gesundheitlich geschädigt wurden, haltlos?

War unsere Kritik im Hinblick auf die Vernichtung Zehntausender Arbeitsplätze, auf die unglaubliche Erhöhung der Ausbeutungsrate, gemeinhin Produktivität genannt, auf den rasanten Abbau der sozialen Sicherheit unbegründet?

Ist unsere Kritik unbegründet, dass die Profite des Konzerns werden auf dem Rücken der Beschäftigten gemacht, ja aus ihnen herausgepresst werden?

Entbehrten unsere Vorwürfe hinsichtlich der Aidsverseuchten Bluter-Medikamente tatsächlich jeder Grundlage? Immerhin hat der Konzern bis dato mindestens eine Milliarde Euro an Entschädigungen bezahlen müssen.

War unsere Kritik hinsichtlich der Verwicklung des Konzerns in die Produktion chemischer Kampfstoffe unbegründet? In den 80er Jahren schrammte der Konzern nur mit großem Glück an Entschädigungsleistungen für AGENT ORANGE-geschädigte US-Soldaten vorbei und derzeit wird bereits wieder erwogen, Klagen gegen den Konzern zu erheben wegen der Lieferung des berüchtigten AGENT ORANGE Kampfstoffes an das südafrikanische Apartheidsregime.

Und LIPOBAY? Alles „haltlos“, „unbegründet“, „ohne jede Grundlage“? Die Toten und Geschädigten sprechen eine andere Sprache. Da hilft es übrigens auch nichts, wenn Herr Steinharter als Schoßhund der Konzernleitung in diesem Zusammenhang die Medien als „unseriös“ und die klagenden Juristen als „Anwaltsmafia“ abzuwerten versucht.
Und noch etwas - Sie haben zu Peru bereits zweimal gesprochen. Ihr Tremelo war zwar sehr eindrucksvoll, aber in der Sache zynisch. Unabhängig vom fehlenden Wahrheitsgehalt Ihrer Aussagen, ist die Sache doch die: Weshalb nimmt BAYER nicht in seiner nach Ihren Worten grenzenlosen Verantwortung endlich die Klasse-I-Stoffe vom Markt wie das seit Jahrzehnten von WHO und zahllosen anderen gefordert wird? Ihre Unglauwürdigkeit wird daran deutlich, dass der Konzern selbst in einer schwachen Stunde versprochen hat, sich von den hochgiftigen Klasse-I-Stoffen bis Ende 2000 zu trennen. Und nun? Inzwischen will BAYER nichts mehr von diesem Versprechen wissen.

Meine Damen und Herren, unsere Kritik ist keineswegs unbegründet, sondern im Gegenteil es wird immer wieder erschreckend deutlich, dass BAYER für seine Profite Menschenrechte, ökologische Prinzipien und auch die menschliche Gesundheit bis hin zum Tod schädigt.

Besonders pikant dabei wird es, wenn die Vorstände das Argument in den Mund nehmen, sie hielten sich streng an Recht und Gesetz. Wie, so frage ich, kann es denn dann kommen, dass Staatsanwaltschaften immer wieder Haussuchungen durchführen, dass ständig Ermittlungsverfahren anhängig sind, dass der Konzern mit einer Regelmäßigkeit, nach der man die Uhr stellen kann, zu Strafen in Höhe von Hunderten von Millionen Dollar und Euro verurteilt wird? Gerade in den letzten Tagen wieder in den USA. Da fällt doch dem Unbedarftesten auf, dass hier das Gerede von Recht und Gesetz, an das man sich halte, leeres Wort ist.

Doch meine Damen und Herren, zum Glück habe ich in den zurück-
liegenden Jahren auch immer wieder Aktionäre und Aktionärinnen erlebt, deren Gewissen sich regte, die unser Engagement würdigen, die uns unterstützen oder gar ihre BAYER-Aktien verkaufen. Diesen Aktionären und Aktionärinnen gebührt unser aller Dank, denn Sie sind das Gewissen des Konzerns. Ich kann jeden hier im Saal nur auffordern, es ihnen gleich zu tun. Grund gibt es angesichts der auch heute wieder vorgetragenen Fakten und Fälle mehr als genug! Falls Sie uns suchen, um Ihre Stimmrechte zu übertragen, wir sitzen hier vorne.

Bevor ich nun zu unseren Gegenanträgen komme, noch eine Nachfrage:

Herr Wenning, habe ich richtig gehört, 150.000 Tierversuche? Auf was bezieht sich diese Angabe? Sollte sich diese Zahl auf die AG beziehen, so bitte ich um die Zahl für den Konzern.

Zu unseren Gegenanträgen: Wie Sie alle - außer vielleicht Herr Kratz - gemerkt haben, werden diese nicht mehr publiziert, sie sind nur noch im Internet nachzulesen. Auch die Stellungnahme gibt es nur noch auf der Internetseite des BAYER-Konzerns. Keinesfalls ist die Internetpublikation gleichwertig mit der bisherigen Methode der Veröffentlichung. Die Gegenanträge erreichen nur noch einen Bruchteil der Aktionärinnen und Aktionäre. Damit stellt die Internetmethode eine Beschneidung der Informationsrechte der Aktionäre und Aktionärinnen dar, die durchaus Zensur genannt werden darf.

Im übrigen möchte ich in diesem Zusammenhang die Frage stellen, wie BAYER es mit der Mündigkeit der Aktionäre und Aktionärinnen hält, wenn Sie den BesucherInnen dieser HV die Flugschriften, die sie vor dem Saal entgegengenommen haben, am Eingang wieder abgenommen haben und es erst massiven Protestes bedurfte, um diese unglaubliche Maßnahme zu stoppen?

Doch zurück zu unseren Gegenanträgen: Meine Damen und Herren, Sie haben mittlerweile von vielen Rednerinnen und Rednern Informationen bekommen, die zeigen, daß unsere Gegenanträge sehr wohl begründet sind. Zunächst zu zum Gewinn:

Ich beantrage die Kürzung der Dividende auf 0,10 Euro je Aktie. Die frei werdenden Gewinn-Milliarden sollen stattdessen verwendet werden

für die Zahlung von Wiedergutmachungen an die Opfer der Verbrechen von BAYER und des von BAYER mitbetriebenen IG FARBEN-Zusammenschlusses bzw. deren Angehörigen.

für den Erhalt und die Schaffung sicherer Arbeitsplätze und für die Zahlung sozial gerechter Löhne;

für einen Fonds zum angemessenen Ausgleich von Schäden, die infolge der Geschäftstätigkeit an Mensch, Tier und Umwelt eingetreten sind;

für den umfassenden ökologischen und sozialen Umbau des Konzerns ohne doppelte Standards.
Es sei wie stets angemerkt, daß wir durchaus auch den völligen Verzicht auf jede Dividendenausschüttung im Sinne der erläuterten Sozial-, Entschädigungs- und Ökologie-Dividende beantragen würden, wäre dies für uns Aktionäre überhaupt möglich.

Weiterhin stellen wir den Antrag, den Vorstand nicht zu entlasten.

Ebenso stellen wir den Antrag, den Aufsichtsrat nicht zu entlasten.

Wir begründen diese Nicht-Entlastungen damit, dass Vorstand und Aufsichtsrat seiner Verantwortung im dargelegten Sinne nicht gerecht wurde.

Ich stelle alle meine Anträge auch im Namen aller von uns vertretenen 143 AktionärInnen.

Meine Damen und Herren, bitte stimmen Sie mit uns bei den Abstimmungen im Interesse der Rechte der Kleinaktionäre und der Öffentlichkeit. Stimmen Sie grundsätzlich bei allen Anträgen mit „NEIN“.

Meine Damen und Herren, als Kleinaktionäre und Kleinaktionärinnen sind Sie weder Konzernprofiten noch Bankbilanzen verpflichtet. Sie sind in Ihrer Entscheidung frei. Stimmen Sie deshalb im Interesse von Aktionärsdemokratie, Ökologie und sozialen Rechten mit „Nein“. Die vielen Hunderttausend KleinaktionärInnen des Konzerns repräsentieren nur wenige Prozente des Kapitals, 90 und mehr Prozent werden von wenigen GroßaktionärInnen gehalten bzw. von Fonds und Banken vertreten. Aber stimmen Sie dennoch mit NEIN. Sie können mit Ihrem NEIN dem Vorstand zeigen, dass Sie ein Gewissen haben. Tun Sie es einfach.

Und noch eine Bitte: Sollten Sie die HV vorzeitig verlassen, aber dennoch mit uns stimmen wollen, so treten Sie mit uns in Kontakt. Sie finden uns hier vorne, von Ihnen aus gesehen links. Dort können Sie uns auch Ihre Stimmrechte übertragen, sollten Sie vorzeitig die Hauptversammlung verlassen.

Vielen Dank.

[Kurt Hansen] IG Farben

CBG Redaktion

7. März 2013

Wissenschafts-Auszeichnung nach Ex-Nazi benannt

BAYER vergibt Familie-Hansen-Preis 2013 in Berlin / „symptomatisch für Umgang mit der Geschichte im Dritten Reich“

Der BAYER-Konzern hat gestern den Familie-Hansen-Preis 2013 an Prof. Hans-Georg Rammensee von der Universität Tübingen vergeben. Der BAYER-Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers und das Vorstandsmitglied Wolfgang Plischke überreichten den mit 75.000 Euro dotierten Preis im Rahmen eines Festaktes in Berlin.

Die Auszeichnung ist nach Kurt Hansen benannt, der den Preis 1999 stiftete. Kurt Hansen war von 1961 bis 1974 Vorstandsvorsitzender von BAYER. Später wurde er Vorsitzender des Aufsichtsrats sowie Ehrenvorsitzender.

Hansen war bereits frühzeitig, im Jahr 1931, in die NSDAP eingetreten. Bei den IG FARBEN war er Leiter der kriegswichtigen „Zentralstelle für Rohstoffbeschaffung“. Wegen seiner Mitverantwortung für Kriegsverbrechen war Kurt Hansen 1945 von den Alliierten interniert worden.

Die IG FARBEN waren eng in den Eroberungskrieg des Dritten Reichs eingebunden. Der Konzern folgte der Wehrmacht in die eroberten Länder Europas und übernahm meist innerhalb weniger Wochen die dortige Chemie-Industrie. Die von Hansen geleitete Abteilung spielte hierbei eine zentrale Rolle. Auch Kohlegruben, Ölförder-Einrichtungen und andere Rohstoff-Quellen gehörten zur Beute des Konzerns, der zudem Zehntausende von Zwangsarbeitern ausbeutete.

Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „In der Person von Kurt Hansen wird der bruchlose Übergang der IG FARBEN zum BAYER-Konzern deutlich. Selbst die in den Nürnberger Prozessen verurteilten Kriegsverbrecher konnten nach kurzer Zeit wieder in den Vorstand aufrücken – symptomatisch für den Umgang deutscher Konzerne mit ihrer unseligen Vergangenheit“. Mimkes fordert BAYER auf, den Preis umgehend umzubenennen oder auf künftige Verleihungen zu verzichten.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat anlässlich des 150. Jubiläums von BAYER eine Kampagne gestartet, mit der auf die Schattenseite der Konzerngeschichte aufmerksam gemacht wird

[Redebeiträge] Hauptversammlung 2001

CBG Redaktion

HV: Alle Fragen bleiben offen

Die Schadensbilanz 2000

Von Udo Hörster

Als erste Kritische Aktionärin trat Susanne Smolka vom PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN) ans Mikrofon. Sie brachte die Risiken und Nebenwirkungen der BAYER-Ackergifte zur Sprache. Das Unkrautbe- kämpfungsmittel DIURON, führte Smolka aus, stellt nicht nur eine Belastung des Ökosystems dar, es verunreinigt das Trinkwasser auch in einem solchen Maße, dass die Wasserwirtschaft Millionen-Beträge in Reinigungsverfahren investieren muss. „Wie oft wir schon über DIURON gesprochen haben“, lamentierte Schneider daraufhin und brachte seinen Textbaustein „Es macht keinen Sinn, Detail-Diskussionen über Produkte und deren Eigenschaften zu führen“ in Anschlag. Bei der Frage, wann BAYER endlich das im Geschäftsbericht von 1995 gegebene Versprechen einlösen wolle, besonders giftige Agrochemikalien durch ungefährlichere zu ersetzen, zeigte der Vorstandsvorsitzende sich noch weniger auskunftsfreudig. BAYER würde nur geprüfte Produkte vertreiben, lautete seine Nicht-Antwort.

Einem anderen angeblich so sorgfältig geprüftem Pestizid-Produkt, FOLIDOL, widmete sich Tania Santivañez aus Bolivien. Die Chemikerin der La Pazer Universität Nuestra Señora verwies auf Langzeitstudien, nach denen FOLIDOL chronische Gesundheitsstörungen wie Nervenkrankheiten verursacht. Zudem kritisierte sie, dass sich unter den 44 in ihrem Land registrierten BAYER-Ackergiftwirkstoffen mit Methyl-Parathion, Ethyl-Parathion, Oxidemeton, O-Methyl, Carbofuran und anderen etliche befinden, die in anderen Staaten wegen ihrer extremen Giftigkeit längst nicht mehr im Handel sind.

Mit dem Antibiotikum BAYTRIL stand ein weiteres der ach so sicheren BAYER-Produkte im Mittelpunkt des Beitrages der US-Amerikanerin Dr. Corinna Horta. Seitdem der Wirkstoff Fluorochinolon in der Geflügelzucht verwendet wird, ist die Anzahl der gegen die Substanz resistenten Krankheitserreger erschreckend gestiegen, so die Aktivistin von ENVIRONMENT DEFENSE. Da die Keime über die Nahrungskette auch in den menschlichen Organismus gelangen und dort Krankheiten auslösen können, hat das angesehene Wissenschaftsmagazin Science der US-Gesundheitsbehörde FDA geraten, den Handel zu stoppen.

Die BeamtInnen nahmen Gespräche mit den Herstellern auf. Einige stoppten daraufhin den Vertrieb. Nicht aber BAYER. Mit dem fadenscheinigen Hinweis darauf, BAYTRIL werde nur therapeutisch, nicht aber prophylaktisch verwendet, stellte Manfred Schneider in seiner Antwort auf Dr. Horta klar, dass der Chemie-Multi das auch in Zukunft nicht zu tun gedenke.

Was es wirklich bedeutet, wenn BAYER ein Produkt prüft, darüber klärte der britische Arzt Dr. Steven Karren die AktionärInnen auf. Er war an Voruntersuchungen zu einem Arzneimitteltest mit dem Antibiotikum CIPROBAY beteiligt, für das der Chemie-Multi eine Zulassungserweiterung beantragen wollte. Es sollte vor schweren Operationen nicht mehr nur intravenös, sondern auch oral verabreicht werden können. Die Tests fielen aber negativ aus. Oral eingenommen, vormochte CIPROBAY die PatientInnen nach überstandener OP nicht mehr vor Infektionen zu schützen. Unter den 800 Test-Personen kam es sogar zu Todesfällen Der Konzern hat diese Ergebnisse der zuständigen Ethik-Kommission verschwiegen und vor der „Medicine Control Agency“ falsche Angaben gemacht. Ein Skandal, zu dem Manfred Schneider nichts zu sagen hatte. Dr. Karren reichte deshalb unmittelbar nach der Hauptversammlung eine Klage gegen BAYER ein.

Den Tod hunderttausender AIDS-Kranker in Südafrika nahm der BAYER-Konzern mit seiner Patentverletzungsklage billigend in Kauf: Wegen des schwebenden Verfahrens hatten die PatientInnen nicht die Möglichkeit, billige Kopien von patent-geschützten westlichen Kombinationstherapeutika zu erwerben. Ilka Schröder, für die Grünen im Europäischen Parlament sitzend, bestritt deshalb die Legitimation des Anspruchs auf „Schutz des geistigen Eigentums“. Da Wissen ein gesellschaftlich produzierter Reichtum ist, „erwirtschaftet“ durch Erziehungsleistungen, staatlich finanzierte Bildungsinstitutionen, öffentliche Forschungsgelder, frei zugängliche Datenbanken und wissenschaftliche Errungenschaften der Vergangenheit, hat seine Privatisierung zu Profit-Zwecken nach Schröders Ansicht keine Berechtigung.

Einen anderen Aspekt der Benachteiligung von Ländern der „Dritten Welt“ - die Ausnutzung der in diesen Staaten weniger strengen Umweltauflagen als Standort-Vorteil - thematisierte Henry Mathews.
Der Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen
und Aktionäre zitierte eine neue GREENPEACE- Studie, nach der das BAYER-Werk im brasilianischen Belford Roxo den Boden und den Fluss Sarapui mit Schwermetallen, Chlor-Chemikalien und Pestizid-Rückständen in immensen Konzentrationen belastet. Was seriöse ForscherInnen unter penibler Dokumentation ihrer Untersuchungsmethoden veröffentlichten, nannte der BAYER-Chef einfach „die von GREENPEACE in die Welt gesetzten Behauptungen“ und erachtete es nicht als nötig, weiter auf das Problem einzugehen.

Aber nicht nur in den so genannten Entwicklungsländern, auch in der Bundesrepublik stellen BAYER-Anlagen eine Gefährdung von Mensch und Umwelt dar. Hubert Ostendorf (CBG) kam noch einmal auf die Beinahe-Katastrophe von Wuppertal zu sprechen, wo im Juni 1999 durch die Explosion eines Kessels 2,7 Tonnen giftiger Chemikalien freigesetzt wurden und sich deshalb über 100 Menschen in ärztliche Behandlung begeben mussten. Einen unerhörten Vorgang nannte es Ostendorf, dass der anschließende Prozess mit einer Geldbuße in Höhe von 5.000 Mark für einen kleinen BAYER-Angestellten endete und alles weiter seinen gewohnt-gefährlichen Gang gehen kann.

Nach der Katastrophen-Bilanz seiner VorrednerInnen widmete Wolfgang Teuber (DKP) sich dem ganz alltäglichen Wahnsinn in den BAYER- Betrieben. Während die Vorstandsbezüge im letzten Jahr um rund 30 Prozent zunahmen, mussten die Beschäftigten in diesem Zeitraum Lohn- Einbußen, die Streichung von Sonderleistungen, Flexibilisierungsmaßnahmen und eine immer größere Arbeitshetze hinnehmen, kritisierte Teuber und erinnerte Vorstand und Aufsichtsrat an die im Grundgesetz festgeschriebene Sozialpflichtigkeit des Eigentums.

Erübrigt hätte sich in Zukunft wahrscheinlich die geballte Konzern-Kritik, wie sie dem Multi am 27. April entgegenschlug, wenn BAYER folgende Vorschläge des CBG-Geschäftsführers Philipp Mimkes zum Tagesordnungspunkt „Satzungsänderungen“ akzeptiert hätte: „BAYER vertreibt keine Güter, die für militärische Zwecke genutzt werden können“; „Ziel des Unternehmens ist der Umweltschutz“; „BAYER garantiert das Gewerkschaftsrecht“; „BAYER macht keine Geschäfte mit Ländern, die die Menschenrechte verletzen“; BAYER übernimmt Verantwortung für die Verbrechen der IG FARBEN". Zu schön, um wahr zu sein, wäre das gewesen. Deshalb verwiesen die Bosse diesen Entwurf einer wirklich verantwortlichen Unternehmenssatzung auch umgehend ins Reich der Märchen.

[Gegenantrag] BAYER Hauptversammlung

CBG Redaktion

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat heute einen Gegenantrag zur BAYER-Hauptversammlung am 26. April in Köln eingereicht. Die Gegenanträge werden auch auf der website des Konzerns veröffentlicht.

Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet

Die Firma BAYER führt zu ihrem 150. Geburtstag aufwendige Feierlichkeiten durch. Die zahlreichen Konzern-Verbrechen werden in den Festschriften jedoch totgeschwiegen. Statt sich zur Verantwortung zu Zwangsarbeit, Giftgas und tödlichen Pharmaprodukten zu bekennen, wird die Unternehmensgeschichte weißgewaschen.

Zum 150-jährigen Bestehen organisiert die Firma BAYER zahlreiche Festveranstaltungen mit prominenten Gästen. Ein eigens gebautes Luftschiff macht in allen fünf Kontinenten Werbung für den Konzern. Auch eine Ausstellung wurde von Leverkusen aus um die Welt geschickt.

Bei den Jubelfeiern werden jedoch die unangenehmen Teile der Firmengeschichte ausgeblendet. Themen wie Umweltverseuchung, Pestizid-Vergiftungen, Arbeiterproteste oder die Kollaboration mit dem Dritten Reich fallen in der Firmen-Chronik unter den Tisch.

So fehlt in keiner Unternehmens-Broschüre der Hinweis auf die Erfindung von ASPIRIN. Verschwiegen wird jedoch, dass BAYER fast zeitgleich das Präparat HEROIN auf den Markt brachte, u.a. als Hustenmittel für Kinder. Bereits kurz nach der Markteinführung hatten Ärzte auf das Suchtpotential von HEROIN hingewiesen. Trotzdem führte BAYER fünfzehn Jahre lang einen globalen Werbefeldzug für das neue Präparat durch.

Einige weitere Hintergründe zur BAYER-Historie:

=> Der langjährige BAYER-Generaldirektor Carl Duisberg beteiligte sich im 1. Weltkrieg persönlich an der Entwicklung von Giftgas und setzte den völkerrechtswidrigen Ein-satz an der Front durch. Duisberg war mitverantwortlich für die Deportation zehntau-sender belgischer Zwangsarbeiter, auch forderte er die Annexion großer Gebiete Ost-europas.

=> Über Jahrzehnte hinweg betrieb Duisberg den Zusammenschluss der deutschen Chemie-Industrie zur IG Farben. Der im Jahr 1925 gegründete Konzern war der größte Europas. Die Firma stand der Weimarer Republik ablehnend gegenüber; hohe Spenden gingen an nationalkonservative Parteien und später an die NSDAP.

=> Die IG Farben war im Dritten Reich an den grässlichsten Verbrechen der Mensch-heitsgeschichte beteiligt. Sie lieferte Zyklon B für die Gaskammern und baute in Auschwitz eine riesige neue Fabrik. Zur Unterbringung der Sklavenarbeiter betrieben die IG Farben ein eigenes Konzentrationslager. Zehntausende kamen darin ums Le-ben.

=> Die IG FARBEN waren eng in den Eroberungskrieg des Dritten Reichs eingebunden. Der Konzern folgte der Wehrmacht in die eroberten Länder Europas und übernahm meist innerhalb weniger Wochen die dortige Chemie-Industrie, Kohlegruben sowie die Ölförderung. Der spätere BAYER-Vorstandsvorsitzende Kurt Hansen spielte bei die-sem Raubzug eine zentrale Rolle.

=> In den Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozessen beschäftigte sich ein eigenes Verfah-ren mit den IG Farben. Hierin wurde z.B. festgestellt: „Unstreitig sind verbrecherische Experimente von SS-Ärzten an Konzentrationslager-Häftlingen vorgenommen worden. Diese Experimente sind zu dem ausdrücklichen Zweck erfolgt, die Erzeugnisse der IG Farben zu erproben.“

=> Die in Nürnberg verurteilten Manager konnten nach Verbüßung ihrer Haftstrafe ihre Karriere ungehindert fortsetzen. So wurde Fritz ter Meer Aufsichtsratsvorsitzender von BAYER. Bei seiner Vernehmung in Nürnberg hatte er geäußert, den Zwangsarbeitern in Auschwitz sei „kein besonderes Leid zugefügt worden, da man sie ohnedies getötet hätte“. BAYER benannte sogar eine Studien-Stiftung in „Fritz-ter-Meer-Stiftung“.

=> In den Laboren von BAYER wurde auch im Dritten Reich an chemischen Kampfgasen geforscht. Der Erfinder von SARIN und TABUN, Dr. Gerhard Schrader, leitete nach dem Krieg die Pestizidabteilung von BAYER. Während des Vietnam-Kriegs war BAYER an der Entwicklung von AGENT ORANGE beteiligt. Die Produktion erfolgte bei der gemeinsam von BAYER und MONSANTO gegründeten Firma MOBAY.

Symptomatisch für den Umgang von BAYER mit seiner Geschichte ist die Verleihung des Familie-Hansen-Preises im März 2013. Der von Marijn Dekkers in Berlin übergebene Preis wurde von dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Kurt Hansen gestiftet. Hansen war bereits 1931 in die NSDAP eingetreten. Bei den IG FARBEN stieg er zum Leiter der kriegswichtigen „Zentralstelle für Rohstoffbeschaffung“ auf (siehe oben). In der Person von Kurt Hansen wird einmal mehr der bruchlose Übergang der IG FARBEN zum BAYER-Konzern deutlich.

Die 150-jährige Unternehmensgeschichte von BAYER wurde von Beginn an von Protesten begleitet. Bereits im 19. Jahrhundert gab es massiven Widerstand von Anwohnern und Belegschaft gegen die anhaltende Luft- und Wasserverschmutzung. In vielen Fällen konnte hierdurch ein besserer Arbeits- und Umweltschutz erkämpft werden. Bis heute hat BAYER jedoch keine unabhängige Untersuchung der Firmen-Historie veranlasst.

Für die verfälschende Darstellung der Unternehmens-Geschichte im Jubiläumsjahr ist der Vorstand verantwortlich. Daher ist ihm die Entlastung zu verweigern.

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Giftgase

CBG Redaktion

18. März 2014

Die in Syrien gelagerten Giftgase, darunter Sarin, Senfgas und VX, wurden größtenteils in den Laboren der BAYER AG entwickelt. Anlässlich der aktuellen Diskussion um Lieferungen an das syrische Regime veröffentlichen wir ein Dossier über die 100-jährige Giftgas-Geschichte des Konzerns. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert, alle Exporteure von chemiewaffenfähigen Stoffen offen zu legen.

Senfgas, Sarin, Agent Orange:

100 Jahre Giftgas-Tradition bei BAYER

Senfgas und Phosgen
Kurz nach Beginn des 1. Weltkriegs wurde auf Vorschlag des Kriegsministeriums eine Kommission ins Leben gerufen, die sich mit der Nutzung giftiger Abfallstoffe der Chemie-Industrie beschäftigte. Diese unterstand dem BAYER-Generaldirektor Carl Duisberg und dem Chemiker Walter Nernst. Die Kommission empfahl der Heeresleitung zunächst die Nutzung von Chlorgas, wobei wissentlich gegen die Haager Landkriegsordnung verstoßen wurde, die den militärischen Einsatz von Giftgas seit 1907 verbietet.
Carl Duisberg war bei den ersten Giftgasversuchen auf dem Truppenübungsplatz in Köln-Wahn persönlich anwesend und pries den chemischen Tod begeistert: „Die Gegner merken gar nicht, wenn Gelände damit bespritzt ist, in welcher Gefahr sie sich befinden und bleiben ruhig liegen, bis die Folgen eintreten.“ In Leverkusen wurde sogar eine Schule für den Gaskrieg eingerichtet. Der erste Einsatz von Chlorgas durch das deutsche Heer erfolgte schließlich im belgischen Ypern. Allein bei diesem Angriff gab es schätzungsweise 2.000 bis 3.000 Tote und ein mehrfaches an Schwerverletzten.
Unter Carl Duisbergs Leitung wurden bei BAYER immer giftigere Kampfstoffe entwickelt, zunächst Phosgen und später Senfgas. Duisberg forderte vehement deren Einsatz: „Ich kann deshalb nur noch einmal dringend empfehlen, die Gelegenheit dieses Krieges nicht vorübergehen zu lassen, ohne auch die Hexa-Granate zu prüfen“, so Duisberg wörtlich. Insgesamt geht die Forschung von 60.000 Toten des von Deutschland begonnenen Gaskrieges aus.

Sarin und Tabun
Die nächste Generation von Giftgasen, Stoffe wie Sarin und Tabun, gehört zur Gruppe der Organophosphate. Sie entstammt ebenfalls den Laboren von BAYER. Entwickelt wurden die Substanzen 1936 bzw. 1938 in Wuppertal von Dr. Gerhard Schrader (das „S“ in Sarin steht für Schrader). Bis Kriegsende wurden in der Giftgas-Fabrik in Dyhernfurt rund 12.000 Tonnen Tabun produziert. Gerhard Schrader leitete nach dem 2. Weltkrieg die Pestizid-Abteilung von BAYER.
Nach dem Ende des Dritten Reiches unternahmen die Alliierten nichts, um die Wissenschaftler einer Strafe zuzuführen. Sie versuchten vielmehr, von ihrem gefährlichen Wissen zu profitieren. Die Militärs zogen dafür die ganze Wissenschaftselite auf Schloss Kransberg im Taunus zusammen. Schrader, Heinrich Hörlein und die übrigen Kollegen von der Dyhernfurther Chemiewaffen-Fabrik, deren Unterlagen später auch sowjetische Wehrwissenschaftler systematisch auswerteten, stellten dabei das größte Kontingent. „Die chemischen Nervenkampfstoffe stießen bei den Engländern und Amerikanern auf größtes Interesse, Vergleichbares besaßen sie in ihren Arsenalen nicht. Schrader und Konsorten mussten deshalb in Kransberg bis in die kleinsten Details Aufzeichnungen über die Synthese ihrer Ultragifte anfertigen“, schreiben Egmont R. Koch und Michael Wech in ihrem Buch „Deckname Artischocke“. Schrader war den US-Experten sogar so wertvoll, dass sie ihn mit in die Vereinigten Staaten nahmen. In Diensten des „Chemical Corps“ der US-Streitkräfte tat er dann genau das, was er während der NS-Zeit auch gemacht hat.

VX-Kampfstoffe
In den 50er Jahren kehrte Schrader nach Deutschland und zu BAYER zurück. Seine Vergangenheit stellte für den Chemie-Multi kein Hindernis für eine Wiedereinstellung dar. Und erneut arbeitete Schrader auch an Kampfstoffen: Zusammen mit den BAYER-Forschern Ernst Schegk und Hanshelmut Schlör reichte er 1957 (zwei Jahre später auch in den USA) Patente zur Herstellung von Phosphorsäureester-Insektiziden ein. Diese sollten gegen Fliegen, Milben und Blattläuse eingesetzt werden. In seinem Artikel „Die Entwicklung neuer Phosphorsäureester“ führte Schrader aus, wie man aus der allgemeinen Formel Stoffe mit hoher „Warmblüter-Toxizität“ gewinnen kann, die diejenige von Sarin oder Tabun weit übersteigt.
Recherchen des Journalisten Günter Wallraff und des Chemikers Jörg Heimbrecht zeigten, dass die von der US-Armee hergestellten Kampfstoffe VX, VE, VM, VS und 33SN zum Teil auf diesen Patenten basieren. Zwar bestritt BAYER, nach diesen Formeln selber Chemie-Waffen hergestellt oder das Recht dazu dem US-Militär gegen Lizenz-Gebühren abgetreten zu haben. Wie es dennoch zur Produktion von VX-Waffen kommen konnte, erklärte der damalige Unternehmenssprecher Jürgen von Einem mit einem Ausnahme-Passus im US-amerikanischen Patent-Recht. Wenn ein übergeordnetes Interesse bestehe, erlaube es den zwangsweisen Zugriff auf das geistige Eigentum Dritter, ohne diese zu informieren und zu entschädigen. Ob dies der Realität entspricht oder ob es eine formale Zusammenarbeit der US-Armee mit BAYER gab, ist bis heute unklar.

Agent Orange
Auch an der Herstellung des im Vietnam-Kriegs eingesetzten Entlaubungsmittels Agent Orange war BAYER beteiligt. Die Produktion des Giftstoffs erfolgte unter anderem bei der gemeinsamen BAYER/MONSANTO-Tochterfirma MoBay. Der genaue Lieferumfang von MoBay liegt jedoch im Dunkeln.
Agent Orange besteht aus den Wirkstoffen 2,4-D und 2,4,5-D, die herstellungsbedingt auch Dioxin enthielten. BAYER produzierte in der fraglichen Zeit jährlich 700 bis 800 Tonnen 2,4,5-D und verkaufte einen Teil der Produktion an die französische Firma PRODIL. Diese wiederum verarbeitete die Chemikalie weiter und lieferte sie nach Vietnam. Ein Akten-Notiz der der Boehringer AG, die ebenfalls mit PRODIL Geschäfte machte, belegt dies: „BAYER und PRODIL haben auf dem 2,4,5-D-Sektor seit Jahren (Vietnam) zusammengearbeitet“.
Das 2,4,5-D, von dem das Pentagon 1967 und 1968 in den USA alle Bestände aufkaufte, fand zusätzlich noch im Reinzustand Verwendung. AGENT GREEN lautete seine Bezeichnung. Der für eine Organisation AGENT ORANGE-geschädigter Vietnam-Veteranen arbeitende Martin H. Kroll nennt in seiner Aufstellung der 58 im Krieg eingesetzten Chemikalien unter AGENT GREEN deshalb auch BAYER als Hersteller.
Experten von BAYER und HOECHST standen der US-Army aber auch direkt vor Ort mit Rat und Tat zur Seite, wie Seymour M. Hersh in seinem Buch „Chemical and Biological Warfare“ mit Berufung auf einen Artikel der Eastern World schreibt. Als medizinische Helfer getarnt, arbeiteten sie dem US-amerikanischen Planungsbüro für B- und C-Waffeneinsätze in Saigon zu. Die transatlantische Kooperation konnte sich dabei auf alte Verbindungen stützen: Die Abstimmung zwischen den US-amerikanischen und bundesdeutschen Chemie-Firmen übernahm die ehemalige IG FARBEN-Tochter GENERAL ANILINE AND FILM CORPORATION. Der Zeitung zufolge stellte BAYER überdies in Spanien und Südafrika selbst chemische Kampfstoffe her - die autoritären Regierungsformen beider Länder dürften bei der Standort-Wahl für ein so heikles Unternehmen wohl eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben.

Kriege in Nahost
Der Irak bekämpfte 1987/88 aufständische Kurden mit Tabun, Sarin und S-Lost. Dieselben Substanzen verwendete das Land im Krieg gegen den Iran als Waffen.
Der Iran seinerseits begann in den achtziger Jahren mit Planungen zu einem großen Chemie-Komplex mit angeschlossener Pestizid-Produktion nahe der Stadt Ghaswin - an das Anwendungsgebiet „Landwirtschaft“ haben die Politiker in den Kriegszeiten kaum vorrangig gedacht. 1984 verkaufte BAYER dem Iran Lizenzen zur Fertigung von Azinphos-Methyl und Fenitrothion, einer chemiewaffen-fähigen Substanz aus der berühmt-berüchtigten Gruppe der Phosphorsäureester. Die Aufsichtbehörden genehmigten den Deal, rieten dem Konzern aber von weiteren Geschäften im Zusammenhang mit Ghaswin ab. Der Leverkusener Chemie-Multi hielt sich nicht daran. Ab 1987 lieferte er eine Anlage zur Pestizid-Produktion in den Iran. Für alle Bauten konnte der für die technische Koordination in Ghaswin zuständige LURCHI-Konzern Genehmigungen vorlegen, nur für die BAYER-Fabrik nicht - aus gutem Grund. „‚Das Endprodukt‘ könnte ‚auch zur Bekämpfung von Warmblütern‘ eingesetzt werden und ‚damit als Kampfgas dienen‘“, zitierte der SPIEGEL aus einem Schreiben der Kölner Oberfinanz-Direktion. Die Behörden leiteten aus diesem Grund Ermittlungen ein. Ende 1989 führten Fahnder Razzien in den Dormagener, Leverkusener und Monheimer BAYER-Niederlassungen durch und stellten drei Dutzend Ordner mit Konstruktionsplänen sicher. Der Staatsanwalt stellte das Verfahren später ein - wie so viele mit BAYER auf der Anklagebank.

weitere Infos
=> Jahrelang wurde die Bundesrepublik Deutschland bei den Genfer Verhandlungen zur Abschaffung von Chemiewaffen von dem BAYER-Direktor Prof. Hoffmann vertreten.
=> siehe auch Chemie-Waffen: tödliche Tradition bei Bayer

Hauptversammlung 1998

CBG Redaktion

Presseerklärung vom 24. März 1998

Millionenschweres Aktienpaket: Kritiker übergeben Erweiterung der Tagesordnung

Die Kritischen BAYER Aktionäre übergeben heute dem Vorstand des Leverkusener Chemiemultis Ergänzungen für die Tagesordnung der BAYER-Hauptversammlung am 30. April. Hierzu befähigt sie das umfangreiche Aktienpaket der Familie Nold, die ihre Stimmrechte den Kritikern zur Verfügung stellt, für eine Erweiterung der Tagesordnung werden Aktien im Nennwert von 1 Mio DM benötigt. Zu den einzelnen Punkten werden die Kritiker auf der Hauptversammlung ausführlich Stellung nehmen, auch ein Gast aus den USA wird sprechen. Die Kritiker stellen auch über 30 Gegenanträge. Im einzelnen wird gefordert, die BAYER-Satzung wie folgt zu erweitern:

1. „Die Gesellschaft leistet umfassende finanzielle Entschädigungen an alle Personen, die durch Geschäftsaktivitäten oder durch Produkte gesundheitlich geschädigt wurden. Eine rückwirkende Produkthaftung wird unbefristet übernommen. Bluter, die durch Faktor VIII-Präparate mit dem Aids-Virus infiziert wurden, werden weltweit auf der Basis des in Japan geschlossenen Vergleichs finanziell entschädigt.“

2. „Die Gesellschaft garantiert ihren Beschäftigten weltweit in allen Niederlassungen weitestgehende gewerkschaftliche Freiheit, insbesondere Organisations- und Versammlungsfreiheit, Kündigungsschutz für Belegschaftsvertreter und Mitspracherechte der Beschäftigten bei allen arbeitnehmerspezifischen Belangen. In Staaten, in denen sie diese Rechte nicht garantieren kann, unterhält sie keine Niederlassungen oder Beteiligungen.“

3. „Die Gesellschaft entwickelt und produziert keine Güter, die für militärische Zwecke verwendet werden können. Sie beliefert weder Armeen noch Rüstungskonzerne.“

4. „Die Gesellschaft verpflichtet sich dem Ziel der umfassenden Schadstoff- und Risikominimierung. Hierzu gehören der Einsatz chlorfreier Verfahren in der Polyurethan-Produktion, der sofortige Verzicht auf die Produktion von Pestiziden der WHO-Toxizitätsklassen Ia und Ib sowie der Verzicht auf gentechnische Forschung und gentechnisch hergestellte Produkte.“

5. „Die Gesellschaft anerkennt ihre Verantwortung für die IG Farben-Geschichte - insbesondere für das den Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern sowie den Opfern von Menschenversuchen zugefügte Unrecht. Sie entschädigt die ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter bzw. die Hinterbliebenen auf Basis des vorenthaltenen Lohns zuzüglich entgangener Zinsen.“

[Köhler-Schnura] Hauptversammlung 2014

CBG Redaktion

Großdeutsche Konzernarroganz!

Meine Damen und Herren,

mein Name ist Axel Köhler-Schnura. Ich spreche in eigenem Namen, vertrete aber auch die Coordination gegen BAYER-Gefahren und den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.

Meine Damen und Herren,
bevor ich zu meinem eigentlichen Thema komme, ein Wort zu dem Stil, wie Herr Dekkers hier heute die Konzerninteressen vertritt. Es ist einfach würdelos, mit welch stereotypen und zynischen Sätzen Herr Dekkers das Leid der Opfer von BAYER-Produkten, die von ihm angerichteten Schäden an der Umwelt, das soziale Elend im Konzern abhandelt. Ist das die Leistung, die für die Millionengehälter der Vorstände zu erbringen ist?

Und noch etwas vorab: Was wir vorhin erleben mussten, als Herr Wenning RednerInnen aus Australien das Mikrofon abstellte und eine junge Frau, deren Vater durch ein BAYER-Medikament zu Tode kam, vom Werkschutz aus dem Saal werfenlassen wollte, nur weil „bei einem deutschen Konzern deutsch gesprochen“ wird, das war Konzernarroganz pur. Und zwar großdeutsche Konzernarroganz.
Bedauerlicher wurde das von einigen AktionärInnen hier im Saal beklatscht. Das ist dem „Dorf Global“ unwürdig.

Herr Dekkers,
Ihre Amtszeit geht zu Ende. Vielleicht erneuern Sie den Code of Conduct der Hauptversammlung und hinterlassen dem BAYER-Konzern endlich ein wenig Weltoffenheit.

Meine Damen und Herren,
nun aber zu meinem heutigen Anliegen. Wir hören und lesen in den Medien derzeit viel zum 100-jährigen Jubiläum des Ersten Weltkriegs. Nur vom BAYER-Konzern, der gerade mit enormem Lärm und Multimillionenaufwand seinen 150. Geburtstag feierte, hören wir nichts dazu. Gar nichts. Hier ist es still. Verdächtig still.

Meine Damen und Herren,
es geht beim Ersten Weltkrieg um Verbrechen. Es geht um Konzern-Verbrechen. BAYER trägt entscheidend Verantwortung für Kriegstreiberei, Massensterben und Kriegsgräuel.
Ich kann hier die Rolle und Verantwortung des BAYER-Konzerns bei weitem nicht umfassend darstellen, dazu reichen die paar Minuten Redezeit nicht, doch auf einige Beispiele, wie ich sie auch in meinem Gegenantrag dargestellt habe, möchte ich schon eingehen. Immerhin trug der Erste Weltkrieg entscheidend dazu bei, dass aus den alten „Farbenfabriken BAYER“ einer der berüchtigtsten Chemie-Konzerne der Welt wurde: Die Zehntausenden von Kriegsverletzten ließen BAYERs chemische Pharmaproduktion explodieren; die Chemiewaffen legten den Grundstein für die BAYER-Pestizidproduktion; die fehlenden Importe auf Grund des Kriegsembargos erzwangen synthetische BAYER-Lösungen aller Art.
Der damalige BAYER-Generaldirektor Carl Duisberg jubelte im Juli 1915: „Sähen Sie jetzt einmal, (...) wie wir fast nichts mehr als Kriegslieferungen ausführen (...), so würden Sie Ihre helle Freude haben.“

Meine Damen und Herren,
wenn im Zusammenhang mit dem Ersten Weltkrieg von Kampfgasen die Rede ist, dann müssen Sie wissen: Es geht um BAYER, Es war auch hier BAYER-Chef Carl Duisberg persönlich, der die Produktion und den Einsatz von für Menschen tödlichen Abfallstoffen durchsetzte. Er nahm dabei den Verstoß gegen die Haager Landkriegsordnung wissentlich in Kauf, die den militärischen Einsatz von Giftgas seit 1907 verbot.
Selbst bei Giftgasversuchen war Carl Duisberg persönlich anwesend, er pries dabei den chemischen Tod begeistert: „Die Gegner merken gar nicht, wenn Gelände damit bespritzt ist, in welcher Gefahr sie sich befinden und bleiben ruhig liegen, bis die Folgen eintreten.“ Ohne jeden Skrupel trieb Duisberg bei ausschließlich der Profit. Er forderte den Einsatz auch der giftigsten Stoffe.

Meine Damen und Herren,
insgesamt geht die historische Forschung von 60.000 Toten des von Deutschland auf Initiative von BAYER begonnenen Gaskrieges aus.

Meine Damen und Herren,
doch nicht genug: BAYER steht im Zusammenhang mit dem Ersten Weltkrieg auch für die Erfindung der Zwangsarbeit. Es war erneut der BAYER-Vorstandschef Carl Duisberg, der dafür sorgte, dass rund 60.000 Belgier deportiert und zu Zwangsarbeit eingesetzt wurden. Was übrigens unmittelbar zu großen internationalen Protesten führte. Was aber wiederum Carl Duisberg nicht anfocht. Er plädierte dafür, die Arbeitsmöglichkeiten und die Lebensmittel in Belgien zu rationieren, um die „Arbeitslust“ der Belgier in Deutschland zu steigern.
Und so ging es weiter. Bis 1918 mischte sich die Führung von BAYER in alle kriegswichtigen Belange ein. Carl Duisberg trat für den unbeschränkten U-Boot-Krieg, die völkerrechtswidrige Bombardierung Englands sowie die Annexion von Belgien und Nordfrankreich ein. Auch forderte er „deutschen Lebensraum“ in Polen und Russland.
Als die Reichsregierung mit zunehmender Kriegsdauer begriff, dass der Krieg nicht mehr zu gewinnen war und dass Friedensverhandlungen aufgenommen werden sollten, fürchtete man bei BAYER nichts als ein Ende der Kriegsprofite. Zusammen mit der militärischen Führung forderte Carl Duisberg daher im Februar 1917 die Entlassung von Reichskanzler Theobald von Bethmann: „Wenn es zum Gegensatz käme, entweder Hindenburg oder Bethmann, die Beseitigung Bethmanns wäre sicher (...). Wir sind ganz auf Krieg und Gewalt eingestellt, und das Beste wäre, wenn diese Sachlage auch äußerlich zum Ausdruck käme, dass der Marschall auch Kanzler wäre (...). Denn jetzt ist Politik gleich Krieg und Krieg gleich Politik.“ Wenig später wurde der Reichskanzler tatsächlich entlassen. Friedensverhandlungen fanden nicht statt.

Meine Damen und Herren,
bei all diesen und noch mehr Kriegsverbrechen war es kein Wunder, dass sich BAYER-Chef Carl Duisberg nach dem furchtbaren Untergang der Welteroberungspläne der Konzerne auf den Auslieferungslisten der Alliierten wiederfand und eine Anklage als Kriegsverbrecher fürchten musste. Im Ergebnis wurden in den USA die Tochterfirmen von BAYER enteignet. Dem Konzern wurde in weiten Teilen der Welt das BAYER-Kreuz als Markenzeichen entzogen. Erst 1994 konnte BAYER bekanntlich seine Marke in den USA wieder zurückkaufen.

Herr Dekkers,
wann endlich öffnen Sie die Archive für die konzernunabhängige Forschung? Seit 36 Jahren, seit 1978 bereits. Wenn über Umsätze und Gewinne gesprochen wird, muss auch über die Kehrseiten dieser Gewinne gesprochen werden.

Herr Dekkers,
der Beginn des Ersten Weltkrieges jährt sich zum 100. Mal. Weshalb entzieht sich BAYER der Auseinandersetzung seiner Verantwortung in diesem Zusammenhang? In immer mehr Städten wird beispielsweise der Name Carl Duisbergs von den Straßenschildern getilgt. In immer mehr Fällen distanzieren sich Schulen und andere Institutionen von Carl Duisberg. Wann arbeitet BAYER die Verbrechen dieses BAYER-Konzernchefs endlich auf.

Meine Damen und Herren,
es ließen sich noch viele Fragen im Zusammenhang mit dem Geschäftsbericht stellen, allein die auf 5 Minuten begrenzte Redezeit erlaubt es nicht.
Deshalb komme ich jetzt zu unseren Gegenanträgen. Die Anträge stellen zusammen mit mir die Coordination gegen BAYER-Gefahren, der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre sowie viele EinzelaktionärInnen, die uns persönlich dazu beauftragt haben.
Zunächst zum Gewinnantrag:
Wir beantragen die Kürzung der Dividende auf 10 Cent je Aktie. Die frei werdenden Gelder sollen verwendet werden
- für Erhalt und Schaffung sicherer Arbeitsplätze und für die Zahlung sozial gerechter Löhne;
- für einen Fonds zum angemessenen Ausgleich von Schäden, die infolge der Geschäftstätigkeit an Mensch und Umwelt eingetreten sind;
- für den umfassenden ökologischen und sozialen Umbau des Konzerns ohne doppelte Standards.
- und schließlich für die Zahlung von Wiedergutmachungen für die Verbrechen von BAYER und des von BAYER mitbetriebenen IG FARBEN-Zusammenschlusses an die Opfer bzw. deren Angehörige und Nachkommen.
Es sei wie jedes Jahr angemerkt, daß wir durchaus auch den völligen Verzicht auf jede Dividendenausschüttung im Sinne der erläuterten Sozial-, Menschenrechts- und Ökologie-Leistungen beantragen würden, doch nach der Lage der Gesetze ist das nicht möglich.

Meine Damen und Herren,
wir stellen weiterhin die Anträge, den Vorstand nicht zu entlasten und auch dem Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern. Wir begründen diese Nicht-Entlastungen damit, dass beide Gremien ihrer Verantwortung im dargelegten Sinne in keiner Weise gerecht wurden und uns zudem hier im Saal in die Irre führen.
Und schließlich haben wir mit Christiane Schnura, eine der GründerInnen der Coordination gegen BAYER-Gefahren und eine angesehene Aktivistin für Arbeitsrechte, eine Gegenkandidatin zu den Kandidaten des Vorstands aufgestellt.

Meine Damen und Herren,
bitte lassen Sie sich nicht von Geld und Dividende leiten. Sie tragen als AktionärInnen Verantwortung für die gesellschaftlichen und ökologischen Folgen der Tätigkeit dieses Konzerns. Stimmen Sie deshalb bitte mit uns bei ALLEN Anträgen mit NEIN. Stärken Sie so mit ihren Aktien das wichtige Signal für soziale Sicherung, Umweltschutz und Menschenrechte.
Sollten Sie die HV vorzeitig verlassen, aber dennoch mit uns stimmen wollen, so lassen Sie bitte Ihre Aktien nicht von BAYER unten am Ausgang vertreten, sondern von uns. Lassen Sie sich auch nicht von BAYER-Mitarbeitern bedrängen, die Ihnen die Stimmrechte abfordern, wenn Sie den Saal verlassen. Es ist Ihr gutes Recht, uns Ihre Stimmrechte zu übertragen. Sie finden uns hier vorne, von Ihnen aus gesehen links.
Vielen Dank.