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Beiträge verschlagwortet als “Dhünnaue”

[Giftgrab] A1-Ausbau

CBG Redaktion

Presse Information vom 22.11.2016

Coordination gegen BAYER-Gefahren e. V.

Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung

Straßen.NRW darf für A1-Ausbau Giftgrab öffnen

Die Bezirksregierung hat den Plänen für den Ausbau der Autobahn A1 zwischen Köln-Niehl und dem Autobahn-Kreuz Leverkusen-West die Genehmigung erteilt. „Im Rahmen des Anhörungsverfahrens hat die Bezirksregierung Köln alle vorgetragenen Einwendungen und Stellungnahmen sorgfältig geprüft und über den Antrag des Landesbetriebs Straßenbau NRW positiv entschieden“, teilte die Behörde mit.

Damit erlaubt sie dem Straßenbau-Betrieb, im Rahmen der Bau-Maßnahmen BAYERs ehemalige Dhünnaue-Giftmülldeponie wieder zu öffnen. „Es ist unverantwortlich von der Bezirksregierung, Straßen.NRW Hand an BAYERs Giftgrab legen zu lassen. In der Deponie lagern Millionen Tonnen Schwermetalle wie Quecksilber, Blei und Arsen und weitere hochgefährliche Substanzen und Chemikalien. Hier einzugreifen und damit Reaktionen unbekannten Ausmaßes heraufzubeschwören, stellt eine vorsätzliche Gefährdung der ArbeiterInnen, AnwohnerInnen und der Umwelt dar“, kritisiert Antonius Michelmann von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG). Selbst aus der Deponie, deren Abdichtung acht Jahre in Anspruch nahm und viel Geld verschlang, trete noch Gas aus, gibt der CBG-Geschäftsführer der zu bedenken.

Die Bezirksregierung setzt sich mit dieser Entscheidung Michelmann zufolge leichtfertig über den BürgerInnen-Protest hinweg, der sich unter anderem in 300 Einwendungen gegen das Projekt geäußert hat. Der Chemiker monierte darüber hinaus, dass NRW-Landesbauminister Michael Groschek dem Vorhaben schon im Vorfeld Steine aus dem Weg räumte, indem er die Klage-Möglichkeiten von GegnerInnen beschränkte. Auch Groscheks allgemeine Warnungen vor einer „durchgrünten Gesellschaft“ und seine Denunziation von engagierten UmweltschützerInnen als „Egoisten im Mantel einer Bürgerinitiative“ verurteilte er scharf.

Für das Fundament der Trasse hat Straßen.NRW vor, eine Erdschicht von zwei Metern Tiefe, die 87.820 Kubikmeter Giftmüll birgt, abzutragen. Bei dem Erörterungstermin Anfang Juli 2016 bezeichnete das der Straßenbetrieb selbst als einen nur „beschränkt optimierten Eingriff“. Ein Techniker bezeichnete stattdessen die Auskofferung des ganzen Giftgrabes ganz offen als die „optimale Gründung“ für die A1. In den Altlasten rumort es nämlich bisweilen noch kräftig. Der organische Anteil des Mülls zersetzt sich, weshalb das Volumen abnimmt und mit Boden-Absenkungen zu rechnen ist. Das tut auch Straßen.NRW. In ihren Planungen gehen die IngenieurInnen vorsichtshalber schon einmal von einstürzenden Neubauten aus. „Eine ggf. erforderliche vorzeitige Instandsetzung des Oberbaus ist berücksichtigt“, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme des Landesbetriebs zur Einwendung der CBG.

„Allein schon bei dem ganzen Aufwand, den Straßen.NRW treiben muss, um wenigstens einigermaßen für Sicherheit zu sorgen, kann einem angst und bange werden“, sagt der CBGler. So plant Straßen.NRW etwa eine Absaug-Vorrichtung zu installieren und alle ArbeiterInnen mit Schutzanzügen auszustatten. Damit weder Gas noch Gift von der Baustelle unkontrolliert an andere Orte gelangt, müssen die Lastwagen, die den Müll in besonders gesicherten Containern abtransportieren, erst einmal eine Art Waschstraße durchfahren, ehe sie das Gelände verlassen. Und falls dann doch einmal etwas passiert, haftet das Land Nordrhein-Westfalen, denn mit dem ersten Spatenstich geht die Verantwortung für die Deponie von BAYER auf den „Vorhaben-Träger“ über.
Aus all diesen Gründen plädiert die CBG dafür, die Hände von den Altlasten zu lassen und sich stattdessen für eine Tunnel-Lösung zu entscheiden. Für die Coordination kommt dabei jedoch nur eine solche Variante in Frage, die das ganze Dhünnaue-Gebiet meidet. „Keine Öffnung der Giftmüll-Bombe für den Autobahn-Bau „Weiträumige Abschirmung der Deponie!, „Untertunnelung statt Brücke!“ lauten ihre Forderungen.

Weitere Informationen

[Autobahn] STICHWORT BAYER 04/2016

CBG Redaktion

Wasser, Boden & Luft

Die Stadt, der Müll und die Autobahn

Der Erörterungstermin

In der Stadthalle von Köln-Mülheim gab es Anfang Juli viel zu bereden: Die Pläne des Landes Nordrhein-Westfalen, die Autobahn A1 auszubauen und dafür den Weg durch eine Giftmüll-Deponie von BAYER freizumachen, stoßen nämlich auf viel Widerstand. 268 Einwendungen gegen das Projekt hatte die Bezirksregierung erhalten, darunter auch eine der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN.

Von Jan Pehrke

Gleich zu Beginn ging es hoch her in der Köln-Mülheimer Stadthalle: „Tumultartige Szenen“ machte der Leverkusener Anzeiger“ beim Erörterungstermin zum Ausbau der Bundesautobahn A1 aus. Dieser fand nämlich nicht nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt wie alle derartigen Veranstaltungen, die Bezirksregierung und der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen (Straßen.NRW) beabsichtigten zusätzlich, die Presse-VertreterInnen aus dem Saal zu weisen. Versammlungsleiter Andreas Hein verwies dazu auf die Gesetzeslage. Nach vielen Unmutsäußerungen aus den Reihen der EinwenderInnen versuchte er erst einmal vergeblich, die VertreterInnen von Straßen.NRW umzustimmen. Diese blieben zunächst hart, aber nicht etwa, weil sie lieber nichts über sich selber in der Zeitung lesen wollten. Nein, „weil die Bürger dann nicht frei sprechen könnten“, lautete die fadenscheinige Begründung aus dem Mund von Projektleiter Thomas Raithel. „Wir Bürger haben kein Problem mit der Öffentlichkeit, aber Sie“, schallte ihm jedoch entgegen. Und schlussendlich mussten er und seine Crew doch noch einlenken.

Dann bekam Straßen.NRW ausreichend Gelegenheit, das vorzustellen, auf das sich Raithel bei seinem Amtsantritt im Herbst 2015 als „eines der größten Infrastruktur-Projekte in Nordrhein-Westfalen“ so gefreut hatte: Die A1-Erweiterung nebst neuer Brücke. Dabei gaben sich die IngenieurInnen alle Mühe, Zweifel ob ihres Vorhabens zu zerstreuen. Sie nannten das Risiko „vertretbar“, Hand an BAYERs Dhünnaue-Deponie zu legen, um einen Teil der Bundesautobahn dort entlangzuführen. Eine Erdschicht von zwei Metern Tiefe, die 87.820 Kubikmeter Giftmüll birgt, planen die StraßenbauerInnen für das Fundament der Trasse abzutragen. Als die IngenieurInnen 1960 eine neue Autobahn anlegten, hatten sie sich noch für einen Komplettaushub entschieden, denn auf Altlasten kann eigentlich keine/r bauen. In denen rumort es nämlich bisweilen noch kräftig. Der organische Anteil des Mülls zersetzt sich, weshalb das Volumen abnimmt und mit Bodenabsenkungen zu rechnen ist. Das tut auch Straßen.NRW. In ihren Planungen gehen die IngenieurInnen vorsichtshalber schon einmal von einstürzenden Neubauten aus. „Eine ggf. erforderliche vorzeitige Instandsetzung des Oberbaus ist berücksichtigt“, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme des Landesbetriebs zur Einwendung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG). Ansonsten verweisen die StraßenbauerInnen jedoch auf die 1970 ebenfalls nur auf einer zwei Meter starken Polsterschicht errichtete A 59, die sich im Großen und Ganzen als stabil erwiesen habe. Dass die neue A1 jedoch ein viel größeres Verkehrsaufkommen zu bewältigen hat, ficht Raithel & Co. dabei nicht an.

Aus rein finanziellen Erwägungen heraus entschied sich der Landesbetrieb für das, was er selbst einen nur „beschränkt optimierten Eingriff“ nennt. Ein Mitarbeiter bezeichnete beim Erörterungstermin die Auskofferung des ganzen Giftgrabes ganz offen als die „optimale Gründung“ für die A1. Nichtsdestotrotz müht sich der NRW-Betrieb nach Kräften, die kleine Lösung als besonders sanfte, da minimal-invasive Methode erscheinen zu lassen. Ziel sei es, „den Eingriff auf ein Mindestmaß zu beschränken“ und „die zu entnehmenden Abfall-Massen möglichst gering zu halten“, gibt sich Straßen.NRW in der Antwort auf die CBG-Einwendung bedächtig. Und mit diesem „beschränkt optimierten Eingriff“ ändern sich zu allem Übel auch noch die Verantwortlichkeiten für Quecksilber, Arsen, Chrom, Blei & Co. Die Haftung geht nämlich an den „Zustandsstörer“ über, wie es das BürokratInnen-Deutsch verklausuliert. Im Klartext: Die SteuerzahlerInnen kommen im Fall des Falles für den Schaden auf.

Eine Ingenieurin versuchte derweil wacker Überzeugungsarbeit zu leisten, indem sie den immensen Sicherheitsaufwand darlegte, mit dem die StraßenbauerInnen zu Werke gehen wollen. Aber gerade die Bilder, mit denen sie ihren Powerpoint-Vortrag illustrierte, führten noch einmal die ganze Monströsität des Vorhabens vor Augen. Da sogar aus der eigentlich abgedichteten Deponie noch Gas austritt, plant der Landesbetrieb mit viel Aufwand eine Absaugvorrichtung zu installieren und alle ArbeiterInnen mit Schutzanzügen auszustatten. Originalton Straßen.NRW: „Es wurden relativ geringe Schadstoff-Gehalte festgestellt“. Und damit weder Gas noch Gift von der Baustelle unkontrolliert an andere Orte gelangt, müssen die Lastwagen, die den Müll in besonders gesicherten Containern abtransportieren, erst einmal eine Art Waschstraße durchfahren, ehe sie das Gelände verlassen. Gespenstische Szenen warf der Computer da auf die Leinwand – der Rückbau eines AKWs dürfte sich kaum komplizierter gestalten.

Und so gewann dann die von der CBG und vielen Initiativen vorgeschlagene Alternative, den Verkehr statt durch die Dhünnaue unterirdisch durch einen langen Tunnel zu führen, noch mehr an Überzeugungskraft. Entsprechend hart gingen die EinwenderInnen mit den VertreterInnen von Straßen.NRW ins Gericht. „Es wird alles in Frage gestellt“, jammerten diese schon bald und stellten auf stur. „Wir werden nur noch auf unsere schriftlichen Stellungnahmen verweisen“, verkündeten die StraßenbauerInnen und demonstrierten damit ihr Verständnis von Dialogkultur.

Die Bezirksregierung sah das alles erwartungsgemäß anders. Sie fasste das Geschehen am 6. Juli wie folgt zusammen: „Die Auswirkungen auf die Alt-Ablagerung Dhünnaue beschäftigte die Versammlung den ganzen Tag. Die Plausibilität der Gutachten zur Standsicherheit der Autobahn, die Entsorgungswege und die Auswirkungen auf die Nachbarn wurden im Detail hinterfragt. In der Sache konnten zahlreiche Fragen beantwortet und die Vorgehensweise erläutert werden.“ Darum dürfte die Bezirksregierung Köln die Pläne von Straßen.NRW im Herbst auch durchwinken und allenfalls ein paar kosmetische Änderungen verlangen.

[Editorial] STICHWORT BAYER 04/2016

CBG Redaktion

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

nun hat BAYER also wirklich MONSANTO übernommen und damit die Drohung wahr gemacht, zum größten Agro-Konzern der Welt zu werden. Das Stichwort BAYER (SWB) hat die Nachricht auf dem falschen Fuß erwischt. Das Heft war schon beim Layouter und sollte bald in Druck gehen. Auf den letzten Drücker mussten wir noch mal umdisponieren und Platz für die schlechte Nachricht schaffen. Eine ausführliche Analyse des Coups konnte die Redaktion in der Kürze der Zeit aber nicht mehr leisten. Diese folgt in der nächsten Ausgabe.
Dafür hat sich das SWB schon einmal einer neuen Gen-Pflanze des frisch geschaffenen Giganten gewidmet: dem Soja FG 72. Die EU-Kommission hat der Labor-Frucht im Sommer die Import-Genehmigung erteilt, wobei ihr die Verhandlungen zum Handelsabkommen CETA Beine gemacht haben.
Am ausführlichsten jedoch widmen wir uns diesmal solchen von Pestiziden und anderen Stoffen des Leverkusener Multis ausgelösten Gesundheitsgefährdungen, welche die Wissenschaft lange Zeit übersehen hat: Manche Chemikalien gleichen in ihrem Aufbau Hormonen und können den menschlichen Organismus deshalb gehörig durcheinander bringen. Die EU hatte da nach einigem Zögern auch Handlungsbedarf erkannt, aber BAYER & Co. gelingt es, durch Extrem-Lobbying ordentlich Sand ins Getriebe zu streuen und den Prozess in ihrem Sinne zu beeinflussen.
Und dann gibt es auch immer wieder Gelegenheit zu einer Beschäftigung mit der Vergangenheit des Leverkusener Multis und seiner Weigerung, diese angemessen zu „bewältigen“. Trauriger Anlass ist der Tod des Schriftstellers Elie Wiesel, der am 2. Juli starb. Wiesel kam 1944 als 14-Jähriger nach Auschwitz, wo die von BAYER mitgegründeten IG FARBEN ein eigenes KZ unterhielten und mit ZwangsarbeiterInnen wie dem Jungen aus dem rumänischen Sighet ein neues Werk errichteten. Im Jahr 1995 hat sich BAYERs damaliger USA-Chef Helge Wehmeier dafür bei Wiesel entschuldigt. Das Unternehmen würdigte dieses jedoch zu einer Privatangelegenheit des Managers herab. Der Konzern als solcher zeigte sich bis heute nicht zu einer derartigen Geste bereit.
Überdies verfolgt das Stichwort BAYER die Auseinandersetzung um die Erweiterung der Bundesautobahn A1 weiter, für welche die PlanerInnen BAYERs Dhünnaue-Giftgrab wieder öffnen wollen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hat dagegen wie viele andere Initiativen und Einzelpersonen Beschwerde eingelegt, Anfang Juli kamen sie bei dem Erörterungstermin in der Stadthalle von Köln-Mülheim auf den Tisch.
Schließlich wirft die Abteilung „Risiko und Nebenwirkungen“ von Arzneien wieder einige Fragen auf, die weder der Beipackzettel noch die ÄrztInnen oder ApothekerInnen beantworten können. So kämpfen die Geschädigten des Schwangerschaftstests DUOGYNON, den das heute zu BAYER gehörende Unternehmen SCHERING von den 1950er bis zu den frühen 1980er Jahren vermarktete, immer noch um ihre Rechte. Die Mutter einer an den Spätfolgen von DUOGYNON Verstorbenen hat deshalb jetzt zu einem drastischen Mittel gegriffen und Strafanzeige wegen Mordes gestellt. Die Testosteron-Präparate des Pharma-Riesen haben es ebenfalls in sich. Trotzdem preist er sie zur Behandlung einer Krankheit an, die es gar nicht gibt: die männlichen Wechseljahre. Zu einem immer größeren Problem entwickelt sich auch die massenhafte Gabe von Antibiotika in der Massentierhaltung. Durch die Dauer-Dröhnung gewöhnen sich die Krankheitskeime nämlich an die Mittel. Und gelangen die Erreger dann über den Nahrungskreislauf oder andere Wege in den menschlichen Organismus, vermögen sie Gesundheitsstörungen auszulösen, gegen die kein Kraut mehr gewachsen ist.
Das Stichwort BAYER bietet also mal wieder ein volles Programm. Dass es seinen LeserInnen gefällt, hofft

Jan Pehrke

[Ticker] STICHWORT BAYER 04/2016

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

CBG bei den TTIP-Protesten
Über 300.000 Menschen haben am 17. September 2016 an den Demonstrationen gegen die Handelsabkommen TTIP und CETA teilgenommen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) ging in Köln auf die Straße, um gegen die von der EU geplanten Vereinbarungen mit Kanada und den USA zu protestieren, denn diese halten diverse Schmankerl für BAYER & Co. bereit. Allein den TTIP-Effekt, der vor allem durch niedrigere Zölle und vereinheitlichte Regulierungsverfahren entsteht, beziffert der Leverkusener Multi auf einen dreistelligen Millionen-Betrag im Jahr. Auch von laxeren Standards für Pestizide, Gen-Pflanzen und hormonell wirksame Stoffe wie Bisphenol A sowie von privaten Schiedsgerichten zum Investitionsschutz hofft der Konzern zu profitieren. „Für Deutschland ist es ein Muss, hier dabei zu sein“, sagt BAYERs Aufsichtsratschef Werner Wenning deshalb. Für die CBG war es da natürlich ein Muss, bei den Protesten dabei zu sein.

Proteste gegen BAYERs MONSANTO-Coup
Mit vielen Aktionen hatte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) versucht, BAYERs MONSANTO-Übernahme zu verhindern. Noch am 8. September 2016, knapp eine Woche, bevor der bundesdeutsche Agro-Multi Vollzug meldete, zog die CBG gemeinsam mit der UMWELTGEWERKSCHAFT und anderen Gruppen vor das Tor 1 des Leverkusener Werks, um vor den Auswirkungen des Deals auf die Beschäftigten, die VerbraucherInnen, die LandwirtInnen und die Menschen in den Armutsregionen zu warnen.

Offener Brief wg. BAYTRIL & Co.
Anfang August 2016 vermeldete das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittel-Sicherheit“ (BVL) einen Anstieg des Gebrauchs von Antibiotika aus den Klassen der Cephalosporine und der Fluorchinolone, zu denen BAYERs BAYTRIL zählt. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) nahm das zum Anlass, einen Offenen Brief an den Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) zu initiieren. Sie sah Gefahr im Verzuge, weil Fluorchinolone und Cephalosporine in der Humanmedizin zu den Reserve-Antibiotika zählen, die nur zum Einsatz kommen, wenn andere Mittel bereits versagt haben. Und durch den massenhaften Einsatz von BAYTRIL & Co. in den Ställen drohen auch diese Substanz-Gruppen mehr und mehr zu versagen. Durch die Dauerdröhnung gewöhnen sich die Krankheitserreger nämlich zunehmend an die Präparate. Gelangen die Keime dann in den menschlichen Organismus, ist kein Kraut mehr gegen sie gewachsen. Darum forderte die CBG gemeinsam mit den ÄRZTEN GEGEN MASSENTIERHALTUNG, GERMAN WATCH, HEJSUPPORT, dem PESTIZID AKTIONS-NETZWERK und den TIERÄRZTEN FÜR VERANTWORTBARE LANDWIRTSCHAFT, die Verwendung von Reserve-Antibiotika in der Massentierhaltung zu verbieten. Zudem zweifelten die Initiativen die Aussage des „Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittel-Sicherheit“ (BVL) an, dass die Antibiotika-Gaben abgesehen von den Cephalosporinen und den Fluorchinolonen zurückgingen. Dabei stützt sich die Behörde nämlich nur auf einen Rückgang der verwendeten Mengen. Und diese Zahlen sagen für sich genommen herzlich wenig aus, denn bei den neueren Präparaten ist weniger mehr. Während eine Tonne des Alt-Antibiotikums Tetracyclin gerade einmal für 39.000 Mastschweine langt, können die LandwirtInnen mit einer Tonne von BAYERs BAYTRIL 2,2 Millionen Tiere versorgen. (Kurz vor dem Ticker-Redaktionsschluss korrigierte das BVL seine Angaben. Demnach nahm der Gebrauch von Fluorchinolonen nicht zu, sondern leicht von 12,3 auf 10,6 Tonnen ab. Bei den Cephalosporinen der 3. Und 4. Generation gingen die Verordnungen um 100 Kilogramm auf 3,6 Tonnen zurück. Ein Grund zur Entwarnung ist das jedoch nicht, Anm. Ticker.)

Offener Brief zu Pseudo-Hormonen
Chemische Stoffe haben viele gesundheitsgefährdende Eigenschaften. Eine der unheimlichsten: Manche Substanzen wirken ähnlich wie Hormone und können damit den menschlichen Organismus gehörig durcheinanderwirbeln (siehe auch SWB 4/16). Pestizide des Leverkusener Multis wie RUNNER, PROVOST OPTI, FOLICUR und NATIVO oder Industrie-Chemikalien made by BAYER wie Bisphenol A sind deshalb imstande, Krebs, Diabetes, Fettleibigkeit, Unfruchtbarkeit und andere Gesundheitsstörungen auszulösen. Hormonell wirksame Ackergifte wollte die EU eigentlich schon 2009 im Rahmen einer Neuordnung der Zulassungsgesetze verbieten. Dazu kam es allerdings nicht. Nach Ansicht Brüssels galt es zunächst, genaue Kriterien zur Definition der Pseudo-Hormone – sogenannter „endokriner Disruptoren“ (EDCs) – zu entwickeln. Mit drei Jahren Verspätung legte die Europäische Kommission den entsprechenden Entwurf im Sommer 2016 vor. Die Bestimmungen kehren jedoch die Beweislast um und fordern eindeutige Belege für die gesundheitsschädliche Wirkung der EDCs; ein plausibler Verdacht reicht Juncker & Co. nicht aus. Da dies nicht dem Vorsorge-Prinzip entspricht, hat das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK einen Offenen Brief an die bundesdeutschen RepräsentantInnen der EU-Fachausschüsse initiiert, der auf Veränderungen dringt. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hat das Schreiben mitunterzeichnet.

Tote Bienen vor BAYER-Gebäude
Pestizide aus der Gruppe der Neonicotinoide wie BAYERs Saatgutbehandlungsmittel GAUCHO (Wirkstoff: Imidacloprid) und PONCHO (Clothianidin) gelten als besonders bienengefährlich. Die EU hat diese Stoffe deshalb ebenso wie andere Ackergifte dieser Substanz-Klasse bereits mit einem vorläufigen Verkaufsbann belegt. Aber auch anderswo werden entsprechende Forderungen laut. So zog im Juni 2016 ein Protestzug von BienenzüchterInnen, LandwirtInnen und UmweltaktivistInnen unter der Losung „Haltet die Bienenstöcke am Leben“ quer durch die USA. Vier Millionen Unterschriften zum Stopp von GAUCHO & Co. hatte er im Gepäck. Am 20. Juni machte der Treck Halt vor der Niederlassung des Leverkusener Multis in Durham und lud dort 2,6 Millionen tote Bienen ab. Die TeilnehmerInnen der Karawane verglichen die Folgen der Neonicotinoide mit denen von DDT. Weil Bienen wichtige Dienste als Bestäuber von Getreide-Pflanzen und anderen Ackerfrüchten leisten, warnten die ProtestlerInnen zudem vor den Auswirkungen des Bienensterbens auf die Lebensmittel-Versorgung. Diese Risiken und Nebenwirkungen ignorieren BAYER & Co. Und zwar komplett: Sie gehen nur ihren Profit-Interessen nach. „Wenn wir der Agrochemie-Industrie eine Fortsetzung dieser kurzsichtigen Praxis erlauben, werden die Kosten für Lebensmittel wegen der Verknappung des Angebots steigen“, prophezeite deshalb Scott Nash von der Bioladen-Kette MOM’S ORGANIC MARKET.

Das CIPROBAY-Desaster
BAYERs Antibiotikum CIPROBAY mit dem Wirkstoff Moxifloxacin, der zur Gruppe der Fluorchinolone gehört, hat zahlreiche Nebenwirkungen. So registrierte die US-Gesundheitsbehörde FDA zwischen 1998 und 2013 etwa 3.000 Todesfälle, die im Zusammenhang mit fluorchinolon-haltigen Medikamenten stehen. Insgesamt erhielt die FDA rund 50.000 Meldungen über unerwünschte Arznei-Effekte. Am häufigsten treten Gesundheitsschäden im Bereich der Sehnen, Knorpel, Muskeln und Knochen auf. Die Pharmazeutika stören nämlich das Zusammenspiel zwischen Nerven und Muskeln, indem sie die Weiterleitung des Neurotransmitters Acetylcholine behindern. Auch Störungen des Zentralen Nervensystems, die sich in Psychosen, Angst-Attacken, Verwirrtheitszuständen, Schlaflosigkeit oder anderen Krankheitsbildern manifestieren, beobachten die MedizinerInnen. Darüber hinaus sind CIPROBAY & Co. für Herzinfarkte, Unterzuckerungen, Hepatitis, Autoimmun-Krankheiten, Leber- oder Nierenversagen und Erbgut-Schädigungen verantwortlich. Der US-amerikanische Mediziner Dr. Jay Cohen hat dazu jetzt ein Buch geschrieben. „Wie wir die CIPRO- und LEVAQUIN-Katastrophe stoppen können – das größte medizinische Desaster der US-Geschichte“ lautet der Titel vielsagend.

BAYERs Lernpläne durchkreuzen!
Der Leverkusener Multi tut viel, um zukünftige Generationen für sich zu gewinnen. Er erstellt unter anderem Unterrichtsmaterialien, schickt rollende Chemie-Labore durch die Lande und sponsert Schulen. Mit Wimmelbüchern „beglückt“ er sogar schon Kindergärten (SWB 2/16). Und mit diesem Engagement steht der Konzern nicht allein da: 16 der 20 größten deutschen Unternehmen betätigen sich – unbehelligt von den Schulbehörden – auf dem Feld der Bildung. Dabei profitieren sie von der Finanzschwäche der Kommunen, die es nicht mehr schaffen, die Einrichtungen angemessen auszustatten. Der Frankfurter Wissenschaftler Tim Engartner hat jetzt Maßnahmen gegen den pädagogischen Eros von BAYER & Co. gefordert. Seiner Meinung nach „bedarf es angesichts der inhaltlichen Einflussnahme durch Privatakteure eines eindeutigen staatlichen Regelwerks, das die Trennung zwischen Schule und Privatwirtschaft garantiert“.

PCB: VBE schlägt Alarm
Polychlorierte Biphenyle (PCB) gehören zu den giftigsten Hervorbringungen der Chlorchemie (SWB 1/14). Die vor allem von BAYER und MONSANTO in Umlauf gebrachten, gefährlichen „Alleskönner“ kamen bis zu ihrem vollständigen Verbot 1989 in Elektrogeräten, Fugendichtungsmassen, Farben, Ölen, Lacken und Bodenbelägen zum Einsatz – und stellen immer noch ein beträchtliches Risiko dar. In Deutschland weisen besonders öffentliche Gebäude hohe Belastungen auf; rund 24.000 Tonnen PCB „beherbergen“ sie. Nach Schätzungen des Bundesumweltamts (UBA) ist jede dritte Schule kontaminiert. Eine Beteiligung an den Dekontaminationsarbeiten lehnt der Leverkusener Multi jedoch ab. „Die Sanierung PCB-belasteter Gebäude liegt (...) nicht in unserem Verantwortungsbereich“, verlautet aus der Firmen-Zentrale. Allzu häufig kommt es jedoch gar nicht erst zu solchen Sanierungen. Die Entscheidungsgrundlage für diese stellt nämlich die PCB-Richtlinie dar; und diese erklärt selbst eine Konzentration des Stoffes in der Atemluft für unbedenklich, wenn diese um den Faktor 50 über dem Richtwert der Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegt. Udo Beckmann von der LehrerInnen-Vereinigung „Verband Bildung und Erziehung“ kritisiert das vehement: „Die Politik spielt mit der Gesundheit von Lehrkräften und Schülern. Obwohl PCB von der ‚Internationalen Agentur für Krebsforschung’ in die höchste Gefahren-Gruppe eingeordnet wurde, gelten in Deutschland völlig veraltete Richtlinien.“ Es passe nicht zusammen, dass LehrerInnen SchülerInnen zu umweltbewussten BürgerInnen erziehen sollen, während die Ausbildungsstätten PCB-verseucht sind, so Beckmann. „Die Beschäftigten an den Schulen und Hochschulen sowie die Schüler und Studenten haben einen Anspruch auf belastungsfreie Unterrichtsräume“, hält der Pädagoge fest.

Gen-Raps unter Beobachtung stellen!
2015 hatte ein in der EU nicht zugelassener Gen-Raps von BAYER das Saatgut einer konventionellen Züchtung verunreinigt. In der Pflanze, welche die französische Firma RAGT entwickelt hat, fanden sich Spuren des gegen die Herbizid-Wirkstoffe Bromoxynil und Ioxynil immunen Raps’ NAVIGATOR. RAGT strebte für sein Produkt eine Zulassung in EU-Ländern an. Deshalb fand ein Probe-Anbau in England, Frankreich, Dänemark und Deutschland statt. Nach Bekanntwerden des Skandals haben die hiesigen Behörden sofort die Anweisung erteilt, die auf 48 Versuchsfeldern in verschiedenen Bundesländern kultivierten Pflanzen zu zerstören. Das reicht als Maßnahme jedoch nicht aus, denn die Laborfrucht hat eine lange Halbwertzeit und bleibt lange keimfähig. „Daher müssen die Bundesländer die betroffenen Flächen über 20 Jahre hinweg überwachen und auflaufenden Durchwuchs-Raps vernichten“, forderte Annemarie Volling von der ARBEITSGEMEINSCHAFT BÄUERLICHE LANDWIRTSCHAFT (AbL). Unterstützung erfuhr der Verband dabei von der IG SAATGUT und dem GENETHISCHEN NETZWERK.

KAPITAL & ARBEIT

Tarifrunde 2016: 3 Prozent mehr
BAYER fährt von Jahr zu Jahr höhere Gewinne ein. Im Geschäftsjahr 2015 wuchs das Konzern-Ergebnis um 18,6 Prozent auf rund 1,380 Milliarden Euro. Die Beschäftigten profitieren davon jedoch kaum. Bei den diesjährigen Tarif-Verhandlungen vereinbarte die Chemie-Branche mit den Gewerkschaften Ende Juni 2016 lediglich eine Entgelt-Anhebung von 3 Prozent für die nächsten 13 Monate. Dann folgt für die 11-monatliche Restlaufzeit des Tarifvertrages noch einmal ein Aufschlag von 2,3 Prozent.

H.C. STARCK in Schwierigkeiten
Im Zuge der „Konzentration auf das Kerngeschäft“ hat BAYER viele Unternehmensteile abgestoßen. Eine aussichtsreiche Zukunft erwartete die Abteilungen in der Regel nicht. Besonders kleinere Sparten wie DYSTAR, DYNEVO, TANATEX, KRONOS TITAN und AGFA gerieten in Schwierigkeiten. Entweder gingen sie Pleite, schrumpften empfindlich oder wurden von anderen Konzernen geschluckt. Aktuell sieht sich H.C. STARCK mit ernsten Problemen konfrontiert. Das Unternehmen hat massive Finanz-Probleme. Der Leverkusener Multi hatte den Spezialchemie-Hersteller nämlich an zwei Finanzinvestoren veräußert, die H.C. STARCK die Kaufsumme als Schulden in die Bücher geschrieben haben. Nun muss die Firma Arbeitsplätze vernichten und andere Restrukturierungsmaßnahmen durchführen, um neue Kredite zu erhalten.

Verändertes Schichtsystem
Der BAYER-Konzern hat an seinem Pestizid-Standort Hürth-Knapsack in Kooperation mit dem Betriebsrat das Schichtsystem geändert. Das bisherige 4-Schichtsystem wurde „aus arbeitsmedizinischen und organisationstechnischen Erwägungen“ durch das beim Leverkusener Multi auch sonst übliche 5-Schichtmodell ersetzt. Dieses erlaubt jetzt längere Ruhe-Phasen vor den Schicht-Wechseln. Auch führt es zu kürzeren Wochenarbeitszeiten. Der Konzern wollte deshalb sogleich die Entgelte entsprechend senken, konnte sich damit aber nicht ganz durchsetzen. „Letztlich haben die Betriebsräte in Knapsack für die Kollegen am Standort einen guten Kompromiss mit einer attraktiven finanziellen Abfederung erreichen können“, so der Betriebsratsvorsitzende Franz-Josef Christ.

ERSTE & DRITTE WELT

Entwicklungshilfe zur Selbsthilfe
Seit einiger Zeit haben die Global Player auf der Suche nach neuen Absatz-Gebieten die „Low-income Markets“ entdeckt (siehe auch SWB 4/13). So entwickelte der Leverkusener Multi bereits 2013 eine „Afrika-Strategie“. Bei der Umsetzung geriert sich der Agro-Riese gerne als Entwicklungshelfer. „BAYER kooperiert mit der gemeinnützigen Organisation ‚Fair Planet’ und wird Teil des Projekts ‚Bridging the Seed Gap’ in Äthiopien. Ziel des Projekts ist es, neue Anbau-Möglichkeiten für Kleinbauern zu schaffen“, vermeldete der Konzern etwa Anfang 2016. Auch LandwirtInnen-Verbände und Hochschulen sitzen mit im Boot. Und bei der Unterzeichnung des Vertrags waren sogar RegierungsvertreterInnen zugegen. Nur handelt es sich leider bei „Fair Planet“ um einen Verband, den BAYER, SYNGENTA, LIMAGRAIN & Co. seit Längerem großzügig unterstützen. Zudem bestehen die neuen „Anbau-Möglichkeiten für Kleinbauern“ lediglich aus Tomaten-, Peperoni- und Zwiebel-Saatgut made by BAYER. Diese können die FarmerInnen zunächst kostenlos testen. Anschließend müssen sie für diese Sorten allerdings die Werbetrommel rühren. „Sie sollen dann weiteren Landwirten in den Dörfern und Regionen die Vorteile dieses Saatguts demonstrieren“, so lautet der Business-Plan des Konzerns. Bei näherem Hinsehen wird also aus der angeblichen Entwicklungshilfe pure Markterschließung.

Die „Neue Allianz“ in der Kritik

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Im Jahr 2012 gründeten die Teilnehmer-Staaten des G8-Treffens gemeinsam mit BAYER, MONSANTO und anderen Firmen die „Neue Allianz für Lebensmittelsicherheit und Ernährung“. Mit Entwicklungshilfe hat diese Public-Private-Partnership allerdings nicht viel im Sinn. Sie dient den Konzernen vielmehr als Vehikel, um in Afrika die Rahmenbedingungen für eine industrielle Landwirtschaft mittels Gentechnik und allem Drum und Dran durchzusetzen. So dringen die Global Player etwa darauf, die „Verteilung von frei verfügbarem und nicht verbessertem Saatgut systematisch zu beenden“. Zudem fordern sie einen stärkeren Patentschutz, Landrechtsreformen, „effizientere“ Pestizid-Zulassungsverfahren und Maßnahmen gegen die Produkt-Piraterie. Dafür fließen öffentliche Mittel en masse: Die G8-Staaten gaben bereits über drei Milliarden Euro frei, während BAYER & Co. noch nicht einmal eine Milliarde zubutterten. Dies zog jetzt die Kritik des Europa-Parlaments auf sich. Die Abgeordneten forderten, die Strategie der Allianz komplett zu ändern. Sie müsste sich mehr auf die Kleinbauern und -bäuerinnen konzentrieren, den lokalen Saatguthandel schützen und dürfe nicht mehr länger dem Landraub Vorschub leisten, so die ParlamentarierInnen. Dem entwicklungspolitischen Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Uwe Kekeritz, ging das jedoch nicht weit genug. Er verlangte von der Bundesregierung, auf eine Auflösung der „Neuen Allianz“ zu dringen: „Die Reform der 2012 von der G8 gegründeten Allianz ist angesichts ihrer grundlegend falschen Ausrichtung aussichtslos.“

Die „Neue Allianz“ in der Kritik

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Die „Neue Allianz für Lebensmittelsicherheit und Ernährung“, die von den G8-Staaten gemeinsam mit BAYER, MONSANTO und anderen Firmen 2012 initiierte Public-Private-Partnership (s. o.), heizt das Landgrabbing an. Zu diesem Resultat kommt die Studie „Land grabbing and human rights“, die das Europäische Parlament in Auftrag gegeben hat. So verloren in Tansania mehr als 1.300 Bauern und Bäuerinnen ihr Land, weil das „Neue Allianz“-Mitglied ECOENERGY vom Staat 20.374 Hektar Ackerfläche erworben hat, um dort eine Zucker-Plantage anzulegen. Auch ganz allgemein fördern die Aktivitäten der Allianz der Untersuchung zufolge die Bodenspekulation und die Landkonzentration, denn die Devise von BAYER & Co. lautet: „Think Big“. Afrikanische FarmerInnen-Verbände kritisieren das Vorgehen der Multis deshalb massiv. Auch die AutorInnen der Untersuchung sehen nur negative Effekte. Aus diesem Grund fordern sie die EU-Mitgliedsländer unter den G8-Nationen auf, der „Neuen Allianz für Lebensmittelsicherheit und Ernährung“ die Unterstützung zu entziehen.

Patente: Ausnahmen nur bis 2033
Mit Patenten auf Pharmazeutika sichern sich BAYER & Co. Monopol-Profite. Dieses Vorgehen macht die Arzneien besonders für Menschen in armen Ländern unerschwinglich. Wenn diese Staaten trotzdem versuchen, sich den Zugang zu den benötigten Medikamenten zu sichern, indem sie sich – wie Südafrika im Jahr 2001– auf einen Ausnahme-Paragrafen des internationalen TRIPS-Patentschutzabkommens berufen, bemühen BAYER und die anderen Pillen-Riesen gern einmal die Gerichte (siehe SWB 2/01). Nur für die ärmsten der armen Nationen, die „least-developed countries“ (LDCs), galten bis zum Januar 2016 eigene Regelungen. Bei den neuen Verhandlungen um diesen Sonderstatus haben die VertreterInnen der LDCs eine unbefristete Verlängerung gefordert. Die Welthandelsorganisation WTO beugte sich allerdings dem Druck von Big Pharma und gewährte nur einen Aufschub bis 2033.

BAYER senkt JADELLE-Preis
„Fünf gegen das Wachstum der Bevölkerung investierte Dollar sind wirksamer als hundert für das Wirtschaftswachstum investierte Dollar“, sagte einst der ehemalige US-Präsident Lyndon B. Johnson. Zu diesen „wirksamen Investitionen“, die Entwicklungshilfe sparen helfen, gehört auch BAYERs Verhütungsmittel-Implantat JADELLE. Das Medizin-Produkt mit dem Wirkstoff Levonorgestrel ist für die BevölkerungskontrolleurInnen nämlich ziemlich praktisch, verrichtet es seine Dienste doch fünf Jahre lang. Für die Frauen allerdings weniger: Unter anderem klagen sie über Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Depressionen, Gewichtszunahme und Haarausfall. Großeinkäufern wie etwa der „Bill & Melinda Gates Foundation“ hat der Leverkusener Multi bisher schon große Rabatte eingeräumt. Anfang des Jahres hat er eine generelle Preis-Senkung für Entwicklungsländer verkündet. Statt rund 18 Dollar pro Implantat berechnet er jetzt nur noch die Hälfte.

POLITIK & EINFLUSS

BAYERs EU-Frühstücke
„Um Unternehmensvertreter über aktuelle Entwicklungen zu informieren“, organisiert die Lobby-Firma AMISA2 „monatlich Frühstücksdebatten mit Schlüssel-Persönlichkeiten der EU-Institutionen“. BAYER, GOOGLE, AIRBUS und 15 weitere Konzerne durften auf diese Weise schon einen „Blick in die Zukunft der Klimapolitik“ werfen – eröffnet von der damals als EU-Kommissarin für den Klimaschutz fungierenden Connie Hedegaard – oder mit der stellvertretenden Generalsekretärin der EU-Kommission, Marianne Klingbeil, zusammentreffen.

VCI spendet 128.000 Euro
Im Jahr 2015 hat der „Verband der Chemischen Industrie“ (VCI) 128.000 Euro in Parteispenden investiert. Mit je 40.000 Euro erhielten CDU und FDP am meisten. Die SPD bedachte der Lobby-Club von BAYER & Co. mit 35.000 Euro, die Grünen konnten 13.000 Euro verbuchen. Nur die Partei „Die Linke“ ging leer aus. Dabei wird der VCI nicht nur proaktiv tätig. Es gibt auch direkte „Spenden-Anfragen der Schatzmeister oder Spitzenkandidaten der Parteien im Zusammenhang mit Bundestags-, Landtags- und Europawahlen“, wie der Verband mitteilt.

Kerins im USCC-Vorstand
Bei dem „U.S. Chamber of Commerce“ (USCC) handelt es sich um den größten Unternehmensverband der Welt. Und seit Dezember 2015 sitzt BAYERs oberster Öffentlichkeitsarbeiter in den USA, Raymond Kerins Jr., dort im Vorstand. Welche Auffassung er vom Verhältnis der Ökonomie zur Politik hat, machte der PR-Profi gleich bei seinem Amtsantritt deutlich. Da bezeichnete Kerins Jr. es als eine der Aufgaben des USCC, die MandatsträgerInnen darin zu unterweisen, wie sie das Wachstum der US-amerikanischen Wirtschaft am besten aufrechterhalten könnten.

BAYER sponsert Rohstoff-Behörde
Die „Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe“ (BGR) berät nach eigener Auskunft „die Bundesregierung und die deutsche Wirtschaft in allen geowissenschaftlichen und rohstoff-wirtschaftlichen Fragen“. Da der Zugriff auf Bodenschätze für den Leverkusener Multi eine enorme Bedeutung hat, gehört er mit zu den Unternehmen, welche die BGR seit 1982 indirekt sponsern. Seit 1987 tun BAYER & Co. dies über die „Hans-Joachim-Martini-Stiftung“, welche die milden Gaben als Preisgelder oder als Forschungsförderung tarnt. Die Investition lohnt sich, denn die Ergebnisse der BGR-Expertisen fallen fast immer im Sinne der Industrie aus. So erteilte die Bundesanstalt dem Fracking eine Unbedenklichkeitserscheinung und leugnete in Studien weitgehend den Zusammenhang zwischen dem Kohlendioxid-Ausstoß der Konzerne und dem Klimawandel. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) hatte in einer internen Revision zwar Anstoß an der Praxis der Stiftung genommen, zog aber bislang keine Konsequenzen. Die Partei Bündnis 90/Die Grünen nahm die Vorgänge zum Anlass, eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung zu stellen. Diese sieht jedoch keinen Handlungsbedarf. „Die BGR ist eine eigenständige wissenschaftlich-technische Behörde, an deren Unabhängigkeit die Bundesregierung keinen Zweifel hat“, hielten Merkel & Co. fest.

Ökosteuer-Ausnahmen bleiben
Im Zuge der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes wollte die Große Koalition ursprünglich den Strom, den die Konzerne mit ihren eigenen Kraftwerken produzieren, ökosteuerpflichtig machen. Sofort brach ein Sturm der Entrüstung los. „Auch wenn die überfällige EEG-Reform nun endlich auf dem Weg ist, die Mehrbelastung der Eigenstrom-Erzeugung ist ein unüberwindlicher Stolperstein und für unsere Branchen nicht hinnehmbar. Jene Unternehmen, die ihren Strom in eigenen Kraftwerken vor allem in Kraft-Wärme-Kopplung und sehr effizient herstellen, hätten dadurch Mehrkosten von insgesamt über 300 Millionen Euro im Jahr“, erklärte der „Verband der Chemischen Industrie“ (VCI). Und der Leverkusener Multi, der fast 60 Prozent seines Energie-Bedarfs selber deckt, warnte: „Unsere KWK-Anlagen würden sich, sollten diese Pläne umgesetzt werden, nicht mehr wirtschaftlich betreiben lassen, sowohl die bestehenden als auch die neuen.“ Und die Politik erhörte die Signale. Alte Anlagen blieben von der Umlage befreit, modernisierte müssen nur 20 Prozent und neue 40 Prozent des Satzes zahlen. Die EU legte allerdings ein Veto ein, denn sie sah in den gewährten Rabatten eine unerlaubte Beihilfe. Aber Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel konnte die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestagen im August 2016 „nach intensiven Gesprächen“ umstimmen und Bestandsschutz für die Ausnahme-Regelungen erwirken.

PROPAGANDA & MEDIEN

BAYER zahlt ÄrztInnen 7,5 Millionen
Die Pillen-Produzenten investierten im letzten Jahr 575 Millionen Euro dafür, die medizinische Landschaft zu pflegen und die ÄrztInnen zum Verschreiben ihrer Medikamente zu bewegen. Rund 71.000 MedizinerInnen standen auf ihren Gehaltslisten. BAYER gab 2015 dafür 7,5 Millionen Euro aus. Damit spendierte der Konzern den Doktores unter anderem Fortbildungsveranstaltungen in netter Umgebung samt Kost & Logis sowie Begleitung. Rund 2.400 Personen kamen in den Genuss dieses Angebotes. Ca. 3.000 ÄrztInnen strichen zudem für ihre Tätigkeit als RednerInnen auf Kongressen, BeraterInnen oder DienstleisterInnen Geld ein. Für den offenen Umgang mit diesen Zahlen lobt sich der Konzern ausgiebig selbst. Zu einem erfolgreichen Geschäftsmodell gehöre eben Transparenz, so BAYER-Manager Eberhard Schmuck. Allzu weit ist es mit dieser allerdings nicht her: Was der Global Player den MedizinerInnen nämlich für die sogenannten Anwendungsbeobachtungen zahlt, die nur den Zweck haben, die PatientInnen auf das getestete Präparat umzustellen, verschweigt er lieber. Die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens sieht durch solche Zahlungen die Unabhängigkeit des Standes gefährdet. „Patienten müssen darauf vertrauen können, dass Ärzte ihnen ein Medikament verschreiben, weil sie von der Wirksamkeit überzeugt sind – und nicht, weil sie auf der Honorar-Liste der Hersteller stehen“, hielt die Grünen-Politikerin fest.

7,4 Millionen für Krankenhäuser
BAYER hält nicht nur die ÄrztInnen mit Zuwendungen bei Laune (s. o.), der Konzern bedenkt auch viele Institutionen des Gesundheitswesens, um die Absatz-Chancen für seine Pillen zu verbessern. Krankenhäusern, medizinischen Standesorganisationen, Instituten und medizinischen Gesellschaften wie z. B. der „Deutschen Parkinson Vereingung“ hat der Leverkusener Multi im Jahr 2015 rund 7,4 Millionen Euro zukommen lassen.

BAYER bildet ApothekerInnen weiter
Im Mittleren Osten unterhält BAYER bereits seit 2012 ein Programm zur Fortbildung von ApothekerInnen. Am diesjährigen Workshop nahmen rund 200 PharmazeutInnen aus Kuwait, Quatar, Oman, Barain und anderen Ländern teil. Obwohl der Leverkusener Multi diese Aktivitäten als Teil einer Initiative der Weltgesundheitsorganisation WHO darstellt, dient das Ganze der Absatz-Förderung eigener Präparate. So besteht ein Lernziel für die ApothekerInnen laut Konzern darin, die PatientInnen zur Selbstmedikation und zur Einnahme von Vitaminen und Medikamenten zur Vorbeugung von Krankheiten anzuhalten, um dadurch „dem Staat Lasten abzunehmen“.

BAYER sponsert Agrar-JournalistInnen
BAYER lässt sich die Pflege der Presselandschaft einiges kosten. So sponserte der Leverkusener Multi beispielsweise den Weltkongress der Agrar-JournalistInnen, der dieses Mal in Deutschland stattfand. Die Grüne Woche hatte ihn nach Berlin gelockt. Die Veranstaltung versuchte dann auch, seinem Geldgeber alle Ehre zu machen. Sie begab sich daran, ein idyllisches Bild der hiesigen Agrarwirtschaft zu malen. Die Konferenz wollte nichts weniger als zeigen, „wie Landwirte in Deutschland sich den Herausforderungen von heute stellen. Dazu zählen eine effiziente Wirtschaftsweise, der Schutz von Natur und Biodiversität sowie die Bereitstellung hochwertiger und bezahlbarer Lebensmittel“.

TIERE & ARZNEIEN

BAYTRIL-Gebrauch sinkt leicht
Ende Juli 2016 vermeldete das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittel-Sicherheit“ (BVL) zunächst einen erhöhten Verbrauch von Antibiotika aus der Gruppe der Fluorchinolone wie BAYERs BAYTRIL in der Massentierhaltung. Dann korrigierte es seine Angaben. Demnach sanken die Gaben leicht von 12,3 auf 10,6 Tonnen. Aber auch die neuen Zahlen stimmen noch bedenklich, führt doch die häufige Verwendung dieser Mittel in den Ställen dazu, dass die Krankheitserreger sich zunehmend an die Substanzen gewöhnen. Gelangen diese dann über den Nahrungskreislauf oder andere Wege von den Ställen in den menschlichen Organismus, können sie Gesundheitsstörungen auslösen, gegen die kein Kraut mehr gewachsen ist. Und bei den Fluorchinolonen ist das besonders bedenklich, da diese Substanzen in der Humanmedizin zu den Reserve-Antibiotika zählen, die nur zum Einsatz kommen, wenn andere Mittel bereits versagt haben (siehe auch AKTION & KRITIK).

BAYTRIL in Bio-Ställen
Auch die LieferantInnen von Bio-Fleisch setzen in ihren Ställen Antibiotika ein. So tragen auch diese ZüchterInnen mit dazu bei, dass immer mehr Krankheitserreger Resistenzen gegen diese Mittel entwickeln. Gelangen die Keime dann über den Nahrungskreislauf oder andere Wege in den menschlichen Organismus, können sie Gesundheitsstörungen auslösen, gegen die dann nichts mehr hilft. Der Verband „Bioland“ hat seinen Mitgliedern deshalb zumindest verboten, Medikamente aus der Gruppe der Fluorchinolone wie BAYERs BAYTRIL zu verwenden. Diese Substanzen zählen in der Humanmedizin nämlich zu den Notfall-Antibiotika, die bevorzugt zum Einsatz kommen, wenn andere Stoffe bereits versagt haben. Aber selbst zu diesen Fluorchinolonen greifen die Biobauern und –bäuerinnen. Allein im Jahr 2014 hat Bioland 35 Ausnahmegenehmigungen für BAYTRIL & Co. erteilt. Zudem geben nicht wenige LandwirtInnen ihren Tieren diese Mittel, ohne das formell zu beantragen.

Kooperation mit BIONTECH
BAYER hat eine Kooperation mit dem Unternehmen BIONTECH auf dem Gebiet der Tiermedizin vereinbart, in dessen Rahmen die Mainzer Firma für den Leverkusener Multi Immun-Therapeutika, Impfstoffe und andere Veterinär-Arzneien entwickeln soll.

DRUGS & PILLS

ESSURE führt zu mehr Komplikationen
Bei ESSURE, BAYERs ohne Hormone auskommendes Medizinprodukt für eine dauerhafte Empfängnis-Verhütung, handelt es sich um eine kleine Spirale, deren Kunststoff-Fasern für ein so großes Wachstum des Bindegewebes sorgen sollen, dass sich nach etwa drei Monaten die Eileiter verschließen. Eine Studie verglich ESSURE jetzt mit anderen Sterilisationsmethoden, die Zugriff auf die Eileiter nehmen. Das Ergebnis der im British Medical Journal veröffentlichten Untersuchung fiel verheerend für die Spirale des Leverkusener Multis aus. Sie erhöht für die Frauen das Risiko, sich nachträglichen Operationen unterziehen zu müssen, im Vergleich zu anderen Praktiken um mehr als das Zehnfache. Wegen seiner vielen Nebenwirkungen steht das Pharma-Produkt schon länger in der Kritik. Zu diesen zählen unter anderem Hautausschläge, Kopfschmerzen, Übelkeit und Allergien. Die Spirale bleibt zudem oft nicht an dem vorgesehenen Ort, sondern wandert im Körper umher und verursacht Risse an den Wänden innerer Organe, was zu lebensgefährlichen inneren Blutungen führen kann.

Gesundheitsbehörden warnen vor ESSURE
Die vielen unerwünschten Arznei-Effekte von BAYERs Medizin-Produkt ESSURE (s. o.) haben die Gesundheitsbehörden in Kanada und den Vereinigten Staaten zum Handeln bewogen. „Health Canada“ informierte die ÄrztInnen in einem Brief über die zahlreichen Risiken und Nebenwirkungen des Präparats und setzte auch die Öffentlichkeit darüber in Kenntnis. Die US-amerikanische FDA verpflichtete BAYER derweil, die Spirale nur noch mit einem Warnhinweis der dringlichsten Stufe zu vertreiben und die Sicherheit von ESSURE in einer neuen Studie zu überprüfen. Den vielen Geschädigten in den USA ging das allerdings nicht weit genug. Sie hatten auf ein Verbot gehofft und kritisierten die FDA-Maßnahmen deshalb als unzureichend.

IBEROGAST schädigt die Leber
Auch Medikamente auf pflanzlicher Basis wie BAYERs Magenmittel IBEROGAST, das 2013 mit dem Kauf von STEIGERWALD in die Produktpalette des Pharma-Riesen gelangte, können es in sich haben. So schädigt der IBEROGAST-Inhaltsstoff Schöllkraut die Leber. Arzneien mit einer hohen Schöllkraut-Konzentration hat das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM) deshalb schon aus dem Verkehr gezogen. Vom Leverkusener Multi verlangte es, diese Nebenwirkung auf dem Beipackzettel von IBEROGAST zu vermerken. Der Konzern weigert sich aber, dieser Aufforderung nachzukommen. Für ihn ist die „hohe Sicherheit“ des Präparates „durch eigene Daten vollständig belegt“. Darum zeigt er sich auch nicht bereit, den Widerspruch zurückzunehmen, den STEIGERWALD vor acht Jahren gegen die BfArM-Anordnung eingelegt hatte. Und so gibt es dann immer noch keine Warnhinweise auf den Faltblättern der Packungen. „Das ist genau die Situation, die wir immer wieder beklagen. Im Grunde genommen hat der Hersteller viele Möglichkeiten, das immer wieder herauszuzögern (...) Derzeit hat man den Eindruck an vielen Stellen, dass der Hersteller-Schutz vor dem Patienten-Schutz rangiert“, kritisiert der Pharmakologe Prof. Gerd Glaeske.

Verantwortlicher Umgang mit ASPIRIN?
BAYER bewirbt ASPIRIN erfolgreich als „Tausendsassa“. Darum findet es weite Verbreitung, obwohl das Präparat viele Nebenwirkungen wie etwa Magenbluten hat. So bezifferte der Mediziner Dr. Friedrich Hagenmüller 2012 die Zahl der Todesopfer allein in der Bundesrepublik auf jährlich 1.000 bis 5.000. Den Leverkusener Multi ficht das jedoch nicht an. Wenn JournalistInnen ihn auf das Gefährdungspotenzial von ASPIRIN durch einen zu sorglosen Umgang mit dem Mittel ansprechen, verweist der Konzern einfach auf eine von ihm selbst durchgeführte Studie, die angeblich eine verantwortungsvolle Handhabung belegt.

ASPIRIN: Größere Präventionswirkung?
Der verantwortungslose Umgang mit ASPIRIN birgt hohe Risiken (s. o.) Haben Menschen jedoch schon einmal einen Herzinfarkt erlitten, raten MedizinerInnen zur Verhinderung eines zweiten zu dem Mittel. Studien zufolge senkt das Medikament mit dem Wirkstoff Acetylsalicylsäure das Risiko für eine nochmalige Attacke um 13 Prozent. Nur die ersten sechs Wochen nach dem ersten Infarkt betrachtet, liegt die Präventionswirkung einer neueren Untersuchung zufolge sogar noch höher. Wie Peter M. Rothwell und sein Team herausfanden, reduziert die Arznei die Wahrscheinlichkeit eines Wiederholungsfalles um 60 Prozent. Allerdings haben drei an der Studie beteiligte WissenschaftlerInnen schon einmal in Diensten BAYERs gestanden, was die Aussagekraft der Arbeit erheblich trübt.

CIPROBAY-Anwendungsbeschränkungen
BAYERs Antibiotikum CIPROBAY mit dem Wirkstoff Moxifloxacin, der zur Gruppe der Fluorchinolone gehört, hat zahlreiche Nebenwirkungen (siehe auch AKTION & KRITIK). Darum erließ die US-Gesundheitsbehörde FDA im Mai 2016 Anwendungsbeschränkungen für CIPROBAY und andere fluorchinolon-haltige Präparate. Bei Bronchitis, Sinusitis und einfachen Formen von Blasen-Entzündungen dürfen die MedizinerInnen diese Arzneien jetzt nur noch verordnen, wenn alle andere Mittel versagt haben.

Zahlreiche MIRENA-Nebenwirkungen
BAYERs Hormon-Spirale MIRENA ruft zahlreiche unerwünschte Arznei-Effekte hervor. „Insgesamt 3.607 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen“ hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizin-Produkte“ (BfArM) registriert, wie eine Anfrage des TV-Magazins Frontal21 ergab. Allein 44 Meldungen zu Brustkrebs, 153 zu Eileiter-Schwangerschaften und 328 zu Gebärmutter-Verletzungen erhielt das BfArM unter anderem.

Verhandlungen mit GOOGLE
Die GOOGLE-Tochter VERILY widmet sich medizinischen Forschungsprojekten auf Gebieten wie „Krebs“, „Diabetes“ und Herz/Kreislauf-Erkrankungen. Zudem entwickelt sie Operationsroboter und bioelektronische Systeme. Im Februar 2016 hat das Unternehmen Verhandlungen mit BAYER über mögliche Kooperationen aufgenommen.

16 Krebs-Wirkstoffe im Test
Krebs-Arzneien versprechen den Pharma-Riesen den größten Profit. Mittlerweile fressen sie – ohne die Lebenszeit der PatientInnen entscheidend verlängern zu können – schon rund ein Viertel des Medikamenten-Budgets der Krankenkassen. Folgerichtig setzt der Leverkusener Multi ganz auf dieses Segment. Mit NEXAVAR, STIVARGA und XOFIGO bietet er bereits drei Onkologie-Präparate an; zudem befinden sich 16 Wirkstoffe in der klinischen Erprobung.

Mehr Profit durch Direktvertrieb
Vom Hersteller über den Großhandel zu den Apotheken – so sieht eigentlich der Vertriebsweg für Medikamente aus. BAYER & Co. umgehen aber immer öfter den Großhandel und bestücken die Pharmazien selbst mit ihren Produkten. Auf diese Weise schalten sie einen Mitverdiener aus und erhöhen ihre Gewinnmarge. Zudem sieht die Branche dies als eine wirksame Methode an, die Zwischenhändler am Export der Arzneien in solche Länder zu hindern, in denen sie mit den Produkten zum Schaden der Pillen-Produzenten mehr Geld machen können. Also halten die Pharma-Firmen den Großhandel knapp und springen in die Bresche, wenn dieser nicht mehr liefern kann. Zu diesem Behufe hat BAYER gemeinsam mit BOEHRINGER, NOVARTIS und anderen Konzernen die PHARMA MALL GESELLSCHAFT FÜR ELECTRONIC COMMERCE gegründet. Den Unternehmen zufolge soll diese Gesellschaft der „Optimierung der Transaktionsprozesse zwischen Herstellern und Kunden“ dienen. In der Realität aber verkompliziert sich für die Apotheken durch die beiden nebeneinander herlaufenden Systeme die Beschaffung der Pharmazeutika, weshalb die PatientInnen oftmals länger auf ihre Mittel warten müssen. Überdies schrumpfen die Einnahmen der Pharmazien durch diesen Direktvertrieb, weil sie dadurch nicht mehr in den Genuss von Großhandelsrabatten kommen. Die Bundesregierung sieht bei alldem jedoch keinen Grund zum Eingreifen. In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Partei „Die Linke“ verweist die Große Koalition auf die Zuständigkeit der Bundesländer.

Anfrage zu Beobachtungsstudien
Erkenntnisse werfen Anwendungsbeobachtungen (AWB) zu Medikamenten, die MedizinerInnen mit ihren PatientInnen durchführen, kaum ab. Dies ist aber auch gar nicht Sinn der Übung. Die Anwendungsuntersuchungen verfolgen einzig den Zweck, die Kranken auf das getestete Präparat umzustellen (siehe auch PROPAGANDA & MEDIEN). Im Jahr 2014 standen BAYER & Co. dafür 17.000 ÄrztInnen zu Diensten. Die Pharma-Riesen honorierten ihnen dies mit ca. 100 Millionen Euro. Nach Angaben des Recherche-Netzwerkes Correct!v fanden von 2009 bis 2014 in den Praxen 41 solcher „Studien“ mit BAYER-Medikamenten statt (Ticker 3/16). Die Bundesregierung nimmt an diesem Marketing-Instrument, das sich einen wissenschaftlichen Anstrich gibt, im Grundsatz keinen Anstoß. „Mit AWB können Erkenntnisse über die Anwendung zugelassener Arzneimittel in der Praxis gewonnen werden“, hält sie in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Partei „Die Linke“ fest. Im geplanten „Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen“ will die Große Koalition lediglich die Vorschriften für die Schnelltests etwas verschärfen.

AGRO & CHEMIE

Glyphosat-Zulassung verlängert
Der Pestizid-Wirkstoff Glyphosat, der in BAYER-Mitteln wie GLYFOS, PERMACLEAN, USTINEX G, KEEPER und SUPER STRENGTH GLYPHOSATE enthalten ist und in Kombination mit Gen-Pflanzen wie der Soja-Art BALANCE zum Einsatz kommt, gilt als gesundheitsgefährdend. So hat eine Krebsforschungseinrichtung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Substanz als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft. Trotzdem hat sich die EU im Juni 2016 schlussendlich dem Druck der Industrie gebeugt und die Zulassung des Herbizids um 18 Monate verlängert.

Comeback für Glufosinat?
BAYERs Antiunkraut-Mittel Glufosinat, das unter anderem im Kombipack mit den Gen-Pflanzen der „LIBERTY LINK“-Baureihe zum Einsatz kommt, schädigt das Erbgut und kann Krebs auslösen. Deshalb hatte die EU die Zulassung des Pestizids nicht über den September 2017 hinaus verlängert. Jetzt droht Brüssel jedoch einen Rückzieher zu machen. Die „Europäische Behörde für Lebensmittel-Sicherheit“ (EFSA), deren MitarbeiterInnen mehr als einmal durch ihre Beziehungen zur Wirtschaft in die Schlagzeilen geraten waren, schlug nämlich Ausnahmeregeln für Glufosinat und andere Ackergifte vor, falls die LandwirtInnen keine Alternative hätten und eine „ernsthafte Gefahr für die Gesundheit der Pflanze“ bestehe. Das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN) kritisierte diesen Vorstoß vehement.

Pestizid-Plage in Costa Rica
Costa Rica ist der weltgrößte Ananas-Produzent. Auf einer Fläche von 38.000 Hektar wächst dort die Frucht. Dabei kommen einer Studie von OXFAM zufolge immense Mengen an Agro-Chemikalien zum Einsatz. 30 bis 38 Kilogramm pro Hektar bringen die Plantagen-BesitzerInnen jährlich aus. Darunter befinden sich mit Glyphosat, Diuron, Mancozeb und Chlorpyrifos viele, die auch BAYER anbietet. Die Beschäftigten müssen schon bald nach den Sprühaktionen wieder auf die Felder und verfügen nicht immer über einen Arbeitsdress, der ihnen die Mittel in ausreichender Form vom Leibe hält. Dementsprechend erleiden viele der Belegschaftsangehörigen Gesundheitsschädigungen. „Ich war einen Monat lang im Krankenhaus wegen einer Vergiftung. Als ich wiederkam, musste ich wieder mit Pestiziden und ohne Schutzkleidung arbeiten“, erzählt einer von ihnen. Auch Krebs-Krankheiten, Magenleiden, Augen-Schädigungen und Hautausschläge zählen zu den Nebenwirkungen. Überdies verseuchen die Mittel das Trinkwasser in der Nähe der Ananas-Äcker.

Pestizid-Plage in Ecuador
Auf den Bananen-Plantagen in Ecuador herrschen OXFAM zufolge ähnlich verheerende Bedingungen wie auf den Ananas-Äckern in Costa Rica (s. o.) Hier sehen sich die LandarbeiterInnen ebenfalls ohne ausreichenden Schutz gefährlichen Pestiziden ausgesetzt. Oftmals dürfen sie die Felder nicht verlassen, wenn die Sprüh-Flugzeuge zum Einsatz kommen und Substanzen wie die auch von BAYER vermarkteten Stoffe Glyphosat und Mancozeb ausbringen. „Wir machen uns große Sorgen, weil wir unter dem Pestizid-Regen arbeiten müssen. Wir bekommen Hautausschläge. Aber wenn man sich beschwert, riskiert man, entlassen zu werden“, klagt etwa einer der Beschäftigten. Und es bleibt nicht bei Hautausschlägen. Zu den weiteren Leiden der Plantagen-ArbeiterInnen zählen Herz-Leiden, Magen-Erkrankungen, Augenbrennen, Schlafstörungen und Durchfall. Überdies erweisen sich die chemischen Keulen als erbgut-schädigend. „Angesichts besonders hoher Behinderungsraten der Kinder in den Bananen-Provinzen ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es hier einen Zusammenhang gibt“, sagt etwa Beatriz Garcia Pluas, die Direktorin einer Schule für Gehandicapte.

PilotInnen als Pestizid-Opfer
Nicht nur die LandarbeiterInnen oder die AnwohnerInnen der Plantagen leiden unter den Pestiziden, sondern auch die PilotInnen, welche die Agro-Chemikalien mit ihren Flugzeugen ausbringen. So berichtet der Ecuadorianer Jorge Acosta Orellana in dem Interview mit der taz über Leiden wie Herzrhythmus-Störungen, Schwindel und Augen-Trübungen. „Ich bin zum Arzt gegangen, aber der meinte, dass mein Herz in Ordnung sei und dass ich eine Vergiftung haben könnte. Ich habe dann mit anderen Piloten geredet und festgestellt: Die haben ähnliche Probleme. Bald waren wir überzeugt, dass das alles in Zusammenhang mit dem Fungizid Mancozeb (enthalten unter anderem in den BAYER-Produkten ZETANIL und ACROBAT, Anm. Ticker) stehen könnte. Das haben wir auf den Plantagen nämlich zum Sprühen verwendet.“ Orellana zufolge kam es sogar schon zu Flugzeug-Abstürzen, weil die PilotInnen – benebelt von den chemischen Keulen – die Kontrolle über ihre Maschinen verloren.

ALDI bannt Bienenkiller
Der Lebensmittel-Discounter ALDI bannt acht bienengefährliche Agro-Chemikalien. Dazu zählen mit Chlorpyrifos, Clothianidin, Deltamethrin, Fipronil und Imidacloprid auch fünf Wirkstoffe, die BAYER anbietet. „Mit dem Ziel, den Bienenschutz in Deutschland aktiv zu fördern und weiterhin im Sinne der Verbraucher an einer Reduzierung des Einsatzes von Pestiziden zu arbeiten, haben die beiden Unternehmensgruppen ALDI-NORD und ALDI-SÜD im vergangenen Jahr neue Anforderungen an ihre Lieferanten gestellt“, erklärte der Konzern. Diese müssen nun garantieren, dass die landwirtschaftlichen Produkte, die sie ALDI verkaufen, keine Behandlung mit Chlorpyrifos & Co. erfahren haben.

Neues Erdnuss-Pestizid
Der Leverkusener Multi hat mit PROVOST OPTI ein neues Antipilz-Mittel für Erdnuss-Kulturen auf den Markt gebracht. Allerdings handelt es sich dabei um neuen Wein in alten Schläuchen. Die Inhaltsstoffe stimmen mit denen von PROVOST überein. Der Konzern änderte lediglich das Mischungsverhältnis von Prothioconazol und Tebuconazol.

PFLANZEN & SAATEN

Neues Weizenzucht-Zentrum in Kanada
Im Saatgut-Geschäft des Agro-Riesen bildet Weizen einen Schwerpunkt, weil die Ackerfrucht die weitverbreitetste Kulturpflanze der Welt ist. Bis 2020 will der Konzern 1,5 Milliarden Euro in Züchtungsprogramme investieren, um eine führende Rolle in diesem Markt-Segment einzunehmen. Nachdem der Agro-Riese gerade eben erst seine Weizenzucht-Station in Gatersleben erweitert hat, eröffnet er jetzt ein neues Zentrum im kanadischen Saskatchewan. Vor allem hybride, also nicht zur Wiederaussaat geeignete Gewächse will der Konzern dort entwickeln. Auf Qualität kommt es ihm dabei weniger an als auf den Output. „Wer erfolgreich eine wesentlich ertragreichere Weizen-Sorte entwickelt, wird ein lukratives Geschäft auftun“, prophezeit Liam Condon, der Chef von BAYER CROPSCIENCE.

GENE & KLONE

Blockbuster EYLEA
EYLEA, das BAYER-Präparat zur Behandlung der feuchten Makula-Degeneration – einer Augenerkrankung, die zur Blindheit führen kann – erschließt nicht gerade medizinisches Neuland. Laut Konzern zeigte das Pharmazeutikum in Tests lediglich „eine vergleichbare Wirkung (‚Nicht-Unterlegenheit’) gegenüber der Behandlung mit LUCENTIS“. Einen Zusatznutzen mochten dem Gentech-Medikament deshalb weder das „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ (IQWIG) noch die Techniker Krankenkasse bescheinigen. Trotzdem entwickelt sich die Arznei dank BAYERs massivem Werbeaufwand zu einem Blockbuster, der LUCENTIS gehörig Konkurrenz macht: Im zurückliegenden Geschäftsjahr betrug der EYLEA-Umsatz 1,2 Milliarden Euro.

EU lässt BAYERs Gen-Soja zu
Ende Juli 2016 hat die EU BAYERs Gen-Soja mit dem Produktnamen BALANCE eine Einfuhrgenehmigung erteilt (siehe auch SWB 4/16). Die Laborfrucht ist gentechnisch darauf geeicht, auf den Feldern Sprühattacken mit den Herbizid-Wirkstoffen Glyphosat und Isoxaflutol standzuhalten. Da die Menschen darauf nicht „geeicht“ sind, stellen die Rückstände der beiden als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuften Pestizide in den Pflanzen für sie eine ernstzunehmende Gesundheitsgefahr dar. Damit nicht genug, potenzieren sich die unerwünschten Effekte im Zusammenspiel noch einmal: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN kritisierte die Zulassung deshalb.

Lizenz-Abkommen mit ERS
BAYER setzt weiter auf die „Synthetische Biologie“, zum Beispiel auf Gen-Scheren, die das Erbgut angeblich präzise an einer vorgegebenen Stelle auftrennen und dort neue, im Labor hergestellte DNA-Stränge einfügen können. Nachdem der Konzern Ende 2015 ein Joint Venture mit dem US-Unternehmen CRISPR THERAPEUTICS eingegangen ist (siehe STANDORTE & PRODUKTION), schloss er im Mai 2016 eine Lizenzvereinbarung mit der irischen Firma ERS GENOMICS ab. Diese sichert dem Pharma-Riesen den Zugriff auf mehrere Patente, die ERS auf die Anwendung der Schnippel-Technik CRISPR-Cas9 hält.

Gentech lost in Europe
BAYERs Innovationsvorstand Kemal Malik sieht die Zukunft der „grünen Gentechnik“ in Europa düster. „Wir haben die Auseinandersetzung über Gen-Pflanzen in Europa verloren. Ich glaube nicht, dass es noch genug politischen Willen gibt, um den Bann aufzuheben oder wieder in die Debatte einzusteigen“, sagte er der Zeitung The Australian im Marz 2016. Zum Teil gibt er dafür auch der Industrie selber die Schuld: „Wir haben nicht genug Anstrengungen unternommen, um die Technologie zu erklären und die Öffentlichkeit und die Entscheidungsträger mitzunehmen.“

WASSER, BODEN & LUFT

Anhörung zum A1-Ausbau
Das Land Nordrhein-Westfalen plant, die Bundesautobahn A1 auszubauen und im Zuge dessen auch eine neue Brücke über den Rhein zu errichten. Das stößt jedoch auf viel Widerstand, vor allem weil Straßen.NRW dafür Teile der Dhünnaue-Deponie BAYERs wieder öffnen will. Der Landesbetrieb beabsichtigt, den Müll bis zu einer Tiefe von zwei Metern abzutragen und die Grube mit einer Polsterschicht für das Fundament der Straße aufzufüllen. 268 Einwendungen gegen das Projekt erhielt die Bezirksregierung, darunter auch eine der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG). Anfang Juli 2016 fand dazu in der Stadthalle Köln-Mülheim der Erörterungstermin statt (siehe auch SWB 4/16). Zweifel an dem Vorhaben konnten die Straßenbau-BeamtInnen dort allerdings nicht ausräumen, zumal sie selber das Risiko nur vorsichtig „vertretbar“ nannten. Einer ihrer Ingenieure bezeichnete die Auskofferung des ganzen Giftgrabes sogar ganz offen als die eigentlich „optimale Gründung“ für die A1. Auf Altlasten baut es sich nämlich schlecht. Der organische Anteil des Mülls zersetzt sich, weshalb das Volumen abnimmt und mit Bodenabsenkungen zu rechnen ist. Das tut auch Straßen.NRW. „Eine ggf. erforderliche vorzeitige Instandsetzung des Oberbaus ist berücksichtigt“, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme des Landesbetriebs zur Einwendung der CBG. Und so gewann dann die von der Coordination und vielen anderen Initiativen vorgeschlagene Alternative, die Hände ganz von der Dhünnaue zu lassen und den Verkehr stattdessen unterirdisch durch einen langen Tunnel zu führen, durch den Erörterungstermin noch mehr an Überzeugungskraft.

Neues Fracking-Gesetz
US-Unternehmen profitieren von den neuen Öl- und Erdgas-Fördertechniken. Das ebenso brachiale wie umweltschädliche Fracking, das mit Hilfe von Chemikalien Risse in unterirdischen Gesteinsschichten erzeugt, um so Vorkommen zu erschließen, hat für einen Boom gesorgt und den Konzernen so zu billiger Energie verholfen. „Die damit günstigeren Produktionskosten in den USA verschärfen natürlich in einigen Bereichen den Konkurrenzdruck“, konstatierte etwa der ehemalige BAYER-Chef Marijn Dekkers. Darum setzte er sich vehement dafür ein, diese Methode auch in der Bundesrepublik zuzulassen: „Fracking wäre für Deutschland eine Alternative.“ Manchmal müsste man auch etwas wagen, um zu gewinnen, so der Niederländer. Darauf wollte sich die Bundesregierung so aber nicht einlassen. Sie verhängte zwar kein generelles Verbot des Frackings, schränkte dieses aber weitgehend ein. Bohrungen in Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflöz-Gestein verbietet das neue Fracking-Gesetz. Lediglich Probe-Bohrungen zur wissenschaftlichen Auswertung erlaubte die Große Koalition und erfüllte damit die Mindestanforderung Dekkers’. Mit Hilfe der auf diese Weise gewonnenen Erkenntnisse soll der Bundestag die Regelungen im Jahr 2021 dann noch einmal überprüfen. Sogenanntes konventionelles Fracking im poröseren und deshalb leichter aufzuspaltenden Sandstein können die Energie-Multis jedoch nach wie vor betreiben. Nur müssen nun Umweltverträglichkeitsprüfungen die Unbedenklichkeit erweisen.

Ausgelaugte Böden
Die industrielle Landwirtschaft setzt den Ackerflächen enorm zu. So sorgen schwere Landmaschinen für eine Verdichtung des Grundes, die dessen Fruchtbarkeit mindert. Nach Angaben der Bundesregierung beobachten WissenschaftlerInnen dieses Phänomen bereits auf 10 bis 20 Prozent der deutschen Äcker. Die inzwischen schon 1,4 Millionen Hektar in Anspruch nehmende Kultivierung von Mais als Energiepflanze fördert zudem die Bodenerosion, weil dieses Süßgras sehr langsam wächst und die Erde somit länger Wind und Wetter preisgibt. Die schwache Rückhalte-Wirkung der Feldfrucht sorgte im Frühjahr 2016 auch mit für die immensen Überschwemmungsschäden vor allem in Bayern. Rückstände der Pillen von BAYER und anderen Herstellern im Dünger oder die Düngemittel selber tragen ein Übriges zur Schadensbilanz bei. Wegen dieser beunruhigenden Entwicklung wollte die Europäische Union schon 2010 eine Bodenschutz-Richtlinie auf den Weg bringen. Aber die Landwirtschaftsverbände und BAYER & Co. wehrten sich vehement gegen eine solche Regelung, weil sie strengere Auflagen befürchteten. Sie hatten damit Erfolg: Die Bundesrepublik legte zusammen mit vier anderen Ländern ein Veto ein und blockierte damit das Paragrafen-Werk; 2014 legte es Brüssel endgültig zu den Akten.

Proteste gegen Pipeline-Ausbesserung
Die Gas-Fernleitung zwischen Duisburg und Köln, die unter anderem BAYER, HENKEL und diverse Stadtwerke mit Gas versorgt, stammt aus dem Jahr 1930. Darum ersetzen die Betreiber THYSSENGAS und OPEN GRID EUROPE derzeit die Rohre und führen Ausbesserungsmaßnahmen durch. Unter anderem verbreitern sie den Schutzstreifen auf das seit einiger Zeit gesetzlich vorgeschriebene Maß von 5,70 m. Da die beiden Unternehmen dafür rund 500 Bäume fällen müssen, kam es zu Protesten von NaturschützerInnen und LokalpolitikerInnen. Diese forderten einen anderen Trassen-Verlauf und kritisierten, dass es vor Beginn der Arbeiten kein Planfeststellungsverfahren gab, bei dem Alternativen hätten geprüft werden können.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Merkel & Co. gegen Bisphenol-Verbot
BAYER ist mit einer Jahresproduktion von ca. einer Million Tonnen einer der größten Produzenten der Industrie-Chemikalie Bisphenol A (BPA). Drei Prozent davon kommen in Verpackungen von Nahrungsmitteln wie etwa Konservendosen zum Einsatz. Die Substanz ähnelt in ihrem chemischen Aufbau Hormonen, was zu Stoffwechsel-Irritationen und so zu Schädigungen des Nervensystems, Übergewicht, Unfruchtbarkeit, Diabetes sowie Herz- und Lebererkrankungen führen kann (siehe auch SWB 4/16). Die EU hat deshalb bereits deren Verwendung in Babyflaschen untersagt und für 2019 das BPA-Aus in Thermopapieren wie etwa Kassenzetteln verkündet. Auch hat sie schärfere Grenzwerte erlassen. Frankreich verbot den Stoff in Lebensmittel-Verpackungen sogar grundsätzlich. Die Bundesregierung will diesem Beispiel jedoch nicht folgen. Es gäbe wegen EU-Initiativen zu Bisphenol A „derzeit keinen Spielraum für nationale Regelungen“, erklärte sie in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Partei „Die Linke“. Aber selbst wenn die Große Koalition könnte, würde sie nichts machen: „Für ein generelles Verbot von Bisphenol A in Lebensmittel-Kontaktmaterialien liegt nach Einschätzung der Bundesregierung zudem keine wissenschaftliche Grundlage vor.“

STANDORTE & PRODUKTION

Erste CRISPR-Standorte
Ende 2015 ist der BAYER-Konzern mit dem US-Unternehmen CRISPR THERAPEUTICS ein Joint Venture eingegangen und hat sich damit den verstärkten Zugriff auf eine neue Gentechnologie gesichert. CRISPR arbeitet auf dem Gebiet der „Synthetischen Biologie“ und hat so genannte Gen-Scheren entwickelt, die das Erbgut angeblich präzise an einer vorgegebenen Stelle auftrennen und dort neue, im Labor hergestellte DNA-Stränge einfügen können. Der Leverkusener Multi beabsichtigt, mit Hilfe dieses „gene editings“ Therapien für Blut-, Herz- und Augenkrankheiten zu entwickeln. Auch im Genpflanzen-Bereich beabsichtigt der Agro-Riese, Gen-Scherereien zu machen. Ende August 2016 konkretisierte er diese Pläne. Der Global Player gab mit CASEBIA den Namen der neuen Gesellschaft bekannt und kündigte für das Jahr 2017 die Aufnahme von Forschungstätigkeiten an drei Standorten an. Den größten Betrieb errichtet BAYER im US-amerikanischen Cambridge, kleinere Niederlassungen in San Francisco und in Köln. KritikerInnen trauen den Versprechungen der Gentechnik 2.0 indes nicht, denn so geschliffen wie prophezeit schnippeln die Gen-Scheren dann doch nicht am Erbgut herum. So kam es etwa bei einem Experiment chinesischer ForscherInnen mit Embryonen einerseits an unbeabsichtigten Orten zu den beabsichtigten Mutationen und andererseits an den beabsichtigten Orten zu unbeabsichtigten Mutationen. Sogar Gentech-Befürworter wie Christof von Kalle, der Präsident der „Deutschen Gesellschaft für Gentherapie“, warnen vor übertriebenen Erwartungen. „Für die Anwendung in der Gentherapie bei Menschen wäre es jedoch Voraussetzung, die Effizienz und Verlässlichkeit des Systems noch einmal deutlich nach oben zu treiben. Nur wenn reproduzierbar gezielt Reparatur-Sequenzen von außen an die entsprechende Stelle geschrieben werden können, kann von einem echten Editieren die Rede sein, und dies ist nach heutigem Stand eben noch nicht effizient erreicht“, schreibt der Mediziner in der Faz.

Fabrik-Eröffnung in China
Im Jahr 2014 hatte BAYER das chinesische Unternehmen DIHON erworben. Kurz darauf gab der Konzern den Bau einer neuen Anlage in Majinpu bekannt, um die Produktion der freiverkäuflichen DIHON-Pharmazeutika, wozu sowohl Mittel auf chemischer als auch solche auf Basis der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) gehören, zu steigern. Mit der Fertigungsstätte will der Konzern die Herstellung von TCM-Produkten verdreifachen. Auch freiverkäufliche BAYER-Arzneien beabsichtigt der Pillen-Riese an diesem Standort zu fabrizieren. Anfang 2016 nahm er einen ersten Teilabschnitt in Betrieb; der Abschluss der gesamten Arbeiten ist für 2020 vorgesehen.

RECHT & UNBILLIG

DUOGYNON: Anklage „Mord“
Der hormonelle Schwangerschaftstest DUOGYNON der heute zu BAYER gehörenden Firma SCHERING hat ab den 1950er Jahren zu tausenden Totgeburten geführt. Darüber hinaus kamen bis zum Vermarktungsstopp Anfang der 1980er Jahre unzählige Kinder mit schweren Missbildungen zur Welt. Bisherige Gerichtsverfahren um Entschädigung oder die Herausgabe von Firmen-Unterlagen zu diesem Medikament scheiterten. Die Ansprüche seien verjährt, entschieden die RichterInnen. Das können die JuristInnen im Prozess, den Gisela Clerc jetzt in Berlin angestrengen will, jedoch nicht zur Entlastung der Beschuldigten anführen. Die Rentnerin hat nämlich eine Klage gegen Unbekannt wegen Mordes eingereicht. Und für diese Straftat gibt es keine Verjährungsfrist. Clerc bezichtigt die damaligen Beschäftigten von SCHERING, für den Tod ihrer Tochter verantwortlich zu sein, die im Januar 2016 mit nur 47 Jahren an den DUOGYNON-Spätfolgen verstarb. Bei der juristischen Auseinandersetzung stützt sich die 74-Jährige auf neue Dokumente aus dem Berliner Landesarchiv, die belegen, dass die ManagerInnen schon sehr früh Informationen über die fatalen Risiken und Nebenwirkungen des Präparates hatten (Ticker 2/16). Der Leverkusener Multi streitet „einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Einnahme von DUOGYNON und den seinerzeit gemeldeten Fällen“ trotzdem immer noch ab.

ESSURE-Sammelklage in Kanada
ESSURE, BAYERs ohne Hormone auskommendes Medizin-Produkt für eine dauerhafte Empfängnis-Verhütung, hat zahlreiche Nebenwirkungen (siehe auch DRUGS & PILLS). „Starke, stechende Becken-Schmerzen, Unterleibsschmerzen“, nennt etwa Susan Hill. Zudem litt die 38-jährige Kanadierin an blutenden Ausschlägen, bis sie sich dazu entschloss, die Spirale entfernen zu lassen. Dafür beansprucht Hill jetzt Schmerzensgeld: Sie zählt zu den 184 Frauen in ihrem Heimatland, die eine Sammelklage gegen BAYER eingereicht haben. Auch in den USA zogen bereits dutzende ESSURE-Geschädigte vor Gericht.

Neue YASMIN-Klage
In den USA sieht sich der Leverkusener Multi wegen der Nebenwirkungen seiner Verhütungsmittel aus der YASMIN-Familie Tausenden von Prozessen gegenüber, was ihn bereits 1,9 Milliarden Dollar Schadensersatz kostete. In Europa hat BAYER von den Gerichten in Sachen „VerbraucherInnenschutz“ weniger zu befürchten. Aber auch hier häufen sich die juristischen Auseinandersetzungen. Allein 80 Klagen gibt es in Frankreich. In der Bundesrepublik tut sich ebenfalls etwas. Neben Felicitas Rohrer hat nun auch Christian Schock, der seine Frau durch YASMIN verlor, rechtliche Schritte gegen den Pharma-Riesen eingeleitet.

BELT bleibt verboten
Im Jahr 2009 hatte die US-amerikanische Umweltbehörde EPA BAYERs Pestizid-Wirkstoff Flubendiamid eine vorläufige Genehmigung erteilt. Sie machte es dem Leverkusener Multi dabei zur Auflage, noch Studien zu den Effekten der Substanz auf Wasser-Organismen nachzureichen. Das tat der Konzern jedoch bis heute nicht, während die EPA Belege für die Gefährdung aquatischen Lebens durch Flubendiamid fand. Deshalb entzog die Behörde dem Agro-Riesen die Zulassung für den Stoff, den er z. B. unter den Produktnamen BELT und FAME vertreibt. BAYER legte umgehend Widerspruch gegen die Entscheidung ein. Die Beschwerdekammer der EPA erkannte diesen allerdings nicht an, was für BELT & Co. das Aus auf dem US-Markt bedeutet.

FORSCHUNG & LEHRE

Subventionen für Pflanzen-Forschung
„Gemeinsam zu den Pflanzen der Zukunft“ lautet die Losung von Plant 2030. Das vom Bund großzügig geförderte Projekt setzt auf eine „enge Verknüpfung von Wissenschaft und Wirtschaft“ und verkündet: „Neue Forschungsergebnisse fließen auf kürzestem Weg in die Entwicklung neuer Sorten ein“. Bei einer solchen konzertierten Aktion macht BAYER natürlich gerne mit. Für ein Vorhaben zur „Verbesserung der Stress-Resistenz, Ressourcen-Nutzung und Produktivität von Nutzpflanzen“ holte sich der Agro-Riese einen Zuschuss von 1,34 Millionen Euro ab. Und für Forschungen zu Pflanzen-Hormonen, die Einfluss auf das Wachstum haben („Bioregulatoren“), strich er sogar knapp 1,9 Millionen Euro ein.

Neue Pflanzenforschungskooperation
BAYER hat mit dem Forschungszentrum Jülich eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Pflanzenforschung vereinbart. Nach Angaben des Leverkusener Multis wollen sich die Kooperationspartner dabei auf die Wurzeln von Ackerfrüchten konzentrieren. „Die Kultur-Pflanzen der Zukunft müssen Höchstleistungen erbringen. Und die Ertragsleistung hängt mit der Funktionsweise der Wurzeln zusammen. Wir können stärkere Wurzel-Systeme züchten, wenn wir die Wurzel-Phänotypen und die sie steuernden Gene verstehen“, so der BAYER-Manager Raphael Dumain.

[24Reden] STICHWORT BAYER 3/2016

CBG Redaktion

Aktion & Kritik

Von Arbeitsplatzvernichtung bis XARELTO

24 Einsprüche

Der Faz gefallen die AktionärInnen-Treffen von BAYER nicht. Die Zeitung klagte jüngst über das Gros der HauptversammlungsrednerInnen, das sich „zu Themen äußert, die nicht viel mit Bilanzen zu tun haben“. Und in der Tat wartete die Journalistin des Blattes am 29. April in den Beiträgen der 24 Konzern-KritikerInnen vergeblich auf Zahlen. Stattdessen bekam sie so einiges über Bienensterben, Gentechnik, üble Marketing-Praktiken, gefährliche Giftgas-Leitungen, Steuertricks, Altlasten und die Lage der Beschäftigten zu hören.

Von Jan Pehrke

Das größte Kapitel im „Schwarzbuch BAYER“ nahm auch bei der diesjährigen Hauptversammlung wieder das Thema „Bienensterben“ ein. Gleich sechs Beiträge befassten sich mit dieser Nebenwirkung von Ackergiften aus dem Hause des Leverkusener Multis. Die Imkerin Heike Holzum erinnerte noch einmal an das Jahr 2008, als die bisher größte Bienen-Vergiftung durch die legale Anwendung eines Pestizids geschah: Am Oberrhein erlagen 12.500 Bienenvölker BAYERs Saatgut-Beize PONCHO. Dazu hätte es Holzum zufolge nicht kommen müssen, denn bereits seit 1994 lagen Erkenntnisse über die verheerenden Effekte der zur Gruppe der Neonicotinoide gehörenden Agro-Chemikalien auf Bienen vor. Der Global Player hat diese jedoch nicht beachtet und macht bis heute andere Gründe für das Sterben der Tiere überall auf der Welt geltend. Vor allem die Varroa-Milbe nennt er immer wieder als Ursache. „Wie lange wollen Sie uns dieses Märchen noch erzählen“, fragte Holzum den Vorstand deshalb.
Auch Michael Slaby von der Initiative MELLIFERA warf dem Konzern vor, das Vorsorge-Prinzip missachtet zu haben. „Erklären Sie uns mal bitte, wie die ‚vorsorgende Haltung’ Ihres Unternehmens aussieht gegenüber den sich verdichtenden Studien, die von einer hirnschädigenden Wirkung der Neonicotinoide nicht nur bei Insekten, sondern auch bei uns Menschen und insbesondere bei Föten und Säuglingen warnen“.
Für den präventiven Gesundheitsschutz müssen stattdessen andere sorgen wie etwa die „Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit“ (EFSA). Diese untersuchte die Ackergifte und bescheinigte ihnen, die Gesundheit von Bienen anzugreifen. Daraufhin entzog die Europäische Kommission den BAYER-Mitteln PONCHO und GAUCHO sowie dem SYNGENTA-Produkt CRUISER vorläufig die Zulassung. Der Leverkusener Multi aber hatte nichts Besseres zu tun, als gegen diese Entscheidung gerichtlich vorzugehen, monierte die Imkerin Annette Seehaus-Arnold.
Ihr Kollege Christoph Koch vom Erwerbsimkerbund sowie Anne Isakowitsch von der Initiative SUM OF US kritisierten dieses Vorgehen ebenfalls. Isakowitsch verlangte vom Agro-Riesen, die Klage zurückzuziehen und wusste sich darin mit 1.392.625 Menschen einig – so viele Unterschriften zur Unterstützung ihrer Forderung übergab sie dem Vorstand um BAYER-Chef Marijn Dekkers. Corinna Hölzel vom BUND appellierte ebenfalls an den Konzern, die juristische Auseinandersetzung zu beenden. Darüber hinaus lenkte sie die Aufmerksamkeit noch auf einen Neonicotinoid-Wirkstoff von BAYER, den die EU verschont hat: Thiacloprid. Für den HobbygärtnerInnen-Bereich bietet der Global Player die Substanz zwar nicht mehr an, die LandwirtInnen können ihn jedoch nach wie vor erwerben. So findet sich der Stoff dann nicht nur in den Bienen wieder, sondern auch in ihrem Produkt, dem Honig. Und seit Kurzem darf es sogar wieder ein wenig mehr sein: Als die EFSA den Grenzwert für Thiacloprid im Februar 2016 von 0,2 auf 0,05 mg/kg senkte, schrieb der Konzern einen Brandbrief nach Brüssel und bekam prompt „geliefert“ – die Lebensmittelbehörde machte den Beschluss rückgängig. „Ist BAYER tatsächlich der Meinung, dass sich ein Grenzwert für Lebensmittel am Absatz eines Pestizids und nicht an der Gefahr für die menschliche Gesundheit orientieren soll?“, fragte Hölzel eindringlich. Der Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers ging darauf nicht näher ein und bekräftigte stattdessen: „BAYER ist davon überzeugt, dass der ursprüngliche Grenzwert für Verbraucher sicher ist und dass dieser Honig bedenkenlos verkauft werden kann. Die Rückstände, die im Honig gefunden werden, sind auch weit unterhalb einer Konzentration, die für Bienen problematisch sein könnte.“ Und selbstredend war der Konzern auch generell „ … davon überzeugt, dass unsere Neonicotinoide sicher sind für die Umwelt, wenn sie sachgerecht eingesetzt werden“.

Doppelte Standards
Christian Schliemann vom EUROPEAN CENTER FOR CONSTITUTIONAL AND HUMAN RIGHTS (ECCHR) widmete sich mit LARVIN, NATIVO, CONFIDOR und REGENT weiteren Pestiziden.

Hatte BAYER kurz zuvor in einem Werbe-Video noch glückliche LandwirtInnen präsentiert, die von den Segnungen der Agro-Chemie kündeten, so berichtete Schliemann von ganz anderen Bildern. Seine Organisation hatte nämlich vor Ort auf indischen Feldern einen Film aufgenommen, der ein Kontrastprogramm zu dem PR-Clip bietet. Die ECCHR-Aufnahmen zeigen FarmerInnen, die ihre Gesundheit riskieren, weil sie – noch dazu ohne Schutzkleidung – Pestizide ausbringen, die in Europa wegen ihrer Gefährlichkeit zum Teil längst nicht mehr erhältlich sind und keine ausreichenden Sicherheitshinweise bieten.
Die indische Rechtsanwältin Mani Prakash hatte dies der Hauptversammlung bereits zu Gehör gebracht (siehe S. X). Schliemann konzentrierte sich deshalb auf einen anderen Aspekt. Er interessierte sich dafür, wo beim Unternehmen die Verantwortung für diese Politik der doppelten Standards liegt. Er wollte zum Beispiel wissen, welche Kenntnisse Vorstand und Aufsichtsrat von den Anwendungsbedingungen für LARVIN & Co. in Indien haben und wie sie die Einhaltung der Pestizid-Exportvorschriften überwachen. Dekkers bekundete, der Konzern würde Berichten über etwaige Verstöße gegen Gebrauchsvorschriften immer „intensiv“ nachgehen, selbstverständlich die Bestimmungen über die Ausfuhren von Ackergiften einhalten und auch den Verhaltenskodex der FAO respektieren. Wie es dann aber zu den indischen Verhältnissen kommen konnte, darüber blieb er eine Erklärung schuldig.
Christoph Then von der Initiative TESTBIOTECH wandte sich einem weiteren risikoreichen Produkt aus BAYERs Landwirtschaftsabteilung zu, dem Gen-Soja FG72. Die ForscherInnen des Konzerns haben die Pflanze mit Namen BALANCE, für die der Global Player bei der EU eine Import-Zulassung beantragt hat, gleich mit zwei Resistenzen gegen Pestizide ausgestattet. Sie ist sowohl gegen Glyphosat immun, über dessen karzinogenen Effekte die ExpertInnen noch streiten, als auch gegen Isoxaflutol, das laut Then bereits offiziell als „wahrscheinlich krebserregend“ klassifiziert ist. Besonders auf Glyphosat haben sich die Unkräuter schon relativ gut eingestellt, weshalb die LandwirtInnen immer größere Mengen verwenden müssen. Von einem regelrechten „Wettrüsten auf dem Acker“ sprach der Gentech-Kritiker deshalb. Im Falle von FG72 ist das ihm zufolge besonders verheerend, denn die Behörden haben der Labor-Frucht eine Genehmigung erteilt, ohne die möglichen Effekte der Kombinationswirkung von Glyphosat und Isoxaflutol geprüft zu haben. Kein Problem, wiegelte der BAYER-Chef in seiner Antwort auf Then ab: „Risiko-Bewertungen werden üblicherweise auf der Basis von Einzelstoffen durchgeführt. Für Mischungen in Produkten gibt es jedoch umfangreiche Regulierungen.“ Trotzdem würde der Konzern, „die Bemühungen der EU, praktikable und effiziente Methoden für eine kumulative Risiko-Bewertung zu finden“ unterstützen, gab Dekkers den Märchen-Onkel. Zudem versicherte er: „Wir beschäftigen uns intensiv mit den Auswirkungen des Soja-Anbaus auf die Umwelt.“
Mit den Auswirkungen von BAYERs hemmungslosem Pharma-Marketing auf die Gesundheit beschäftigte sich der Mediziner Dr. Jan Salzmann von der ÄrztInnen-Initiative MEIN ESSEN ZAHL ICH SELBER (MEZIS). „Wir Ärzte erwarten von einem Pharmazie-Unternehmen, dass es Medikamente für die Krankheiten entwickelt, an denen unsere Patienten leiden. BAYER macht es manchmal umgekehrt. Da werden Krankheiten für Medikamente entwickelt“, erklärte Salzmann. So hat der Konzern ihm zufolge die „Wechseljahre des Mannes“ kreiert, um den Verkauf seiner Hormon-Präparate anzukurbeln, und eine Marketing-Firma damit beauftragt, diese Diagnose an den Mann zu bringen. Nebenwirkungen der Testosteron-Gaben wie erhöhtes Herzinfarkt- und erhöhtes Krebs-Risiko nahm das Unternehmen bei dem Coup billigend in Kauf, kritisierte der Mediziner.
Das alles wies der „Ober-BAYER“ natürlich weit von sich. Der Konzern sehe sich einem verantwortungsvollen Marketing gemäß internationalen Standards verpflichtet und suche für seine Produkte auch keine Anwendungsgebiete jenseits der von den Aufsichtsbehörden genehmigten, so Dekkers. Und bei den „männlichen Wechseljahren“ handelte es sich seiner Meinung nach um ein veritables klinisches Syndrom. Er zauberte dafür sogar eine standesgemäße lateinische Fachbezeichnung aus dem Hut: Hypogonadismus. Den gibt es zwar tatsächlich, allerdings ist er längst nicht so verbreitet, als dass er dem Pharma-Riesen ein einträgliches Geschäft verspräche. Also arbeitet er hart an einer „Ausweitung der Krankheitszone“.

BAYERs Steuertricks
CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes befasste sich mit einer anderen Marketing-Aktivität. Der Leverkusener Chemie-Multi hatte in Kindergärten sogenannte Wimmelbücher verteilen lassen, die das Leben auf den Firmen-Arealen in den buntesten Farben malen und zu einer Art Disneyland mit Schornsteinen verklären. Paradiesische Zustände gibt es für den Pillen-Riesen Mimkes zufolge aber auch im wirklichen Leben - steuerparadiesische. In Holland und Belgien beispielsweise: Dort hat der Konzern seine großen Finanzgesellschaften angesiedelt. Sie treten nominell als Eigentümer von BAYER-Tochtergesellschaften auf, was konzern-interne Geschäfte zu Lasten des bundesdeutschen Fiskus ermöglicht. Auch gewähren diese Briefkasten-Firmen anderen Unternehmensniederlassungen Kredite und streichen dafür Zins-Zahlungen ein, auf die kaum Abgaben anfallen. Als Folge dieser Vermeidungspraxis darbt der Stammsitz des Chemie-Multis, den dieser zu allem Übel auch noch zusätzlich mit dem Umzug seiner Patent-Abteilung nach Monheim gestraft hat. „Die Weltfirma BAYER beteiligt sich in Leverkusen sehr wenig am Gewerbesteuer-Aufkommen“, zitierte Mimkes den Bürgermeister der Stadt, Uwe Richrath.
Und das dürfte sich in nächster Zeit laut Dekkers auch nicht ändern. Die Gewerbesteuer-Zahlungen an allen deutschen Standorten zusammen würden gegenwärtig „im ein- bis zweistelligen Millionen-Bereich“ liegen, offenbarte der BAYER-Chef dem CBGler. Früher betrugen sie ein Vielfaches dessen. Allein der Abzug der Patentsparte in die nordrhein-westfälische Steuer-Oase Monheim kostet Leverkusen einen Millionen-Betrag. Trotzdem will der Niederländer diese Standort-Verlagerung nicht als Steuerspar-Projekt verstanden wissen: Sie diente angeblich lediglich der „Optimierung der Organisationsstruktur“.
Damit nicht genug, setzt der Agro-Multi seinen Stammsitz auch noch der Gefahr einer Kohlenmonoxid-Leitung aus. Seit 15 Jahren bereits transportiert er das Giftgas damit von Dormagen nach Leverkusen. „Ohne ein Wimpernzucken muten Sie den Anwohnern teilweise eine Halbierung der Rohrwände durch Rost zu“, warf Gottfried Arnold dem Aufsichtsratschef Werner Wenning vor. Des CO-Röhrenwerks, das von Krefeld nach Dormagen führt, aber wegen einer Klage glücklicherweise noch auf eine Betriebsgenehmigung wartet, nahm sich Dieter Donner an. Einmal mehr beschwor der Presse-Koordinator der verschiedenen Anti-Pipeline-Initiativen die Gefährlichkeit des Kohlenmonoxids herauf, von dem schon ein Hauch, die „Menge eines Weinglases – das sind 100 Milliliter“ reiche, um einen Menschen zu töten. Die Warnsysteme entlang der Strecke können nach Ansicht Donners einen „Worst Case“ nicht verhindern, dafür aber etwas anderes, ein: „Zurück zum ehernen Grundsatz der Chemie, Giftstoffe nur innerhalb der Werke erzeugen und dort unmittelbar zu verarbeiten.“
Dazu war Marijn Dekkers jedoch nicht zu bewegen. Er erklärte die Pipeline für notwendig, um einen „standort-übergreifenden Rohstoff-Verbund für die Kunststoff-Produktion zu schaffen“ – und selbstredend für „sicher“. Dieses Prädikat verlieh er auch der Leitung, die zwischen Dormagen und Leverkusen verläuft. Dass der TÜV bei dieser in dem Teil, der unter dem Rhein verläuft, „gravierende externe Materialverluste“ ausgemacht und ihm noch eine Restlebensdauer von zwei Jahren gegeben hatte, unterschlug der Vorstandsvorsitzende geflissentlich. Den notwendig gewordenen Bau einer neuen Unterquerung widmete er kurzerhand zu einer reinen „Instandhaltungsmaßnahme“ um.
Ein Bau ganz anderer Art sorgt derzeit für heftige Kontroversen in Leverkusen. Und wieder steht BAYER im Mittelpunkt der Auseinandersetzung. Das Land Nordrhein-Westfalen will – nicht zuletzt auf Druck des Global Players hin – eine neue Rheinbrücke bauen und im Zuge dessen auch die Autobahn A1 auf bis zu 12 Spuren verbreitern. Der neue Streckenverlauf soll teilweise über die berüchtigte Dhünnaue, BAYERs ehemalige Giftmüll-Deponie führen. Und dazu müssen die ArbeiterInnen das Gift-Grab öffnen. „Die Gefahren, die von einem Eingriff in die Deponie ausgehen, werden von der Straßenbau-Verwaltung als extrem hoch angegeben“, warnte der Diplom-Ingenieur Helmut Hesse auf der Hauptversammlung. Deshalb forderte er den Konzern auf, sich für die Tunnel-Alternative einzusetzen, wie es etwa Leverkusener Initiativen tun. Das lehnte der Multi jedoch ab. BAYER sei dafür nicht der richtige Ansprechpartner, beschied Dekkers dem Ingenieur und verwies ihn auf Straßen NRW als „Vorhabenträger“. Im gleichen Atemzug offenbarte er jedoch, dass das Unternehmen an dem ganzen Prozess keinesfalls unbeteiligt ist. So brachte der Konzern seine Vorstellungen in das Planfeststellungsverfahren ein. Er schrieb etwa eine Einwendung und machte seinen Standpunkt bei einer Anhörung deutlich – Umweltschutz-Belange dürfte dabei kaum eine Rolle gespielt haben.

Die feinen Unterschiede
Der Verfasser dieser Zeilen thematisierte die Lage der Beschäftigten bei BAYER und kam dabei vor allem auf die feinen Unterschiede zu sprechen, welche die Aktiengesellschaft bei der Behandlung von Belegschaftsangehörigen macht. So kommen beispielsweise längst nicht alle bundesdeutschen BAYER-WerkerInnen in den Genuss der Standortsicherungsvereinbarung, die unter anderem betriebsbedingte Kündigungen ausschließt. Und dann tun sich noch einmal Gräben zwischen Deutschland und dem Rest der Welt auf: Während etwa die bundesdeutschen Belegschaften 2015 eine Lohn-Erhöhung von 2,8 Prozent erhielten, mussten sich die französischen KollegInnen jüngst mit einem Prozent zufriedengeben. Besonders weit aber geht die Schere in puncto „Tarifverträge“ auseinander. „Nur für etwas mehr als die Hälfte aller Belegschaftsmitglieder weltweit hat BAYER mit Gewerkschaften Tarifvereinbarungen abgeschlossen. Besonders düster sieht es in den USA aus. Dort gelten laut Geschäftsbericht nur für fünf Prozent der Beschäftigen Tarifverträge oder ähnliche Bestimmungen – Tendenz fallend“, kritisierte das CBG-Vorstandsmitglied und machte dafür Druck von oben verantwortlich.
Das stritt Marijn Dekkers natürlich ab: Beschäftigten-VertreterInnen hätten bei BAYER keine Nachteile zu befürchten, und überhaupt lege dem Konzern das Wohl der Belegschaft sehr am Herzen. Für die „feinen Unterschiede“ im Wohlergehen fand der Vorstandsvorsitzende mehrere Erklärungen. „Praktische Gründe“ führte er dafür an, dass eine Niederlassung wie die in Grenzach bei der Standortsicherungsvereinbarung außen vor bleiben muss. Sie habe schlicht nicht die kritische Größe, um genug Alternativen jenseits von Entlassungen bieten zu können, wenn das Unternehmen sich mal wieder zu Rationalisierungsmaßnahmen veranlasst sehe, meinte er. Und die Differenzen bei den Entgelt-Steigerungen zwischen Deutschland und Frankreich begründete der Manager mit den voneinander abweichenden Rahmenbedingungen in beiden Staaten. Ein Gerechtigkeitsproblem trete dabei jedoch nicht auf: „Eine Ungleichbehandlung ist darin nicht zu erkennen“.
Die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen sprach Andrea Rupp an. So erfüllt BAYER immer noch nicht die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Quote von einem mindestens 30-prozentigen Frauen-Anteil im Aufsichtsrat. Selbst mit der bei der Hauptversammlung neu in das Gremium gewählten Johanna W. Farber kommt der Konzern gerade einmal auf 25 Prozent. Und auf den Management-Ebenen darunter sieht es auch nicht besser aus. Trotzdem stellte Dekkers das Unternehmen in seiner Antwort auf den Beitrag Rupps als Hort der Emanzipation dar.
Das Schlusswort der Konzern-KritikerInnen formulierte dann am frühen Abend Sibylle Arians: „Nach allem, was ich heute hier gehört habe, bin ich erschüttert. Erschüttert und empört! Letztes Jahr war ich erstmals auf der BAYER-HV. Ich war in vielerlei Hinsicht beeindruckt, aber nicht wirklich überrascht davon, dass die Unternehmenstätigkeit orientiert ist am finanziellen Erfolg um nahezu jeden Preis. Die Behauptung, Verbrauchersicherheit stünde an oberster Stelle, das Unternehmen würde sich an Verhaltenskodizes und nationale Gesetze halten, spricht dem Leid derer Hohn, die hier über ihr Schicksal berichtet haben.“

[HV-Bericht] STICHWORT BAYER 3/2016

CBG Redaktion

Aktion & Kritik

Turbulente BAYER-Hauptversammlung

Profite & Proteste

Die diesjährige BAYER-Hauptversammlung sollte eine rauschende Abschiedsparty für den scheidenden Vorstandsvorsitzenden Marijn Dekkers werden, denn der Niederländer hatte die Erträge des Leverkusener Multis noch einmal beträchtlich steigern können. Doch dazu ließen es ImkerInnen, Medikamenten-Geschädigte, Pipeline-GegnerInnen und andere Konzern-KritikerInnen nicht kommen. Sie zogen nämlich eine ganz andere Bilanz der Ära Dekkers.

Von Jan Pehrke

Schon früh am Morgen der BAYER-Hauptversammlung war die Polizei mit drei Mannschaftswagen vor dem Kölner Messegelände aufgefahren. Ihr schwante offenbar Böses. Und gut wurde es im Folgenden wirklich nicht für den Leverkusener Multi. Bald nämlich schon füllte sich der Vorplatz mit einem bunten Völkchen, das mit Dividenden so gar nichts im Sinn hatte. ImkerInnen streiften ihre weißen Schutzanzüge über, warfen ihre Rauchbläser an und errichteten einen Bienenfriedhof, um gegen die tödlichen Pestizide made by BAYER zu protestieren, die ihre Tiere elendig verenden lassen. Unterstützung erhielten sie dabei von den fleißigen Bienen des BUND und der Initiative SUM OF US, die überall herumschwirrten und Flugblätter verteilten. Auch GegnerInnen des Ausbaus der Autobahn A1 hatten sich eingefunden, soll doch die neue Strecke teilweise über die Dhünnaue-Deponie des Multis führen, was eine Öffnung des Gift-Grabes notwendig macht. Mit ihrem Chemie-kotzenden Haus aus den alten Zeiten des Protestes gegen die Müll-Lagerstatt führten die Leverkusener den AktionärInnen die Gefahren des Vorhabens plastisch vor Augen. Neben ihnen hatte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) einen kleinen Kindergarten aufgebaut. Mittendrin injizierte ein Arzt den Kindern mit einer riesigen Spritze BAYER-Stoff – eine drastische Illustration des Angriffs auf die Köpfe der Kleinsten, den der Global Player mit der Verteilung seiner Wimmelbücher in den Horten gestartet hat.

Zu noch extremeren Mitteln griffen aus gegebenem Anlass die vielen Medikamenten-Geschädigten bzw. deren Angehörige. Mitglieder von RISIKO PILLE hatten zum Gedenken an die Frauen, die durch Verhütungspräparate des Pharma-Riesen umkamen, eine Reihe von Kreuzen aufgestellt. „Tina 22 – Pille: YASMIN – Lungenembolie mit Todesfolge“ war darauf beispielsweise zu lesen. Diesen Anblick wollten die Polizei und BAYER dem HV-Publikum möglichst ersparen. Die Ordnungshüter gaben immer wieder rote Linien vor, die der Protest nicht überschreiten dürfe, weil er sonst den AktionärInnen zu nahe gerückt wäre. Sogar Anordnungsstrafen drohten sie an. Das Unternehmen indessen ließ die Busse, welche die Aktien-HalterInnen vom Bahnhof zur Messe kutschierten, nicht etwa direkt vor dem Eingang, sondern weit ab vom Schuss halten. Aber den Konzern-KritikerInnen gelang es trotzdem, die Kontaktsperre zu unterlaufen und die BesucherInnen mit Informationen zu versorgen.

In der Halle selber tat sich denen dann ein völlig andere Welt auf. Hatte der Global Player draußen noch „low profile“ gezeigt und alle optischen Hinweise auf sich selber und seine Hauptversammlung getilgt, um nicht zusammen mit den AktivistInnen auf einem Presse-Foto zu erscheinen, so zeigte er im „geschützten Raum“ vollen Einsatz. Kaum ein Quadratzentimeter Wand blieb als BAYER-Werbefläche ungenutzt. Und hatte es vor den Toren auf einem CBG-Transparent noch geheißen: „Opgepast Marijn Dekkers, Profit is niet lekkers!!“, so fanden Aufsichtsrat und Aktionärs-Vertreter in der Messehalle gerade daran Geschmack. „Sie haben die vom Aufsichtsrat in Sie gesteckten Erwartungen mehr als erfüllt, BAYER hervorragend weiterentwickelt und entscheidende Weichen gestellt“, bedankte sich Aufsichtsratschef Werner Wenning bei dem Niederländer, hatte der die Aktien-Gesellschaft doch zwischenzeitlich sogar zum wertvollsten Konzern Deutschlands gemacht. Marc Tüngler von der „Schutzvereinigung für Wertpapier-Besitz“ mochte da nicht hintanstehen und schwärmte von einer „extrem beeindruckenden Performance“.

Aber nach diesen Ausführungen und der Rede von Marijn Dekkers himself war es mit der Profit-Herrlichkeit auch schon wieder vorbei. Die KritikerInnen übernahmen das Wort und sollten es bis zum Ende der Veranstaltung nicht mehr abgeben. 24 Einsprüche gegen die Logik des Kapitals formulierten sie und setzten dabei Themen wie Nebenwirkungen von Medikamenten, Bienensterben und andere Pestizid-Folgen, Gentechnik, die Kohlenmonoxid-Pipeline, Steuertricks, Konzern-Propaganda und die Lage der Beschäftigten auf die Tagesordnung. So mancher von ihnen nahm dafür eine weite Anreise in Kauf. Mani Prakash etwa war extra aus Indien nach Deutschland geflogen, um darzulegen, was BAYER-Pestizide in ihrem Land anrichten. Allerdings durfte sie es nicht selber tun: Obwohl der Konzern sich immer viel auf seine Internationalität zugute hält, besteht er bei seinen Hauptversammlungen auf „Deutsch“ als Amtssprache. So sprang Carolijn Terwindt vom EUROPEAN CENTER FOR CONSTITUTIONAL AND HUMAN RIGHTS der Inderin bei und verlas die Übersetzung des Beitrags. „Ich bin eine Anwältin aus Bombay. Vor Kurzem habe ich mehrere Dörfer in Indien besucht, um mir selbst ein Bild zu machen von den Vorteilen der Pestizid-Nutzung durch die örtlichen Bauern. Zu meiner Überraschung musste ich feststellen, dass BAYER in diesen Dörfern erhebliche Verletzungen nationaler und internationaler Gesetze und Standards vorgeworfen werden kann“, bekamen die AktionärInnen so zu hören. Der Agro-Riese informiert nämlich Prakash zufolge weder HändlerInnen noch LandwirtInnen in ausreichendem Maße über die Gefahren der Ackergifte und verstößt damit gegen die Richtlinien der UN-Welternährungsorganisation FAO. Überdies hält er kaum Schulungen ab und verteilt auch keine Schutzkleidung. Zudem fehlen auf den Packungen in verständlicher Form angebrachte Sicherheitshinweise. Als Folge davon klagen viele FarmerInnen über Hautreizungen, Kopfschmerzen, Übelkeit und Fieber. „Besonders problematisch ist, dass viele Kinder auf den Äckern und auch beim Sprühen von Pestiziden helfen. Auch sie leiden dann unter brennenden Augen und Haut-Problemen“, klagte die Juristin aus Bombay an.

Gemma López kam aus Spanien nach Köln. ESSURE, BAYERs ohne Hormone auskommendes Mittel zur Sterilisation, hatte sie dazu veranlasst. Eine schier unendliche Krankengeschichte hatte sie im Gepäck. Und da diese möglichst wenig AktionärInnen zu Gehör kommen sollte, hat die Hauptversammlungsregie López – ebenso wie die anderen Medikamenten-Geschädigten – erst spät am Nachmittag vor das Mikrofon treten lassen. Von Unterleibsbeschwerden, Uterus-Kontraktionen, chronische Erschöpfung, schmerzvollem Geschlechtsverkehr und Organ-Schädigungen berichtete die Spanierin. „Die Schmerzen waren manchmal unerträglich, und unser Leben verwandelte sich in einen Alptraum“, so López. Fünf Jahre dauert das Martyrium nun schon an, und ein Ende ist immer noch nicht abzusehen. Nachdem die ÄrztInnen der Frau schon die Eileiter entfernen mussten, steht demnächst die Extraktion der Gebärmutter an. In fast perfektem Deutsch warnte sie den Vorstand: „Seien Sie sich eines bewusst: Die betroffenen Frauen in Europa sowie in den Vereinigten Staaten mobilisieren sich, damit die Gesundheitsämter in dieser Sachlage eingreifen!“

López engagiert sich dafür in der Assoziation der spanischen ESSURE-Geschädigten. Angélica del Valle steht dieser Organisation vor. Die 33-Jährige stellte deshalb in der Messe-Halle von Anfang an klar, dass sie nicht nur für sich selbst spricht. Gleich nachdem sie dem Saal ihren Namen genannt hatte, ergänzte sie: „Auch heiße ich Gemma und Elena“ und fuhr dann nach einer Weile fort: „Ich bin auch Angie – 5.300 betroffene Frauen in den Vereinigten Staaten, bin Marielle – 1.550 Frauen in Frankreich.“ In Österreich endete schließlich ihre Vorstellungstour.

Die Mitglieder von RISIKO PILLE – INITIATIVE THROMBOSE-GESCHÄDIGTER griffen zu einer anderen Methode, um sich nicht als bedauerliche Einzelfälle abspeisen zu lassen: Sie schritten gleich in Mannschaftsstärke vor das Mikrofon. Christin Berndt sprach für die Gruppe und konfrontierte den Saal zu Beginn mit acht Schicksalen von Frauen, denen die BAYER-Verhütungsmittel wegen ihres besonders hohen Thrombose-Risikos zum Verhängnis wurden. „Luisa wurde nur 17 Jahre alt. Sie starb nach dreistündigen Wiederbelebungsmaßnahmen an einer Lungenembolie. Tina brach auf dem Bürgersteig zusammen, wurde vergeblich eine Dreiviertelstunde reanimiert und starb mit nur 22 Jahren an einer Lungenembolie“, hob sie an und schloss ihre Aufzählung mit der 23-jährigen Nina, während Susan Tabbach die Portraits der Verstorbenen hochhielt. „Diese acht Frauen, Herr Dr. Dekkers, sind Teil ihrer Bilanz“, resümierte Berndt und hielt fest: „Sie stehen stellvertretend für die hunderten von toten und zehntausenden von geschädigten Frauen weltweit, die nach Einnahme ihrer Produkte schwere gesundheitliche Schäden erlitten haben oder verstorben sind.“
Auch Stephan Schickentanz erhob Einspruch gegen die verharmlosende Rede von den Einzelfällen und widerlegte sie mathematisch. Es stützte sein Rechen-Exempel auf die rund zwei Milliarden Dollar, welche der Pharma-Riese in den USA bisher schon als Entschädigungen gezahlt hat und fragte den Vorstand: „Entschuldigung, Milliarden-Beiträge für Einzelfälle? Wie viel Geld hat eine geschädigte Frau denn bekommen? 20 Millionen oder 50 Millionen Euro??? Nein, liebe Aktionäre, keine Frau hat 20 Millionen bekommen, sondern nur einen minimalen Bruchteil davon.“

Und damit endeten die Beiträge zu den bitteren Pillen aus dem Hause BAYER noch lange nicht. Andre Sommer ergriff zu dem Schwangerschaftstest DUOGYNON das Wort, den der 2006 vom Leverkusener Multi geschluckte SCHERING-Konzern bis in die 1970er Jahre hinein vermarktet hatte – mit verheerenden Folgen. Tausende Mütter brachten Kinder mit Geburtsfehlern wie Herzstörungen, offenen Rücken, deformierten Gliedmaßen und/oder Organ-Schädigungen zur Welt. Auch Sommer hat bereits zahllose Operationen hinter sich. In Köln berichtete der Lehrer von seinen neuen Archiv-Funden. Diese belegten einmal mehr, dass SCHERING schon sehr früh von den verheerenden Wirkungen des Mittels wusste – und alles tat, um nichts tun zu müssen.
Angesichts der erdrückenden Belege riet ein Experte SCHERING den Dokumenten zufolge, in den Schadensersatz-Prozessen bei der Kausalitätsfrage anzusetzen und systematisch Zweifel an dem ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Medikament und den unerwünschten Arznei-Effekten zu säen. Zudem eruierte der Konzern die politische Stimmung im Unterhaus und ließ PolitikerInnen-Dossiers anfertigen. Über einen Mandatsträger hieß es darin beispielsweise: „Ein führender linker Flügelspieler, unnachgiebig, sehr klug, ein gewaltiger Gegner, vollkommen unbestechlich“. Auch mit Wissenschaftlern schloss der Konzern sich kurz. Ein Mitarbeiter der englischen Gesundheitsbehörde traf sich auf den Bermudas mit UnternehmensvertreterInnen und sicherte ihnen zu, eine DUOGYNON-kritische Untersuchung zu vernichten. Ein Mediziner sandte SCHERING sogar seine Studie vor der Veröffentlichung zu und fragte servil an: „Haben Sie wichtige Vorschläge für Text-Änderungen?“ Damit nicht genug, machte er überdies das Angebot: „Falls größere, gravierendere Passagen geändert werden müssten, könnte ich evtl. auch das Manuskript vom Verlag zurückerbitten, bevor es in Druck geht.“ „Sieht so für den BAYER-Konzern unabhängige Wissenschaft aus? Ist das die gängige Art?“, fragte Andre Sommer bohrend.

Marijn Dekkers gab die Antwort darauf en passant. Ungerührt verwies er Sommer und anderen Medikamenten-Geschädigten gegenüber auf genau solche Expertisen, um die Arzneien des Pharma-Riesen zu exkulpieren. „Das Nutzen/Risiko-Profil von ESSURE ist in über 100 Studien dokumentiert“, beschied er etwa Gemma López. Und „kein ursächlicher Zusammenhang“ bestehe zwischen DUOGYNON und den beschriebenen Gesundheitsschädigungen, konstatierte der Ober-BAYER. Die Betroffenen treffen solche Worte bis ins Mark. Sie können nicht verstehen, wie jemand so nonchalant über konkretes Leid hinweggehen kann und brauchen entsprechend lange, um die Hauptversammlung „ wegzustecken“. Umso mehr Respekt verlangt einem ihre Bereitschaft ab, sich dieser Belastung auszusetzen.
Margret-Rose Pyka, die DUOGYNON nutzte und deshalb ein behindertes Kind zur Welt brachte, kannte die formelhaften Ausführungen Dekkers’ schon aus früheren Hauptversammlungen. „Ich stelle keine Fragen, weil ich die Antworten nicht ertragen kann“, entschied sie deshalb. Andere versuchten stattdessen, die Worthülsen-Produktion zum Erliegen zu bringen, indem sie auf den „menschlichen Faktor“ bauten. Sie sprachen die BAYER-Vorstände als „Familien-Väter“ an, die als solche doch Anteil nehmen müssten etwa an dem Schicksal der Kontrazeptiva-Geschädigten, die ihre Töchter hätten sein können.

Aber es war nichts zu machen. Den Managern blieb alles Menschliche fremd. Und das musste es auch, denn „es handelt sich hier um Personen nur, soweit sie die Personifikation ökonomischer Kategorien sind“, wie Karl Marx im „Kapital“ schrieb. Und als solche Personifikationen gehen sie auch über Leichen, wenn’s der Geldvermehrung dient. Axel Köhler Schnura vom Vorstand der CBG sagte das dem BAYER-Chef auf den Kopf zu: „Sie haben für die Profite rücksichtslos Menschenleben, soziale Rechte und die Umwelt geopfert.“ Entsprechend zog der Diplom-Kaufmann eine ganz andere Bilanz der Ära Dekkers als der Aufsichtsratsvorsitzende Werner Wenning. Er machte das an drei Beispielen fest und nannte die durch BAYERs Gerinnungshemmer XARELTO und die Verhütungsmittel der YASMIN-Reihe verursachten Todesfälle sowie die Arbeitsplatzvernichtung innerhalb des Konzerns durch die Trennung vom Kunststoff-Geschäft. Davon zeugte dann auch das Abschiedsgeschenk, das Köhler-Schnura für den Vorstandsvorsitzenden vorbereitet hatte: drei T-Shirts, die unter dem BAYER-Logo von den YASMIN- und XARELTO-Opfern sowie von den Stellen-Streichungen kündeten.

Während der Konzern für Profite über Leichen geht, hat er auch noch die Chuzpe, seinerseits die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN anzuklagen. „Die Haltung der Coordination steht nicht immer mit den Grundwerten der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in Einklang. So hat die CBG beispielsweise zum Ziel, BAYER ‚unter gesellschaftliche Kontrolle’ zu stellen“ – mit dieser Begründung lehnt das Unternehmen einen Dialog mit der Coordination ab. CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes griff dieses Statement in seiner Rede auf und erteilte dem Vorstand politischen Nachhilfe-Unterricht. Er zitierte aus der nordrhein-westfälischen Landesverfassung Paragrafen, die vorsehen, Großbetriebe in Gemeineigentum zu überführen, wenn sie eine monopolartige Stellung erlangen, und Zusammenschlüsse, die ihre wirtschaftliche Macht missbrauchen, mit einem Verbot zu belegen. „Unsere Forderung, BAYER unter gesellschaftliche Kontrolle zu stellen, geht also viel weniger weit als der Verfassungstext“, schlussfolgerte Mimkes.

Bis in die frühen Abendstunden zogen sich die Beiträge der Konzern-KritikerInnen. Von dem kleinen Intermezzo zu Beginn der Hauptversammlung abgesehen, hatten sie die Veranstaltung dominiert. Aber obwohl vielen von ihnen in ihren Reden sogar noch explizit dazu aufgefordert hatten, bei der abschließenden Abstimmung Vorstand und Aufsichtsrat nicht zu entlasten, spiegelte sich das in den Ergebnissen nicht wieder. Diese prägen nämlich Banken, Investment-Fonds und andere Großaktionäre. Immerhin jedoch erzielte die CBG Achtungserfolge mit 1,6 Prozent Nein-Stimmen bei der Entlastung des Vorstands und 4,3 Prozent Nein-Stimmen bei der Entlastung des Aufsichtsrats.
Nicht in solchen Zahlen bemisst sich für die Coordination jedoch der Lohn ihrer Arbeit. Der CBG kommt es vielmehr darauf an, mit ihren HV-Aktionen ein Bewusstsein für die Risiken und Nebenwirkungen der Profit-Jagd zu schaffen. Und dies gelang. Im Saal selber spendeten viele Aktien-HalterInnen den Gegen-RednerInnen Beifall, und nach außen drang ihr Engagement auch. Bis in indische Zeitungen hinein gelangte beispielsweise die Kunde von den 1,4 Millionen Unterschriften zum Stop von Bienenkiller-Pestiziden, die AktivistInnen von SUM OF US dem Vorstand an diesem 29. April überreicht hatten.

Inhalt zum erfolgreichen Protest:
1.: Applaus bei vielen der rEden
2. Vorstand ganz bewusst Reden von Betroffenen durch Pharma-Schäden ans Ende der Veranstaltung als Saal leer: Viele der Anwesenden sind normale Leute.
3.: Abstimmung am Ende: Der Saal war leer (noch max. hundert Leute da) dennoch waren über 50% aller BAYER Aktien vertreten, nur ca. 0.2% weniger als zu dem Zeitpunkt als der Saal noch voll war. D.h. Stimmergebnis um so beeindruckender für uns.

KASTEN

  • 1

Schamlose Profite
Eine BAYER-Aktie hat einen Anteil am Kapital des Konzerns von 2,56 Euro. Auf jede Aktie wurde eine Dividende von 2,50 Euro ausgeschüttet. Das entspricht einer Kapital-Rendite von sage und schreibe 98,0 Prozent. Um diese Schamlosigkeit in der Öffentlichkeit zu verschleiern, wählt der Global Player als Berechnungsgrundlage jedoch den aktuellen Kurs-Wert seiner Aktie, der sich gegenwärtig auf etwa 108 Euro beläuft. Damit fällt die Dividende – Hokuspokus – auf lediglich 2,3 Prozent.

Kasten

  • 2

Abstimmungsergebnisse
Die Abstimmungen auf den AktionärInnen-Hauptversammlungen der Konzerne dominieren wenige GroßaktionärInnen (Ultrareiche, Investmentfonds, Banken etc.) Sie sorgen für sichere Mehrheiten von 90 Prozent + x. Die vielen hunderttausend KleinaktionärInnen besitzen zusammen lediglich fünf bis zehn Prozent der Aktien. Entsprechend beachtlich sind die Abstimmungsergebnisse für Kritischen AktionärInnen bei BAYER. (Da das Unternehmen die Anzahl der Enthaltungen nicht nennt, ergeben sich im Verhältnis der absoluten Zahlen zu den Prozent-Angaben Schwankungen.)

Gewinn-Verwendung
Nein-Stimmen: 892.410 (0,2 Prozent); Vorjahr: 0,3 Prozent

Entlastung Vorstand
Nein-Stimmen: 7.646.422 (1,6 Prozent); Vorjahr: 1,5 Prozent

Entlastung Aufsichtsrat
Nein-Stimmen: 20.356.571 (4,3 Prozent); Vorjahr: 3,1 Prozent

Vergütungssystem Vorstand
Nein-Stimmen: 91.596.999 (18,9 Prozent)

[Dhünnaue] STICHWORT BAYER 03/2016

CBG Redaktion

Wasser, Boden & Luft

Augen zu und durch die Dhünnaue===

„Können Gefahren ausschließen“===

Das Land Nordrhein-Westfalen will die Autobahn A1 ausbauen und dazu auch Hand an eine ehemalige Giftmüll-Deponie BAYERs legen. Nichts kann Kraft & Co. davon abhalten, die Büchse der Pandora zu öffnen.

Von Jan Pehrke

Auch ein Rekord: Mit der Dhünnaue bescherte der BAYER-Konzern seinem Stammsitz die größte Müll-Deponie Europas. 6,5 Millionen Tonnen Abfälle nahm die Erde unter Leverkusen von 1923 bis 1965 auf, davon fast eine Million Tonnen gefährliche Rückstände aus der Chemie-Produktion wie Quecksilber, Arsen, Chrom und Blei. Erst 1995 begannen die Arbeiten zur Sicherung der Altlasten, die geschlagene acht Jahre in Anspruch nahmen (siehe SWB 3/04).
Und jetzt, kaum dass die Dhünnaue – einigermaßen – abgedichtet ist, gibt es Bestrebungen, die Büchse der Pandora wieder zu öffnen. Das Land will nämlich eine neue Autobahn-Brücke errichten sowie die Autobahn A1 erweitern und dafür Teile der Deponie als Baugrund in Beschlag nehmen. Für diese Infrastruktur-Maßnahme, die nicht zuletzt der Pharma-Riese immer wieder eingefordert hat, muss Straßen.NRW als Vorhaben-Träger nun aber wieder ran ans verseuchte Erdreich. Der Landesbetrieb hält das wider Erwarten für ungefährlich. „Wir wissen, was dort liegt, und können unkalkulierbare Risiken ausschließen“, erklärt die Sachverständige Ingrid Obernosterer.

Dort unten fände sich zwar eine wilde Mischung von Substanzen, die Stoff-Konzentrationen seien jedoch nicht besorgniserregend, wiegelt sie ab. Und der Chemie„park“-Betreiber CURRENTA, eine 60-prozentige BAYER-Tochter, erteilt dem Projekt selbstverständlich ebenfalls eine Unbedenklichkeitsbescheinigung.
Viele LeverkusenerInnen beurteilen die Lage allerdings anders. So protestierten am 13. Februar 2016 rund 1.500 BürgerInnen gegen die Pläne, und 300 AnwohnerInnen bzw. Initiativen – darunter auch die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN – erhoben bei der Bezirksregierung schriftlich Einspruch gegen das Vorhaben. Der Diplom-Ingenieur Helmut Hesse, den die Stadt im Rahmen ihres Dialog-Forums mit der Ausarbeitung einer Alternative zur Stelzen-Autobahn beauftragt hatte, befürchtet etwa Boden-Absenkungen, denn im Gift-Grab rumort es noch. Die organischen Anteile des Mülls zersetzen sich und lassen das Volumen schrumpfen. Der Landesbetrieb will deshalb zwar Teile der Deponie abtragen, aber nach Hesses Meinung reicht der avisierte Aushub nicht, obwohl die Landes-IngenieurInnen die Menge schon von 34.000 m3 auf über 200.000 m3 aufstockten. Der Ingenieur beruft sich dazu den Straßen.NRW-Baugrundsachverständigen selber, der für einen vollständigen Bodenaustausch eintritt, dies aber wegen der hohen Kosten als unrealistisch ansieht.
Helmut Hesse hält eine solche Komplett-Reinigung für unabdingbar, sollte das Land wirklich bei seinen Plänen bleiben. Er selber jedoch tritt dafür ein, die Deponie lieber in Frieden zu lassen. Der Experte plädiert deshalb für „Tunnel statt Stelze“ und weiß sich darin mit vielen Menschen einig. Auf dem Erörterungstermin der Bezirksregierung Köln, der für den Sommer angesetzt ist, werden die LeverkusenerInnen für diese Alternative werben. Und im Herbst entscheidet sich dann, ob die Behörde sich auf die Argumente einlässt oder aber Straßen.NRW eine Baugenehmigung für Brücke und Autobahn erteilt.

[A1] STICHWORT BAYER 2/2016

CBG Redaktion

Wasser, Boden & Luft

Fahrn, fahrn, fahrn auf der Autobahn ...

BAYER gegen Tunnel-Lösung

„Tunnel statt Stelze“ fordern Leverkusener Initiativen. Sie lehnen den Ausbau der A 1 ab, nicht zuletzt weil im Zuge der Arbeiten BAYERs Gift-Sarkophag „Dhünnaue“ geöffnet werden müsste.

Von Benedikt Rees (Verfasser einer Einwendung gegen den Autobahn-Ausbau)

Ja, ich gebe es zu! Als ich das erste Mal vom Neubau der A 1-Brücke zwischen Köln und Leverkusen erfuhr, dachte ich mir: Na und? Schließlich konnte mensch sich Jahrzehnte lang ausreichend an den Anblick dieses Monumentes mitsamt großflächig „verzierter“ Lärmschutzwände gewöhnen. Nachdem ich mich jedoch mühsam durch die 13 Aktenordner des Planfeststellungsentwurfs hindurchgegraben hatte, musste ich allerdings zu der Einsicht gelangen: Das können die PlanerInnen von Straßen NRW nicht wirklich ernst meinen! Denn geplant ist nicht nur ein Ersatz für die angeblich marode A 1-Brücke, sondern vielmehr der 12-spurige Ausbau der A 1 zwischen Köln-Niehl und Leverkusen-Bürrig mitsamt eines Neubaus des kompletten Autobahn-Kreuzes Leverkusen-West.

Das erfordert nicht nur die Umlegung zahlreicher Öl-, Gas- und Chemie-Leitungen auf Kölner Gebiet, sondern auch den Eingriff in die verhüllte Dhünnaue-Giftmülldeponie von BAYER auf Leverkusener Seite. Dafür will Straßen NRW nicht nur die Oberflächen-Abdichtung des Giftgrabs aufbrechen, sondern auch die Spundwände zur „Grundwasser-Abdichtung“ neu errichten. Galt ein solcher Eingriff bislang immer als absolutes „No Go“ der StraßenplanerInnen, scheinen diese Bedenken nunmehr urplötzlich hinweggeweht worden zu sein.

Doch ganz offensichtlich ist Straßen NRW sehr wohl bewusst, welches Risiko sie beim Neubau insbesondere des Kreuzes Leverkusen-West auf dem Deponie-Gelände eingehen: Sie wollen nämlich die neuen Brücken-Bauwerke bereits unmittelbar unterhalb der Oberflächenabdeckung der Dhünnaue gründen, aus (berechtigter) Sorge und Angst davor, was sie bei einem Tieferlegen so alles erwarten könnte.
Nicht nur aus statischer Sicht ist es ein tollkühnes Unterfangen, Hand an die Dhünnaue zu legen. Denn genau hier liegt „der Hund begraben“. Da seinerzeit die BAYER AG in Tateinheit mit der Stadt Leverkusen wild – das heißt unkontrolliert – Gift-, Gewerbe- und Hausmüll „abgelegt“ hat, weiß heute niemand genau, wo sich welcher Müll in welcher Formation befindet und wie das alles zwischenzeitlich chemisch miteinander reagiert hat. Diesen Müll-Sarkophag nach Jahrzehnten des mehr oder weniger friedlichen Ruhens nunmehr sowohl von oben wie auch von unten aufzubrechen, darf in der Tat als absolutes bauliches „Himmelfahrtskommando“ bezeichnet werden. Es stellt nicht nur ein unkalkulierbares Risiko für die damit unmittelbar betrauten ArbeiterInnen, sondern ebenso für die angrenzende Wohnbevölkerung von Leverkusen dar!
Dabei gäbe es durchaus mindestens eine Alternative: Ein Tunnel könnte recht problemlos um das Deponiegelände herumgeführt werden. Und weitere Fragen schließen sich an: Müssen Gefahrgüter unabdingbar über die Straße transportiert werden, oder wäre die Bahn da nicht das sicherere Verkehrsmittel? Sollten Gefahrstoffe nicht besser über Rohrleitungssysteme „verschickt“ werden, sofern sie nicht – wie das von BAYER quer durchs Land transportierte Kohlenmonoxid – eigentlich auch unmittelbar vor Ort produziert werden könnten?
Aber hier zeigt sich ebenfalls, und vermutlich nicht nur bei der BAYER AG, dass die Optimierung von Kosten ganz offensichtlich einen höheren Stellenwert genießt als die Optimierung von Sicherheitsstandards. Und dies betrifft nicht nur die zwischenzeitlich recht marode Kohlenmonoxid-Pipeline zwischen Dormagen und Leverkusen, sondern auch den Neubau der CO-Leitung zwischen Dormagen und Krefeld-Uerdingen.

Und so wundert es eben auch nicht, dass sich die BAYER AG bislang vehement gegen eine Untertunnelung des Rheins für Gefahrguttransporte wehrt, obwohl dies technisch überhaupt kein Problem darstellen würde, das beweisen uns andere Städte und Länder zuhauf. Man präferiert auch hier ganz offensichtlich die vermeintlich billigste Lösung, die, wie wir alle wissen, nicht immer die preiswerteste und erst recht nicht immer die für Mensch und Natur schonenste Lösung darstellt.

[OffenerBrief] STICHWORT BAYER 2/2016

CBG Redaktion

Das Stichwort BAYER dokumentiert an dieser Stelle den Offenen Brief der Anti-Autobahn-Aktivistin Gisela Kronenberg an den umweltpolitischen Sprecher der Grünen-Fraktion im NRW-Landtag, Hans Christian Markert.

Sehr geehrter Herr Markert,

in Leverkusen soll – wie Ihnen sicher bekannt ist – die Autobahn A 1, später dann auch das Kreuz und die A 3 ausgebaut werden. Zurzeit läuft das Planfeststellungsverfahren für den Bauabschnitt 1 – Erweiterung und Ersatz für die Rheinbrücke. Neben vielen anderen Dingen, die man den Bewohnern der Stadt in den kommenden Jahrzehnten zugunsten des „laufenden Verkehrs” zumuten will, beabsichtigt die Planung von Straßen NRW, die Anbindung der A 1-Rheinquerung quer durch die Altlast BAYER Deponie Dhünnaue zu führen und das Nordkreuz, den sog. Spaghettiknoten, zu sanieren.

Diese Deponie ist eine der größten und hochtoxischsten Deponien Europas, die – besonders durch ihre Lage am Rhein – ein erhebliches Gefahrenpotenzial, nicht nur für die direkten Anwohner, birgt.
Seit den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts bis 2003 wurde die Deponie, nach vielen Querelen im Vorfeld, auch mit Landesmitteln, „mumifiziert”, da es „keine realistische Möglichkeit zur Beseitigung der Altlast gäbe” . Dies mit der Prämisse, dass man in den kommenden 100 bis 200 Jahren dieses Areal nicht öffen sollte.

Hierzu ist die Studienarbeit von Hildegard Bohne „Die Dhünnaue – Eine historische Darstellung der größten bekannten Altlast Europas“ lesenswert (siehe Anhang), so wie auch der Antrag Ihrer Fraktion im Landtag Drucksache 11/3184 vom 12.02.1992 und die „kleine Anfrage” Ihrer Bundestagsfraktion Drucksache 11/6101 vom 14.12.1989.

Da man – trotz inzwischen erfolgter Probebohrungen – nicht mit Sicherheit weiß, was wo lagert und was sich inzwischen zu welchen hochtoxischen Stoffen verbunden hat, halte ich es für unverantwortlich, überhaupt einen Eingriff in die Deponie in Erwägung zu ziehen. Insbesonders deshalb, weil dort, wo man „durch will”, überwiegend Rückstände aus der Zeit vor und während des 2. Weltkriegs abgelagert sein könnten.

Die „Aktion quer durch die Deponie nördlich der jetzigen Rheinbrücke” soll unter „Hochsichheitsmaßnahmen” vonstattengehen. Warum sollte man dies tun, wenn man nicht wüsste, dass diese Maßnahmen „schützend” erforderlich sind? Des Weiteren ist die geplante Menge des anfallenden toxischen Aushubs mit Sicherheit wesentlich höher, als zurzeit geplant, denn man muss – um Standfestigkeit gewährleisten zu können – mit ziemlicher Sicherheit durch die z. T. 20 Meter hohen Ablagerungen bis zum anstehenden Gestein. Daher schätzen andere Gutachter nur den toxischen und zu verbrennenden/entsorgenden Aushub auf bis zu 500 000 m³, also auf weit mehr als das Zehnfache des in der Planung angegebenen hochgiftigen Deponie-Materials. Zudem wird der Steuerzahler zum wiederholten Male herangezogen – müsste nicht eigentlich das Verursacher-Prinzip gelten?

Des Weiteren finde ich es erschreckend, dass BAYER nicht nur weiterhin tausende von Tonnen eigener Abfälle – auch hochtoxische Klärschlämme und Verbrennungsrückstände aus der konzerneigenen Verbrennungsanlage (= hochtoxische Stäube) – auf der nördlichen Deponie „sicher” lagert, sondern dass es wohl auch noch einen – für den Konzern sicher lukrativen – „Giftmüll-Tourismus” zu geben scheint, wie es die Deponierung des mit Schwermetallen belastenen Bodens der „Sattler Altlast” ausweist (vergl. www.mainpost.de/regional/schweinfurt, 20. Januar 2015).

Wobei dies sicher nur die „Spitze des Eisbergs” ist, denn man kann vermuten, dass auch die Chargen aus den „Hot-Spots” wohl bei BAYER verbrannt und die Stäube anschließend auf der Deponie „sicher” gelagert wurden, wie tausende Tonnen anderer Giftmüll-Abfälle aus der ganzen Republik – wenn nicht aus ganz Europa!

Was letztendlich der Stadt Leverkusen und der Leverkusener Bevölkerung bleibt – wenn sich der zurzeit noch mit einigen wenigen Sparten ortsansässige Konzern längst zurückgezogen hat – dafür benötigt man nur eine geringe Fantasie.
Ich bitte Sie und Ihre Fraktion sich in dieser Sache zugunsten der Umwelt und Gefahrenabwehr zu informieren und zu engagieren und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Gisela Kronenberg

[Dhünnaue] Giftmülldeponie Dhünnaue

CBG Redaktion

Presse Information vom 12. Februar 2016

Leverkusen: Keine Autobahn auf BAYER-Giftmülldeponie!

Konzern muss für erhöhte Ausgaben aufkommen / hunderttausende Tonnen Chemie-Müll

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren ruft zur Teilnahme an der morgigen Kundgebung vor dem Leverkusener Rathaus auf. Unter dem Motto „Tunnel statt Stelze“ fordern mehrere Leverkusener Initiativen, die Autobahn A 1 künftig in einem geschlossenen Tunnel durch die Stadt zu führen (Beginn: 12 Uhr).

Die vom Landesstraßenbetrieb vorgeschlagene neue Trasse führt über die Deponie Dhünnaue. In der Altlast des BAYER-Konzerns befinden sich hunderttausende Tonnen Giftmüll, darunter gefährliche Schwermetalle und Chlorverbindungen. Der Bau wäre daher mit hohen Risiken verbunden: Zehntausende Tonnen giftiger Abfall müssten entsorgt werden, gesundheitsschädliche Gase könnten austreten, Stützpfeiler durch Chemikalien angegriffen werden.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert stattdessen eine große Tunnel-Lösung. Die Firma BAYER, die den erhöhten Aufwand zu verantworten hat, muss hierfür die Kosten übernehmen. Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „Der BAYER-Konzern hat in der Dhünnaue über Jahrzehnte hinweg Chemikalien und Abfälle deponiert - ohne jegliche Absicherung. Der hieraus entstehende Mehraufwand beim Bau der neuen Autobahn-Trasse darf heute nicht auf die Allgemeinheit abgewälzt werden!“. Die CBG hat im Januar eine Einwendung gegen die bisherigen Planungen zum Ausbau der A1 eingereicht.

Die Dhünnaue galt einst als größte bewohnte Giftmülldeponie Europas (der SPIEGEL sprach von „Bitterfeld am Rhein“). In den 50er Jahren war die Deponie mit einer dünnen Bodenschicht versehen und bebaut worden. Insgesamt entstanden 300 Wohneinheiten, eine Schule, ein Altersheim und ein Kindergarten. Nach gehäuftem Auftreten von Krebserkrankungen und Todesfällen wurden die Gebäude in den 90er Jahren abgerissen.

Über Jahrzehnte hinweg wurden zudem giftige Chemikalien in den Rhein ausgeschwemmt. Das Gelände wurde daher mit einer Spundwand umgeben und nach oben hin abgedichtet. Das verseuchte Erdreich wurde jedoch nicht abgetragen. Nach unten ist die Müllkippe offen, daher müssen stündlich rund 750 Kubikmeter verseuchtes Wasser abgepumpt und gereinigt werden. Die Sanierungskosten von rund 110 Millionen Euro trugen zu einem nicht geringen Teil die öffentlichen Haushalte.

weitere Infos: CBG-Kampagne zur Dhünnaue

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[Dhünnaue] Giftmülldeponie Dhünnaue

CBG Redaktion

19. Januar 2016

Giftmülldeponie „Dhünnaue“ in Leverkusen

CBG reicht Einwendung zur Planung der A1 ein

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) hat heute bei der Bezirksregierung Köln eine Einwendung zum Ausbau der Autobahn A1 in Leverkusen eingereicht. Die geplante Trasse führt weit in die Giftmülldeponie Dhünnaue hinein. In der Altlast befinden sich hunderttausende Tonnen Giftmüll aus dem BAYER-Werk Leverkusen, darunter hochgefährliche Schwermetalle und Chlorverbindungen.

Die Kritik der CBG richtet sich vor allem gegen mögliche Risiken durch die Überbauung der Deponie. Das verseuchte Erdreich wurde weder abgetragen noch vollständig umschlossen. Nach unten ist die Müllkippe offen, daher müssen stündlich 750 Kubikmeter verseuchtes Wasser abgepumpt und gereinigt werden. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert eine vollständige Sicherung des Geländes auf Kosten des BAYER-Konzerns.

Bei der Erstellung der Einwendung hat die CBG mit dem BUND Leverkusen kooperiert.

=> Die vollständige Einwendung findet sich unter: http://www.cbgnetwork.org/downloads/Einwendung_BAB1_CBG.pdf

=> Weitere Informationen zur Deponie Dhünnaue finden sich auf unserer Kampagnenseite

Dhünnaue

CBG Redaktion

Durch den Neubau der Autobahn 1 in Leverkusen ergeben sich erhebliche Risiken durch die Giftmüll-Deponie Dhünnaue. Die CBG fordert seit Jahrzehnten eine vollständige Sicherung des Geländes auf Kosten von BAYER (alle Infos zur Kampagne).

Autobahn bei Leverkusen

Weitere erhebliche Bedenken an Plänen für die A1

Nach der Kritik eines Sachverständigen führt nun ein Bauingenieur erhebliche Einwände gegen die Pläne für die neue A 1 von Straßen.NRW ins Feld. Das größte Problem sieht er in der Giftmüll-Deponie, die durchkreuzt werden soll.

18. Januar 2016 -- Nach Lutz von Waldowski bringt auch sein Planungspartner Rolf Kraneis Zweifel an der Autobahnplanung vor. Acht Punkte führt der pensionierte Bauingenieur auf, nachdem er die Unterlagen durchforstet hat. Wobei er wichtige Informationen noch vermisst.

Wie seine Kollegen sieht auch Kraneis das größte Problem in der Giftmüll-Deponie, die nach dem von Straßen NRW favorisierten Plan durchkreuzt wird und den Neubau des Spaghettiknotens auf dem Deponie-Gelände erfordert. Einen Gesamtquerschnitt des Müllhaufens gebe es nicht: „Dadurch wird meines Erachtens die Gesamtsituation verschleiert“, so Kraneis in seiner am Wochenende erschienenen Stellungnahme.

Oberflächliche Verankerung
Erhebliche Einwände hat der Schlebuscher Ingenieur außerdem gegen die Idee von Straßen NRW, die neue A 1 in diesem Bereich nur oberflächlich in der Deponie zu verankern. Zwei Meter seien völlig unzureichend.

Unbefriedigend findet er, dass die detaillierten Ergebnisse der Probebohrungen nicht zum Antrag von Straßen NRW gehören. Aus diesen vier Ordnern sei mit Sicherheit einiges über den Baugrund zu schließen. Kraneis selbst konnte die Daten ansehen und interpretieren. Sein Fazit: Die Ergebnisse der Probebohrungen zeigten „sehr eindeutig, dass auf dem Deponat kein vernünftiger Gründungserfolg zu erwarten ist.“ Die von Straßen NRW ins Spiel gebrachte oberflächige Verdichtung des labilen Baugrunds reiche nicht: Selbst mit schwerem Gerät könne man von oben maximal einen Meter tief eine ausreichende Stabilität erreichen. Das wäre die Hälfte dessen, was die Planer vorhaben. Und sicher sei das Einstampfen auch nicht: Kontrollierte Werte erziele man so nicht.

Dazu komme das Eigenleben unter der Oberfläche. Dort gebe es „unkontrollierte chemische oder sonstige Zersetzungsprozesse“. Kraneis geht davon aus, dass Abfälle aus der Entwicklung der Gifte Zyklon B und E 605 der damaligen Farbenfabriken der 30er- und 40er- Jahre darunter sind.

„Dilettanz“
Die Prozesse im Innern des gigantischen Abfallhaufens änderten auch das Volumen des Baugrunds. Eine dauerhafte Tragfestigkeit und Tragfähigkeit des Unterbaus, wie sie die technischen Vorschriften für Erdbauarbeiten fordern, „sind mit dieser Dilettanz nicht zu erzielen“.

Stattdessen müssten die neuen Pfähle für die Autobahn im Bereich der Deponie genauso verankert werden wie in den sechziger Jahren: unter der Deponiesohle. Das wiederum bedeute, rund 500 000 Kubikmeter Deponat abzutragen.

Um das Gelände wieder entsprechend zu modellieren, müsse ungefähr die gleiche Menge Ersatzboden angeliefert werden. Straßen NRW geht von gut 34 000, maximal gut 68 000 Kubikmetern aus und kalkuliert die Kosten entsprechend. Aus Kraneis’ Berechnungen folgt eine Schätzung in erschreckender Dimension: Man müsse mit gut 100 Millionen Euro mehr rechnen.

Heute befasst sich der Leverkusener Stadtrat mit den Planungen. Offenbar aufgeschreckt durch die vielen, durchaus nachvollziehbaren Kritikpunkte wollen CDU, Grüne und Opladen plus die Notbremse ziehen: Für die Brücke wollen sie es bei sechs Spuren belassen – statt der geplanten zehn. Daraus würde nicht nur folgen, dass die Deponie nicht angetastet werden muss. Sondern auch, dass die drohende Mega-Stelze unnötig wäre.

Leverkusen

CBG Redaktion

13. Oktober 2015

Leverkusen: schwermetallhaltige Altlast bleibt im Boden

Schlechte Grundwasserqualität / langjährige Kampagne zur Leverkusener Dhünnaue

Die alten BAYER-Gipsteiche in Wiesdorf, eine große Altlast südlich des Rudolf-Mann-Platzes, werden nicht grundlegend saniert. An vielen Stellen bricht die Asphaltdecke der seit Jahren abgesperrten ehemaligen Parkplätze ein. An einer Stelle verschwindet zusehends ein Gully; an mehreren Vertiefungen läuft das Regenwasser nicht mehr in die Kanalisation, sondern es verschwindet in den Löchern und im sichtbar porösen Untergrund.

Nach Angaben der Stadtverwaltung sollen die schwermetallhaltigen Stoffe jedoch nicht ausgebaggert werden. Stattdessen soll die bis zu zehn Meter dicke Abfall-Lagerstätte abgedichtet werden, wodurch ein weiteres Auswaschen durch Regenwasser verhindert werden soll. Das große rechtsrheinische Grundwasserreservoir ist laut Umweltministerium insgesamt in chemisch schlechtem Zustand.

Auf dem Gelände stand bis 1953 eine Grundschule, die so genannte Bayer-Schule. Der Untergrund gab stark nach. Als sich in den Wänden armdicke Risse zeigten, wurde abgebrochen und an der Fontanestraße entstand ein Ersatzbau für die „versunkene Schule“.

In den 20er-Jahren hatte BAYER eine große Senke mit dem mineralischen Material, das bei der Säurechemie anfällt, verfüllt. Die Teiche haben etwa die Größe eines Fußballplatzes. Bei Messungen im Frühjahr waren Schwermetalle gefunden worden.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert eine vollständige Sicherung aller Altlasten auf Kosten des BAYER-Konzerns. Hierfür ist eine Auskofferung des Areals und eine sichere Deponierung notwendig.

Die CBG hatte eine langjährige Kampagne zur Leverkusener Dhünnaue, der einstmals „größten bewohnten Giftmülldeponie Europas“, geführt. Auch dort waren die Giftstoffe im Boden geblieben und nur notdürftig gesichert worden. Da die Altlast nur zu den Seiten, nicht jedoch nach unten hin, abgedichtet wurde, gelangen Giftstoffe kontinuierlich in das Grundwasser und in den Rhein.

Kampagne zur Leverkusener Dhünnaue

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Dhünnaue

CBG Redaktion

Der Neubau der Autobahn über der Leverkusener Giftmüll-Deponie „Dhünnaue“ soll ohne Klagemöglichkeit genehmigt werden. Bedenken bzgl. des Chemiemülls sollen nicht groß diskutiert werden. Hintergründe zur Dhünnaue hier

Leverkusener Anzeiger, 21. Januar 2015

LEVERKUSENER RHEINBRÜCKE

Klagemöglichkeiten bei A1-Planung sollen eingeschränkt werden

Im Leverkusener Rathaus herrscht Entsetzen über die Pläne, nicht nur die Rheinbrücke sondern auch die Stelzenstrecke nach dem Beschleunigungsgesetz zu bauen. Wie es dazu kommen konnte, kann sich niemand erklären. Von Thomas Käding

Nur die Rheinbrücke hätte man nie nach dem Beschleunigungsgesetz bauen können. Sagt Laurenz Braunisch, Sprecher bei Straßen NRW. Im Rathaus hatte man das anfangs anders gesehen und gedacht, dass man die Einschränkung der Klagemöglichkeiten nur bei der abgängigen Brücke in Kauf nehmen muss. Inzwischen ist klar, dass mindestens der Abschnitt bis zum Autobahnkreuz Leverkusen-West beschleunigt betrieben wird: „So ein Abschnitt muss einen eigenen verkehrstechnischen Wert haben“, erläutert Braunisch auf Anfrage. Das bedeutet: Die Mindestlänge ist von einer Anschlussstelle zur nächsten. In diesem Fall von der Auffahrt Niehl über die Brücke zum Kreuz West einschließlich Spaghettiknoten.

Damit könnte man im Rathaus ja noch leben, erklärt Andrea Deppe. Aber die Baudezernentin ist genau so wie ihr Chef Reinhard Buchhorn entsetzt über den Plan des Bundesverkehrsministers, auch die Stelze beschleunigt zu planen und zu bauen. „Ich finde, dass das eine Ausnahme sein muss“, sagt die Baudezernentin mit Blick auf das Beschleunigungsgesetz. Dessen Effekt beschränkt sich auf die Möglichkeit, gegen ein Projekt zu klagen: Normalerweise können Bürger einen Planfeststellungsbeschluss zunächst vor dem Verwaltungsgericht anfechten. Es folgen das Oberverwaltungs-, schließlich das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Solche Verfahren können sich hinziehen.

Wird aber nach dem Beschleunigungsgesetz gebaut, bleibt Gegnern nur der Weg nach Leipzig. Und der will wegen der Kosten wohlüberlegt sein. Das sieht auch Andrea Deppe so. „Das könnten sicher nur die Bürgerinitiativen“, glaubt sie. Dabei müssen auch die schon jetzt eifrig Geld sammeln für ihre tägliche Arbeit.
Nach Auffassung von Deppe gibt es für den Plan des Bundesverkehrsministers, die A 1 bis zum Leverkusener Kreuz nach der Notfallverordnung zu errichten, keinen stichhaltigen Grund: Die Stelze sei nicht so marode, als dass sie ganz dringend ersetzt werden müsse – „jedenfalls ist uns davon bisher nichts bekannt“, schränkt die Baudezernentin ein. Deshalb spreche überhaupt nichts dafür, die Klagerechte für die Bürger einzuschränken. Für den Normalfall „haben wir nun mal eine Gesetzeslage“. Die solle dann auch gelten.

Wie es dazu kommen konnte, dass die gesamte Planung für die Autobahn 1 beschleunigt behandelt werden soll, kann sich im Rathaus bisher niemand erklären. Aber jetzt steht es im Entwurf für die Änderung des Bundesfernstraßengesetzes. Dort rangiert Leverkusen auf dem zweiten Platz.

[Ticker] STICHWORT BAYER 03/2014 – TICKER

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

CBG beim „March against MONSANTO“
Auch 2014 fand in vielen Städten der Welt wieder ein „March against MONSANTO“ statt. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) beteiligte sich am 24. Mai in Düsseldorf an den Protesten. Der Leverkusener Multi unterhält nämlich schon lange gute Geschäftsbeziehungen zu dem Gen-Giganten, wie CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes in seiner Kundgebungsrede erläuterte. So gründeten beide Konzerne in den 1960er Jahren das Gemeinschaftsunternehmen MOBAY, das unter anderem das berühmt-berüchtigte AGENT ORANGE herstellte. Zudem gewähren sich die Global Player gegenseitig Zugriff auf die Technologien, mit denen sie Genpflanzen immun gegen bestimmte Pestizide machen, um ihre Laborfrüchte durch Mehrfach-Resistenzen besser gegen Schadinsekten wappnen zu können. „Insofern ist der heutige ‚March against MONSANTO’ ebenso ein ‚March against BAYER’“, hielt Mimkes fest und vergaß mit BASF und SYNGENTA auch die anderen Mitglieder des Agro-Oligopols nicht.

NRW-Anfrage zu PCB
Polychlorierte Biphenyle (PCB) gehören zu den giftigsten Hervorbringungen der Chlorchemie (SWB 1/14). Die vor allem von BAYER und MONSANTO in Umlauf gebrachten gefährlichen „Alleskönner“ kamen bis zu ihrem vollständigen Verbot 1989 in Elektrogeräten, Fugendichtungsmassen, Farben, Lacken und Bodenbelägen zum Einsatz – und stellen immer noch ein beträchtliches Risiko dar. Deshalb finden quer durch die Republik aufwendige Sanierungen von Universitäten und Schulen statt. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hatte zur Situation im Bund gemeinsam mit der Partei „Die Linke“ eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt (Ticker 2/14). Um den Stand der Dinge in Nordrhein-Westfalen zu erfahren, kooperierte die CBG mit den „Piraten“. Aber die Landesregierung in Düsseldorf zeigte sich auch nicht auskunftsfreudiger als die Große Koalition in Berlin. Sie wollte weder die Zahl der PCB-Vergifteten angeben noch die bisherigen Kosten der Renovierungsarbeiten beziffern. Auch sehen SPD und Grüne BAYER nicht in der Pflicht: „Zum Zeitpunkt der Abnahme der Bauvorhaben entsprachen die Ausführung und die Verwendung der Baumaterialien dem damaligen gesetzlichen Rahmen sowie den seinerzeit anerkannten Regeln der Technik. Für Schritte gegen die damaligen Hersteller von PCB-Produkten gibt es deshalb keine Veranlassung.“

Protest gegen NRW-Hochschulgesetz
Das von der rot-grünen NRW-Landesregierung geplante Hochschulzukunftsgesetz hatte ursprünglich Regelungen vorgesehen, die mehr Licht ins Dunkel von solchen Kooperationsverträgen bringen sollten, wie BAYER sie mit der Kölner Universitätsklinik abgeschlossen hat. Aber Kraft & Co. gaben dem Druck der Industrie nach und schwächten den entsprechenden Passus ab. Nach dem Willen der PolitikerInnen müssen die Partner nun erst nach dem Ende der Projekte Einblick in die Verträge gewähren. Auch bleibt es ihnen überlassen, wie viel sie preisgeben wollen. Darum unterstützte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN die Protest-Aktion von Studierenden-Organisationen und DGB-Jugend, die am 18. Juni anlässlich einer ExpertInnen-Anhörung zur Gesetzes-Novelle vor dem Düsseldorfer Landtag stattfand. Zudem hatte die CBG in der Sache schon Mitte März 2014 gemeinsam mit ATTAC, dem FREIEN ZUSAMMENSCHLUSS VON STUDENTINNENSCHAFTEN und anderen Gruppen einen Offenen Brief an Hannelore Kraft geschrieben.

Kritik auf BAYERs FACEBOOK-Seite
Der Leverkusener Multi muss sich auf seiner FACEBOOK-Seite ziemlich viel Kritik anhören. „Schade, dass eine so traditionsreiche Firma komplett auf die Natur und Umwelt pfeift. Hauptsache Gewinn, Gewinn und ... Gewinn“ heißt es da beispielsweise oder: „Nur noch Profite ohne Rücksicht auf die Umwelt und die Menschen. Macht endlich bezahlbare Medikamente“. Auch zu dem Prozess, den der Konzern zusammen mit SYNGENTA gegen die EU wegen des vorübergehenden Verbots von bienenschädigenden Pestiziden angestrengt hat, gibt es bissige Kommentare: „BAYER verklagt Europa, weil es ausnahmsweise einmal das Richtige tut und die Bienen schützen will. Unglaublich.“

Umbenennung von Duisberg-Straßen
Am 29. September 2011 jährte sich der Geburtstag des langjährigen BAYER-Generaldirektors Carl Duisberg zum 150. Mal. Um die medialen Ständchen für den Mann zu konterkarieren, der im 1. Weltkrieg verantwortlich für den Einsatz von Giftgas und die Ausbeutung von ZwangsarbeiterInnen war und später einen maßgeblichen Anteil an der Gründung des Mörderkonzerns IG FARBEN hatte, rief die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) eine Kampagne ins Leben. Sie mahnte anlässlich des Jahrestags die Umbenennung von Straßen, Schulen und anderen Einrichtungen an, die Duisbergs Namen tragen. Viele AktivistInnen ließen sich davon anregen und trugen die Forderung in ihren Städten vor. Leverkusen und Marburg lehnten das Begehr allerdings ab, in Dortmund und Frankfurt schweben die Verfahren noch.

KAPITAL & ARBEIT

BMS wickelt Standort Darmstadt ab
Im Rahmen des neuesten Rationalisierungsprogramms, das die Vernichtung von 700 Arbeitsplätzen vorsieht, reduziert BAYER MATERIAL SCIENCE (BMS) die Produktion von Kunststoff-Platten aus Polycarbonat. So beendet die Konzern-Sparte die Fertigung in Darmstadt und streicht damit 90 Stellen. Sie bekundet zwar, die Belegschaftsangehörigen nach Möglichkeit anderweitig im Unternehmen beschäftigen zu wollen, aber für alle dürfte sich kaum etwas finden. Darüber hinaus macht BMS den Standort in Peking dicht und plant, die in Australien und Neuseeland gelegenen Fertigungsstätten für LASERLITE-Platten abzustoßen.

Weniger Stimmen für Durchschaubare
Bei der letzten Betriebsratswahl am BAYER-Stammsitz Leverkusen verloren zwei der drei unabhängigen Gewerkschaftsgruppen innerhalb der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE an Boden. Die KOLLEGEN UND KOLLEGINNEN FÜR EINE DURCHSCHAUBARE BETRIEBSRATSARBEIT büßten zwei Mandate ein und kamen nur noch auf drei Sitze. Die BASISBETRIEBSRÄTE mussten ebenfalls zwei von fünf Sitzen abgeben, nur das BELEGSCHAFTSTEAM konnte sich um einen Sitz steigern und verfügt nun über drei. Die restlichen der 37 Sitze holte die IG BCE. Die Wahlbeteiligung betrug 55,2 Prozent und ging damit um 3,8 Prozent zurück.

ERSTE & DRITTE WELT

Entwicklungshilfe für BAYER

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Die bundesdeutsche Entwicklungshilfe-Politik setzt auf Kooperationen mit der Privatwirtschaft. So hat das „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (BMZ) mit BAYER, BASF, SYNGENTA und ca. 30 weiteren Konzernen die „German Food Partnership“ (GFP) gegründet (SWB 4/13). Staatliche Mittel fließen unter anderem in die Projekte „Better Rice Initiative in Asia“ (BRIA) und „Competitive African Rice Initiative“ (CARE), in deren Rahmen der Leverkusener Multi die Vermarktung von hybridem, also nicht zur Wiederaussaat geeigneten Reis vorantreibt. Bis zu einem Drittel der Kosten buttert das BMZ dazu: 5,27 Millionen Euro. Das teilte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen mit. Maßnahmen, die verhindern, dass Schulungen von FarmerInnen zu reinen Werbeveranstaltungen der Agro-Riesen gerieren, hat sie kaum getroffen. „Bei durch Firmen-Personal durchgeführten Trainings agieren die Trainer als Vertreter des Projektes und nicht unter Firmen-Branding“, erklärt die Große Koalition, wobei „firmen-spezifische ‚Solutions’ lediglich als eine mögliche Option dargestellt werden“. Auch geht aus den Angaben der Großen Koalition hervor, wie spärlich BRIA, CARE & Co. die Bevölkerung vor Ort in ihre Planungen einbeziehen.

Entwicklungshilfe für BAYER

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Parallel zur „German Food Partnership“ (s. o.) hat das „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (BMZ) mit BAYER, anderen Unternehmen und dem Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) jetzt auch die „German Healthcare Partnership“ (GHP) ins Leben gerufen. „Die GHP kombiniert die Kompetenzen und Ressourcen des privaten Sektors mit denen der Entwicklungszusammenarbeit“, heißt es auf der Website frank und frei. Zum Ziel hat die „strategische Allianz“ sich gesetzt, „den Zugang zu qualitativ hochwertigen Gesundheitsleistungen in Entwicklungsländern und in aufstrebenden Märkten zu verbessern“. Und besonders auf diese aufstrebenden Märkte ist passenderweise auch BAYERs Afrika-Strategie ausgerichtet (siehe DRUGS & PILLS). Im Rahmen der GHP erhofft sich der Leverkusener Multi vor allem Entwicklungshilfe für seine Kontrazeptiva zur Familienplanung bzw. Bevölkerungskontrolle. Aber auch andere Absatzgebiete hat die GHP noch im Blick. So kümmert sie sich beispielsweise um „Business Opportunities in Healthcare in China“. Zudem hielt sie gemeinsam mit dem BDI und der „Kreditanstalt für Wiederaufbau“ schon Konferenzen zu Ausfuhr-Krediten und Hermes-Bürgschaften ab. Sogar Verweise auf die vom BDI zur letzten Bundestagswahl erhobenen Forderungen nach besseren Risikoabsicherungsinstrumenten „insbesondere für den Krankenhaus-Systemexport“ finden sich auf den Seiten. Da wundert es kaum noch, dass als Repräsentant der „Public Private Partnership“ der BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber fungiert.

Konzern-Verbrechen leicht gemacht
Der Leverkusener Multi hat in seiner Geschichte vielfach gegen Menschenrechte verstoßen. Er benutzte Menschen aus der „Dritten Welt“ ohne deren Wissen als Versuchskaninchen für neue Pharma-Produkte, übte Druck auf GewerkschaftlerInnen aus und bediente sich der Kinderarbeit. Um solche Rechtsverstöße der Global Player besser ahnden zu können, hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen vor einiger Zeit „Guiding Principles on Business and Human Rights“ verabschiedet. Die EU hat ihre Mitgliedsstaaten daraufhin angehalten, eigene Aktionspläne zu erstellen. Während Länder wie die Niederlande schon ihre Gesetze geändert und Beschwerdestellen eingerichtet haben, tat die Bundesrepublik bisher nichts dergleichen. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen bekundete die Bundesregierung nun aber ihren Willen, die Regelung umzusetzen. Viel zu befürchten haben die Konzerne indes nicht. Um etwa der Kinderarbeit bei Subunternehmern Einhalt zu gebieten, derer sich BAYER CROPSCIENCE lange bediente (Ticker berichtete mehrfach) schweben der Großen Koalition nur „Dialogformate“ und die Unterstützung von Trainingsprogrammen vor. Haftungsregelungen plant sie auch nicht, da „es sich bei Subunternehmen begrifflich um rechtlich selbstständige Unternehmen handelt, auf die ein anderes Unternehmen keinen gesellschaftsrechtlichen Einfluss ausüben kann“. SPD und CDU setzen generell darauf, „dass die Unternehmen freiwillig und aus eigener Verantwortung gesellschaftliche Verantwortung übernehmen“ und lehnen es daher auch ab, die Klage-Möglichkeiten wegen Verstößen gegen die Leitlinien des Industrieländer-Zusammenschlusses OECD zu verbessern. Dabei bestände gerade hier dringender Reformbedarf, denn bei der für solche Verfahren eingerichteten „Nationalen Kontaktstelle“, die bezeichnenderweise im Referat für Außenwirtschaftsförderung angesiedelt ist, handelt es sich um ein stumpfes Instrument. Keiner der beiden Fälle, welche die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN in der Vergangenheit dort vorbrachte – Repressionen BAYERs gegen Gewerkschaftler und Kinderarbeit bei BAYER-Zulieferern – hatte für den Leverkusener Multi irgendwelche Konsequenzen.

IG FARBEN & HEUTE

Bomben auf Leuna
Ohne die IG FARBEN hätte das „Dritte Reich“ keinen Krieg führen können. Der von BAYER mitgegründete Konzern produzierte unter anderem Waffen, Bomben und Benzin. Trotzdem zögerten die Westalliierten lange, Angriffe auf die Fabriken zu fliegen. Erst im Mai 1944 bombardierten sie die Leuna-Werke. Die USA, England und Frankreich fürchteten nach Stalingrad nämlich einen Vormarsch der Sowjetunion und bauten deshalb auf nationalsozialistische Schützenhilfe. „Es war durchaus im alliierten Interesse, dass die Wehrmacht in den folgenden zwölf Monaten über genügend Kampfkraft verfügte, um die Rote Armee auf dem Weg nach Westen zu bremsen und zu verschleißen“, mit diesen Worten zitiert Otto Köhler in seinem Artikel „Die Schlacht von Leuna“ Rolf-Dieter Möller vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt Potsdam. Erst im Vorfeld der – von Stalin schon viel eher geforderten – Normandie-Invasion sollte die Kriegsmaschinerie der Nazis nach dem Willen der Alliierten ins Stocken geraten. Die Landung an der Küste Frankreichs begann knapp dreieinhalb Wochen, nachdem die US-Armee mit 800 Bombern Leuna attackiert hatte.

POLITIK & EINFLUSS

Grenzwert-Lockerungen via TTIP
Durch das Freihandelsabkommen der EU mit den USA droht eine Aufweichung der Pestizid- und Gentechnik-Gesetzgebung. BAYER & Co. investieren Unsummen in entsprechende Lobby-Aktivitäten. So fordert der US-amerikanische Agrarindustrie-Verband „Croplife“ im Zuge der Verhandlungen von Brüssel etwa, das bis Ende 2015 geltende Verbot der bienenschädigenden BAYER-Ackergifte PONCHO und GAUCHO aufzuheben und generell die Grenzwert-Regelungen zu lockern. Eine „moderne Risiko-Bewertung“ soll es stattdessen richten. Zudem streiten die Agro-Riesen dafür, nach US-amerikanischen Gepflogenheiten künftig Gentech-Rückstände in Lebensmitteln zu tolerieren und Kennzeichnungspflichten abzuschaffen. „BAYER und BASF handeln auf den Märkten in den USA und wollen nun in dem geheimen Handelsabkommen zwischen den USA und der EU das erreichen, was ihre Lobbyisten in Europa nicht geschafft haben“, kritisiert Jaydee Hanson vom CENTER FOR FOOD AND SAFETY.

USA: Mehr Energiespar-Subventionen?
BAYER unterstützt gemeinsam mit anderen im US-amerikanischen BDI-Pendant „U.S. Chamber of Commerce“ organisierten Unternehmen einen Gesetzes-Vorschlag, der gleichzeitig zu mehr Energie-Ersparnis und zu mehr Wettbewerbsfähigkeit führen soll. Der „Energy Savings and Industrial Competitiveness Act“ stellt den Konzernen nämlich Millionen-Subventionen in Aussicht, wofür diese allerdings andere Worte finden. Das Vorhaben ist geeignet, „Hindernisse beim Investieren in existierende Energie-Effizienz-Technologien abzubauen“, heißt es bei der „U. S. Chamber“. Einstweilen bleiben die Hindernisse jedoch noch bestehen, denn im Senat fand sich für das Paragrafen-Werk nicht die erforderliche Mehrheit. Das endgültige Aus bedeutet das allerdings noch nicht.

BAYER erpresst Subventionen
In den USA gelang es dem Leverkusener Multi zum wiederholten Mal, Gemeinden mit Abwanderungsplänen so unter Druck zu setzen, dass diese dem Konzern Subventionen gewähren. So stellte St. Joseph dem Unternehmen Mittel für eine Betriebserweiterung zur Verfügung, um es in der Stadt zu halten. „Die Gefahr war sehr real“, sagt der Stadtverwaltungsmitarbeiter Clint Thompson zu BAYERs Umzug-Gelüsten und nennt die milde Gabe ein „Joberhaltungsprogramm“. Dabei hatte der Global Player, als er dort im Jahr 2012 die Veterinär-Sparte des israelischen Pharma-Riesen TEVA übernahm, umgehend ein Rationalisierungsprogramm beschlossen, das am Standort die Vernichtung von 60 der 180 Arbeitsplätze vorsieht.

PhRMA fordert Strafen für Indien
Im März 2012 hat das „Indian Patent Office“ BAYERs Patent an dem Krebs-Medikament NEXAVAR aufgehoben und dem einheimischen Generika-Hersteller NATCO PHARMA eine Zwangslizenz zur Herstellung einer preisgünstigen Version erteilt (Ticker 2/12). Die Behörde berief sich dabei auf einen Ausnahme-Paragraphen des internationalen Patentabkommens TRIPS und begründete ihre Entscheidung damit, dass der Pharma-Riese es versäumt habe, den Preis für das Medikament (monatlich 4.200 Euro) auf eine für indische PatientInnen bezahlbare Höhe herabzusetzen. Die Entscheidung hat Big Pharma in helle Aufregung versetzt und umgehend zu politischen Interventionen bei der Obama-Administration, dem US-amerikanischen Patentamt und beim Kongress veranlasst (Ticker 4/12). Und im Mai 2014 forderte der Industrie-Verband „Pharmaceutical Research and Manufacturers of America“ (PhRMA) die US-Regierung sogar auf, Indien auf die Liste der patentrechtlichen Schurkenstaaten zu setzen und Sanktionen gegen das Land zu beschließen.

BAYER kontrolliert sich selbst
Stillen bekommt Babys generell besser als Flaschen-Nahrung. Für Säuglinge in der „Dritten Welt“ bestehen darüber hinaus besondere Risiken. Da ihre Mütter aus Kostengründen oft zu wenig Milchpulver verwenden, leiden die Babys unter Mangelerscheinungen. In den armen Ländern erhöht sich durch diese Ernährungsform zudem das Infektionsrisiko, da zum Anrühren der Mixturen oft kein sauberes Wasser zur Verfügung steht. Darum erlauben viele Länder Werbung für Baby-Nahrung gar nicht oder nur unter strengen Auflagen, was BAYER und andere Konzerne 2006 schon zu einem Prozess gegen die philippinische Regierung bewogen hatte (Ticker 3/06). In Australien begutachtete lange eine unabhängige Monitoring-Gruppe die Reklame-Aktionen der Konzerne. Im Jahr 2010 rügte sie den Leverkusener Multi, weil dieser in einer Kampagne gegen eine mit dem Staat getroffene Vereinbarung verstoßen hatte, wonach die Hersteller darauf verzichten, ihre Erzeugnisse als dem Stillen gegenüber überlegen darzustellen. „NOVALAC-Mittel können helfen, das Schreien zu reduzieren und den Schlaf zu befördern und machen die Kinder zufrieden und die Eltern entspannter“, hatte der Pharma-Riese in der Werbung behauptet. So etwas dürfte dem Global Player bald wieder etwas leichter über die Lippen kommen. Australien hat nämlich das unabhängige Kontrollgremium abgeschafft und überlässt es in Zukunft der Industrie selber, sich auf die Finger zu schauen.

Nationale Anbau-Verbote
Bislang hat die Europäische Union zentral über die Zulassung von Genpflanzen entschieden. Brüssel plant jedoch, es ihren Mitgliedsländern künftig selber zu überlassen, ob sie die Labor-Kreationen wollen oder nicht. Nach der alten Regelung hatten es wegen vieler Gegenstimmen gerade einmal vier Sorten auf die EU-Felder geschafft. In der Hoffnung, künftig mit gentech-freundlichen Staaten besser ins Geschäft zu kommen, stritten BAYER & Co. deshalb heftig für die neue Lösung. Und ihr Lobby-Verband EuropaBio konnte seinen Einfluss bei der Umorientierung, die bereits in einen Gesetzes-Entwurf mündete, nicht zu knapp geltend machen. „Wie servil diese Lobby-Wünsche des Verbandes EuropaBio umgesetzt wurden, ist erschreckend“, sagt etwa der grüne Bundestagsabgeordnete Harald Ebner. So müssen die Staaten erst einmal bei den Konzernen anklopfen und anfragen, ob die Unternehmen nicht vielleicht freiwillig von einer Vermarktung ablassen wollen. Und wenn diese die Bitte abschlagen, haben die Nationen gute – und vor allem gerichtsfeste – Gründe vorzulegen. Als besonders gut erwies sich bisher der Draht der Agro-Riesen zur britischen Regierung. EuropaBio hat Cameron & Co. sogar Tipps gegeben, wie die neue Gentech-Politik am besten zu verkaufen ist. Der Lobby-Club riet dazu, „der Botschaft einen starken ökologischen (aber natürlich auch innovationsfreundlichen und ökonomischen) Dreh zu geben. Die PolitikerInnen antworteten: „Wir würden das Wort ‚Schwerpunkt’ dem ‚Dreh’ vorziehen“, hatten aber grundsätzlich keine Einwände. Es stehen also blühende Gen-Landschaften zu erwarten, womit auch die Gefahr der Kontamination herkömmlicher Ackerfrüchte steigt. Darum optiert EuropaBio in dem Konzept-Papier „A new strategy for GM issues“ für einen „package deal“ und will die Renationalisierung des Zulassungsprozesses mit einer Aufhebung des Rückstandsverbotes in Lebensmitteln und Saatgut verknüpfen. Ob das Europäische Parlament den Einflüsterungen folgt und einer solchen Paket-Lösung zustimmt, dürften die nächsten Monate zeigen.

Agrar-Subventionen für Bauer BAYER
Die EU bedenkt den Leverkusener Multi seit geraumer Zeit üppig mit Agrar-Subventionen. Fast 180.000 Euro strich der Konzern 2013 ein. Das Geld dürfte hauptsächlich BAYERs Laarcher Hof in Monheim eingestrichen haben, der als klassischer Ackerbau-Betrieb firmiert, obwohl er nur eine Versuchsküche für die Pestizide des Konzerns ist.

PROPAGANDA & MEDIEN

Presserat-Beschwerde scheitert
Im September 2013 hatte der Spiegel kritisch über BAYERs Gerinnungshemmer XARELTO berichtet und dabei auch auf Material der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN zurückgegriffen. Das Blatt sprach mit Geschädigten und ExpertInnen, veröffentlichte die hohen Zahlen des „Bundesinstitut für Medizinprodukte und Arzneimittel“ über Todesfälle und schwere Nebenwirkungen und informierte über die aufwendige Kampagne zur Vermarktung des Mittels. Dem Leverkusener Multi passte das natürlich gar nicht. Er schaltete den Presserat ein und reichte eine Beschwerde gegen den Spiegel-Artikel ein. Der zuständige Ausschuss lehnte diese jedoch ab. Nach Ansicht des Gremiums hatte das Magazin weder unangemessen über medizinische Sachverhalte berichtet noch die journalistische Sorgfaltspflicht verletzt.

274.000 Euro für Selbsthilfegruppen
BAYER sponsert Selbsthilfegruppen und PatientInnen-Organisationen in hohem Maße. Über 274.000 Euro verteilte der Leverkusener Multi 2013 allein an die bundesrepublikanischen Verbände. Aber natürlich nicht an alle. Zuwendungen erhalten hauptsächlich diejenigen, die der Konzern mit entsprechenden Medikamenten beglücken kann: Diabetes-, Krebs-, Bluter-, Augen- und Lungenkrankheiten- sowie Multiple-Sklerose-Vereinigungen. Und das ist gut angelegtes Geld: „Wenn Firmen zehn Prozent mehr in Selbsthilfegruppen investieren, wächst ihr Umsatz um ein Prozent im Jahr“, hat der als Gesundheitsökonom an der Universität Bremen lehrende Dr. Gerd Glaeske einmal errechnet.

BAYER: Wir wollen nur informieren
Die NDR-Sendung „Profit auf Rezept“ dokumentierte umfassend, mit welchen Methoden die Pillen-Riesen ihre Medikamente vermarkten. BAYER & Co. schenken ÄrztInnen mit Werbung angereicherte Praxis-Software, veranlassen diese durch großzügig vergütete „Anwendungsbeobachtungen“, die PatientInnen auf bestimmte Arzneien einzustellen und versorgen Krankenhäuser kostenlos mit Pharmazeutika, um die Mittel dann anschließend auf die Rezeptblöcke der nachbehandelnden ÄrztInnen zu bekommen. Der Leverkusener Multi tat sich in der Reportage besonders als Sponsor eines verlockenderweise auf Sylt stattfindenden Anästhesie-Kongresses hervor, auf dem er kräftig die Werbe-Trommel für seinen umstrittenen neuen Gerinnungshemmer XARELTO rührte. Folglich sah sich der Pharma-Gigant durch den Bericht dann auch zu einer Stellungnahme gezwungen. „Die NDR-Reportage „Profit auf Rezept“ impliziert, dass viele Ärzte bestechlich sind und die Pharma-Industrie mit unlauteren Methoden ihre neuen Arzneimittel vermarktet“, konstatiert das Unternehmen. Und das sei natürlich nicht der Fall. BAYER mache nur „lautere Werbung mit produkt-bezogenen Informationen“, damit die DoktorInnen die Pillen auch bestimmungsgemäß einsetzen könnten. Anwendungsbeobachtungen erfüllen dem Global Player zufolge ebenfalls einen wichtigen Zweck, da sie angeblich „sicherheitsrelevante Erkenntnisse“ zu Tage fördern. Darüber hinaus verwahrte er sich gegen Kritik an XARELTO, wie sie in dem Feature der Vorsitzende der „Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft“, Wolf-Dieter Ludwig, geäußert hatte. Der Konzern verwies stattdessen auf positive Bewertungen etwa von der „Deutschen Gesellschaft für Neurologie“ (DGN). Unerwähnt ließ die Aktien-Gesellschaft dabei allerdings, dass sie zu den Sponsoren der „Deutschen Gesellschaft für Multiple Sklerose“ gehört (s. o.), die im Beirat der DGN sitzt

BAYERs Kongress-Sponsoring
Es gibt kaum einen MedizinerInnen-Kongress, den der Leverkusener Multi nicht sponsert. 2014 „unterstützte“ er nach Informationen der Initiative BIOSKOP beispielsweise die NeurologInnen-Tagung in Marburg, den Berliner Diabetes-Kongress, den Berliner Krebs-Kongress, den „Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin“ in Wiesbaden und die Jahrestagung der „Deutschen Gesellschaft für Kardiologie“. Und oftmals belässt es der Pharma-Riese zu diesen Gelegenheiten nicht bei Ausstellungsständen, sondern hält auch noch Symposien ab (siehe auch RECHT & UNBILLIG).

BAYER sponsert Arzneipreis-Studie
Die „UCL School of Pharmacy“ hat festgestellt, dass die Innovationskraft der Pillen-Riesen gefährdet ist, wenn diese nicht mehr Geld für ihre Erzeugnisse bekommen. Erkenntnisfördernd hat sich dabei die Finanzierung der Studie durch BAYER und NOVARTIS ausgewirkt. ÄRZTE OHNE GRENZEN kritisierten die „Reichtum macht erfinderisch“-These der UCL hingegen scharf und werteten sie als Teil einer breiter angelegten Kampagne für höhere Arznei-Preise. Die Organisation warf den Konzernen vor, trotz immenser Profite bei der Entwicklung wichtiger Medikamente, wie z. B. neuer Antibiotika, zu versagen und forderte die Unternehmen auf, ihre Geschäftspraxis zu ändern. „Es ist dringend nötig, dass BAYER, NOVARTIS und die Industrie als Ganzes Innovationsmodelle entwickeln, die neue Pharmazeutika für alle erschwinglich hält“, so die Sprecherin Katy Athersuch.

BAYER zeichnet Bluter-Film aus
Im Rahmen seiner image-fördernden Sponsoring-Aktivitäten finanziert der Leverkusener Multi auch den „Deutschen Hörfilm-Preis“ des „Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes“. Im März 2014 hat dieser nun ausgerechnet ein Werk ausgezeichnet, in dem der Pharma-Riese selber eine nicht gerade kleine Rolle spielt. „Blutgeld“ handelt nämlich von dem AIDS-Skandal, den HIV-verseuchte Blutprodukte von BAYER und anderen Konzerne in den 1980er Jahren ausgelöst haben, weil die Unternehmen die Präparate aus Kostengründen keiner sterilisierenden Hitze-Behandlung unterzogen hatten. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN protestierte scharf gegen das soziale Marketing des Global Players: „Wie pervers ist das denn? Das Leben Tausender Bluter hätte gerettet werden können, wenn die Verantwortlichen bei BAYER damals rechtzeitig gehandelt hätten. Und heute werden die Opfer dazu missbraucht, dem Konzern durch ‚mildtätige Gaben’ ein menschliches Antlitz zu verleihen.“

Fortbildung von JournalistInnen
Krebs-Medikamente gehören zu den lukrativsten Pharma-Präparaten BAYERs. Darum ist dem Konzern an einer guten Presse gelegen. Um eine solche zu bekommen, unterstützt er Fortbildungsmaßnahmen für JournalistInnen. So stellte er der US-amerikanischen „National Press Foundation“ Geld zur Durchführung eines Programmes zur Verfügung, das SchreiberInnen im Dezember 2014 vier Tage lang die „Cancer Issues 2014“ nahebringen will.

Keine milde Reis-Gabe
Seit einiger Zeit vermarktet BAYER seinen hybriden, also nicht zur Wiederaussaat geeigneten Reis massiv und erhält sogar „Entwicklungshilfe“ (siehe ERSTE & DRITTE WELT). Um seine Produkte auf die Felder zu bringen, hat er Kooperationen mit staatlichen Stellen in Indonesien, Brasilien, Burma, China, Thailand, Vietnam und auf den Philippinen vereinbart. Und auch die Schäden, die der Taifun „Yolanda“ Anfang des Jahres in Südostasien angerichtet hat, nutzte der Leverkusener Multi zu Werbe-Zwecken. So spendete er 1.000 FarmerInnen insgesamt 20 Tonnen der Sorte ARIZE. Ob diese damit glücklich werden, steht allerdings dahin. So klagten etwa indonesische LandwirtInnen über ARIZE, weil er hohe Produktionskosten verursacht, schlecht schmeckt und anfälliger gegenüber Schadinsekten ist. Zudem ist der Hybrid-Reis auf die Bedürfnisse der industriellen Landwirtschaft zugeschnitten, weshalb die Initiative ALLIANCE OF AGRARIAN REFORM MOVEMENT bereits vor einem Bauernsterben warnte.

BAYER sammelt Unterschriften
Viele chemische Substanzen ähneln in ihrem Aufbau Hormonen und wirken auch vergleichbar. Darum können sie den menschlichen Hormonhaushalt stören und so den Organismus schädigen. Die Europäische Union arbeitet gerade an einer Schwarzen Liste solcher Stoffe. Da viele von ihnen in Pestiziden zum Einsatz kommen, fürchtet der Leverkusener Multi um seine Produktpalette. Zudem beklagt er „die völlig überzogenen Registrierungsanforderungen“ der EU im Allgemeinen und das von ihr vorübergehend verhängte Verbot der bienenschädigenden BAYER-Ackergifte PONCHO und GAUCHO im Besonderen. Der Konzern hat deshalb eine Kampagne ins Leben gerufen. Er warnt bei einer Fortführung der gegenwärtigen Pestizid-Politik nicht nur vor Betriebsverlagerungen und Arbeitsplatzverlusten in der Chemie-Branche, sondern auch vor einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit der bundesdeutschen Landwirtschaft. Viele Bauern und Bäuerinnen vermochte das Unternehmen schon zu mobilisieren; 13.000 Unterschriften sammelte der Agro-Riese unter ihnen. „Die Bauernschaft ist aufgewacht“, bekundete der Deutschland-Chef von BAYER CROPSCIENCE, der passenderweise auch dem „Industrieverband Agrar“ vorsitzt, bei der Übergabe der Unterschriften-Listen an den Bauernverbandspräsidenten Joachim Rukwied. Und der bedankte sich artig beim Global Player: „Der Einsatz von BAYER bei dieser Aktion ist in der Branche vorbildhaft (...) Gegenüber den Gremien in Brüssel können wir ein eindeutiges Signal für den Pflanzenschutz setzen.“

BAYER bei der Fußball-WM
BAYER nutzte die Fußball-WM in Brasilien als Werbe-Auftritt für „Chemie im Alltag“. „Transparente MAKROLON-Massivplatten sorgen (...) dafür, dass die 70.000 Zuschauer im künftigen Estádio Nacional in der Hauptstadt Brasilia geschützt vor Sonne und Regen verfolgen können“, vermeldete der Konzern. In der heimatlichen „Bayarena“ musste der Hausherr eine ältere Version dieser Platten jedoch wegen Brandgefahr für teures Geld auswechseln. Aber nicht nur im „Estadio Nacional“ steckt Chemie made in Leverkusen. Auch im WM-Ball, in den Fußballschuhen und in der „Wäsche mit Kompressionsfunktion, die wie eine zweite Haut am Körper sitzt“, treibt sie ihr Unwesen.

Bienenweiden made by BAYER
Obwohl die hauseigenen Pestizide nun auch schon die hauseigenen Bienen dahingerafft haben (siehe PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE), leugnet der Leverkusener Multi immer noch beharrlich den Zusammenhang zwischen der Verwendung von Agro-Giften und dem Bienensterben. Stattdessen inszeniert sich der Konzern als Bienenkümmerer. Zu seinen „Bee Care“-Aktivitäten gehört neben dem Anlegen von Ackerrand-Streifen mit pollen-reichen Blütenpflanzen in einem Feldversuch (Ticker 4/13) auch die Unterstützung von Bienenweiden. „Allein in Deutschland und Österreich stellt BAYER im Rahmen des Projektes ‚Blühende Wege’ fast 30 Gemeinden und Städten das Saatgut kostenlos zur Verfügung“, verkündet das Unternehmen.

Extrem-Lobbyismus auf Hawaii
Auf Hawaii haben einige Regierungsbezirke strenge Auflagen zum Pestizid-Gebrauch erlassen. Darüber hinaus haben sie die Aussaat von Gen-Pflanzen verboten oder planen einen entsprechenden Bann. In eine Kampagne gegen diese Regelung steckten BAYER, MONSANTO & Co. 50.000 Dollar. Dabei bedienten die Konzerne sich auch ihrer Jura-Fabrik ALEC, die PolitikerInnen Paragrafen-Werke frei Haus liefert (Ticker 4/12). Für den besonderen Zweck hatte sie ein „Modell-Gesetz“ im Angebot, das es Bundesstaaten erlaubt, auf niedrigeren Ebenen erlassene Bestimmungen wieder aufzuheben. Auch die am 9. August auf der Insel anstehende Wahl ließen sich die Unternehmen viel kosten. Ihnen wohl gesonnene Kandidaten erhielten jeweils 5-stellige Beträge. Aber nicht nur auf Hawaii steigt die Zahl der Gentechnik-GegnerInnen. Zwei Bezirke des Bundesstaates Oregon votierten ebenfalls gegen die Laborfrüchte. In Jackson County erreichte eine von FarmerInnen initiierte Petition eine Stimmen-Mehrheit, obwohl die Multis wieder ein ALEC-Gesetz gegen das Ansinnen aufgeboten und rund 450.000 Dollar in Gegenpropaganda (BAYER-Anteil: 22.000 Dollar) investiert hatten. Und im Anschluss daran gelang es auch LandwirtInnen in Josephine County, ein entsprechendes Begehr durchzusetzen.

Der Konzern als Kümmerer
Während der Konzern de facto immer unsozialer wird, indem er Arbeitsplätze vernichtet und Arbeitsbedingungen verschärft, macht seine PR-Abteilung seit einiger Zeit verstärkt auf „sozial“. Zu diesem Behufe initiierte sie 2007 die „BAYER Cares Foundation“, die Projekte in der Nähe der Konzern-Standorte fördert. 2013 unterstützte die Stiftung unter anderem die Bergkamener Down-Syndrom-Initiative, die in Wuppertal ansässige Ökumenische Telefon-Seelsorge, den Krefelder Mitmach-Bauernhof und den Verband der Funkamateure Moers. Über die Herbert-Grünewald-Stiftung gingen zudem Gelder an eine Schwimmgruppe für Menschen mit geistiger Behinderung, an den deutschen Gehörlosen-Sportverband sowie an das Inklusion beherzigende Fußball-Team einer Essener Hilfseinrichtung. Und den ASPIRIN-Sozialpreis des Jahres erhielt das Forschungszentrum Borstel für ihr Konzept zur Tuberkulose-Aufklärung.

TIERE & ARZNEIEN

Harmloses Tierarznei-Gesetz
Der massenhafte Einsatz von Antibiotika in der Massenzucht fördert die massenhafte Entwicklung resistenter Erreger. In den menschlichen Organismus gelangt, können diese Krankheiten auslösen, gegen welche die human-medizinischen Pendants der Mittel dann nicht mehr wirken. 2012 lag die Gesamtmenge der verabreichten Pharmazeutika dieser Medikamenten-Gruppe bei 1.619 Tonnen. Der Anteil der Fluorchinolone, zu denen BAYERs BAYTRIL zählt, nahm dabei gegenüber dem Vorjahr um zwei auf zehn Tonnen zu. Die Politik hatte zwar eine Gesetzes-Verschärfung angekündigt, um den Verbrauch zu verringern, es blieb jedoch bei kosmetischen Maßnahmen. So sieht die neue „Tierarzneimittel-Mitteilungsdurchführungsverordnung“ lediglich ausgeweitete Dokumentationspflichten vor. Auf diese Weise hofft das Bundeslandwirtschaftsministerium LandwirtInnen, die sich besonders freigiebig im Umgang mit BAYTRIL & Co. zeigen, herausfiltern und zur Einsicht bringen zu können. An den Strukturen der Massentierhaltung aber will die Große Koalition nichts ändern. Zudem gilt das neue Paragrafen-Werk nur für Unternehmen mit mehr als 250 Mastschweinen und mehr als 1.000 Masthühnern bzw. -puten.

TIERE & VERSUCHE

Mehr Tierversuche
Im Geschäftsjahr 2013 hat der Leverkusener Multi mehr Tierversuche durchgeführt als 2012. Während der Konzern selber seine Experimente herunterfuhr und in den Laboren „nur“ noch 142.084 Ratten, Mäuse und andere Lebewesen traktierte (2013: 147.315), vergab er mehr Tests an externe Dienstleister, und dementsprechend stieg dort die Versuchstier-Zahl von 23.282 auf 30.203.

DRUGS & PILLS

Neuer YASMIN-Beipackzettel
Von Verhütungsmitteln der dritten Generation wie BAYERs YASMIN mit dem Wirkstoff Drospirenon geht ein höheres Thromboembolie-Risiko aus als von älteren Präparaten. Allein die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA registrierte im Zusammenhang mit YASMIN bereits 190 Sterbefälle. Die Europäische Arzneimittel-Behörde EMA hat die Präparate deshalb überprüft. Trotz ihrer Gefährlichkeit sieht die Einrichtung allerdings keine Veranlassung, die Mittel zu verbieten. Sie hat bloß veranlasst, auf den Beipackzetteln deutlicher vor den möglichen Nebenwirkungen zu warnen. Zudem kündigte die EMA eine Studie zum Gefährdungspotenzial des Inhaltsstoffs Chlormadinon an, der unter anderem in BAYERs ENRIQA enthalten ist. Das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM) beließ es jedoch nicht dabei, den Durchführungsbeschluss der EU umzusetzen: Es sprach sich ausdrücklich für die Verschreibung von älteren, risiko-ärmeren Kontrazeptiva mit dem Wirkstoff Levonorgestrel aus.

TRASYLOL: Vor Zulassung in Gebrauch?
Im November 2007 musste der Leverkusener Multi das Medikament TRASYLOL, das MedizinerInnen bei OPs zur Blutstillung einsetzten, wegen der Nebenwirkung „Tod“ vom Markt nehmen. Mehrere Studien hatten die Gefährlichkeit des Medikamentes belegt. So analysierte der Harvard-Professor Alexander Walker die Unterlagen von 78.000 Krankenhaus-PatientInnen und konstatierte im Falle einer Behandlung mit der Arznei eine erhöhte Sterblichkeitsrate sowie ein größeres Risiko für Nierenversagen, Schlaganfälle und Herz-Erkrankungen. Die EU hob das Verbot 2012 jedoch wieder auf, und der Leverkusener Multi verkaufte das Medikament an das schwedische Unternehmen NORDIC. Aber der Pharma-Riese kann die Verantwortung für die Risiken und Nebenwirkungen des Pharmazeutikums nicht so einfach abschütteln. Auf der BAYER-Hauptversammlung Ende April 2014 konfrontierte die Australierin Jennifer Lloyd den Konzern mit dem Vorwurf, den Tod ihres Vaters verschuldet zu haben. Nachdem er 1978 in einem Melbourner Hospital TRASYLOL erhalten hatte, erlitt er eine Serie von Herzinfarkten und verstarb schließlich. Noch dazu war das laut Jennifer Lloyd zu einem Zeitpunkt, da das Mittel in dem Land noch gar keine offizielle Zulassung besaß. Auf eine Erklärung zu dem frühen Gebrauch oder gar auf ein Schuldeingeständnis wartete die junge Frau in Köln jedoch vergebens.

NEXAVAR-Studie scheitert
BAYERs NEXAVAR mit dem Wirkstoff Sorafenib hat bislang eine Zulassung bei den Indikationen „fortgeschrittener Nierenkrebs“ und „fortgeschrittener Leberkrebs“. Der Leverkusener Multi setzt jedoch alles daran, das Anwendungsspektrum zu verbreitern. Ein Versuch mit dem Medikament zur ergänzenden Behandlung von solchen Leberkrebs-PatientInnen, denen die MedizinerInnen alle erkennbaren Tumor-Teile herausoperiert hatten, scheiterte allerdings: Die Arznei hat die Zeit bis zum Ausbruch neuer Karzinome nicht hinauszögern können. Vorher hatte NEXAVAR schon bei Haut-, Brust- und Bauchspeicheldrüsenkrebs versagt.

ASPIRIN verhindert keine Infarkte
Der Einsatz von ASPIRIN bei chirurgischen Eingriffen kann das Risiko von Herzinfarkten nicht vermindern. Stattdessen steigt für die PatientInnen die Gefahr, Blutungen zu erleiden. Das ergab eine Studie, die das „Population Health Research Institute“ der „McMaster University“ durchführte.

FDA: Kein ASPIRIN gegen Infarkte
Seit Jahren versucht der Leverkusener Multi nun schon, seinen „Tausendsassa“ ASPIRIN trotz eher durchwachsener Bilanz (s. o.) als Mittel zur Herzinfarkt-Prophylaxe zu etablieren. Bei Menschen, die vorbelastet sind, hat der Konzern dafür schon grünes Licht bekommen. Jetzt wollte er aber das Indikationsgebiet ausweiten und von der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA die Genehmigung dafür erhalten, das Medikament auch Gesunden zur Vorbeugung von Infarkten andienen zu können. Das lehnte die Behörde allerdings ab. „Nach einer sorgfältigen Überprüfung klinischer Studien kam die FDA zu dem Schluss, dass aus den Daten keine Empfehlung ableitbar ist, ASPIRIN Menschen zu verabreichen, die noch keinen Herzinfarkt oder Gehirnschlag erlitten und keine Herz/Kreislauf-Probleme haben“, sagte Dr. Robert Temple. Bei dieser Gruppe übersteige das Risiko von inneren Blutungen den Nutzen, so der Forschungsdirektor der Behörde.

ASPIRIN COMPLEX hilft nicht
Der Spiegel hat Peter Sawicki, den ehemaligen Direktor des „Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ gebeten, verschiedene Erkältungsmittel zu bewerten. BAYERs ASPIRIN COMPLEX mit den Inhaltsstoffen Acetylsalicylsäure und Pseudoephedrin-Hydrochlorid schneidet dabei nicht gut ab. Seine schleimhaut-abschwellende Wirkung lässt laut Sawicki zu wünschen übrig. Zudem leuchtet ihm nicht ein, warum ein Beutel des Mittels neunmal teurer ist als eine ASPIRIN-Tablette. Die „Stiftung Warentest“ kommt zu einem ähnlichen Urteil: „Eine nicht sinnvolle Kombination.“ Der Leverkusener Multi widerspricht da natürlich. Vom Spiegel zu einer Stellungnahme aufgefordert, verweist er auf positive Studien-Ergebnisse und betont, die Preise von ASPIRIN pur und ASPIRIN-COMPLEX seien nicht vergleichbar.

ASPIRIN bei Darmkrebs?
Nach zwei neueren Studien kann ASPIRIN bei bestimmten Menschen das Darmkrebs-Risiko reduzieren. Bei Personen mit einer größeren Menge des Enzyms 15-PGDH im Darm vermag der „Tausendsassa“ das Gefährdungspotenzial herabzusenken. Das berichteten – allerdings anhand relativ weniger Fälle – US-WissenschaftlerInnen in der Fachzeitschrift Science Translational Medicine. Zu einem ähnlichen Ergebnis waren vorher schon britische ForscherInnen gekommen (Ticker 4/09). Sie rieten aber trotzdem von einer vorbeugenden Einnahme ab, da die Wirksubstanz schwere Nebenwirkungen wie Magenbluten hat.

Leberschäden durch XARELTO
Zu den häufigsten Nebenwirkungen von BAYERs Gerinnungshemmer XARELTO zählen Blutungen. Aber auch Leberschädigungen treten oft auf. So erhielt die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA in den ersten zehn Monaten des Jahres 2013 320 diesbezügliche Meldungen von ÄrztInnen. Sieben tödliche Verläufe waren darunter und 26 Fälle von Leberversagen. „In der entsprechenden Fachinformation (...) findet man dazu keine deutliche Warnung“, kritisiert der Arzneimittelreport der Krankenkasse Barmer GEK. Der Leverkusener Multi weist dort lediglich darauf hin, dass PatientInnen mit Leber-Erkrankungen das Medikament nicht nehmen sollten.

XARELTO macht die Kassen arm
BAYERs umstrittener Gerinnungshemmer XARELTO (s. o.) gehörte 2013 zu den umsatzträchtigsten patentgeschützten Arzneimitteln in der Bundesrepublik. Mit Erlösen von 949 Millionen Euro – fast 200 Prozent mehr als 2012 – musste das Präparat mit dem Wirkstoff Rivaroxaban nur den beiden Rheuma-Mitteln HUMIRA und ENBREL den Vortritt lassen. Das Konkurrenz-Präparat PRADAXA mit dem Wirkstoff Dabigatran kam mit 86 Millionen Euro nicht annähernd in solche Regionen. Die Krankenkasse Barmer GEK, die nur für fünf Arzneien mehr ausgab als für das BAYER-Produkt und fast ein Prozent ihres Medikamenten-Etats in das Mittel investieren musste, schreibt dies bloß dem immensem Reklame-Aufwand des Konzerns zu. „Da Dabigatran länger auf dem Markt erhältlich ist und früher eine Zulassungserweiterung als Rivaroxaban bekommen hatte und da bis heute keine pharmakologischen Vorteile oder gravierenden Unterschiede zwischen den beiden Wirkstoffen belegt wurden, kann diese extreme Steigerung bei Rivaroxaban nur durch Marketing- und Werbemaßnahmen zustande gekommen sein“, heißt es im „Arzneimittelreport 2014“.

Vitamin-Pillen helfen nicht
Der Leverkusener Multi preist seine ONE-A-DAY-Vitaminpräparate als wahre Wunderpillen an. Nach Angaben des Konzerns sollen sie gleichzeitig das Herz und die Immunabwehr stärken, den Augen gut tun und dem Körper zu mehr Energie verhelfen. Dank solcher Versprechungen finden diese Produkte und andere Nahrungsergänzungsmittel aus dem Hause BAYER reißenden Absatz. Im Geschäftsjahr 2013 machte das Unternehmen damit einen Umsatz von über einer Milliarde Euro. Das medizinische Urteil über die zusätzlich zur Nahrung eingenommenen Substanzen fällt allerdings verheerend aus. So kam ein ForscherInnen-Team der „Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health“ um Dr. Eliseo Guallar zu dem Schluss: „Wir glauben, dass es klar ist, dass Vitamine nicht helfen.“ Da ONE-A-DAY & Co. unter Umständen sogar noch negative Wirkungen entfalten können, forderte Guallar die VerbraucherInnen unmissverständlich auf, die Stoffe nicht mehr zu kaufen.

Schwanger trotz ESSURE
ESSURE, BAYERs ohne Hormone auskommendes Mittel zur Sterilisation, hat unter anderem Nebenwirkungen wie Blutungen, Hautausschläge, Kopfschmerzen, Übelkeit und kann Allergien auslösen. Die kleine Spirale, deren Kunststoff-Fasern für ein so großes Wachstum des Bindegewebes sorgen sollen, dass es die Eileiter verschließt, verrichtet zudem ihren Dienst nicht zuverlässig. Die Wahrscheinlichkeit, trotz ESSURE schwanger zu werden, liegt bei 9,6 Prozent. Das ergab eine Studie der „Yale School of Medicine“ unter Leitung von Aileen Gariepy.

BAYERs Afrika-Agenda
Seit einiger Zeit haben die Global Player auf der Suche nach neuen Absatz-Gebieten die „Low-income Markets“ entdeckt (siehe auch SWB 4/13). Nach einer vom „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (BMZ) herausgegebenen – und vom Pillen-Riesen SANOFI gesponserten – Expertise haben diese nämlich ein Volumen von bis zu 160 Milliarden Dollar. Deshalb heißt es bei BAYER: „2014 steht eine Afrika-Strategie hoch oben auf der Agenda.“ Momentan setzt die Pharma-Sparte auf dem Kontinent 650 Millionen Euro um. Der Konzern erwartet durch eine anwachsende Mittelklasse jedoch deutlich bessere Zahlen, besonders in Kenia, Tansania, Kamerun, Nigeria, der Elfenbeinküste und Südafrika. Als Türöffner für die Ausweitung des Export-Geschäfts fungieren dabei oft staatliche Hilfsorganisationen. So hat der Leverkusener Chemie-Multi in Äthiopien mit der US-amerikanischen Entwicklungshilfe-Behörde USAID ein „innovatives Geschäftsmodell“ entwickelt. Die „Contraceptive Security Initiative“ sieht vor, Frauen „mit mittlerem Einkommen in vorerst elf subsaharischen Entwicklungsländern Zugang zu bezahlbaren oralen Kontrazeptiva“ zu verschaffen. Das Unternehmen stellt dafür die Pillen bereit, und die USAID zahlt für die Erstellung und Verbreitung von Informationsmaterial zu den Mitteln. „Einen neuen strategischen Ansatz und einen innovativen Weg zur Erschließung der Märkte in Entwicklungsländern“ nennt der Pharma-Riese das Ganze.

BAYER kauft PatientInnen-Daten
Wissen ist Macht – darum interessiert sich BAYER sehr für PatientInnen-Daten. Bei der englischen Gesundheitsbehörde NHS erwarb der Leverkusener Multi Material, „um die Größe des britischen Marktes für Gebärmutter-Wucherungen zu erkunden“ und mit diesem Wissen „den Marketingstrategie-Prozess zu füttern“. Auch andere Firmen beteiligten sich am Großeinkauf, was auf der Insel einen großen Skandal auslöste. Der Pharma-Riese hat aber noch andere Informationsquellen. So ist er in der Bundesrepublik Kunde bei der Firma PHARMAFACT, welche die Rezepte der Krankenkassen auswertet. Darum weiß der Konzern ganz genau, wie das Geschäft mit seinen Arzneien so läuft und wie er seine Pharma-DrückerInnen präparieren muss. Manchmal weiß er es sogar genauer, als die Polizei erlaubt. PHARMAFACT gab nämlich bis 2012 widerrechtlich nicht nur anonymisierte Unterlagen heraus, sondern auch solche mit Namen von MedizinerInnen, so dass BAYER & Co. ganz genaue Informationen über die Verschreibungsgepflogenheiten in den einzelnen Praxen hatten. „Die Unterlagen, die uns in Auszügen zugespielt wurden, scheinen valide zu sein. Sie könnten einen der größten Daten-Skandale der Bundesrepublik im Medizinbereich aufdecken“, so das „Unabhängige Datenschutzzentrum Schleswig-Holstein“ damals.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Tod durch Endosulfan
In Argentinien starb ein Junge durch eine Vergiftung mit dem eigentlich verbotenen Pestizid Endosulfan, das auf einer nahe der Wohnung der Familie gelegenen Tomaten-Plantage zum Einsatz kam. Gegen ihren Besitzer, der den früher auch in BAYER-Produkten wie MALIX, PHASER und THIODAN enthaltenden Wirkstoff ausbringen ließ, läuft in der Sache jetzt ein Strafverfahren.

Pestizide in Pollen
Ackergifte haben einen großen Anteil am weltweiten Bienensterben. Da wundert es nicht, dass GREENPEACE die Agro-Chemikalien auch in von den Bienen gesammelten Pollen aufspüren konnte. In 72 von 107 Proben fanden sich Pestizid-Rückstände. Unter den drei am häufigsten nachgewiesenen Wirkstoffen fanden sich zwei, die auch in BAYER-Mitteln enthalten sind: Chlorpyrifos (BLATTANEX, PROFICID und RIDDER) und Thiacloprid (CALIPSO, PROTEUS). Aber es waren auch noch andere vom Leverkusener Multi verwendete Substanzen im Blütenstaub enthalten wie Fenhexamid (TELDOR), Spiroxamine (PROSPER) und Trifloxystrobin (NATIVO, CORONET).

Pestizide in Zuchtblumen
GREENPEACE hat Zierpflanzen aus Garten-Centern und Baumärkten nach Pestizid-Rückständen untersucht. In 84 der 86 Proben wurde die Organisation fündig. Und am häufigsten führte die Spur nach Leverkusen: „In Anbetracht aller nachgewiesenen Pestizide kann der größte Produzent als BAYER CROPSCIENCE identifiziert werden, der sechs von 18 nachgewiesenen Pestizide produziert“, Am häufigsten stießen die WissenschaftlerInnen dabei auf die besonders für Bienen gefährlichen Neonicotinoide GAUCHO (Wirkstoff: Imidacloprid) und PONCHO (Clothianidin), deren Gebrauch die EU vorerst stark eingeschränkt hat. In 43 bzw. sieben Prozent der untersuchten Blumen trieben diese Substanzen ihr Unwesen.

Pestizide im Salat
In der NDR-Sendung markt untersuchten JournalistInnen, wie viel Pestizid-Rückstände sich auf einem Blattsalat finden lassen. Sie behandelten einen Kopf mit dem BAYER-Insektizid CALYPSO und gaben ihn anschließend in ein Labor. Die WissenschaftlerInnen wiesen sechs Milligramm des Wirkstoffes Thiacloprid pro Kilo in der Probe nach – vier Milligramm mehr, als der Gesetzgeber erlaubt. Die Redaktion konfrontierte dann den Leverkusener Multi mit dem Ergebnis. Und der konnte sich das alles nur mit einer falschen Versuchsanordnung erklären: „Wir schließen aus dem von ihnen angegebenen sehr hohen Wert von sechs Milligramm pro Kilogramm, dass entweder die empfohlende Aufwandmenge überschritten worden ist oder die Analyse unmittelbar nach der Anwendung erfolgte.“ Da schloss der Konzern aber falsch: Das Fernseh-Team hatte sich genau an die Packungsanweisung gehalten und den Salat auch erst nach Ablauf einer bestimmten Zeit zur Untersuchung gebracht.

Bienensterben comes home
Nun konnte der BAYER-Konzern die Wirkung seiner Pestizide auf das Leben der Bienen einmal aus erster Hand erleben. Von dem Bienensterben mit einer Million toten Tieren, zu dem es Ende März 2014 in Leverkusen kam, waren nämlich auch eigene Bestände betroffen. Und als Ursache stellten die Behörden zweifelsfrei BAYERs Pestizid-Wirkstoff Clothianidin fest, dessen Zulassung für bestimmte Anwendungen wegen seiner bienenschädigenden Effekte eigentlich noch bis zum Dezember 2015 ruht. Von der Varroa-Milbe, welche der Agro-Riese selber immer gerne für die Dezimierung der Gattung verantwortlich macht, war dagegen weit und breit nichts zu sehen. Aus welcher Quelle das Agro-Gift stammte, vermochten die Behörden in einer nachfolgenden Untersuchung allerdings nicht mehr zu ermitteln.

Neue Bienensterben-Studien
Die beiden BAYER-Pestizide PONCHO und GAUCHO gehören zur Gruppe der Neonicotinoide. Wegen ihrer Schädlichkeit für Bienen hat die EU sie 2013 für vorerst zwei Jahre aus dem Verkehr gezogen. Diverse neue Studien belegen nun, wie richtig die Entscheidung war. Ein WissenschaftlerInnen-Team der Harvard University um Chensheng Lu setzte 12 Bienenvölker Neonicotinoiden aus und ließ sechs verschont. Den Sommer über passierte nichts, aber im Winter verwaisten sechs der mit den Pestiziden traktierten Bienenstöcke – für die ForscherInnen ein klares Zeichen für die Langzeitfolgen von PONCHO & Co. Zu einem ähnlichen Befund kommt die internationale WissenschaftlerInnen-Gruppe „Task Force on Systemic Pesticides“. Sie analysierte 150 Neonicotinoid-Studien und das Fazit lautete: Die Stoffe haben verheerende Auswirkungen nicht nur auf Bienen, sondern auch auf andere Insekten, Würmer und Vögel. Da die Chemikalien also den ganzen Naturkreislauf stören, fordert die Task Force ein weltweites Verbot der Substanz-Klasse. Caspar Hallmann von der niederländischen Radboud-Universität konnte die Schäden teilweise sogar genau beziffern. Nach seiner Untersuchung geht die Vogel-Population bei einer GAUCHO-Konzentration im Oberflächen-Gewässer von mehr als 20 Billionstel Gramm pro Liter um jährlich 3,5 Prozent zurück, weil das Gift den Tieren ihre Nahrungsgrundlagen raubt.

UBA für sparsamen Glyphosat-Gebrauch
Das Anti-Unkrautmittel Glyphosat kommt hauptsächlich in Kombination mit MONSANTO-Genpflanzen der „ROUND UP“-Baureihe zum Einsatz, aber auch in BAYER-Pestiziden wie GLYPHOS oder USTINEX. Zudem will der Multi es künftig gemeinsam mit der Gensoja-Sorte „FG 72“ sowie seinen genmanipulierten Baumwoll-Arten „GHB 614“, „GHB119“ und T304-40 vermarkten. Obwohl mehrere Studien Spuren des Giftstoffes im menschlichen Organismus gefunden hatten, stellte das „Bundesinstitut für Risiko-Bewertung“ (BfR) der Substanz eine Unbedenklichkeitsbescheinigung aus. Das Umweltbundesamt (UBA) plädiert hingegen für eine sparsame Verwendung des Mittels, denn es trägt nach Ansicht des UBA-Chemieexperten Klaus Günter Steinhäuser wesentlich zur Reduzierung der Artenvielfalt bei.

Glyphosat-Gebrauch eingeschränkt
Der Pestizid-Wirkstoff Glyphosat steht im Verdacht, Fehlbildungen hervorzurufen, das Erbgut zu schädigen und Krankheiten wie Alzheimer, Diabetes und Krebs zu befördern. Das Verbraucherschutzministerium hat deshalb eine Ausbringungsbeschränkung für den auch in BAYER-Produkten vorkommenden (s. o.) Stoff erlassen. Es erlaubt die „Spätanwendung in Getreide“ nur noch auf Teilflächen. Dem Bundesrat geht das allerdings nicht weit genug. Die Länderkammer fordert ein umfassendes Verbot des Einsatzes der Substanz bei der Reife-Beschleunigung und darüber hinaus noch einen Glyphosat-Bann für den Haus- und Gartenbereich.

El Salvador bannt BAYER-Pestizide
Von 2007 bis 2011 gingen den Behörden in El Salvador 8.159 Meldungen über Pestizid-Vergiftungen ein. Darum zog das Land die Notbremse und verbot 53 Wirkstoffe. Der Bann betrifft auch viele Substanzen, die in BAYER-Mitteln Verwendungen finden wie etwa Endosulfan (MALIX, PHASER, THIODAN), Glyphosat (GLYPHOS, USTINEX G), Chlorpyrifos (BLATTANEX, PROFICID und RIDDER), Parathion-Methyl (ME 605 Spritzpulver) und Methamidophos (TAMARON). Kurz darauf verweigerten die USA die Freigabe von schon bewilligten Entwicklungshilfe-Geldern, weshalb nicht wenige UmweltaktivistInnen darin eine von BAYER & Co. veranlasste Strafaktion der Obama-Administration sehen.

Teilverbot für MESUROL
Das BAYER-Pestizid MESUROL darf nicht mehr als Mittel gegen Schnecken zum Einsatz kommen. Wegen der extremen Giftigkeit des Inhaltsstoffs Methiocarb hat die EU dem Produkt für diesen Anwendungsbereich die Zulassung entzogen.

BAYER goes bio

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Der Leverkusener Multi setzt in letzter Zeit vermehrt auf „bio“, da sich Schadinsekten und Unkräuter immer besser auf die handelsüblichen Pestizide einstellen. So kaufte er jetzt das argentinische Unternehmen BIAGRO, das biologische Saatgutbehandlungsmittel auf der Basis von Mikro-Organismen und Pilzen sowie Mittel zur Stärkung des Pflanzen-Wachstums produziert.

BAYER goes bio

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Der Global Player will die Produktion von Pestiziden auf biologischer Basis erhöhen. Um mehr Chargen seines Anti-Wurmmittels BIBACT und seines Anti-Pilzmittels CONTANS herstellen zu können, baut er seine Fertigungsstätte in Wismar aus. Auch die Forschungsaktivitäten am Standort plant der Leverkusener Multi zu erweitern. Noch machen BIBACT & Co. allerdings nur einen Bruchteil der Produktpalette von BAYER AGROSCIENCE aus.

GENE & KLONE

Die Gentech-Ökonomie
In ihrer Werbung für die Gentechnologie versprechen die Agro-Riesen gerne das Grüne vom Himmel bzw. der Erde. So sollen die Laborfrüchte nicht weniger als das Welthunger-Problem lösen helfen. Im Alltagsgeschäft hört sich das alles weit profaner an. In einem Patentantrag für ein gentechnisches Verfahren redet BAYER Klartext. „Transgene Pflanzen werden vor allem eingesetzt, um das Produktionspotenzial der jeweiligen Pflanzen-Sorte bei möglichst geringem Einsatz von Produktionsmitteln möglichst günstig zu nutzen“, heißt es dort ungeschminkt.

Neues Gentech-Soja
In den USA bringt BAYER 2015 die Genlabor-Frucht CREDENZ heraus und vermeint damit laut eigener Werbeaussage, die Sojabohne neu erfunden zu haben. Der Konzern vermarktet das Produkt in zwei Variationen, einmal mit einer Resistenz gegen das Pestizid Glyphosat und einmal mit einer gegen Glufosinat. Das ursprünglich von MONSANTO entwickelte Glyphosat ist seit 30 Jahren im Einsatz und steht im Verdacht, Fehlbildungen hervorzurufen, das Erbgut zu schädigen und Krankheiten wie Alzheimer, Diabetes und Krebs zu befördern. Da viele Wildpflanzen dem Mittel inzwischen trotzen, hofft der Leverkusener Multi mit seinem noch gefährlicheren und deshalb in der EU nur noch bis 2017 zugelassenen Glufosinat in die Lücke vorstoßen zu können. Es dürfte jedoch nur eine Frage der Zeit sein, wann sich auch hier ein Gewöhnungseffekt einstellt.

Importgenehmigung für SYNT0H2
BAYER und SYNGENTA haben für ihr Gensoja SYNT0H2, das nicht nur gegen BAYERs Ultragift Glufosinat sondern auch gegen den Pestizid-Wirkstoff Mesotrione von SYNGENTA resistent ist, von den australischen Behörden eine Importgenehmigung erhalten.

Kein geringerer Pestizid-Verbrauch
Das US-amerikanische Landwirtschaftsunternehmen hat auf der Basis von Daten aus dem Jahr 2010 untersucht, ob die Einführung gentechnisch veränderter Pflanzen zu einer Reduzierung des Pestizid-Verbrauchs geführt hat, wie BAYER & Co. es in ihren Produkteinführungskampagnen versprochen hatten. Das Ergebnis fällt wenig erfreulich für die Agro-Riesen aus. Bei den Herbiziden gingen zwar am Anfang die ausgebrachten Mengen tatsächlich zurück, in den letzten Jahren stiegen sie jedoch wieder. Die Unkräuter können sich nämlich immer besser auf die Gifte einstellen, welche die Konzerne im Kombipack mit den gegen die Produkte immunen Labor-Pflanzen vermarkten. Bei den Insektiziden notierte der Report hingegen einen nachhaltigeren Rückgang, aber hier dürfte das dicke Ende, da sich Baumwoll-Kapselwurm & Co. an die Agrochemikalien gewöhnen, erst noch bevorstehen. Zudem geht die Reduzierung nicht auf die Gentechnik zurück. Auch in der konventionell betriebenen Landwirtschaft landeten weniger chemische Keulen auf den Feldern.

WASSER, BODEN & LUFT

BAYERs Energie-Mix
Der Strom, den der Leverkusener Multi an seinen Standorten selbst erzeugt, speist sich zu rund zwei Dritteln aus Erdgas und zu einem Drittel aus der besonders klimaschädigenden Kohle. Wie es um die Zusammensetzung der zugekauften Energie bestellt ist, machte der Konzern bisher nie öffentlich. Deshalb fragte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN auf der letzten Hauptversammlung im April 1014 nach. Das Unternehmen gab an, das übliche Großhandelsangebot zu beziehen und nannte folgende Zahlen für den Mix: 25,6 Prozent Braunkohle, 23,9 Prozent Erneuerbare Energien, 19,6 Prozent Steinkohle, 14,4 Prozent Atomenergie und 10,5 Prozent Erdgas.

„Dream Production“ geht in Serie
Der Leverkusener Multi entwickelte gemeinsam mit RWE und der „Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen“ ein Verfahren, um Kohlendioxid als Rohstoff zur Kunststoff-Herstellung zu nutzen (Ticker 1/10). Nach erfolgreicher Erprobung der „Dream Production“ errichtet BAYER nun in Dormagen für 15 Millionen Euro eine kleine Fertigungsstätte. Sie soll jährlich 5.000 Tonnen Polyole für die Polyurethan-Herstellung liefern. Der Pharma-Riese feiert diese Innovation als eine Großtat zur Rettung des Klimas. ExpertInnen beurteilen solche Versuche skeptischer. „Die stoffliche Nutzung kann keine riesigen Mengen binden, weil wir einfach viel, viel mehr Kohlendioxid freisetzen“, sagt etwa der Chemie-Ingenieur Arno Behr von der „Technischen Universität Dortmund“. Und selbst bei der günstigsten Hochrechnung fallen die Ergebnisse bescheiden aus. Sollten wirklich einmal weltweit alle Kunststoffe nach dem neuen Verfahren hergestellt werden, so wären gerade einmal 178 Millionen Tonnen Kohlendioxid gebunden – 0,6 Prozent der jährlichen Emissionen. Darüber hinaus fällt bei der „Dream Production“ selber nicht wenig CO2 ab, da energie-aufwendige Abtrennungs-, Reinigungs- und Verflüssigungsprozesse nötig sind, ehe aus den Rauchgasen der Kohlekraftwerke ein Rohstoff für die Chemie-Industrie entsteht.

Noch mehr „Dream Production“?
Ein großangelegtes Forschungsprojekt will nach Möglichkeiten suchen, um aus Kohlendioxid und anderen bei der Stahl-Produktion entstehenden Prozess-Gasen chemische Grundstoffe zu gewinnen. Neben dem Leverkusener Multi, der die Erfahrungen mit seiner „Dream Production“ (s. o.) einzubringen gedenkt, sind unter anderem THYSSENKRUPP, SIEMENS, BASF, RWE, die Universitäten Bochum und Duisburg sowie die Fraunhofer- und die Max-Planck-Gesellschaft an dem Vorhaben beteiligt.

Brückenbau auf Deponie-Gelände
Die Deponie Dhünnaue diente BAYER von 1923 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs als Giftmüll-Schlucker. Danach ließ der Leverkusener Multi nicht nur Gras über die Sache wachsen, sondern auch 220 Wohneinheiten sowie eine Schule, einen Kindergarten und ein Altersheim. Die Folge: Allein in der Hauptschule am Rand des Geländes traten 15 Krebserkrankungen und fünf Todesfälle auf. Die notwendigen Sanierungsmaßnahmen begannen erst in den 1990er Jahren. Der Konzern trug das verseuchte Erdreich jedoch keineswegs ab und umschloss es auch nicht vollständig. Lediglich zum Rhein hin sicherte er die Altlast mit Spundwänden ab. Deshalb ist es erforderlich, stündlich 750 Kubikmeter verseuchtes Wasser abzupumpen und zu reinigen – über Jahrhunderte hinweg. Und deshalb müssen jetzt auch die Sondierungsarbeiten zum Bau einer Autobahn-Brücke auf dem Areal äußerst vorsichtig verlaufen. Jedes Bohrloch birgt bis zu zwei Tonnen Sondermüll, was die Beschäftigten dazu nötigt, einen Ganzkörperschutz zu tragen. Auch besteht die Gefahr, dass die im Erdreich schlummernden Chemikalien die Brücken-Fundamente angreifen. „Man muss genau erkunden, welche Stoffe da vorhanden sind“, so Manfred Curbach von der Technischen Universität Dresden. Und Sven Sieberth vom Landesbetrieb Straßenbau NRW sieht ebenfalls Schwierigkeiten: „Also es könnte sein, wenn man Bereiche freilegt, dass das Material, was im Moment standfest ist, und tragfähig ist, dass es durch Witterungseinflüsse wie Regen dann aufweicht und keinen tragfähigen Untergrund hinterlässt. Also das Worst Case Scenario wäre dann, dass man (...) im schlimmsten Fall eine Betonplatte über die Deponie legen müsste, also im Prinzip wie ein Brückenbauwerk. Aber das wollen wir nicht hoffen, weil das würde zu immensen Mehrkosten (...) führen.“ Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hatte schon bei Beginn der Arbeiten gefordert, den Leverkusener Multi an der Finanzierung zu beteiligen. Aber das lehnt das Land Nordrhein-Westfalen ab, da es der Bauträger sei, der in die bestehende Situation eingreife. Auch an die Aufstellung eines Mahnmales denkt Rot-Grün nicht. „Ich bitte um Verständnis, dass ich hinsichtlich Ihres Wunsches nach einem Gedenkstein für mögliche Opfer der seinerzeit betriebenen Deponie zuständigkeitshalber nicht tätig werden kann“, diese Antwort erhielt ein CBG-Aktivist aus dem Verkehrsministerium auf eine entsprechende Anfrage.

NANO & CO.

BAYER verkauft auch Nano-Patente
Vollmundig hatte das „Erfinder-Unternehmen“ BAYER 2003 die Nano-Technik gepriesen. Mit einem Marktvolumen von 200 Milliarden Euro rechnete der Konzern. Zehn Jahre später verkündete er seinen Ausstieg (Ticker 3/13), da „bahnbrechende Anwendungen für den Massenmarkt“ nicht in Sicht seien. Und 2014 beendete der Leverkusener Multi das Kapitel endgültig. Der Global Player verkaufte die Patente für die ehemalige „Zukunftstechnologie“ an die Bayreuther Firma FUTURE CARBON.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Explosion in Kolumbien
Auf dem Gelände des BAYER-Werk nahe der kolumbischen Stadt Cali kam es am 3. Juli 2014 zu einer Explosion. Drei Menschen zogen sich dabei Verletzungen zu und mussten zur Behandlung in ein Krankenhaus.

Aus undichtem Salzstock fließt Öl
Aus Kochsalz wird Sole gewonnen, ein wichtiger Grundstoff der Kunststoff-Produktion. Darum hält der Leverkusener Multi zehn Prozent der Geschäftsanteile an dem Förder-Unternehmen SGW. Dieses hat die beim Salz-Abbau entstehenden Hohlräume an Energie-Konzerne vermietet, die dort unterirdische Öl- und Gasreservoirs unterhalten. Im Münsterland bildete sich in einer 217 Meter unter der Erdoberfläche liegenden Rohrleitung eines Stollens ein Leck. Unmengen von Öl drangen daraus an die Oberfläche und überzogen große Areale mit einem schmutzigen Film. 10 Kühe, die das Gemisch tranken, mussten TierärztInnen einschläfern. 35.000 Tonnen Öl pumpten die Hilfskräfte ab und 1.000 Tonnen verseuchtes Erdreich entsorgten sie. Die SGW hatte schon zwei Monate vor dem Austritt einen Druckabfall in den Speichern bemerkt, aber keine entscheidenden Schritte in die Wege geleitet. Claudia Baitinger vom BUND erklärte zu der Umweltkatastrophe: „Ohne die unersättliche Gier nach Sole, die von den NRW-Chemiefirmen SOLVAY, BAYER und VESTOLIT/EVONIK hauptsächlich für die Herstellung des umweltproblematischen Kunststoffes PVC seit Jahrzehnten gebraucht wird, hätte es die Begehrlichkeiten, in den entstandenen Hohlräumen unter einem der ökologisch wertvollsten Naturschutz- und FFH-Gebiete NRWs riesige Öl- und Gasspeicher anzulegen, nicht gegeben. Bereits vo

Dhünnaue

CBG Redaktion

5. Mai 2014

Neue Autobahnbrücke bei Leverkusen

Gefahrstoffe von BAYER erhöhen Baukosten

Das Verkehrsministerium NRW hat sich in einem Schreiben an die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) zu den Kosten der neuen Autobahnbrücke in Leverkusen geäußert. Die Erhöhung der Baukosten durch die Gefahrstoffe der ehemaligen Deponie Dhünnaue müssten demnach von der öffentlichen Hand getragen werden. Der damalige Verursacher, der BAYER-Konzern, werde nicht belangt. Die CBG hatte zuvor gefordert, dass das Unternehmen die Mehrkosten übernehmen müsse.

Die einstmals für 40.000 Autos geplante Brücke wird heute von täglich 120.000 Pkw benutzt. Ständig treten dadurch neue Risse auf. Um sie zu flicken, und die Brücke vor dem Einsturz zu bewahren, sind jeden Tag drei Prüfteams und ein Schweißtrupp im Einsatz. Weil die Brücke so marode ist, dürfen Autos nicht mehr schneller als 60 km/h fahren.

Erschwert wird der Neubau, da die Deponie den einzig möglichen Platz zum Bau der Pfeiler der neuen Brücke bietet. Über 40 Jahre lang hatte der Chemiekonzern hier seinen Müll abgelagert: 6,5 Millionen Tonnen. Stoffe mit hohen Konzentrationen an Arsen, Blei, Chrom und Kadmium sind darunter, ebenso zahlreiche organische Verbindungen wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Chlorbenzole und -toluole.

In einen solchen Chemiecocktail Brückenfundamente zu setzen, sei nicht ungefährlich, so Manfred Curbach, denn einige Stoffe können den Beton der Brückenpfeiler angreifen. Der Professor für Massivbau an der Technischen Universität Dresden äußerte jedoch im Deutschlandfunk, dass das Problem beherrschbar sei: „Man muss es vorher planen, man muss genau erkunden, welche Stoffe da vorhanden sind, welche davon den Beton angreifen könnten. Da sind es vor allem Chloride die berücksichtigt werden müssten, aber auch das ist dann kein Problem, weil man dafür Lösungen dann hat.“ Zum Beispiel durch spezielle Betonmischungen, denen die aggressiven Schadstoffe nichts anhaben können.

Gegenwärtig werden in dem Gelände Erkundungsbohrungen durchgeführt, mit denen die Ingenieure die Deponie auf ihre chemische Zusammensetzung und auf ihre Tragfähigkeit hin untersuchen. Denn in die Deponie müssen nicht nur die Pfeiler der neuen Brücke gesetzt werden, sondern auch ein Teil der Autobahn muss hier hin verlegt werden, um die neue Brücke zu erreichen.

Sven Sieberth vom Landesbetrieb Straßenbau NRW im Deutschlandfunk: „Die Deponie ist abgedichtet, sie ist geschützt, auch von Oberflächenwasser. Also es könnte sein, wenn man Bereiche freilegt, dass das Material, was im Moment standfest ist, und tragfähig ist, dass es durch Witterungseinflüsse wie Regen dann aufweicht und keinen tragfähigen Untergrund hinterlässt. Also das worst case scenario wäre dann, dass man ich sag mal im schlimmsten Fall eine Betonplatte über die Deponie legen müsste also im Prinzip wie ein Brückenbauwerk. Aber das wollen wir nicht hoffen, weil das würde zu immensen Mehrkosten dann auch führen.“ Möglicherweise reiche es aber auch aus, einige Meter Boden auf der Deponie durch tragfähiges Material zu ersetzen. Welche Variante realistisch ist, werden die Untersuchungen der nächsten Monate zeigen.

Kampagne zur Dhünnaue

[TICKER] STICHWORT BAYER 02/2014 – TICKER

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Marion Larat „Frau des Jahres“
Marion Larat ist in Frankreich wegen ihres Engagements gegen den Leverkusener Multi zur „Frau des Jahres“ gewählt worden. Larat hatte 2006 durch das BAYER-Verhütungsmittel MELIANE (Wirkstoffe: Gestoden und Ethinylestradiol) einen Gehirnschlag erlitten und entschloss sich 2012 als erste Frau in ihrem Land, eine Klage gegen den Pharma-Riesen anzustrengen. Das ermunterte viele Geschädigte, es ihr gleichzutun und löste eine Diskussion über die Gefährlichkeit der Pillen aus. Als Konsequenz daraus wies die Gesundheitsministerin Marisol Touraine die Krankenkassen an, die Kosten für MELIANE und andere Verhütungspillen der 3. und 4. Generation nicht mehr zu übernehmen.

CBG-Anfrage zu PCB
Polychlorierte Biphenyle (PCB) gehören zu den giftigsten Hervorbringungen der Chlorchemie (SWB 1/14). Die vor allem von BAYER und MONSANTO in Umlauf gebrachten gefährlichen „Alleskönner“ kamen bis zu ihrem vollständigen Verbot 1989 in Elektrogeräten, Fugendichtungsmassen, Farben, Lacken und Bodenbelägen zum Einsatz – und stellen immer noch ein beträchlichtes Risiko dar. Deshalb finden quer durch die Republik aufwendige Sanierungen von Universitäten und Schulen statt. Um einen detaillierten PCB-Schadensbericht zu erhalten, hat die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN gemeinsam mit der Partei „Die Linke“ eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt. Die Antworten fielen allerdings dürftig aus. So behauptet die Große Koalition etwa wider besseren Wissens: „In den letzten zehn Jahren sind keine PCB-Vergiftungsfälle und Todesfälle gemeldet worden.“ Eine genaue Kenntnis über den Umfang der PCB-Kontaminationen öffentlicher Gebäude habe sie auch nicht, weil die Verantwortung für die Einrichtungen teilweise in Länderhoheit läge. Und mit Absichten, ihren Informationsstand zu erhöhen, trägt sich die Regierungskoalition nicht. Eine Untersuchungspflicht sei nicht geplant, heißt es in der Bundestagsdrucksache 18/178. Da wundert es nicht weiter, dass SPD und CDU es ablehnen, BAYER & Co. an den Sanierungskosten zu beteiligen, wie es in der PCB-Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft von 1976 einmal vorgesehen war, ehe jene dem Lobbyismus zum Opfer fiel. „Gemäß dem Verursacherprinzip sind die Kosten für die Beseitigung von PCB (...) zu tragen von den Besitzern (...) und/oder den früheren Besitzern oder dem Hersteller von PCB“, hieß es dort unmissverständlich.

USA: Kritik an GAUCHO & Co. wächst
Im Frühjahr 2013 hatte die von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) mitinitiierte Kampagne für das Verbot der bienengefährlichen BAYER-Pestizide GAUCHO und PONCHO endlich Erfolg: Die EU verkündete einen zunächst auf zwei Jahre befristeten Bann für die wichtigsten Anwendungsbereiche. Und jetzt wird die Luft für die beiden zur Gruppe der Neonicotinoide gehörenden Ackergifte auch in den USA dünner. Ende März 2014 fand ein zweitägiges Hearing des US-Kongresses zu GAUCHO & Co. statt, und begleitend dazu initiierte die Umweltgruppe FRIENDS OF THE EARTH eine Veranstaltung mit ImkerInnen und anderen KritikerInnen der Substanzen. BAYER sah sich deshalb zu einer PR-Offensive veranlasst. Der Leverkusener Multi zog durch mehrere Universitätsstädte und setzte sich als großer Bienen-Kümmerer in Szene, was AktivistInnen allerdings nicht unwidersprochen ließen.

Gentech-Kennzeichnung: Neuer Anlauf
In Kalifornien fand Ende 2012 ein BürgerInnen-Begehren zur Kennzeichnungspflicht von Lebensmitteln, die Gentech-Ausgangsstoffe enthalten, statt. Mit 46,9 zu 53,1 Prozent der Stimmen scheiterte es knapp, nicht zuletzt, weil die Konzerne 25 Millionen Dollar – BAYER-Anteil: zwei Millionen – in eine Gegen-Kampagne investierten. Jetzt gibt es jedoch einen neuen Anlauf. Die Demokratin Noreen Evans brachte eine abgespeckte Version der Vorlage in den kalifornischen Senat ein.

Kein „Public Eye Award“ für BAYER
Die Global Player halten jeweils zu Beginn des neuen Jahres in Davos ihr Klassentreffen ab. Die Schweizer Initiativen ERKLÄRUNG VON BERN und PRO NATURE nutzen die Gelegenheit stets, um als Spielverderber aufzutreten und dem Unternehmen mit den fragwürdigsten Geschäftspraktiken den „Public Eye Award“ zu verleihen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN nommierte den Leverkusener Multi wegen der Vermarktung bienenschädigender Pestizide. Der Konzern musste sich am Ende jedoch GAZPROM und GAP geschlagen geben und landete gemeinsam mit BASF und SYNGENTA nur auf dem zweiten Platz.

BAYERs Nutzen/Risiko-Rechnung
Bei der diesjährigen Bilanzpressekonferenz konnte BAYER mal wieder einen Rekord-Gewinn annoncieren (s. u.). Dennoch haderte der Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers mit der Welt. Seiner Meinung nach honoriert diese den Beitrag des Konzerns zur öffentlichen Gesundheit nicht in ausreichendem Maße. Das Molekül, die Erfindung, das Medikament werde zu wenig wertgeschätzt, lamentierte er laut Rheinischer Post und kritisierte zudem die seiner Meinung nach übertriebene Furcht der Gesellschaft vor Innovationen. In ihrem Kommentar machte die Zeitung dann richtigerweise auf den blinden Fleck in der Argumentation Dekkers’ aufmerksam. „Wenn er aber beklagt, dass bei den Menschen zu oft die Angst vor neuen Verfahren und Produkten im Vordergrund stehe und weniger der Nutzen, so muss auch gefragt werden, wie beides verteilt ist. Beispiel Kohlenmonoxid-Pipeline zwischen Uerdingen und Dormagen: Wer trägt den Nutzen, und wer trägt das Risiko“, fragte der Journalist Peter Kurz.

KAPITAL & ARBEIT

BAYER macht mehr Gewinn
Auf 40,15 Milliarden Euro erhöhte sich BAYERs Umsatz im Geschäftsjahr 2013 (2012: 39,7 Milliarden). Der Gewinn vor Steuern stieg von 3,9 auf 4,9 Milliarden Euro.

Vorstand
kostet 24,7 Millionen
Der Vorstand des Leverkusener Multis kann sich mal wieder über ein sattes Gehaltsplus freuen. Die Bezüge der vier Mitglieder stiegen im Geschäftsjahr 2013 von 12,9 auf 13,5 Millionen Euro. Allein BAYER-Chef Marijn Dekkers erhält davon 4,8 Millionen Euro. Dazu kommen noch Pensionszusagen, aktien-basierte Vergütungsanteile und andere Kleinigkeiten, weshalb das Quartett insgesamt mit 24,7 Millionen Euro zu Buche schlägt (2012: 20,9 Millionen)

Tarifverträge immer noch Mangelware
Weltweit hat der Leverkusener Multi nur mit knapp der Hälfte seiner Beschäftigten Tarifverträge abgeschlossen, und gegenüber 2012 haben sich die Zahlen kaum verändert. Nur in der Asien/Pazifik-Region ist mit 24 Prozent (2012: 15) ein Anstieg zu verzeichnen. In Europa bestehen solche Vereinbarungen mit 88 Prozent der Belegschaftsangehörigen (2012: 87), in Lateinamerika beträgt die Quote 45 Prozent (2012: 46) und Schlusslicht bleiben die Vereinigten Staaten mit nach wie vor fünf Prozent.

Tarifrunde 2014
In der Tarifrunde 2014 einigten sich der Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) und die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE auf eine Entgelt-Erhöhung von 3,7 Prozent für die nächsten 14 Monate. Auf das Jahr gerechnet macht das jedoch bloß 3,16 Prozent aus. Zudem haben Unternehmen in wirtschaftlich schwieriger Lage die Möglichkeit, die Umsetzung des Tarifabschlusses um zwei Monate zu verzögern. Verlangt hatte die IG BCE 5,5 Prozent für 12 Monate. Auch mit einer anderen Forderung konnte die Gewerkschaft sich nicht durchsetzen. Sie wollte von BAYER & Co. nach dem Vorbild der Metall-Unternehmen die bindende Zusage, alle Auszubildenden zu übernehmen. Das lehnte die BAVC aber ab. BAYER & Co. erklärten sich lediglich zu einem größeren Ausbildungsplatz-Angebot bereit. Sie mochten nicht einmal zugestehen, den „Auserwählten“ wenigstens unbefristete Verträge anzubieten. Übrig blieb eine freiwillige Selbstverpflichtung, wonach eine „unbefristete Einstellung zum Normalfall“ werden soll.

BAYERs Zweiklassen-Gesellschaft
In BAYERs Belegschaft gibt es eine Zweiklassen-Gesellschaft, bestehend aus dem Dienstleistungs- und dem Produktionsbereich. Der Leverkusener Multi hat nämlich vor einigen Jahren die Öffnungsklauseln der Tarifvereinbarungen genutzt, um bei seinen Service-Gesellschaften aus den Flächentarifverträgen auszusteigen und eigene Haustarife abzuschließen. Bei BAYER TECHNOLOGY SERVICES (BTS) und bei BAYER BUSINESS SERVICES (BBS) führte der Konzern die 40-Stunden-Woche – ohne Lohnausgleich – wieder ein. Bei der BBS-Personaldienstleistungstochter BDS kürzte er derweil die Jahresprämie und legte sie auf die gesamten zwölf Monate um. Einige dieser Regelungen nahm der Pharma-Riese inzwischen wieder zurück. Die BTSlerInnen arbeiten jetzt wieder 37,5 Stunden und die BBSlerInnen auch, diese verdienen aber immer noch 3,3 Prozent weniger als ihre KollegInnen aus den Sparten Gesundheit, Kunststoffe oder Landwirtschaft. Darum fordern die KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN FÜR EINE DURCHSCHAUBARE BETRIEBSRATSARBEIT, eine alternative Gewerkschaftsgruppe im Leverkusener Werk: „Das Ziel muss sein, für die Beschäftigten aller BAYER-Gesellschaften wieder die Gültigkeit des Flächentarifvertrages wiederherzustellen.“

Burnout bei BAYER
3,6 Prozent aller Beschäftigten der bundesdeutschen BAYER-Niederlassungen leiden am Burnout-Syndrom, ebenso viele wie bei HENKEL und THYSSEN. Bei E.ON waren es sogar 5,1 Prozent. Das ergab eine 2012 veröffentlichte Schätzung der ASKLEPIOS-Kliniken auf Basis der stationär behandelten PatientInnen. Die Psychologin Rosemarie Bender nennt als Grund für die vielen psychisch Erkrankten bei den Unternehmen Arbeitdruck, ständige Erreichbarkeit und unklare Aufgabenverteilung. Thomas Kley von der Bochumer Ruhr-Universität macht dagegen vor allem die ständigen Umstrukturierungen für die hohen Fallzahlen verantwortlich.

LANXESS in Schwierigkeiten
Im Zuge der „Konzentration auf das Kerngeschäft“ hat BAYER viele Unternehmensteile abgestoßen. Eine aussichtsreiche Zukunft erwartete die Abteilungen nicht. Entweder gingen sie Pleite, schrumpften empfindlich oder wurden von anderen Konzernen geschluckt. Nur LANXESS schien ein besseres Schicksal zu ereilen. Obwohl nur mit BAYERs Reste-Rampe – dem Standardchemikalien-Geschäft – gestartet, begab sich die Firma auf Expansionskurs und schaffte sogar den Aufstieg in den DAX. Nun aber erfolgt doch der Absturz. Das Unternehmen weist für 2013 einen Verlust von 139 Millionen Euro aus, vernichtet 1.000 Arbeitsplätze und schasst den Vorstandsvorsitzenden Axel Heitmann. Wilkommen also im Club von DYSTAR, DYNEVO, TANATEX, KRONOS TITAN und AGFA!

BMS verkauft Harz-Produktion
BAYER MATERIAL SCIENCE stieß das Geschäft mit Polyester-Pulverharzen und flüssigen Polyester-Harzen ab und verkaufte es für 45 Millionen Dollar an das US-Unternehmen STEPAN.

Schließung von Nera Montoro?
BAYER MATERIAL SCIENCE stellt die Kunststoff-Herstellung im italienischen Nera Montoro und damit 60 Arbeitsplätze zur Disposition. Eine entsprechende Fertigungsstätte in Frankfurt produziere kostengünstiger, argumentiert der Konzern. Er hebt dabei besonders die mit 12 Cent im Vergleich zu 16 Cent pro Kilogramm Plaste günstigeren Energie-Preise hervor. Hierzulande beklagt der Global Player sich hingegen bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit über die angeblich zu hohe Stromrechnung.

Fixt Arbeit„geber“-Beträge
Die schwarze-gelbe Regierungskoalition hatte die Krankenkassen-Versicherungsbeiträge auf 8,2 Prozent für die Belegschaftsangehörigen und 7,3 Prozent für die Unternehmen erhöht. Die GroKo setzt den Ausstieg aus dem solidarisch finanzierten Gesundheitssystem jetzt fort. Sie schrieb den Arbeit„geber“-Anteil auf 7,3 Prozent fest, während der Beschäftigten-Anteil sich erhöhen darf. Und mit einem solchen Anstieg rechnen CDU und SPD auch: Intern haben sie schon einmal eine Schmerzgrenze festgelegt, bis zu der die Krankenkassen ungestraft gehen können.

ERSTE & DRITTE WELT

Dekkers sagt die Wahrheit
Das passiert auch nicht alle Tage: Manager-Mund tut Wahrheit kund! Das Kunststück gelang jetzt BAYER-Chef Marijn Dekkers. Er plauderte frank und frei aus, dass es dem Leverkusener Multi bei der Forschung nach Pharmazeutika nicht darum geht, die Menschheit von den Plagen schlimmer Krankheiten zu befreien, sondern schlicht darum, Geld zu machen. „Wir haben diese Arznei nicht für Inder entwickelt (...) Wir haben sie für westliche PatientInnen entwickelt, die sie sich auch leisten können“, sagte er über das Krebsmittel NEXAVAR, das gerade Gegenstand eines Rechtsstreits zwischen dem Pharma-Riesen und dem indischen Staat ist. BAYER ficht nämlich die Entscheidung der dortigen Patent-Behörde an, der Firma NATCO PHARMA erlaubt zu haben, eine preisgünstige Nachahmer-Version des patent-geschützten Pharmazeutikums herzustellen, weil sich PatientInnen in dem Land das 4.200 Euro pro Monat kostende Medikament sonst nicht leisten können.

USA kämpft um „NEXAVAR“-Patent
Die Entscheidung eines indischen Patentgerichtes, sich auf einen Paragrafen des Patentabkommen TRIPS zu berufen und der Firma NATCO PHARMA eine Zwangslizenz zur Produktion einer Generika-Version von BAYERs Krebsmittel NEXAVAR zu erteilen (s. o.), hat die US-amerikanische Regierung zu diversen Aktivitäten veranlasst. Bereits 2012 sicherte ein hochrangiges Mitglied der Obama-Administration dem Leverkusener Multi zu, in dieser Sache Druck auf die indische Regierung auszuüben. Im Kongress unterstützten auch die Republikaner diesen Kurs. Ihr Abgeordneter Bob Goodlatte drohte in der Debatte sogar damit, den Fall vor das Schiedsgericht der Welthandelsorganisation WTO zu bringen (Ticker 4/12). Mitte Dezember 2013 initiierte das US-Parlament unterdessen eine Anhörung zu der Frage. Neben einem Vertreter des Leverkusener Multis kamen dort allerdings auch KritikerInnen des Patent-Regimes das Wort. Und im März 2014 appellierten US-PolitikerInnen schließlich erneut an das Land, die Entscheidung rückgängig zu machen. Der indische Handelsminister Anand Sharma wies das Anliegen umgehend zurück. Was Indien getan habe, wäre eine Option, die allen Staaten offenstehe, so Sharma. Die Vereinigten Staaten akzeptieren diesen Standpunkt allerdings nicht und erwägen Sanktionen gegen den südasiatischen Staat.

KONZERN & VERGANGENHEIT

BAYER im Drogen-Museum
Ab 1898 vermarktete BAYER Heroin als Arznei. Der Leverkusener Multi bewarb die Droge als Therapeutikum für eine breite Palette von Krankheiten wie Husten, Multiple Sklerose, Asthma, Magenkrebs, Epilepsie und Schizophrenie. Sogar bei Darmkoliken von Säuglingen empfahl der Konzern das Produkt. Als KritikerInnen die Sicherheit des Stoffes in Frage stellten, forderte der damalige Generaldirektor Carl Duisberg, die Querulanten „mundtot zu schlagen“. Und obwohl schon bald kein Zweifel mehr am Suchtpotenzial bestand, führte das Unternehmen den gewinnbringenden Verkauf über Jahrzehnte hinweg fort. Darum fand der Dealer BAYER jetzt auch Eingang in das Drogen-Museum, das die auf Rauschgift-Kriminalität spezialisierte US-Strafverfolgungsbehörde DEA in Arlington eröffnete. Die BesucherInnen können dort etwa eine Werbe-Anzeige des Pharma-Riesen wie bestaunen, auf der eine treusorgende Mutter ihrer Tochter die Droge löffelweise als Medizin gegen Husten verabreicht.

POLITIK & EINFLUSS

Üppige Parteispenden des VCI

Der Leverkusener Multi spendet in der Bundesrepublik nicht selber an politische Parteien, weil das den Eindruck direkt gekaufter Entscheidungen erwecken könnte. Er überlässt den Job lieber dem „Verband der Chemischen Industrie“ (VCI). Die jüngst veröffentlichten Rechenschaftsberichte von CDU, SPD, FDP und Grünen weisen für das Jahr 2012 üppige Zuwendungen von Seiten des Lobby-Clubs aus. Die ChristdemokratInnen bekamen 44.000 Euro, die SozialdemokratInnen 34.000 und die FDP 24.500 Euro. Bündnis 90/Die Grünen – seit 2011 vom VCI mitbedacht – strichen 12.500 Euro ein. Nur „Die Linke“ erhielt kein Geld.

Akzeptanz-Beschaffer Garrelt Duin
Der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) reist unermüdlich durch die Lande, um das dank ihrer umstrittenen Infrastruktur-Projekte und umweltgefährdenden Produktionsanlagen angeschlagene Image der Konzerne aufzuhübschen. Mitte Februar 2013 machte er am BAYER-Standort Dormagen Station. Im Kreiskulturzentrum hielt der Sozialdemokrat eine Rede zum Thema „Nachhaltigkeit und Akzeptanz von Industrie und Wirtschaft“.

GroKo will Akzeptanz schaffen
Die Große Koalition dient sich BAYER & Co. als PR-Agentur an. Da Deutschland „seine starke wirtschaftliche Rolle einer besonders leistungsfähigen Industrie“ verdanke, das „öffentliche Bewusstsein für die Bedeutung“ der Konzerne aber abnehme, wie der Koalitionsvertrag konstatiert, planen SPD und CDU Gegenmaßnahmen. „Wir werden deshalb einen Dialog über die Rolle und das Selbstverständnis sowie die gesellschaftliche Akzeptanz einer zukunftsorientierten Industrie anstoßen“, drohen sie an.

BAYER & Co. gegen Hochschulreform
Im Jahr 2008 ging BAYER mit der Kölner Hochschule eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Pharma-Forschung ein. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und andere Initiativen befürchteten eine Ausrichtung der Arznei-Forschung auf Konzern-Interessen. Deshalb forderten die Organisationen eine Offenlegung des Vertrages. Die Universität verweigerte das jedoch, weshalb die CBG die Hochschule im Mai 2011 verklagte. In ihrem neuen Hochschulzukunftsgesetz will die rot-grüne Landesregierung bei solchen Kooperationen jetzt für ein bisschen mehr Transparenz sorgen. „Das Präsidium informiert die Öffentlichkeit in geeigneter Weise über Forschungsvorhaben (...), insbesondere über deren Themen, den Umfang der Mittel Dritter sowie über die Person des jeweiligen Dritten“, heißt es im Paragraf 71 des ReferentInnen-Entwurfs. Und sofort brach ein Sturm der Entrüstung los. „Sollte der Entwurf Gesetz werden, wird das nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der nordrhein-westfälischen Hochschulen (...), sondern auch den Wirtschaftsstandort NRW erheblich schwächen“, warnt der BDI. Die nordrhein-westfälischen Hochschulratsvorsitzenden, unter ihnen der dieses Amt an der Universität Köln bekleidende, 2013 aus dem BAYER-Vorstand ausgeschiedene Richard Pott, pflichteten bei. „Die Regelungen des § 71a sind von tiefem Misstrauen gegen Drittmittel-Einwerbung geprägt“, konstatieren sie und halten fest: „Themenscharfe Veröffentlichung von Drittmittel-Einwerbungen und -aufträgen führt zu Nachteilen im akademischen Wettbewerb.“ Die Zusammenarbeit von Universität und Industrie, die ihrer Meinung nach ein wesentlicher Baustein für Innovation und wirtschaftlichen Erfolg ist, sehen die Räte durch das Gesetzesvorhaben „auf das Empfindlichste“ gestört. Den Studierenden der Kölner Hochschule, dessen Rektor Axel Freimuth zu den vehementesten KritikerInnen des Paragrafen-Werkes gehört, geht die Landesregierung indes nicht weit genug. „Eine Transparenz bei den Drittmitteln zu schaffen, ist eines der höchsten Anliegen, die derzeit in der Studierendenschaft vorliegen. Leider werden aber auch mit dieser Regelung allein die Verträge noch nicht veröffentlicht“, bedauert der ASTA. Der ARBEITSKREIS ZIVILKLAUSEL DER UNIVERSITÄT KÖLN moniert zudem, dass für die Landesregierung die Offenlegungspflicht dort an Grenzen stößt, wo die Konzerne Geschäftsgeheimnisse gelten machen, wie es BAYER derzeit im Rechtsstreit mit der CBG tut. Da sich dieser Passus nur im Kleingedruckten des ReferentInnen-Entwurfs fand, hat Wissenschaftsministerin Svenja Schulze ihn den Konzernen zuliebe noch einmal präzisiert. Demnach können Unternehmen und Universitäten die Auskunft verweigern, wenn „ein Betriebsgeheimnis offenbart wird und dadurch die Gefahr eines wirtschaftlichen Schadens entsteht“. Allerdings gilt das nicht, „wenn die Allgemeinheit ein überwiegendes Interesse an der Gewährung der Information hat, und der Schaden nur geringfügig wäre“. Zudem sicherte Schulze den Kooperationspartnern noch zu, Details zu ihrer Zusammenarbeit erst nach Abschluss des jeweiligen Projekts bekanntgeben zu müssen.

Umweltministerium zweifelt am TTIP
Bei den Verhandlungen zum Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit den USA diktieren BAYER & Co. den PolitikerInnen die Agenda. Allein von Anfang 2012 bis April 2013 fanden 130 Treffen der EU-Bevollmächtigten mit Konzern-VertreterInnen oder Unternehmensverbänden statt. Für Mensch, Tier und Umwelt bedeutet das nichts Gutes. Das Umweltministerium warnt bereits vor den Folgen des Vertragswerks. „Bei TTIP bestehen grundsätzliche Gefahren aus umweltpolitischer Sicht“. Die Ministerin Barbara Hendricks (SPD) und ihre MitarbeiterInnen fürchten eine Senkung von Umwelt- und VerbraucherInnenschutz-Standards und eine Abkehr vom Vorsorge-Prinzip. Als Beispiele nennt das interne Papier die Zulassung von Chemikalien, Pestiziden und gen-manipulierten Pflanzen.

Remmel will Kohleausstiegsgesetz
Die Kohle-Verstromung, die bei BAYER ein Drittel des Energiemixes ausmacht, ist maßgeblich für den Klimawandel verantwortlich. Darum plant der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel von den Grünen ein Kohleausstiegsgesetz. „Der mittelfristige Ausstieg aus der klima-schädlichen Kohleverstromung ist somit ein zentraler Eckpfeiler einer Energie-Versorgung, die mit den im Klimaschutzgesetz verankerten CO2-Reduktionszielen im Einklang steht“, heißt es in dem Papier einer Arbeitsgruppe. Ob der Minister sich mit seinem Vorhaben durchsetzen kann, erscheint jedoch fraglich. Der Koalitionspartner SPD hat nämlich schon einmal Widerspruch angemeldet. So sagte Wirtschaftsminister Garrelt Duin: „Wenn man aus der Atomkraft 2022 aussteigt, kann man nicht 2040 aus der Kohle aussteigen, ohne massive Gefährdung der Versorgungssicherheit.“

BAYER-Aufsichtsrat leitet DGB
Der für die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE im BAYER-Aufsichtsrat sitzende Reiner Hoffmann wird neuer Vorsitzender des DEUTSCHEN GEWERKSCHAFTSBUNDES. Damit dürfte auch der Einfluss der traditionell konservativen und auf „Co-Management“ setzenden Einzelgewerkschaft innerhalb des DGB wachsen.

Gentechnik: Druck auf China
Ein Großteil der chinesischen Bevölkerung steht der Gentechnik skeptisch gegenüber. Deshalb hat die Regierung bisher den Anbau von Labor-Früchten nicht genehmigt. Und auch beim Import von Pflanzen mit verändertem Erbgut zeigt sich das Land zunehmend restriktiver. Seit im letzten Jahr an den Häfen eine Ladung Soja anlandete, das mit SYNGENTAs in dem Staat nicht zugelassenen Produkt AGRISURE VIPTERA kontaminiert war, ließen die Behörden ein Fünftel der Lieferungen wieder zurückgehen. Zudem nimmt sich das Reich der Mitte viel Zeit für Genehmigungsverfahren. BAYER & Co. kritisierten dieses Verhalten jetzt scharf. Chinas Umgang mit der Technologie sei „allzu politisch“, „intransparent“ und „unkalkulierbar“, monierte die Konzern-Vereinigung „American Chamber of Commerce“.

PROPAGANDA & MEDIEN

Kampagne gegen Patent-Gesetz
Mit Patenten auf Pharmazeutika sichern sich BAYER & Co. Monopol-Profite. Das macht die Arzneien besonders für Menschen in Armutsregionen unerschwinglich. Doch immer mehr Länder versuchen, ihrer Bevölkerung trotzdem den Zugang zu den benötigten Arzneien zu sichern. So hat etwa das „Indian Patent Office“ BAYERs Patent an dem Krebs-Medikament NEXAVAR aufgehoben und dem einheimischen Generika-Hersteller NATCO PHARMA eine Zwangslizenz zur Herstellung einer preisgünstigen Version erteilt (Ticker 2/12), wobei es sich auf einen Ausnahme-Paragraphen des internationalen Patentabkommens TRIPS berief. Und jetzt plant auch Südafrika, den Schutz des geistigen Eigentums patientInnen-gerechter zu gestalten. Das wollen die Pharma-Multis allerdings verhindern. Der US-amerikanische Pillenhersteller-Verband PhRMA engagierte für 450.000 Dollar eine PR-Agentur, um eine Kampagne gegen das Vorhaben zu starten. Wie aus einem internen Papier hervorgeht, besteht die Strategie von PUBLIC AFFAIRS ENGAGEMENT darin, negative wirtschaftliche Folgen der Reform auszumalen. „Stimmen innerhalb und außerhalb Südafrika mobilisieren, welche die Botschaft aussenden, dass die neue Patent-Politik Investitionen verhindert und so das ökonomische und soziale Wohlergehen bedroht“, schlägt das Dokument unter anderem vor. Es gibt auch detaillierte Empfehlungen zum Umgang mit den Argumenten von KritikerInnen, wie etwa die, vor allem keine Debatte über die Arznei-Preise aufkommen zu lassen. Der südafrikanische Gesundheitsminister, der Mediziner Aaron Motsoaledi, nannte das Konzept einen Plan „satanischen Ausmaßes“, das versuche, einen „Genozid“ vorzubereiten.

Kampagne gegen Vorsorge-Prinzip
„Wichtig ist vor allem, dass in der Gesellschaft ein Klima vorherrscht, Neuem aufgeschlossen gegenüberzustehen. Wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass die Menschen aus Angst vor Risiken die Chancen gar nicht erst wahrnehmen wollen“, diesen Sermon predigt BAYER-Chef Marijn Dekkers bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit. Im Oktober 2013 fand er sogar Partner dafür. Gemeinsam mit den Bossen von SYNGENTA, NOVARTIS, DOW CHEMICAL, HENKEL und anderen Unternehmen setzte er in der Sache einen Offenen Brief an die EU-Kommission auf. In dem Schreiben drückten Dekkers & Co. ihre tiefe Besorgnis über die Art und Weise aus, wie die Europäische Union mit dem Gefährdungspotenzial von Neuentwicklungen umgeht. „Innovationen sind per definitionem mit Risiken verbunden“, halten die Konzern-Lenker fest. Deshalb fordern sie Brüssel auf, bei Genehmigungsverfahren nicht mehr bloß das Vorsorge-Prinzip, sondern auch das „Innovationsprinzip“ zu berücksichtigen.

IVA übt sich in Pestizid-Panikmache
Im Jahr 2009 verabschiedete die Europäische Union eine Pestizid-Verordnung mit dem Ziel, bis 2011 besonders gefährliche Ackergifte aus dem Verkehr zu ziehen. Auf der Schwarzen Liste befanden sich mit Glufosinat, Carbendazim, Mancozeb, Tebuconazole, Bifenthrin und Thiacloprid unter anderem sechs Wirkstoffe, die auch in BAYER-Mitteln enthalten sind. Aber die EU hatte Erbarmen mit dem Leverkusener Multi und den anderen Agrar-Riesen. Sie verlängerte den Mitteln 2011 die Galgenfrist bis Ende 2017. Die Konzerne nutzten die Zeit jedoch nicht, um Alternativ-Produkte zu entwickeln. Stattdessen betreibt der „Industrieverband Agrar“ nun Panikmache. „Landwirten gehen bald die Mittel aus“, warnte er Mitte Januar 2014 in einer Presse-Mitteilung und konstatierte: „Das System steuert auf den Kollaps zu.“

TIERE & ARZNEIEN

PAN kritisiert Tierarznei-Rückstände
BAYER und andere Pharma-Konzerne liefern massenhaft Arzneien an die MassentierhalterInnen. Ein nicht geringer Teil dieser Mittel gelangt über die Ausscheidungen von Schwein & Co. in die Umwelt und belastet Böden und Gewässer. Das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN) sieht deshalb Handlungsbedarf. Es fordert, die Zulassungsverfahren für die Veterinär-Produkte um eine Umweltprüfung zu ergänzen und besonders schädliche Stoffe nicht länger zu genehmigen. Zudem verlangt PAN, die Verkaufs- und Rückstandsmengen systematisch zu erfassen – und nicht zuletzt, auf eine artgerechtere, weniger auf Pharmazeutika setzende Fleisch-Produktion umzusteigen.

DRUGS & PILLS

Noch mehr XARELTO-Tote
Die Zahl der durch BAYERs Gerinnungshemmer XARELTO verursachten Todesfälle stieg im letzten Jahr von 58 auf 133. Das ergab eine Anfrage der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN beim „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM). Zudem gingen 2013 bei der Behörde 1.399 Meldungen über schwere Nebenwirkungen ein. Ein alarmierender Befund, denn längst nicht alle MedizinerInnen informieren die zuständigen Stellen über beobachtete Nebenwirkungen. Das Bundesinstitut sieht jedoch keinen Grund zur Besorgnis. Es erklärt die Entwicklung mit der Zunahme der Verschreibungen und bemerkt zu den 133 Toten: „Diese Zahl bedeutet aber nicht zwingend, dass eine oder mehrere der beschriebenen Nebenwirkungen unmittelbar ursächlich für den tödlichen Verlauf waren.“

Kein XARELTO für ACS
Der Leverkusener Multi scheiterte auch beim dritten Versuch, in den USA eine Zulassung für seinen Gerinnungshemmer XARELTO zur Behandlung der Herzkrankheit ACS zu erhalten. Die Gesundheitsbehörde hatte die Genehmigung immer wieder herausgezögert und dabei auf die Unterschlagung von drei Todesfällen, den Ausschluss unerwünschter ProbandInnen sowie fehlende Informationen über den Gesundheitszustand der TeilnehmerInnen nach Ende der klinischen Prüfungen verwiesen. Sie forderte stattdessen neues Zahlen-Material an. Dieses lieferten der Pharma-Riese und sein US-amerikanischer Partner JOHNSON & JOHNSON dann zwar auch, aber nach Ansicht der FDA-ExpertInnen reichten die Unterlagen nicht aus, um die Bedenken hinsichtlich lebensgefährlicher Blutungen zu zerstreuen. „Die Therapie hat Vor- und Nachteile, und in diesem Kontext kommt der Qualität der Daten eine besondere Bedeutung zu“, so begründete das Gremiumsmitglied Steven Nissen im Januar 2014 die Entscheidung, keine Genehmigungsempfehlung auszusprechen. Und die Behörde richtete sich danach: Vier Wochen später sagte sie endgültig „Nein“.

Asthma durch ASPIRIN
ASPIRIN und andere Schmerzmittel können bei PatientInnen, die an Nasen-Erkrankungen wie Polypen oder angeschwollenen Schleimhäuten leiden, Asthma-Anfälle und andere Unverträglichkeitsreaktionen auslösen. MedizinerInnen sprechen dabei vom Analgetika-Asthma-Syndrom oder auch einfach nur von Schmerzmittel-Asthma.

Schlank durch ASPIRIN?
Nach einer Studie des Mediziners Simon Hawley von der schottischen „University of Dundee“ kann ASPIRIN die Fettverbrennung forcieren und so das Abnehmen befördern. Allerdings sind dazu hohe Dosen nötig, was wegen der ASPIRIN-Nebenwirkung „Blutungen“ große Risiken birgt.

Comeback für DIANE
In Deutschland und Frankreich hat BAYERs Hormon-Präparat DIANE 35 nur eine Zulassung als Arznei zur Behandlung von Haut-Krankheiten. Im Nachbarland haben jedoch mehr als 300.000 Frauen die Pille mit den Wirkstoffen Ethinylestradiol und Cyproteronacetat auch zur Verhütung eingenommen – was dem Leverkusener Multi nur schwerlich entgangen sein dürfte. Vier der Nutzerinnen bezahlten das mit ihrem Leben: Das Mittel hatte todbringende Thrombosen ausgelöst. Nach Bekanntwerden der Fälle zog die staatliche Arznei-Aufsicht ANSM das Pharmazeutikum aus dem Verkehr und forderte die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA auf, die Sicherheit von DIANE zu überprüfen. Obwohl die Einrichtung dem Produkt ein positives Nutzen/Risiko-Profil bescheinigte, wollte die ANSM es nicht wieder freigeben. Mitte Januar 2014 kam es aber doch zu einer Einigung mit dem Leverkusener Multi, weshalb dieser die Pille im Nachbarland nun wieder auf den Markt bringen darf.

FDA gibt ESSURE-Entwarnung
2013 hat BAYER das US-amerikanische Pharma-Unternehmen CONCEPTUS erworben und mit ihm das Medizin-Produkt ESSURE. Dabei handelt es sich um ein ohne Hormone auskommendes Mittel zur Sterilisation, dessen Entwicklung die „Bill & Melinda Gates Stiftung“ in der Erwartung gefördert hat, es in seinen Familienplanungsprogrammen für „Entwicklungsländer“ einsetzen zu können. Implantieren MedizinerInnen der Frau die kleine Spirale, wofür keine Vollnarkose nötig ist, so sorgen Kunststoff-Fasern für ein so großes Wachstum des Bindegewebes, dass es die Eileiter verschließt. Allerdings gehen von dem Präparat beträchtliche Gesundheitsgefahren aus. Im Oktober 2013 erhielt die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA sogar einen Bericht über einen mutmaßlich von ESSURE ausgelösten Todesfall. Insgesamt gingen bei der Einrichtung bis Oktober 2013 943 Meldungen über schwere Nebenwirkungen ein. Blutungen, Hautausschläge, Kopfschmerzen, Übelkeit und Allergien gehörten dazu, manche Frauen mussten sich sogar die Gebärmutter entfernen lassen. Wegen dieser Risiken und Nebenwirkungen haben sich in den Vereinigten Staaten schon Selbsthilfegruppen gegründet. Zudem hat die Aktivistin Erin Brockovich, die durch einen Hollywood-Film über ihr Umwelt-Engagement zu großer Popularität gelangte, eine Kampagne initiiert. Dieser öffentliche Druck hat die FDA jetzt zu einer Überprüfung des Gefährdungspotenzials von ESSURE veranlasst. Die Gesundheitsbehörde sieht allerdings keinen Anlass zur Beunruhigung. Sie wertete die noch von CONCEPTUS durchgeführte Post-Zulassungsuntersuchung aus und kam zu dem Ergebnis: „Die Studie weist nicht auf neue Sicherheitsprobleme oder eine Häufung der schon bekannten Probleme hin.“ Der Leverkusener Multi kann die Spirale also unbeschwert weiter vermarkten und sich über die Gewinne freuen. Allein im Zeitraum von Juni bis Ende Dezember 2013 setzte er damit 74 Millionen Euro um.

BAYER verkauft KYTHERA
Der Leverkusener Multi hatte gemeinsam mit dem Unternehmen KYTHERA eine Substanz entwickelt, die – unter die Haut gespritzt – kleinere Fettpolster am Kinn auflösen soll. Der Zulassungsantrag für das Lifestyle-Präparat mit der vorläufigen Bezeichnung ATX-101 liegt der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA schon vor. Im März 2014 gab BAYER die Vertriebsrechte jedoch an KYTHERA zurück. Er erhielt dafür Firmen-Anteile im Wert von 33 Millionen Dollar sowie einen Schuldschein in Höhe von 51 Millionen Dollar. Zudem hat sich der Pharma-Riese eine Beteiligung an dem zu erwartenden Umsatz zusichern lassen. „Unsere Beteiligung an KYTERA zeigt, dass wir weiterhin an das Potenzial von ATX-101 glauben“, betont Konzern-Managerin Erica Mann. Andere warnen indessen vor dem Medikament. Der Pharmazeut Gerd Glaeske etwa befürchtet, die zerstörten Fettzellen könnten im Körper umherwandern, zusammenklumpen und Gefäß-Verschlüsse oder Schlaganfälle verursachen. Zudem prophezeit er Hautschäden an den behandelten Stellen.

BAYER kauft ALGETA
Der Leverkusener Multi hat für 2,1 Milliarden Euro das Unternehmen ALGETA erworben. Damit besitzt der Pharma-Riese nunmehr die alleinigen Rechte an dem von ALGETA entwickelten Strahlentherapie-Medikament XOFIGO, die er sich zuvor im Rahmen eines Kooperationsvertrages noch mit dem norwegischen Konzern teilen musste. Die in den USA und Europa bereits zugelassene Arznei kommt bei der Prostatakrebs-Art CRPC zum Einsatz, wenn eine Hormon-Behandlung erfolglos geblieben ist und sich zudem noch Metastasen im Knochen gebildet haben. Dann soll eine radioaktive Bestrahlung mit dem Wirkstoff Radium-223-Dichlorid das Wachstum der Tumor-Zellen hemmen. Bei den Klinischen Tests verhalf das den PatientInnen jedoch nur zu einem noch nicht einmal drei Monate längeren Leben. BAYER-Chef Marijn Dekkers setzt trotzdem große Hoffnungen in das Strahlentherapeutikum: „Wir sind absolut überzeugt vom Potenzial dieses Medikamentes.“ Der Holländer sieht durch den Zukauf die Onkologie-Sparte gestärkt, die zu den gewinnträchtigsten im Pillen-Bereich zählt. Auf dem globalen Pharma-Markt sorgten Krebsmedikamente 2012 mit 61,6 Milliarden Dollar für den höchsten Umsatz.

BAYER kauft DIHON
Der Leverkusener Multi hat das chinesische Unternehmen DIHON erworben, das freiverkäufliche Medizinprodukte herstellt, darunter Mittel gegen Hautkrankheiten und Arzneien auf pflanzlicher Basis. Die Gesellschaft erwirtschaftete 2012 mit 2.400 Beschäftigten einen Umsatz von 123 Millionen Euro und hat unter anderem in Tansania, Nigeria, Vietnam, Myanmar und Kambodscha Niederlassungen. Zu den bekanntesten DIHON-Produkten zählen SKINEAL zur Behandlung von Pilz-Infektionen der Haut und HAICUEAL, das bei Schuppen und anderen Kopfhaut-Problemen Verwendung findet. Der Pharma-Riese will mit der Akquisition jedoch nicht nur sein Angebot mit nicht rezeptpflichtigen Produkten erweitern. „Gleichermaßen wichtig ist für uns hierbei der Einstieg in das Gebiet der traditionellen chinesischen Medizin“, betont der „BAYER HEALTH CARE“-Vorsitzende Dr. Olivier Brandicourt. Dieses Gebiet hat nämlich bei den freiverkäuflichen Pharmazeutika einen Marktanteil von 50 Prozent, und dafür weicht der Global Player auch gerne mal vom schulmedizinischen Pfad ab. Aus ähnlichem Kalkül hat er vor kurzem das Naturheilmittel-Unternehmen STEIGERWALD erstanden. Und jetzt hofft Brandicourt auf Synergie-Effekte: „Wir gehen davon aus, dass sich durch eine Kombination des kürzlich von STEIGERWALD erworbenen Geschäfts mit der Expertise und dem pflanzlichen (...) Portfolio von DIHON ein zusätzlicher Nutzen für beide Bereiche erzielen lässt.“

Kooperation mit dem „Broad Institute“
BAYER hat mit dem in Cambridge ansässigen „Broad Institute“ eine Zusammenarbeit vereinbart. Die beiden Partner wollen gemeinsam Krebs-Medikamente entwickeln, die gezielt auf die Erbanlagen von Tumorzellen einwirken.

Kooperation mit INCEPTION
Augen-Arzneien gehören zum Kerngeschäft von BAYERs Pharma-Sparte. So machte er mit dem Gentech-Präparat EYLEA zur Behandlung der feuchten Makula-Degeneration – einer Augenerkrankung, die zur Blindheit führen kann – 2013 einen Umsatz in Höhe von 473 Millionen Euro. Darum will der Leverkusener Multi nun weitere Medikamente für dieses Therapiefeld auf den Markt bringen. Allerdings sourct er die Entwicklung aus: Er beauftragte das Unternehmen INCEPTION SCIENCES mit den entsprechenden Arbeiten.

Weniger Rabatt und Nutzenbewertung
Im Jahr 2011 hatte die damalige Bundesregierung eine Kosten/Nutzen-Bewertung von neuen Medikamenten und ein Preis-Moratorium eingeführt. So wollte sie die Pillen-Ausgaben auf ein vernünftiges Maß zurückführen. Bis die Regelung Ergebnisse zeitigt, sollten BAYER & Co. – befristet bis Anfang 2014 – auf Arznei-Innovationen nicht mehr wie bisher sechs, sondern 16 Prozent Rabatt gewähren. Doch das Instrument des Pharmazeutika-TÜVs verfehlte das Einspar-Ziel von mehr als einer Milliarde Euro mit bisher 120 Millionen deutlich. Darum will die Große Koalition den Rabatt nun auf sieben Prozent festlegen und sich weitere Erhöhungen vorbehalten. Der von BAYER gegründete „Verband der forschenden Arzneimittel-Hersteller“ (VFA) rechnet 2014 wegen des Auslaufens der 16-Prozent-Zwischenlösung mit einem Geldsegen für die Branche. Eine Gewinn-Steigerung von 4,7 Prozent auf 40 Milliarden Euro prophezeit er, während die Krankenkassen Mehraufwendungen in Höhe von zwei Milliarden Euro erwarten. Trotzdem verzichten SPD und CDU auch noch darauf, die Kosten/Nutzen-Bewertung auf die alten Pillen auszuweiten und gaben damit einer Forderung des Leverkusener Multis und anderer Pharma-Riesen nach. Die „Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft“ (AkdÄ) kritisierte das scharf. „Die Nutzenbewertung für bereits auf dem Markt befindliche Arzneimittel ist für eine qualitativ hochwertige und wirtschaftliche Arzneimittel-Versorgung unentbehrlich“, so der Vorsitzende Wolf-Dieter Ludwig.

Verschärfte Kosten/Nutzen-Bewertung?
Die Kosten/Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln hat bisher nicht die gewünschten Einsparungen erbracht (s. o.) Darum plant die Große Koalition Änderungen. Künftig soll die Schiedsstelle auch festlegen, was ein Medikament höchstens kosten darf, und nicht mehr wie bisher nur die Höhe des Abschlags. Die alte Regelung hatte für BAYER & Co. den Vorteil, den Listenpreis einer Arznei nicht zu tangieren, der beispielsweise bestimmt, wieviel der Leverkusener Multi im Ausland für seine Pharmazeutika verlangen kann. Darum reagierten die Pharma-Riesen scharf. Der von BAYER gegründete „Verband der forschenden Arzneimittel-Hersteller“ (VFA) nannte das Vorhaben einen Eingriff von „fundamentaler ordnungspolitischer Bedeutung“.

FDA in der Kritik
ForscherInnen der „Yale University“ haben die Arzneimittel-Zulassungspraxis der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA untersucht und dabei gravierende Mängel festgestellt. Obwohl die Einrichtung laut Statut eigentlich zwei Studien zur Bedingung einer Genehmigung macht, gibt sie sich in einem Drittel der Fälle mit nur einer Untersuchung zufrieden, monierten die WissenschaftlerInnen. Zudem kritisierten die MedizinerInnen, dass die Tests, selbst wenn es sich um Medikamente für chronisch Kranke handelte, zum überwiegenden Teil nur ein halbes Jahr dauerten und sich die Hälfte der Erprobungen gar nicht dem Krankheitssymptom selbst, sondern einer abgeleiteten Größe wie etwa dem Blutwert widmeten.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Schärfere GAUCHO-Grenzwerte
Das BAYER-Pestizid GAUCHO steht seit Jahren wegen seiner bienenschädigenden Wirkung in der Kritik. Im Frühjahr 2013 entschloss sich die EU deshalb endlich, die Ausbringung auf solchen Pflanzen, deren Pollen Bienen zur Nahrung dienen, für zunächst zwei Jahre zu verbieten. Das zur Gruppe der Neonicotinoide gehörende Ackergift mit dem Wirkstoff Imidacloprid birgt jedoch noch andere Gefahren. So kann es einer neuen japanischen Studie zufolge durch seine nikotin-ähnliche Wirkung die Entwicklung des Embryos im Mutterleib stören und Schädigungen an seinem Nervensystem hervorrufen. Die „Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit“ (EFSA) reagierte für ihre Verhältnisse ungewöhnlich schnell und riet zu schärferen Grenzwerten für imidacloprid- und acetamiprid-haltige Produkte. BAYER zeigte sich verschnupft: „Wir sind überrascht, dass die EFSA hauptsächlich auf der Basis von simplen Zellkultur-Experimenten empfahl, eine Veränderung der Imidacloprid-Zulassung vorzunehmen.“

PFLANZEN & SAATEN

Saatgut-Markt: BAYER Nr. 9
Die zehn größten Saatgut-Unternehmen der Welt beherrschen nach der von den Grünen im Europa-Parlament in Auftrag gegebenen Studie „Concentration of Market Power in the EU Seed Market“ mehr als die Hälfte des globalen Geschäfts. Sie kommen insgesamt auf einen Marktanteil von 62 Prozent. BAYER belegt in dieser Rangliste mit einem Wert von 2,2 Prozent den neunten Platz. Auf EU-Ebene hat der Leverkusener Multi vor allem im Tomaten-Bereich eine starke Stellung. Gemeinsam mit MONSANTO, SYNGENTA, LIMAGRAIN und RIJKZWAAN kontrolliert der Konzern 45 Prozent des Handels mit der Gemüse-Art.

Keine neue Saatgut-Verordnung
Anfang Mai 2013 hatte die EU-Kommission einen Entwurf für eine neue Saatgut-Verordnung präsentiert. Dieser stärkt die Position von Industrie-Saatgut. So gestattet die Vorlage BAYER & Co., die Qualitätskontrolle für ihre Produkte selber zu übernehmen. Zudem macht sie es alten und lokalen Sorten schwerer, einen Marktzugang zu erhalten, was die Artenvielfalt bedroht. Aber gegen diese Pläne formierte sich Widerstand, der Erfolg zeigte. Im März 2014 lehnte das EU-Parlament das Vorhaben ab und brachte es damit zum Scheitern.

GENE & KLONE

1507-Mais vor der Zulassung
In der EU steht der Genmais 1507 vor der Zulassung. Nachdem sich bei einer Sitzung der EU-UmweltministerInnen – auch wegen der Enthaltung der Bundesregierung – keine ausreichende Mehrheit für eine Ablehnung gefunden hatte, entschloss sich EU-Kommission, die Laborfrucht von PIONEER und DOW AGROSCIENCES für den Anbau zuzulassen. Diese enthält den „Bacillus thuringiensis“ (Bt) in einer Gift-Konzentration, welche diejenige von MONSANTOs 810-Mais um das 350fache übersteigt. Zudem verfügt die Pflanze über eine Resistenz gegen die BAYER-Agrochemikalie Glufosinat, deren Tage in Europa allerdings gezählt sind. Nicht nur deshalb reagierte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN mit Unverständnis auf das Votum der Europäischen Union. „Es ist vollkommen unverständlich, warum die EU eine Genpflanze mit einer eingebauten Resistenz gegen ein Pestizid zulassen will, das wegen seiner Gefährlichkeit bereits in drei Jahren vom Markt verschwinden soll.“ Zu den zahlreichen KritikerInnen der Entscheidung zählte auch das „Bundesamt für Naturschutz“. „Mit dem aktuellen Vorschlag der Kommission vom 6. November 2013 würde 1507-Mais ohne ausreichende Risiko-Prüfung sowie ohne ausreichendes Risiko-Management und Monitoring zugelassen“, hält die Behörde fest. Wie wichtig ein solcher Sicherheitscheck gewesen wäre, zeigt sich unter anderem daran, dass die Sorte sich klammheimlich schon auf hiesige Äcker geschlichen hat: Das niedersächsische Landesumweltamt hat 2013 in konventionellen Mais-Kulturen 1507-Spuren gefunden. Auch von Erfahrungen aus der Praxis hat sich die EU bei ihrer Entscheidung nicht groß irritieren lassen, sonst hätte sie das Gewächs wohl kaum genehmigt. In Brasilien etwa haben sich die Schadinsekten nämlich bereits an das Gen-Konstrukt gewöhnt, weshalb die LandwirtInnen trotz Erhöhung der Chemie-Dosis mit Ernte-Ausfällen kämpfen. Ob der Mais wirklich die bundesdeutschen Felder heimsuchen wird, steht allerdings noch in Frage: Gegenwärtig berät die Europäische Union über eine Richtlinie, die es den Mitgliedsländern gestattet, selbstständig über den Anbau von 1507 & Co. zu entscheiden.

Gentests in Indien
In Indien hat sich die gen-manipulierte Baumwolle durchgesetzt. Auf dreiviertel aller Felder wachsen meist von MONSANTO produzierte Laborfrüchte. Aber auch BAYER drängt in den Markt. So führt der Leverkusener Multi in dem südasiatischen Staat derzeit zwei Freisetzungsversuche durch. Er testet dort die glyphosat-resistente und zusätzlich noch mit dem für Insekten tödlichen Bacillus thuringiensis (Bt) bestückte Sorte GHB119 und das glufosinat-resistente und Bt-bewehrte Produkt T304-40.

Vermarktung von Gentech-Raps
BAYER hat 2013 mit der Vermarktung des Gentech-Raps’ „IH 50 RR“ in Australien begonnen. Die Laborfrucht auf Basis der von MONSANTO entwickelten „ROUNDUP READY“-Technologie ist mit einer Resistenz gegen das Herbizid Glyphosat ausgestattet.

EYLEA: kein Zusatznutzen
BAYERs zur Therapie der feuchten Makula-Degeneration – einer Augenerkrankung, die zur Blindheit führen kann – zugelassene Augen-Arznei EYLEA (Ticker 2/12) erschließt nicht gerade medizinisches Neuland. In den klinischen Prüfungen gelang es dem Gentech-Medikament nicht, das NOVARTIS-Präparat LUCENTIS zu übertrumpfen, was der Leverkusener Multi auch selbst einräumen musste. Laut Konzern zeigte das Pharmazeutikum in Tests lediglich „eine vergleichbare Wirkung (‚Nicht-Unterlegenheit’) gegenüber der Behandlung mit LUCENTIS“. Das „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ (IQWIG) erkannte im Januar 2014 ebenfalls keinen Zusatznutzen. Deshalb ist der Pharma-Riese jetzt gezwungen, sich bei der Preisgestaltung an den altbewährten Mitteln zu orientieren.

EYLEA-Forschungskooperationen
473 Millionen Euro Umsatz hat BAYER im Geschäftsjahr 2013 mit seinem Augen-Präparat EYLEA gemacht. Darum setzt der Leverkusener Multi trotz nicht gerade berauschender Heilungserfolge (s. o.) des gentechnisch hergestellten Medikaments weiter auf dieses Therapiefeld. So vereinbarte er nicht nur mit INCEPTION SCIENCES (siehe DRUGS & PILLS), sondern auch mit REGENERON eine Kooperation. Das US-Unternehmen entwickelt für den Pharma-Riesen einen Antikörper, der in Kombination mit EYLEA zum Einsatz kommen soll.

WASSER, BODEN & LUFT

CO2-Emissionen steigen
Im Geschäftsjahr 2013 sind bei BAYER die klima-schädigenden Kohlendioxid-Emissionen abermals gestiegen. Sie erhöhten sich von 8,36 auf 8,37 Millionen Tonnen.

Weniger ODS- und VOC-Ausstoß
Nicht nur Kohlendioxid wirkt klima-schädigend. Das tun auch andere, unter dem Begriff „Ozone Depleting Substances“ (ODS) subsummierte Stoffe. Deren Ausstoß verringerte sich bei BAYER im Geschäftsjahr 2013 ebenso wie derjenige der flüchtigen organischen Substanzen (VOC), weil sich auf der Dauerbaustelle am indischen Standort Vapi, der für ein Gutteil dieser Emissionen sorgt, endlich etwas zu tun scheint. Die Werte reduzierten sich von 16,3 auf 15,7 bzw. von 2,60 auf 2,27 Tonnen.

Etwas weniger Luftverschmutzung
Im Geschäftsjahr 2013 bliesen die BAYER-Schlote mit 900 Tonnen 100 Tonnen Kohlenmonoxid weniger in die Luft als 2012. Der Schwefeloxid-Ausstoß verringerte sich von 3.100 auf 2.500 Tonnen, und der Stickstoff-Ausstoß ging von 1.900 auf 1.300 Tonnen zurück. Die Feinstaub-Emissionen verharrten dagegen bei 200 Tonnen.

Konstant hohe Wasser-Belastung
BAYERs Einleitungen von Schadstoffen in Gewässer verharrten 2012 auf konstant hohem Niveau. Die Emissionen von organisch gebundenem Kohlenstoff legten von 1.420 auf 1.530 Tonnen zu, diejenigen von Stickstoff bewegten sich weiter um die 700 Tonnen. Die Schwermetall- und Phosphor-Frachten reduzierten sich dagegen etwas, sie senkten sich von 9,8 auf 9,1 Tonnen bzw. von 150 auf 110 Tonnen ab. Auch mussten die Flüsse nicht mehr ganz so viel anorganische Salze aufnehmen. Das Volumen schrumpfte von 1.048.000 auf 946.000 Tonnen.

Wasser-Schadstoff PCB
2008 hat die EU eine Schwarze Liste mit 33 Stoffen veröffentlicht, die eine besonders große Belastung für die Gewässer darstellen und die Mitgliedsstaaten aufgefordert, bis zum Jahr 2021 Vorschläge zur Reduzierung der Einträge vorzulegen. Im letzten Jahr ergänzte Brüssel die Aufstellung um elf Substanzen. Unter ihnen befinden sich auch die vom Leverkusener Multi bis zu ihrem endgültigen Verbot 1989 massenhaft hergestellten Polychlorierten Biphenyle (siehe AKTION & KRITIK). Das PCB befindet sich damit in der schlechten Gesellschaft der anderen von der Europäischen Union inkriminierten Wasserverschmutzer made by BAYER wie Chlorpyrifos, Dichlormethan, Diuron, Endosulfan, Fluoranthen, Hexachlorcyclohexan, Blei, Quecksilber, Nickel, Nonylphenol, Trichlormethan und Trifluralin.

Sanierungsmaßnahmen in Hagerstown
Bis Mitte der 1980er Jahre haben BAYER und andere Chemie-Multis ihre Pestizid-Wirkstoffe im US-amerikanischen Hagerstown zu fertigen Produkten weiterverarbeiten lassen. Die Veredelungsprozesse führten zu massiven Verunreinigungen des Bodens, des Grundwassers und der nahe gelegenen Oberflächen-Gewässer. Die US-amerikanische Umweltbehörde EPA fand unter anderem Spuren der Ackergifte DDT, Lindan, Dieldrin und Aldrin sowie Blei und Arsen. Auf ca. 250.000 Dollar schätzt sie die Aufwändungen für die Sanierung der Schäden. An diesen Kosten müssen sich außer dem Leverkusener Multi noch 15 weitere Firmen beteiligen.

Brückenbau auf Deponie-Gelände
Die Deponie Dhünnaue diente BAYER von 1923 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs als Giftmüll-Schlucker. Danach ließ der Leverkusener Multi nicht nur Gras über die Sache wachsen, sondern auch 220 Wohneinheiten sowie eine Schule, einen Kindergarten und ein Altersheim. Die Folge: Allein in der Hauptschule am Rand des Geländes traten 15 Krebserkrankungen und fünf Todesfälle auf. Die notwendigen Sanierungsmaßnahmen begannen erst in den 1990er Jahren. Der Konzern trug das verseuchte Erdreich jedoch keineswegs ab und umschloss es auch nicht vollständig. Lediglich zum Rhein hin sicherte er die Altlast mit Spundwänden ab. Deshalb ist es erforderlich, stündlich 750 Kubikmeter verseuchtes Wasser abzupumpen und zu reinigen – über Jahrhunderte hinweg. Und deshalb müssen jetzt auch die Sondierungsarbeiten zum Bau einer Autobahn-Brücke auf dem Areal äußerst vorsichtig verlaufen. Jedes Bohrloch birgt bis zu zwei Tonnen Sondermüll, was die Beschäftigten dazu nötigt, einen Ganzkörperschutz zu tragen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) fordert eine vollständige Sicherung des Geländes auf Kosten des Global Players, die Übernahme aller Folgekosten sowie einen Gedenkstein für die Opfer. „Die entstehenden Mehrkosten beim Bau der Autobahn müssen von BAYER getragen werden. Umwelt und Anlieger haben jahrzehntelang unter der Gift-Belastung gelitten. Der Öffentlichkeit dürfen nicht noch weitere Folgekosten entstehen“, so Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG.
Gas-Kraftwerk in Leverkusen
Wie in Krefeld plante BAYER auch in Leverkusen ursprünglich ein Kohlekraftwerk. Und wie in Krefeld entschied sich der Chemie-Multi nach massivem Protest gegen den Bau der klima-schädigenden Dreckschleuder und stattdessen für ein Gas- und Dampfkraftwerk. Während er die Entscheidung in Krefeld 2013 aber erst einmal widerrief und sich zwei Jahre Bedenkzeit einräumte, gibt es am Stammsitz nach ebenfalls langem Hin und Her nun eine Vorentscheidung. Der Betreiber REPOWER hat im März 2014 einen Vorvertrag für die Anlage geschlossen, die den Chemie-„Park“ mit 570 Megawatt Strom pro Stunde versorgen soll.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Schärferer Bisphenol-Grenzwert?
BAYER ist mit einer Jahresproduktion von ca. einer Million Tonnen einer der größten Produzenten der Industrie-Chemikalie Bisphenol A. Drei Prozent davon finden in Lebensmittel-Verpackungen wie etwa Konservendosen Verwendung. Die Substanz ähnelt in ihrem chemischen Aufbau Hormonen, was Auswirkungen auf den menschlichen Stoffwechsel hat und zu Schädigungen des Nervensystems, Übergewicht, Unfruchtbarkeit, Diabetes sowie Herz- und Lebererkrankungen führen kann. Deshalb steht der Stoff seit Jahren in der Kritik. Die EU, die im März 2011 bereits seine Verwendung in Babyflaschen untersagt hatte (Ticker 1/12), plant jetzt eine Verschärfung des Grenzwertes. Sie will eine Belastung nur noch bis zu fünf Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht tolerieren (bisher 50 Mikrogramm). Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) begrüßt dieses Vorhaben, fordert jedoch weitere Maßnahmen. „Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung. Nun muss ein Bisphenol A-Verbot in Trinkflaschen, Spielzeug und Lebensmittel-Verpackungen folgen. Hormonaktive Substanzen haben in Produkten des täglichen Bedarfs absolut nichts verloren! Die Leugnung der Risiken durch BAYER, DOW und Co. darf nicht weiter zur Gefährdung der Verbraucher führen“, heißt es in der CBG-Presseerklärung.

Greift Bisphenol A die Zähne an?
Trotz guter Zahnpflege breitet sich unter Kindern eine neue Krankheit aus. Ihre Zähne haben wegen einer unzureichenden Mineralisation nicht genügend Festigkeit und zersetzen sich langsam. „Molar-Incisor-Hypomineralisation“ (MIH) nennen MedizinerInnen diese Gesundheitsstörung, von der ca. 10 Prozent der SchülerInnen betroffen sind. Als Auslöser von MIH haben WissenschaftlerInnen die von BAYER in rauen Mengen hergestellte Industrie-Chemikalie Bisphenol A (s. o.) in Verdacht, die etwa bei der Produktion von Plastik-Flaschen und anderen Lebensmittel-Verpackungen zum Einsatz kommt. In Tierversuchen störte sie nämlich die Mineralisation der Zähne von Ratten. Der Mediziner Dr. Norbert Krämer von der Gießener Poliklinik für Kinder-Zahnheilkunde rät deshalb zur Vorsicht: „Das Trinken aus der Plastikflasche würde ich abstellen.“ Auch empfiehlt er, auf Lebensmittel zu verzichten, deren Hüllen Bisphenol-Anteile aufweisen.

CO & CO.

Marode Alt-Pipeline
Nicht nur die zwischen den BAYER-Werken Dormagen und Krefeld verlegte Kohlenmonoxid-Pipeline wirft Sicherheitsfragen auf. Auch die in den 1960er Jahren zwischen Dormagen und Leverkusen gebaute Leitung, die der Leverkusener Multi seit 2001 für den Transport von CO nutzt, ohne von der Bezirksregierung dafür mit einem neuen Genehmigungsverfahren oder schärferen Auflagen behelligt worden zu sein, hat gravierende Mängel. Das musste die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN nach Einsichtnahme in die Behörden-Bescheide und Untersuchungsberichte feststellen. Besonders dort, wo die Pipeline den Rhein unterquert, zeigen sich Korrosionsschäden, also Abnutzungserscheinungen an den Bau-Bestandteilen. So treten an diesem Rhein-Düker nach einem Bericht des TÜV Rheinland „gravierende externe Materialverluste“ auf, weswegen jener „nicht dem Stand der Technik“ entspreche. Damit nicht genug, beträgt die mittlere Verlegungstiefe des Röhren-Werks nur ein Meter, und kein Warnband (Geogrid) weist auf seine Existenz hin. Der Leverkusener Multi sieht jedoch keinen Grund zur Beunruhigung: „Die Leitung wird sicher betrieben, ständig überwacht und regelmäßig kontrolliert.“ Kritik an der Alt-Pipeline weist er zurück und bezeichnet diese als „Stimmungsmache von Industriegegnern aus dem Lager der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN“. Den Bau eines neuen Dükers plant der Konzern aber trotzdem – so ganz sicher scheint er sich betreffs der Sicherheitslage also nicht zu sein. Die Bezirksregierung Köln plant ebenfalls Maßnahmen: Sie hat eine Sonderprüfung angekündigt. Und die nordrhein-westfälische Landesregierung versucht auf Bundesebene ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das die Betreiber von Rohrleitungen zwingt, diese ständig dem jeweiligen Stand der Technik anzupassen. Bisher sträubt sich die Bundesregierung jedoch gegen ein solches Paragrafen-Werk.

Unrentable Neu-Pipeline
Die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hatte ein Gutachten in Auftrag gegeben, das untersuchen sollte, ob die Pipeline für BAYER die einzige Möglichkeit darstellte, das Werk in Uerdingen mit Kohlenmonoxid zu versorgen. Die Expertise des „Bielefelder Instituts für Umweltanalyse“ beantwortet die Frage eindeutig mit „Nein“ und betrachtet die Errichtung sogar als die teurere Lösung. „Zusammenfassend stellte somit die technisch zur Verfügung stehende Alternative der CO-Erzeugung vor Ort in Uerdingen zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung für den Bau und Betrieb der CO-Pipeline aus Sicht der wettbewerbsfähigen CO-Kosten die kostengünstigere Alternative dar“, befindet die Untersuchung. Hat sich der Konzern also einfach verrechnet? Erich Hennen von der Duisburger Initiative CONTRA PIPELINE mag daran nicht glauben. Er vermutet, das Unternehmen habe das Röhrenwerk gar nicht zur Durchleitung, sondern zur Speicherung von Kohlenmonoxid konstruiert. Dem Aktivisten zufolge wurde es als „längster Gasometer der Welt“ konzipiert, auf den die Werke beliebig – etwa bei Versorgungsstörungen – zurückgreifen können, weshalb auch Entnahme-Möglichkeiten an beiden Enden der Leitung bestehen.

Anhörung vor dem OVG Münster
Das Gutachten des „Bielefelder Instituts für Umweltanalyse“ zu den Pipeline-Alternativen (s. o.) besitzt auch für den Prozess Relevanz, der vor dem Münsteraner Oberverwaltungsgericht (OVG) anhängig ist. Dort rechtfertigt BAYER nämlich die im Zuge der Baumaßnahmen vorgenommenen Enteignungen mit dem Argument, die Rohrleitung sei für den Wirtschaftsstandort unerlässlich und diene daher dem Allgemeinwohl. Bei der Anhörung, die vom 15. bis 19. Februar stattfand, spielte die Expertise zwar noch keine Rolle, aber auch so konnte sich der zum „Allgemeinwohl“ um seinen Grund und Boden gebrachte Landwirt Heinz-Josef Mohr in seinem Rechtsempfinden bestätigt sehen. Der Senat habe erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Enteignung seines Mandaten geäußert, resümierte der Rechtsanwalt Dr. Jochen Heide laut Rheinischer Post: „Für uns läuft es in die richtige Richtung.“

PLASTE & ELASTE

Maue Kunststoff-Sparte
BAYERs Kunststoff-Sparte verliert gegenüber den Bereichen „Gesundheit“ und „Landwirtschaft“ immer mehr an Bedeutung. Machte ihr Anteil am Umsatz im Geschäftsjahr 2013 noch rund 30 Prozent aus, so schrumpfte ihr Beitrag zum bereinigten Gewinn auf bloße zehn Prozent. Das dürfte die ohnehin schon gefährdete Stellung von BAYER MATERIAL SCIENCE innerhalb des Unternehmens noch ein Stückchen unsicherer machen.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Mehr Arbeitsunfälle in Europa
Die Zahl der Arbeitsunfälle bei BAYER blieb im Geschäftsjahr 2013 gegenüber 2012 relativ konstant. Es gab wie im Vorjahres-Zeitraum zwei Tote zu beklagen. Statistisch gesehen kam es über den Zeitraum von 200.000 Arbeitsstunden zu 0,47 Ereignissen (2012: 0,49). Während der Wert in den Regionen Nordamerika, Asien/Pazifik und Lateinamerika sank, erhöhte er sich in Europa von 0,21 auf 0,72 – mehr als eine Verdreifachung! Eine Erklärung hat der Leverkusener Multi dafür nicht. „Der ungewöhnlich starke Anstieg der (...) Unfall-Quote in Europa wird derzeit intensiv untersucht“, heißt es im Geschäftsbericht lediglich.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Doppelt so viele Störfälle
Die Zahl der Störfälle in BAYER-Werken hat sich im Geschäftsjahr 2013 von fünf auf zehn verdoppelt. Dazu kommen noch fünf Vorfälle, die dem Leverkusener Multi aus unerfindlichen Gründen nicht als „Umweltereignisse“ gelten sowie ein – von dem Konzern offenbar vergessener – Ammoniak-Austritt am US-Standort Muskegon.

Methanol-Austritt in Muskegon
Am 28.2.13 kam es auf dem Gelände des US-amerikanischen BAYER-Standorts Muskegon zu einem Zwischenfall. Während der Wartung einer Anlage trat gasförmiges Methanol aus.

Methanol-Austritt in Wuppertal
Aus einer Produktionsanlage von BAYER HEALTH CARE in Wuppertal traten am 10.3.13 ca. 600 Liter Methanol aus.

Chlorwasserstoff-Austritt in Vapi
Am 13.3.13 brach auf dem BAYER-Firmenareal im indischen Vapi eine Kunststoff-Pipeline. Daraufhin gelangten 20 Kubikmeter einer Flüssigkeit, die Chlorwasserstoff enthielt, ins Freie.

DESMODUR läuft aus

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Am 4.4.13 beschädigte am BAYER-Standort Knoxville (Tennessee) ein Gabelstabler beim Verladen einen mit dem Flüssigklebstoff DESMODUR befüllten Behälter, weshalb 225 Liter der Substanz ausliefen, die krebserregend wirken, die Atemorgane schädigen, die Haut angreifen und Asthma auslösen kann.

DESMODUR läuft aus

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Am 17.7.13 kam es während eines Lade-Vorgangs abermals zu einem Zwischenfall mit dem Flüssigklebstoff DESMODUR. Ein Transport-Fahrzeug beschädigte ein mit der Substanz gefülltes Fass. Daraufhin liefen 200 Liter des Stoffes aus.

Polyol gelangt ins Meer
Auf einem Seetransport von Brasilien nach Argentinien kam es am 9.4.13 beim Reinigen eines Tanks zu einem Zwischenfall, in dessen Folge 35 Tonnen von BAYERs Kunststoff-Vorprodukt Polyol ins Meer flossen.

Polyol trat aus
Während eines Seetransportes nach Hongkong schlug am 3.12.13 ein mit dem Kunststoff-Vorprodukt Polyol befüllter Container Leck. Über 1.000 Kilogramm der Substanz traten aus.

Ammoniak-Austritt in Kansas
Auf dem Areal des BAYER-Standorts Kansas City traten am 11.5.13 790 Kilogramm Ammoniak aus. Als Ursache des Störfalls gab der Leverkusener Multi einen defekten Dichtungsring am Überdruck-Ventil an.

Salzsäure-Austritt in Krefeld
Im Krefelder BAYER-Werk trat am 19.6.13 aus einer Leitung, die zwei Tanklager miteinander verbindet, wegen eines defekten Restentleerungshahnes Salzsäure aus. Zur Menge machte der Leverkusener Multi keine Angaben.

Isoamylacetat entzündet sich
Durch Funkenflug, der von Schweißarbeiten herrührte, entzündete sich am 25.12.13 auf dem Gelände des chinesischen BAYER-Standorts Chengdu ein Behälter, der mit der gesundheitsschädlichen Chemikalie Isoamylacetat gefüllt war.

Sechs LKW-Unfälle
Im Geschäftsjahr 2013 verunglückten sechs mit BAYER-Stoffen beladene LKWs, wodurch fast immer Chemikalien ins Freie gelangten.

CO-Unfall wg. undichter Sicherung
Am 25. September 2013 kam es im Brunsbütteler BAYER-Werk zu einer Freisetzung von Kohlenmonoxid. Zwei Beschäftigte wurden bewusstlos aufgefunden, drei weitere atmeten das Giftgas ein (siehe Ticker 1/14). Als Ursache des Unglücks gibt der Leverkusener Multi in seinem Geschäftsbericht eine undichte Unterdruck-Sicherung an.

STANDORTE & PRODUKTION

Leverkusen darbt
Die Stadt, in der einer der 100 größten Konzerne der Welt seinen Stammsitz hat, darbt. Mehrere Jahre lang musste Leverkusen mit Nothaushalten über die Runden kommen, weil BAYER weniger Gewerbesteuern überwies – und manchmal wie 1999, 2001, 2003 und 2004 – auch gar keine. So viel wie der Konzern 1990 noch aufbrachte – 123 Millionen Euro – nimmt der Kämmerer Rainer Häusler heute nicht einmal mehr von allen Unternehmen zusammen ein: 2013 belief sich das Gewerbesteuer-Aufkommen auf ca. 70 Millionen Euro. Häusler grollt dem Pharma-Riesen dennoch nicht. „BAYER hat uns dominiert, und die Stadt hat stark davon profitiert. Die Nachteile sind die Sprünge in der Gewerbe -Entwicklung.“ Für diese Sprünge sorgte vor allem die Unternehmenssteuer„reform“ des Jahres 2000, die BAYERs ehemaliger Steuer-Chef Heribert Zitzelsberger als Staatssekretär im Finanzministerium maßgeblich mitgeprägt hat. Aber auch die „Konzentration auf das Kerngeschäft“, in deren Folge sich der Global Player von Unternehmensteilen trennte, brachte der Stadtkasse Verluste, weil diese Abspaltungen entweder eingingen oder Leverkusen verließen, wie es aktuell auch LANXESS plant.

KOGENATE aus Deutschland
Der Leverkusener Multi stellt das Bluter-Präparat KOGENATE bisher ausschließlich im US-amerikanischen Berkeley her. Für die Weiterentwicklungen, die sich in der Abschlussphase der klinischen Tests befinden, will der Konzern jedoch nicht dort 500 Millionen Euro in neue Produktionskapazitäten investieren und 500 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, sondern in Wuppertal und Leverkusen. Das Investitionsklima in Berkeley sieht der Konzern offenbar als nicht allzu günstig an, handelt es sich doch um einen der wenigen BAYER-Standorte in den USA mit einer gewerkschaftlich organisierten Belegschaft.

IMPERIUM & WELTMARKT

Malik neu im Vorstand
Der Leverkusener Multi hat Kemal Malik neu in den Vorstand berufen. Er tritt die Nachfolge von Wolfgang Plischke an, der in Pension geht, und übern

Dhünnaue

CBG Redaktion

Presse Info vom 17. Februar 2014

Neue Rheinbrücke in Leverkusen:

Bohrungsarbeiten in Giftmüll-Deponie

Am Mittwoch beginnen in der Leverkusener Dhünnaue Sondierungsarbeiten für den Bau einer neuen Autobahnbrücke. Hierfür werden 17 Bohrungen bis in eine Tiefe von 40 Metern durchgeführt. Bis zum Sommer sind etwa 300 Bohrungen notwendig.

Besondere Schwierigkeiten macht der gefährliche Untergrund: die Dhünnaue diente dem benachbarten BAYER-Werk jahrzehntelang als Giftmülldeponie. Bei jedem Bohrloch fallen daher rund zwei Tonnen Sondermüll an, die zunächst im Labor untersucht und je nach Giftigkeit deponiert oder verbrannt werden müssen. Die Arbeiten werden mit Ganzkörperschutz durchgeführt.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) erinnert daran, dass die einstmals „größte bewohnte Giftmüll-Deponie Europas“ bis heute eine Gefahr für die Umwelt darstellt. Auf dem Gelände liegen mehrere hunderttausend Tonnen Giftmüll, darunter Schwermetalle und hochgefährliche Chlorverbindungen. Wegen der ungeordneten Deponierung ist die genaue Zusammensetzung unbekannt. Im Landtag NRW wurde einst von einer größeren Giftlast als in Bitterfeld gesprochen.

Das verseuchte Erdreich wurde weder abgetragen noch vollständig umschlossen. Lediglich zum Rhein hin wurde die Altlast mit Spundwänden gesichert. Stündlich müssen daher 750 Kubikmeter verseuchtes Wasser abgepumpt und gereinigt werden - über Jahrhunderte hinweg. Da die Schichten unter der Deponie zum Teil wasserdurchlässig sind, ist ein Eindringen von giftigem Grundwasser in den Rhein zu befürchten, besonders bei Hochwasser.

Nach dem Krieg wurde die Deponie notdürftig abgedeckt und mit 220 Wohneinheiten, einem Kindergarten, einem Altersheim und einer Schule bebaut. Medizinische Gutachten zeigten bei hunderten von Anwohner/innen Veränderungen des Blutbilds. Allein in einer Hauptschule am Rand des Geländes traten 15 Krebserkrankungen und fünf Todesfälle auf - viel mehr, als statistisch zu erwarten wäre. Die Gesamtzahl der Opfer ist bis heute unbekannt, da weder BAYER noch die Stadt Leverkusen eine systematische Erfassung der Erkrankungen vornahmen. Der tödliche Skandal führte lediglich zur Ablösung des einstigen Werksdirektors Dietrich Rosahl. Nach der notdürftigen Sanierung, die zum Teil vom Steuerzahler getragen wurde, fand auf dem Gelände die Landesgartenschau 2005 statt.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert eine vollständige Sicherung des Geländes auf Kosten des Konzerns, Übernahme aller Folgekosten durch BAYER sowie einen Gedenkstein für die Opfer. „Die entstehenden Mehrkosten beim Bau der Autobahn müssen von BAYER getragen werden. Umwelt und Anlieger haben jahrzehntelang unter der Gift-Belastung gelitten. Der Öffentlichkeit dürfen nicht noch weitere Folgekosten entstehen“, so Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG.

Bereits 1987 hatte das Landesamt für Abfall und Wasser festgestellt, dass „die untersuchten Boden-Eluate eine teilweise extreme Belastung des Bodens mit Schadstoffen aufzeigen. Die Schadstoffe sind bereits so weit in den Untergrund eingedrungen, dass auch das Grundwasser davon betroffen ist. Dieser Umstand ist äußerst bedenklich, vor allem im Hinblick auf eine mögliche Gefahr für das Trinkwasser (...). Eine Kontamination z. B. spielender Kinder oder weidendem Vieh ist nicht auszuschließen“.

Nachtrag 5. Mai: das Verkehrsministerium NRW erklärt auf Anfrage, dass der „Straßenbaulastträger“, also die öffentliche Hand, die erhöhten Kosten tragen muss.

weitere Informationen auf unserer Kampagnenseite

[WasserCent] Wasserverbrauch

CBG Redaktion

Presse Information vom 6. Januar 2011
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Wiedereinführung des Wasserentnahme-Entgelts in NRW:

„WasserCent dient Umweltschutz“

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) begrüßt die Pläne der NRW-Landesregierung, die Abschaffung des so genannten „WasserCent“ rückgängig zu machen. Das Wasser-Entnahmeentgelt dient der Finanzierung von Umweltschutz-Maßnahmen und ist nach Auffassung der CBG ein wichtiger Anreiz, den Wasserverbrauch zu verringern. Der im Jahr 2004 eingeführte WasserCent war von der Regierung Rüttgers auf Druck der Industrie abgeschafft worden. Statt bis 2018 schrittweise verringert und dann ganz abgeschafft zu werden, soll das Wasser-Entnahmeentgelt nach dem nun vorgelegten Gesetzentwurf beibehalten und leicht erhöht werden.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Der BAYER-Konzern verbraucht allein am Standort Leverkusen rund 130 Mio Kubikmeter Wasser pro Jahr - weit mehr als der Trinkwasserbedarf der benachbarten Millionenstadt Köln. Es ist richtig, dass dieser gewaltige Eingriff in die Umwelt mit einem Entgelt belegt wird. Nur so entsteht ein Anreiz, den Verbrauch zu verringern.“ Aufgrund alter „Wasserrechte“ hatte BAYER jahrzehntelang keinerlei Abgaben für die Wasserentnahme geleistet, weswegen Investitionen in wassersparende Technologien unterblieben. „Besonders für Kühlwasser, das aufgeheizt in die Flüsse geleitet wird, sollte der WasserCent weiter erhöht werden. Die Erwärmung der Gewässer hat erhebliche Auswirkungen für Flora und Fauna“, so Mimkes weiter. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hatte 2009 eine Anfrage nach dem Umweltinformationsgesetz gestellt und daraufhin den Wasserverbrauch aller BAYER-Werke in NRW veröffentlicht.

Städte wie Köln und Düsseldorf müssen Trinkwasser kostspielig aus Rhein-Uferfiltrat gewinnen, während die Unternehmen riesige Mengen an sauberem Grundwasser fördern. Die Verbraucher finanzieren somit indirekt den Wasserverbrauch der Industrie. Besonders kritisch zu sehen ist daher der hohe Verbrauch von Grundwasser, welches in der Regel sauberer ist als Flusswasser. Allein das Leverkusener Werk entnimmt dem Boden jährlich rund 85 Millionen cbm Grundwasser, in Monheim sind es rund 50 Millionen cbm.

Insgesamt entnimmt die BAYER-Tochterfirma Currenta in Nordrhein-Westfalen rund 430 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr. Hinzu kommen die großen Mengen, die an der Giftmüll-Deponie in der Leverkusener Dhünnaue abgepumpt werden müssen. Die drei BAYER-Standorte Leverkusen, Krefeld und Dormagen zahlen zusammen ein jährliches Wasserentnahme-Entgelt von rund 3,4 Millionen Euro. Die Abgabe wird für Maßnahmen zum Gewässerschutz im Rahmen der EU-Wasserrahmenrichtlinie verwendet. Ohne den WasserCent müssten diese vollständig aus Steuermitteln finanziert werden.

weitere Infos: Artikel zum Wasserverbrauch von BAYER (2009)

[Gegenanträge] Gegenanträge BAYER HV

CBG Redaktion

Presse Information vom 24. März 2010
Coordination gegen BAYER-Gefahren

BAYER-Hauptversammlung: Kritiker reichen Gegenanträge ein

Schwerpunkte: Risiken von Antibaby-Pillen, Klima-Emissionen von BAYER, Störfälle und hoher Wasserverbrauch / Protestaktionen am 30. April in Köln angekündigt

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat Gegenanträge zur BAYER-Hauptversammlung eingereicht. Wegen einer Vielzahl schwerer Missstände fordern die Konzernkritiker die Nicht-Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat. Die Gegenanträge wurden heute auf der BAYER-homepage unter http://www.hv2010.bayer.de/de/gegenantraege.aspx veröffentlicht.

Schwerpunkte der Protestaktionen vor den Kölner Messehallen sind die Risiken von Antibabypillen („Yasmin“) und anderer Pharmazeutika, Klima-Emissionen von BAYER, die Gefahren der geplanten Kohlenmonoxid-Pipeline, gefährliche Pestizide sowie Störfälle bei BAYER. Mehrere Kritiker werden in der Versammlung sprechen.

Die Gegenanträge im vollen Wortlaut:

Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet

Begründung: Der BAYER-Konzern ist für massive ökologische und soziale Probleme verantwortlich. Es folgen Beispiele einer verantwortungslosen Konzernpolitik, die vom Vorstand mitgetragen wird.

Gerne stellt sich BAYER als Umweltengel dar, besonders beim Thema Klimaschutz. Tatsächlich ist der jährliche Kohlendioxid-Ausstoß des Konzerns mit knapp 8 Mio Tonnen jedoch unvermindert hoch und soll bis zum Jahr 2020 kaum sinken. Emissionen in dieser Höhe sind mit wirksamen Klimaschutz unvereinbar.
Schlimmer noch: in mehreren BAYER-Werken sind Kohle- und Müllkraftwerke geplant, welche die Umwelt unzumutbar mit Schadstoffen und mit Millionen Tonnen CO2 belasten würden. Die Argumentation von BAYER, für diese Investitionen nicht verantwortlich zu sein, ist fadenscheinig: Zwar werden die Kraftwerke von Energieunternehmen gebaut. Aber BAYER stellt hierfür die Grundstücke zu Verfügung und will einen großen Teil der erzeugten Energie abnehmen. Das Kohlekraftwerk in Krefeld-Uerdingen, das jährlich mehr als 4 Mio Tonnen CO2 emittieren würde, soll sogar von der BAYER-Tochter Currenta betrieben werden.
Die genannten Kraftwerke würden mit einer Lebensdauer von bis zu 50 Jahren Klima und Umwelt bis in die zweite Hälfte des Jahrhunderts schwer belasten und zudem notwendige Investitionen zugunsten von Energieeinsparung (Vermeidung von energieintensiven Produktionen, Ausdehnung der Abwärmenutzung) und zugunsten regenerativer Energien blockieren.
Der Weltklimarat IPCC fordert eine drastische Reduktion der Kohlendioxid-Emissionen. In den Industrieländern ist laut IPCC bis zum Jahr 2050 eine Minderung des Ausstoßes um 80% bis 95% nötig, um den Temperaturanstieg auf 2°C zu begrenzen. Nur so ließen sich die dramatischsten Auswirkungen des Klimawandels wie das Abschmelzen des Grönlandeises verhindern.
Dementsprechend muss BAYER eine glaubhafte Energie-Wende durchführen. Notwendig ist ein breitgefächertes Programm zur Reduktion der CO2-Emissionen um mindestens 80% bis zum Jahr 2050, wobei auf risikoreiche Techniken wie CO2-Speicherung (CCS) verzichtet werden muss. Notwendig sind zudem ein Bau-Stopp für Kohle- und Müllkraftwerke auf dem Gelände aller BAYER-Werke, ein vollständiger Verzicht auf Stromlieferungen aus Braunkohlekraftwerken sowie die Offenlegung des Energiemix und der Emissionen für jeden einzelnen BAYER-Standort (weitere Infos).

Einer der schrecklichsten Skandale der BAYER-Geschichte ist die wissentliche HIV-Infizierung Tausender Bluter. Bis 1986 wurden Hämophile durch Blutprodukte von BAYER infiziert, obwohl seit 1982 Methoden vorlagen, das Virus durch eine Wärmebehandlung unschädlich zu machen. Noch nach dem Verbot unbe-handelter Chargen in Europa wurden diese nach Asien exportiert.
Wegen des längeren Überlebens der Opfer geht der Entschädigungsfonds von Bund, Ländern und Industrie nun zur Neige. BAYER und die übrigen beteiligten Unternehmen wollen den Fonds nicht anteilig aufstocken und der Allgemeinheit die Hauptlast zuschieben. BAYER als Haupt-Verursacher muss die Kosten für eine Weiterführung des Fonds übernehmen. Den Opfern, die von BAYER nie eine Entschuldigung erhielten, muss zumindest ein würdiges Leben ermöglicht werden (weitere Infos).

BAYER beteiligt sich weiterhin an Preisabsprachen. Die rumänischen Behörden haben daher im Herbst Büros von BAYER durchsuchen lassen. Auch in Italien gibt es neue Ermittlungen gegen BAYER. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat eine Aufstellung von Kartellfällen mit BAYER-Beteiligung veröffentlicht. Die Liste enthält die Strafzahlung und die Laufzeit der jeweiligen Absprachen.

In jüngster Zeit häufen sich Abmahnungen von BAYER gegen Betreiber von Internet-Foren. So erhielt die Redaktion des Informationsdienstes LifeGen eine Klageandrohung, weil sie eine Meldung der Coordination der BAYER-Gefahren zu überhöhten Nebenwirkungen von Antibaby-Pillen von BAYER nachgedruckt hatte.
LifeGen blieb trotz massiver Drohungen („strafrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen“) standhaft und nahm den Beitrag nicht vom Netz. Die angedrohte Klage traf nie ein, das Verfahren war eine reine Drohkulisse. Andere Betreiber im Internet knicken aus Angst vor den Kosten jedoch oft ein – ein eindeutiger Angriff auf die Pressefreiheit, mit dem BAYER kritische Berichterstattung unterbinden will.

Rund um die Welt gibt es gefährliche Altlasten des BAYER-Konzerns. So muss aktuell im US-Bundesstaat Oregon eine Deponie saniert werden, in der seit vierzig Jahren mehrere Millionen Liter Herbizide lagern. Von den Sanierungskosten in Höhe von 2,4 Mio Dollar übernimmt BAYER nur ein Viertel. Wie im Fall der Lever-kusener Dhünnaue muss auch hier die Allgemeinheit einen Großteil der Kosten tragen.

Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet

Begründung: Der Aufsichtsrat kommt seiner Kontrollfunktion ungenügend nach und soll daher nicht entlastet werden. Es folgen Beispiele einer verantwortungslosen Konzernpolitik, die vom Aufsichtsrat mitgetragen wird.

Noch immer stellt BAYER in Krefeld Chlorgas nach dem veralteten Amalgam-Verfahren her. Hierbei wird hochgiftiges Quecksilber freigesetzt. Fast alle anderen Produzenten haben längst auf weniger umweltgefährdende Verfahren umgestellt. Eigentlich hätten nach der Ospar-Konvention bis zum Jahr 2010 alle Quecksilber-Emissionen eingestellt werden müssen. Der Termin lässt sich nicht mehr halten.
Nun lenkt BAYER endlich ein: die Produktion nach dem Amalgam-Verfahren soll in den nächsten Jahren heruntergefahren und bis 2014 beendet werden. Der Schritt kommt jedoch mindestens zehn Jahre zu spät. Zudem ist auch eine modernisierte Chlor-Anlage höchst problematisch: das Gas geht zu großen Teilen in die Phosgen-Herstellung. Aus dem hochgiftigen Phosgen wiederum werden in Krefeld Polycarbonate produziert, obwohl hierfür seit Jahren phosgenfreie Verfahren zu Verfügung stehen. BAYER verweigert sich bis heute einer Umstellung auf sichere Produktionsmethoden ohne Phosgen (weitere Infos).

BAYER ist in den USA wegen Verunreinigung von Reis-Ernten mit genmanipulierten Sorten mehrfach zu Millionen-Strafen verurteilt worden. Insgesamt fordern 3000 Landwirte Entschädigung. Die gegen das von BAYER produzierte Herbizid Glufosinat resistente Reis-Sorte LL601 war 2006 weltweit in den Handel gera-ten, obwohl hierfür keine Zulassung vorlag. Der Schaden wird auf über eine Milliarde Dollar geschätzt. Trotzdem verweigert BAYER eine Entschädigung aller Betroffenen.
Schlimmer noch: BAYER hält bis heute einen Antrag auf EU-Zulassung der ebenfalls gegen Glufosinat resis-tenten Sorte LL62 aufrecht. Der Anbau von LL-Reis soll vornehmlich in Asien stattfinden - eine Kontamination und Verdrängung traditioneller Reis-Sorten dort wäre unvermeidlich. Artenvielfalt und Ernährungssicherheit wären in Gefahr. Ein großflächiger Anbau hätte zudem ein erhöhtes Schädlingsaufkommen und einen ver-stärkten Einsatz gefährlicher Pestizide zu Folge (weitere Infos).

Schmerzmittel wie Aspirin haben zahlreiche schwere Nebenwirkungen. In den USA sterben nach der Ein-nahme von Schmerzmitteln allein 16.500 Personen jährlich an Magenblutungen. Wegen dieser Risiken hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte empfohlen, eine Verschreibungspflicht für Aspirin-Großpackungen einzuführen. Eine entsprechende Regelung für Paracetamol ist bereits in Kraft. BAYER versucht, die Regelung zu verhindern und mobilisiert Apotheker und Kunden, um auch künftig 60er-Packungen ohne Rezept verkaufen zu können.

Das Pentagon kauft jährlich für sieben Milliarden Dollar Arzneimittel. BAYER lädt daher regelmäßig Beschäftigte der US-Streitkräfte zu Kongressen und Fortbildungs-Veranstaltungen ein. Die US-Organisation Public Integrity hat nun eine Studie zu Reisen von Pentagon-Mitarbeitern veröffentlicht. In den vergangenen zehn Jahren wurden demnach 22.000 solcher Reisen von Firmen bezahlt, 40% davon allein von der Pharma-Industrie. Die Aufwendungen von BAYER liegen in einer Aufstellung aller Pharmafirmen an 10. Stelle. Sol-ches Marketing ist abzulehnen. Ein Unternehmen wie BAYER, das als Erfinder von chemischen Kampfstof-fen in einer unseligen Tradition steht, darf keine Geschäfte mit Armeen machen (weitere Infos).

Die geplante CO-Pipeline quer durch NRW birgt tödliche Risiken für die Anrainer. Auch konnte der Nachweis des Gemeinwohls nicht erbracht werden. Sukzessive stellt sich zudem heraus, dass BAYER wiederholt gegen Auflagen des Planfeststellungsbeschlusses verstoßen hat. Zum Beispiel begann der Bau trotz fehlender Kampfmittelfreigabe und wurden Rohre mit reduzierter Rohrwandstärke und nicht-genehmigten Stahlsorten eingesetzt. Auch hält der Geologische Dienst NRW die Erdbebensicherheit der Leitung für „bislang nicht ausreichend nachgewiesen“. Das Oberverwaltungsgericht Münster und das Verwaltungsgericht Düsseldorf haben erhebliche Mängel dokumentiert und die Inbetriebnahme weiter auf Eis gelegt.
BAYER muss das Projekt endlich beerdigen und in Krefeld eine moderne CO-Produktionsanlage aufbauen. Dadurch ließe sich die Gefährdung der Bevölkerung entlang der Trasse vollständig vermeiden. Das Prinzip, dass Gefahrstoffe nur am Ort ihrer Verwendung produziert werden, muss unbedingt erhalten bleiben (weitere Infos).

In einer Fabrik von BAYER CropScience im indischen Ankleshwar kam es Anfang März zu einem schweren Unfall. Nach einem Feuer traten hochgiftige Gase aus, ein Ingenieur kam ums Leben. Der Störfall ereignete sich in einer Anlage, in der das hochgiftige Pestizid Ethoprop produziert wird. Die WHO bezeichnet Ethoprop als „extrem gefährlich“ (Gefahrenklasse 1). BAYER hatte bereits 1995 angekündigt, alle Klasse 1-Wirkstoffe vom Markt zu nehmen, das Versprechen jedoch nicht gehalten. Eine sichere Anwendung hochgefährlicher Wirkstoffe wie Ethoprop ist unmöglich, besonders in Ländern des Südens. Die WHO schätzt die Zahl der jährlichen Pestizidvergiftungen auf 3 bis 25 Millionen. Die Anlagen von BAYER in Indien, besonders diejenige in Vapi, sind für ihre hohen Schadstoff-Emissionen bekannt (weitere Infos) .

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