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Beiträge verschlagwortet als “Dhünnaue”

[Altlasten] STICHWORT BAYER 01 2010

CBG Redaktion

BAYERs bodenlose Bodenverschmutzung

„Unglaubliche Konzentrationen“

Immer wenn der Leverkusener Multi ein Werk schließt, hinterlässt er verbrannte Erde. Pestizid-Rückstände, Benzol, Lösungsmittel und was über die Jahre sonst noch so alles bei der Chemie-Produktion angefallen ist, sickern aber auch über die Deponien des Konzerns in den Boden und gefährden so das Grundwasser.

Von Jan Pehrke

Wo kommt das denn her? BAYERs Wolfenbütteler Werksleiter Christoph Sender konnte sich überhaupt nicht erklären, was da so alles an Chemikalien zum Vorschein kam, als am aufgegebenen Standort die Abbrucharbeiten begannen. „Fakt ist, dass es entsorgt wird“, versicherte Sender umgehend.

Ein großes Wort, wie sich herausstellen sollte. Mit ein paar LKW-Fahrten zur nächsten Sondermüll-Verbrennungsanlage war es nämlich nicht getan. Auf eine Fläche von 1.000 Quadratmetern erstreckte sich die Kontamination. Unter der Pestizid-Produktionsstätte, die 2004 mit dem Erwerb von AVENTIS CROPSCIENCE in den Besitz des Leverkusener Multis überging, schlummerten nicht nur 325 Kilogramm Pestizide, sondern auch 3.000 Kilogramm Benzol sowie Lösungsmittel, Mineralöle und Schlacken. Für den größten Schadstoff-Eintrag hatte 1978 - damals stellte das heute ebenfalls zu BAYER gehörende Unternehmen SCHERING auf dem Gelände Ackergifte her - eine Explosion gesorgt, denn mit dem Löschwasser versickerte damals ein ganzer Chemie-Cocktail.

Diesen wieder hervorzuholen, stellte allerdings eine nicht zu unterschätzende Gefahr dar. „Wir müssen geschützt werden“, mahnten die AnwohnerInnen deshalb an. Und in der Tat erforderte die Sanierung des Areals umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen, die der damalige Umweltbundesminister Sigmar Gabriel schon im Vorhinein absegnete: „BAYER ist ein hochgradig professionelles Unternehmen“. In abgedichteter Spezialkleidung hoben die ArbeiterInnen das professionell verseuchte Erdreich bis zu einer Tiefe von acht Metern aus. Dabei stießen sie auf weitere Flurschäden, so dass sich ihr Aktionsradius noch um 200 Quadratmeter erweiterte. Über der Grube spannte sich ein Zelt mit einer Filteranlage, um die Luft zu reinigen und Geruchsbelästigungen zu vermeiden. Ein halbes Jahr dauerte die Bergung der giftigen Hinterlassenschaft, und sanft ging es dabei nicht gerade zu. Obwohl das Erschütterungsprotokoll laut BAYER keine Verletzung der Grenzwerte anzeigte, führten die Arbeiten zu Rissen an einigen Häuserwänden im Umkreis.

Noch viel mehr Zeit nimmt die Reinigung des Grundwassers in Anspruch, in dem sich pro Liter bis zu fünf Milligramm Schadstoffe tummeln. 16 Brunnen pumpen die Chemie-Suppe nach oben und führen sie einer Reinigungsanlage zu. Zunächst fängt diese die Schwebstoffe auf, anschließend lotst sie das Wasser durch drei verschiedene Aktivkohlefilter, um es dann in einen Fluss einzuleiten. Nach einer Schätzung des Geologen Jürgen Röhrs, den die Behörden als Sachverständigen bestellten, wird die große Wäsche 50 Jahre dauern, BAYER hingegen will es in einer Dekade schaffen.

Im englischen Hauxton nahe Cambridge hinterließ der Global Player nach der Schließung eines Pestizid-Werkes ebenfalls verbrannte Erde: jede Menge Altlasten im Boden und im Grundwasser. Die Sanierung obliegt nun der Gemeinde. Diese wollte sich der Aufgabe allerdings entledigen. Wenn sich ein Investor für das 15 Hektar große Areal fände, dann könnte man die Großreinigung einpreisen, so das Kalkül der KommunalpolitikerInnen. Es meldete sich mit HARROW ESTATES auch wirklich ein Interessent mit einem Wohnsiedlungsprojekt. Aber der erster Sanierungsplan der Firma sah nicht viel mehr als Schönheitsreparaturen vor, weshalb die Stadt ihn ablehnen musste. Erst der zweite fand in einer knappen Entscheidung ihre Gnade, obwohl eine als ehemalige BAYER-Beschäftigte gut informierte Stadträtin vor der Genehmigung gewarnt hatte. „Auf diesem Gelände sollte niemals gebaut werden, und ich würde dort nie ein Haus kaufen“, sagte Deborah Roberts. Viele EinwohnerInnen teilen ihre Meinung; in der Initiative STOP HAUXTON WASTE SITE haben sie sich zusammengeschlossen.

An die Öffentlichkeit gelangen solche Informationen über Umweltverschmutzungen immer nur, wenn BAYER sich von Liegenschaften trennt. Was der Konzern bei seinen Abbrucharbeiten auf eigenem Firmengelände so im Boden vorfindet, erfährt niemand. So dürfte es auch ein Geheimnis bleiben, wie stark die Produktionsstätte aus den 60er Jahren, die der Agro-Riese in Wuppertal gerade abreißt, die Erde verseucht hat. Und über die Hinterlassenschaften der Krefelder Chlor-Fertigungsstätte, dessen „Rückbau“ das Unternehmen angekündigt hat, bleibt wohl ebenfalls der Mantel des Schweigens gehüllt. Und dann wäre da ja auch noch der Normalbetrieb mit seinen bekannten Risiken und Nebenwirkungen ...

Giftfässer ohne Boden
Aber nicht nur direkt unter den Fertigungsstätten finden sich schädliche Abfälle in der Erde und im Grundwasser. In den USA hat ein nunmehr zum Leverkusener Multi gehörender Ackergift-Hersteller zwischen 1969 bis 1971 Produktionsrückstände einfach in die Wüste geschickt. Mehr als vier Millionen Liter chemischer Substanzen, darunter Vorprodukte des berühmt-berüchtigten Agent Orange, lud er einfach unweit des Alkali Lake im Bundesstaat Oregon ab. Dort rosteten die Fässer vor sich hin, und die Chemikalien traten aus. Schließlich rückten Bulldozer an, um die Tonnen ganz zu zerstören - und die Substanzen endgültig dem Wüstensand zu überantworten. Die Regierungsbehörden verlangtem vom Global Player, der die Rechtsnachfolge des Umweltverschmutzers angetreten ist, sich in angemessener Form an der Altlasten-Sanierung zu beteiligen. Doch die Verhandlungen kamen nur mühsam voran, und da die Umweltbehörde Oregons sich nicht auf einen Rechtsstreit einlassen wollte, konnte der Agro-Riese das einfädeln, was KritikerInnen einen „Sweetheart Deal“ nannten. Er braucht mit 700.000 Dollar weniger als ein Drittel der Gesamtkosten von 2,4 Millionen Dollar zu tragen.

Zudem gelangen viele Gifte über den „Entsorgungsweg Wasser“ wieder in den Boden. Wenn beispielsweise Rhein und Wupper bei Hochwasser die Auen überschwemmen, lassen sie viele Schadstoffe zurück. Nach Auskunft des „Ingenieursbüros Feldwisch“ haben sich besonders Chrom und Quecksilber, von denen BAYER 2008 in Tateinheit mit weiteren Schwermetallen 10,4 Tonnen in die Gewässer geleitet hat, im Erdreich abgelagert.

Auch die eigentlichen Bestimmungsorte für toxische Reste schützen die Umwelt oftmals nur unzureichend vor den BAYER-Gefahren. So präsentierte sich den ArbeiterInnen in Wolfenbüttel mit der Sondermüll-Deponie gleich noch ein weiterer Sanierungsfall. Die letzte Ruhestätte für die Gifte im nahe gelegenen Klein Biewende war nämlich nur unzureichend gesichert, weshalb beispielsweise Sickerwasser eindrang und die Chemikalien ausspülte. Der Leverkusener Multi gab sogleich Entwarnung: „Von der Deponie geht keine Gefahr aus“, leitete jedoch nichtsdestotrotz umfangreiche Maßnahmen ein. „Dabei befinden wir uns auf dem aktuellen Stand der Technik“, versicherte BAYERs Lothar Reinke, was nicht so ganz der Wahrheit entsprach, denn am sachgerechtestes wäre es gewesen, die Altlasten zu bergen. Allerdings auch am teuersten. Aus diesem Grund mumifiziert der Konzern die Abfälle nur für 2,5 Millionen Euro - Sicherung statt Dekontamination lautet die Devise. Er zieht vertikale Sperrwände ein, um das seitlich einfallende Regenwasser abzuhalten. Das restliche leiten Drainage-Systeme ab, während Kunststofffolien das austretende Gas für Saugmaschinen auffangen, die es dann Aktivkohlefiltern zuführen. Nach oben hin dichten Schichten aus Ton, Erde und Kunststoff das Giftgrab ab. Nach unten hin bleibt hingegen alles offen: Die Deponie ist ein Fass ohne Boden.

Zudem sah BAYER sich nicht genötigt, die AnwohnerInnen rechtzeitig über die Arbeiten zu informieren. Das stieß auf einigen Unmut. „Die Politik des Unternehmens ist eine Katastrophe“, zürnte etwa der Bürgermeister des angrenzenden Remlingen, Klaus-Günter Warnecke (SPD). Seine sozialdemokratische Kollegin, die Samtgemeinden-Bürgermeisterin Regina Bollmeier, traute dem Agro-Riesen ebenfalls nicht über den Weg. Sie forderte eine Inventarliste der Deponie an und überprüfte die Unterlagen des Genehmigungsverfahrens.

In Wuppertal war die Lage der Dinge unter der Erde ähnlich. Dort hatten BAYER und die Stadt zwischen 1930 und 1950 einen ehemaligen Steinbruch an der Industriestraße als Müll-Deponie benutzt. 84.000 Kubikmeter Abfall kamen so zusammen, der das Grundwasser bis heute verunreinigt. Daran hat auch die 1990 vorgenommene Abtragung von 1.500 Tonnen Gefahrgut und eine Teil-Abdichtung nichts geändert. Deshalb steht nun eine Komplettsanierung an, zu deren Kosten von 850.000 Euro der Konzern nur ein Drittel besteuert. Den Rest übernehmen die Stadt und das Land Nordrhein-Westfalen. „Sweetheart Deals“ allerorten.

Der Fall „Dhünnaue“
Bundesweite Schlagzeilen machte seit Ende der 80er Jahre der Fall „Dhünnaue“; zu den Akten gelegt werden konnte er erst im Jahr 2005 (SWB 3/04). In der Nähe seines Hauptwerkes hatte BAYER auf dem Dhünnaue-Gelände von 1923 bis 1946 Blei, Quecksilber, Arsen, Chrom und andere Substanzen in rauen Mengen entsorgt und aus dem Areal so Europas größte Gift-Deponie gemacht. Nicht weniger als 126.000 Tonnen Schadstoffe sammelten sich dort. Trotzdem entstanden in den 50er Jahren auf der Konzern-Kloake Wohnsiedlungen und sogar Kindergärten und Schulen. Ruchbar wurde diese erst wieder durch einen Zufall. Die Stadt Leverkusen wollte 1986 neue Wohnhäuser errichten und musste im Rahmen des Bebauungsplans „Dhünnaue-West“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung vornehmen. Diese förderte dann Umweltunverträglichstes zutage. Das Gutachten des „Landesamtes für Abfall und Wasser“ stellte fest: „Die untersuchten Boden-Eluate (Proben, Anm. SWB) zeigen eine mehr oder weniger hohe, teilweise extreme Belastung des Bodens mit Schadstoffen. Die Schadstoffe sind bereits so weit in den Untergrund eingedrungen, dass auch das Grundwasser davon betroffen ist. Dieser Umstand ist äußerst bedenklich, vor allem im Hinblick auf eine mögliche Gefahr für das Trinkwasser (...) Eine Kontamination z. B. spielender Kinder oder weidenden Viehs ist nicht auszuschließen“. Das Urteil des Ingenieurbüros Björnsen fiel noch drastischer aus. „Die giftige Schwermetalle Chrom und Blei finden sich in schier unglaublichen Konzentrationen“, konstatierte es unter anderem.

Das blieb nicht ohne Folgen. Der medizinische Gutachter Hans Joachim Einbrodt untersuchte 828 AnwohnerInnen und diagnostizierte bei einem Viertel von ihnen „auffällige Befunde“ im Blutbild. Infolgedessen stieg die Krebsrate überproportial an. 15 Krebserkrankungen in 15 Jahren verzeichnete allein die über der Dhünnaue erbaute Schule, darunter fünf mit tödlichem Ausgang. Aber Ermittlungen gegen BAYER wg. Körperverletzungen stellte die Staatsanwaltschaft ein. Der Chemie-Multi leugnete jeglichen Zusammenhang zwischen den Krankheitsfällen und seiner Müllkippe.

Sollte es bald heißen: „Wohnst Du noch oder stirbst Du schon?“ Dazu wollte es die Kommune nicht kommen lassen. Sie schloss 1990 die städtischen Einrichtungen und startete ein Umsiedlungsprogramm. Unterdessen begann sie auch Verhandlungen mit BAYER über die Sanierung. Die Gespräche gestalteten sich allerdings schwierig. Insgesamt zehn Verträge waren nötig, damit der „partnerschaftliche“ Weg, wie die Stadt ihn nannte, zu Ende gegangen werden konnte. Vor dem Rechtsweg scheuten die LokalpolitikerInnen aber zurück. Der damalige NRW-Umweltminister Klaus Matthiesen hatte ihnen abgeraten, zu Ordnungsverfügungen zu greifen, weil es „wegen der Unklarheit der Rechtslage nicht erfolgversprechend erschien“.

Auch so dauerte es noch Jahre, bis die Arbeiten begannen. Erst 1995 ging es los. Der Leverkusener Multi erprobte zum ersten Mal die Methode der Mumifizierung, aber wegen des großen Schadenaufkommens gestaltete diese sich weit aufwändiger als später in Wolfenbüttel und Wuppertal. Und mit 200 Millionen Euro auch teurer, zumal der Staat „nur“ mit 50 Millionen beisprang. Eine fast vier Kilometer lange Sperrwand hegt Europas größte Sondermüll-Deponie nun seitlich ein, und noch immer muss BAYER stündlich 750 Kubikmeter verseuchtes Wasser abpumpen und im werkseigenen Klärwerk reinigen, was jährlich mehrere Millionen Euro kostet.

Ein riesiger Flurschaden, über den der Konzern jetzt Gras wachsen lässt, ganz so wie in den 50er Jahren die Häuser - und zwar im buchstäblichen Sinn. Zum „krönenden“ Abschluss der Sanierung 2005 fand auf dem Gelände nämlich die Landesgartenschau statt. „Neuland entdecken“ lautete das Motto für die Aktion „Giftmüll verdecken“. Zur feierlichen Eröffnung hat die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN deshalb mit einer Protest-Aktion auf diese Camouflage aufmerksam gemacht.

Schutzgut Boden
Auf diese Weise haben BAYER & Co. mit der Herstellung ihrer Waren und dem, was davon übrig blieb, nach einer Studie der EU von 2007 europa-weit ca. 3,5 Millionen Grundstücke verunreinigt. Zehn Prozent aller Flächen sind „am Boden zerstört“; die Sanierungskosten beziffert die Untersuchung auf 38 Milliarden Euro.

Mehr als 100 Jahre Produktion ohne Rücksicht auf Verluste haben so ihre Spuren hinterlassen. Bedenkenlos haben die Konzerne lange Zeit ihre Abfälle einfach irgendwo abgeladen. Erst seit den 70er Jahren können die Unternehmen nicht mehr rundum sorglos entsorgen. In dieser Zeit entstand nämlich langsam ein Bewusstsein für den Müllhaufen, den die Industrie-Geschichte aufgetürmt hat, und für die Notwendigkeit einer Umkehr. 1972 verabschiedete der Europäische Rat eine Charta, die den Boden zum Schutzgut erhebt. 1978 schließlich tauchte im Sprachgebrauch der Politik zum ersten Mal der Begriff „Altlast“ auf. Aber es sollte noch lange dauern, bis der Bewusstseinswandel sich auch in einem umfassenden Willen zur Veränderung der Situation widerspiegelte, denn erst 1985 veröffentlichte die damalige Bundesregierung eine Bodenschutz-Konzeption. Und noch viel länger dauerte es, bis dieser Wille Gesetzeskraft erlangte: 1998 verabschiedete der Bundestag das Bundesbodenschutzgesetz.

Erbitterter Widerstand
BAYER & Co. haben damals alles Erdenkliche getan, um das Paragraphen-Werk zu verhindern, und sie handeln heute noch genauso, wenn das „Schutzgut Boden“ wieder auf die politische Agenda zu kommen droht. So mobilisieren die Unternehmen seit geraumer Zeit allen erdenklichen Widerstand gegen die geplante EU-Bodenschutzrichtlinie, die angesichts des von den Multis in Tateinheit mit der Landwirtschaft initiierten Flächenbrandes Schadensbegrenzung betreiben will.

Der „Bundesverband der deutschen Industrie“ (BDI) erkennt „keine Wettbewerbsvorteile“ in der Regelung. Sie konterkariert nach Ansicht des Lobbyclubs zudem das EU-Ziel, Bürokratie-Abbau und Deregulierung zu betreiben. Einen Bodenzustandsbericht mögen sich die Unternehmen vor einem Grundstücksverkauf nicht abverlangen lassen, und schon gar nicht sollen ihn die zuständigen Behörden in die Finger bekommen. „Insbesondere diese Einbeziehung von Umweltbehörden in den privaten Grundstücksverkauf ist nach Auffassung der Industrie abzulehnen“, schreibt der BDI in seiner Stellungnahme. Überhaupt sieht der Verband sich zu Unrecht unter „Generalverdacht“ gestellt. Er begrüßt zwar die - nicht zuletzt wegen der Lobby-Aktivitäten von BAYER & Co. erfolgten - zahlreichen Änderungen gegenüber der ursprünglichen Version, beklagt sich jedoch darüber, weiter Hauptadressat der Richtlinie zu sein.

Der „Verband der Chemischen Industrie“ (VCI) möchte ebenfalls kein Schadensregister erstellen und bestreitet generell die Zuständigkeit der EU in dieser Angelegenheit. Die Regelung würde „deutsche Chemie-Unternehmen zusätzlich belasten, ohne für den Bodenschutz etwas zu bewirken“, resümiert der VCI.

Und natürlich spricht sich auch der „Dialog Wirtschaft und Umwelt“, eine mit VertreterInnen von BAYER und anderen Konzernen bestückte Nebenregierung der nordrhein-westfälischen CDU/FDP-Koalition, gegen das Vorhaben aus. Da der Boden - ganz im Gegensatz zu den nur auf kurzfristige Profite geeichten Konzernen - ein Langzeitgedächtnis hat, lassen sich 150 Jahre Industrie-Geschichte sowieso nicht mehr wegsanieren, meinen die DialogistInnen. Sie wollen ebenso wenig wie der BDI und der VCI mit den Kontaminationswerten herausrücken und warnen vor einem „erheblichen Vollzugsaufwand“. Auch „spezifische regionale Finanzierungsmodelle für Altlasten“, wie sie BAYER bereits zugute gekommen sind, möchte der „Dialog Wirtschaft und Umwelt“ nicht gefährden und ansonsten alles auf freiwilliger Basis halten. „Die EU-Bodenschutzrichtlinie sollte sich grundsätzlich auf ein Strategie-Papier mit empfehlendem Charakter begrenzen“, so der Dialog.

Die Große Koalition war dieser Wunsch Befehl. Die Bundesrepublik gehörte zu den fünf Ländern, die sich gegen 21 EU-Mitgliedsstaaten stellte und in Brüssel gegen den Entwurf zur Bodenschutz-Richtlinie stimmte. Die CDU/FDP-Regierung setzt diese Obstruktionspolitik fort. So ist das, was die Bodencharta des Europäischen Rates festhält, immer noch nicht in die Köpfe der PolitikerInnen und Wirtschaftsbosse vorgedrungen: „Der Boden ist eines der kostbarsten Güter der Menschheit. Er ist ein fundamentaler Teil der Biosphäre und, zusammen mit der Vegetation und dem Klima, trägt er zur Regulation der Zirkulation bei und bestimmt die Qualität des Wassers.“

Altlasten

CBG Redaktion

Braunschweiger Zeitung, 21. August 2009

Deponie soll langfristig gesichert werden

Vorbereitungen am Sondermülllager in Klein Biewende laufen – Bürgermeister kritisiert Informationspolitik

Das Unternehmen Bayer-Schering-Pharma beginnt voraussichtlich Ende nächster Woche damit, die Sondermüll-Deponie in Klein Biewende langfristig zu sichern. Dies teilte eine Unternehmenssprecherin auf Anfrage mit. Zudem verwies sie auf ein Informationsschreiben, welches das Unternehmen in der vergangenen Woche – gleichzeitig mit dem Beginn der vorbereitenden Bauarbeiten – an die Haushalte der fünf umliegenden Dörfer verteilt habe.
Zu den Vorbereitungen gehört nach Angaben der Unternehmenssprecherin, dass Hochspannungsleitungen umgelegt würden. Auch das kreisrunde Dach der Deponie, in die von 1967 bis 2004 Produktionsabfälle des Werkes Wolfenbüttel eingelagert worden seien, werde im Vorfeld mit mehreren Kränen abgebaut. Das zuständige Gewerbeaufsichtsamt in Braunschweig bestätigt, die Arbeiten genehmigt zu haben.
In dem Informationsschreiben erläutert Bayer-Schering-Pharma den geplanten Ablauf der Langzeitsicherung. Zunächst werde die Deponie mit einer vertikalen Dichtwand gegen Regenwasser umschlossen. Diese Wand reiche rund zehn Meter tief in die Erde, heißt es.
Anschließend werde die Deponie mit mehreren Erdschichten, einer verschweißten Kunststofffolie und einer Drainageschicht abgedeckt. Das entstehende Deponiegas werde abgesaugt und gereinigt, das Grundwasser regelmäßig geprüft, teilte das Unternehmen weiter mit. Voraussichtlich Ende des Jahres seien die Arbeiten abgeschlossen und das Gelände werde wieder bepflanzt, heißt es in dem Schreiben.
Remlingens Bürgermeister Klaus-Günter Warnecke (SPD) kritisierte auf Nachfrage unserer Zeitung die Informationspolitik von Bayer-Schering-Pharma. Die Gemeinde sei nicht über den Beginn der Bauarbeiten unterrichtet worden.
Er selbst habe zufällig gesehen, dass Baumaschinen auf das Gelände gebracht wurden. „Die Politik des Unternehmens ist eine Katastrophe“, so Warnecke. Er hätte sich ein Treffen im Vorfeld gewünscht. Man hätte der Gemeinde einen genauen Zeitplan für alle Arbeiten vorlegen sollen, so der Remlinger Bürgermeister.
Die Firmensprecherin wies diese Kritik zurück. Man befinde sich in der Vorbereitung und informiere alle Behörden und Institutionen rechtzeitig über die Sicherungsarbeiten. Von Torsten Fiebig

zur Info: Kampagne zur Altlast in der Dhünnaue

[Zensur] STICHWORT BAYER 03/2009

CBG Redaktion

Interview-Abdruck verhindert

BAYER & die Pressefreiheit

Ende letzten Jahres hat die Süddeutsche Zeitung ein Interview mit zwei Vertretern der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) geführt. BAYER war damit gar nicht einverstanden. Also zeigte der Leverkusener Multi den Jungs in München mal, wer im Lande das Sagen hat, und sorgte für ein Verschwinden des Textes im Archiv. Und das war kein Einzelfall. Zur Pressefreiheit hatte der Konzern immer schon ein gestörtes Verhältnis.

Von Jan Pehrke

Der 30. Geburtstag der CBG im letzten Jahr bot für den Journalisten Caspar Dohmen von der Süddeutschen Zeitung den Anlass dafür, ein Gespräch mit zwei Vorstandsmitgliedern über die konzern-kritische Arbeit zu führen. Es hatte unter anderem die Entstehung der CBG und die Möglichkeiten der Einflussnahme auf große Konzerne zum Gegenstand. Als konkrete Beispiele dienten Störfälle in BAYER-Werken, die umstrittene Kohlenmonoxid-Pipeline quer durch NRW sowie die Verbrennung von Giftmüll. Auch der Leverkusener Chemie-Multi war von dem SZ-Redakteur um eine Stellungnahme gebeten worden. Statt einer Antwort intervenierte ein Vertreter des Konzerns bei der Zeitung. Was er genau vortrug, ist unbekannt. Klar sind nur die Abläufe - und das Ergebnis. Dohmen tat alles, um den Text retten und bat um Belege zu den getätigten Aussagen. Zwar konnte keine Passage inhaltlich beanstandet werden, dennoch erreichte der Global Player sein Ziel: Das Interview verschwand in der Schublade.

Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der CBG erklärte dazu: „Dies ist eine nicht hinnehmbare Einflussnahme von BAYER auf die Medien. Leider kein Einzelfall, sondern Steuerung der Medien im Interesse der Sicherung der Konzern-Profite. Mit einer Politik von Zuckerbrot in Form von Anzeigenetats in dreistelliger Millionenhöhe und Peitsche in Form von Zensur wird eine freundliche Berichterstattung erzwungen. Im Nebeneffekt werden dabei auch Demokratie und freie Berichterstattung zu Grunde gerichtet.“ Die CBG hat Beschwerde beim Presserat eingelegt, der sich des Falls auch angenommen hat.

An der Person des bei der Süddeutschen Zeitung etatmäßig für BAYER zuständigen Redakteurs, Stefan Weber, lässt sich das ungute Zusammenspiel von Medien und Multis exemplarisch illustrieren: Weber hat persönlichen Zugang zu den Verantwortlichen im Konzern und erhält häufig Exklusiv-Meldungen – die härteste Währung im Mediengeschäft. Wenn BAYER eine neue Anlage in China einweiht, fährt Weber (vermutlich auf Firmenkosten) mit nach Shanghai. Im Gegenzug verzichtet der Wirtschaftsredakteur seit Jahren auf jegliche kritische Berichterstattung. Anders als KollegInnen aus anderen SZ-Redaktionen griff Weber beispielsweise nicht ein einziges Mal eine Meldung der CBG auf. Und es gibt genug willige Wirtschaftsjournalisten wie Weber, die sich BAYERs Pflege der Presselandschaft gern angedeihen lassen.

Die Coordination dokumentiert seit vielen Jahren den unlauteren Umgang des Unternehmens mit den Medien, der seit Gründung des Unternehmens im Jahr 1863 zum Kerngeschäft gehört. Einen Großteil der „kurzen Dienstwege“ ist der Konzern dabei wohl unerkannt gegangen, aber schon die bekannt gewordenen reichen, um das Ausmaß der BAYER-Pressearbeit zu dokumentieren. So mussten die Magazine Spiegel und Stern nach kritischen Berichten von 1982 bis 1995 auf Anzeigen aus Leverkusen verzichten. O-Ton aus der Zentrale des Chemie-Multis: „Damit die Jungs in Hamburg mal lernen, wer hier das Sagen hat“. Das lernten auch „Die Jungs aus Köln“. Ein im Express schon fest eingeplanter Bericht über die BAYER-Hauptversammlung und Gegen-Aktivitäten verschwand nach einem kurzen Anruf aus Leverkusen aus dem Blatt. Die Düsseldorfer Stadtillustrierte Überblick musste hingegen ein Artikel über Störfallrisiken teuer bezahlen. Kurz nach dem Erscheinen stornierte BAYER eine regelmäßig erscheinende ASPIRIN-Anzeige. In den USA gelangte kürzlich nach einem Störfall in einem BAYER-Werk ein Strategiepapier des Konzerns in die Öffentlichkeit, in dem empfohlen wird, kritische Medien zu „marginalisieren“. Ein derartiges Vorgehen hat der Agro-Riese systematisiert. So erteilte er seinen leitenden Öffentlichkeitsarbeitern einst eine Weisung, missliebige JournalistInnen dem Leverkusener „Hauptquartier“ zu melden: Dort hätte man die Mittel, negative Berichterstattung zu unterbinden.

In jüngster Zeit häufen sich Abmahnungen gegen Blogs und Internet-Zeitungen. So erhielt die Redaktion von Lifegen.de eine Klageandrohung, weil sie eine Meldung der CBG zu Nebenwirkungen von Verhütungsmitteln nachgedruckt hatte. Zwar blieb Lifegen ebenso wie der ebenfalls vom Global Player inkriminierte Blog duckhome standhaft und wäre juristisch auch nicht zu belangen gewesen, aber andere Betreiber im Internet knicken angesichts massiver Drohungen („strafrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen, weitere Ansprüche bleiben vorbehalten“) oft ein.

Ein besonderer Dorn im Auge ist dem Konzern die Berichterstattung des WDR. Regelmäßig versucht er, kritische TV-Berichte des Senders zu verhindern, kürzlich z. B. den Film „Unter tödlichem Verdacht“, der die von BAYER verschwiegenen Risiken der Arznei TRASYLOL enthüllte (wenige Tage nach der Ausstrahlung musste das Präparat vom Markt verschwinden). Auch eine Dokumentation des Journalisten Frans van der Meulen über Vergiftungen durch Holzschutzmittel wollte der Multi kippen. Bei einem Monitor-Beitrag über die mit Hilfe eines BAYER-Patents entwickelten Chemie-Waffen VX und VE gelang ihm das 1984. Eine Interview-Anfrage zu dem Thema reichte, um die Rechtsabteilung ein- und den Film auszuschalten. Redakteur Gerd Ruge teilte den Autoren Peter Kleinert und Jörg Heimbrecht mit, der Beitrag könne „leider nicht gesendet werden“, weil BAYER „im Hause interveniert“ hätte und er sich dem beugen müsse.

Besonderen Anstoß erregte 1990 eine „Montagsreportage“. Darin gab der damalige Werksleiter des Leverkusener BAYER-Werkes, Dietrich Rosahl, zu, von der Umweltverschmutzung durch die Dhünnauer Altlast-Deponie gewusst zu haben. Da dieses Geständnis zu einem Strafverfahren führte, intervenierte der Pharma-Riese umgehend beim WDR-Fernsehdirektor Günter Struve.
Die Sendung „Vor Ort“ war zum letzten Mal live vor Ort, als sie über einen Gusathion-GAU in Dormagen berichtete. Die dort ausgestrahlten Orginaltöne waren für den Konzern zu schwer zu ertragen. Seither kamen die Lokaltermine aus der Konserve. Nach einem anderen unliebsamen Fernsehbeitrag verteilten die PropagandistInnen um den kürzlich in Rente gegangenen BAYER-Pressechef Heiner Springer gar Tausende von Flugblättern mit der Überschrift: „WDR - Da hilft nur noch abschalten“. Den damaligen WDR-Intendanten Friedrich Nowottny wollte BAYER über den Rundfunkbeirat stürzen, da er den Wünschen des Konzerns nicht vollständig nachkam.

Aber auch andernorts kümmerte sich der Gen-Gigant um „saubere Leinwände“. So verklagte er 1988 den SWF nach einem Report-Beitrag über das BAYER-Ackergift NEMACUR, das die JournalistInnen Dr. Imre Kerner und Dagni Kerner-Radek für schwerwiegende Gesundheitsstörungen im Raum Tübingen verantwortlich gemacht hatten. Besonders skandalös dabei: Der in den Bodenproben nachgewiesene NEMACUR-Wirkstoff Fenamiphos besaß in der Bundesrepublik gar keine Zulassung. BAYER leitete juristische Schritte ein, und das dem Konzern immer schon recht wohlgeneigte Kölner Landgericht gab der Klage nach Richtigstellung und Unterlassung statt.

Nicht einmal die Sport-Berichterstattung ist vor dem Pillen-Produzenten sicher, gilt es doch, die als „Plastik-Club“ verschriene Fußball-Abteilung vor Anfeindungen zu schützen. Dem ZDF-Sportstudio warf der Konzern dereinst in dieser Sache „unterlassene Hilfeleistung“ vor, denn es strahlte das dem Sportclub bei einem Pokalspiel entgegenschallende Pfeifkonzert ohne redaktionellen Eingriff aus. „Wir haben uns immer noch mit einer sehr unangebrachten öffentlich-rechtlichen Arroganz auseinanderzusetzen“, tobte der ehemalige Sport-Direktor Jürgen von Einem, „So geht man nicht mit Kunden um“. Ein verräterischer Satz: Als Kunde mit Anspruch auf Dienstleistungen definiert BAYER in aller Offenheit sein Verhältnis zu den Medien. Und als ein solcher verlangte der Konzern bei einem TV-Film über einen vertuschten Störfall auch Drehbuch-Einsicht. Das ZDF verbat sich das und bekam umgehend Schwierigkeiten bei der Motivsuche. BAYER und andere Chemie-Multis erteilten auf ihren Firmen-Arealen keine Drehgenehmigung. Der Film „Unser täglich Gift gib‘ uns heute“ von Frederico Füllgraf über den Pestizid-Einsatz in Brasilien hielt für den Agro-Riesen alles, was der Titel versprach. Also übte er Druck auf die Evangelische Kirche als Verleiher aus und sorgte für ein Verschwinden des Werkes aus dem Programm.

Interviews mit der Coordination stören den Global Player auch schon länger. Als die Eröffnung einer Produktionsanlage in Bitterfeld einen bitteren Beigeschmack zu bekommen drohte, weil ein CBGler im Radio Mephisto über die ökologischen Nebenwirkungen des Werkes und BAYERs Einflussnahme bei der Treuhand plauderte, rief BAYERs Presse-Chef direkt aus London bei der Radiostation an und forderte Sendeplatz ein - den er natürlich auch prompt bekam.

Selbst eine Buchveröffentlichung hintertrieb der Pharma-Riese bereits. Gegen das Werk „Der Dormagener Störfall“ von Klas Ewert Everwyn, inspiriert von einem Gusathion-GAU bei BAYER, zog er Anfang der 80er Jahre vor Gericht. „Es ist doch etwas anderes, ob man sich mit der Kritik an gegenwärtigen Zuständen auseinanderzusetzen hat, oder ob ein Schriftsteller BAYER einfach diffamiert“, meinte der Konzern. Er drohte mit einer Prozesslawine und erreichte in einem Vergleich die Streichung des Namens „BAYER“ aus dem Text. Jegliche Ähnlichkeit des im „Dormagener Störfall“ erwähnten Unternehmens mit einem tatsächlich existierenden hatte der Autor als zufällig darzustellen. „Da es sich um ein Auftragswerk der Stadt Dormagen handelt, war es für mich zwingend, das dort ansässige große Chemiewerk für meine Legende heranzuholen. Ich will weder das Werk noch seine Menschen diffamieren“, lautete die am Anfang des Oeuvres abzudruckende Erklärung (ein Artikel zu der Kontroverse erschien im SPIEGEL).

Für das Buch „Es war einmal ein Fluss“ hieß es dank BAYER auch selbst bald „Es war einmal“: Nach einer kleinen Intervention aus Leverkusen verschwand die Chronik des langsamen Verschwinden eines Wasserlaufs durch eine Überdosis Chemie vom Markt.

Bei so einer energischen Pressearbeit konnte der Konzern die Coordination natürlich nicht schonen. 1990 mahnte er ein Titelbild von Stichwort BAYER ab, und 2001 untersagte er die Nutzung eines bestimmten Domain-Namens. An der CBG war es dann auch, in einem Aufruf unter der Überschrift „Gefahren für die Demokratie“ die von BAYER ausgehenden Risiken und Nebenwirkungen zu benennen, was die Demokratie dann noch mehr in Gefahr brachte. Der Leverkusener Multi ging 1987 nämlich gerichtlich gegen die folgende Passage vor: „In seiner grenzenlosen Sucht nach Gewinnen und Profiten verletzt BAYER demokratische Prinzipien, Menschenrechte und politische Fairness. Missliebige Kritiker werden bespitzelt und unter Druck gesetzt, rechte und willfährige Politiker werden unterstützt und finanziert“. In den ersten Instanzen bekam das Unternehmen Recht. Die Coordination musste bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen und ein erhebliches finanzielles Wagnis eingehen, um dem Recht auf Meinungsfreiheit fünf Jahre nach Beginn des Verfahrens wieder Geltung zu verschaffen. Aber gebrochen ist die Multi-Macht auf Medien immer noch nicht, wie nicht zuletzt das auf dem Müllhaufen der Presse-Geschichte gelandete CBG-Interview beweist.

[Ticker] STICHWORT BAYER 04/2008 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Wieder Streik in Rosia
Seit Anfang 2007 wehren sich die Beschäftigten des Pharma-Werkes von BAYER im italienischen Rosia mit Streiks gegen die drohende Schließung der Niederlassung. Im September 2008 organisierte die Belegschaft wieder Arbeitsniederlegungen und eine Kundgebung,

BAYER-Beschäftiger will Bail-out
Ein BAYER-Beschäftigter hat in einem Offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel, den das Belegschaftsinfo in seiner 192. Ausgabe veröffentlicht hat, einen Schutzschirm für sich gefordert. „Ich arbeite in einem globalisierten Unternehmen“, schreibt er, „und in den letzten Jahren hat das Management leider dafür gesorgt, dass die Arbeitsplätze immer weniger wurden. Auch ist die Sicherheit der Arbeitsplätze durch immer aufgeweichtere Regelungen massiv gefährdet. Es geht sogar so weit, dass Mitarbeiter schuldlos in betriebseigene Leiharbeitsverhältnisse gedrängt werden“. Wegen dieser prekäre Lage fürchtet der Schreiber, seinen Pflichten als Steuerzahler bald nicht mehr nachkommen zu können und erbittet deshalb von der Kanzlerin ein monatliches Sicherheitspaket in Höhe von 4.000 bis 5.000 Euro.

Initiative erinnert an IG-FARBEN-Verbrechen
Im Rahmen der Reihe „Verbrechen der Wirtschaft“ hat die KULTURVEREINIGUNG LEVERKUSEN e. V. mit einer Gedenkkundgebung an die Opfer des von BAYER mitgegründeten IG-FARBEN-Konzerns erinnert. Mit Transparenten wie „Sie förderten die Nazis - Sie profitierten von den Nazis“ fanden sich die TeilnehmerInnen dafür am 14. November 2008 vor dem Tor 1 des BAYER-Chemieparks ein. Ansprachen hielten unter anderem Ulrich Sandner von der VEREINIGUNG DER VERFOLGTEN DES NAZI-REGIMES und Axel Köhler-Schnura von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN. Eigentlich sollte den Worten noch eine Tat folgen. Die Kulturinitiative plante ursprünglich, am Eingang zum Werk eine Gedenkplatte in den Boden einzulassen, die Stadt untersagte das allerdings.

Offener Brief an die Uni Köln
DIE COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat die Uniklinik Köln gemeinsam mit den KRITISCHEN MEDIZINSTUDIERENDEN AN DER UNI KÖLN, MEDICO INTERNATIONAL und anderen Gruppen in einem Offenen Brief aufgefordert, Angaben zu dem mit BAYER geschlossenen Kooperationsvertrag zu machen. „Verzichtet die Uniklinik auf die negative Publikationsfreiheit - also darauf, auch fehlgeschlagene Experimente publik zu machen? Müssen Studien vor ihrer Veröffentlichung der BAYER AG vorgelegt werden? Wie wird sichergestellt, dass Konzeption und Auswertung pharmakologischer Studien nicht allein durch ökonomische Interessen beeinflusst werden? Wie ist die Frage der Rechte an Arznei-Entwicklungen geregelt?“ - diese Fragen stellten die Initiativen dem Universitätsklinikum unter anderem. Eine Antwort blieb bis heute aus.

GREENPEACE gegen Kohlekraftwerk
„Kohlekraft verheizt das Klima“ - diesen Slogan versinnbildlichte GREENPEACE am 26. November in Krefeld mit einem brennenden CO2-Zeichen und protestierte so gegen das im BAYER-Chemiepark geplante Kohlekraftwerk, das jährlich 4,4 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausstoßen soll.

Institute: DemokratInnen wachen auf
Das BAYER-Werk im US-amerikanischen Institute produziert vor allem Beinah-Katastrophen. Beim letzten Unfall am 28. August kamen zwei Arbeiter ums Leben (SWB 3/08). Die von der Fertigungsstätte ausgehenden Gefahren haben nun auch einen Denkprozess innerhalb der Demokratischen Partei des Bundesstaats West Virginnia eingeleitet. Zumindest der Jugendverband unterstützt den traditionell industrie-freundlichen Kurs der Demokraten nicht mehr bedingungslos. Er gehörte vielmehr zu den Unterzeichnern des von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN initiierten Offenen Briefes, der eine Verbesserung der Anlagensicherheit forderte.

Bluewashing in Südafrika mit Schmutzflecken
Als „Bluewashing“ kritisieren die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und andere Initiativen die Strategie der Konzerne, sich durch Kooperationen mit den Vereinten Nationen ein gutes Image zu verschaffen. BAYER tut dies hauptsächlich durch die Zusammenarbeit mit UNEP, dem Umweltprogramm der UN. Im Rahmen dieser konzertierten Aktion ernennt der Leverkusener Multi in aller Welt „Umweltbotschafter“, die vor Ort für die gute grüne Sache werben sollen. So auch in Südafrika. Aber aus diesem Land sendet BAYER leider selber seit langem schlechte Umweltbotschaften in Form von chrom-verseuchtem Grundwasser. Die ganze Umgebung des mittlerweile zu BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS gehörenden Werkes in Durban ist belastet, und die Sanierungsmaßnahmen ziehen und ziehen sich. Darum plant eine örtliche Umweltgruppe, den südafrikanischen Umweltbotschafter einzubestellen und das Umwelt-Image des Konzerns auf undiplomatische Weise mit der Wirklichkeit zu konfrontieren.

Endosulfan-Verbot gefordert
BAYER gehört weltweit zu den größten Produzenten des ultragiftigen Pestizides Endosulfan. Auf den Philippinen machte es zuletzt im Sommer Schlagzeilen. Bei dem Fährunglück am 21. Juni starben nämlich nicht nur 800 Menschen, es drohten auch 10 Tonnen Endosulfan ins Meer zu geraten. Die Regierung hatte die Anwendung des Organophosphates zwar generell untersagt, schuf aber gleichzeitig Schlupflöcher. Diese abzuschaffen, verlangten im Juli 50 Initiativen bei einer Protestkundgebung vor dem Landwirtschaftsministerium. „Die Regierung muss Endosulfan verbieten und die Ausnahmeregelungen aufheben, um Mensch, Tier und Umwelt vor der Bedrohung durch Endosulfan zu schützen“, forderte Romy Quijano vom PESTICIDE ACTION NETWORK PHILIPPINES, der ein langjähriger Kooperationspartner der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN ist.

Jahrestagung 2008
Aus Anlass ihres 30jährigen Bestehens machte sich die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) auf ihrer diesjährigen Jahrestagung selbst zum Thema. „30 Jahre Konzernkritik - Bilanz & Perspektive“ stand auf der Agenda. Axel Köhler-Schnura gab zu Beginn einen allgemeinen Überblick über die Geschichte der Konzernkritik von den ersten Streiks und Demonstrationen im 19. Jahrhundert über die Arbeiterräte der Novemberrevolution und die Niederlage von 1933 bis zur Sozialpartnerschaftsideologie heutigen Tags. Was Konzernkritik konkret heißt, entwickelte der CBG-Vorständler in seinem zweiten Vortrag am praktischen Beispiel der Coordination. Gegründet nach einem Störfall im Wuppertaler BAYER-Werk, sprengte die CBG bald die lokalen Grenzen und nahm den Chemie-Multi in all seinen Verästelungen in den Blick, was Köhler-Schnura zufolge nur durch den Aufbau eines internationalen Netzwerks gelingen konnte. Nach der Mittagspause ging es in die Gegenwart: CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes stellte die aktuellen Kampagen gegen BAYERs Bienen- und Klimakiller sowie gegen die Erweiterung der Phosgen-Produktion und den Bau einer Kohlenmonoxid-Leitung vor. Anschließend öffnete sich die Tagung anderen Ansätzen der Konzernkritik. Markus Dufner vom DACHVERBAND DER KRITISCHEN AKTIONÄRINNEN UND AKTIONÄRE und Thomas Eberhardt-Köster von ATTAC stellten die Arbeitsweisen ihrer Gruppen vor. In der abschließenden Podiumsrunde mit Dufner, Eberhardt-Köster und Köhler-Schnura ging es dann um das Trennende und das Verbindende, wobei das Verbindende überwog. Alle Diskutanten betonten die Notwendigkeit einer stärkeren Kooperation, gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise, die sich an diesem Tag natürlich immer wieder auf die Tagesordnung drängte. So klang schließlich die Jubiläumsjahrestagung aus, die dem feierlichen Anlass gemäß zu den bestbesuchtesten der letzten Jahren gehörte. Einen Besucher riss es sogar zu einem Dankesschreiben hin. „Ich möchte mich nochmals bedanken für die Veranstaltung am Samstag. Es war sehr interessant für mich und außergewöhnlich offen“, schrieb er der CBG.

Offener Brief wg. Phosgen
BAYER will in Krefeld, Brunsbüttel und Dormagen die Produktion von Polycarbonat, Methyldiisocyanat (MDI) und Toluylendiisocyanat (TDI) erweitern (siehe SWB 4/08). Während andere Unternehmen Polycarbonate schon ohne Phosgen herstellen, setzt der Leverkusener Multi weiterhin das im Ersten Weltkrieg zu trauriger Berühmtheit gelangte Giftgas ein, heutzutage immer noch die gefährlichste Industrie-Chemikalie. Aber nicht nur aus diesem Grund, auch weil bei den geplanten Ausbau-Aktivitäten keine Umweltverträglichkeitsprüfung mit Beteiligung der Öffentlichkeit vorgesehen ist, kritisiert die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) das Vorhaben. Für das Engagement gegen die Erhöhung der Kapazitäten in Krefeld fand die Coordination im BUND FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ e. V. (BUND) einen Bündnispartner. Im Oktober schrieben die beiden Initiativen gemeinsam einen Offenen Brief an den Stadtrat von Krefeld, der auf die Gefahren des noch nicht offiziellen und nicht zuletzt auch durch die aktuelle Wirtschaftskrise gefährdeten BAYER-Projektes aufmerksam macht.

CBG schreibt China Daily
Die Zeitung China Daily betätigte sich als williger Greenwashing-Helfer BAYERs und druckte unter der Überschrift „Umweltschutz ist ein Highlight BAYERs“ einen komplett auf PR-Unterlagen des Konzerns beruhenden Artikel über dessen „segensreiche“ Umweltaktivitäten. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) schrieb einen Leserbrief mit einer Gegendarstellung. Sie zitierte aus dem „Schwarzbuch BAYER“ und zählte als Umweltsünden des Leverkusener Multis unter anderem die Verwendung von Phosgen in der Kunststoff-Produktion, das Hintertreiben einer ökologisch sinnvollen Klimapolitik, das Setzen auf Kohlekraftwerke und die Herstellung schädlicher Chemikalien wie Bisphenol A auf. Das wollte das Presseorgan seinen LeserInnen offenbar nicht zumuten: Eine Veröffentlichung unterblieb bis heute.

Köhler gegen Saatgut-Oligopol
Die Agromultis dominieren den weltweiten Saatgut-Handel nach Belieben. Die 10 größten Anbieter, unter denen BAYER 2006 die siebte Position einnahm, kommen zusammen auf einen Marktanteil von über 60 Prozent. Dies ist selbst dem wirtschaftsfreundlichsten Bundespräsidenten zuviel. Auf dem Bauerntag mahnte Horst Köhler: „Und schließlich sollten wir in diesem Zusammenhang auch ein besonderes Augenmerk auf die möglichen Folgen richten, die sich aus einer marktbeherrschenden Stellung einzelner Saatgutunternehmen ergeben können“.

Bisphenol-Anfrage
Die von BAYER massenhaft hergestellte und vor allem in Mineralwasser- und Babyflaschen sowie Konservendosen Verwendung findende Chemikalie Bisphenol A (BPA) kann einer neuen Studie zufolge Diabetes oder Herz/Kreislauf-Erkrankungen befördern (siehe GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV). Die grüne EU-Parlamentarierin Hiltrud Breyer nahm die Veröffentlichung zum Anlass, eine Anfrage an die Brüsseler Kommission zu richten, die 2007 eine von der EU-Lebensmittelbehörde EFSA vorgeschlagene Erhöhung der Grenzwerte um das Fünffache genehmigt hatte. „Hält die Kommission es für verantwortlich, angesichts der sensiblen Präsenz von BPA in Nahrungsmittelkontakt-Materialien, insbesondere Babyflaschen (...) den Grenzwert hochzusetzen, auch wenn Studien vorhanden sind, die gemäß klassischer Toxikologie zu bestehenden oder gar niedrigeren Grenzwerten führen sollten?“, wollte Breyer unter anderem wissen. „Mehrere der durchgeführten Studien, insbesondere diejenigen zur Verabreichung niedrigerer Dosen werden entweder nicht gemäß der GLP (gute Laborpraxis, Anm. SWB) durchgeführt oder ergeben keine statistisch signifikanten Wirkungen“, bekam sie zur Antwort. Zur möglichen Industrie-Abhängigkeit der VerfasserInnen der Untersuchung, welche die EFSA bei ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hatte, hüllte sich die Kommission dezent in Schweigen.

FDA wg. Bisphenol kritisiert
In den USA hat es die Bisphenol-Lobby von BAYER & Co. bisher geschafft, Maßnahmen gegen die hormon-ähnlich wirkende Substanz zu verhindern, die unter anderem in Lebensmittelverpackungen Verwendung findet. Obwohl die Chemikalie in Verdacht steht, die Entwicklung des Gehirns, Stoffwechselprozesse und die Fortpflanzungsfähigkeit zu beeinträchtigen, Chemotherapien zu erschweren und Diabetes oder Herz/Kreislauf-Erkrankungen zu befördern, sieht die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA keinen Anlass zum Handeln. „Die Bisphenol-Exposition durch Lebensmittelverpackungen stellt für die Bevölkerung, einschließlich Kindern und Säuglingen, kein akutes Gesundheitsrisiko dar“, meint die FDA. Dieser Ansicht hat jetzt ein wissenschaftliches Panel widersprochen. In einem Report werfen die ForscherInnen der Behörde vor, neueste Erkenntnisse zu ignorieren und „eine trügerische Sicherheit“ zu verbreiten. Der Bericht werfe wichtige Fragen auf, konzedierte die FDA, ohne sich allerdings gezwungen zu sehen, ihre Einschätzung zu ändern.

REACH: BUND macht Druck
Das REACH genannte Chemikaliengesetz der EU schreibt BAYER & Co. vor, ihre Stoffe auf gesundheitsgefährdende Wirkungen hin zu untersuchen. Über die Umsetzung der von BAYER & Co. erfolgreich aufgeweichten Verordnung wacht die Chemikalien-Agentur ECHA in Helsinki. Bisher hat sich dort jedoch wenig getan. Damit gefährliche Chemie endlich vom Markt verschwindet, hat der BUND die ECHA jetzt aufgefordert, eine Liste mit potenziell schädlichen Substanzen zu erstellen, die ein Zulassungsverfahren durchlaufen müssen. „Nur eine Zulassungspflicht und die öffentliche Bekanntmachung dieser gefährlichen Chemikalien können die Industrie dazu bewegen, mehr Gelder in die Entwicklung sicherer Alternativen zu stecken“, so die BUND-Chemie-Expertin Patricia Cameron.

Zockte die Beistandskasse?
Die BAYER-Beistandskasse hatte beim Sterbegeld, das bislang durchschnittlich ca. 6.000 Euro betrug, Kürzungen von bis zu 2.000 Euro vorgenommen, was zu großen Protesten führte (Ticker 3/08). Der Vorstandsvorsitzende Lutz Cardinal von Widdern begründete den Schritt mit zurückgehenden Beiträgen aufgrund der überalterten Mitgliederstruktur und der Notwendigkeit zu einer verstärkten Risikovorsorge. In einem an den Leverkusener Anzeiger adressierten Leserbrief fand sich jedoch eine andere Erklärung für den Geldmangel der Kasse. „Der Versuch des Vorstandsvorsitzenden von Widdern, noch vor der Mitgliedsversammlung deutlich zu machen, wie verantwortungsvoll der Vorstand mit den Geldern der Mitglieder umgehe, zeigt, dass dieser Vorstand nicht bereit ist zuzugeben, dass er rund 80 Millionen Euro bei Spekulationsgeschäften mit den Mitgliederbeiträgen verloren hat“, heißt es dort.

KAPITAL & ARBEIT

Prekarisierung bei BayJob
BAYER hat seinen Pool für „bedarfsgerechte Einsätze“, in dem Rationalisierungsopfer Springer-Dienste verrichten müssen, in „BayJob“ umbenannt und ihn nicht nur damit noch mehr in McJob-Nähe gerückt. Der Leverkusener Multi hat die betroffenen Belegschaftsangehörigen nämlich gezwungen, einen Zusatz zu ihrem Arbeitsvertrag zu unterschreiben, in dem sie sich damit einverstanden erklären, alle zumutbaren Angebote inklusive Leiharbeit anzunehmen und auch Zeiten ohne Beschäftigung zu akzeptieren. Zudem sieht der Konzern das Parken der Arbeitskräfte bei „BayJob“ nicht als Versetzung an, weshalb er die Zustimmung des Betriebsrates nicht einzuholen braucht. Diese Frage wollte die BELEGSCHAFTSLISTE, eine alternative Gewerkschaftsgruppe im Wuppertaler BAYER-Werk, erst juristisch klären lassen, ehe sie der Gesamtbetriebsratsvereinbarung ihr Ja-Wort gibt, aber das war mit der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE nicht zu machen. Die Gewerkschaft drohte: „Sollte der GBR (Gesamtbetriebsrat, Anm. Ticker) keine Beauftragung bekommen, könnte es in Zukunft auch zu betriebsbedingten Kündigungen kommen“ und erzwang so ein positives Votum, wie das Belegschaftsinfo vom November 2008 berichtet.

BAYER will „Commitment“
Im dritten Quartal 2008 stieg der Umsatz der Gesundheitssparte des Konzerns gegenüber dem Vorjahr um 6,1 Prozent. Nichtsdestotrotz macht BAYER SCHERING Rationalisierungsbedarf aus und startete das Projekt „Commitment“. „Obwohl das Projekt offiziell weder Restrukturierungs-, Kostensenkungs- noch Personalabbaukonzept sein soll, wurde doch zumindest in einigen Abteilungsversammlungen deutlich, dass restrukturiert werden wird, Kosten reduziert werden und Personalabbau nicht ausgeschlossen ist“, heißt es in der Mai-Ausgabe des von der BASIS INITIATIVE SOLIDARITÄT herausgegebenen BAYER-SCHERING Info. BAYER begründet die Maßnahmen unter anderem mit dem TRASYLOL-Stopp, dem Patentstreit um die Pille YAZ, dem Ausfall eines KOGENATE-Zwischenhändlers und erhöhten Anforderungen der Behörden. Die Basis Initiative lässt das nicht gelten. „Ginge es tatsächlich um Beseitigung von Patentproblemen, müsste man die Patentabteilung stärken oder die Dokumentation optimieren. Probleme der Arzneimittelsicherheit und höheren Behördenanforderungen könnte man mit dem Ausbau von Drug Safety und Regulatory und guter Archivierung und Recherche begegnen. Aber gerade die letztgenannten Bereiche gehen in Wuppertal am Stock“.

Sparprogramm wg. Finanzkrise
Anfang November 2008 nahm das BAYER-SCHERING-Vorstandsmitglied Andreas Busch die Finanzkrise zum Anlass, ein Sparprogramm zu verhängen. In einem Rundbrief ordnete er einen Einstellungsstopp, eine Verlängerung der weihnachtlichen Werksferien, eine Absage der Weihnachtsfeiern und andere Maßnahmen an. Nach massiver Kritik von Seiten des Personals ruderte er zurück und bezeichnete sein Schreiben als bloßen Entwurf. Eine von Buschs Direktiven konnte der Wuppertaler Betriebsrat schon einmal verhindern: Er stimmte dem Produktionsstillstand vom 19.12. bis zum 6.1. nicht zu.

Schließung in Wolfenbüttel
Der Leverkusener Multi gibt den Standort Wolfenbüttel auf und gliedert die dortige Pestizid-Produktion aus. Der Agro-Riese hat das Werk an das Unternehmen LEHNKERING verkauft, das nun als Dienstleister in Sachen „Ackergifte“ für den Konzern tätig wird und dazu auch die zuletzt auf eine Stärke von 140 zusammengeschrumpfte BAYER-Belegschaft übernimmt. Die giftigen Altlasten des Agro-Riesen wollte LEHNKERING allerdings nicht haben, die musste der Global Player noch selber entsorgen (siehe WASSER, BODEN & LUFT).

Tarifparteien vereinbaren Ethik-Kodex
Von der BAYER-Familie ist nicht mehr viel zu spüren. Immer rücksichtloser verfolgt der Leverkusener Multi seine Profitinteressen auf Kosten der Belegschaft. Die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE sieht darin jedoch keinen Anlass, die Politik der Sozialpartnerschaft in Frage zu stellen. Sie setzt ihren Schmusekurs unbeeindruckt fort und hat jüngst gemeinsam mit dem „Bundesarbeitgeberverband Chemie“ ein Glaubensbekenntnis zur „sozialen Marktwirtschaft“ abgegeben, zu dem auch Bundespräsident Horst Köhler seinen Segen gab. „Unternehmerischer Erfolg, der von nachhaltig handelnden und wettbewerbsfähigen Unternehmen erzielt wird, ist Bedingung für Innovationen, Investitionen und Arbeitsplätze“, heißt es in den „Leitlinien für verantwortliches Handeln in der sozialen Marktwirtschaft“, die ansonsten nur schwammige Bekenntnisse zu sozialem und ökologischem Wirtschaften liefern.

Schmoldt gegen höhere Spitzensteuer
Die immer weiter auseinandergehende Schere zwischen Arm und Reich hat den DGB veranlasst, eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes zu fordern. Der Vorsitzende der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE und BAYER-Aufsichtsrat Hubertus Schmoldt hält davon gar nichts. Gerechtigkeit sei nicht allein vom Spitzensteuersatz abhängig, auch nicht, wenn er bei 60 Prozent läge, so Schmoldt laut Faz.

Kostspielige Altersteilzeit
Die Altersteilzeit-Regelung, wie sie vor allem größere Konzerne wie BAYER praktizieren, kommt den Staat teuer zu stehen. Gehaltszuschüsse und der Verzicht auf einen Teil der Sozialabgaben kosten die SteuerzahlerInnen jährlich 2, 4 Milliarden Euro.

Kostspielige Vorstandsgehälter
Die Vorstände von DAX-Unternehmen konnten von 1987 bis 2007 eine Gehaltserhöhung von sage und schreibe 650 Prozent verzeichnen. Erhielten die Manager von BAYER & Co. vor zwanzig Jahren durchschnittlich 445.000 Euro, so stecken sie mittlerweile 3,3 Millionen ein. Die GeschäftsführerInnen nicht an der Börse notierter Unternehmen kamen im gleichen Zeitraum dagegen „nur“ auf eine Einkommenssteigerung von 132.000 auf 268.000 Euro.

Beistandskasse: Datenschutz-Verstoß?
Auf der tumultösen letzten Mitgliederversammlung der BAYER-Beistandskasse (Ticker 3/08) fanden keine geheimen Wahlen statt, vielmehr war jede Stimmkarte einer Person zuordbar. Besonders KritikerInnen der Geschäftspolitik der Beistandskasse ist das nicht ganz geheuer. Die nordrhein-westfälische Datenschutzbeauftragte Bettina Gayk sieht durch diese Wahlordnung zwar keine Gesetze verletzt, sie kündigte aber an, im Falle von Beschwerden tätig zu werden und den Vorstand zu einer Stellungnahme aufzufordern.

ERSTE & DRITTE WELT

Welthandelsrunde gescheitert
Die Industrieländer subventionieren ihren Landwirtschaftssektor mit immensen Summen, was auf den Märkten von „Dritte-Welt“-Staaten zu einem Verdrängungswettbewerb führt, den die einheimischen FarmerInnen verlieren. Darum haben Indien und China bei den Verhandlungen der Welthandelsorganisation (WTO) einen besseren Schutz ihrer Bauern und Bäuerinnen eingefordert. Wenn die Importe eine bestimmte Quote übersteigen, wollten sie Schutzzölle erheben dürfen. Dies aber lehnten vor allem die USA ab, weshalb die Gespräche Ende Juli 2008 scheiterten. „Bei dem Kraftakt einer allgemeinen Liberalisierung des Welthandels (...) scheint die Globalisierung der Wirtschaft vorerst an ihre Grenzen zu stoßen“, lamentiert die Faz. Und auch BAYER dürfte das bedauern, profitiert der Konzern doch stark von den globalen Agrarmärkten mit ihrer durchindustrialisierten Struktur.

BAYER sponsort Demographie-Konferenz
BAYER gehörte wieder einmal zu den Sponsoren der seit sieben Jahren stattfindenden Konferenz „Internationaler Dialog Bevölkerung und Nachhaltige Entwicklung“, an der unter anderem Entwicklungshilfe-Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul teilnahm. Damit erkaufte sich der Multi auch das Rederecht. „Unsere Expertise in der Frauengesundheit verpflichtet uns dazu, Familienplanung in Entwicklungsländern zu einem festen Bestandteil unseres gesellschaftlichen Engagements zu machen“, sprach BAYER SCHERING PHARMAs Forschungsvorstand Andreas Busch. Wenn „gesellschaftliches Engagement“ sich bloß immer so auszahlen würde: Allein mit seinen Verhütungsmitteln machte der Konzern im letzten Geschäftsjahr einen Umsatz von einer Milliarde Euro. Zudem sorgt dieses „Engagement“ dafür, dass die Armen sich nicht zu stark vermehren - auch eine Art von Klassenkampf.

POLITIK & EINFLUSS

BAYER im Klimarat NRW
Die nordrhein-westfälische Landesregierung betreibt ihre Umweltpolitik mit freundlicher Unterstützung von BAYER & Co. So rief sie etwa als Nebenregierung den mit vielen Konzern-VertreterInnen bestückten „Dialog Wirtschaft und Umwelt NRW“ ins Leben. Damit nicht genug, gründete Rüttgers Club nun auch noch einen Energie- und Klimarat. Selbstverständlich ist der Leverkusener Multi hier wieder mit von der Partie. Klaus Schäfer, Geschäftsführer der 60-prozentigen BAYER-Tochter CURRENTA GmbH, sitzt in dem Gremium, während Abgesandte von Umweltverbänden fehlen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) protestierte lautstark gegen die Berufung. „Die Landesregierung hat einmal mehr den Bock zum Gärtner gemacht. Ausgerechnet ein Unternehmen, das den Bau klimafeindlicher Kohlekraftwerke vorantreibt und das gegen verbindliche Regeln zum Klimaschutz agitiert, soll die Energiepolitik des Landes mitbestimmen“, kritisierte die CBG in einer Presseerklärung.

Emissionshandelsschluss
Vor einigen Jahren hat die EU den Emissionshandel mit Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten eingeführt. Er sieht vor, BAYER & Co. CO2-Emissionen nur in einem bestimmten Volumen zu gestatten. Alles, was über ein bestimmtes Limit hinausgeht, sollte den Konzernen teuer zu stehen kommen, weil sie dafür Verschmutzungsrechte kaufen müssten. Dazu ist es jedoch dank umfangreicher Lobby-Aktivitäten immer noch nicht gekommen. Für die neueste Variante ihrer Obstruktionspolitik instrumentalisierten die Multis die Wirtschaftskrise und malten einmal mehr das Schreckgespenst von Arbeitsplatz-Vernichtungen an die Wand. Angela Merkel verfiel sogleich in Schockstarre und handelte beim Brüsseler EU-Gipfel kostenlose Verschmutzungsrechte für die bundesdeutschen Chemie- und Stahlunternehmen, die besonders viel CO2 emittieren (BAYER insgesamt ca. 7,5 Millionen Tonnen), aus. Zudem dürfen die Multis ihre Klimaschutz-Anstrengungen auch in Drittweltländer outsourcen. Die Süddeutsche Zeitung kommentierte unter der Überschrift „Artenschutz für Luftverschmutzer“: „Der Emissionshandel sollte das Instrument sein, das die Mechanismen des Marktes nutzt, um den Klimawandel abzumildern. Mit dem Bonus für besonders schädliche Branchen auch in Deutschland, mit dem Nachlass für Kohlekraftwerke in Osteuropa noch weit über das Jahr 2013 hinaus ist das Modell entwertet“.

BAYER & Co. schreiben Steinbrück
Die großen Konzerne wissen oftmals selber nicht mehr ganz genau, wer nun eigentlich ihre Großaktionäre sind, da der Finanzmarkt neben den schnöden Aktien zahlreiche neue, undurchsichtige Produkte entwickelt hat. Noch bevor der VW-Kurs durch Hedge Fonds, die sich mit geliehenen Anteilsscheinen verspekuliert hatten, auf eine Achterbahn-Fahrt geriet, forderten die Finanzvorstände von BAYER und anderen DAX-Unternehmen Peer Steinbrück in einem Brief zu Regulierungsmaßnahmen auf. Die Konzerne forderten umfassendere Offenlegungspflichten, wünschten sich mehr Klarheit über die wirklichen Besitzverhältnisse und mahnten allgemein mehr Transparenz auf den Aktienmärkten an.

Plumpe Chef des HistorikerInnen-Verbandes
Die GeschichtswissenschaftlerInnen haben mit Werner Plumpe erstmals einen Unternehmenshistoriker an die Spitze ihres Verbandes gewählt. Und was für einen! Plumpe hat beste Beziehungen zu BAYER und betätigt sich gerne als Weißwäscher der etwas unappetitlichen Firmenhistorie, wie Otto Köhler in SWB 1/08 darlegte. Dabei scheut der frischgebackene Verbandschef auch nicht vor Manipulationen zurück. Wenn der ehemalige IG-Chef Carl Krauch in einem Brief schreibt: „Auf meinen Antrag und auf Weisung des Herrn Reichsmarschalls“ habe der Reichsführer SS unter dem 26. Februar angeordnet, dass der Aufbau des Werkes in Auschwitz „durch die Gefangenen aus dem Konzentrationslager in jedem nur möglichem Umfange zu unterstützen sei“, so lässt Plumpe einfach das „Auf meinen Antrag und“ weg. Prompt kann er dann schreiben: „„Wie weit etwa der Einsatz von Zwangs- und Sklavenarbeit eigeninitiativ veranlasst wurde, ist selbst im Fall des IG-Werkes in Monowitz umstritten“. Deshalb versteht der plumpe Geschichtsfälscher auch gar nicht, warum sich die IG-Oberen bei den Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozessen auf der Anklagebank wiederfanden. Dies habe Plumpe zufolge nur „eine eigentümliche Allianz aus Marxisten und Liberalen, aus Sozialdemokraten und Vertretern der Frankfurter Schule“ zustandegebracht. Zur Belohnung für diese Geschichtsklitterei durfte sich der Historiker letztes Jahr im BAYER-Kommunikationszentrum über „Carl Duisberg und das moderne Unternehmen“ verbreiten.

Umweltstaatssekretär besucht BAYER
Am 3. November 2008 war wieder großer Grünwaschtag bei BAYER. Der Leverkusener Multi lud zum „Opening Day BAYER Young Environmental Envoy 2008“ und bot zur Bestallung seiner neuen „Umweltbotschafter“ Berliner Prominenz auf. Der Umweltstaatssekretär Matthias Machnig schüttete einen Vortrag zu den umweltpolitischen Schwerpunkten der Bundesregierung in den Waschgang.

SPD: mit Schmoldt gegen Linkspartei
Dem Vorsitzenden der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE und BAYER-Aufsichtsrat Hubertus Schmoldt kommt der Rechtsruck in der SPD nach dem Sturz Kurt Becks sehr gelegen, pflegt er doch seit langem freundschaftliche Beziehungen zu Frank-Walter Steinmeier. Darum ließ er sich gerne dazu einspannen, auch für freundschaftlichere Beziehungen zwischen der SPD und den Gewerkschaften im Allgemeinen zu sorgen und die Agenda-Wogen wieder zu glätten. Bei einem Treffen zwischen führenden SozialdemokratInnen und GewerkschaftlerInnen einigte man sich nach einem Bericht der Rheinischen Post auf eine weitgehende Kooperation. Sogar als Wadenbeißer an der Leine von Müntefering & Co. wollen sich die KollegInnen betätigen und in der Öffentlichkeit verstärkt auf die Linkspartei losgehen.

Krach im Konvent
BAYERs Aufsichtsratschef Manfred Schneider betätigt sich zusätzlich zu seinem Leverkusener Job nicht bloß noch als Aufseher bei ALLIANZ, LINDE, DAIMLER, RWE und TUI, er gehört auch dem „Konvent für Deutschland“ an. Dort befindet er sich in der zweifelhaften Gesellschaft von Otto Graf Lambsdorff, Roman Herzog, Wolfgang Clement und Klaus von Dohnanyi und kämpft gegen den vermeintlichen Reformstau an. Aber jetzt haben sich die hohen Herren in der Wolle. Der Unternehmenshistoriker Manfred Pohl und Wolfgang Clement wollen den Aktionsradius des exklusiven Clubs ausweiten, ihren neoliberalen Senf auch zu Themen wie „Migration“, „Bildung“ und „Erziehung“ geben und eine aggressivere Öffentlichkeitsarbeit betreiben. Das war aber mit Herzog, Schneider & Co. nicht zu machen, weshalb es zu einem Split kam.

BAYER & Co. zahlen 18 Prozent weniger
In keinem anderen Erdteil sanken die Unternehmenssteuern in den letzten neun Jahren so stark wie in Europa. Besonders in der Bundesrepublik mussten die Konzerne immer weniger Abgaben zahlen. Die Nominalsätze fielen von 1999 bis 2008 von 52,3 Prozent auf 29,5 Prozent. Daran hatte BAYERs inzwischen verstorbener Ex-Steuerchef Heribert Zitzelsberger, der unter Rot/Grün Staatssekretär im Finanzministerium wurde, einen maßgeblichen Anteil. „Wir haben mit Herrn Zitzelsberger unseren besten Mann entsandt“, kommentierte der damalige Vorstandsvorsitzende Manfred Schneider den Wechsel einst. Aber Zitzelsberger hat würdige Nachfolger gefunden. So sorgte die Anfang des Jahres in Kraft getretene Unternehmenssteuerreform der großen Koalition für ein um 18 Prozent auf ca. 19 Milliarden Euro eingebrochenes Körperschaftssteuer-Aufkommen.

VCI will Steuererleichterungen
Der „Verband der Chemischen Industrie“ mahnt Steuererleichterungen für die Forschungsaufwändungen von BAYER & Co. an und flankiert seine Forderung mit Abwanderungsdrohungen. Beim Bundesforschungsministerium hat das schon gewirkt. Das Haus hat die Idee nach den Worten des VCI-Vorsitzenden Alfred Oberholz positiv aufgenommen, nur Peer Steinbrück stellt sich noch quer. „Im Finanzministerium gibt es natürlich Bedenken“, so Oberholz. Auch BAYERs Forschungsvorstand Wolfgang Plitschke hatte unlängst mehr staatliche Unterstützung für die Labor-Aktivitäten der Industrie gefordert (SWB 3/08).

BAYER & Co. wollen EU-Patentrecht
Bisher hat jedes europäische Land sein eigenes Patentrecht, was den Weg von einer Labor-Entwicklung zu einer Markteinführung zu einem langen Marsch machen kann. Deshalb haben BAYER & Co. die PolitikerInnen aufgefordert, die Anstrengungen für ein EU-weites Gemeinschaftspatentrecht zu verstärken.

Wennings Versorgungsproblem
Konzern-Chef Werner Wenning sieht an den BAYER-Standorten schon ab 2012 die Lichter ausgehen. „Wenn wir die jetzige Politik so beibehalten, werden wir in Deutschland nach Meinung führender Energie-Experten ab 2012 ein ernstes Versorgungsproblem haben“, warnt der Vorstandsvorsitzende. Er fordert deshalb nicht nur mehr Kohlekraftwerke und die Verlängerung von AKW-Laufzeiten, sondern tritt sogar für den Neubau von Kernkraftwerken ein. Dabei geht es Wenning nur um die Kosten, denn der mit viel Risiken und Nebenwirkungen in Kohlekraftwerken und AKWs erzeugte Strom ist schlicht billiger als der ökologisch korrekt produzierte.

PROPAGANDA & MEDIEN

Kodex wirkungslos
Mit großem Tamtam haben BAYER & Co. im Jahr 2004 eine „Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e. V.“ ins Leben gerufen. Die Pharma-Riesen verpflichteten sich dazu, Pillen nur noch „zutreffend zu bewerben“, MedizinerInnen nicht länger „in unlauterer Weise“ zu beeinflussen und ihnen nur noch milde Gaben zukommen zu lassen. Fortbildungsveranstaltungen wollten die Unternehmen den Lustreisen-Charakter nehmen und ihr Verhalten allgemein an hohen ethischen Standards ausrichten. Der Realitätsprüfung halten diese schönen Worte allerdings nicht stand. Nach Ansicht der „Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft“ hat es der Kodex bisher nicht vermocht, „unlauteren Werbepraktiken der Arzneimittelindustrie und versuchten Einflussnahmen auf das Verordnungsverhalten von Ärzten in gewünschter Weise entgegenzuwirken“.

Krisenmanagement in Institute
Am 28. August 2008 hatte sich im Instituter BAYER-Werk eine Explosion ereignet, der zwei Beschäftigte zum Opfer fielen (siehe SWB 3/08). Die Ereignisse haben die AnwohnerInnen so in Aufruhr versetzt, dass der Leverkusener Multi sich veranlasst sah, zwei PR-Agenturen mit dem Krisenmanagement zu beauftragen. So organisierten die Kommunikationsprofis eine BürgerInnen-Versammlung und versuchten die Initiative PEOPLE CONCERNED ABOUT MIC einzubinden. Von Erfolg war diese Strategie bisher allerdings nicht gekrönt. Pünktlich zum anberaumten Meeting erschien der von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN initiierte Offene Brief mit der Fundamentalkritik an der Risikovorsorge des Konzerns, den viele ortsansässige Gruppen mit unterschrieben hatten, und die PEOPLE CONCERNED ABOUT MIC mochten sich auch nicht mit den „MediatorInnen“ an einen Tisch setzen.

BAYER sponsort Fluss-Reiniger
Der Leverkusener Multi verunreinigt durch seine Einleitungen Flüsse in aller Welt massiv. Trotzdem gerierte er sich an seinem Standort Pittsburgh als Umweltengel und sponsorte eine Initiative, die sich vorgenommen hatte, die Gewässer Allegheny und Ohio von Unrat zu säubern.

BISPHENOL-Kampagne gestartet
In den USA hat es die Bisphenol-Lobby von BAYER & Co. bisher geschafft, Maßnahmen gegen die vor allem in Lebensmittelverpackungen Verwendung findende Substanz zu verhindern, obwohl die Chemikalie in Verdacht steht, die Entwicklung des Gehirns, Stoffwechselprozesse und die Fortpflanzungsfähigkeit zu beeinträchtigen, Chemotherapien zu erschweren sowie Diabetes oder Herz/Kreislauf-Erkrankungen zu befördern. Nachdem Kanada jedoch den Vertrieb von bisphenol-haltigen Babyflaschen verboten hatte, startete auch in Kalifornien eine entsprechende Gesetzes-Initiative. BAYER & Co. antworteten mit einer Desinformationskampagne. In Zeitungsannoncen warnten die Unternehmen davor, dass im Falle eines Bisphenol-Banns „viele Alltagsgegenstände aus dem Handel verschwinden würden“.Wissenschaftsnacht für Kinder
Mitte Juni 2008 veranstaltete BAYER eine Wissenschaftsnacht für Kinder. „Anschaulich und auf spielerische Art“ vermittelten WissenschaftlerInnen den lieben Kleinen den Segen der Chemie. Dabei ging es zu wie in einer Märchenstunde: Die guten Pestizide sicherten nach den Erzählungen der BAYER-ForscherInnen die Ernährung der Menschen und befreiten Haustiere von bösen Flöhen und anderen Peinigern.

Hilfe zur BAYER-Hilfe
Den Leverkusener Multi kommt seine Spendentätigkeit jetzt noch billiger, denn das im letzten Jahr verabschiedete Gesetz zur Stärkung bürgerschaftlichen Engagements lockt mit erheblichen Steuernachlässen. Also hat der Konzern für sein Engagement im Bildungsbereich flugs die 10 Millionen Euro schwere Stiftung „BAYER Science & Education Foundation“ gegründet, die Schulen fördert. Dabei bilden die naturwissenschaftlichen Bereiche einen Schwerpunkt, „denn ein Land, das wie Deutschland über keine reichen Bodenschätze verfügt, ist in seiner wirtschaftlichen Entwicklung vordringlich auf die geistige Kreativität angewiesen“, so BAYERs Oberkommunikator Michael Schade zur nicht gerade uneigennützigen Motivation der Bildungsoffensive des Unternehmens, die bei ihrer zweiten Förderrunde 42 Schulen mit einer Summe von insgesamt 500.000 Euro beglückte.

BAYERs Sozialpolitik I
Während der Konzern intern immer unsozialer wird, Arbeitsplätze vernichtet und Arbeitsbedingungen verschärft, macht seine PR-Abteilung seit einiger Zeit verstärkt auf „sozial“ und hat die Kinderarmut entdeckt. „Jedes sechste Kind in Deutschland gilt als arm und lebt in einer Familie, die auf Sozialhilfe angewiesen ist - Tendenz steigend. Daher hat BAYER in diesem Jahr die BEPANTHEN-Kinderförderung ins Leben gerufen“. Mit 40.000 Euro jährlich will diese Ferienfreizeiten der Initiative „Arche“ unterstützen und so ein bisschen Mutter Teresa spielen.

BAYERs Sozialpolitik II
BAYER hat nicht nur milde Gaben für sozial Benachteiligte übrig. „Das Unternehmen engagiert sich auch inhaltlich“, vermeldet die Presseabteilung. Der Leverkusener Multi will gemeinsam mit ErziehungswissenschaftlerInnen der Universität Bielefeld die Kinderarmut erforschen und hat die „BEPANTHEN Kinderarmutsstudie“ in Auftrag gegeben. Vielleicht sollte der Konzern zu diesem Behufe eher mit WirtschaftswissenschaftlerInnen zusammenarbeiten und eine Reichtumsstudie ordern. Diese würde nämlich leicht herausfinden, wo das Geld geblieben ist, das armen Familien fehlt: Zum Beispiel bei den BAYER-ManagerInnen, deren Gehälter in den letzten 20 Jahren um 650 Prozent gestiegen sind (siehe KAPITAL & ARBEIT)!

TIERE & VERSUCHE
Im Jahr 2007 starben in den Laboren von BAYER 157.000 Tiere. 90 Prozent davon waren Ratten und Mäuse, der Rest Hunde, Katzen und Affen. Von Alternativ-Methoden wie der Erprobung von Wirkstoffen an Zellkulturen hält die Gesundheitsabteilung des Leverkusener Multis nichts: „Die Abläufe sind tatsächlich anders als in einzelnen Zellkulturen im Labor“. Und ansonsten verweist der Konzern scheinheilig auf die Politik. „Wir sind gesetzlich verpflichtet, die Medikamente im Tierversuch zu testen“, verlautet aus der Berliner Zentrale von BAYER SCHERING.

DRUGS & PILLS

Neue Testosteron-Studie
Mit aller Macht pocht der Leverkusener Multi auf Gleichberechtigung und will Wechseljahre auch für Männer. Der Konzern meint nämlich mit Testosteron-Präparaten wie TESTOGEL die passenden Medikamente zur Behandlung im Angebot zu haben. Fehlen nur noch ein paar Studien, die Testosteron-Mangel nebst Stimmungsschwankungen und Libido-Einbußen diagnostizieren, die heilsamen Effekte von TESTOGEL nachweisen und - wider besseren Wissens - Nebenwirkungen wie Krebs ausschließen. Aber auch diese akquiriert der Pharma-Riese im Handumdrehen. Zum Beispiel bei Dr. Pierre-Marc Bouloux. Und dieser willige Wissenschaftler brillierte sogar mit Sollübererfüllung: Selbst bei Testosteronwerten im unterem Normbereich empfiehlt Bouloux noch den Griff zum BAYER-Gel.

KINZAL beugt Infarkten nicht vor
BAYERs Blutdrucksenker KINZAL (Wirkstoff: Telmisartan) schützt nicht vor Herzinfarkten. Das ergab eine Studie der in Ontario gelegenen McMaster University unter Leitung von Salim Yusuf. Während im Untersuchungszeitraum 8,7 Prozent der Telmisartan-PatientInnen einen Herzinfarkt erlitten, waren aus der Plazebo-Gruppe 9,2 Prozent betroffen. Dieses Ergebnis reichte nach Meinung der WissenschaftlerInnen nicht aus, um KINZAL und den anderen Telmisartan-Medikamenten einen prophylaktischen Effekt zuzuschreiben.

Neuzulassung für LEUKINE
Ende Januar 2008 musste BAYER die nur in den USA angebotene flüssige Darreichungsform seines Krebs-Medikamentes LEUKINE vom Markt nehmen, weil der darin enthaltene Stoff Ethylendiamintetraacetat (EDTA) Ohnmachtsanfälle ausgelöst hatte. Für eine Formulierung ohne EDTA erlangte der Leverkusener Multi im Mai die Wiederzulassung.

Teures ASPIRIN
Kaum ein Produkt hat sich nach der Euro-Umstellung so verteuert wie ASPIRIN. Zwar erhöhten sich auch die Preise für Bier, Hautcreme, Waschmittel, Kino, Autos, Bekleidung oder Obst, aber nur BAYERs Tausendsassa kostet mittlerweile in Euro mehr als einst in DM. Von 6,85 DM im Jahr 2001 ging es bis 2008 auf 7,69 Euro herauf.

Nutzloses ASPIRIN
Seit Jahren bewirbt BAYER ASPIRIN als Mittel, das Herz/Kreislauf-Erkrankungen vorbeugt, und hat auch Erfolg damit. So empfehlen mittlerweile medizinische Behandlungsrichtlinien in vielen Ländern, Risiko-PatientInnen wie DiabetikerInnen das regelmäßige Schlucken des „Tausendsassas“ nahezulegen. Unberechtigerweise, wie jetzt eine im British Medical Journal veröffentlichte Studie des Professors Jill Belch von der „University of Dundee“ nachwies. Bei keinem der 1.300 von ihm untersuchten Zuckerkranken, die bisher noch keinen Herzinfarkt erlitten hatten, konnte die Arznei einen präventiven Effekt entfalten. „Wir müssen über seinen Einsatz in der primären Präventionen neu nachdenken“, lautet deshalb das Fazit Belchs auch angesichts der ASPIRIN-Nebenwirkungen wie Magenbluten. Und sein Kollege Peter Sever vom „Imperial College London pflichtet ihm bei. „Das bestätigt unseren Verdacht, dass ASPIRIN weite Verbreitung findet, ohne seinen Nutzen nachgewiesen zu haben“, so Sever.

Zulassung für QLAIRA
BAYER hat die europa-weite Zulassung für das Verhütungsmittel QLAIRA erhalten, dessen Wirksubstanzen die beiden Hormonen Estradiol und Dienogest sind.

Schlechte Noten für YASMINELLE
In dem Internet-Portal Ratgeber Pille können sich Frauen über ihre Erfahrungen mit den verschiedenen Verhütungsmitteln austauschen. BAYERs Kontrazeptivum YASMINELLE kommt dabei ziemlich schlecht weg.
Die Nutzerinnen klagen unter anderem über Gewichtszunahme, Gemütsschwankungen, verstärkten Haarwuchs, Zwischenblutungen, Bauch-, Kopf- und Brustschmerzen, Übelkeit, Ausfluss und Schweißausbrüche.

BAYER testet Lungen-Arznei
Der Leverkusener Multi will mit RIOCIGUAT ein neues Medikament zur Behandlung des Lungenhochdrucks auf den Markt bringen. Derzeit durchläuft die gefäßerweiternde Arznei die dritte und letzte Testphase.

Pillen-Preise: plus 6,7 Prozent
Und ewig steigen die Pillen-Preise: In diesem Jahr haben sie um 6,7 Prozent zugelegt. Besonders die Kosten für neue Medikamente belasten die Etats der Krankenkassen, weil AOK & Co. für diese mit BAYER und den anderen Herstellern keine Rabatte aushandeln dürfen. Mittlerweile zahlen die BundesbürgerInnen für Arzneien rund ein Drittel mehr als ihre EU-NachbarInnen. Da verlor selbst Gesundheitsministerin Ulla Schmidt die Contenance. „Wenn die Ausgaben weiter so steigen, muss die pharmazeutische Industrie wissen, dass sie mit überhöhten Preisen auf Dauer nicht die medizinische Versorgung leisten kann“, wetterte die SPD-Politikerin und warnte BAYER & Co.: „Wir beobachten die Entwicklung. Höchst unfaire Preise kann kein Gesundheitssystem überstehen. Daher werden wir uns im Notfall nicht scheuen, gegen unfaire Preise Maßnahmen zu ergreifen“.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

BAYER-Beschäftigte vergiftet
Nach einer nur dreimonatigen Arbeit als Handelsvertreterin für Pestizide zog sich eine BAYER-Beschäftigte schon eine Vergiftung zu, die sie zu einem Krankenhaus-Aufenthalt zwang. Der Leverkusener Multi hielt das offenbar für Berufsrisiko. Er kümmerte sich nicht weiter um die Frau und behielt auch noch einen Teil ihres Lohnes ein.

Italien verbietet PONCHO
BAYERs Saatgutbehandlungsmittel PONCHO mit dem Wirkstoff Clothianidin hat im Frühjahr 2008 zu einem großen Bienensterben geführt. 11.500 Bienenvölker von 700 ImkerInnen rund um die südbadischen Maisfelder waren betroffen. Nach einigem Hin und Her entschloss sich das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“ deshalb, das Mittel vom Markt zu nehmen. Aber Ende Juli 2008 war es wieder da: Die Behörde gab grünes Licht für PONCHO-Raps. Italien dagegen zeigte mehr Konsequenz. Im September erließ das Land ein Verbot für Clothianidin, Imidacloprid (Wirkstoff von BAYERs GAUCHO) und zwei weitere Substanzen, geltend für Mais-, Raps und Sonnenblumen-Kulturen.

Pestizide in Gewürzen
GREENPEACE hat Gewürze wie Paprika, Pfeffer und Petersilie nach Pestizid-Rückständen untersucht und in 82 Prozent der 30 Proben Agrogift-Spuren nachgewiesen. Auch Wirkstoffe, die in BAYER-Produkten enthalten sind, waren mit von der Partie. Unter anderem stießen die WissenschaftlerInnen auf Chlorpyrifos, Endosulfan, Imidacloprid, Methomyl, das hierzulande längst verbotene Methamidophos und Permethrin.

Profitable Nahrungsmittelkrise
BAYER profitiert weiterhin von der Nahrungsmittelkrise. „Landwirte in allen Anbauregionen weltweit haben im ersten Halbjahr 2008 aufgrund der gestiegenen Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse vermehrt in hochwertiges Saatgut und innovative Pflanzenschutztechnologien investiert“, berichtete BAYER-CROPSCIENCE-Chef Friedrich Berschauer auf der Jahrespressekonferenz im September 2008 und vermeldete eine Umsatz-Steigerung von 13 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro.

MOVENTO zugelassen
BAYER hat in den USA die Zulassung für das Insektizid MOVENTO mit dem Wirkstoff Spirotetramat erhalten. Es soll unter anderem gegen Blattläuse und weiße Fliegen wirken, angeblich aber Nutzinsekten wie Marienkäfer nicht vergiften.

PFLANZEN & SAATEN
BAYER hat in Singapur ein Reis-Forschungszentrum eröffnet. Die WissenschaftlerInnen wollen dort hybride, also sterile, nicht zur Wiederaussaat bestimmte Sorten züchten, die angeblich besondere Widerstandskräfte aufweisen und für bessere Ernten sorgen.

GENE & KLONE

Indien: Tests mit Bt-Reis
Im Jahr 2004 hatte BAYER noch das Versprechen abgegeben, keine Tests mit gentechnisch veränderten Pflanzen in Indien durchzuführen. Dieses hat der Leverkusener Multi jetzt gebrochen. Er beantragte erfolgreich Feldversuche mit 28 Reis-Linien, denen GentechnikerInnen den für Insekten tödlichen Bacillus thuringiensis eingebaut haben.

Tod durch CAMPATH
Bisher durften MedizinerInnen das von BAYER und GENZYME gemeinsam entwickelte Gentech-Medikament CAMPATH bei der chronisch-lymphatischen Leukämie nur einsetzen, wenn die PatientInnen bereits mit anderen Arzneien vorbehandelt waren oder eine Therapie mit Fludarabin nicht den gewünschten Erfolg erbracht hatte. Im letzten Jahr hat der Pharmariese eine Zulassung auch für den Ersteinsatz in Kombination mit Fludarabin und Rituximab beantragt. Diese dürfte er allerdings nicht bekommen, denn die entsprechenden Klinischen Tests haben sechs Menschen das Leben gekostet. Sie starben an Hirnhautentzündung, an der Legionärskrankheit, durch den Epstein-Barr-Virus oder an anderen Infektionen.

RECOTHROM-Zulassung beantragt
BAYER hat bei der EU eine Zulassung für die zur Blutstillung bei Operationen bestimmte Arznei RECOTHROM beantragt. Das von ZYMOGENETICS entwickelte und vom Leverkusener Multi für den europäischen Markt einlizenzierte Präparat besteht aus dem mittels Gentechnik nachgebautem gerinnungshemmenden Enzym Thrombin und ist in den USA bereits seit Anfang 2008 erhältlich. In der Wirkungsweise unterscheidet es sich erheblich von dem ebenfalls zur Blutstillung bei OPs eingesetzten TRASYLOL, das BAYER wegen seiner lebensgefährlichen Nebenwirkungen nicht mehr vertreiben darf.

Deal mit MAXYGEN
Der Leverkusener Multi hat vom US-amerikanischen Biotech-Unternehmen MAXYGEN die Rechte an einem in der Entwicklung befindlichen Blutgerinnungspräparat erworben. Der Konzern stellt mit KOGENATE zwar selber ein solches Produkt her, aber bei 15 Prozent der Bluter bleibt es wirkungslos, weil ihr Organismus Abwehrstoffe gegen den Gerinnungshemmer ausbildet. Das MAXYGEN-Präparat hingegen soll gegen solche Antikörper gewappnet sein. Zudem hat BAYER sich durch den Deal den Zugriff eine Gentechnik-Forschungsplattform gesichert, die Ansatzpunkte für neue Medikamente bietet.

BAYERs Gen-Baumwolle genehmigt
Dass BAYERs Gentech-Baumwolle der Marke „LLCotton25“ einen höheren Anteil des Giftes Gossypol hat als konventionelle Pflanzen und einen niedrigeren an Vitamin E, stört die Europäische Union offenbar ebenso wenig wie die von dem Produkt ausgehende Gefahr für die Artenvielfalt. Im Oktober 2008 erlaubte die Brüsseler Kommission dem Konzern die Einfuhr der Baumwolle in die EU.

WASSER, BODEN & LUFT

BAYER-Altlasten im Grundwasser
In Wuppertal haben BAYER und die Stadt zwischen 1930 und 1950 einen ehemaligen Steinbruch an der Industriestraße als Müll-Deponie benutzt. 84.000 Kubikmeter Abfall kamen so zusammen, der das Grundwasser bis heute verunreinigt. Daran hat auch die 1990 vorgenommene Teil-Abdichtung nichts geändert. Deshalb steht nun eine Komplettsanierung an. Dichtungsbahnen aus Kunststoff sollen verhindern, dass Regenwasser in die Grube sickert und die Giftstoffe weiter in das Grundwasser spült. 850.000 Euro kostet das Ganze, das der Leverkusener Multi nicht alleine zahlen muss: Die Stadt Wuppertal und das Land Nordrhein-Westfalen beteiligen sich. Eine ebensolche Kraftanstrengung war vor Jahren in Leverkusen nötig, um die Dhünnaue-Deponie abzudichten.

Keine Kohlekraft nach Schwaben
Die Stadtwerke Schwäbisch Hall wollen sich aus Klimaschutzgründen nicht länger an dem Kohlekraftwerk beteiligen, das im Krefelder Chemiepark von BAYER geplant ist und 4,4 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausstoßen soll. Die Energieerzeuger bauen stattdessen ein Biokraftwerk und erwägen die Mitfinanzierung eines Gaskraftwerks.

Altlasten in Wolfenbüttel
BAYER hat den Standort Wolfenbüttel aufgegeben (siehe KAPITAL & ARBEIT), aber Erinnerungsstücke hinterlassen. Als ArbeiterInnen den Labortrakt abrissen, stießen sie auf eine Altlast des Konzerns: 1.000 Kubikmeter pestizid-haltiges Erdreich! Der Wolfenbütteler BAYER-Betriebsleiter Christoph Sender konnte sich natürlich überhaupt nicht erklären, wie die Ackergifte in den Boden gelangen konnten, erklärte sich aber großzügigerweise bereit, für den Abtransport zu sorgen.

Keine weitere CO2-Senkung bis 2020
BAYER produziert jährlich 3,9 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Dazu kommen noch die 3,6 Millionen Tonnen des klima-schädigenden Gases, die bei der Produktion der zugekauften Energie anfallen. Reduzieren will der Leverkusener Multi den CO2-Ausstoß bis auf Weiteres nicht. „Die absoluten Treibhausgas-Emissionen werden bis 2020 auf dem aktuellen Niveau verbleiben“, kündigte Forschungsvorstand Wolfgang Plischke bei der Vorstellung des jüngsten Nachhaltigkeitsberichtes des Unternehmens an.

Kohlekraft: ein Viertel für BAYER
Obwohl noch mehr als unklar ist, ob die Stadt Krefeld dem Bau eines Kohlekraftwerks auf dem Gelände des BAYER-Chemieparks zustimmt, hat Konzernchef Werner Wenning in einem Interview mit Euro am Sonntag schon einmal den Umfang der avisierten Energie-Lieferungen beziffert. Ein Viertel der Leistung von 800 Megawatt will der Multi abnehmen.

GIFTIG, ÄTZEND, EXPLOSIV

Bezirksregierung bessert nach
Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte BAYERs Pipeline-Projekt im Dezember 2007 das Allgemeinwohl abgesprochen. Deshalb erlaubte es zwar den Weiterbau, nicht aber die Inbetriebnahme der zwischen den Standorten Krefeld und Dormagen geplanten Kohlenmonoxid-Leitung. Die Bezirksregierung musste jetzt den Bedenken der RichterInnen in einem Planergänzungsverfahren Rechnung tragen. Im Oktober 2008 legte sie die Nachbesserungen vor, welche die Sache jedoch kaum besser machen (siehe auch SWB 4/08). Die BeamtInnen können nämlich auch jetzt nicht plausibel erklären, warum der Leverkusener Multi nicht einfach vor Ort eine Anlage zur CO-Erzeugung baut und flüchten sich in Falschaussagen. So behaupten die BürokratInnen einfach, es falle in Krefeld nicht genug Kohlendioxid für eine solche Fertigung an, obwohl der Konzern dort laut Schadstoffregister 1,15 Millionen Tonnen des Stoffes produziert. Wohl nicht zuletzt wegen solcher Schnitzer hält die Bezirksregierung die neun Gutachten, auf die sie sich bei den angemahnten Nachbesserungen gestützt hatte, unter Verschluss. Die Forderung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN nach Veröffentlichung der Expertisen lehnte die Behörde ohne Begründung ab.

Pfusch am Pipeline-Bau
BAYERs Kohlenmonoxid-Pipeline, welche die Standorte Dormagen und Krefeld verbinden soll, ist noch nicht einmal ganz fertig, da füllt die Mängelliste schon 23 Seiten. Die Initiative „Baustopp der BAYER-Pipeline“ dokumentierte „Pfusch am Bau“ wie Rohre, die trotz Arbeitsunterbrechung nicht abgedeckt waren, fehlerhafte Schweißarbeiten, rostige Leitungen und unsachgemäß angebrachte Gas-Melder. Der Leverkusener Multi erkennt die Beweiskraft der vorgelegten Fotos erwartungsgemäß nicht an. Es handle sich dabei nur um „Momentaufnahmen“, welche die Pipeline-GegnerInnen überdies „laienhaft“ interpretiert hätten, so BAYER.

Holländische Pipeline-Verhältnisse
In Holland sind die Sicherheitsvorschriften für Kohlenmonoxid-Pipelines viel strenger als in der Bundesrepublik. Während die von BAYER zwischen Dormagen und Krefeld verlegte Leitung bis auf drei Meter an Häuser herankommt, schreiben die Niederlande zu Wohnbebauung einen Abstand von 55 Meter vor und zu Kindergärten, Schulen und Altersheimen sogar einen von 175 Metern.

Kritik am Pipeline-Gefahrenplan
Der Duisburger Physik-Professor Michael Schreckenberg hat Kritik an dem Gefahrenabwehrplan geübt, der im Falle eines Unfalls an BAYERs Kohlenmonoxid-Pipeline zur Anwendung kommen soll. „Es gibt viele Ungereimtheiten“, so Schreckenberg. Der Hochschullehrer hält die Alarmierungszeiten von 15 Minuten für zu lang und rechnet im Fall eines Gasaustrittes mit einem Fluchtverkehr, der den Feuerwehren den Weg zum Unfallort versperren könnte. Auch die eigenen vier Wände sieht er nicht als Schutzraum an, wenn Häuser über Umluft-Anlagen verfügen, die das Kohlenmonoxid von draußen hereinholen.
Volkskrankheiten durch Bisphenol?
BAYER zählt zu den größten Herstellern der Chemikalie Bisphenol A, die in Alltagsgegenständen wie Mineralwasser- und Babyflaschen sowie Konservendosen enthalten ist. Die Substanz wirkt hormon-ähnlich und stört so die Entwicklung des Gehirns, Stoffwechselprozesse und die Fortpflanzungsfähigkeit. Eine Forschergruppe um David Melzer von der Peninsula Medical School in Barrack hat diesen „Risiken und Nebenwirkungen“ jetzt weitere hinzugefügt. Die WissenschaftlerInnen wiesen im Urin von DiabetikerInnen und Herzkranken überdurchschnittlich hohe Bisphenol-Werte nach. Die beiden Forscher Frederick vom Saal und John Peterson Myers übten daraufhin Kritik an den US-amerikanischen und europäischen Zulassungsbehörden, die anders als die kanadischen (SWB 2/08) noch immer keine Veranlassung für strengere Auflagen sehen. Dass die Ämter nicht reagieren, habe mit einer aggressiven Desinformationskampagne der Industrie zu tun, schreiben vom Saal und Myers in dem Fachjournal Jama (Bd. 300, S. 1353).

AGROSPRIT & PROFIT

Agrosprit verteuert Lebensmittel
BAYER profitiert direkt und indirekt vom Agrosprit-Boom. Einerseits betreibt der Leverkusener Multi in Tateinheit mit DAIMLER das Jatropha-Pflanzen-Projekt, andererseits bietet er maßgeschneidertes, besonders viel Tankfüllung produzierendes Saatgut an. In welchem Ausmaß der Agro-Kraftstoff die Nahrungsmittel verteuert, hat jetzt ein Bericht der Weltbank offen gelegt. Dem Institut zufolge hat die Nachfrage nach „Treibstoff-Pflanzen“ bei Lebensmitteln für einen Preisauftrieb in Höhe von 75 Prozent gesorgt.

STANDORTE & PRODUKTION

Mehr Kunststoffe aus China
In Shanghai hat eine neue BAYER-Anlage zur Herstellung des Kunststoffes MDI die Produktion aufgenommen, die auf eine Jahres-Kapazität von 350.000 Tonnen kommt. Zudem ging eine Fertigungsstätte für Polyurethan-Rohstoffe, die in der Wasserlack-Industrie Verwendung finden, in Betrieb. Damit nicht genug, begannen die Bauarbeiten für ein TDI-Werk, das der Leverkusener Multi im Jahr 2010 einweihen will.

Leuchtreklame am Hochhaus
BAYER reißt sein altes Verwaltungszentrum nicht ab, sondern nutzt es als Leuchtreklame. Der Leverkusener Multi bringt an den Außenwänden 5,6 Millionen Leuchtdioden an, die das Gebäude zu einem der größten Werbeträger der Welt machen - und zu einem der energie-intensivsten. Der Stromverbrauch liegt bei 1.800 Kilowattstunden pro Tag, und lediglich zehn Prozent dieses Bedarfes decken die auf dem Dach installierten Solarzellen.

ÖKONOMIE & PROFIT

Japanische Börse ohne BAYER
Im letzten Jahr hat der Leverkusener Multi sich von der US-Börse zurückgezogen. Nun verabschiedete sich der Konzern auch vom japanischen Aktien-Markt. Das geringe Handelsvolumen habe die mit dem Listing verbundenen Kosten nicht mehr gerechtfertigt, sagte BAYER-Finanzvorstand Klaus Kühn zur Begründung und verwies im Übrigen auf den globalisierten Handel mit den Anteilsscheinen, der eine Präsenz an allen Weltbörsen überflüssig mache.

Höhere Kosten, höhere Preise
Der Leverkusener Multi gibt die höheren Rohstoff- und Energiekosten, die allein im Kunststoffbereich 230 Millionen Euro ausmachen, zum großen Teil an seine Kunden weiter. „Das wird bis in den zweistelligen Bereich gehen“, kündigte BAYER-Chef Werner Wenning an.

BAYER Nr. 10
Mit einem Umsatz von 32 Milliarden Euro und 106.000 Beschäftigten nimmt BAYER in der Rangliste der größten bundesdeutschen Unternehmen den zehnten Platz ein.

BAYER im Stoxx 50
BAYER hat Aufnahme in den Stoxx 50 gefunden, einen Index, der die fünfzig kapitalträchtigsten Unternehmen aus dem europäischen Raum aufführt. Der Platz, der dem Leverkusener Multi mehr Aufmerksamkeit von Seiten der Aktien kaufenden Fondsgesellschaften garantiert, wurde durch die im Zuge der Wirtschaftskrise rapide an Wert verlierenden Finanztitel HBOS, LLOYD‘s und FORTIS frei.

IMPERIUM & WELTMARKT

Fibig neuer SCHERING-Chef
Der frühere PFIZER-Manager Andreas Fibig ist neuer Vorstandsvorsitzender von BAYER SCHERING. Sein Vorgänger Arthur Higgins bleibt Chef der Gesundheitssparte, zu der neben BAYER SCHERING noch die Diabetis- und Veterinärabteilung sowie der Bereich mit frei verkäuflichen Arzneien gehört.

Deutsch-brasilianischer Wirtschaftstag
Brasilien zählt zu den zehn größten Absatzmärkten BAYERs - gerade erst gab der Konzern Investitionen von 100 Millionen Euro in dem südamerikanischen Land bekannt. Darum durfte er auch bei den deutsch-brasilianischen Wirtschaftstagen nicht fehlen, die vom 24. bis zum 26. August in Köln stattfanden.

Deal mit MAXYGEN
Der Leverkusener Multi hat vom US-amerikanischen Biotech-Unternehmen MAXYGEN die Rechte an einem in der Entwicklung befindlichen Blutgerinnungspräparat erworben (siehe auch GENE & KLONE).

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Mehr Unfälle, mehr Sirenen
In Nordrhein-Westfalen ereigneten sich in diesem Jahr zahlreiche Chemie-Unfälle. Auch bei BAYER kam es zu einigen Störfällen. In Wuppertal wurde Ammoniak freigesetzt, in Bergkamen gelangte Thionylchlorid ins Freie und in Leverkusen drang aus einer undichten Leitung Chlor. Diese Störfälle haben das Bewusstsein für die Gefährlichkeit industrieller Anlagen geschärft und die Politik zum Handeln gezwungen. Es blieb allerdings bei einem symbolischen. Der Krisengipfel der nordrhein-westfälischen Landesregierung beschloss lediglich, mehr Sirenen aufzustellen, um die Bevölkerung besser warnen zu können, wenn es mal wieder einen großen Knall gegeben hat. Prophylaktische Maßnahmen wie eine strengere Aufsicht oder schärfere Auflagen für die Anlagen-Betreiber standen nicht auf der Tagesordnung.

RECHT & UNBILLIG

Anklage wg. Medicaid-Sozialbetruges
Der US-Bundesstaat Kansas hat Anklage gegen BAYER und andere Pillen-Riesen erhoben. Der Staatsanwalt Steve Six wirft Big Pharma vor, Medicaid, das staatliche Medikamenten-Hilfsprogramm für Bedürftige, durch überhöhte Arznei-Preisangaben betrogen zu haben. „Wir glauben, dass Kansas durch die betrügerischen Kalkulationen dieser Pharma-Unternehmen Millionen Dollar verloren hat“, sagte Six der Presse.

BAYER besticht
Der Leverkusener Multi hat in den USA elf Firmen, die medizinische Geräte vertreiben, mit insgesamt 2,8 Millionen Dollar bestochen, damit sie nur noch Blutzucker-Messgeräte aus dem Hause BAYER vertreiben. Doch der Schwindel flog auf - und wurde teuer. Der Konzern musste für die Bestechung eine Strafe von 97,5 Millionen Dollar zahlen und fügte seinem ellenlangen Sündenregister damit ein weiteres Kapitel zu.

Keine Steuerrückzahlung für BAYER
Der Leverkusener Multi vermeinte, für seine immer wieder durch Störfälle auffallende Niederlassung im US-amerikanischen Institute 457.000 Dollar zu viel Steuern gezahlt zu haben, und zog vor Gericht. Zunächst bekam der Konzern Recht zugesprochen, verlor jedoch in letzter Instanz. Die RichterInnen räumten zwar durchaus Berechnungsfehler ein, führten diese aber auf BAYERs mangelhafte Steuererklärung zurück und lehnten das Rückzahlungsbegehr ab. Der Landkreispräsident Kent Carper zeigte sich erleichtert über das Urteil. Wenn große Unternehmen mit großen Ressourcen sich nachträglich ihrer Steuerverpflichtungen entledigen könnten, müsste der normale Steuerzahler nämlich seiner Ansicht nach entsprechend mehr zahlen.

Institute: BAYER muss zahlen
Schon bevor BAYER 2001 das Werk im US-amerikanischen Institut erwarb, wo sich am 28. August eine schwere Explosion ereignete, wurde die Produktionsstätte wegen seiner Sicherheitsrisiken aktenkundig. Die US-amerikanische Umweltbehörde EPA stellte so schwerwiegende Mängel wie überhöhte Emissionen, fehlerhafte Emissionsberichte sowie Verstöße gegen Vorschriften im Umgang mit gefährlichen Stoffen fest und forderte den Leverkusener Multi als Rechtsnachfolger zu einer Strafzahlung in Höhe von einer Million Dollar auf.

Ex-Beschäftigte verklagt BAYER
Nach zahlreichen Meldungen über Todesfälle musste BAYER am 8. August 2001 den Cholesterinsenker LIPOBAY vom Markt nehmen. Wie gefährlich das Mittel ist, wusste der Leverkusener Pharma-Riese allerdings schon lange vorher. Trotzdem vermarktete er das Medikament weiter. Darum betätigte sich jetzt eine ehemalige Angestellte als Whistleblowerin und verklagte den Konzern (siehe auch SWB 4/08).

1.200 Klagen wg. Genreis
Im Jahr 2006 fand sich genmanipulierter Reis von BAYER massenhaft in herkömmlicher Supermarkt-Ware wieder und löste damit einen der größten Gen-Gaus der letzten Zeit aus. Den Schaden, den die gegen das Herbizid LIBERTY resistente Sorte verursacht hatte, bezifferte GREENPEACE auf 1,2 Milliarden Dollar. Die Lebenmittel-Rückrufe schlugen dabei mit 253 Millionen zu Buche, die Exportverluste für die US-amerikanischen Reis-FarmerInnen in der Saison 2006/07 mit 254 Millionen und die für 2007/08 ca. mit 445 Millionen. Die LandwirtInnen zogen deshalb massenhaft vor Gericht. Auf 1.200 ist die Zahl der KlägerInnen mittlerweile angewachsen.

BAYER-Beschäftigter klagt
Den BAYER-Beschäftigten Rickey J. Carman machte die Arbeit krank, weshalb er den Leverkusener Multi verklagt hat. Carmans Aufgabe war es, am Standort Natrium im US-amerikanischen Marshall County für den Abtransport bestimmte Tanks mit dem Kunststoff-Zwischenprodukt Toluylendiisocyanat (TDI) zu befüllen oder die gelieferte flüssige Chemikalie aus den Behältern abzupumpen. Immer kam er dabei mit der Substanz in Berührung, denn es leckte gehörig aus den Leitungen, so dass sich permanent ein Chemie-Nebel verbreitete. Da TDI das zentrale Nervensystem angreifen kann, blieb das nicht ohne Folgen. Der Arbeiter bekam eine Depression und litt zudem unter Übelkeit, Kopfschmerzen und Gedächtnisverlust. Das alles hätte dem US-Amerikaner erspart bleiben können, wenn BAYER die TDI-Produktion in Natrium aufrechterhalten hätte, statt den Stoff aus Kostengründen per Zug, LKW oder Pipeline anliefern zu lassen. Aber der Konzern verzichtete wie im Fall „Kohlenmonoxid“ auf eine Fertigung im Werk selbst.

Noch eine TRASYLOL-Klage
Im November 2007 musste BAYER das zur Blutstillung bei Operationen eingesetzte Medikament TRASYLOL vom Markt nehmen (SWB 4/07). Die Nebenwirkungen reichten von Nierenversagen über Schlaganfälle bis hin zu Herzinfarkten. Peter Sawicki vom „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ zufolge starben an der BAYER-Arznei allein in der Bundesrepublik jährlich 300 Menschen; weltweit geht die Zahl der Toten in die Zehntausende. Ca. 100 Klagen auf Schadensersatz sind den Justizbehörden bislang eingegangen. Im Oktober 2008 kamen noch zwei dazu. Die US-AmerikanerInnen Gary Harms und Linda Kopsie verlangen zwei Millionen Dollar Schmerzensgeld vom Leverkusener Multi. Linda Kopsie macht den Konzern für den Tod ihres an Nierenversagen gestorbenen Mannes verantwortlich, und Harms fordert eine finanzielle Entschädigung für sein Nierenleiden ein.

Irreführende ASPIRIN-Werbung
BAYER hat in den USA eine Kombination seines „Tausendsassas“ ASPIRIN mit dem hauptsächlich als Nahrungsergänzungsmittel verwendeten Phytosterol auf den Markt geworfen und bewirbt den Mix als „best of both worlds“: gleichzeitig cholesterinsenkend und einem Herzinfarkt vorbeugend. Die US-Gesundheitsbe

[Giftmüll] STICHWORT BAYER 01/2007

CBG Redaktion

Schmutzige Geschäfte mit Hexachlorbenzol

Müllschlucker BAYER

Der Leverkusener Multi macht sogar mit Müll Geld und akquiriert giftige Abfälle aus der ganzen Welt für seine Rückstandsverbrennungsanlagen. Mit der Verbrennung von 4.500 Tonnen Hexachlorbenzol made in Australien will der Konzern jetzt einen Umsatz von drei Millionen Euro erzielen. Die Betreiber der Öfen in Herten und Brunsbüttel rechnen mit ähnlichen oder sogar noch größeren Erträgen. Aber gegen den Mülltourismus erhebt sich eine Woge des Protestes.

von Jan Pehrke

„Über 300 Firmen aus ganz Europa und Übersee haben im Jahr 2004 ihre Sonderabfälle bei den BIS-Umweltdiensten entsorgt“, wirbt BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS) für seine Dienste. Dieses Klappern gehört zum Geschäft, denn ein solches ist die Beseitigung von Produktionsrückständen längst geworden. Hatte der Leverkusener Multi früher seine giftigen Hinterlassenschaften einfach in Deponien wie der Dhünnaue mit verheerenden Folgen für die Umwelt endgelagert, wodurch zwar das Müllaufkommen reduziert wurde, die Emissionen in Luft und Wasser aber anstiegen.

Aber von einem notwendigen Übel zu einem Geschäftszweig hat sich die Entsorgung erst Ende der 80er Jahre entwickelt. Einen zusätzlichen Schub bekam sie dann durch den Umbau BAYERs zu einer Holding, die alle Sparten in die Selbstständigkeit entließ und besonders die Dienstleistungsabteilungen mit der Notwendigkeit konfrontierte, externe Aufträge einzutreiben. Und wo der Kantinenbetrieb nun auch über BAYER hinaus einen Catering-Service anbietet, stieg die BIS ins globale Müllgeschäft ein. Auf 20 Prozent beläuft sich der Anteil fremder Produktionsrückstände mittlerweile.

Ginge es nach dem Konzern, dürfte sich diese Quote jetzt noch erhöhen. Die Müllschlucker haben nämlich einen dicken Auftrag aus Australien an Land gezogen. Die dort ansässige Chemie-Firma ORICA sitzt auf einer Hinterlassenschaft von 22.000 Tonnen hochgiftigen Hexachlorbenzols und will sie auf die Reise in die Bundesrepublik schicken. 4.500 Tonnen davon haben BAYER-Öfen als Bestimmungsort, wodurch ein Umsatz von drei Millionen Euro winkt.

Zahlreiche Proteste
Zwei Jahre soll die Müll-Karawanserei auf Schiffen, Eisenbahnschienen und Straßen dauern. Dabei lauern auf der 16.000 Kilometer langen Strecke unzählige Gefahren. Besonders das Umladen ist mit Risiken verbunden. Erreichen die Gifte schließlich doch allen Widrigkeiten zum Trotz wohlbehalten ihr Ziel, sorgt die Verbrennung für die Freisetzung zahlreicher gesundheitsschädlicher Stoffe. Aus diesen Gründen hat sich ein breiter Widerstand gegen das Vorhaben formiert. In Gang gebracht hat ihn die australische Umweltorganisation NATIONAL TOXICS NETWORK. Sie hatte im Dezember letzten Jahres die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und die Initiative DAS BESSERE MÜLLKONZEPT über die bevorstehende Giftfracht in Kenntnis gesetzt. Diese Gruppen reichten die Information umgehend an andere Verbände wie z. B. den BUND FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ DEUTSCHLAND (BUND) weiter. Mit dem BUND schrieb die CBG dann einen Offenen Brief an den nordrhein-westfälischen Umweltminister Eckhart Uhlenberg und gab eine Presseerklärung heraus, die zahlreiche Medien aufgriffen.
So errang das Thema Publizität, und vor Ort in Leverkusen, Dormagen, Herten und Brunsbüttel regte sich erster Widerstand. Die Initiative „Pro Herten“ veranstaltete unter anderem eine Podiumsdiskussion zum Thema, die über 400 Menschen besuchten. In Brunsbüttel protestierten BürgerInnen bei einer Anhörung gegen die Anlandung der Altlast und führten eine Demonstration durch. Für den Grünen-Politiker Jürgen Ruge waren die 22.000 Tonnen Hexachlorbenzol made in Australien ein „erschütternder Entfernungsrekord“ auf dem Gebiet des Mülltourismus.
In Dormagen verteilten die Grünen und die Coordination gemeinsam Flugblätter und sammelten zahlreiche Unterschriften gegen die Giftmüll-Verbrennung. „Schon jetzt lebt man hier nicht gesund. Seit zwei Monaten riecht man etwas in der Stadt. Mein Sohn hat Asthma und Neurodermitis. Ich glaube nicht, dass wir von den Giftmüllabgasen nichts abbekommen“, sagte etwa eine Dormagenerin der Westdeutschen Zeitung. Die städtische „Agenda 21“-Gruppe sammelte Fragen besorgter AnwohnerInnen und übergab diese passenderweise am „Tag der Offenen Tür“, den BAYER kurzfristig am Tatort „Sondermüll-Verbrennungsanlage“ anberaumt hatte, um Gegen-Aufklärung zu betreiben. „Ist der Kontinent Australien nicht in der Lage, seinen eigenen Giftmüll zu entsorgen?“, „Welche absoluten Emissionen von Dioxin, HCB und anderen Giftstoffen werden durch die geplante HCB-Verbrennung entstehen?“, „Soll die ‚Wirtschaft‘ von BAYER mit solchen Aktivitäten angekurbelt werden?“ - das wollten die DormagenerInnen unter anderem von den Konzern-Verantwortlichen wissen.

Erste Erfolge
All dieses zeigte Wirkung. Die Anlieger-Städte Herten, Recklinghausen, Marl, Castrop-Rauxel und Leverkusen verabschiedeten Resolutionen gegen den Müll-Transport. Nur Dormagen mochte sich nicht anschließen, weil die Stadt im August 2004 der Kapazitätserweiterung der Anlage zugestimmt hatte und damit auch ihrer Bestimmung als Fernreise-Ziel von gefährlichen Chemikalien. „Würde der Rat jetzt protestieren, wäre das nicht sehr glaubwürdig“, so der Bürgermeister Heinz Hilgers, den erst JournalistInnen über die Entsorgungspläne BAYERs hatten informieren müssen.
Am 20. Februar setzte das schleswig-holsteinische Umweltministerium das Genehmigungsverfahren erst einmal aus. Es habe vergeblich auf Angaben aus Australien zum genauen Giftmix und zur Unmöglichkeit einer Entsorgung vor Ort gewartet, erklärte Ministeriumssprecher Christian Seyfert zur Begründung. Die für die nordrhein-westfälischen Müllöfen zuständige Bezirksregierung Münster hat noch keine Entscheidung gefällt, weil die australischen Behörden dem Giftmüll-Export bisher nicht offiziell zugestimmt haben.

NRW duckt sich
„Um es deutlich zu sagen, wir sind gegen den Import von Sonderabfällen aus Australien, zumal der Transport derart gefährlicher Abfälle über riesige Entfernungen erhebliche Risiken birgt“, erklärte der nordrhein-westfälische Umweltminister Eckhart Uhlenberg im Landtag und plädierte für eine Abschaffung des Mülltourismus. Das hört sich in den offiziellen Verlautbarungen aus seinem Haus jedoch ganz anders an. In der Bilanz zur Ein- und Ausfuhr von Giftmüll brüstet sich das Ministerium noch mit der Attraktivität NRWs als Müll-Standort. „Dieses hohe Niveau des Imports gefährlicher Abfälle ist Ausdruck einer leistungsfähigen Entsorgungsinfrastruktur“, heißt es dort.
Offensichtlich wohnen zwei Seelen in der Brust des CDU-Politikers, weshalb er sich wegduckt. Politisch sei er machtlos, sagte er mit Verweis auf die Abfallverbringungsverordnung der EU. Wenn das Hexachlorbenzol in Australien nicht fachgerecht werden könne, gebe es keine Handhabe gegen den Import, so Uhlenberg. Brüssel spielte den Ball jedoch umgehend zurück. „Die Entscheidung ist nicht durch EU-Recht gebunden, sondern liegt im Ermessen der Empfängerländer“, gab die Sprecherin des Brüsseler Umweltkommissars Stavros Dimas, Barbara Helfferich, zu Protokoll. Das brachte den CDU-Politiker, der in der Vergangenheit durchaus schon gegen Müll-Importe interveniert hatte, ganz schön in die Bedrouille, zumal auch die Baseler Konvention Handlungsspielräume eröffnet. Das internationale Abkommen spricht jedem Land das Recht zu, die Annahme von Giftmüll zu verweigern und fordert dazu auf, den grenzüberschreitenden Müll-Handel auf ein Minimum zu begrenzen. Aber der Umweltminister wollte sich trotz alledem immer noch nicht aus der politischen Bewegungsstarre lösen und appellierte an Sigmar Gabriel, den Fall zu übernehmen. Die taz kommentierte daraufhin scharf: „Denn Uhlenberg kann die Giftverbrennung tatsächlich nicht verhindern, weil die schwarz-gelbe Landesregierung überhaupt kein Interesse daran hat, ein lukratives Auslandsgeschäft von BAYER zu torpedieren oder dem Beseitigungsstandort NRW zu schaden. Wer wirtschaftlich denkt, darf den Giftmülldeal nicht platzen lassen. Wer sich tatsächlich um die Gesundheit seiner Landsleute und die immensen Umweltrisiken auf dem langen Seeweg sorgt, der könnte das!“

BAYERs Müll-Ofen
Darum sorgt sich auch BAYER herzlich wenig. „Das fällt erst in unsere Verantwortung, wenn die Transporte vor den Werkstoren stehen“, meint Pressesprecher Christian Zöller. Nur für seine Verbrennungsanlagen verbürgt der Konzern sich. „Wir befinden uns mit unserer Expertise an der Weltspitze“ behauptet das Unternehmen. Was zu bezweifeln ist, denn moderne Verfahren wie etwa die Kälte-Behandlung setzt BAYER nicht ein. Zöller aber verweist auf die große Erfahrung mit dem einst selbst hergestellten, seit 1981 nicht mehr als Pestizidwirkstoff zugelassenen Hexachlorbenzol. Aber in Luft auflösen lassen könnte selbst die beste Beseitigungstechnik die Substanz nicht. Nach Meinung des Düsseldorfer Mikrobiologie-Professors Harry Rosin bleiben auch bei solchen Prozessen „krebserregende Partikel“ übrig. So produziert die Rückstandsverbrennungsanlage nicht wenige gesundheitsgefährdende Rückstände: z. B. Dioxine, Furane, Salzsäure, Rauchgas, Filterkuchen, Schlacke, verschmutzte Abwässer und Feinstäube. Was davon nicht direkt in Wasser, Boden und Luft landet, findet seinen Weg zu Sondermülldeponien.
Wieviel Giftstoffe die Verbrennungsanlagen in Leverkusen-Bürrig und Dormagen ausstoßen, verrät BAYER INDUSTRY SERVICES nur mit jahrelanger Verspätung (siehe hierzu eine Presse Info der CBG). Die Werte für Stäube, Kohlenmonoxid, Schwefeldioxid, Chlorwasserstoff, Stickoxide, Fluorkohlenwasserstoffe, Cadmium, Thalium, Quecksilber liegen angeblich allgesamt im grünen Bereich, sprich: die zulässigen Grenzwerte werden nicht überschritten. Das ist auch keine allzu große Kunst, denn das Maß aller Dinge bei der Festlegung war nicht etwa die menschliche Gesundheit, sondern die technische Machbarkeit. Trotzdem schafften es die BAYER-Öfen bis in die 90er Jahre hinein oft, darüber hinauszuschießen, und mehr Dioxin und Stickstoff zu produzieren als erlaubt. Noch heute schrammen die BIS-Anlagen bisweilen nur knapp an einer Überschreitung vorbei, etwa beim Stickstoffdioxid. Mit 160 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft befindet sich der Wert nach den neuesten Erhebungen nur knapp unter der noch zulässigen Marke von 200 mg/m3. Und allzu häufig gilt: Nichts Genaues weiß man nicht, da der Konzern die Emission solcher Stoffe wie Quecksilber, Cadmium, Talium und Fluorkohlenwasserstoffe nicht regelmäßig messen muss.

Die Unfälle
Als ob es noch eines Beweises für die Gefährlichkeit der Müllschlucker bedurft hätte, brach just zum Höhepunkt der Proteste in der Hertener Anlage ein Feuer aus, woraufhin sie ihren Betrieb teilweise einstellen musste. Der letzte große Zwischenfall bei der BAYER-Rückstandsverbrennung ereignete sich im Oktober 2003. Ein Container, der Reste einer Basis-Chemikalie enthielt, erhitzte sich auf 120 Grad (Normaltemperatur: 70 Grad). Wegen der Explosionsgefahr sperrte die Feuerwehr das Gelände großflächig ab und unterbrach den Zug-Verkehr auf der Strecke Köln-Neuss. Dann öffnete sie den Container mit Spezial-Werkzeugen und füllte die gefährliche Substanz in einen Auffang-Behälter. Im August 1986 fiel im Krefelder Müllofen die Abgaswäsche aus, und eine gelbliche Rauchwolke trat aus. Vier Monate vorher gab es eine Explosion in der Leverkusener Abfallbeseitigungsanlage, die Nitrose freisetzte. Kilometerweit konnten die Menschen das Gas riechen. „Die menschliche Nase ist eben ein sehr empfindliches Organ“, kommentierte der damalige Werksleiter Rosahl trocken. Zu diesem Zeitpunkt stand die Anlage noch nicht einmal fünf Jahre wieder - ein großer Knall hatte sie im Juli 1980 größtenteils zerstört.

Das CBG-Engagement
Wegen dieser Anfälligkeit und der Schadstoff-Ausstöße protestierte die Coordination immer wieder gegen die bestehenden und geplanten Müllöfen von BAYER. Sie unterstützte in den achtziger Jahren die Brunsbütteler Antimüll-AktivistInnen, die der Konzern ausmanövrieren wollte, indem er das Gelände rund um das Baugebiet aufkaufte, um Prozesse von NachbarInnen zu verhindern. Im Januar 1988 reichte die CBG gemeinsam mit anderen Initiativen und den Grünen eine Einwendung gegen den Bau der Dormagener Rückstandsverbrennungsanlage ein. Die UmweltschützerInnen forderten darin eine Begrenzung der Emissionen von Salzsäure, Schwermetallen und anderen gefährlichen Stoffen, bemängelten die unzureichende Sicherung gegen Störfälle und kritisierten die anvisierte Entsorgungskapazität von 50.000 Tonnen im Jahr. „Zur Zeit werden aus Leverkusen, Krefeld und Dormagen zusammen nur etwa 20.000 Tonnen außerhalb der Werke verbrannt“, gab der Grünen-Politiker Harry Kunz zu Bedenken und warnte schon damals vor Mülltourismus. Und im Jahr 1990 reiste ein CBGler sogar ins italienische Filago, um den Widerstand der AnwohnerInnen gegen eine BAYER-Dreckschleuder zu unterstützen.

BAYER reagiert
Dieses Engagement schuf ein Bewusstsein für die Gefahren der aus den Schornsteinen kommenden Rückstände, was zu schärferen Umweltgesetzen führte, die BAYER & Co. zwangen, ihre Anlagen umzubauen. Aus freien Stücken hätte der Konzern niemals in neue Techniken investiert. Der Leverkusener Multi gibt das auch ganz offen zu. „Die Anforderungen der 17. BImSchV (Bundesimmissionsschutz-Verordnung, Anm. SWB) machten Mitte der 90er Jahre eine weitergehende Rauchgasreinigung notwendig“, heißt es beispielsweise in einer BIS-Broschüre. Gegen solche neuen Richtlinien sträubte sich der Konzern stets bis zuletzt. Er ging 1993 sogar so weit, gegen das Abfallgesetz zu klagen und Vorstandsvorsitzende wie Manfred Schneider warnten immer wieder vor „Überregulierungen“.
Auch jetzt bringt sich der Agro-Riese wieder in Stellung und versucht auf allen Ebenen Einfluss zu nehmen, um sich das schmutzige Geschäft nicht entgehen zu lassen. Er lud zu einem „Tag der Offenen Tür“ in Dormagen ein und wandte sich mit Flugblatt an die Bevölkerung. Auf landespolitischer Ebene setzt der Konzern auf seinen ehemaligen Laborleiter Karl Kress, inzwischen Altersteilzeitler. Er ist seit Urzeiten Landtagsabgeordneter der CDU und hat sich - wen wundert ‘s - besonders der Umweltpolitik verschrieben. „Wenn es stimmt, dass es weltweit nur fünf vergleichbare Anlagen gibt, macht eine Entsorgung hier Sinn“, tönte Kress zur Überraschung seiner nicht über seinen beruflichen Werdegang informierten KollegInnen im Umweltausschuss. Im Leverkusener Stadtrat hingegen „legte sich niemand so sehr für BAYERs Know-how ins Zeug wie Klaus Naumann, FDP“, schrieb der Leverkusener Anzeiger. Er verstieg sich sogar darin, die Entsorgung zur „ethischen Aufgabe“ zu erheben. Es dürfte für Naumann wohl eher eine berufliche Aufgabe gewesen sein, denn der Chemiker arbeitete lange im Monheimer Pestizid-Zentrum von BAYER.
Der Leiter des BAYER-Stabes „Politik und Umwelt“, Wolfgang Große Entrup, tut derweil in seinem Nebenjob als Chef der Umweltkommission beim CDU-Wirtschaftsrat alles, um Müllgeschäfte in großem Stil zu erleichtern. Das Zauberwort dafür heißt „Entbürokratisierung“. Eine solche für die EU-Abfallverbringungsverordnung einzuleiten, steht für 2007 ganz oben auf der Agenda der industriellen UmweltpolitikerInnen.
Darin wissen sie sich mit dem „Dialog Wirtschaft und Umwelt NRW“ einig, eine mit VertreterInnen von BAYER und anderen Unternehmen bestückte Institution (siehe SWB 3/06). Diese Quasi-Ausgründung der nordrhein-westfälischen Umweltpolitik tritt ebenfalls für Lockerungen auf dem Entsorgungssektor ein. Auf offiziellem, mit Landeswappen geschmückten Papier wandten sich die verstaatlichten Konzern-VertreterInnen an Brüssel: „Der „Dialog Wirtschaft und Umwelt NRW“ erwartet von der EU bei der künftigen Abfall-Strategie und von der Revision der Abfallrahmenrichtlinie, dass der Abfallbegriff auf bewegliche Sachen beschränkt bleibt“. Und die Bundesrepublik betreibt ebenfalls Sprachpolitik und möchte Müll nicht mehr Müll nennen, sondern „Nebenprodukt“ und Rückstandsverbrennungsanlagen wie die Dormagener „Wiederverwertungsanlagen“ - und mit den netteren Worten natürlich auch eine nettere Behandlung verbinden.

Importweltmeister BAYER
Auch für BAYER ist der giftige Abfall made in Australien nichts als eine Ware. „Wir sind ein Wirtschaftsunternehmen und verdienen damit Geld“, so ein BIS-Sprecher. Und das schmutzige Geschäft floriert so gut, dass der Konzern im Jahr 2004 die Brennofen-Kapazität in Dormagen um 19.000 Tonnen auf 75.000 Tonnen erweitern musste. „Für den eigenen Bedarf war diese Kapazitätsausweitung nicht nötig", gestand der Öffentlichkeitsarbeiter. Die Anlagen von BAYER und anderen Firmen haben sich so zu „Müllstaubsaugern“ (Bärbel Höhn) entwickelt und NRW zum Müllimportland Nr. 1 gemacht. Von 90.000 Tonnen im Jahr 1997 auf 610.000 Tonnen 2005 stiegen die Zahlen. Und wenn die Müllschlucker den Hals nicht vollkriegen können, besteht natürlich auch keine Notwendigkeit für die Industrie, sich auf eine Müllvermeidungsdiät zu setzen. Da ist es höchste Zeit, den Stecker rauszuziehen. Zumindest im Fall der 22.000 Tonnen Hexachlorbenzol stehen die Chancen für einen umgekehrten Düsenantrieb nicht allzu schlecht, zumal australische UmweltschützerInnen und Müllofen-Betreiber auf Entsorgungsmöglichkeiten down under verweisen.

[Ticker] STICHWORT BAYER 04/2006 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Kinderarbeit 2006/07
Die Kampagne der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) gegen die Kinderarbeit bei den Zulieferern von BAYERs indischer Saatgut-Tochter PROAGRO zeigt einige Erfolge. In der Pflanzsaison 2006/07 sank die Zahl der Frondienste auf den Feldern leistenden Jungen und Mädchen auf 50-100, wie Recherchen des indischen Wissenschaftlers Dr. Davuluri Venkateswarlu ergaben. Im Bundesstaat Karnataka hat der öffentliche Druck auf BAYER aber offensichtlich noch nicht genügt. Dort stand das Thema „Kinderarbeit“ für den Leverkusener Multi bei den Verhandlungen mit den Zwischenhändlern und beim Abschluss der Verträge nicht auf der Agenda. Erst nach einer Intervention Venkateswarlus bewegte sich der Konzern. Das von BAYER mit großem Aplomb als Schlüssel des Kinderarbeitsproblems angekündigte „Musterdörfer“-Konzept hat der Konzern Venkateswarlu zufolge nicht umgesetzt. Die Leuchturm-Orte, in denen der Leverkusener Multi seine Zulieferer für den Verzicht auf die Beschäftigung von Minderjährigen mit Bonus-Zahlungen belohnen wollte, blieben Potemkinsche Dörfer. Auch die Spezialschulen, in denen die KinderarbeiterInnen versäumten Lernstoff nachholen können, erfüllen ihren Zweck nicht. Sie erreichen ihre eigentliche Zielgruppe nicht, weil die Jungen und Mädchen als „WanderarbeiterInnen“ von weither zu den Saatgutproduzenten kamen und inzwischen wieder heimgekehrt sind. Ob schließlich die von BAYER beauftragten UnternehmensberaterInnen von ERNST & YOUNG die Richtigen sind, um den Stand der Dinge vor Ort zu „evaluieren“, daran hat Dr. Davuluri Venkateswarlu auch so seine Zweifel.

Jahrestagung 2006
Der mit gentechnisch manipulierten BAYER-Sorten verunreinigte Reis beherrschte lange die Schlagzeilen. Das schon lang vorher festgelegte Thema der diesjährigen Jahrestagung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN(CBG) - „Geniale Geschäfte - vom GenKlau zum GenGau“ - bekam so eine ungeahnte Aktualität. Gregor Kaiser von der BUKO-KAMPAGNE GEGEN BIOPIRATERIE erläuterte in seinem Vortrag „Die Risiken der grünen Gentechnologie“, warum der Fehler im System liegt und die Technologie nicht beherrschbar ist. Wegen einer anderen nicht beherrschbaren Technologie, der Atomkraft, nach dem Tschernobyl-Unglück aufs Land gezogen, droht den Biobauern Lothar Gothe mit den Genpflanzen made by BAYER & Co. nun abermals der „Segen“ des industriellen Fortschritts einzuholen. Äußerst auschaulich berichtete er, wie er sich auf lokaler Ebene, in den Bauernverbänden und durch seine Teilnahme an Protestaktionen dagegen wehrt, auf den Business-Plan der Agromultis zu geraten. Der lange Schatten, den die „grüne Gentechnik“ wirft, hat ein wenig den Blick auf die nicht weniger problematische „rote Gentechnik“ verstellt. Uta Wagenmann (GEN-ETHISCHER INFORMATIONSDIENST) hat sie einmal genauer unter die Lupe genommen und durchschritt den ganzen Parcours von Heilsversprechungen über Genbibliotheken und Genmedizin-Gaus bis zur Ökonomisierung des Körpers und Biologisierung des Sozialen. Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der CBG sah in diesem Gen-Imperialismus einen Ausdruck des Willens zur Macht der Unternehmen im Allgemeinen und BAYERs im Besonderen und erläutete mit einem Rekurs auf die Kriegsverbrechen des Konzerns, welche Gefahr eine Risikotechnologie in den Händen eines Unternehmens darstellt, dessen Leitmaxime der Aufsichtsratsvorsitzende Manfred Schneider einmal so formulierte: „Wir sind auf Profit aus, das ist unser Job“. Diesem Ansinnen Paroli zu bieten - darüber herrschte Einigkeit, und so führten die Diskussionen dann auch zum konkreten Plan einer gemeinsamen Praxis.

CBG schreibt Bundesinstitut
Nach alarmierenden Studien zu Risiken und Nebenwirkungen von BAYERs TRASYLOL hat die US-Gesundheitsbehörde FDA das Medikament überpüft - und sich gegen einen Entzug der Zulassung entschieden. Bei dem Prüfverfahren hat der Leverkusener Multi der Behörde allerdings eine ebenfalls zu alarmierenden Befunden kommende, selbst in Auftrag gegebene Untersuchung verschwiegen, was einen großen Skandal auslöste (siehe SWB 4/06). Da das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM) nach der US-amerikanischen Entscheidung ebenfalls Entwarnung in Sachen „TRASYLOL“ gegeben hatte, wollte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN von der Behörde wissen, inwieweit sich für die staatlichen ArzneiprüferInnen nach dem Täuschungsmanöver des Konzerns eine veränderte Sachlage ergeben hätte. Zudem fragte die CBG nach, ob dem BfArM das von Kurt Langbein herausgegebene Buch „Gesunde Geschäfte“ bekannt ist, das die Behauptung aufstellt, BAYER habe in den 60er Jahren eine TRASYLOL-Studie gefälscht und das erhöhte Sterblichkeitsrisiko durch die Behandlung mit der Arznei einfach „wegretouchiert“. Das Institut kannte das Werk nicht. „Wir können dessen Aussage also weder bestätigen noch dementieren“, hieß es in dem Antwortbrief des BfArM-Abteilungleiters Dr. Ulrich Hagemann. Die von BAYER zunächst unterschlagene Expertise lernen die Bonner PharmakologInnen derweil gerade kennen. „Erste Beratungen dazu haben im Oktober und November 2006 auf EU-Ebene in der Pharmakovigilianz-Arbeitsgruppe stattgefunden. Es ist zu erwarten, dass eine Überarbeitung der Produktinformation (Stand August 2006) vorgenommen werden muss“, schreibt Hagemann. Der Pharma-GAU, der nicht mehr auf den Beipackzettel passt und zu einem Marktrückruf führt, muss für das Bundesinstitut also noch erfunden werden.

CBG schreibt EU
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hatte BAYER wegen der Bildung eines Kunststoff-Kartells verklagt (Ticker 3/06) und dieses auch die EU wissen lassen. „Wir danken ihnen für die Informationen, die wir zur Kenntnis genommen haben. Die Wettbewerbsbehörde begrüßt und unterstützt die Wachsamkeit, die dem durch Kartelle entstehenden Schaden für VerbraucherInnen, AktionärInnen und die Gesellschaft insgesamt gilt“, heißt es in dem Antwortschreiben. Auch für eine konsequente Bestrafung setzten sich die BeamtInnen ein. „Die Kommission befürwortet alle Arten von Sanktionen, auch strafrechtliche (für Individuen), welche eine abschreckende Wirkung haben können“, so die Brüsseler WettbewerbshüterInnen.

CBG schreibt Wenning
Säuglinge in der „Dritten Welt“, die mit Milchpulver ernährt werden, leiden häufig unter Mangelernährung, weil die Mütter aus Kostengründen zu wenig verwenden. Oft verursacht das zum Ansetzen verwendete schadstoffreiche Wasser auch gesundheitliche Probleme. Deshalb haben die Philippinen den Konzernen 1986 verboten, für Milchpulver zu werben. Gegen diesen „milk code“ haben BAYER, NOVARTIS, ABBOTT und andere Pharma-Multis geklagt (Ticker 3/06). Um gegen dieses Vorgehen zu protestieren, haben die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und die AKTIONSGRUPPE BABYNAHRUNG einen Offenen Brief an BAYERs Vorstandsvorsitzenden Werner Wenning geschrieben.

Solidarität mit den BISlern
Der Leverkusener Multi will die BAYER INDUSTRY SERVICES zerschlagen, große Geschäftsbereiche abstoßen und auf diese Weise 3.000 Arbeitsplätze innerhalb des Konzerns vernichten (SWB 4/06). Die MitarbeiterInnen protestieren dagegen mit einer Vehemenz und Ausdauer, die in der jüngeren Vergangenheit des Unternehmens ohne Beispiel ist. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hat sich in einer öffentlichen Erklärung hinter die Beschäftigten gestellt. „Es ist nicht hinzunehmen, dass sich der Konzern jeglicher Verantwortung für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entzieht. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) erklärt sich daher solidarisch mit den Forderungen der Belegschaft“, heißt es darin.

Cefic für Schmähpreis nominiert
Die Kölner Initiative LOBBYCONTROL hat den Europäischen Chemieverband Cefic für den „Worst EU Lobby Award“ nominiert. Verdient haben sich BAYER & Co. diesen Schmähpreis nach Meinung der Stifter gleich doppelt. Zum einen brachten sie das Europäische Parlament dazu, Nichtregierungsorganisationen das Klagerecht gegen Verletzungen von Umweltgesetzen durch EU-Institutionen zu nehmen und zum anderen suggerierten sie in ihrer Kampagne gegen das Chemikaliengesetz REACH fälschlicherweise, das Verbot gefährlicher Stoffe würde afrikanische Kinder zu wehrlosen Opfern von Malaria übertragenden Insekten machen.
Auch EU-Industriekommissar Günter Verheugen hat gleich zwei Eisen im Feuer. Preiswürdig empfand LOBBYCONTROL sowohl seine Gepflogenheit, ExpertInnengruppen vorzugsweise mit Industrie-Emissären zu bestücken als auch seine präventive Entschuldigung an BAYER & Co. im Rahmen der Diskussion um ein Positionspapier zur Unternehmensverantwortung, dass „ein paar Passagen als verbale Zugeständnisse an andere Stakeholder verstanden wissen müssen, die jedoch keine echten Folgen haben werden“. Andere BAYER-Freunde wie österreichische und finnische Politiker, welche der Biotech-Industrie ermöglichten, „Entscheidungsträger zu treffen und sich mit anderen Wirtschaftsakteuren zu vernetzen“, wie es die Gen-Giganten formulierten, während Umweltinitiativen draußen bleiben mussten, gehen ebenfalls mit guten Aussichten auf eine Auszeichnung ins Rennen.

NRW-Umweltverbände trafen sich
Mitte September nahm die CBG an einem Treffen nordrhein-westfälischer Umweltinitiativen teil. Die AktivistInnen tauschten sich über ein effektiveres Vorgehen gegen die Schadstoffausstöße von BAYER & Co. aus, diskutierten über die Anlagensicherheit und Notfallplanung in dem Bundesland und besprachen ein gemeinsames Vorgehen gegen den von der schwarz-gelben Landesregierung betriebenen Rückbau der Umweltpolitik (siehe auch SWB 3/06).

Kritik an AIDA-Werbung
Auch Verhütungsmittel fallen in der Bundesrepublik unter das Werbeverbot für verschreibungspflichtige Arzneien (siehe auch POLITIK & EINFLUSS). Das Internet bietet jedoch vielfältige Möglichkeiten, es zu umgehen. So preist die BAYER-Tochter JENAPHARM auf verschiedenen Webseiten unverhohlen die Pille AIDA als ein Mittel an, das nicht nur Schwangerschaften verhindert, sondern angeblich auch noch für schönere Haut und Haare sorgt. Nach einer Beschwerde der pharmakritischen Fachzeitschrift arznei-telegramm entfernte die Firma den Markennamen von den Seiten, im Metatext ist er jedoch nach wie vor vorhanden, weshalb Suchmaschinen weiterhin fündig werden. „Wir erinnern daran, dass ‚Schönheit‘ keine zugelassene Indikation für irgendein empfängnisverhütendes Mittel ist und die Nutzen-Schaden-Abwägung für eine solche ‚Indikation‘ eindeutig negativ ist (...) Die Vermarktung des neuen Kontrazeptivums AIDA ist unseriös und bedient zielgerichtet den Lifestyle-Bereich. Wegen unzureichender Daten zur Langzeitverträglichkeit raten wir von einer Verordnung ab“, schreibt das Blatt in einer Blitz-Veröffentlichung.

Neue MedizinerInnen-Initiative
BAYER & Co. versuchen auf vielfältige Weise, das Verschreibungsverhalten der MedizinerInnen zu ihren Gunsten zu beeinflussen. So hat der Leverkusener Multi in der Vergangenheit ÄrztInnen Reisen im Orientexpress spendiert und ihnen für so genannte Beobachtungsstudien viel Geld gezahlt. Die neue MedizinerInnen-Initiative MEIN ESSEN ZAHL ICH SELBST (MEZIS) geht jetzt auf Distanz zur Pharmaindustrie. Mitglieder von MEZIS empfangen keine PharmareferentInnen in ihren Praxen, nehmen keine Musterpackungen und Geschenke an, beteiligen sich nicht an Arznei-Anwendungsstudien und verzichten auf Praxissoftware, die von den Pillenriesen gesponsort ist.

Proteste gegen Gen-Weizen
Gegen das Bestreben, im sachsen-anhaltinischen Gatersleben einen Freisetzungsversuch mit einer Weizenart durchzuführen, die gegen BAYERs Pestizid-Wirkstoff Glufosinat - unter anderem im berühmt-berüchtigten Genreis LL601 enthalten - immun ist, hat es zahlreiche Proteste gegeben. Gentechnik-GegnerInnen sammelten 27.000 Unterschriften gegen das Vorhaben. Das Münchner Umweltinstitut wandte sich gegen die Aussaat des Genweizens, weil sich in unmittelbarer Nähe des Freiluftlabors eine Genbank mit hunderten von alten Weizensorten befindet. Die ForscherInnen pflanzen diese zwecks Arterhaltung immer wieder im Freiland an, was die Ähren im Falle einer Nachbarschaft mit Gentech-Weizen der Gefahr von Auskreuzungen aussetzt. Zudem übte das Institut Kritik an der gentechnisch eingebauten Resistenz gegen Anti-Unkrautmittel. „Herbizidresistente Genpflanzen haben einen negativen Einfluss auf die biologische Vielfalt. Außerdem erhöhen sie nach kurzer Zeit den Pestizideinsatz auf den Äckern, weil sie die Ausbildung resistenter Ackerkräuter fördern“, so die Münchner Einrichtung. Auch die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) unterstützte die Kampagne. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ließ sich von den Gentech-GegnerInnen nicht beeindrucken. Es genehmigte den Antrag des „Leibniz-Institutes für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung“ (IPK) trotzdem.

Treffen mit Gentechnik-KritikerInnen
Im Herbst 2006 besuchten Gentechnik-GegnerInnen aus Chile und Costa Rica die Bundesrepublik und machten dabei auch in Köln Station, um sich mit der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und anderen Initiativen zu treffen. Es kam zu einem regen Austausch von Erfahrungen, an dessen Ende die TeilnehmerInnen überein kamen, in Zukunft verstärkt zusammenzuarbeiten.

CBG beim „netzwerk recherche“
Der JournalistInnen-Verband „netzwerk recherche“ veranstaltete eine Tagung zum dem „Kritischer Wirtschaftsjournalismus“, bei welcher CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes den SchreiberInnen in einem Vortrag das ergiebige Arbeitsfeld „BAYER“ vorstellte.

SECURVITA ist BAYER nicht grün
Aktienfonds, die mit dem grünen Gewissen ihrer Unternehmen werben, sind mittlerweile ein lukratives Geschäft geworden; neun Milliarden Euro haben sie bisher schon rekurrieren können. Mit der Nachhaltigkeit nehmen es viele in der Branche aber nicht allzu genau. „Man sollte genauer hinschauen, was sich unter dem Etikett ‚Nachhaltigkeit‘ verbirgt“, warnt deshalb das Hamburger Finanzdienstleistungsunternehmen SECURVITA. Besonders dem „Dow Jones Sustainability World Index“, der BAYER, BASF, SIEMENS & Co. großzügig Ökofreibriefe ausstellt und so für ihre Aufnahme in die Öko-Fonds sorgt, ist SECURVITA nicht grün.

KAPITAL & ARBEIT

Hohe Abfindungen für SCHERING-Manager
Für einige wenige zahlen sich Unternehmenszusammenschlüsse kräftig aus. Was den Mannesmännern um Klaus Esser recht war, sollte den SCHERING-Managern billig sein. Kurz vor der drohenden feindlichen Übernahme durch MERCK, die BAYER schließlich abwendete, änderten sie ihre Verträge, so dass sie ihnen für den absehbaren Fall der Fälle ein hohes „Schmerzensgeld“ einräumten. Aus diesem Grund muss der Leverkusener Pharmariese den vier SCHERING-Vorständen nicht nur die ihnen vertraglich zustehenden 13 Millionen Euro zahlen, sondern darüber hinaus noch einen Sonderbonus von 11,7 Millionen. Allein der ehemalige SCHERING-Chef Hubertus Erlen, der in den BAYER-Aufsichtsrat wechselt, bekommt 6,6 Millionen und kann noch bis 2011 über sein Büro und einen Dienstwagen mit Fahrer verfügen.

800 Jobs in der Forschung weg
Im Zuge der SCHERING-Übernahme hat BAYER US-Forschungsstandorte in West Haven und Richmond geschlossen und so 800 Arbeitsplätze vernichtet. Künftig bleiben nur noch Pharma-Labore in Berlin, Wuppertal und Berkeley übrig.

New Martinsville schrumpft weiter
BAYER nimmt im Zuge des Neubaus von Kunststoff-Anlagen in China schon einmal anderswo „Flurbereinigungen“ vor. Nachdem der Multi am US-amerikanischen Standort New Martinsville bereits 2005 die TDI-Fertigung abgewickelt hatte, beendete er dort nun auch die MDI-Produktion und vernichtete so 230 Arbeitsplätze.

LANXESS schrumpft weiter

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Auch nach dem Verkauf der SAN-Kunststoffproduktion an BASF ( Ticker 3/06) haben die Beschäftigten von BAYERs abgestoßener Chemie-Abteilung noch keine Ruhe. Beim Mitte September 2006 in Leverkusen abgehaltenen Medien- und Investorentag kündigte LANXESS-Chef Axel Heitmann an, sich bis 2009 von allen Bereichen zu trennen, die weniger als fünf Prozent Rendite erwirtschaften. „Das bedeutet, dass Verlustgeschäfte bei LANXESS keinen Platz mehr haben“, so Heitmann, der aber auch kleinere Zukäufe nicht ausschloss.

LANXESS schrumpft weiter

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BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS rationalisiert seine Weichmacher-Produktion in Krefeld und vernichtet so 36 Arbeitsplätze.

Keine Altersgrenze für ManagerInnen
Durch Regelungen zur Altersteilzeit und andere Instrumente hat der Leverkusener Multi ältere Beschäftigte konsequent aus dem Erwerbsleben gedrängt. Nur sich selbst hat der Vorstand vor dem Jugendwahn verschont, so dass die Konzern-Spitze auch die Spitze der BAYER-Alterspyramide bildet. Und dies soll nach Ansicht von BAYER-Chef Werner Wenning auch so bleiben. Da der 59-Jährige eigentlich mit dem 63. Lebensjahr ausscheiden müsste, betrieb er schon mal Arbeitsplatzsicherung in eigener Sache und brach eine Lanze für rüstige Senioren von seinem Schlage. „Ich halte nichts von starren Altersgrenzen“, vertraute er der Bild am Sonntag an, für den Vorstandsvorsitzenden ist das Karriere-Ende „keine Frage von jung oder alt, sondern eine Frage der Leistungsfähigkeit“.

Nur 826 Ausbildungsplätze
Um fast die Hälfte ist die Zahl der Ausbildungsplätze bei BAYER in den letzten 16 Jahren zurückgegangen. Gab es 1990 in den Werken der BAYER AG noch 1.600 Lehrstellen, so strich sie der Konzern bis zum Herbst 2006 auf 826 zusammen. Wieder einmal liegt der Multi damit unter der durchschnittlichen Lehrstellen-Quote der bundesdeutschen Wirtschaft von sieben Prozent der Belegschaft.

Schulte aus dem Aufsichtsrat
Der ehemalige DGB-Vorsitzende Dieter Schulte ist aus dem BAYER-Aufsichtsrat ausgeschieden. Für ihn rückte mit Reiner Hoffmann der stellvertretende Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes nach.

KONZERN & VERGANGENHEIT

Husseins Giftgas-Attacken
Auch der irakische Diktator Saddam Hussein schwörte auf BAYER-Produkte. Bei seinen Attacken auf kurdische Dörfer zwischen 1987 und 1988, denen 50.000 bis 100.000 Menschen zum Opfer fielen, kam das vom BAYER-Forscher Fritz Haber während des Ersten Weltkrieges entwickelte Senfgas zum Einsatz.

POLITIK & EINFLUSS

BAYER macht Umweltpolitik
Der Satz „BAYER macht Umweltpolitik“ ist manchmal auch ganz wörtlich zu verstehen. Der Leverkusener Multi hat nämlich einen seiner Mitarbeiter im Umweltministerium sitzen, der zudem noch zur Hälfte aus Steuermitteln bezahlt wird. Ca. 100 solcher EmissärInnen von Verbänden und Unternehmen haben den PolitikerInnen in den letzten vier Jahren ein wenig beim Regieren unter die Arme gegriffen. Aber größeren Einfluss hatten sie nach Meinung der Bundesregierung natürlich nicht. „Eine politische Einflussnahme auf Entscheidungen der obersten Bundesbehörden wird durch die Einbindung der externen Mitarbeiter und MitarbeiterInnen in die hierarchischen Strukturen und der damit verbundenen Kontrollmechanismen ausgeschlossen“, antwortete die Große Koalition auf eine Anfrage der FDP.

Grüne bei BAYER
„Erstmals seit Bestehen der grünen Kreistagsfraktion haben wir uns mit Vertretern aus der Leitungsebene von BAYER Dormagen getroffen“ - was der Grünen-Fraktionsvorsitzende Erhard Demmer da stolz vermeldet, stellt nicht gerade eine Sternstunde in der Geschichte der Partei dar. Die PolitikerInnen ließen sich nämlich nur unverbindlich zu den Themen „Entwicklung der Arbeitsplätze in Zeiten der Globalisierung“, „Sicherheitskonzept“ und „Störfallmanagement“ informieren.

Spenden und Ernten
Jahr für Jahr erlassen die USA Unternehmen mit Stammsitz im Ausland Zollzahlungen für eingeführte Rohstoffe in Millionenhöhe. Der Leverkusener Multi und seine Chemie-Abspaltung LANXESS profitieren von mehr als 70 solcher Ausnahmeregelungen, die ihnen jährlich eine Ersparnis von 17,5 Millionen Dollar bringen - und weitere Anträge sind schon auf dem Weg. Ganz umsonst gibt es das Geld aber nicht. So investierte BAYER nach Berechnungen des „Center for Responsive Politics“ allein 2005 3,2 Millionen Dollar in Lobby-Aktivitäten zur Zollfreiheit und zu anderen aussichtsreichen Projekten. Weil US-amerikanische Firmen verstärkt gegen die ausländischen Unternehmen zugestandenen Wettbewerbsvorteile protestieren, gerät die großzügige Zollpolitik der US-Regierung nun zunehmend in die Kritik.

Große Entrup leitet CDU-Umweltausschuss
Der BAYER-Manager Wolfgang Große Entrup, der beim Leverkusener Multi dem Bereich „Umwelt und Politik“ vorsteht, hat beim CDU-Wirtschaftsrat die Leitung des Bereichs „Umweltpolitik“ übernommen. Er ist der ideale Verbindungsmann für die Konzerne, denn vor seiner Tätigkeit bei BAYER und BASF hatte Große Entrup als persönlicher Referent eines parlamentarischen Geschäftsführers im Bundestag gearbeitet. So lässt die Agenda des Wirtschaftsratsausschusses denn auch Böses ahnen. Das Gremium will unter anderem „Innovationsblockaden bei der grünen Gentechnik abbauen“, beim Umwelthaftungsgesetz die „Haftungsrisiken für Unternehmen minimieren“ und die angebliche Vorreiterrolle der Bundesrepublik in Sachen „Umweltpolitik“ zu einer bloßen „Vordenker“-Rolle zurückstufen.

Druck auf China
BAYER & Co. haben die Bundesregierung in die Pflicht genommen, bessere Bedingungen für ihre Kapitalrendite in China zu schaffen. Wirtschaftsminister Glos tat wie geheißen und veröffentlichte nach Informationen von german-foreign-policy.com „Thesen zu den deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen“. Ihnen zufolge will die Große Koalition den asiatischen Staat drängen, seine „Verpflichtung zur Öffnung des heimischen Marktes ernst zu nehmen“, staatliche Eingriffe in die Wirtschaft zurückzufahren und künftig ausländische Investoren wie inländische zu behandeln.

Ökosteuer adé
Für BAYER und andere Energie-Großverbraucher hält die Ökosteuer großzügige Ausnahmeregelungen parat (Ticker 3/06). Nach dem jüngsten Subventionsbericht der Bundesregierung beträgt ihr Geldwert jährlich 5,4 Milliarden Euro. Aber der Großen Koalition reicht das noch nicht. Sie will bei der Ökosteuer so lange nachbessern, bis nichts mehr von ihr übrig bleibt. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Reinhard Schulz spricht das ganz offen aus. „Deswegen werden wir die Höhe der Energiesteuern für das Produzierende Gewerbe wieder auf den Stand von 1998 - also vor Einführung der Ökosteuer - zurückführen“, so der Politiker. Als Mittel dazu dient das „Biokraftstoff-Quotengesetz“, das BAYER & Co. nicht nur Abschläge auf die Ökosteuertarife, sondern auch auf andere Energiesteuern einräumt.

Fusion von BDI und DIHK
BAYER & Co. wollen ihre Interessen gegenüber der Politik künftig noch wirkungsvoller vertreten und prüfen eine Zusammenlegung der Unternehmensvereinigungen „Bundesverband der Deutschen Industrie“ (BDI) und „Deutsche Industrie- und Handelskammer“ (DIHK). „Aufbauend auf der bereits seit Jahren bestehenden Zusammenarbeit sollen beispielsweise in den Bereichen Umwelt, Energie und Außenwirtschaft stärker Synergieeffekte genutzt und somit die Schlagkraft erhöht werden“, heißt es in einer Presseerklärung des DIHK.

BAYER & Co. als Gesundheitsreformer
Über die Gesundheitsreform haben BAYER & Co. sich so ihre eigenen Gedanken gemacht. Im September 2006 stellte Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt ein „Zehn-Punkte-Korrekturprogramm“ vor, das es in sich hatte. Die Industrie wollte darin unter anderem die Bezugsdauer des Krankengeldes von 78 auf 52 Wochen herabsetzen, die Belastungsobergrenze für den Erwerb von Arzneien von zwei auf drei Prozent des Bruttoeinkommens erhöhen und die Praxisgebühr bei jedem MedizinerInnen-Besuch und nicht mehr nur einmal im Quartal erheben.

Wenning kritisiert Gesundheitsreform
Unter Marktpreis auf dem Arzneimittel-Sektor versteht BAYER-Chef Werner Wenning den Preis, den das Unternehmen festlegt - alles andere ist für ihn Sozialismus. Darum kritisierte er auch die Absicht der Bundesregierung, künftig den Krankenkassen Medikamente nur bis zu einer bestimmten Höchstgrenze erstatten zu lassen. „Wir laufen Gefahr, dass damit die Marktpreismechanismen im Gesundheitswesen völlig außer Kraft gesetzt werden“, warnte der Große Vorsitzende (siehe auch DRUGS & PILLS). Die im letzten Jahr um zehn Prozent gestiegenen Pillenpreise zu kritisieren, findet der schom im „Ansatz“ falsch. „Alle schauen immer nur auf die Kosten und nicht darauf, dass die Pharmabranche einen volkswirtschaftlich sinnvollen Beitrag leistet, im Sinne der Volksgesundheit“, so Wenning. Auf Protestaktionen, wie die MedizinerInnen sie durchgeführt haben, will der Vorstandsvorsitzende dennoch verzichten. „Aber wir gehen nicht auf die Straße, sondern sind in ständigem Dialog mit den politisch Verantwortlichen“, sagte er in einem Interview mit dem zur Abwechslung einmal erstaunlich kritischen manager-magazin.

BAYER & Co. wollen für Pillen werben
Obwohl die EU im Jahr 2002 eine Aufhebung des Werbeverbots für Arzneimittel ablehnte, legen sich BAYER & Co. weiter unverdrossen für die Lizenz zu „PatientInnen-Informationen“ ins Zeug. FürsprecherInnen finden sie bei der konservativen und bei der liberalen Fraktion im Straßburger Parlament. Aus augenfälligen Gründen unterstützen auch bundesdeutsche Zeitungsverlage das Begehr. Ob die Konzerne aber wirklich bald für ihre Produkte die Werbetrommel rühren dürfen, ist noch nicht entschieden.

Die Schneider AG
Immer noch ist Manfred Schneider der mächtigste Mann der Deutschland AG. Der ehemalige Chef des Leverkusener Multis steht den Aufsichtsräten von BAYER und LINDE vor und hat Mandate bei DAIMLERCHRYSLER, METRO, RWE, TUI und der ALLIANZ. Zudem leitet er vier wichtige Gremien wie etwa den ALLIANZ-Prüfungsausschuss und hat Sitze in sieben weiteren.

Insulin für China
Das indische Pharma-Unternehmen BIOCON will sein Insulin-Präparat INSUGEN ab 2008 gemeinsam mit BAYER in China vermarkten. Bei der Arznei handelt es sich um einen gentechnischen Nachbau von Humaninsulin, ein „rekombinantes Humaninsulin-Analogon“. Nach einer Einschätzung des „Institutes für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ weisen solche Mittel gegenüber herkömmlichem Insulin keinen Behandlungsvorteil auf, weshalb es den Krankenkassen empfahl, die hohen Kosten für das Gentech-Produkt nicht länger zu übernehmen.

PROPAGANDA & MEDIEN

BAYER sponsort transgen
Die von der VERBRAUCHER-INITIATIVE gestartete website transgen will nach eigenem Bekunden für Transparenz in puncto „Gentechnik bei Lebensmitteln“ sorgen. Mit Transparenz in eigener Sache hält sich die VERBRAUCHER-INITIATIVE allerdings zurück. Sie verschweigt nämlich, dass BAYER und andere Agromultis die transgen-Seite sponsorn.

BAYER-Kreuz in Shanghai
Der Leverkusener Multi entdeckt das BAYER-Kreuz zunehmend als Werbeträger. Nachdem es sich nun schon eine Weile auf dem Dach eines Berliner Hochhauses dreht, exportierte der Konzern es jetzt auch nach China auf das Dach des SHANGHAI-MANSON-HOTELS. Zudem installierte der Pharmariese auf dem Renommierbau der Stadt, dem CITYGROUP-Tower, eine Leuchtwerbung.

„HerzProtect“ protegiert ASPIRIN
BAYER hat eine Aufklärungsaktion zum Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko gestartet, die jedoch vor allem über eines aufklärt: die angeblich segensreiche Wirkung von ASPIRIN zur Vorbeugung von Herz/Kreislaufkrankheiten. Dabei gelang es dem Konzern überdies, die Deutsche Sporthochschule, eine medizinische Fachzeitschrift und die immer wieder gern mit Pharma-Multis kooperierende „World Heart Federation“ vor seinen Karren zu spannen.

UmweltbotschafterInnen bei BAYER
Im Rahmen der Kooperation mit dem Umweltprogramm der UN, die ein zentrales Element innerhalb der Greenwashing-Aktivitäten des Konzerns darstellt, lud der Multi „48 junge Umweltbotschafter aus 16 Ländern und vier Kontinenten“ nach Leverkusen ein. Nach den Vorstellungen des Unternehmens sollen die EmissärInnen anschließend daheim von BAYERs vorbildlichem umweltgerechten Tun künden. Bei dem gerade virulenten Genreis-Skandal dürfte das von den BotschaftlerInnen einiges diplomatisches Geschick verlangen.

Chemie für Anfänger
Am 1. September 2006 veranstaltete BAYER eine Wissenschaftsnacht, in der das Unternehmen Eltern und ihren Kindern die Chemie schmackhaft machen wollte. Von Fragen wie „Hat Luft ein Gewicht?“ oder „Hat Wasser eine Klebkraft?“ arbeiteten die Konzern-PropagandistInnen sich schon bald zu heikleren Themen wie etwa „Was hat Pflanzenschutz mit Ernährung zu tun?“ vor, um Gegenaufklärung zu betreiben.

BAYERs Geschlechterpolitik preiswürdig?
Der „Total-E-Quality“-Verband hat den Leverkusener Multi für sein Bemühen um die Chancengleichheit von Mann und Frau mit einem Prädikat ausgezeichnet. Bis in die Führungsetage hat es diese Chancengleichheit beim Leverkusener Multi aber bislang noch nicht geschafft. Der 5-köpfige Vorstand ist ein reiner Männerclub, und im Aufsichtsrat sitzt eine Frau allein unter 24 Männern. Zudem gestattet BAYER Männern nicht, Elternzeit zu beantragen (siehe Ticker 2/06).

VFA trifft PatientInnen-Verbände
In der Bundesrepublik dürfen BAYER & Co. keine direkte Werbung für verschreibungspflichtige Arzneien machen. Doch die Pharma-Multis finden dennoch Wege, ihre Produkte anzupreisen. So machen sie sich zum Beispiel an Selbsthilfegruppen heran. Einer solchen Kontaktpflege diente auch das Roundtable-Gespräch, zu dem der von BAYER gegründete „Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller“ (VFA) am 15. September verschiedene Verbände geladen hatte.

Sozial-Kampagne in China
BAYER versucht sich in China das Image eines sozial verantwortlich handelnden Unternehmens zu geben. Bei einer in Beijing stattfindenden Konferenz zum Thema „Soziale Verantwortung von Unternehmen und Innovation“ gab der Multi die Samariter-Rolle und fand dafür auch Anknüpfungspunkte vor Ort. „Das Konzept einer harmonischen Gesellschaft ist das chinesische Pendant zum Konzept der Sozialen Verantwortung von Unternehmen“, schmiss sich der in dem asiatischen Land für die Unternehmenskommunikation zuständige William Valentino an die PolitikerInnen heran und zählte danach einmal mehr BAYERs aus der Portokasse bezahlte Prestige-Projekte auf.

Wieder ein UNEP-Malwettbewerb
Dieses Mal will sich BAYER mit dem Thema „Klimawandel“ grün waschen. Das Waschmittel dazu liefert einmal mehr die UNEP als Umweltorganisation der UN. Mit dieser veranstaltet der Leverkusener Multi nämlich einen Malwettbewerb für Kinder, bei dem die Kleinen ihre Visionen zu den besorgniserregenden Kohlendioxid-Emissionen darstellen und so auch ein Bild von dem grünen Gewissen BAYERs malen sollen, das dasjenige vom Umweltsünder mit 3,9 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß pro Jahr überpinselt.

TIERE & ARZNEIEN

Tödliches Flohhalsband
BAYERs Flohhalsbänder haben es in sich. Sie enthalten Pestizidwirkstoffe und sind entsprechend giftig. In Kanada starb jetzt eine Katze an einer Überdosis Chemie. Die Halterin wandte sich an den Leverkusener Multi, aber der Konzern war sich keiner Schuld bewusst. „BAYER ist so arrogant und bösartig, dass ich mich damit nicht abspeisen lasse. Ich werde BAYER endlos weiter anrufen und schreiben“, ließ die erboste Tierhalterin die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN wissen.

DRUGS & PILLS

Kein NEXAVAR bei Hautkrebs
BAYERs NEXAVAR erweist sich nicht als Tausendsassa in der Behandlung von Krebs. Nachdem der Leverkusener Multi schon Tests zur Bauchspeicheldrüsenkrebs-Therapie abbrechen musste, kam in der dritten und entscheidenden Phase der Klinischen Erprobung für NEXAVAR nun auch das Aus bei der Indikation „Hautkrebs“. Es gelang dem Präparat nicht, die Überlebenszeit der PatientInnen zu verlängern.

Zulassungen: schneller = gefährlicher
BAYER & Co. dringen unentwegt auf schnellere Arznei-Zulassungsverfahren. Nach einer kanadischen Studie birgt ein beschleunigtes Genehmigungsprozedere jedoch viele Gefahren. Die WissenschaftlerInnen verglichen die Zahl der Medikamenten-Rückrufe im Schnellzulassungsland USA mit derjenigen in Kanada und stellten einen nicht unbeträchtlichen Unterschied fest: Während die US-Behörden 3,6 Prozent der geprüften Pharmazeutika wieder vom Markt nehmen mussten, lag die Fehlerquote der kanadischen Pillen-Aufsicht lediglich bei zwei Prozent.

Zulassungen mit beschränkter Haftung
BAYER hat der US-Gesundheitsbehörde FDA bei einer Sicherheitsüberprüfung von TRASYLOL besorgniserregende Daten verschwiegen (siehe AKTION & KRITIK). Aber nicht nur der Leverkusener Multi weiß mehr über seine Pillen als den ArzneiwächterInnen lieb sein kann. „Es kommt immer wieder vor, dass Firmen sagen, dass sie ganz andere Daten haben, sie aber nicht herausrücken“, sagt Peter Sawicki vom „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“. Darum mag FDA-Mitarbeiter Wiliam Hiatt auf Pillen-Genehmigungen auch nicht die volle Garantie geben. „Das komplette Sicherheitsprofil eines Medikamentes kennt man zum Zeitpunkt der Zulassung selten“, räumt er ein.

Kritik an Bill Gates
Mit ihrem jährlichen Etat von 3 Milliarden Dollar ist die Bill-Gates-Stiftung zu einem wichtigen Akteur der Weltgesundheitspolitik geworden. Auch BAYER profitiert von dem spendablen - und Steuer sparenden - Unternehmer. Der Leverkusener Multi erhält Geld für die Erforschung neuer Behandlungsmethoden von Tuberkulose. Die kanadische Gesundheitswissenschaftlerin Anne-Emanuelle Birn hat jetzt Kritik an dem Einfluss des „Wohltäters“ geübt. Seine Organisation fälle einsame, sich öffentlicher Kontrolle entziehende Entscheidungen. Zudem bevorzuge Gates als Technikfreak technische Lösungen und schenke den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in den armen Ländern zu wenig Beachtung, so die Professorin. „Die Geschichte zeigt, dass nachhaltiger Fortschritt für die Gesundheit stattfand, wenn technologische Lösungen mit einer Neuverteilung der politischen Macht einhergingen“, schreibt die Wissenschaftlerin in einem Aufsatz, den über 30 US-Zeitungen nicht abdrucken mochten.

VFA gegen IQWiG
Das „Kölner Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ (IQWiG) hat erstmals Ernst gemacht. Es führte eine Kosten/Nutzen-Analyse bei verschiedenen Insulinen durch. Dabei schnitten die teuren, gentechnisch hergestellten Präparate schlecht ab, woraufhin die Krankenkassen diese von der Liste der erstattungspflichtigen Arzneien strichen. Bei der Faz klingelten die Alarmglocken, denn das Institut will sich demnächst auch Asthma-, Demenz- und Bluthochdruckmedikamente vornehmen. „Für die deutsche Pharmabranche hat die wichtigste politische Auseinandersetzung der vergangenen Jahre begonnen“, schrieb die Zeitung. Die Stellungnahme des von BAYER gegründeten „Verbandes der Forschenden Arzneimittelhersteller“ (VFA) ließ deshalb nicht lange auf sich warten. Der Lobbyclub kritisierte vielsagend die Vorgehensweise des IQWiG, das sich allein auf die Daten aus den klinischen Studien der Hersteller stützte, „aber nicht auf das viel breitere Gebiet der Nutzenbewertung“, bei der auch Versorgungsalltag eine Rolle spiele. Auf eine minimale Erleichterung des Versorgungsalltags, beispielsweise durch eine Umstellung auf eine einmalige statt dreimalige Pillen-Einnahme pro Tag, kaprizieren sich BAYER & Co. nämlich zunehmend, weil sie dafür wieder den Maximalprofite versprechenden Patentschutz beantragen können.

Glasnost bei Pillenpreisen?
BAYER & Co. beziffern die Kosten für die Entwicklung eines neuen Medikaments auf durchschnittlich 800 Millionen Euro. Auf dieser Basis - an deren Redlichkeit viele ExpertInnen Zweifel hegen (siehe unten) - legen die Hersteller auch die Preise fest. Grenzen waren ihnen dabei bislang nicht gesetzt. Dies dürfte sich jetzt ändern. Die Große Koalition will Erstattungshöchstgrenzen für neue, patentgeschützte Medikamente erlassen. Bei der Preisfindung richtet sie sich nach der Kosten/Nutzen-Analyse und den Forschungsaufwändungen. Dafür verlangt sie Einblick in die Kalkulationen der Pharma-Riesen. Dabei machten die GesundheitspolitikerInnen schon deutlich, künftig nicht mehr alle in Rechnung gestellten finanziellen Belastungen zu akzeptieren. „Warum sollen die bundesdeutschen BeitragszahlerInnen für die Entwicklungskosten einer weltweit vertriebenen Arznei aufkommen?“, fragen sie sich und kündigten an, künftig nicht mehr alles, sondern nur noch „denjenigen Betrag, der dem Versorgungsanteil in Deutschland entspricht“ zu bezahlen. Der von BAYER gegründete „Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller“ sieht deshalb schon die kapitalistische Pharma-Welt untergehen. „Staatlich sanktionierte Preisdiktate sind der Anfang, Staatsmedizin das Ende der Entwicklung“, so die VFA-Geschäftsführerin und ehemalige BAYER-Angestellte Cornelia Yzer.

Wenig Forschung, viel Marketing
BAYER rechtfertig die hohen Gewinne im Pharmabereich regelmäßig mit dem hohen Forschungsaufwand. Nach Informationen des manager-magazins gehen beim Leverkusener Multi aber nur 15 Prozent der Kosten im Arzneimittelbereich für die Forschung drauf, während das Marketing 35 Prozent des Budgets verschlingt. Der Konzern kommt selbstverständlich auf andere Zahlen, weil er z. B. die „wissenschaftliche Information“, sprich: den Kontakt zu den MedizinerInnen, dem Forschungssektor zuschlägt, statt sie unter „Marketing und Vertrieb“ zu subsummieren.

Trennung von ORGANON
BAYER und das US-amerikanische Pharma-Unternehmen ORGANON haben ihre Kooperation bei der Entwicklung einer „Pille für den Mann“ nach Abschluss der Phase II der klinischen Tests eingestellt. Das jährlich zu erneuernde Implantat, das zudem alle drei Monate eine frische Wirkstoff-Injektion benötigte, hatte nach Ansicht der beiden Konzerne zu wenig Chancen auf dem Markt.

BAYER & Co. treiben die Kosten
Der Pharmakologe Dr. Ulrich Schwabe macht die Pharma-Industrie für 90 Prozent der im Jahr 2005 gestiegenen Kosten im Gesundheitswesen verantwortlich. Vor allem die teuren Schein-Innovationen ohne pharmazeutischen Neuwert, die BAYER-Chef Werner Wenning scheinheilig „Schrittinnovationen“ nennt, belasteten die Budgets der Krankenkassen stark.

Neues Krebsmedikament
BAYER entwickelt gemeinsam mit ASTRA ZENECA ein neues Brustkrebs-Präparat. Der schwedisch-britische Konzern übernimmt die klinische Entwicklung, der Leverkusener Multi alles weitere.

Kein KINZAL während der Schwangerschaft
Die Hochdruckliga warnt schwangere Frauen aufgrund neuerer Studien vor der Einnahme von Bluthochdruck-Medikamenten aus der Gruppe der ACE-Hemmer und der Angiotensin-Antagonisten, zu denen BAYERs KINZAL gehört, weil die Präparate bereits die frühe Entwicklungsphase des Embryos stören.

BETAFERON vorn
Nach der Übernahme von SCHERING ist die Multiple-Sklerose-Arznei BETAFERON mit einem Umsatz von 867 Millionen Euro BAYERs lukrativstes Medikament. Es folgt das Bluterpräparat KOGENATE (663 Mio.) vor der Pille YASMIN (586 Mio.) und dem Antibiotikum AVALOX/AVELOX (364 Mio.).

GENE & KLONE

LL601 ist überall
Wenn es noch eines Beweises für die Unbeherrschbarkeit der Gentechnologie bedurfte, dann hat ihn der Leverkusener Multi jüngst erbracht: In 33 von 162 Lebensmittelproben aus deutschen Supermärkten fanden sich Spuren von seinem nicht zum Verzehr zugelassenen Genreis LL601, was den bislang größten Gentechnik-Skandal in der Bundesrepublik auslöste (siehe auch SWB 4/06). Auch BAYERs andere Gentech-Sorte, LL62, wiesen WissenschaftlerInnen in Handelsreis nach.

EU-Ministerrat gegen BAYER-Raps
Der EU-Agrarrat hat BAYER keine Einfuhrerlaubnis für die gentechnisch manipulierten Rapssorten Ms8, Rf3 und Ms8xRf3 erteilt und damit Verbraucherschutzminister Horst Seehofer und andere Gentech-Freunde überstimmt. Da die GenskeptikerInnen aber weniger als zwei Drittel der Stimmen auf sich vereinigen konnten, obliegt nun der als gentechnik-freundlich bekannten EU-Kommission die Entscheidung. Obwohl der Raps nicht auf die Äcker kommen soll, sondern nach BAYER-Angaben zur Herstellung von Öl vorgesehen ist, warnen KritikerInnen vor möglichen Auskreuzungen mit konventionell angebauten Sorten. Nach Ansicht des grünen EU-Abgeordneten Friedrich Wilhelm zu Baringdorf könnten die Rapssamen etwa beim Verladen in die freie Wildbahn gelangen und dort aufkeimen.

WASSER, BODEN & LUFT

Neue Untersuchungen zur Dhünnaue
Aus Kostengründen entschieden die Stadt Leverkusen und BAYER, die ehemalige Giftmülldeponie Dhünnaue nicht zu sanieren, sondern die 126.000 Tonnen Schadstoffe lediglich mit einer dicken Sperrwand zu umgeben. Nach oben hin dichten mehrere Schichten aus Ton, Erde und Kunststoff das Chemiegrab ab. Aber nach unten hin ist alles offen. So ist die Deponie buchstäblich ein Fass ohne Boden. 750 Kubikmeter Wasser muss BAYER deshalb stündlich abpumpen und im Klärwerk reinigen, was jährlich einige Millionen kostet. Auch die nötigen Kontrollmaßnahmen verschlingen viel Geld. Da es in der alten Deponie noch arbeitet und sich z. B. bei den Abbauprozessen der Chemikalien neue giftige Gase bilden, hat die Stadt Leverkusen im Sommer 2006 zwei Gutachten zur Boden- und Wasserqualität in Auftrag gegeben.

EU verbessert Bodenschutz
EU-weit sind ca. vier Millionen Grundstücke durch Chemikalien, Schwermetalle oder Dioxin verunreinigt. Die Kosten für die Sanierung dieser Böden beziffert die Brüsseler Kommission auf 38 Milliarden Euro. Darum verstärkt die Europäische Union ihre Anstrengungen zum Bodenschutz. Nach einem neuen Richtlinien-Entwurf müssen BAYER & Co. beim Verkauf von Firmen-Arealen künftig Expertisen über die im Erdreich schlummernden Schadstoffe vorlegen. Darüber hinaus fordert die Regelung die Mitgliedsstaaten auf, ein für Privatpersonen und Unternehmen einsehbares Belastungskataster anzulegen.

3,9 Millionen Tonnen CO2 + x
3,9 Millionen Tonnen Kohlendioxid stößt BAYER nach eigenen Angaben jährlich aus. Dabei zählt der Konzern allerdings nur das CO2, das bei der hauseigenen Energieproduktion anfällt, was die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN seit längerem kritisiert. Für den Chemiepark Krefeld liegen jetzt konkrete Angaben zum Verhältnis von selbstproduziertem Strom und Zulieferungen vor. 40 Prozent der Energie ist hausgemacht, 60 Prozent kommt von anderen Anbietern. Auf die anderen Standorte hochgerechnet, dürfte die dem Konzern tatsächlich in Rechnung zu stellende CO2-Menge also mehr als das Doppelte von 3,9 Millionen Tonnen betragen.

Waldsterben durch Stickstoffe
4.500 Tonnen Stickoxid blasen die BAYER-Werke jährlich in die Luft. Aber die Erde hat sie bald wieder. Niederschläge drücken die Stoffe nieder, und am Boden entfalten sie eine verheerende Wirkung. Sie überdüngen und übersäuern das Erdreich und sorgen so für eine Auswaschung wichtiger Spurenelemente und für eine Freisetzung von Giftstoffen. In diesem Milieu können Bäume dann nicht mehr gut gedeihen, weshalb ihnen Frost, Dürre oder schnelle Klimaveränderungen mehr zusetzen. Die Umweltschutzorganisation ROBIN WOOD sieht in den Stickstoff-Emissionen deshalb neben den Kohlendioxid- und Schwefeldioxid-Ausstößen die wichtigste Ursache für das Waldsterben.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Bisphenol-A-Verbot
Die Chemikalie Bisphenol A wirkt hormon-ähnlich und stört deshalb den Hormon-Haushalt des Körpers. So hemmt es z. B. das im Wachstumsprozess des Gehirns eine wichtige Rolle spielende Östrogen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und andere Gruppen fordern deshalb seit Jahren ein Verbot der gefährlichen Substanz. In den USA hat die Kampagne jetzt einen Teilerfolg errungen. Die Stadt San Francisco hat es untersagt, Kinderspielzeug, das Bisphenol A oder Weichmacher wie Phthalate enthält, in den Handel zu bringen. Da die Kommune in Sachen „Umweltpolitik“ oft eine Vorreiterrolle spielte, hoffen die AktivistInnen, dass sich der Staat Kalifornien und im Anschluss vielleicht auch die gesamte USA dem Bisphenol-Bann anschließen werden.

Chemie macht Kinder krank
In den Körpern von Kindern finden sich immer mehr gefährliche Chemikalien. Zu diesem Ergebnis kommt die vom BUND FÜR UMWELT- UND NATURSCHUTZ (BUND) in Auftrag gegebene Studie „Gesundheitsschäden durch eine verfehlte Chemikalienpolitik“. Die ForscherInnen stießen bei ihren Untersuchungen auf Bisphenol A, Weichmacher, Flammschutzmittel und andere auch in BAYER-Produkten enthaltene Substanzen. „Die Liste der in Kinderkörpern vorhandenen Chemikalien liest sich wie eine Anleitung zur Blutvergiftung. Dies bleibt nicht ohne Folgen: Immer mehr Kinder leiden unter Geburtsdefekten, Allergien, Hormonstörungen, Leukämien und Verhaltensauffälligkeiten“, so die BUND-Chemieexpertin Patricia Cameron. Der Umweltverband nimmt die beunruhigenden Ergebnisse zum Anlass, die PolitikerInnen zu Änderungen beim EU-Chemikaliengesetz REACH aufzufordern. In seiner jetzigen, weitestgehend von BAYER & Co. bestimmten Form ist es dem BUND zufolge nicht geeignet, Minderjährige ausreichend vor gefährlichen Stoffen zu schützen.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Verbotene Pestizide im Handel
Legal - illegal - scheißegal! - in der Bundesrepublik längst verbotene Pestizide gehen immer noch in Massen über die Ladentheke. Diesen Skandal deckte GREENPEACE Ende November 2006 auf. Die Organisation unternahm einen kleinen Einkaufsbummel und machte so manches Giftschnäppchen. Auch verbotene Früchte made by BAYER fehlten nicht. So erstanden GREENPEACE-EinkäuferInnen bei DealerInnen in Frankreich und Deutschland unter anderem das europaweit nicht mehr zugelassene PARATHION mit dem Wirkstoff E 605 und die Agrochemikalie METASYSTOX R.

Immer mehr Glyphosat-Resistenzen
Resistenzen gegen den Antiunkraut-Wirkstoff Glyphosate, der auch in BAYER-Produkten wie GLYPHOS und USTINEX G steckt, breiten sich immer weiter aus. Mexikanische WissenschaftlerInnen haben mit dem „Tall Waterhemp“ bereits die neunte Pflanzenart ausgemacht, der das Gift nichts mehr anhaben kann. Da die Unkräuter diese Immunität per Pollenflug weitergeben, dürften bald noch weitere Kandidaten dazukommen.

Ghana: Pestizide in Lebensmitteln
WissenschaftlerInnen untersuchten Obst und Gemüse in Ghana auf Pestizidrückstände und stellten massive Verunreinigungen fest. Unter anderem wiesen die Nahrungsmittel Spuren des Ackergiftes Endosulfan, enthalten in den BAYER-Produkten MALIX, PHASER und THIODAN, und Chlorpyrifos, dem Wirkstoff der Insektenmittel BLATTANEX, PROFICID und RIDDER, nach. Chlorpyrifos fand sich in 78 Prozent aller Proben und überschritt dabei immer den zulässigen Grenzwert von 0,05 mg/kg, Endosulfan war in 36 Prozent der Lebensmittel-Samples enthalten.

Chlorpyrifos schädigt Fötus
Das Pestizid Chlorpyrifos, unter anderem Wirkstoff der BAYER-Insektizide BLATTANEX, PROFICID und RIDDER, kann das Wachsen des Fötus im Mutterleib beeinträchtigen, was zu einem geringen Geburtsgewicht und zu erhöhten Krankheitsrisiken wie etwa Bluthochdruck führt. Das ergaben Studien von FP Perera et al. sowie von GS Berkowitz et al., beide in der Fachzeitschrift Environmental Health Perspectives veröffentlicht.

Chlorpyrifos übersteigt Grenzwerte
Nach Messungen des PESTICIDE ACTION NETWORK NORTH AMERICA (PANNA) übersteigt die Konzentration des Pestizid-Wirkstoffes Chlorpyrifos in der Luft oftmals die festgelegten Höchstgrenzen massiv. Im Jahr 2004 verletzten 11 Prozent der Proben des auch in BAYER-Produkten enthaltenen Ackergiftes den noch zulässigen Wert; eine übertraf die Grenze des Erlaubten sogar um das 8fache! 2005 bot sich ein noch besorgniserregenderes Bild: 23 Prozent der Samples lagen über dem Unbedenklichkeitslimit.

BAYER-Gifte in Costa Rica
BAYER-Pestizide gefährden Mensch, Tier und Umwelt in Costa Rica stark. Nach einer Untersuchung von Humbert S. Margni et al. gehören der Ackergift-Wirkstoff Mancozeb, das am jährlichen Pestizid-Verbrauch des Landes einen Anteil von 30 Prozent hat, und Ethoprophos, enthalten in den Insektiziden MOCAP und SANIMUL, zu den fünf Agrochemikalien, die für drei Viertel aller Wasserverunreinigungen in dem Land verantwortlich sind.

Aus für Lindan
Seit BAYER im Jahr 2004 die US-Firma GUSTAFSON erwarb, befindet sich der unter anderem durch den Holzgifte-Skandal mit seinen unzähligen Opfern berühmt-berüchtige Pestizid-Wirkstoff Lindan wieder im Sortiment des Konzerns. Nur noch in den USA durften die Agromultis die Agrochemikalie bislang noch vertreiben. Jetzt haben die zuständigen Behörden diese auch dort aus dem Verkehr gezogen. Die Umweltbehörde EPA gab im August 2006 bekannt, mit Lindan „eines der giftigsten, am schwersten abbaubarsten, am gravierensten im menschlichen Gewebe sich anreichernden Pestizide, das je eine Zulassung erhalten hat“ verboten zu haben.

Glufosinat am Pranger
Die EU führt zur Zeit unter der Ägide Schwedens eine Sicherheitsüberprüfung von 52 Pestiziden durch. Dabei fiel die BAYER-Substanz Glufosinat, Wirkstoff der Agrochemikalien BASTA und LIBERTYLINK und mittlerweile durch den Genreis-GAU berühmt-berüchtigt, durch. Die schwedischen ExpertInnen empfahlen, das Ackergift wegen seiner Gefahren für Mensch, Tier und Umwelt aus dem Verkehr zu ziehen. Den BAYER-LobbystInnen in Brüssel dürften sie damit eine Menge Arbeit beschert haben.

PLASTE & ELASTE

Unternehmensberater leitet Kunststoffsparte
UnternehmensberaterInnen wissen zumeist nur einen Rat: Mehr Profit durch weniger Beschäftigte. Deshalb verheißt es nichts Gutes, wenn der Leverkusener Multi den ehemaligen Unternehmensberater Patrick Thomas zum neuen Leiter seiner Kunststoffsparte macht.

STANDORTE & PRODUKTE

Mehr Forschung in Shanghai
Der Leverkusener Multi hat in Shanghai den Erweiterungsbau seines Kunststoff-Forschungslaboratoriums in Betrieb genommen und demonstriert damit, dass für ihn auch die Zukunft der Wissensgesellschaft im Fernen Osten liegt.

Visionen für Leverkusen?
45. 000 Menschen arbeiteten einst in den Leverkusener BAYER-Anlagen. Heute sind es nur noch 14.000; dazu kommen noch 5.000 bei der Chemie-Abspaltung LANXESS Beschäftigte. Der Schrumpfungsprozess hat auf dem Werksgelände ziemliche Lücken entstehen lassen, die auch die Anwerbung von Fremdfirmen im Rahmen des Chemiepark-Konzeptes nicht hat füllen können, nicht zuletzt weil die Grundstruktur des Areals dem Transformationsprozess einige Steine in den Weg stellt. Jetzt hat der Konzern zu einer preiswerten Lösung der Probleme gefunden, die ihm überdies die Planungshoheit gewährt. Er hat seine Beziehungen zur BDI-Unterabteilung „Kulturkreis der deutschen Wirtschaft“ spielen lassen und einen mit 10.000 Euro dotierten Architekturpreis für das Projekt „Leverkusen: vom BAYER-Werk zum Chemiepark“ ausgeschrieben.

IMPERIUM & WELTMARKT

HC STARCK an Investoren verkauft
Der Leverkusener Chemiemulti hat seine Tochtergesellschaften HC STARCK und WOLFF CELLULOSICS an die Finanzinvestoren ADVENT und CARLYLE verkauft, um mit dem Erlös von 1,2 Milliarden Euro ein Teil der im Zuge der SCHERING-Übernahme angefallenen Schulden abtragen zu können. Die neuen Besitzer haben angekündigt, den HC-Umsatz jährlich jeweils um sieben bis acht Prozent steigern und das Unternehmen binnen drei bis fünf Jahren an die Börse bringen zu wollen. Für diese ehrgeizigen Pläne dürfte die Belegschaft bluten müssen - Arbeitsplatzvernichtungen sind abzusehen!

BAYER Europas Nr. 6
Der Leverkusener Multi nimmt in der Rangliste der größten Chemie-Unternehmen Europas den sechsten Platz ein.

Teure Fusion
Ob der Rat gut war, den BAYER im Zuge der Übernahme des SCHERING-Konzerns eingeholt hat, erscheint zweifelhaft, teuer war er jedoch allemal. Die Investmentbanken MORGAN STANLEY und DRESDNER KLEINWORT, PR-Agenturen und AnwältInnen kosteten insgesamt die stolze Summe von 125 Millionen Euro. BAYER stellte sie SCHERING in Rechnung, weshalb das letzte eigenständige Quartalsergebnis des Pharma-Konzerns entsprechend mies ausfiel.

SCHERING macht nicht satt
BAYER gibt sich mit dem Kauf von SCHERING nicht zufrieden. Für BAYER-Chef Werner Wenning ist der Deal lediglich ein „sehr bedeutender Zwischenschritt“. Eine weitere Verstärkung des Pharmageschäfts kann er sich vor allem im Bereich der freiverkäuflichen Arzneimittel vorstellen, in dem der Leverkusener Multi heute schon zu den Top 3 der Welt gehört.

Aus für GE BAYER SILICONES
BAYER und GENERAL ELECTRIC lösen ihr Joint-Venture-Unternehmen GE BAYER SILICONES auf. Der Leverkusener Multi verkaufte seinen 49,9-prozentigen Anteil für 475 Millionen Euro an GE, der das Gesamtpaket wiederum bis auf eine Minderheitsbeteiligung von 10 Prozent an den Finanzinvestor APOLLO MANAGEMENT weiterreichte.

BAYER kauft URE-TECH
BAYER hat mit dem taiwanesischen Unternehmen URE-TECH den größten Anbieter von thermoplastischen Polyurethan-Kunststoffen in Fernost geschluckt und damit in diesem Marktsegment nun weltweit die Spitzenposition übernommen.

Verstärkte Konkurrenz durch BASF
„BASF greift BAYER bei Kunststoffen an“, überschrieb das Handelsblatt einen Artikel zur verschärften Konkurrenz im Bereich „Plaste & Elaste“. BAYER dominiert zwar noch den Polyurethan-Weltmarkt mit einem jährlichen Umsatz von 6,18 Milliarden Dollar, aber BASF hat sich in letzter Zeit durch Zukäufe gestärkt und viele Kapazitäten aufgebaut. Jetzt gefährdet das Ludwighafener Unternehmen mit Einnahmen in Höhe von 5,32 Milliarden Dollar die Vormachtstellung des Leverkusener Multis. Eine Überhitzung des Marktes vor allem durch ein Überangebot aus den chinesischen Werken der Konzerne ist schon abzusehen.

Kooperation mit ASTRA ZENECA
BAYER hat mit dem britisch-schwedischen Pharmamulti ASTRA ZENECA eine Kooperation zur Entwicklung eines neuen Brustkrebs-Medikamentes vereinbart (siehe auch DRUGS & PILLS).

ÖKONOMIE & PROFIT

Chemie-Produktion steigt um 7 Prozent
Im Geschäftsjahr 2005 legte die bundesdeutsche Chemie-Produktion um 7 Prozent zu. Der Umsatz von BAYER & Co. erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr um 6 Prozent. Die Zahl der Beschäftigten hielt damit nicht Schritt. Sie reduzierte sich sogar nochmals um 1,3 Prozent auf nunmehr 433.600.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Erhöhte Wachsamkeit seit dem 11. 9.
Das Anschlag auf das World Trade Center hat auch beim Leverkusener Multi zu einer erhöhten Wachsamkeit geführt. „Das Bewusstsein gegenüber externen Bedrohungen hat sich verändert“, sagt BAYERs Sicherheitschef Michael Sorge. Der Konzern arbeitet seither verstärkt mit den Behörden zusammen, wählt sein Werkschutzpersonal gezielter aus und investierte mehr in Sicherheitstechnik.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Beinahe-Katastrophe in Limas
Eine in die Risiko-Kategorie „Seveso II“ fallende BAYER-CROPSCIENCE-Niederlassung im französischen Limas schlitterte am 22.9.06 nur knapp an einer Katastrophe vorbei. Aus bislang noch ungeklärten Gründen haben sich 17.500 Kilogramm des Pestizid-Wirkstoffs Mancozeb auf eine Temperatur von über 60 Grad erwärmt und einen beißenden Geruch verströmt. Die Behörden versetzten sofort Feuerwehr und Polizei in Alarmbereitschaft. Erst am folgenden Tag konnten ExpertInnen eine Explosion in der weltweit zweitgrößten Produktionsanlage von BAYER CROPSCIENCE ausschließen. Die französische Umweltinitiative FRANCE NATURE ENVIRONNEMENT hat nach dem Zwischenfall eine strengere Kontrolle gefährlicher Industrieanlagen und mehr Kompetenzen für die InspektorInnen eingefordert.

Chemie-Unfall in Termoli
Ende Juli 2006 kam es in einem BAYER-Werk am italienischen Standort Termoli zu einem Störfall, bei dem Chemikalien austraten. Obwohl Gefahren auch für die angrenzenden Fabriken nicht auszuschließen waren, informierte der Leverkusener Multi die Unternehmen ebenso wenig wie die Feuerwehr.

Explosion in Baytown
Am 26. September 2006 kam es im Baytowner BAYER-Werk zu einer Explosion, bei der 22 MitarbeiterInnen Gesundheitsstörungen erlitten und zur Behandlung ins Krankenhaus mussten. Ein mit Toluylendiisocyanat (TDI) und Orthodichlorbenzol gefüllter Reaktor zerbarst; die Druckwelle zerstörte überdies Leitungen zu Kesseln, so dass zusätzlich zu den beiden Chemikalien auch noch mehrere Tonnen Ammoniak austraten (siehe SWB 4/06). Die verletzten MitarbeiterInnen haben unterdessen eine Schadensersatzklage gegen den Konzern angestrengt.

Brand in Uerdingen
Am 15. November 2006 kam es in BAYERs Uerdinger Kohlenmonoxid-Anlage zu einer Verpuffung, in deren Folge ein Brand entstand.

RECHT & UNBILLIG

Kronzeugenregelung für BAYER
Die Ökonomisierung des Justizwesens schreitet unaufhaltsam voran: Deals sind an der Tagesordnung. Am selben Tag, an dem Josef Ackermann im MANNESMANN-Prozess durch die Zahlung zweier Monatsgehälter einer Verurteilung entging, kam auch BAYER beim Verfahren um ein Kautschuk-Kartell ungeschoren davon, weil sich der Leverkusener Multi zu ein Selbstanzeige entschloss und als Kronzeuge auspackte. Ansonsten hätte ihn als Wiederholungstäter eine Strafe in Höhe von 204 Millionen Euro erwartet. Ein gutes Geschäft für den Konzern!

BAYER-Cola wieder erhältlich
Das „Centre for Science and Environment“ (CSE) hatte in indischer COCA-COLA und PEPSI-COLA Spuren von fünf Agrochemikalien gefunden, darunter den unter anderem von BAYER vertriebenen Wirkstoff Chlorpyrifos (Ticker 3/06). Sieben Bundesstaaten untersagten daraufhin den Verkauf der Brause mit Pestizidgeschmack in staatlichen Einrichtungen. In dem kommunistisch regierten Kerala hat das Landesgericht das Verbot nach einem Antrag der Cola-Hersteller allerdings wieder aufgehoben. Bei der Urteilsbegründung berief es sich auf das indische Gesundheitsministerium, nach dessen Einschätzung die CSE-Studie Mängel aufweist.

CFS verklagt FDA
Ärger im Genfood-Paradies USA: Das „Center for Food Safety“ (CFS) hat die Gesundheitsbehörde „Food and Drug Administration“ (FDA) verklagt, weil diese den medizinischen Risiken von gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln nicht nachgeht. Das CFS hatte zuvor mehrfach erfolglos Handlungsbedarf in dieser Sache angemahnt und griff nun zu juristischen Mitteln - gerade rechtzeitig zu BAYERs globalem Genreis-GAU.

RichterInnen erleichtern Stilllegungen
BAYER & Co. können künftig noch leichter Standorte dicht machen. Bislang mussten die Konzerne im Vorfeld einer Schließung einen Interessensausgleich mit dem Betriebsrat suchen und im Falle eines Scheiterns eine Einigungsstelle anrufen. Das nahm unter Umständen mehrere Monate in Anspruch, während derer die Unternehmensleitung keine Vorbereitungen zur Abwicklung etwa durch Kündigungen treffen durfte, wollte sie keine Klagen von Seiten des Betriebsrats provozieren. Jetzt erleichtert ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes BAYER & Co. die Arbeit. Nach dem Votum der RichterInnen brauchen Kündigungen kurz vor Toresschluss nämlich nicht unbedingt mit der Stilllegung in Zusammenhang zu stehen, weshalb die Firmen in Zukunft schon während der Verhandlungen mit den Gewerkschaften tüchtig loslegen und so eine Menge Zeit sparen können.

EU stärkt AktionärInnen-Rechte
Die EU plant, die Auskunftsrechte von AktionärInnen zu stärken. Ein Richtlinien-Entwurf sieht vor, Fragen von Aktien-BesitzerInnen zur Geschäftspolitik auch schon vor der Hauptversammlung zuzulassen und die Konzerne zu verpflichten, die Antworten im Internet zugänglich zu machen. Dieser Vorstoß hat allerdings bereits den Ministerrat auf den Plan gerufen. In einem Kompromissvorschlag spricht er sich für einen engen zeitlichen Rahmen zur Einreichung der Informationsersuche aus und will BAYER & Co. die Möglichkeit einräumen, zur Abwehr unliebsamer KritikerInnen formlos auf bereits veröffentlichte allgemeine Informationen zu verweisen.

FORSCHUNG & LEHRE

Kooperation mit Tierärztlicher Hochschule
Die Forschung kommt immer mehr auf den Hund: Ende September 2006 hat BAYER als Global Player Nr. 1 in Sachen „Veterinärmedizin“ der „Stiftung Tierärztliche Hochschule“ den Lehrstuhl „Veterinärmedizinische Dermatopharmakologie“ gestiftet, dessen Inhaber sich mit der Aufnahmefähigkeit von Hund, Katze & Co. für über die Haut verabreichte Tierpharmazeutika made by BAYER & Co. beschäftigen soll. Die ohnehin seit einiger Zeit wieder rasant zunehmende Zahl der Tierversuche dürfte damit weiter steigen.

Mehr Kooperationen mit chinesischen Unis
BAYER nutzt China nicht nur als Reservoir für billige Arbeitskräfte, sondern sucht auch verstärkt Kontakt zum Wissenschaftsmilieu des Landes (siehe auch STANDORTE & PRODUKTION). Zu diesem Zweck verlängerte der Konzern seine seit 2001 bestehende Zusammenarbeit mit der „Chinese Academy of Science“ (CAS) und lobte einen ForscherInnen-Preis aus.

SPORT & MEDAILLEN

Calmunds Freispruch beantragt
Angeblich zum Erwerb von Kaufoptionen für Fußballer hatte Reiner Calmund in seiner Eigenschaft als Manager von BAYER Leverkusen dem Spielerberater Volker Graul 580.000 Euro übergeben. Belege für diesen Verwendungszweck konnte Graul BAYER allerdings nie vorlegen. Wegen dieses undurchsichtigen Finanzdeals verlor Calmund im Juni 2004 nicht nur seinen Job, auch die Kölner Staatsanwaltschaft schaltete sich ein. Im September 2006 beantragte sie allerdings, das Untreue-Verfahren gegen das Fußball-Schwergewicht wegen geringer Schuld gegen Zahlung einer Geldbuße einzustellen.

[Ticker] STICHWORT BAYER 01/2006 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

LAUF: BAYER soll spenden
Der BAYER-Konzern hat seinen Stammsitz Leverkusen in den letzten Jahr arg gebeutelt. Die dank kreativer Buchführung entweder gar nicht mehr oder nur noch äußerst spärlich fließenden Gewerbesteuer-Zahlungen haben die Kommune kräftig in die roten Zahlen getrieben. Dabei ließen sich schon mit nur einem Prozent des Unternehmensumsatzes die Schulden der Stadt begleichen, hat Fritz Kunkel von der linken Kommunalpartei LAUF ausgerechnet. Deshalb forderte Kunkel den Agroriesen auf, diesen kleinen Obulus zu leisten, schließlich habe sich Leverkusen an der Absicherung seiner Dhünnauer Giftmüll-Deponie beteiligt und müsse überdies für die vielen vom Pharmariesen „freigesetzten“ Beschäftigten aufkommen.

Mexiko: Pestizidfabrik schließt
Die Drecksarbeit lässt der Leverkusener Agromulti gerne von anderen erledigen, um sich der Öffentlichkeit gegenüber besser als Umweltengel verkaufen zu können. In Mexiko beispielsweise bezog der Konzern die Grundstoffe für seine Pestizidproduktion von einer Chemiefabrik, die ohne behördliche Genehmigung agierte. Entsprechend fatal wirkte sich das unternehmische Treiben auf die Gesundheit der Bevölkerung von Juchitepec de Mariano Rivapalacio aus. Fälle von Krebserkrankungen, Missbildungen der Genitalien, Magenerkrankungen, Brechreiz, Kopfschmerzen, Angstattacken nahmen im Umkreis der Fertigungsstätte exorbitant zu. Das führte zu lokalen Protesten, die - unterstützt von GREENPEACE und dem PESTICIDE ACTION NETWORK (PAN) - schließlich erfolgreich waren. Die staatlichen Stellen schlossen die Niederlassung.

Frankreich: neues Gentech-Gesetz
Die französische Regierung will der „grünen Gentechnik“ von BAYER & Co. in diesem Jahr durch ein neues Gesetz grünes Licht geben. GREENPEACE protestiert dagegen und hat die große Agrarmesse „Salon de l‚agriculture“ als Forum für den Kampagnen-Auftakt genutzt.

BAYER im französischen Parlament
Im Vorfeld der Beratungen zum neuen Gentechnik-Gesetz (s. o.) hat die französische Nationalversammlung unter dem Titel „Landwirtschaft und nachhaltige Entwicklung“ zu einem Meeting geladen. Dieses verlief allerdings etwas einseitig. Teilnehmen durften nämlich nur VertreterInnen von BAYER und anderen Agromultis, Umweltschutzgruppen mussten draußen bleiben. Aus Protest schrieben die Verbände einen Offenen Brief an die PolitikerInnen. „Die Parlamentarier organisieren gemeinsam mit den Gen-Multis eine Veranstaltung zu nachhaltiger Landwirtschaft, aber wie lange sollen wir noch auf eine solche Diskussion mit den Bürgern Frankreichs als Gesprächspartner warten?“, machte Christian Berdot von FRIENDS OF THE EARTH seinem Ärger Luft.

BAYER im holländischen Parlament
Immer noch schuften bei den Zulieferern von BAYERs indischer Saatgut-Tochter PROAGRO ca. 500 Kinder; bei den für MONSANTO und SYNGENTA arbeitenden dürften es mindestens ebenso viele sein. Dieses Skandalon hat die niederländischen SozialdemokratInnen dazu bewogen, die Machthabenden im Parlament dazu aufzufordern, Druck auf die Agromultis und die PolitikerInnen ihrer Herkunftsländer auszuüben. Die holländische Regierung erklärte sich jedoch für „nicht zuständig“. Eine ähnliche Antwort ist bei der EU-Kommission zu erwarten, die auch eine Anfrage in Sachen „Kinderarbeit“ erhielt.

GAUCHO: ImkerInnen beim Minister
In Frankreich hat das inzwischen massiven Anwendungsbeschränkungen unterliegende BAYER-Pestizid GAUCHO zu einem großen Bienensterben geführt (Ticker berichtete mehrfach). Die BienenzüchterInnen hatten BAYER daraufhin verklagt. Neben einer saftigen Strafe für den Agromulti erhoffen sie sich Entschädigungen und ein definitives Verbot des Ackergiftes. Weil die Mühlen der Justiz aber allzu langsam mahlen, hat eine Delegation im Januar 2006 mit Patrice Camberou einen engen Mitarbeiter des französischen Justizministers aufgesucht. Dieser versprach, sich für eine Beschleunigung des Verfahrens einzusetzen. Aber bis Ende Februar tat sich noch nichts, weshalb die ImkerInnen sich erneut mit einer Presseerklärung an die Öffentlichkeit wandten.

PAN schreibt Gabriel
Das PESTIZID-AKTIONS-NETZWERK (PAN) hat den Umweltminister Sigmar Gabriel und den Landwirtschaftsminister Horst Seehofer in einem Offenen Brief aufgefordert, mit der Umsetzung eines Beschlusses der AgrarministerInnen-Konferenz vom 4. März 2005 zu beginnen, der eine Reduzierung des Einsatzes der Pestizide von BAYER & Co. auf den Äckern um 15 Prozent bis 2015 vorsieht.

BAYER für Anti-Preis nominiert
Als Kontrastprogramm zum alljährlichen Davoser Klassentreffen von ManagerInnen und PolitikerInnen, an dem auch BAYER-Chef Werner Wenning teilnahm, vergeben die beiden Initiativen PRO NATURA und BERNER ERKLÄRUNG in dem idyllischen schweizer Bergort stets den „Public Eye Award“ als Antipreis. Wie schon im letzten Jahr, gehörte BAYER auch diesmal wieder zu den Kandidaten für die wenig schmeichelhafte Auszeichnung. GREENPEACE/Australien hatte den Leverkusener Agromulti nominiert, weil sein Gen-Raps auf die Felder der konventionell oder ökologisch anbauenden LandwirtInnen übergreift und ihren Ernten starke Absatzprobleme beschert. Allerdings musste der Konzern den Global Player CHEVRON an sich vorbeiziehen lassen, der für seine Kontamination des ecuadorischen Regenwaldes mit Öl den „Public Eye Award“ einstrich.

KAPITAL & ARBEIT

BAYER will 600 Millionen sparen
Auf der Bilanzpressekonferenz am 6. März 2006 verkündete BAYER-Chef Werner Wenning ein Rekordergebnis. Der Konzern erhöhte seinen Umsatz auf in der Unternehmensgeschichte einmalige 27,4 Milliarden Euro. Trotzdem gab der Vorstandsvorsitzende im gleichen Atemzug ein neues, 600 Millionen Euro schweres Kostensenkungsprogramm bekannt. Vor allem im Verwaltungsbereich will der Agromulti Arbeitsplätze vernichten.

Standortvereinbarung: BIS sorgt vor
Im Jahr 2007 läuft die „Standortsicherungsvereinbarung“ aus, die betriebsbedingte Kündigungen ausschloss. Eine Verlängerung mit einer ähnlichen Garantie dürfte ausgeschlossen sein. BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS) rüstet sich nach Informationen des Betriebsrates Klaus Hebert-Okon, welcher innerhalb VERDIS der alternativen Gewerkschaftsgruppe BELEGSCHAFTSTEAM angehört, jedenfalls schon für Arbeitsplatzvernichtung im großen Stil. Das Management bildet bereits Rückstellungen für die beim Tabula-rasa-machen anfallenden Sozialpläne.

Das Chemie-Geschäft boomt
Bei der ersten Pressekonferenz in seiner Funktion als Präsident des „Verbandes der Chemischen Industrie“ konnte BAYER-Chef Werner Wenning mit guten Zahlen aufwarten. Die Produktion von BAYER & Co. erhöhte sich um sechs Prozent. Der Umsatz stieg um sieben Prozent, wobei sich das Umsatzwachstum gegenüber den Vorjahren sogar verdoppelte. Trotzdem vernichteten die Chemie-Unternehmen ein Prozent ihrer Arbeitsplätze. Nur noch 440.600 Beschäftigte zählt die Branche. Mit immer weniger Personalkosten erwirtschaften die Firmen also immer exorbitantere Gewinne. Für Wenning dürften sie gerne noch etwas exorbitanter sein. Er kritisierte die im Vergleich zu den USA und Großbritannien am Standort Deutschland um ein Drittel höheren Arbeitskosten und die um fünf Prozent niedrigere Umsatzrendite.

Konkurrenz unter BAYER-Standorten
Das BAYER-Management spielt die einzelnen Standorte des Konzerns systematisch untereinander aus. So hat es intern die Produktion eines Medikamentes neu ausgeschrieben. Bitterfeld und zwei weitere Niederlassungen kamen in die engere Auswahl. Wer am wenigsten Lohnkosten bietet, dürfte den Zuschlag bekommen.

Arbeitsplatzvernichtung bei LANXESS

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Bei der Arbeitsplatzvernichtung liegt BAYERs Chemieabspaltung LANXESS über Plan. Wollte das Unternehmen am Standort Dormagen bis Ende 2005 eigentlich „nur“ 200 Stellen streichen, fielen bereits 303 Jobs weg. Tatorte sind hauptsächlich der Bereich „Feinchemie“ und die Produktion des Styrenics-Kunststoffes, die LANXESS fast komplett nach Spanien verlagert.

Arbeitsplatzvernichtung bei LANXESS

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BAYERS Chemie-Abspaltung LANXESS hat das Geschäftsfeld „Dorlastan-Fasern“ an das japanische Unternehmen ASAHI KASEI FIBERS verkauft. Der Konzern übernimmt mit 160 Beschäftigten lediglich einen Teil der Beschäftigten. 70 weitere arbeiten für zwei Jahre auf Leihbasis für den neuen Inhaber. 41 Belegschaftsmitglieder landen in einer Transfer-Gesellschaft; ihre Chancen auf Vermittlung anderer Jobs dürfte aber ziemlich gering sein.

De Win neuer Gesamtbetriebsratschef
Der 47-jährige Thomas de Win hat den in Ruhestand gehenden Erhard Gipperich als Vorsitzender des BAYER-Gesamtbetriebsrat abgelöst.

Leverkusen zweitproduktivste Stadt
BAYER vernichtet immer mehr Jobs, verteilt die Arbeit auf immer weniger Schultern und erhöht so die Rendite. Ausbund dieser perversen ökonomischen Logik: Leverkusen nimmt in der Rangfolge der produktivsten Kommunen der Bundesrepublik den zweiten Rang ein, was vornehmlich auf das Konto des ortsansässigen Multis geht. 82.008 Euro trug im Jahr 2003 jeder in der Stadt lebende Beschäftigte durchschnittlich zum bundesdeutschen Bruttosozialprodukt bei. Diese Produktivität übertrafen nur noch die MünchnerInnen mit 115.159 Euro.

ERSTE & DRITTE WELT

Noch immer Kinderarbeit
Immer noch beschäftigen die Zulieferer von BAYERs indischer Tochtergesellschaft PROAGRO Kinder. Nach der neuesten Studie von Dr. Davuluri Venkateswarlu haben in der zurückliegenden Saatgut-Pflanzsaison 500 Minderjährige auf den Feldern gearbeitet.

Kinderarbeit: BAYER beim BMZ
Nachdem das TV-Magazin Monitor über die Kinderarbeit bei den Zulieferern von BAYERs indischer Tochtergesellschaft PROAGRO berichtet hatte, lud das „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit“ den Leverkusener Multi zu einem Gespräch vor, dem auch ein Vertreter der INTERNATIONAL LABOUR ORGANISATION (ILO) beiwohnte. Genauere Informationen über das Treffen gelangten allerdings nicht nach draußen.

WHO warnt vor Malaria-Arznei
BAYER hat sich schon vor Jahrzehnten aus der Tropenmedizin zurückgezogen, weil die „dritte Welt“ keinen lukrativen Pharmamarkt darstellt. Erst großzügige Spenden der Bill-Gates-Stiftung und die Aussicht auf einen Image-Mehrwert brachten die BAYER-ForscherInnen wieder in die Labore zurück. Der Konzern arbeitet an einem Malaria-Medikament, das auf einer Weiterentwicklung des chinesischen Pflanzenstoffes Artemisinin beruht. Jetzt hat die Weltgesundheitsorganisation WHO vor solchen Arzneien gewarnt. Sie rief dazu auf, den Verkauf von Artemisinin-haltigen Einzelmedikamenten zu stoppen. Da der Wirkstoff den Erreger nicht abtötet, sondern nur schwächt, befürchten die GesundheitsexpertInnen nämlich Resistenz-Bildungen.

BAYER betreibt Biopiraterie
Der Leverkusener Multi betrachtet die Natur in „Drittweltländern“ als Rohstoffreservoir für die Pharmaproduktion. Nach einer Untersuchung des US-amerikanischen „Edwards Institute“ gewann der Konzern den Wirkstoff seines Diabetes-Mittels GLUCOBAY aus einem Bakterium, das dem kenianischen Ruiru-See entstammt, und verschweigt dessen afrikanische Herkunft in der Patentschrift (siehe auch SWB 1/06).

IG FARBEN & HEUTE

BAYER im Holocaust-Museum
Der US-amerikanische Jude David Rosenberg gehört am BAYER-Standort Pittsburgh der Gruppe THE COMMITEE FOR APPROPRIATE ACKNOWLEDGEMENT an, die den Konzern immer wieder zwingt, sich mit seiner NS-Vergangenheit auseinanderzusetzen. So sprach der Historiker 1999 auf der BAYER-Hauptversammlung und forderte den Multi zu einer angemessenen Entschädigung seiner ehemaligen ZwangsarbeiterInnen auf. Jetzt hat die Initiative ihr umfangreiches BAYER-Archiv dem Holocaust-Museum in Washington zur Verfügung gestellt.

KONZERN & VERGANGENHEIT

BAYER-Lobbyismus unter Adenauer
Schon unter Bundeskanzler Konrad Adenauer konnte BAYER auf dem kleinen Dienstweg politisch intervenieren, wie Cerstin Gammelin und Götz Hamann in ihrem Buch „Die Strippenzieher“ enthüllen. Der damalige BAYER-Chef Ulrich Haberland gehörte nämlich dem von Adenauer ins Leben gerufenen „Kleinen Kreis“ an, einer Runde einflussreicher Industriebosse. Und der Kanzler nahm sich durchaus zu Herzen, was die Manager ihm einflüsterten. Der Ex-Chef der DEUTSCHEN BANK, der wegen seiner Machenschaften in der NS-Zeit berühmt-berüchtigte Hermann Josef Abs, erklärte jedenfalls, für ihn würden „in späteren Äußerungen, in Reden und im Parlament Ansichten und Urteile deutlich, die das Ergebnis ... solcher Aussprachen waren“.

POLITIK & EINFLUSS

Garthoff neuer DIB-Vorsitzender
Das ehemalige BAYER CROPSCIENE-Vorstandsmitglied Bernward Garthoff sitzt seit Februar 2006 innerhalb des „Verbandes der Chemischen Industrie“der „Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie“ vor. Qualifiziert für diesen Lobbyisten-Job hat Garthoff unter anderem seine Position als Vize-Vorsitzender von „EuropaBio“.

Winnacker gratuliert Merkel
Der im BAYER-Aufsichtsrat sitzende Ernst-Ludwig Winnacker gratulierte in seiner Funktion als Präsident der „Deutschen Forschungsgemeinschaft“ (DFG) Angela Merkel zum Wahlsieg. „In seinem Glückwunschschreiben nennt DFG-Präsident Ernst-Ludwig Winnacker die neue Bundeskanzlerin eine Freundin der Wissenschaft, die sich für die Belange von Forschung und Entwicklung einsetze“, heißt es in der Presseerklärung des Verbandes.

Winnacker will mehr Stammzellen
Der Präsident der „Deutschen Forschungsgemeinschaft“ (DFG), Ernst-Ludwig Winnacker, der auch im BAYER-Aufsichtsrat sitzt, hat Bundesforschungsministerin Annette Schavan aufgefordert, das Stammzellgesetz zu liberalisieren. Bisher verbietet es die Verwendung „überzähliger Embryonen“ aus der künstlichen Befruchtung und erlaubt lediglich die Einfuhr älterer Stammzellen. Nach Meinung von Winnacker kann die Bundesrepublik aufgrund solcher Reglementierungen „nicht in der Weltliga mitspielen“. Er will auch an Stammzellen heran, die ForscherInnen nach dem Stichtag „1.1.2002“ gewonnen haben und mahnt mildere Strafen für GentechnikerInnen an, die sich über ausländische KooperationspartnerInnen Zugang zu den begehrten Zellen verschafft haben.

Zuviel Staat in China
Chinas Wirtschaft boomt. Eine Studie der DEUTSCHEN BANK prognostiziert bis 2015 für die Chemie-Industrie eine 10-prozentige Umsatz-Steigerung auf 400 Milliarden Dollar. Aber BAYER und die anderen im Land vertretenen Global Player plagen auch Sorgen. So betätigen sich die in Staatsbesitz befindlichen Chemie-Unternehmen als Aufseher über ihre ausländische Konkurrenz. Zudem ist die Zulassung von neuen Produkten mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden. Darum haben BAYER & Co. jetzt über die Europäische Handelskammer die Errichtung einer unabhängigen Regulierungsbehörde und einen Rückzug des chinesischen Staates aus dem Wirtschaftsleben gefordert.

Neues Gentechnik-Gesetz
Kaum im Amt, macht sich die rot-schwarze Koalition auch schon daran, das alte Gentechnik-Gesetz auf die Bedürfnisse von BAYER & Co. zuzuschneiden. Merkel & Co. kappen alle über die EU-Richtlinie zur Freisetzung von Genpflanzen hinausgehenden Vorschriften. Die von Rot-Grün eingeführten relativ strengen Haftungsregelungen schaffen die GroßkoalitionärInnen ab. Für Schadensfälle wollen sie einen Fonds einrichten. Aussaaten zu Forschungszwecken können BAYER & Co. künftig schnell und ohne großen bürokratischen Aufwand beantragen. Zudem hält es die Bundesregierung nicht mehr für nötig, die Öffentlichkeit unbeschränkt über Gen-GAUs in Kenntnis zu setzen. Wenn es um „wettbewerbsrelevante Informationen von Unternehmen“ geht oder Patentrechte betroffen sind, kann der Mantel des Schweigens über „Risiken und Nebenwirkungen“ geworfen werden.

BAYER spart Ökosteuer
Die strom-intensivsten Branchen wie z. B. die Chemieindustrie müssen relativ gesehen am wenigsten Ökosteuer zahlen. Nach erfolgreichen Interventionen von BAYER & Co. räumte die rot-grüne Koalition ihnen großzügige Ausnahmeregelungen ein. Nach einem Bericht zur Bilanz der Ökologischen Steuerreform belaufen sich diese Subventionen jährlich auf 5,6 Milliarden Euro.

Umweltminister bei HC STARCK
Die Einweihung einer Pilotanlage der BAYER-Tochter HC STARCK zur Produktion von angeblich „ökologisch korrekten“ keramischen Stromleitern für Brennstoffzellen fand im Beisein des bayerischen Umweltministers Dr. Werner Schnappauf statt.

Neue Arzneigesetz
Die Gesundheitsreformen kommen und gehen, aber die Profite für die Pillen-Produzenten bleiben bestehen. Im vergangenen Jahr stiegen die Arzneimittel-Kosten der Krankenkassen um 16 Prozent auf 22,4 Milliarden Euro. Auch das von schwarz-rot verabschiedete Arznei-Sparpaket ändert an dem guten Geschäftsklima für BAYER & Co. nicht allzu viel. Die Pharmariesen schalteten sich schon früh in den Beratungsprozess ein und handelten ihren noch vom Koalitionsvertrag vorgesehenen Kostensenkungsbeitrag von 2 auf 1,3 Milliarden Euro herunter. De Regelung, MedizinerInnen, die zu teure Medikamente verschreiben, das Honorar zu kürzen und PatientInnen die Zuzahlung zu ersparen, wenn sie von ihrem Arzt die Verordnung einer preiswerten Arznei verlangen, dürften die Konzerne ebenso sehr verschmerzen können wie die Senkung der Festbeträge für neue oder nur scheinbar neue Medikamente. Dass diese die Unternehmen zu Preissenkungen veranlasst, bezweifeln die Krankenkassen nämlich.

PROPAGANDA & MEDIEN

Konzern-Kampagne zur WM
BAYER & Co. wollen die Fußball-WM nutzen, um mit der Kampagne „Land der Ideen“ für den Wirtschaftsstandort Deutschland zu werben. Da der Leverkusener Multi die PR-Maßnahme mit einer Million Euro unterstützt, darf er auch Ideen haben. In dem Skulpturenpark mit wichtigen bundesdeutschen Erfindungen, der im Juni in Berlin eröffnet wird, bereitet deshalb auch eine überdimensionale ASPIRIN-Tablette Kopfschmerzen. Zudem kann sich das Bitterfelder Werk künftig mit dem Titel „Ort der Ideen“ schmücken, was den sachsen-anhaltinischen Wirtschaftsminister Horst Rehberger (FDP) als ersten Gratulanten auf den Plan rief.

LEVITRA-Werbung mit Jerry Hall
Unermüdlich versucht BAYER mit immer neuen Methoden, das hinter den Umsatzerwartungen zurückbleibende Potenzmittel LEVITRA an den Mann zu bringen. Jetzt hat der Konzern sich zu diesem Zweck Jerry Hall als Werbeträgerin geangelt, deren Ruhm sich einzig der Tatsache verdankt, einmal mit Mick Jagger verheiratet gewesen zu sein.

BAYER umwirbt AfroamerikanerInnen
In den USA hat BAYER die AfroamerikanerInnen als neue Zielgruppe auserkoren. Der Leverkusener Multi gehört zu den prominenten Werbepartnern eines neuen, speziell auf AfroamerikanerInnen zugeschnittenen Talkradio-Senders und präsentiert dort gleich zwei Programme.

BAYER spendet Wissenschaftsinitiative
In den USA hat BAYER der „Kansas City Science Initiative“ (KCSI) eine finanzielle Unterstützung zukommen lassen. Die KCSI bildet LehrerInnen fort, und ihre Programme erlauben SchülerInnen und StudentInnen ein praxis-nahes, ergo konzern-nahes Lernen. Das Geld ist also gut angelegt.

Bush ehrt BAYER
Da haben sich zwei gefunden: Der US-amerikanische Präsident George W. Bush zeichnete BAYER als erstes ausländisches Unternehmen mit dem „Ron-Brown-Award for Corporate Leadership“ aus. Bush Junior erachtete es als preiswürdig, schon SchülerInnen die Naturwissenschaften, so wie BAYER sie versteht, zu vermitteln und sich so unkritischen Nachwuchs heranzuzüchten.

Ausbildungsaktivitäten ausgezeichnet
Um mehr als ein Drittel ist die Zahl der Ausbildungsplätze bei BAYER in den letzten fünfzehn Jahren zurückgegangen. Die Lehrstellen-Quote des Konzerns liegt unter den 7,1 Prozent, welche die Betriebe im Gebiet Rhein-Wupper durchschnittlich erreichen. Trotzdem überreichte Arbeitsminister Franz Müntefering dem Multi im Namen der „Initiative für Beschäftigung“ einen Preis. Er prämierte das Unternehmen für sein Starthilfe-Programm, das Jugendliche fördert, die den Einstellungstest nicht bestanden haben. Lobende Erwähnung fand auch der regionale Ausbildungsverbund. Da hätte Müntefering sich allerdings auch selbst auszeichnen können, denn der Staat ist über die Länder an der Finanzierung des Projektes beteiligt.

Der Hausarzt wirbt für LEVITRA
In der Bundesrepublik gibt es nur wenige unabhängige, nicht auf Anzeigen aus der Pharma-Branche angewiesene Medizin-Zeitschriften. Die übrigen tun alles, um BAYER & Co. ein angemessenes Werbeumfeld zu bieten. So macht Der Hausarzt unverhohlen Reklame für BAYERs Potenzmittel LEVITRA. „Trotz der Möglichkeit einer effektiven Therapie mit den modernen PDE-5-Hemmern wie Vardenafil (LEVITRA) lassen sich nur wenige Männer (<20 Prozent) behandeln“, heißt es in einem Artikel etwa. Das Blatt weiß auch warum: Die ÄrztInnen machen nicht den ersten Schritt und reden mit ihren PatientInnen über das Thema. „Dabei sind die meisten Männer dankbar für die Ansprache des Problemes“, meint Der Hausarzt zu wissen und weist zu allem Überfluss auch noch auf das LEVITRA-Portal im Internet hin. Die nächste LEVITRA-Anzeige ist der Postille also schon sicher.

BAYERs Herzgesundheitsprojekt
Der Leverkusener Multi versucht seit geraumer Zeit, sich nicht bloß als Pillendealer, sondern als Konzern mit einem umfassenderen Gesundheitsbegriff darzustellen. Deshalb startete er öffentlichkeitswirksam zusammen mit dem Herzzentrum der Kölner Universität und der deutschen Sporthochschule das Projekt „Herzgesundheit“, das mit 23 ProbandInnen den Einfluss von sportlicher Betätigung auf die Reduzierung von Risikofaktoren für Herz/Kreislauf-Erkrankungen untersuchte.

Uno und kein Ende
Der Leverkusener Multi lässt kaum einen Monat verstreichen, ohne sich prestigeträchtig als Partner der Uno ins Spiel zu bringen. Jetzt brüstet sich der Konzern damit, Erstunterzeichner der „Responsible Care Global Carta“ zu sein, die der Chemie-Weltverband ICCA bei der UN-Konferenz für Chemikalien-Management in Dubai vorstellen durfte. „Ökonomische, ökologische und soziale Ziele haben bei all unseren Aktivitäten weltweit den gleichen hohen Stellenwert“, verkündete BAYER-Vorstand Udo Oels vollmundig, ungeachtet der Arbeitsplatzvernichtung trotz steigender Profite, Biopiraterien, Pharma-GAUs, Pestizid-Pest und CO2-Schönrechnereien.

BmBF hilft BAYER waschen
Das „Bundesministerium für Bildung und Forschung“ unterstützt die Greenwashing-Aktivitäten der bundesdeutschen Konzerne und hat deshalb den Aufbau einer Internet-Seite zu „nachhaltigem Investment“ finanziert, zu deren „Partnern“ auch BAYER gehört.

BAYER wieder Umweltfilm-Sponsor
Beim letzten Umweltfilm-Festival der „Pittburgh Filmmakers“ gehörte BAYER zu den Sponsoren. Nachdem die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN die VeranstalterInnen auf die diversen Umweltsünden des Konzerns aufmerksam gemacht hatte, von denen er durch das finanzielle Engagement abzulenken trachtet, versprachen die FilmemacherInnen, im nächsten Jahr ihre Kooperation mit dem Leverkusener Chemiemulti zu überdenken. Das haben sie nun getan und kamen mehrheitlich zu der Meinung, auf BAYERs Geld nicht verzichten wollen.

BAYER am Bahnhof Zoo
Das passt: Der Pillen-Dealer BAYER will künftig in Berlin am Bahnhof Zoo für seine Produkte werben. Der Konzern plant, auf dem Dach eines Hochhauses ein BAYER-Kreuz mit einem Durchmesser von elf Metern zu installieren.

DRUGS & PILLS

Tod durch CIATYL?
In einem bayerischen Altersheim verstarb im November 2005 ein 78-jähriger Mann an einer Embolie als Folge einer Thrombose, kurz nachdem sein Arzt das bisherige Medikament zur Behandlung seiner psychischen Krankheit abgesetzt und durch das BAYER-Neuroleptikum CIATYL ersetzt hatte. Da das Auslösen von Thrombosen zu den Nebenwirkungen von CIATYL zählt, führten die Angehörigen des Mannes seinen Tod auf das Mittel zurück und verklagten BAYER. Das Präparat mit dem Wirkstoff Zuclopenthixoldec ist seit längerem umstritten. Nach einer Studie, welche die Archives of Internal Medicine dokumentierten (2004; 164: 1293-1297) erhöht die Verordnung von Antipsychotika wie HALDOL, EUNERPAN oder eben CIATYL das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, stark. Zudem berichten PatientInnen über Ohnmachtsanfälle und Atemkrämpfe nach Einnahme der Arznei.

ASPIRIN-Studie gefälscht
BAYER preist ASPIRIN gern als Tausendsassa an. In mindestens einer Beziehung muss der Pharmariese damit aber in Zukunft vorsichtiger sein. Eine regelmäßige Einnahme des Schmerzmittels reduziert nicht die Wahrscheinlichkeit, an Mundhöhlenkrebs zu erkranken. Der norwegische Mediziner Jon Sudbo hatte das behauptet und entsprechende Untersuchungsergebnisse in renommierten Fachblättern wie The Lancet veröffentlicht. Er berief sich dabei auf statistisches Material von 123.234 Menschen aus den Jahren 1974 bis 1995, das er der Datenbank „Conor“ entnommen haben wollte. Leider existierte diese Datenbank aber erst seit 1994, wie ein Kollege Sudbos herausfand. Der Krebsforscher gab daraufhin zu, seine Studie gefälscht zu haben.

Studie warnt vor LEVITRA & Co.
„Liebe macht blind“ - wenn die Herren der Schöpfung dabei auf Potenzpräparate wie BAYERs LEVITRA zurückgreifen, stimmt das sogar im buchstäblichen Sinn. In den USA verlor ein Mann durch das BAYER-Präparat sein Augenlicht (Ticker 3/04), worauf die US-Gesundheitsbehörde FDA den Konzern dazu zwang, auf den Beipackzetteln vor dieser Gefahr zu warnen. Dabei handelte es sich nicht um einen Einzelfall, wie jetzt eine Studie der Universität von Alabama bestätigte. Die WissenschaftlerInnen untersuchten ältere Potenzmittel-Konsumenten, die bereits einen Herzinfarkt erlitten hatten, und machten bei ihnen ein um den Faktor 10 erhöhtes Risiko für Sehstörungen aus.

FDA warnt vor NIMOTOP
Nachdem die intravenöse Verabreichung von BAYERs Calciumantagonisten NIMOTOP mit dem Wirkstoff Nimodipin in den USA zu mehreren Todesfällen geführt hat, verbot die US-Gesundheitsbehörde FDA das Spritzen des Medikamentes. PatientInnen dürfen das Präparat jetzt nur noch in Tablettenform zu sich nehmen. Der Pharmariese hat die Arznei in der Vergangenheit äußerst aggressiv als Wundermittel zur Behandlung von Bluthochdruck, Alzheimer und Schlaganfällen vermarktet. Die Fachwelt fiel darauf jedoch nicht herein. „Bei Schlaganfall-Patienten sind die Behandlungsergebnisse (...) uneinheitlich“, schrieb der „Arznei-Verordnungsreport ‘97“ und beurteilte auch die Verwendung bei Alzheimer kritisch. „Für Calcium-Antagonisten (wie z. B. Nimodipin) konnten die vielversprechenden präklinischen Befunde in Therapiestudien bei der Alzheimerdemenz nicht reproduziert werden“, heißt es in dem Buch.

FDA rügt KOGENATE-Werbung
Der Leverkusener Multi wollte Blutern in einer Werbeaktion seinen Gerinnungshemmer KOGENATE kostenlos zur Verfügung stellen und hat entsprechende Briefe an PatientInnen und MedizinerInnen verfasst. Jetzt hat die US-Gesundheitsbehörde FDA die Kampagne unterbunden. „Durch das Zurückhalten von Informationen über Risiken und den richtigen Umgang mit der Arznei haben Sie eine möglicherweise unsichere Anwendung von KOGENATE FS befördert“, rügte die Institution den Pharma-Riesen. Zu den von BAYER verschwiegenen Nebenwirkungen des Präparates gehören unter anderem Schwindelanfälle und Ausschläge.

TRASYLOL lebensgefährlich
Nach einer im New England Journal of Medicine veröffentlichten Studie gehen von dem BAYER-Präparat TRASYLOL Nebenwirkungen wie Nierenversagen, Schlaganfall und Herzinfarkt aus. Peter Sawicki vom „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ schätzt die Zahl der Todesopfer allein in der Bundesrepublik auf 300 pro Jahr. In den USA bereiten AnwältInnen schon die ersten Sammelklagen vor (siehe SWB 1/06).

TRASYLOL bei Wirbelsäulen-Versteifung
Dem Leverkusener Multi mangelt es an neuen profitträchtigen Medikamenten, weshalb er ständig nach neuen Anwendungsmöglichkeiten für die alten sucht. Für das jüngst wegen Nebenwirkungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall in die Schlagzeilen geratende TRASYLOL (s. o.), das MedizinerInnen bisher nur bei Herz- und Hüft-OPs einsetzen, will er jetzt einen neuen Markt erschließen. Der Konzern testet den Einsatz von TRASYLOL bei Eingriffen zur Behandlung der „elektiven Spondylodese“, einer Versteifung der Wirbelsäule.

NEXAVAR bei Lungenkrebs?
BAYER will das gemeinsam mit ONYX entwickelte Gentech-Medikament NEXAVAR, das in den USA zur Behandlung von Nierenkrebs im fortgeschrittenen Stadium bereits zugelassen ist, auch bei Lungenkrebs zum Einsatz bringen und hat für diese Indikation mit der dritten und letzten Phase der klinischen Tests begonnen.

Sechs neue Krebsmedikamente
Passenderweise auf einer InvestorInnen-Konferenz in London gab BAYER bekannt, sechs Medikamente zur Behandlung von Krebs in frühen Phasen der Entwicklung zu haben. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um die zwei Wirkstoffe mit den Bezeichnungen BAY 57 9352 und BAY 73 4506, die der Konzern in wechselnden Kombinationen mit anderen Arzneien erprobt. So vage die medizinischen Ausführungen des BAYER-Managers Joseph J. Catino blieben, so präzise taxierte er das ökonomische Potenzial der Krebsmittel. Der Pharmakologe sagte ein Wachstum des weltweiten Marktes für onkologische Arzneien von 24,6 Milliarden Euro auf 55 Milliarden bis zum Jahr 2009 voraus.

BAYER kauft Alfimeprase-Lizenz
Der Leverkusener Multi beteiligt sich an den Entwicklungskosten für den Wirkstoff Alfimeprase und erhält dafür vom Hersteller NUVELO Vermarktungsrechte. BAYER übernimmt 40 Prozent der Aufwändungen für die zur Auflösung von Blutgerinnseln bestimmte Arznei, die sich gerade in der dritten und letzten Phase der klinischen Tests befindet und in den Genuss eines beschleunigten Verfahrens kam. Der Konzern zahlt dem Pharmaunternehmen NUVELO einen Festbetrag von 50 Millionen Dollar sowie erfolgsabhängige Prämien von bis zu 385 Millionen Dollar (siehe auch GENE & KLONE).

BAYER kauft PRITOR
BAYER hat von GLAXOSMITHKLINE (GSK) die Rechte an dem Bluthochdruckmittel PRITOR mit dem Wirkstoff Telmisartan erworben. Der Pharmariese darf die Arznei, mit der GSK jährlich einen Umsatz von 65 Millionen Euro machte, nun europaweit vermarkten. Der Pharmariese hat zwar mit ADALAT bereits ein entsprechendes Medikament im Angebot, aber mit dessen Ruf ist es nicht zum besten bestellt: Es steht in Verdacht, das Herzinfarktrisiko zu erhöhen. Im Jahr 1971 nahm der Konzern seine Blutdruck-Präparate LERON und TADIP nach einem kritischen Bericht des arznei-telegramms über gravierende Nebenwirkungen sogar freiwillig vom Markt.

BAYER investiert in Diagnostika
Der Leverkusener Multi baut seine Diagnostika-Sparte immer weiter aus. Im Januar 2006 erwarb er vom US-Unternehmen ABBOTT einen Prostatakrebs- und einen Wirkstofftest. Zudem hat er im Februar von der US-Gesundheitsbehörde FDA die Zulassung für einen Herzinfarkt-Test erhalten.

GENE & KLONE

Freisetzungsversuch mit T 25
Brandenburg entwickelt sich immer mehr zum Versuchslabor der „grünen Gentechnik“. Auf 25 Feldern blühen dort schon die Laborfrüchte der Agroriesen. In Dahnsdorf hat die „Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft“ jetzt einen Freisetzungsversuch mit BAYERs gegen die Herbizide BASTA und LIBERTY resistentem Genmais T25 begonnen. Die Aussaat der Genmais-Sorten von MONSANTO, PIONEER und BAYER hat das AKTIONSBÜNDNIS FÜR EINE GENTECHNIKFREIE LANDWIRTSCHAFT IN BERLIN UND BRANDENBURG auf den Plan gerufen. „Der Anbau von Genmais ist mit vermeidbaren Risiken für Umwelt und Gesundheit verbunden. Der gentechnikfreien Landwirtschaft und dem Tourismus in Brandenburg wird unnötiger Schaden zugefügt“, erklärte Thomas Janoschka für die Initiative und kündigte Wiederstand an.

EU vertagt Genraps-Entscheidung
Im letzten Jahr hatte die EU einen BAYER-Antrag auf Anbau von genmanipulierten Raps abgelehnt, eine Entscheidung über eine Einfuhr-Erlaubnis aber offen gelassen. Im Dezember kamen die EU-UmweltexpertInnen in der Frage zu keinem einheitlichen Votum. Nun müssen die MinisterInnen der Mitgliedsländer über den Fall befinden.

BAYER will mehr Genreis
Der Leverkusener Agroriese hat bei der EU einen zweiten Antrag auf Importgenehmigung für eine gentechnisch gegen das Anti-Unkrautmittel LIBERTY LINK (Wirkstoff: Glufosinat) resistent gemachte Reis-Sorte gestellt. Er hat nach Ansicht des GREENPEACE-Gentechnikexperten Geert Ritsema große Chancen auf eine Genehmigung.

Stressresistente Pflanzen?
Die „grüne Revolution“ mit ihrem massiven Pestizid-Einsätzen, der intensiven Bodennutzung und der Züchtung von Hochertragssorten hat die Nutzpflanzen äußerst schadensanfällig gemacht. Jetzt will BAYER den Teufel mit dem Belzebub austreiben. Die GentechnikerInnen des Konzerns arbeiten in ihren Laboren an Ackerfrüchten mit „verbesserter Stresstoleranz“.

BAYER weiter mit MORPHOSYS
BAYER will die Zusammenarbeit mit dem Martinsrieder Biotech-Unternehmen MORPHOSYS ausbauen. Nach dem neuen Kooperationsvertrag, der eine fünfjährige Laufzeit hat, soll MORPHOSYS für den Konzern 25 Proteine auf ihre pharmakologische Verwendbarkeit hin prüfen.

BAYER kauft ICON GENETICS
Der Leverkusener Multi hat das Münchner Biotech-Unternehmen ICON GENETICS erworben. ICON arbeitete an der gentechnischen Veränderung von Pflanzen und kooperierte bereits mit BAYER. Auch im Bereich der Terminator-Technologie, die Ackerfrüchte steril werden lässt, was LandwirtInnen die Wiederaussaat unmöglich macht, hält die bayerische Firma Patente (siehe auch SWB 1/06). Der Gengigant verspricht sich von der Akquisition Fortschritte bei der Umwandlung von Tabakpflanzen in kleine Arzneistoff-Fabriken. Eine entsprechende Pilotanlage dafür will der Konzern bereits im Jahr 2007 in Betrieb nehmen.

BAYER kauft Alfimeprase-Lizenz
Der Leverkusener Multi beteiligt sich an den Entwicklungskosten für den Wirkstoff Alfimeprase und erhält dafür vom Hersteller NUVELO Vermarktungsrechte. Bei Alfimeprase handelt es sich um ein gentechnisch hergestelltes Enzym, das angeblich Blutgerinnsel auflösen soll, indem es für den Abbau des Eiweißstoffes Fibrin sorgt. Die Zulassung hat NUVELO bislang für Anwendungen bei der arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) und bei Kathederverschluss beantragt. BAYER hofft aber auf weitere Einsatzgebiete wie Schlaganfall, Herzinfarkt und Thrombosen (siehe auch DRUGS & PILLS).

Generbsen machen Mäuse krank
Die australischen Behörden brachen einen Freisetzungsversuch mit gentechnisch veränderten Erbsen aus Sicherheitsgründen ab, weil WissenschaftlerInnen bei Feldmäusen eine Lungenkrankheit diagnostiziert hatten. Nach Ansicht des Vizechefs der australischen Forschungseinrichtung CSIRO, Thomas Higgins, löste ein genmanipulierter Eiweißstoff der Erbsenpflanze die Gesundheitsstörung aus. „Die Reaktion der Mäuse auf das Protein könnte etwas widerspiegeln, was auch bei Menschen geschehen würde“, warnt der Forscher.

Defekte ROUND-UP-Baumwolle
In den USA haben FarmerInnen MONSANTO, DELTA & PINE und BAYER verklagt, weil sie ihnen ROUND-UP-READY-Baumwolle lieferten, die ihre gentechnisch eingebaute Resistenz gegen das Herbizid ROUND-UP-READY eingebüßt hatte (siehe auch RECHT & UNBILLIG). Besonders unter extremen klimatischen Bedingungen wie etwa großer Hitze hat die DNA genmanipulierter Ackerfrüchte schon des öfteren verrückt gespielt.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Menschenversuche erlaubt
Wie erwartet hat die US-Umweltbehörde EPA grünes Licht für Menschenversuche mit Pestiziden gegeben, von denen BAYER sich eine Lockerung der Grenzwerte verspricht. Die Institution rechnet nun mit bis zu 30 Testreihen pro Jahr.

Chlorpyrifos senkt die Fruchtbarkeit
Chlorpyrifos, Wirkstoff der Insektenmittel BLATTANEX, PROFICID und RIDDER, stört den Hormonhaushalt des Mannes und beeinträchtigt seine Fruchtbarkeit. Das ergab eine Studie, die der Wissenschaftler John Meeker von der Michigan-Universität leitete. Er untersuchte bei 268 Männern den Zusammenhang zwischen der Testosteron-Menge und Spuren des Chlorpyrifos-Abbauproduktes TCPY. Dabei zeigte sich, dass bei Probanden mit den meisten TCPY-Rückständen im Körper der Testosteron-Spiegel am niedrigsten war.

Veränderungen bei BAYER CROPSCIENCE
Die Pestizidsparte des Leverkusener Multis hat im Geschäftsjahr 2005 die vom Vorstand als Ziel ausgegebene astronomische Umsatzrendite von 25 Prozent nicht erreichen können. Vor allem in Brasilien liefen die Geschäfte wegen einer Dürreperiode schlechter als erwartet. Um gegen solche Unbill künftig besser gewappnet zu sein, strukturiert das Management die Sparte nun um. Es teilt die Geschäftseinheit „Amerika“ in „Nordamerika“ und „Lateinamerika“ auf. So hofft der Agroriese, die „Kundenbedürfnisse vor Ort“ besser zu erkennen. Zudem hat BAYER CROPSCIENCE als neue Steuerebene über den Regionalgesellschaften eine „Business & Global Marketing-Plattform“ geschaffen, welche die globalen Management-Aufgaben wahrnehmen soll. Darüber hinaus hat die Agro-Abteilung ihren Vorstand verkleinert.

BAYER größter Pestizid-Hersteller
Der Leverkusener Multi ist mittlerweile der größte Pestizidproduzent der Welt. Nach den von der Fachzeitschrift AGROW veröffentlichten neuesten Zahlen verdrängte der Konzern im Jahr 2004 mit einem Umsatz von 6,1 Milliarden Dollar SYNGENTA von Platz 1. Beim Agrochemie-Verkauf haben sich oligarchische Strukturen herausgebildet. Die acht größten Unternehmen kamen auf einen Marktanteil von 80 Prozent. Dabei machte nicht nur BAYER bessere Geschäfte. Das weltweite Ackergift-Handelsvolumen stieg um 12,6 Prozent.

FLUOPICOLID in China
BAYERs Pestizide erobern China. Die Behörden des Landes haben dem Antipilzmittel FLUOPICOLID die Zulassung erteilt. Auch Großbritannien darf das Fungizid bald heimsuchen.

Pakistan verbietet BAYER-Pestizide
Die pakistanische Regierung hat beschlossen, die beiden zur Gruppe der Organophosphate zählenden und auch von BAYER vertriebenen Pestizid-Wirkstoffe Methamidophos und Methamidophos zu verbieten.

WASSER, BODEN & LUFT

Luftverschmutzer Nr. 4
Die in der „Great Lake“-Region zwischen Kanada und den USA ansässigen Unternehmen verschmutzen die Luft in einem erheblichen Maße. Nach einer Studie der Initiativen ENVIRONMENTAL DEFENCE und CANADIAN ENVIRONMENTAL LAW ASSOCIATION steigen aus den Schornsteinen der Fabriken insgesamt über 100 Millionen Kilogramm gefährlicher Stoffe hoch. Ganz vorne mit dabei: Die kanadische BAYER-Niederlassung in Sarnia. Mit Emissionen im Umfang von über 2 Millionen Kilogramm belegt sie in der Dreckschleuder-Hitparade den vierten Platz.

Neue Altlasten in England
Im britischen Cambridge hat BAYER eine Pestizid-Anlage abgerissen. Für das Firmengelände sucht der Konzern einen Käufer, der auf dem Areal Wohnungen baut. Die Verseuchung des Bodens mit Giftstoffen stellt dabei für den Multi keinen Hinderungsgrund dar. Die Dhünnaue-Geschichte könnte sich also in England wiederholen. Auch über der ehemaligen Giftmüll-Deponie in Leverkusen waren nach der Stillegung Häuser entstanden - und mussten wegen der Chemie-Belastung schließlich abgerissen werden.

EU-Umweltrichtlinien nicht umgesetzt
Die EU hat die Mitgliedsländer wegen der mangelhaften Umsetzung der Brüsseler Umweltrichtlinien gerügt. Die Kommission führt zurzeit 509 Verfahren wegen Vertragsverletzungen gegen die EU-Staaten. Die Bundesrepublik hat 20 Richtlinien gar nicht oder nur mangelhaft umgesetzt.

Neue EU-Wasserrichtlinie
Die Europäische Union plant eine neue Richtlinie zum Schutz der Gewässer, die unter anderem eine Reduzierung der Pestizid-Einleitungen vorsieht. Auf ihrer Liste der Top-Wasserverschmutzer finden sich Substanzen wie Chlorpyrifos, Wirkstoff der Insektenmittel BLATTANEX, PROFICID und RIDDER, das unter anderem unter den Produktnamen MALIX, PHASER und THIODAN vermarktete Endosulfan und das seit langem als Brunnenvergifter berühmt-berüchtigte DIURON wieder. Auch andere inkriminierte chemische Substanzen wie Hexachlorbenzene gelangen aus vollen BAYER-Rohren frisch in die Flüsse.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Bisphenol schädigt Gehirn
Nach einer Studie des Wissenschaftlers Dr. Scott Belcher von der Universität Cincinnati schädigt die Chemikalie Bisphenol A das Gehirn. Die Substanz wirkt hormon-ähnlich und stört deshalb den Hormon-Haushalt des Körpers. So hemmt es das im Wachstumsprozess des Gehirns eine wichtige Rolle spielende Östrogen. Bisphenol A findet sich hauptsächlich in Plastikverpackungen. Die Produktionsmenge beträgt in den USA über eine Millionen Tonnen im Jahr, in Europa 700.000 Tonnen. BAYER gehört neben DOW CHEMICALS und GE PLASTICS zu den größten Herstellern. In „eine vollkommen neue Dimension“ des Bispenol-Gefährdungspotenzials ist Belcher für Jürgen Kundke, Sprecher des Berliner „Bundesinstituts für Risikobewertung“, vorgestoßen. Seine Einrichtung und die in Parma angesiedelte „Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit“ haben jetzt eine Neubewertung von Bisphenol A auf ihre Agenda gesetzt. Allerdings haben BAYER & Co. derzeit nicht allzu viel zu befürchten. „Bis es zu einer rechtswirksamen Entscheidung kommt, können Jahre vergehen“, prophezeit Kundke. Solange dürfte das Bisphenol in Konservendosen, Mineralwasser- und Babyflaschen noch eine Menge Schaden anrichten.

Neurologische Störungen durch Chemie
Pestizide und andere Chemikalien wirken auf das Nervensystem des Organismus ein und rufen Krankheiten hervor. Nach Schätzungen eines US-amerikanischen ForscherInnen-Teams gehen zehn Prozent aller neurologischen Störungen ganz oder teilweise auf Chemie-Einwirkungen zurück.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Sicherheitsbestimmungen reichen nicht
Im Wuppertaler BAYER-Werk ereignete sich am 8.6.1999 ein Großunfall. Im Kesselwerk 216 explodierten 600 kg 2-Chlor-5-nitrotoluol, 1.200 kg Dimethylsulfoxid und 500 kg Ätzkali. Die austretenden Chemikalien und der Brandruß verletzten über 100 Menschen. Der Chemie-Professor Jürgen Rochlitz, Mitglied der Störfallkommission und Beirat der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG), kritisierte schon damals die mangelhaften Sicherheitsbestimmungen. In einem Antrag an den „Technischen Ausschuss für Anlagesicherheit“ machte er jetzt konkrete Verbesserungsvorschläge. Er regte an, in der „Technische Regel Anlagensicherheit 410“ detaillierte Vorschriften zur Verhinderung gefährlicher Reaktionen im Zusammenhang mit bestimmten Chlorverbindungen sowie in Verbindung mit dem Freiwerden von Wärme zu machen. Ersteres lehnte die Kommission ab, über das zweite Begehr hat sie noch nicht endgültig entschieden.

Probleme mit der Feuerwehr
In Wuppertal hat BAYER die Werksfeuerwehr abgeschafft. Ab Juli 2005 machen die städtischen BrandlöscherInnen den Job. Diese sind jedoch alles andere als begeistert. Eine Personalaufstockung ist mit der neuen Aufgabe nämlich nicht verbunden. Welche Probleme die Kooperation bereitet, hat jetzt ein Offener Brief an die Westdeutsche Zeitung aufgezeigt. Bei einem Großbrand in der Nähe der BAYER-Werke rückten die auf dem Firmengelände stationierten Feuerwehrler der „Wache 3“ aus. Jetzt verlangen die Sicherheitsbestimmungen in solch einem Fall aber, den vakanten Posten auf dem BAYER-Areal sofort wieder mit BrandexpertInnen zu besetzen, und zwar mit solchen, die speziell für Chemie-Unfälle geschult sind. Dafür musste die Leitstelle dann um vier Uhr morgens extra Bedienstete aus dem Bett klingeln, was nicht zum ersten Mal geschah. Und der Konzern erschwert die Arbeit der Einsatzkräfte zusätzlich, weil er Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr aus Angst vor Werksspionage keinen Zutritt zum Standort gewähren will.

STANDORTE & PRODUKTION

Stilling leitet Wuppertaler Chemiepark
Seit Anfang 2006 leitet Herbert Stillings den Wuppertaler Chemiepark. Vorher war Stillings bei BAYER HEALTH CARE für die Pharmaproduktion verantwortlich.

HC STARCK: Neue Elektrolyt-Anlage
Die BAYER-Tochter HC STARCK hofft auf einen Markt für Öl-Alternativen und hat im fränkischen Selb in einer Pilotanlage die Produktion von keramischen Stromleitern (Elektrolyte) begonnen, die in Brennstoffzellen zum Einsatz kommen sollen.

Kommunen gegen BAYER-Pipeline
BAYER will eine 67 Kilometer lange Pipeline bauen, um darin Kohlenmonoxid vom Standort Dormagen zum Standort Uerdingen zu leiten. Sie soll den Rhein mehrmals unterqueren und unterirdisch entlang der Autobahn A3 verlaufen. Da die geplante Strecke teilweise durch Privatgrundstücke geht, hat die Landesregierung sich in einer „Lex BAYER“ schon die Möglichkeit zu Enteignungen verschafft. Aber nicht nur deshalb stößt das Projekt auf massive Kritik von AnwohnerInnen und Kommunen. Erkraths Technischer Dezernent Klaus-Dieter Holst betrachtet die Pipeline als Sicherheitsrisiko. „Es gibt keine dauerhafte Sicherung, wenn aus der Leitung Gas sickert“, warnt er vor den Folgen eines Austrittes von Kohlenmonoxid, das in hohen Konzentrationen tödlich wirkt.
Für Einwände wie diesen hat die Bezirksregierung einen Erörterungstermin festgesetzt. Sollte das Land NRW trotzdem grünes Licht für die Kohlenmonoxid-Leitung geben, dürften Klagen zu erwarten sein. Der Leverkusener Multi reagiert derweil auf die Anfechtungen, indem er erpresserisch die Standort-Karte spielt. Ohne optimale Gas-Versorgung hat das Uerdinger Werk keine Zukunft, verlautet aus der Konzern-Zentrale.

IMPERIUM & WELTMARKT

Plischke neu im Vorstand
Der bisherige Pharmachef von BAYER, Wolfgang Plischke, rückt in den Vorstand auf und ersetzt dort den in Ruhestand gehenden Udo Oels. Plischkes bisherigen Posten übernimmt Gunnar Riemann.

BAYER kauft ICON GENETICS
Der Leverkusener Multi hat das Münchner Biotech-Unternehmen ICON GENETICS erworben (siehe auch GENE & KLONE).

Neues Systemhaus in Thailand
BAYERs Kunststoffsparte „Material Science“ überzieht Asien mit so genannten Systemhäusern, die in enger Absprache mit den Kunden bestimmte Plaste-Produkte herstellen. Nach der Inbetriebnahme eines solchen Centers in Delhi plant der Konzern, ein weiteres in der Nähe von Bangkok zu eröffnen.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Tod durch Phenol-Austritt
Am US-amerikanischen BAYER-Standort Baytown ereignete sich am 18.6.2005 ein tödlicher Unfall (Ticker 3/05). Der seit 15 Jahren beim Konzern tätige Salvador Barba Sr wollte einen Abpumpschlauch von einem Phenolcontainer lösen. Dabei blieb ein Ventil geschlossen, woraufhin der Druck einen Dichtungsring platzen ließ und das Kunststoff-Vorprodukt austrat. Obwohl der Arbeiter sich sofort unter eine Desinfektionsdusche begab, starb er noch auf dem Weg ins Krankenhaus. Die Arbeitssicherheitsbehörde Osha untersuchte den Fall und stellte massive Verfehlungen BAYERs fest. Sie wies „ernsthafte Verstöße“ gegen die Sicherheitsbestimmungen nach, aufgrunddessen eine „hohe Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Unfalls oder ernsthafter körperlicher Schäden“ bestanden hätte. Konkret warfen die SicherheitsexpertInnen dem Leverkusener Multi vor, bei der zum ersten Mal in Betrieb genommenen Pumpe den Arbeitsablauf nicht genau schriftlich festgelegt zu haben. Aus diesem Grund konnte das Team die Arbeit nicht wie nötig koordinieren, weshalb das rechtzeitige Öffnen des Ventils versäumt wurde. Die Behörde verurteilte den Konzern wegen der Versäumnisse zur Zahlung einer Strafe von 5.000 Dollar.

Chlorgas trat aus
Im Dormagener BAYER-Werk ereignete sich am 17.2.2006 ein Unfall. Die Abluftleitung einer Chloranlage fing Feuer, und das Gas trat aus. 18 MitarbeiterInnen kamen mit der Giftwolke in Kontakt, klagten über Augenreizungen und Übelkeit und begaben sich in ärztliche Behandlung. Auch rund um den Chemiepark maß die Feuerwehr noch erhöhte Chlorwerte, halb Dormagen roch nach Schwimmbad. Aber für BAYER-Sprecherin Kerstin Nacken war alles halb so wild. „Es wurde ein Grenzwert überschritten, bei dem nach Auskunft unserer Arbeitsmediziner Menschen noch acht Stunden lang ohne gesundheitliche Schäden arbeiten können“, sagte sie der Presse. In Zukunft dürfte es bei solchen Situationen nach Ansicht der für die Sicherheit auf dem Gelände zuständigen WerkschutzmitarbeiterInnen noch brenzliger werden. Der Chemiepark-Betreiber BAYER INDUSTRY SERVICES will nämlich Personalkosten im Sicherheitsbereich sparen und überlegt sogar, den Werkschutz auszugliedern.

RECHT & UNBILLIG

SCHERING zahlt BAYER 50 Mio.
BAYER fühlte sich beim Kauf der Landwirtschaftssparte von den Vorbesitzern AVENTIS und SCHERING übers Ohr gehauen. Wegen ungeklärter Produkthaftungsfragen und verschwiegener Sozialabgaben-Belastungen forderte der Leverkusener Multi von SCHERING in einem Schiedsverfahren einen Preis-Nachlass. Anfang Februar schließlich kam eine Einigung zustande: Der Berliner Konzern überweist dem Agroriesen 50 Millionen Euro zurück.

Kartellstrafe: 60 Millionen Euro
Die EU-Kommission hat BAYER wg. Preisabsprachen im Kunststoff-Geschäft zu einer Strafzahlung in Höhe von 60 Millionen Euro verurteilt. „Eine besonders schwerwiegende Zuwiderhandlung“ gegen bestehendes Wettbewerbsrecht sahen die EU-PolitikerInnen in dem von BAYER mit den Unternehmen FLEXSYS, CROMPTON und GENERAL QUIMICA gebildeten Kartell. „Mit dieser jüngsten Entscheidung sende ich eine sehr starke Mitteilung an die Vorstände der Unternehmen, dass Kartell-Absprachen nicht toleriert werden“, kommentierte die Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes die Entscheidung. Sie will das harte Urteil als Warnung verstanden wissen. Auch die AktionärInnen sollten ihrer Meinung nach „genau hinschauen, wie Unternehmen geführt werden“.

Wieder Kartell-Ermittlungen
Die Justizbehörden der USA ermitteln wieder einmal gegen BAYER wegen illegaler Preisabsprachen im Kunststoffbereich. Ein Gericht in Kansas geht dem Verdacht einer Kartell-Bildung bei den Kunststoffen TDI und MDI nach und prüft entsprechende Geschäftsunterlagen des Leverkusener Multis (Ticker berichtete mehrfach).

LIPOBAY: USA verlangen Schadensersatz
BAYERs Cholesterinsenker LIPOBAY hat über 100 Menschen das Leben gekostet. Da der Leverkusener Pillenriese auch staatliche Stellen der USA mit dem Medikament beliefert hat, verlangen diese für den Pharma-GAU nun Schadensersatz von dem Konzern und reichten bei einem Gericht in New Jersey Klage gegen den Konzern ein.

BAYER & MONSANTO verklagt
BAYER und eine handvoll anderer Global Player haben sich den Agro-Weltmarkt untereinander aufgeteilt. Sie konkurrieren nicht miteinander, sondern leisten sich sogar gegenseitig Freundschaftsdienste. So vertreibt der Leverkusener Multi in den USA MONSANTOs ROUND-UP-READY-Baumwolle. Deshalb heißt es für den Agroriesen jetzt aber auch „Mitgehangen - Mitgefangen“. Ende Februar 2006 verklagten 90 LandwirtInnen MONSANTO, BAYER und DELTA & PINE, weil die von ihnen gelieferte Baumwolle ihre gentechnisch eingebaute Resistenz gegen das Herbizid ROUND-UP-READY eingerbüßt hatte, was viele Pflanzen an einer ROUND-UP-Überdosis eingehen ließ (siehe auch GENE & KLONE).

USA: Umweltaktivistin verhaftet
Im August 2002 hatte die Umweltschützerin Diane Wilson (siehe SWB 1/04) auf einem Kühlturm des Werksgeländes von DOW CHEMICAL ein Transparent mit der Aufschrift „DOW - Verantwortlich für Bhopal“ entrollt. Sie protestierte damit gegen die Weigerung des Chemiemultis, mit der Übernahme des für die Bhopal-Katastrophe verantwortlichen Konzerns UNION CARBIDE auch die Haftungsverpflichtungen mitzuübernehmen und sich einem indischen Gericht zu stellen. Ins Visier der Justiz geriet durch diese Aktion aber nicht etwa der immer noch juristisch unbehelligte Ex-CARBIDE-Boss Warren Anderson, sondern Wilson selber. Ein Gericht verurteilte die Aktivistin zu einer fünfmonatigen Haftstrafe. Sie entzog sich dem Vollzug, indem sie Texas verließ. Als ihr politisches Engagement die Frau dieses Jahr wieder in den Bundesstaat führte, weil sie während einer Rede von US-Vize Dick Cheney in Houston mit dem Transparent „Konzern-Gier tötet - von Bhophal bis Bagdad“ ein Zeichen gegen die Macht der Multis setzen wollte, verhaftete die Polizei Diane Wilson und nahm sie in Gewahrsam. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat einen Brief an den Gouverneur von Texas, Rick Perry, geschrieben, um gegen die Verhaftung der Umweltschützerin zu protestieren. Nach 120 Tagen Gefängnis kam Diane Wilson schließlich frei und bedankte sich umgehend bei der CBG für die Unterstützung.

Sammelklage zugelassen
Ein kanadisches Gericht im Bundesstaat Manitoba hat die Sammelklage von LandwirtInnen, die BAYER wg. der Verunreinigung ihrer Ackerfrüchte mit Genpflanzen belangen wollen, zugelassen und sich damit über einen Einspruch des Leverkusener Multis hinweggesetzt.

BKK-Verfahren eingestellt
Die BAYER-Betriebskrankenkasse BKK praktizierte bis zum Jahr 2000 eine Zwei-Klassen-Medizin (Ticker 1/04). Top-AngestelltInnen des Konzerns bot sie eine Reihe von Sonderleistungen an - von Kuraufenthalten in 5-Sterne-Hotels bis zur Übernahme von HeilpraktikerInnen-Kosten. Nicht einmal Taschentücher mussten die „verdienten Kräfte“ selber zahlen. Aber der Schwindel flog auf. Die Staatsanwaltschaft leitete gegen die BKK-Vorstände Ermittlungen aufgrund des Verdachtes von Untreue ein. Ende November 2005 kamen diese zu einem Ende. Wegen „geringer Schuld“ wollte es das Gericht nicht zu einem Verfahren kommen lassen. 15.000 Euro Strafe für einen Krankenkassen-Manager waren das höchste der Gefühle.

SHELL vs. BAYER
SHELL hat im vergangenen Jahr Klage gegen ein von BAYER beim Europäischen Patentamt eingereichtes Patent zur Produktion des hochgradig gesundheitsschädlichen Bisphenol A eingereicht und Recht bekommen. Auch nach Meinung der RichterInnen wies die Idee frappante Ähnlichkeiten mit einer SHELL-Entwicklung auf, weshalb sie dem Leverkusener Multi das geistige Eigentum an der Kreation „wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit“ wieder aberkannten.

FORSCHUNG & LEHRE

Kooperation mit Bundeswehr-Universität
BAYER INDUSTRY SERVICES hat mit der Hamburger „Helmut-Schmidt-Universität“ der Bundeswehr eine Zusammenarbeit vereinbart. Die BAYER-Gesellschaft will künftig gemeinsam mit der „Projektgruppe Fernausbildung“ Computer-gestützte Lernprogramme auf ihre Praxistauglichkeit hin untersuchen.

Otto-Bayer-Preis verliehen
Durch Ehrungen stärkt der Leverkusener Agromulti seine Verbindungen zu ForscherInnen und wissenschaftlichen Instituten, deren Arbeit kommerzielle Verwertbarkeit verspricht. „Die Otto-Bayer-Stiftung zeichnet exzellente Leistungen von Naturwissenschaftlern aus, die in besonderer Weise die Verbindung zwischen Grundlagenforschung und industrieller Anwendung verkörpern“, erläutert BAYER-Chef Werner Wenning das Konzern-Interesse. Die diesjährige Auszeichnung, die mit 50.000 Euro dotiert ist, erhielt Professor Dr. Alois Fürstner vom in Mülheim an der Ruhr ansässigen Max-Planck-Institut für Kohlenforschung. Die Jury prämierte „seine herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der Naturstoff-Synthese“, wie BAYERs Propagandapostille direkt vermeldet.

Texas zahlt, BAYER forscht
Der US-Bundesstaat Texas unterstützt ein von BAYER und anderen Konzernen vorangetriebenes Forschungsprogramm zur „Weiterentwicklung“ der Baumwolle mit einem Betrag von zwei Millionen Dollar und fördert unter anderem die Einrichtung einer Professur.

SPORT & MEDAILLEN

Calmunds Finanzdeals
Nach einem Bericht des Spiegels hatte sich BAYER Leverkusen im Juni 2004 wegen undurchsichtiger Bargelddeals von seinem Manager Reiner Calmund getrennt. 580.000 Euro hatte das untersetzte Original dem Spielerberater Volker Graul überwiesen, ohne dass dieser für den Verwendungszweck „Fußballer-Kaufoptionen“ Belege vorzeigen konnte. Im Prinzip hat der Konzern eigentlich gar keine Probleme mit nicht ganz koscheren Praktiken. Sein Vorstrafenregister allein in Sachen „illegale Preisabsprachen“ spricht da Bände, und auch die Aussage des Fußball-Geschäftsführers Wolfgang Holzhäusers „Unser Geschäft wird auch dort abgewickelt, wo nicht die Gesetze kaufmännischer Sorgfalt gelten“ lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig. Aber bei einer Sache versteht BAYER keinen Spaß: Wenn irgendwo Kosten entstehen, welche die mit allen Wassern gewaschene Finanzabteilung nicht mit 1.000 ganz legalen Steuertricks kleinrechnen kann. Und in genau diese Bredouille brachte Calmund das Unternehmen. Die Zahlen-Jongleure mussten die 580.000 Euro wegen des fehlenden Belegs über den Verwendungszweck als „nicht abzugsfähige Betriebsausgabe“ buchen. BAYER habe sich „daraufhin von Herrn Calmund getrennt“, erklärte der Konzern-Anwalt Walther Graf der jetzt in dieser Sache ermittelnden Bielefelder Kriminalpolizei.

Sporthalle: Stadt soll zahlen
Die von den BAYER-Vereinen genutzte Wilhelm-Dopatka-Sporthalle ist stark renovierungsbedürftig. Was nicht zuletzt an BAYER selber liegt. Der Leverkusener Multi gehörte nämlich zu den weltgrößten Produzenten des Giftstoffes PCB, der wohl nicht zuletzt deshalb beim Bau der Sportstätte reichlich Anwendung fand. Nach Auskunft des BAYER-Sportbeauftragten Meinolf Sprink würde alleine die PCB-Sanierung 2,5 Millionen Euro kosten. Deshalb hätte der Konzern gerne eine neue Halle. Zahlen möchte er dafür allerdings nichts. Sprink hat sich schon bei Bund und Land nach Fördermitteln erkundigt und positive Signale erhalten. Allerdings müsste die Stadt einen Eigenanteil leisten, und da hätte der Sportbeauftragte auch schon eine Idee. Er schlägt den Verkauf eines städtischen Grundstücks vor. Das brachte die Leverkusener Grünen auf die Palme. „Die BAYER AG entzieht sich in Leverkusen jeglicher Verantwortung. Sie baut Arbeitsplätze in allen Sparten ab und zahlt seit Jahren keinen Cent Gewerbesteuer (...) Und dann kommt BAYER und schlägt den Verkauf eines städtischen Grundstücks zur Finanzierung einer neuen Sporthalle vor, mit uns nicht! Wenn der größte Sportverein Leverkusens eine neue Halle will, soll er sie doch selber bauen“, schreibt die Partei in einer Presseerklärung.

KURZ VOR SCHLUSS

Standardisierte Verantwortung
Wozu so ein „Bundesverband der deutschen Arbeitgeber“ doch so alles gut sein kann! Der Lobbyclub von BAYER & Co. hat seinen oft in der Kritik stehenden Mitgliedern jetzt die Arbeit abgenommen, auf jede Anfechtung einzeln reagieren zu müssen und den Unternehmen in einem Leitfaden Standard-Antworten zur Verfügung gestellt. Eine sich gut für BAYER eignende lautet beispielsweise: „Unser Unternehmen nimmt seine gesellschaftliche Verantwortung sehr ernst. Wir fühlen uns den Prinzipien des UN Global Compacts verbunden und richten unsere Geschäftstätigkeit nach den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen sowie der dreigliedrigen Erklärung der ILO aus. Dafür haben wir uns einen Verhaltenscodex gegeben, den wir ihnen anbei übersenden“.

[75 J. Leverkusen] 75 Jahre Leverkusen

CBG Redaktion

Presseerklärung vom 19. August 2005

Zur Feier des 75jährigen Stadtjubiläums am Sonntag:

„Leverkusen muss sich aus Umklammerung des BAYER-Konzerns lösen“

Anlässlich der Leverkusener Jubiläumsfeier am Sonntag erinnert die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) an die andauernde Abhängigkeit der Stadt vom BAYER-Konzern. Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „Leverkusen gehört wie Wolfsburg zu den Städten, die auf Initiative eines Konzerns hin gegründet wurden und die sich jahrzehntelang in einem totalen Abhängigkeitsverhältnis befanden. Der übermäßige Einfluss eines Unternehmens auf ein Gemeinwesen ist undemokratisch - es wird Zeit, dass sich die Stadt aus der Umklammerung von BAYER löst“.

Die BAYER-Fabrik in Wiesdorf, heute Stadtteil von Leverkusen, wurde Ende des 19. Jahrhunderts gebaut. Die Standort-Entscheidung fiel in erster Linie wegen der Möglichkeit, dort ungehindert Schadstoffe in Luft und Wasser zu emittieren - am alten Werksstandort in Wuppertal war es zu Protesten gegen die anhaltende Verschmutzung gekommen. Für Wiesdorf ergaben sich aus der raschen Expansion des Werkes zahlreiche Probleme: die Ausgaben für kommunale Einrichtungen wie Schulen und Verwaltungsgebäude trieben die Schulden der Gemeinde in die Höhe. Der Zugang zum Rhein wurde über mehrere Kilometer vom Werksgelände versperrt. Und die Infrastruktur wurde vollständig auf die Bedürfnisse des Werks hin ausgerichtet.
Bis vor wenigen Jahren wurde sogar der Haushalt der Stadt Leverkusen vor seiner Verabschiedung dem BAYER-Vorstand vorgelegt. Auch als Besitzer Tausender Wohnungen nahm das Unternehmen Einfluss. Vor einigen Jahren stellte der Konzern dank „kreativer Buchführung“ die Gewerbesteuerzahlungen vollständig ein; die Stadt steht seitdem vor dem finanziellen Kollaps.

Die CBG bemängelt auch die anhaltend hohe Umweltbelastung durch das Leverkusener BAYER-Werk. Aktuell in der Kritik steht die Landesgartenschau in der Leverkusener Dhünnaue, dort hatte das angrenzende BAYER-Werk jahrzehntelang giftige Chemikalien entsorgt und mangelhaft gesichert. In den 50er Jahren wurde das Gelände bebaut, die Bewohner erfuhren jedoch nichts von der Giftfracht auf ihren Grundstücken. Erst als es zu Vergiftungen und Todesfällen kam, wurden die Häuser abgerissen. Entgegen der Forderung von Umweltverbänden wurden die Giftstoffe jedoch nicht abgetragen, sondern nur seitlich abgedichtet. Um den Skandal zu kaschieren, wurde auf dem Gelände nun die Gartenschau eingerichtet, dort findet auch am Sonntag das „Jubiläums-Feuerwerk“ statt.

Uwe Friedrich von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Mit Hilfe der Landesgartenschau soll vergessen gemacht werden, dass der BAYER-Konzern über Jahrzehnte hinweg die Gefahren der Dhünnaue - der größten bewohnten Giftmülldeponie Europas - verharmlost hat. Die Deponie vergiftete das Grundwasser und schädigte die Gesundheit zahlreicher Anwohner. Nur teilweise abgesichert soll nun im wahrsten Sinne des Wortes Gras über den Skandal wachsen.“ Die CBG fordert eine kritische Aufarbeitung der Leverkusener Stadtgeschichte, in der der Einfluss des Konzerns auf die Stadtentwicklung dargestellt wird.

[National Geographic] Offener Brief

CBG Redaktion

Offener Brief an National Geographic:

Umweltverbände protestieren gegen Kooperation mit dem BAYER-Konzern

Klaus Liedtke
Chefredakteur National Geographic Deutschland
Kehrwieder 8
20457 Hamburg

23. Juni 2005

Sehr geehrter Herr Liedtke,

mit Verärgerung haben wir die Kooperation zwischen National Geographic Deutschland und der Bayer AG bei der Gründung des Global Exploration Fund „Süßwasser“ zur Kenntnis genommen. Wir sind der Meinung, dass das sinnvolle Anliegen, Forschung zum Schutz des Trinkwassers zu befördern, durch die Zusammenarbeit mit einem der größten Wasserverschmutzer Deutschlands diskreditiert wird.

Fabriken und Produkte des Bayer-Konzerns belasten Grund- und Oberflächenwässer in aller Welt. Sie sollten dem Unternehmen nicht gestatten, dies durch einen Griff in die Portokasse zu kaschieren.

Zur Problematik „Wasserverschmutzung durch den Bayer-Konzern“ einige Beispiele:
* Bayer gehört zu den 10 größten Direkteinleitern von Schadstoffen in Deutschland. Das Unternehmen emittiert über das Abwasser jährlich rund 600 Tonnen Phosphor, 3.400 to Stickstoff, 1,5 Mio to anorganischer Salze, 73 to Chlororganika und 29 to Schwermetalle (Werte für 2002 bzw. 2003). Das Grundwasser rund um Bayer-Werke ist häufig stark belastet – so wurden kürzlich in der Nachbarschaft der Bayer-Fabrik in Durban/Südafrika bis zu 4800 mg Chrom pro Liter Grundwasser gefunden.
* Bayer ist der weltweit größte Pestizid-Hersteller. Agrogifte belasten in aller Welt Böden und Grundwasser. Allein in Deutschland werden jährlich mehr als 30.000 to Pestizide versprüht, rund 30% des Grundwassers sind dadurch belastet. Die Wasserwerke müssen jährlich dreistellige Millionenbeträge ausgeben, um das Trinkwasser frei von Pestiziden zu halten.
* Täglich verbraucht der Bayer-Konzern rund 2,1 Millionen cbm Wasser. Allein das Werk Leverkusen erzeugt doppelt so viel Abwasser wie die benachbarte Millionenstadt Köln. Die meisten Werke des Unternehmens entnehmen dem Boden hochqualitatives Grundwasser und leisten hierfür aufgrund „alter Wasserrechte“ nicht einmal Abgaben.
* Jahrzehntelang gelangten aus der Dhünnaue, einer der weltweit größten Chemie-Deponien, hohe Mengen Schadstoffe in den Rhein. Der Bayer-Konzern hatte in der Dhünnaue mehrere hunderttausend Tonnen Chemiemüll ungesichert gelagert.
* Seit vielen Jahren fordern Umweltgruppen die Veröffentlichung der Einleiterdaten der Bayer-Werke. Das Unternehmen verweigert dies. Als der „Verein zum Schutze des Rheins und seiner Nebenflüsse“ die Daten für das Werk Leverkusen einsehen wollte, rief Bayer sogar die Gerichte an. Es wollte seine in die Flüsse eingeleiteten Schadstoffmengen per Urteil zum Betriebsgeheimnis erklären lassen, kam aber mit seinem Ansinnen nicht durch. „Chemie im Dialog“ sieht anders aus.
* Zahlreiche Produkte des Unternehmens belasten noch nach Jahrzehnten die Umwelt. So gehörte Bayer zu den weltweit größten PCB-Herstellern – auch dann noch, als die Risiken Polychlorierter Biphenyle durch Gesundheitsbeeinträchtigungen in den Produktionsanlagen allgemein bekannt waren. Das Hafenbecken von Oslo ist beispielsweise stark mit PCB aus Schiffsanstrichen verseucht, größtenteils durch Lacke von Bayer.

Der Konzern sucht seit Jahren Kooperationen mit glaubwürdigen Organisationen (z.B. UNEP, WHO, Umweltverbänden). Dabei wählt Bayer gezielt solche Bereiche aus, in denen das Unternehmen in der Kritik steht. Solche „best practice“-Projekte verstellen jedoch den Blick darauf, dass Chemie-Unternehmen für eine große Zahl von Umweltproblemen verantwortlich sind.

Wir fordern Sie auf, die Zusammenarbeit mit der Bayer AG einzustellen. Diese Kooperation schadet dem Umwelt- und Trinkwasserschutz.

In Erwartung Ihrer Antwort verbleiben wir mit freundlichen Grüßen,

Prof. Dr. Jürgen Rochlitz, Chemiker, Mitglied der Störfallkommission
Philipp Mimkes, Coordination gegen BAYER-Gefahren
Harald Gülzow, Verein zum Schutz des Rheins und seiner Nebenflüsse
Dirk Jansen, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland NRW
Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany)
Peter Willers, Aktionskonferenz Nordsee
Udo Buchholz, Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU)
Henry Mathews, Dachverband Kritischer Aktionärinnen und Aktionäre
Nikolaus Geiler, Ak Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU)

Presseerklärung der Aktionskonferenz Nordsee e.V.

Schmutziges Geld für saubere Ziele?

Bremen, 22.06.2005. Die National Geographic Society Deutschland hat dieser
Tage bekannt gegeben, dass ihre renommierte und ehrwürdige Institution ggemeinsam mit dem Chemieriesen Bayer AG ein Forschungsprogramm zum Gewässerschutz zu fördern beabsichtigt. Gefördert werden sollen speziell
Wissenschaftler im deutschsprachigen Raum. Das Programm wird mit 250.000 Euro ausgestattet.

Es steht außer Frage, dass der Mangel an Süßwasser weltweit zu einem der größten Menschheits- und Umweltprobleme geworden ist. Für die Aktionskonferenz Nordsee (AKN) allerdings stellt sich der Umstand, dass ausgerechnet die Bayer AG als einer der größten globalen Gewässerverschmutzer diese Forschung sponsert, als eine schamlose Public-Relations-Kampagne dar.

AKN und andere nationale und internationale Umweltorganisationen weisen schon seit Jahrzehnten auf die skrupellose Verschmutzungspraxis von Bayer hin. In politischen Verhandlungen ist es Bayer und den Chemieverbänden jedoch immer wieder gelungen, notwendige Neuregelungen zum Gewässerschutz zu hintertreiben.

Forschung und Forschungsförderung sind wichtig, das ist unbestritten. Wenn Bayer jedoch - wie sie betonen - am schonenden Umgang mit Wasser wirklich gelegen wäre, könnte das Unternehmen mit nachhaltiger Wirkung im eigenen Hause anfangen.

AKN hat National Geographic gebeten, seine fragwürdige Kooperation noch einmal zu überdenken. Und an die Wissenschaft, unter anderem den Bremer Meeresgeologen Professor Gerold Wefer, appelliert AKN, Forschung nicht mit schmutzigem Geld aus der Portokasse von Bayer zu finanzieren und sich nicht zu nützlichen Idioten der Chemieindustrie machen zu lassen.

lesen Sie hierzu auch einen Artikel aus „Telepolis“

taz

CBG Redaktion

taz vom 16.4.2005

Gefährliche Düngemittel

Umweltgruppen wollen anlässlich der heutigen Eröffnung der Landesgartenschau in Leverkusen daran erinnern, dass Bayer das Gelände als Giftmülldeponie genutzt hat

KÖLN taz Uwe Friedrich ist empört: „Mit Hilfe der Landesgartenschau soll vergessen gemacht werden, dass der Bayer-Konzern über Jahrzehnte die Gefahren der Dhünnaue verharmlost hat.“ Wenn Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) und Landesumweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) heute in Leverkusen die Landesgartenschau (LaGa) eröffnen, wird auch Uwe Friedrich dabei sein - als Demonstrant.

Friedrich ist Mitglied der Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG), die mit Vertretern weiterer Umweltgruppen ab 14 Uhr am „Eingang Mitte“ daran erinnern wird, dass die LaGa auf dem Gelände einer bis in die 60er Jahre genutzten Giftmülldeponie des Bayer-Konzerns angelegt wurde. Unter dem Motto „Kein Feigenblatt auf der Dhünnaue“ wollen Demonstranten auf die Gefahren hinweisen, die nach wie vor von dieser Altlast ausgehen, und verhindern, dass die vom Bayer-Konzern verursachten, gravierenden Umweltbelastungen in Vergessenheit geraten.

Uwe Friedrich zufolge habe die Deponie „das Grundwasser vergiftet und die Gesundheit zahlreicher Anwohner geschädigt“. Auf der Deponie lagern hoch gefährliche Schadstoffe wie die Schwermetalle Chrom und Blei sowie giftige organische Verbindungen.

Die Umweltverbände argumentieren, dass trotz einer 110 Millionen Euro teuren Sanierung des Geländes keine nachhaltige Sicherung erfolgt sei und bei Hochwasser weiterhin Giftstoffe in den Rhein gelangen könnten. Die Sprecherin der Landesgartenschau, Irmgard Schenk-Zittlau, sagte dazu: „Die Vorwürfe gehen an der Realität vorbei.“ Sie verwies darauf, dass die technische Sicherung des Geländes auf dem neuesten Stand und somit der bestmögliche Umgang mit der ehemaligen Deponie erfolgt sei. Es hätte auch keine Möglichkeit bestanden, den Giftmüll an eine andere Stelle zu schaffen.

Eine fortdauernde Gefährdung von Mensch und Umwelt schloss die LaGa-Sprecherin aus. Sie merkte an, dass die Anwohner dies auch so sähen. Auch der Kritik, wonach Bayer seine Verantwortung durch das Entstehen eines Vorzeigeprojektes kaschiere, trat sie energisch entgegen, da die LaGa die Geschichte der Dhünnaue eindeutig dokumentiere. HANS-CHRISTIAN MÜLLER

Dhünnaue

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 15. April 2005

„Kein Feigenblatt auf der Dhünnaue“

Proteste zur morgigen Eröffnung der Landesgartenschau in Leverkusen

Anlässlich der morgigen Eröffnung der Landesgartenschau in Leverkusen üben Umweltorganisationen scharfe Kritik an dem „Feigenblatt auf der Dhünnaue“. Unter dem Gelände der LaGa liegen mehrere hunderttausend Tonnen Giftmüll aus dem BAYER-Werk Leverkusen, darunter hochgefährliche Schwermetalle und Chlorverbindungen. Mehrere Gruppen werden morgen am „Eingang Mitte“ der Landesgartenschau protestieren. Ab 14 Uhr spielen Jugendliche mit der BUNDjugend NRW Straßentheater und greifen in einem selbst erarbeiteten Stück die Problematik der Giftmülldeponie auf.

Uwe Friedrich von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Mit Hilfe der Landesgartenschau soll vergessen gemacht werden, dass der BAYER-Konzern über Jahrzehnte hinweg die Gefahren der Dhünnaue - der größten bewohnten Giftmülldeponie Europas - verharmlost hat. Die Deponie vergiftete das Grundwasser und schädigte die Gesundheit zahlreicher Anwohner. Nur teilweise abgesichert soll nun im wahrsten Sinne des Wortes Gras über den Skandal wachsen.“

Dirk Jansen, Geschäftsleiter des Bund für Umwelt und Naturschutz NRW, ergänzt: „Ich halte es für bedenklich, dass eine Altlast von BAYER zur Kaschierung des Skandals in ein Vorzeigeprojekt veredelt wird - und das auch noch mit öffentlichen Geldern.“

Von einer nachhaltigen Sicherung der Deponie kann nicht gesprochen werden: Das verseuchte Erdreich wurde weder abgetragen noch vollständig umschlossen. Teile des Geländes wurden nur mit einer oberflächlichen Abdeckung versehen. Nach unten ist die Müllkippe weiterhin offen, daher müssen stündlich 750 Kubikmeter verseuchtes Wasser abgepumpt und gereinigt werden. „Bei Hochwasser können noch immer Gifte ausgespült werden und in den Rhein gelangen“, so Uwe Friedrich weiter.

Auf der Dhünnaue wurden in den 50er Jahren 300 Wohneinheiten, eine Schule, ein Altersheim und ein Kindergarten errichtet. Medizinische Gutachten zeigten bei hunderten von Anwohnern Veränderungen des Blutbilds. In der Hauptschule Adolfsstraße, die am Rand des Geländes lag, traten laut SPIEGEL 15 Krebserkrankungen und fünf Todesfälle auf - viel mehr, als statistisch zu erwarten wäre (s. Artikel unten). Die Gesamtzahl der Opfer ist jedoch unbekannt. Weder BAYER noch die Stadt Leverkusen erfassten die Erkrankungen im Umfeld der Deponie systematisch.

In einem Gutachten hatte das „Landesamt für Abfall und Wasser“ schon 1987 festgestellt: „Die untersuchten Boden-Eluate zeigen eine mehr oder weniger hohe, teilweise extreme Belastung des Bodens mit Schadstoffen. Die Schadstoffe sind bereits so weit in den Untergrund eingedrungen, dass auch das Grundwasser davon betroffen ist. Dieser Umstand ist äußerst bedenklich, vor allem im Hinblick auf eine mögliche Gefahr für das Trinkwasser (...) Eine Kontamination z. B. spielender Kinder oder weidendem Vieh ist nicht auszuschließen“.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert eine vollständige Sicherung des Geländes auf Kosten des BAYER-Konzerns sowie einen Gedenkstein für die Opfer der Dhünnaue auf dem Gelände der Landesgartenschau. Uwe Friedrich von der CBG: „Der Premium Sponsor BAYER darf die Geschichte der Dhünnaue nicht umschreiben. Die Landesgartenschau hat nur dann eine Berechtigung, wenn sie die Gefährdung von Umwelt und Bevölkerung durch die Chemie-Industrie umfassend thematisiert.“

„DER SPIEGEL“ 13/1992, S. 80 bis 85

Bitterfeld am Rhein

Leverkusen erlebt einen beispiellosen Chemieskandal. Bei Menschen, die auf einer Giftmüllkippe leben, häufen sich Krebserkrankungen.

Von 1968 bis 1987 hatte Bernward Prinz an der Gemeinschaftshauptschule im Leverkusener Stadtteil Wiesdorf unterrichtet. Als Werkkunstlehrer musste Prinz häufig in die Abstellräume im Keller, und da, erinnert sich der Pädagoge, „stank es schon mal“. Vor zwei Jahren, Prinz war als Konrektor an eine Kölner Schule gewechselt, spürte der 49jährige Schluckbeschwerden. Der sechste Arzt, den Prinz aufsuchte, stellte eine deprimierende Diagnose: „Tonsillen-Karzinom“, ein Krebs der Mandeln. Fünf schwere Operationen hat der Pädagoge seither durchlitten, nun erwartet er seine Zwangspensionierung.

Edwald Möller war Hausmeister an der Wiesdorfer Schule. Im Keller des Gebäudes trocknete er in seinen 20 Dienstjahren nach Rhein-Hochwassern „Pfützen mit Farben, so schillernd wie ein Regenbogen“. Hin und wieder fand der Pedell „bunte Ausblühungen hinter abbröckelndem Putz“. Im Jahr 1989, lange nach seiner Pensionierung, klagte der damals 70jährige über Schlaflosigkeit und Schweißausbrüche. Ärzte teilten dem Kranken mit, er leide an „chronisch-lymphatischer Leukämie“, einem Blutkrebs.

Der Ort, an dem Möller und Prinz jeweils 20 Jahre lang wirkten, lässt sich unwirtlicher kaum denken: Eine Aschenbahnlänge trennt die 1960 errichtete Schule an der Wiesdorfer Adolfsstraße vom dröhnenden Lärm der Autobahn Al im Norden. Im Westen schmiegen sich die Schulgebäude und ein benachbarter Kindergarten eng an den Autobahnzubringer Westring. Von Süden her grüßen die qualmenden Schlote des Chemieweltkonzerns Bayer (165000 Beschäftigte, über 40 Milliarden Mark Jahressumsatz).

An Abgase und Autolärm hatten sich die Anrainer der sogenannten Dhünnaue in Leverkusen wohl oder übel gewöhnen müssen. Einen Schock aber löste bei vielen die Mitteilung aus, dass sie gleichsam auf einer gigantischen Müllkippe hocken: einer Deponie von 68 Hektar, auf der die Bayer AG zwischen den zwanziger Jahren und 1963 Schutt, Produktionsrückstände und andere giftigen Chemiemüll abgeladen hatte.

Wie in einem „Fortsetzungsdrama ohne Ende“, sagt Marianne Hurten, Grünen-Abgeordnete im Düsseldorfer Landtag, komme nun, nach und nach, die Wahrheit ans Licht.

Die Grünen-Politikerin, zugleich Betriebsrätin der Bayer-Werke, vergleicht die Dhünnaue mit der meistverseuchten Chemieregion im deutschen Osten: „Die Bitterfelder haben ihren Silbersee“, sagt sie, „in der Farbenstadt Leverkusen war alles etwas bunter - eben eine Farbkloake“.

Bereits im Mai 1989 hatte die „Beratende Ingenieursgesellschaft Dr.-Ing. Björnsen“ in einem Gutachten für die Stadt Leverkusen gefordert, die Dhünnaue südlich der Al „unverzüglich“ zu sichern und zu versiegeln: „Geeignete Maßnahmen“ seien von Nöten, um „die Kontaktmöglichkeit Mensch-Boden zu unterbinden“.

Auf dem bislang untersuchten Areal dürfe „keine landwirtschaftliche und gärtnerische Nutzung des Bodens“ mehr erfolgen. Die Altlast solle „nicht mehr als Lebensraum für Pflanzen und Tiere genutzt werden“.

Was die Bayer AG einst - im Einvernehmen mit der von ihr finanziell weitgehend abhängigen Stadt Leverkusen - alles in die Dhünnaue gekippt hat, ist heute nur noch zu erahnen. Bislang wurden lediglich Proben aus dem 25 Hektar umfassenden Gebiet südlich der Al und westlich der Schule Adolfsstraße entnommen. Allein hier hat der Chemiekonzern rund drei Millionen Tonnen Müll abgeladen.
Womöglich, warnte bereits der Düsseldorfer FDP-Landtagsabgeordnete Hans-Joachim Kühl nach Gesprächen mit Bayer-Beschäftigten, sei das „Gefährdungspotential“ der Dhünnaue-Deponie größer als die Bedrohung durch die Gifte „in der Erde von Bitterfeld“. Diese Befürchtung hätten ihm Mitarbeiter der Umweltschutzabteilung von Bayer anvertraut.

Die vom Ingenieurbüro Björnsen ausgewerteten Boden- und Wasserproben stützen das Szenario von einem Bitterfeld am Rhein: „Im Oberboden“ der Deponie fanden sich „auffällig hohe Konzentrationen“ von Schwermetallen und giftigen organischen Verbindungen wie Chlorbenzole, Chlortoluole und polychlorierte Biphenyle.
Der „eigentliche Deponiekörper“ ist sogar „mit einem erweiterten Spektrum an Schadstoffen und in deutlich höheren Konzentrationen belastet“; die giftigen Schwermetalle Chrom und Blei finden sich in schier unglaublichen Konzentrationen (22 beziehungsweise 34 Gramm je Kilogramm - g/kg), für Chlorbenzole wurden Werte bis zu 45 g/kg gemessen.

Das Grundwasser ist im gesamten Untersuchungsbereich durch deponiebürtige Stoffe deutlich belastet; „Kratzproben von Kellerfußböden in den Häusern der Siedlung Rheinallee belegen, dass die Deponie ihr Gift gleichsam ausschwitzt - nachgewiesen wurden Blei (21 g/kg), Chrom (20 g/ kg) und eine ganze Palette giftiger organischer Verbindungen.

Die Luft nahe dem Boden “außerhalb bebauter Flächen„ weist “relative Konzentrationen„ von Schadstoffen wie Benzol auf; im Laub von Pflanzen wurden “erhöhte Gehalte„ an Schwermetallen wie Blei, Chrom, Arsen und Cadmium entdeckt. “Mehr als 20„ der 57 in den Proben nachgewiesenen “Stoffe bzw. Stoffgruppen„ gelten als “kanzerogenverdächtig„ oder sind sogar “nachgewiesenermaßen krebserregend„.

Vollends zum Skandal wird der Fall Dhünnaue durch den Umstand, dass, allen Warnungen zum Trotz, noch immer 106 Familien auf der Giftmüllkippe zwischen Rhein und Al leben - in Häusern, die zwischen 1952 und 1953 errichtet wurden.
Und: Nach wie vor unterrichten Lehrer ihre Schüler an der Gemeinschaftshauptschule Adolfsstraße, tummeln sich Pennäler auf dem Schulhof, bringen Eltern ihre Kinder in den benachbarten Kindergarten. Den Betroffenen, so beschwichtigte noch vor vier Wochen der SPD-Landtagsabgeordnete Ludgerus Hovest, sei durch das “Verbreiten von Horrorgemälden„ nicht geholfen.

Nötig, so der SPD-Politiker, sei vielmehr die “Analyse des Problems, das Aufzeigen von Lösungen und deren Umsetzung„. Die “Altlast Dhünnaue„, bestätigte SPD-Umweltminister Klaus Matthiesen die Sicht des Genossen Hovest, sei “ein hochkomplexer und schwieriger Fall, zu dem es bundesweit bisher kaum eine Parallele gibt„.

Ruchbar wurde der Umweltskandal 1987, als für einen Teil der Dhünnaue zu Planungszwecken eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgenommen wurde. Damals waren, unter anderem in Kellerräumen der Schule, alarmierende Konzentrationen von Giften wie Xylol entdeckt worden.

Was seither geschah, liest sich wie eine Chronik des Versagens: Die Stadt reagierte auf die Xylol-Funde von 1987 lediglich mit ein paar Empfehlungen -die Gartennutzung müsse eingeschränkt werden, Kinder dürften nicht mehr auf den Wiesen der Dhünnaue spielen, unbefestigte Wege und Freiflächen wurden mit einem “Begehungsverbot„ (Ordnungsstrafe: 200 Mark) belegt.

Im Februar 1988 bekannte sich Bayer zu seinen Altlasten und gelobte, sich an der Sanierung der Deponie zu beteiligen. Einen Monat später verlangten Leverkusener Ärzte, die Bewohner der Deponie aus medizinischen Gründen umgehend umzusiedeln. Juni desselben Jahres begann der medizinische Gutachter Hans Joachim Einbrodt mit der Untersuchung von 828 Betroffenen. Im Februar 1989 wurden Kinder aus der Adolfsstraße erneut überprüft.

Ergebnis: 25 Prozent der Probanden von 1988 wiesen “auffällige Befunde„ des Blutbildes auf. Bei 16 Prozent der untersuchten Schüler fanden sich Veränderungen am Blutbild. Eine “akute„ Gefährdung der Betroffenen vermochte der Gutachter zwar nicht zu erkennen, er riet gleichwohl dazu, die Schule zu schließen. Denn über eine mögliche “chronische Gefährdung der Probanden„, so Einbrodt, könne er keine Aussagen machen.

Im Februar 1990 mahnte schließlich auch das Gesundheitsamt die Politiker, “die Einrichtung Schule und Kindergarten aus Vorsorgegründen„ zu verlegen - doch wieder geschah nichts.

Den meisten Lehrern und Schülern der Adolfsstraße dämmerte erst später, in welchem Maße ihre Gesundheit womöglich durch die Giftmülldeponie bedroht wird. Letztes Jahr, so erinnert sich Barbara Ulbricht, Lehrerin der Schule Adolfsstraße, sei ein kranker Kollege von der Schulaufsicht angerufen worden: Er möge sich doch, wurde dem Pädagogen mitgeteilt, “mal vom Amtsarzt untersuchen lassen„.

Im Dezember letzten Jahres schließlich erfuhren die Lehrkräfte, dass es an ihrer Schule in den letzten 15 Jahren insgesamt 15 Krebserkrankungen gegeben habe, darunter fünf mit tödlichem Ausgang - weit mehr, als statistisch zu erwarten gewesen wäre. Und jetzt erst, so bestätigte die Staatsanwaltschaft Köln, wird “in Sachen Schule Adolfsstraße„ wegen des Verdachts der Gesundheits- und Körperverletzung ermittelt.

“Patentrezepte„, beschwichtigt nun die Stadt Leverkusen die verbitterten Bewohner und Anrainer der Giftdeponie am Rhein, habe es “für die Dhünnaue leider nicht gegeben„. Immerhin, lobten die Kommunalverwalter ihr eigenes Engagement, seien von den 259 Familien der Siedlung Rheinallee “heute 156 versorgt„ mit neuem Wohnraum; Ende dieses Monats “sollen es 189 sein„. Bis zum Oktober, verspricht die Stadt, werde “das Kapitel „neue Wohnungen“ abgeschlossen„ sein.
Ein anderes Kapitel des Skandals ist noch nicht einmal angegangen worden: Zwei Tage vor Weihnachten 1989 hatte die Firma Bayer, festtäglich gestimmt, versprochen, das Gelände mit ihrer Müll-Altlast mittels einer Spundwand abzusichern - geschätzte Kosten: 150 Millionen Mark.

Doch bis zum heutigen Tag ist nicht eine einzige Stahlplanke von der versprochenen Spundwand eingerammt worden. Dabei warnen Experten, dass Deponiegifte schon bei mittlerem Rheinwasserstand mit dem Grundwasser ins Landesinnere geschwemmt und bei ablaufendem Rheinwasser in den Strom gesogen werden.

Insgesamt zehn Verträge sind bislang zwischen der Bayer AG und der Stadt Leverkusen abgeschlossen worden. Dieser von der Stadt so genannte “partnerschaftliche„ Weg wurde eingeschlagen, weil es, wie Minister Matthiesen erläutert, “wegen der Unklarheit der Rechtslage nicht erfolgversprechend erschien„, gegen den Konzern mit “Ordnungsverfügungen vorzugehen„.
Zu den Betroffenen, die unter dem Hickhack leiden, zählen auch die Bewohner eines Altenheimes am Rande der Deponie. “Über den Fortbestand des Altenwohnheims„, so die Stadt, werde “in nächster Zeit in Abstimmung zwischen allen Beteiligten" eine Entscheidung gefällt.

Vor den Alten sind die Haustiere evakuiert worden: Der Verein für Deutsche Schäferhunde e.V., der das Gebiet der Deponie lange Zeit als Klub- und Übungsgelände nutzte, hat das giftbelastete Areal bereits verlassen.

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[HV Bericht] STICHWORT BAYER 02/2005

CBG Redaktion

KritikerInnen-Erfolge auf BAYER-Hauptversammlung

Das Misstrauensvotum

Der Leverkusener Multi hat im Jahr 2004 wieder einmal prächtige Geschäfte gemacht. BAYER-Chef Werner Wenning und seine Vorstandsriege belohnten sich dafür mit einer kräftigen Aufstockung der Bezüge. Der Aufsichtsrat folgte dem schlechten Beispiel und legte der AktionärInnen-Versammlung einen Antrag auf eine 50-prozentige Lohnerhöhung vor. Auf wessen Kosten der Konzern und seine Manager sich bereicherten, berichteten VertreterInnen der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und zahlreicher anderer Initiativen in ihren Gegenreden. Arbeitsplatzvernichtung, Kinderarbeit, Umweltzerstörung, Nichtentschädigung von KZ-Opfern, Missachtung des VerbraucherInnenschutzes - aus diesen Kapiteln des „Schwarzbuch BAYER“ lasen sie den Bossen die Leviten. Mit Erfolg: BesitzerInnen von 26 Millionen BAYER-Aktien verweigerten ihre Zustimmung zur Anhebung der Aufsichtsratsbezüge.

Von Udo Hörster

Stolz präsentierte BAYER-Chef Werner Wenning in seiner Eröffnungsrede zur Hauptversammlung die Konzern-Bilanz. Um vier Prozent auf 30 Milliarden stieg der Umsatz; der Gewinn legte sogar um mehr als 50 Prozent auf über zwei Milliarden zu. Grund genug für den Großen Vorsitzenden, sich sein Salär auf 2,36 Millionen zu verdoppeln und seine drei Vorstandskollegen mit insgesamt zwei Millionen zusätzlich zu bedenken. Da mochte auch der Aufsichtsrat nicht zurückstehen. Er wollte sich von den AktionärInnen eine Erhöhung des Jahresfixums von 40.000 auf 60.000 Euro bewilligen lassen. Die erfolgsabhängigen Prämien mitgerechnet, hätten sie dann per anno ca. 90.000 Euro eingestrichen.
Dem Rest der Belegschaft kam der Geldsegen nicht zugute. Im Gegenteil: Drastische Einsparmaßnahmen auf ihrem Rücken sorgten erst für den exorbitanten Profit. „Unsere Kostenoptimierung betraf natürlich auch die Personalaufwendungen: Wir konnten diese seit 2002 um fast zwei Milliarden reduzieren“, vermeldete Wenning in schamloser Offenheit. Von der Debatte um das rücksichtslose Gebaren der Global Player zeigte er sich trotzdem überrascht. Er wandte sich dagegen, „mit populistischen Vorwürfen und dem Aufwärmen überkommender Klassenkampf-Theorien einen Streit zu entfachen“. Lieber brach er selber eine Fehde mit Rot-Grün vom Zaun. „Hierzulande werden aber Zukunftstechnologien und potenzielle Arbeitsplatzschmieden wie die Biotechnologie nicht gefördert, sondern durch Gesetze und Bürokratie behindert. Denken Sie nur an das Stammzellgesetz oder das Gentechnikgesetz!“, tönte der Vorstandsvorsitzende.
Andrea Will (DKP) sah sich gezwungen, ihm in Sachen „Kapitalismus-Kritik“ Nachhilfe-Unterricht zu erteilen. Sie kritisierte die massive Arbeitsplatzvernichtung und demonstrierte anhand einer neuen Umfrage, wie wenig überkommen eine Auseinandersetzung mit der Profitgier von Big Business ist. Angesichts eines trotz hoher Gewinne unverdrossen fortgeführten Arbeitsplatzabbaus meinten 95 Prozent der Befragten, die Unternehmen müssten eine stärkere soziale Verantwortung zeigen. Aber Werner Wenning gab sich begriffsstutzig und blieb lieber Angehöriger einer kleinen radikalen Minderheit. „Für mich ist die gegenwärtige Diskussion schwer verständlich“, so der Unbelehrbare. Umso besser verstand er sich darauf, den wiederum immer mehr Menschen immer unverständlicher erscheinenden Sermon vom Segen der Angebotspolitik herunterzubeten. Wir „müssen Rahmen setzen, die für die Investoren attraktiv sind“, forderte er, dann würden „auch alle profitieren“.
Alle würden profitieren, das hatte der BAYER-Mann auch im vergangenen Herbst auf der außerordentlichen Hauptversammlung, welche die Abspaltung der Chemie-Sparte besiegelte, den zu dem neu gegründeten Unternehmen LANXESS wechselnden Ex-BayeranerInnen versichert. In Köln war davon nicht mehr die Rede. Unverhohlen verkündete er seinen ShareholderInnen, welch große Deinvestitionsdividende sie eingestrichen haben: „Und auch die Börse hat die Umstrukturierung des Konzerns honoriert. Während der DAX seit Ankündigung unserer strategischen Neuausrichtung im November um 13 Prozent stieg, konnte der Kurs der BAYER-Aktie im gleichen Zeitraum um 26 Prozent zulegen“. Entsprechend schlecht stehen die Aktien für LANXESS und die Beschäftigten. Erst im April hatte Unternehmenschef Axel Heitmann wieder die Schließung von zwei Standorten und die Streichung von 1.200 Stellen bekannt gegeben.
CBG-Vorstand Axel Köhler-Schnura hatte diese Entwicklung schon auf der erwähnten Lanxess-HV im November vorhergesehen. Deshalb warf er Wenning vor, ein doppeltes Spiel gespielt zu haben. „Weshalb erfahren wir die Tatsachen erst nach der HV? Weshalb täuschen Sie?, fragte Köhler-Schnura. Angesichts dieses verantwortungslosen Umgangs mit dem Schicksal der Beschäftigten stellte der CBGler klar: “Es ist nicht Rot-Grün, das Arbeitsplätze vernichtet. Es sind Sie. Nicht Rot-Grün betreibt Klassenkampf, es sind Sie, der Klassenkampf von oben betreibt„.
Darauf fiel dem BAYER-Boss keine Antwort ein. Er flüchtete in antikommunistische Polemik und stöhnte: “Seit mehr als 25 Jahren sind sie uns mit ihrer Agitation schon treu„. Er recycelte in seiner Hilflosigkeit sogar einen Satz, den ihm seine fleißigen SouffleurInnen hinter der Bühne schon im letzten Jahr ins Ohr geflüstert hatten: “Uns trennen Welten - besonders in der Weltanschauung„.

Die unheilvolle Tradition
Wie weit die unheilvolle Tradition menschenverachtender Profitjagd bei BAYER zurückreicht, das bezeugte in Köln Eugen Muszynski mit seiner eigenen Leidensgeschichte. Zu Beginn seiner Rede deutete der Vorsitzende des VERBANDES DER IM KINDESALTER INHAFTIERTEN FRÜHEREN HÄFTLINGE DER NATIONALSOZIALISTISCHEN KONZENTRATIONSLAGER auf das hinter der Bühne prangende BAYER-Zeichen und erklärte: “Vor 62 Jahren habe ich zum ersten Mal dieses Logo gesehen„. Es befand sich auf dem Typhus-Präparat B-1034, das MedizinerInnen im Auftrag des Leverkusener Pharma-Riesen an den Inhaftierten ausprobierten, nachdem sie ihre Opfer mit dem entsprechenden Krankheitserreger infiziert hatten. Zwei Spritzen erhielt der damals 7-Jährige, eine dritte hätte er nach eigenem Bekunden nicht überlebt. Noch jetzt leidet Eugen Muszynski an den Spätfolgen der KZ-Zeit und ist zu 100 Prozent schwerbehindert. Und während seine Peiniger ihre Karrieren in der Nachkriegszeit zumeist rasch fortsetzen konnten, muss er von 600 Euro Rente leben. Da halfen ihm die vom Entschädigungsfonds der deutschen Wirtschaft für sein dreijähriges Martyrium in Auschwitz zugesprochenen 7.500 Euro nicht viel weiter - als blanken Hohn bezeichnet Muszynski diese Summe. Deshalb erkundigte er sich auch im Namen seiner Leidensgenossen, die sich oft in einer ähnlich prekären sozialen Lage befinden: “Was können wir als Opfer erwarten vom Konzern?„. Diese Frage hatte er dem Unternehmen bereits mehrfach in Briefform gestellt und bekam darauf in Köln ebenso wenig eine befriedigende Antwort wie früher.
Weil sich das Grauen der Konzentrationslager nur schwer in Worte fassen lässt, hielt Eugen Muszynski zum Schluss schweigend ein Foto hoch, das vier bis auf die Knochen abgemagerte KZ-Insassen zeigte. Beklommende Stille breitete sich unter den mehr als 4.000 AktionärInnen aus. Ein Fall für die Saal-Regie. Zunächst fuhren die Kameras, welche die RednerInnen filmten und sie im Großformat auf den beiden links und rechts des Podiums angebrachten Videoleinwänden zeigten, noch auf Muszynski zu, um das Foto größer ins Bild zu bekommen. Als den TechnikerInnen aber gewahr wurde, was sich ihnen da vor der Linse an Grauen präsentierte, spielten sie sofort unverfänglichere Aufnahmen ein. Trotzdem dauerte es eine ganze Weile, ehe der Versammlungsleiter Manfred Schneider es wagte, wieder zur Tagesordnung überzugehen. Auch Werner Wenning sah sich später in seiner Antwort auf den Beitrag zunächst gezwungen, zu einem anderen Ton als dem zu greifen, mit dem er sonst die Konzern-KritikerInnen abzufertigen pflegte. “Erlauben Sie mir ein paar persönliche Bemerkungen„, hob er an, “Ich bedauere ihr persönliches Schicksal sehr. Niemand kann ermessen, wie prägend die Erlebnisse gewesen sein mögen„. Nach dieser routiniert-leutselig absolvierten Pflichtübung zeigte der BAYER-Chef aber einen noch unverantwortlicheren Umgang mit der Unternehmensgeschichte als seine Vorgänger. Er stellte nicht nur klar, BAYER sei mit den IG FARBEN nicht gleichzusetzen und kein Rechtsnachfolger des Mörder-Konzerns, er leugnete mit dem Verweis auf die Freisprüche im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess auch noch die Schuld der in Menschenversuche verwickelten BAYER-Pharmakologen. Die RichterInnen setzten damals viele Angeklagten auf freien Fuß, weil im Zuge des Kalten Krieges mit der Sowjetunion ein neuer Feind am Horizont erschienen war und damit plötzlich Milde gegenüber den alten Bösen opportun wurde. Wenning zitierte aus dem Urteil: “Die Annahme, dass die Angeklagten mit den SS-Ärzten, die diese verbrecherischen Handlungen begingen, unter der Decke gesteckt haben, wird durch die Tatsache widerlegt, dass die I. G. die Versendung der Medikamente eingestellt hat, sobald der Verdacht eines gesetz- und standeswidrigen Verhaltens der Ärzte auftauchte„. “Eine Feststellung„, kommentierte der Publizist Ernst Klee in seinem Buch “Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer„, “die den in Nürnberg vorliegenden (...) Dokumenten widerspricht: Die Versendung der Präparate endete bei Kriegsende„.

Kinderarbeit
Zu den traurigsten aktuellen Kapiteln im “Schwarzbuch BAYER„ gehört das über die Kinderarbeit bei den Zulieferern der indischen Saatgut-Tochter PROAGRO. Über 1.500 Minderjährige leisten derzeit Frondienste auf den Feldern, berichtete Manfred Belle vom EINE-WELT-NETZWERK NRW und kritisierte: “Verantwortung kann nicht am Fabriktor enden„. Bereits seit zwei Jahren versichert der Leverkusener Multi, seine Geschäftspolitik ändern zu wollen. Geschehen ist bisher allerdings nichts. Deshalb wirft der neue Anlauf, den das Unternehmen nun mit seinem “Aktionsplan„ startet, für Belle auch einige Fragen auf. Der Konzern beabsichtigt, sich - wegen der angeblich unübersichtlichen Lage auf dem Kinderarbeitsmarkt - auf einige wenige Dörfer zu konzentrieren und den dortigen FarmerInnen Bonuszahlungen für den Verzicht auf die Beschäftigung von Nicht-Volljährigen in Aussicht zu stellen. Zudem plant der Agro-Riese ein Programm zur Förderung der Schulbesuche. Ob es sich dabei um Potemkinische Dörfer handelt, bloße Vorzeigeprojekte, die den Blick auf die ansonsten weiterhin flächendeckend betriebene Ausbeutung von Kindern verstellen soll oder ob von den Mustersiedlungen wirklich eine Signalwirkung ausgehen wird, bleibt fraglich. Manfred Belle machte die Erfolgsaussichten in seiner Rede von ganz konkreten Bedingungen abhängig: “Reichen die Bonus-Zahlungen aus?„, gab er etwa zu Bedenken. Darüber hinaus nannte er höhere Saatgut-Abnahmepreise sowie das Garantieren von Mindestlöhnen für Erwachsene als conditio sine qua non für das Gelingen des Aktionsplans. Zudem forderte er BAYER auf, eine wirksame Überprüfung des Erreichten zu ermöglichen. In seiner Antwort sagte Werner Wenning zu, unabhängigen BeobachterInnen künftig die Namen der Orte zu nennen und die bisher praktizierte Verweigerungshaltung aufzugeben. In Sachen “Preise„ blieb er allerding unnachgiebig und behauptete, BAYER zahle bereits “faire Abnahmepreise, die zur Entlohnung erwachsener Arbeit gedacht waren„. Desweiteren besaß er die Dreistigkeit, den Konzern als einen Entwicklungshilfe betreibenden “Vorkämpfer„ gegen die Ausbeutung von Kindern darzustellen. Die Ursachen für diese sah der Vorstandsvorsitzende nämlich nicht in der kapitalistischen Weltwirtschaft und der Abhängigkeit der “Dritten Welt„ von der “Ersten Welt„, sondern in der kulturellen Eigenart des Landes. Die Kinderarbeit sei ein “tief in der indischen Gesellschaft verwurzeltes System„, dozierte der Hobby-Kulturwissenschaftler. Aus solchem Denken dürfte nur schwerlich das “Verantwortliche Handeln„ erwachsen, das der Konzern in seinen Hochglanz-Broschüren so gerne für sich in Anspruch nimmt.

Verbrechen ...
Kriminelles Handeln fällt dem Konzern da leichter. Ralf-Jochen Ehresmann von der PDS schlug vor den AktionärInnen die “Akte BAYER„ auf. Mit vier Verfahren wegen illegaler Preisabsprachen bei Kunststoffen und Diagnose-Geräten war diese auch im Geschäftsjahr 2004 wieder gut gefüllt. Über 100 Millionen Dollar Strafe musste das Unternehmen dafür zahlen. Wenning zeigte sich Ehresmann gegenüber geläutert: Der Vorstand bedauere die Rechtsverstöße ausdrücklich und habe die verantwortlichen Mitarbeiter entlassen. Trotz der Reumütigkeit und des Bauernopfers stehen die Resozialisierungschancen aber nicht allzu gut - das Strafregister in Sachen “Kartell-Bildungen„ ist mittlerweile einfach zu lang.
Mit anderen Gesetzen steht der Multi ebenfalls auf Kriegsfuß. So opponiert er bereits seit Jahren gegen die REACH genannte Chemikalien-Verordnung der EU, welche die Unternehmen zur Überprüfung vorher nie auf ihre gesundheitsschädliche Wirkung hin untersuchter Substanzen verpflichten will. Was “Die Chemie - das unbekannte Wesen„ im Alltag so alles anrichtet, schilderte Daniela Rosche von WOMEN IN EUROPE FÜR A COMMON FUTURE (WECF): Lösemittel beeinträchtigen die kognitive Entwicklung von Kleinkindern, Weichmacher wirbeln das Hormonsystem von Menschen und Tieren durcheinander, Zusatzstoffe in Lebensmitteln lösen Allergien aus, Plaste & Elaste in Autoinnenräumen verursachen Kopfschmerzen und Augenbeschwerden. In REACH sieht Rosche die einmalige Chance, solche “Nebenwirkungen„ zukünftig auszuschließen. Der “enorme Druck„, den BAYER & Co. entfalteten, um die Vorlage mehr und mehr aufzuweichen, empörte sie deshalb maßlos. “Warum setzen Sie sich gegen Fortschritte ein?„, wollte sie vom Vorstandsvorsitzenden wissen und “Ist ihnen die Gesundheit ihrer Familie und ihrer Mitarbeiter egal?„
Auf die erste Frage - aber auch nur auf diese - gab Wenning eine klare Antwort: Weil REACH die gesamte Industrie belastet und nicht dazu geeignet ist, das Bruttosozialprodukt zu steigern. Er entwarf ein Horrorszenario, prophezeite das Aus für Teile des Sortiments und sprach von einer “Innovationsbehinderung„ durch die Chemikalien-Verordnung. “Das System muss extrem vereinfacht werden, wenn nicht weitere Standort-Nachteile entstehen sollen„, forderte er. Der Konzern-Boss versteht das ganze Aufheben sowieso nicht, denn für ihn stimmt die Chemie. “Die BAYER-Produkte haben ein größtmögliches Maß an Sicherheit„, bekräftigte er.

... und andere Kleinigkeiten
Wie ungenügend dieses “größtmögliche Maß an Sicherheit„ sein kann, führte der Imker Fridolin Brandt den HV-BesucherInnen anhand seiner Berufspraxis vor Augen. Er verlor zahlreiche Bienenvölker, weil sie auf Sonnenblumen-Feldern Pollen und Blütenstaub sammelten, welche die LandwirtInnen mit dem BAYER-Gift GAUCHO eingedeckt hatten. “Die Geschäftserfolge gehen zu Lasten der Umwelt„, resümierte der Vize-Präsident des EUROPÄISCHEN IMKERBUNDES deshalb. Das sah der Konzern anders: Er gab der angeblich unprofessionellen Arbeit der BienenzüchterInnen die Schuld am Desaster.
Obwohl das französische Landwirtschaftsministerium die Ausbringung des Saatgutbehandlungsmittels nicht nur auf Sonnenblumen-Pflanzungen wegen seiner Bienengefährlichkeit längst verboten hat, leugnete der BAYER-Boss diesen Zusammenhang in seiner Antwort auf die “Brandrede„ immer noch und zauberte stattdessen zusätzliche Alternativ-Erklärungen aus dem Hut. Er zitierte eine ominöse Entlastungsstudie in Sachen “GAUCHO„ herbei, präsentierte mit einer Milbe einen weiteren Tatverdächtigen für den Tod der Bienen und sprach desweiteren von “vielschichtigen Ursachen„. Werner Wenning betätigte sich de facto als Nebelwerfer, warf sich aber in die Pose des Aufklärers, der gemeinsam mit den Imkerverbänden - zufälligerweise nicht mit dem EUROPÄISCHEN IMKERBUND - der Wahrheit auf die Spur kommen will. “Sie sehen Herr Brandt, es wird viel unternommen, um die wahren Gründe zu erforschen„, versicherte er in jovialem Ton.
Eine weitere Rednerin nahm sich des Schicksals derjenigen Tiere an, die zu Tausenden in den BAYER-Laboren sterben. “Ich sage ihnen, wenn Sie Leben töten müssen, um Leben zu erhalten, wird nichts dabei herauskommen„, beschwor sie den Vorstandsvorsitzenden. Darüber hinaus brachte die Aktivistin vom EINE-WELT-NETZWERK NRW Einwände aus wissenschaftlicher Sicht gegen die am “Tiermodell„ gewonnenen Erkenntnisse vor; viele ForscherInnen äußern nämlich Zweifel an deren Übertragbarkeit auf den Menschen. Der BAYER-Chef machte es sich in seiner Reaktion auf die Kritik leicht. Der Gesetzgeber schreibe Tierversuche vor, ansonsten führe der Konzern seine Experimente mit “Verantwortung auch für das Tier als Mitgeschöpf„ durch, so seine knappe Replik.

Sorglose Entsorgung
Tod am Anfang der Produkt-Entwicklung, Tod durch das Erzeugnis selber - und noch das Ende der Produktionskette hat es in sich. Es bleibt dabei nämlich eine Vielzahl giftiger Substanzen übrig. Jahrzehntelang hat der Multi sie einfach sorglos auf dem Dhünnaue-Areal entsorgt, bis es zur größten Giftmüll-Deponie Europas heranwuchs. Hunderttausende Tonnen gefährlicher Stoffe von Schwermetallen bis zu Chromverbindungen lagerten dort schließlich. Über die Folgen berichtete Hubert Ostendorf vom Vorstand der CBG: Im Umkreis des Geländes stiegen die Krebsraten exorbitant an. Erst nach massiven Druck der CBG und anderer Organisationen erkannte BAYER Handlungsbedarf - jedenfalls ein bisschen. Der Konzern nahm nämlich keine Sanierung vor, er entschloss sich zu der billigeren und ökologisch fragwürdigeren Variante einer bloßen Sicherung. So umgeben nun nach oben und zu den Seiten hin Betonwände die Altlast. Aber nach unten hin ist alles offen, was die Deponie buchstäblich zu einem Fass ohne Boden macht. Wie Ostendorf ausführte, muss der Agro-Riese deshalb stündlich 750 Kubikmeter verseuchtes Wasser abpumpen und im werkseigenen Klärwerk reinigen. Da tat eine kosmetische Operation not: BAYER und die Stadt Leverkusen kamen überein, auf dem Gelände die Landesgartenschau auszurichten. “Gras über den Skandal wachsen„ lassen, nannte der CBGler das treffend. Er forderte eine vollständige Sanierung der Dhünnaue auf Kosten des Konzerns und trat für die Errichtung eines Gedenksteins für die Gift-Opfer ein. “Die LAGA hat nur dann eine Berechtigung, wenn sie an den Giftmüll erinnert„, sagte Hubert Ostendorf am Ende seiner Rede.
Da stimmte Werner Wenning nicht mit ihm überein. “Das Sicherheitskonzept ist abgestimmt„, verkündete er und pries die Gartenkunst am Giftmüll. “Wir sind stolz darauf, dass die Stadt Leverkusen auf dem Gelände der ehemaligen Deponie eine Landesgartenschau veranstaltet„, sprach der Ober-BAYER.

Von Südafrika bis Ohio - Fatal global
CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes unternahm es in seinem Beitrag schließlich, die Anliegen derjenigen gegen die Unternehmenspolitik aktiv gewordenen Gruppen zu vertreten, die nicht nach Köln reisen konnten. Im Namen der US-Sektion des PESTIZID-AKTIONS-NETZWERKES (PAN), die das von der Weltgesundheitsorganisation WHO in die höchste Gefahrenklasse eingeordnete Pestizid LINDAN in den Mittelpunkt einer Kampagne stellte, fragte Mimkes: “Will BAYER die LINDAN-Zulassung zurückziehen?„. Als “traurige Ironie„ bezeichnete er es, dass das durch den Holzgifte-Skandal mit seinen unzähligen Opfern berühmt-berüchtige Mittel sich seit dem Erwerb der US-Firma GUSTAFSON wieder im Sortiment von BAYER befindet. Wenning antwortete, der Konzern habe über die Zukunft der Agrochemikalie noch nicht entschieden, ließ aber nichts auf LINDAN kommen, es bestehe “keine Gefahr für Mensch und Umwelt bei sicherer Anwendung„.
“Keine Gefahr für Anwohner und Öffentlichkeit„ geht ihm zufolge auch von dem im südafrikanischen Durban gelegenen Werk aus, obwohl die Mess-Daten eine Besorgnis erregende Belastung mit Chrom im Umkreis der Niederlassung ausweisen. Die Behörden mussten die Menschen sogar eindringlich davor warnen, das Wasser aus den Brunnen in BAYER-Nähe zum Trinken oder Kochen zu nutzen. Laut Werner Wennings Ferndiagnose waren sie aber “zu keinem Zeitpunkt einer gesundheitsgefährdenden Konzentration ausgesetzt„.
Die von Philipp Mimkes zur Sprache gebrachten Störfalle bei der Firmen-Niederlassung in Addyston - die CBG-Kooperationspartner vor Ort zählten 107 Störfälle im Jahr - rangen dem Vorstandsvorsitzenden immerhin das Zugeständnis ab, die “hohen Sicherheitsstandards weiter optimieren„ zu wollen.
Würde sich ein solcher Unfall in der BAYER-Anlage bei Institute/USA ereignen, so wäre eine Katastrophe zu befürchten. Dort lagert mit Methyl Isocyanat (MIC) nämlich die Chemikalie, die das Unglück von Bhopal ausgelöst hat. Im Falle einer Freisetzung sieht die US-Umweltbehörde EPA das Leben von 300.000 Menschen gefährdet. Dieses “worst case scenario„ hat die Bürgerinitiative PEOPLE CONCERNED ABOUT MIC auf den Plan gerufen. Stellvertretend für die Gruppe wandte sich der CBG-Geschäftsführer an den Vorstand und erkundigte sich danach, warum der Konzern solch hoch gefährliche Stoffe überhaupt lagert, statt auf eine Produktionsweise umzustellen, die ohne eine solche Vorratshaltung auskommt. Werner Wenning ging darauf nicht ein. Zwischen MIC und MIC “eine Verbindung herzustellen, ist abwegig„, meinte er, weil es sich um verschiedene Anlagen-Typen handele.
Beschränkte sich der Vorstandsvorsitzende in Köln darauf, knappe, ausweichende oder beschwichtigende Antworten zu geben, so reagierte er auf einen im Januar von der COORDINATION verfassten Offenen Brief überhaupt nicht. Die CBG bat darin um Angaben darüber, wieviele BAYER-Bedienstete Mandate in politischen Gremien von Stadträten über Kreis- und Landtage bis hin zum Bundestag wahrnehmen und sich nach dem Motto “Wes' Brot ich ess, des Lied ich sing„ politisch engagieren. Mimkes fragte noch einmal nach, warum der Konzern trotz seiner immer wieder signalisierten Dialog-Bereitschaft eine Erwiderung schuldig blieb und forderte Wenning auf, nun auf der Hauptversammlung die konkrete Zahl zu nennen. Der Große Vorsitzende tat es nicht und begründete die Blockadehaltung damit, die CBG sei nicht an einem “konstruktiven Dialog„ interessiert, würde nur nach Anhaltspunkten für eine Kampagne suchen und dann “Agitation pur„ betreiben.

26 Millionen gegen BAYER
Als “Agitation pur" empfanden viele AktionärInnen die Gegenreden von Philipp Mimkes und den neun anderen Konzern-KritikerInnen jedoch offenbar nicht. Bei der abschließenden Abstimmung über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat machten sie nämlich mit einem Misstrauensvotum auf sich aufmerksam. BesitzerInnen von über 26 Millionen BAYER-Papieren stimmten gegen die Erhöhung der Aufsichtsratsbezüge - ca. 10 Prozent! - und HalterInnen von 3,8 Millionen Aktien enthielten sich bei diesem Tagesordnungspunkt. Ein solches Ergebnis überrascht umso mehr, als die Großbanken einen Großteil der Stimmrechte wahrnehmen und so bisher immer für Zustimmungsquoten von 99 Prozent plus X gesorgt hatten. Nun hatten Wenning und Co. die angeblich so unverständliche Diskussion um die Umtriebe des Kapitals einmal in der Sprache präsentiert bekommen, die sie blendend verstehen: die der Zahlen. Und das stimmt optimistisch für die weitere konzern-kritische Arbeit.

[Ticker 02/2005] STICHWORT BAYER 02/2005 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

GREENPEACE-Aktion in Antwerpen
BAYER produziert in Antwerpen den Weichmacher Bispenol A, der durch seine hormon-ähnliche Wirkung den menschlichen Organismus schädigen kann. Wäre das EU-Chemikaliengesetz REACH schon in Kraft, das den Chemie-Konzernen die Pflicht auferlegen will, Tausende niemals auf ihre gesundheitsschädliche Wirkung hin untersuchte Stoffe zu überprüfen, hätte der Multi die Substanz womöglich schon längst aus dem Verkehr ziehen müssen. Darum hat GREENPEACE mit einer spektakulären Aktion bei BAYER/Antwerpen auf die Notwendigkeit aufmerksam gemacht, REACH ohne die Änderungswünsche der Industrie zu verabschieden. Die AktivistInnen erklommen die Türme einiger Anlagen und brachten darauf weithin sichtbare Transparente mit den Aufschriften „BAYER ohne Gift“ und „Produziert sicherere Substanzen“ an. „Unternehmen wie BAYER und BASF sollten sich klar für ein Ersetzen problematischer Stoffe aussprechen“, forderte der GREENPEACE-Chemieexperte Fawaz Al Bitar und verwies auf Konzerne wie SONY, IKEA und H&M, die gefährliche Chemikalien in ihren Produkten schon substituiert haben.

Aus für Gentech-Hühnerfutter
GREENPEACE hat in Australien Hühner-Züchter aufgefordert, auf gentechnisch produzierte Soja- und Rapssorten made by BAYER und MONSANTO zu verzichten und hatte Erfolg: Die größten Züchter-Gesellschaften erklärten, künftig kein Gen-Futter mehr zu verwenden.

Proteste gegen Genraps
Im japanischen Tokio haben GREENPEACE, LandwirtInnen-Organisationen, UmweltschützerInnen und VerbraucherInnen-Initiativen vor der kanadischen Botschaft gegen die Genraps-Ausfuhren des Landes protestiert. Sie schichteten einen Flaschenberg mit Rapsöl auf, um der Botschaft plastisch die Folgen eines möglichen Boykotts vor Augen zu führen. „Stoppen Sie die Kontamination Japans mit Gentech-Pflanzen“ forderte die Koalition die DiplomatInnen auf. 80 Prozent des in Japan eingeführten Rapses stammen aus Kanada, bei 80 Prozent davon handelt es sich um von BAYER oder von MONSANTO gentechnisch veränderte Sorten. Schon bei der Anlandung in den Häfen verbreiten sich die Raps-Samen in der Umwelt. Ein japanisches Forschungsinstitut hat noch 30 Kilometer von den Verladestationen entfernt Spuren des Genrapses nachgewiesen.

Proteste bei BAYER CROPSCIENCE
Vom 11. bis zum 15. April 2005 fand in Lyon die Gentech-Konferenz „BioVision“ statt, zu deren Hauptsponsoren BAYER CROPSCIENCE zählte. Zudem gehörten Konzern-VertreterInnen zu den TeilnehmerInnen der Gesprächsrunden. Das nahmen französische Gentech-GegnerInnen zum Anlass, der Lyoner CROPSCIENCE-Niederlassung einen Besuch abzustatten. Sie luden - organischen - Müll vor dem Eingangstor ab, um gegen die Risikotechnologie im Allgemeinen und Freisetzungsversuche mit Genpflanzen im Besonderen zu protestieren.

PAN gegen LINDAN
Seit BAYER die US-Firma GUSTAFSON erwarb, befindet sich das nicht nur durch den Holzgifte-Skandal mit seinen unzähligen Opfern berühmt-berüchtige Pestizid LINDAN wieder im Sortiment des Konzerns. Die USA gehören zu den wenigen Staaten, die seinen Gebrauch noch nicht komplett untersagt haben, obwohl sich Rückstände des Ultragifts in 62 Prozent aller menschlichen Körper nachweisen lassen. Die US-amerikanische Sektion des PESTIZID-AKTIONS-NETZWERKS (PAN) hat deshalb einen „call in day“ inititiiert, um BAYER zu einem Verkaufsstopp zu bewegen. 200 Menschen beteiligten sich an der Aktion und sprachen beim Konzern telefonisch in Sachen „LINDAN“ vor. Zudem startete PAN eine Brief-Kampagne. Auch die COORDINATION wandte sich an BAYER und sprach das Thema zudem in der Hauptversammlung des Konzerns an.

Neue „Corporate Crime“-Website
Die Asien-Sektion des PESTIZID-AKTIONS-NETZWERKS (PAN) baut eine homepage zu Konzernverbrechen der Agro-Multis BAYER, MONSANTO und SYNGENTA auf. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat der „Corporate Crime“-Site auf Anfrage viele Informationen zur Verfügung gestellt.

Frauen-Demo gegen Chemiegefahren
Die chemie-kritische Initiative WOMEN IN EUROPE FOR A COMMON FUTURE hat in Berlin unter dem Motto „Frauen werden giftig“ eine Demonstration mit 100 TeilnehmerInnen durchgeführt. Auf der Protestveranstaltung ließ sich auch Bundesumweltminister Jürgen Trittin sehen, um „seine Unterstützung zu zeigen“.

BAYER-Tag auf der LAGA
Am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, hatte „Premiumsponsor BAYER“ zum Sonntagsausflug auf die Landesgartenschau (LAGA) geladen. Und dies zu Premiumbedingungen: MitarbeiterInnen, deren Angehörige und Freunde durften zum Firmenrabatt das fast schattenlose Leverkusener Deponiegelände bei 30 Grad Celsius besichtigen. Der große Andrang machte die Sache noch schweißtreibender, auch für die Aktiven der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG). Diese informierten die BAYER-Gemeinde über die ungeschminkte Geschichte der ehemaligen Giftmüllhalde; über all das, was die von BAYER gestaltete Ausstellung auf der LAGA verschweigt oder beschönigt wie die Krankheits- und Todesfälle und die Restrisiken der Altlast. So endete also der Sonntagsausflug für so manche/n BesucherIn nachdenklich.

Imkerbund schreibt BAYER
Im Rahmen der Landesgartenschau präsentiert BAYER auch die Aktvitäten von HobbyimkerInnen. Der Konzern verweist dabei zwar auf Bedrohungen für die Bienenbestände, über den Bienentod durch das hauseigene Pestizid GAUCHO verliert er jedoch kein Wort. Der bundesdeutsche Erwerbsimkerbund kritisierte dieses Vorgehen und erwirkte eine Änderung der Darstellung.

CBG für Friedenspreis vorgeschlagen
Die Stiftung „AnStifter“ hat die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) gemeinsam mit 22 weiteren Gruppen für den „Stuttgarter Friedenspreis“ nominiert. Der Vorschlag kam von baden-württembergischen ImkerInnen, die das Engagement der CBG gegen das bienengefährliche BAYER-Pestizid GAUCHO als preiswürdig erachteten.

Spanische ImkerInnen protestieren
In Madrid haben 3.000 spanische ImkerInnen gegen das Sterben ihrer Bienenvölker durch das BAYER-Pestizid GAUCHO mit dem Wirkstoff Imidacloprid protestiert und ein Verbot gefordert.

Alternativer ImkerInnenbund gegründet
Im April 2005 hat sich in Königswinter der ALLGEMEINE DEUTSCHE IMKERBUND konstituiert. Hauptgrund für die Neugründung stellte die Verärgerung der BienenzüchterInnen über die lasche Reaktion des Berufsimkerbundes auf das Bienensterben durch das BAYER-Pestizid GAUCHO dar. Nicht zuletzt weil der Verband Spenden vom Leverkusener Multi erhält, sucht er in Sachen „GAUCHO“ nämlich immer einvernehmliche Lösungen mit dem Agro-Multi.

Beschäftigte demonstrieren
Den MitarbeiterInnen von BAYERs abgespaltener, nun unter dem Namen LANXESS firmierender Chemie-Sparte am Standort Uerdingen drohen Entgelt-Einbußen von bis zu 800 Euro, weil das Unternehmen übertarifliche Leistungen und sonstige beim Leverkusener Multi übliche Zulagen nicht länger gewährt. Im Durchschnitt kürzt die Geschäftsleitung die Bezüge um 179 Euro. Deshalb ging die Belegschaft am 19.1.05 auf die Straße; 2.500 Beschäftigte nahmen an der Demonstration teil. Jetzt hat die Firmenleitung zumindest einen Abbau der Übertarife in Stufen zugesagt, LANXESS will die Zahlungen mit künftigen Entgelt-Erhöhungen verrechnen.

LANXESS bekommt Besuch
In Addyston, dem US-amerikanischen Standort von BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS im Bundesstaat Ohio, gehören Störfalle zum Normalfall. Seit der Leverkusener Multi das Werk 1996 von MONSANTO übernahm, ereigneten sich dort 66 Unfälle. Erst im Herbst 2004 trat zweimal in kurzen Abständen das Krebs erregende Gas Acrylnitril aus. Im März reiste ein Vertreter der Initiative OHIO CITIZEN ACTION in die Bundesrepublik, um dem LANXESS-Vorstand einen Protestbrief zu überreichen.

Protest gegen „AIDS“-Anzeige
Mit großflächigen Zeitungsannoncen, auf denen ein Schwulenpaar abgebildet ist, wirbt der BAYER-Konzern derzeit für Diagnostika zur Bestimmung des HI-Virus und setzt sich damit als ein Unternehmen in Szene, das sich bei der Behandlung von „AIDS“ besonders engagiert. Diese Selbsteinschätzung verweist das WISSENSCHAFTLICH-HUMANITÄRE KOMMITEE (whk) ins Reich der Illusionen. „Für das whk sind diese Äußerungen blanker Hohn. Es ist allgemein bekannt, dass sich BAYER aus der Erforschung wirksamer Medikamente gegen HIV und AIDS weitgehend zurückgezogen hat. Wenn der Konzern nun schwulen Männern, die in den westlichen Industrieländern nach wie vor am meisten von AIDS betroffen sind, ausgerechnet die Methode der Resistenzbestimmung nun als wichtigen Schritt gezielter und individueller ‚Hilfe‚ verkaufen will, ist das mehr als zynisch. Vor dem Hintergrund des von BAYER-Medikamenten verursachten weltweiten AIDS-Skandals bekommt die Anzeige sogar den Charakter einer regelrechten Desinformationskampagne“, kritisierte die Initiative und rief zu Protesten auf.

Resolution gegen die Order 81
Die im Irak neu eingeführte Order 81 (SWB 1/05) sichert BAYER und anderen Agro-Multis den industriellen Zugriff auf die Landwirtschaft des Landes. Darum wandten sich Träger des Alternativen Nobelpreises und andere TeilnehmerInnen der Konferenz „Die Alternative - Ausblicke auf eine andere Globalisierung“ gegen das Gesetz. „Die ‚Order 81‘ wurde vom US-Beauftragten für den Wiederaufbau des Irak, Paul Bremer, erlassen. Sie hat zum Ziel, dass die irakischen Bäuerinnen und Bauern zukünftig daran gehindert werden, ihre uralten Saaten und Kulturpflanzen anzubauen. Die Bäuerinnen und Bauern werden dazu gezwungen, nur noch industriell entwickeltes, gentechnisch manipuliertes und von Unternehmen patentiertes Saatgut zu verwenden. Wir fordern von der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika wie von der Regierung des Irak, die ‚Order 81' zurückzunehmen“, heißt es in der unter anderem von Vandana Shiva, Hans Peter Duerr und Johan Galtung unterschriebenen Erklärung.

Chemie-Kritik im TV
Das spanische Fernsehen zeigte einen Bericht über die Risiken der Chemie-Produktion bei BAYER & Co., zu dem auch die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) Informationen geliefert hatte. Der Journalist bedankte sich bei der CBG und gab zugleich einen Eindruck davon, wie schwierig es ist, in den Medien Kritik an den Konzernen zu üben. „Es war keine leichte Sache, diesen Film zu machen. Der Druck war so groß, dass wir am Ende vieles weglassen mussten, um den Rest zu schützen. Eines, was wir weglassen mussten, waren konkrete Bemerkungen zu konkreten Produkten. Deswegen musste die BAYGON-Sequenz (BAYER-Pestizid, Anm. Ticker) weg. Aber immerhin ist DIAZINON (dito) geblieben“, schrieb er.

KAPITAL & ARBEIT

Mehr Arbeit, weniger Lohn
BAYERs für Bau und Unterhalt von Anlagen zuständige Gesellschaft BAYER TECHNOLOGY SERVICES kündigte die Vernichtung von 255 Arbeitsplätzen an. Mit diesem Erpressungspotenzial ging das Unternehmen in die Verhandlungen mit dem Betriebsrat und erreichte gegen die Zusicherung, „nur“ 155 Stellen zu streichen, die Zustimmung zu einer 40-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich. Eine Öffnungsklausel im Tarifvertrag machte eine solche Lösung möglich. Der für eine alternative Gewerkschaftsgruppe im Betriebsrat sitzende Klaus Hebert-Okon kritisierte das Ergebnis der Einigung von Vorstand und IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE). Er befürchtet durch solche einseitigen Maßnahmen wahlweise eine den Zusammenhalt der BAYER-WerkerInnen schwächende neue Unübersichtlichkeit bei den Arbeitsbedingungen oder aber den Startschuss zu einer alle betreffenden größeren Lohnkürzungsoffensive.

Schlechtes Betriebsklima
Selbst führende ManagerInnen bewerten das Betriebsklima bei BAYER negativ. Bei einer Umfrage unter Leitenden Angestellten von 20 Chemie-Konzernen belegte der Leverkusener Agro-Multi mit einer Durchschnittsnote von 3,59 nur den 18. Platz.

126 Entlassungen in Lyon
BAYER CROPSCIENCE hat am französischen Standort Lyon 126 Beschäftigte entlassen.

BAYER schließt TDI-Anlage
BAYER hat im US-amerikanischen New Martinsville eine Anlage zur Produktion des Kunststoffs Tolylendiisocyanat (TDI) geschlossen und damit 30 Arbeitsplätze vernichtet. Im Zuge der Abwicklung drosselt der Multi auch die Herstellung von TDI-Beiprodukten am Standort. Von ehemals acht TDI-Fertigungsstätten bleiben jetzt nur noch die in Baytown, Dormagen und Brunsbüttel übrig. Ob sie alle überleben, wenn der Multi im Jahr 2009 sein neues Werk im chinesischen Shanghai in Betrieb nimmt, dürfte fraglich sein.

Arbeitsplatzvernichtung bei LANXESS
BAYER entschied sich Ende 2003, die Chemie- und Teile der Kunststoff-Sparte abzuspalten und unter dem Firmen-Namen LANXESS am 31. Januar 2005 an die Börse zu bringen. Seither reißen die Meldungen über Rationalisierungsmaßnahmen, Lohn-Kürzungen, und Arbeitsplatzvernichtung nicht ab. Im Juni beschloss die Geschäftsführung die Streichung von 960 Stellen in der Bundesrepublik. 500 Stellen fallen in der Leverkusener Feinchemie-Produktion weg. LANXESS plant überdies eine Veräußerung dieses Geschäftszweigs, der vor allem unter mangelnder Nachfrage von BAYERs verkleinerter Pharma-Sparte leidet - das wäre dann die Abspaltung der Abspaltung. 300 Jobs streicht der Konzern im Bereich Styrol-Harze und ABS-Kunststoffe am Standort Dormagen und 150 Jobs beim Beschäftigten-Pool. Darüber hinaus führt die Chemie-Firma die 35-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich ein. Zunächst stand sogar die Schließung von einem der beiden Feinchemie-Standorte im Raum - aber das war nur Teil „der sehr geschickten Taktik von Vorstandschef Axel Heitmann“, wie die Süddeutsche Zeitung schrieb. „Den Wettbewerb zwischen Dormagen und Tarragona heizte er immer wieder mit der Ankündigung an, nur einer von beiden könne überleben. In einer solchen Gemengelage sind Mitarbeiter bereit, Zugeständnisse zu machen, wenn es der Sicherung von Arbeitsplätzen dient“, so die Zeitung weiter. Die Börse honorierte die Poker-Qualitäten Heitmanns. Kurz nach Bekanntwerden der Rationalisierungsmaßnahmen stieg der Kurs der LANXESS-Aktie um bis zu fünf Prozent. Er dürfte in Zukunft noch mehr steigen, denn Heitmann kündigte weitere Arbeitsplatzvernichtungen an.

LANXESS ohne Papier-Chemie?
Die BAYER-Abspaltung LANXESS kündigte an, einen Partner für das Geschäft mit Papier-Chemikalien zu suchen. Auch einen Verkauf der Sparte hält der Vorstandschef Axel Heitmann für möglich. Den 350 MitarbeiterInnen an den Standorten Leverkusen und Bushy Park stehen also ungewisse Zeiten bevor. Bei anderen den Profit-Erwartungen nicht entsprechenden Betriebsteilen will das Unternehmen Heitmann zufolge ähnlich vorgehen.

Bei LANXESS geht die Angst um
Wie es um das Betriebsklima bei der permanent neue Arbeitsplatzvernichtungen bekannt gebenden BAYER-Abspaltung LANXESS bestellt ist, hat der Stern dokumentiert. Das Magazin zitiert einen Beschäftigten: „Es heißt, bei LANXESS sind die Betriebsteile, die keine oder geringe Rendite machen. Ja bin ich denn auch ein scheiß-unrentabler Mitarbeiter?“. Von Zukunftsangst gequält, schildert er den JournalistInnen seinen Gemütszustand: „Ich habe manchmal das Gefühl, ich fahre im Blindflug auf eine Straßenkreuzung zu und weiß nicht, ob es da weitergeht“.

LANXESS ohne Standort-Vereinbarung?
Finanz-AnalystInnen werten die von der BAYER-Abspaltung LANXESS übernommene „Standort-Sicherungsvereinbarung“, die bis 2007 betriebsbedingte Kündigungen ausschließt, als Bremse für den Börsenkurs. Deshalb stellt Unternehmenschef Axel Heitmann sie jetzt zur Disposition und will Unterredungen mit dem Betriebsrat führen. Die unerwartet schlechte Geschäftslage lasse ihm keine andere Wahl, bekundete Heitmann. Sollten die Gewerkschaften sich nicht gesprächsbereit zeigen, müsse LANXESS noch mehr Standorte als geplant schließen, drohte er. Eine einseitige Kündigung des Standort-Vertrages schloss der Vorstandsvorsitzende allerdings aus.

Sanierung auf Kosten von LANXESS
Wie von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) vorausgesagt, vergeht kaum ein Monat ohne Hiobsbotschaft von LANXESS. Nach Standortschließungen und massiver Arbeitsplatz-Vernichtung stellt die BAYER-Abspaltung nun auch noch die „Standort-Sicherungsvereinbarung“ in Frage (s. o.). Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass der Pharma-Riese sich auf Kosten von LANXESS saniert hat. „Die Abspaltung des Chemie-Konzerns LANXESS von BAYER ist eine rundherum gelungene Veranstaltung - für BAYER“, schreibt die Faz. Der Pharma-Riese habe dem neu gegründeten Unternehmen Milliarden-Schulden aufgebürdet, profitable Chemie-Geschäfte wie WOLFF WALSRODE vorenthalten und es damit in eine schwierige ökonomische Lage gebracht, kommentierte die Zeitung.

Illegale Beschäftigung bei BAYER
Der Leverkusener Multi hat im Antwerpener Werk illegal ChinesInnen beschäftigt und sie auch noch zu chinesischen Konditionen (ca. 1 Euro Stundenlohn) bezahlt. Der Konzern beabsichtigte, sie für die Arbeit in der voraussichtlich 2009 fertiggestellten Kunststoff-Anlage in Shanghai zu schulen. Die hautnahe Konfrontation mit der chinesischen BAYER-Zukunft hat zudem bei den belgischen Beschäftigten Ängste vor Arbeitsplatzvernichtungen in Antwerpen entstehen lassen.

Hunderte in MitarbeiterInnen-Pools
Der „Standortsicherungsvertrag“ schließt bis 2007 betriebsbedingte Kündigungen aus. Deshalb parkt BAYER immer mehr MitarbeiterInnen in den so genannten Beschäftigten-Pools, wo sie dann auf Einsätze als SpringerInnen warten. Hunderte Belegschaftsangehörige, vor allem wegrationalisierte LaborantInnen und ChemikantInnen, befinden sich derzeit in dem „Zwischenlager“. Nach Ansicht der BASIS BETRIEBSRÄTE, einer oppositionellen Gewerkschaftsgruppe im Leverkusener BAYER-Werk, soll die perspektivlose Pool-Zeit die MitarbeiterInnen so mürbe machen, dass sie der Auflösung ihrer Verträge gegen Zahlung einer Abfindung zustimmen.

BAYER reduziert Übertarif
Das schlechte Beispiel der BAYER-Abspaltung LANXESS macht Schule (siehe AKTION & KRITIK). Wie das nunmehr selbstständige Chemie-Unternehmen reduziert nun auch der Leverkusener Multi die übertariflichen Zahlungen, indem er sie mit künftigen Entgelt-Erhöhungen verrechnen will.

BAYER-Betriebsrat gegen Grüne
Die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) hat schon vor langer Zeit ihren „sozialen Frieden“ mit dem Kapital gemacht. Angesichts von mehr als fünf Millionen Arbeitslosen zwingt sie das zu abenteuerlichen Volten. Da BAYER & Co. als unantastbar gelten, haben sie die Umweltpolitik der Grünen als Grund der Misere ausgemacht. „Die Grünen tun mit ihren ständigen Bedenken alles, um die deutsche Wirtschaft kaputt zu machen“, hetzte BAYERs Gesamtbetriebsratschef Erhard Gipperich und trat offen für eine Große Koalition in Nordrhein-Westfalen ein. Er brachte die „Initiative Pro Industriepolitik“ mit auf den Weg, der Betriebsräte von BAYER, TELEKOM, THYSSEN, FORD angehören. 1,2 bis 1,5 Millionen Beschäftigte repräsentiert sie nach Gipperichs Worten. Erste Tat der KollegInnen der Bosse: Sie schrieben einen Offenen Brief an den damaligen NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück, in dem sie eine Neujustierung des Verhältnisses zwischen Ökonomie und Ökologie forderten. Aber selbst Mitglieder der Initiative distanzierten sich von Gipperichs markigen Worten. Und andere Gewerkschaftler reagierten empört über den Wahlkampf des BAYER-Betriebsratlers: „Ein ziemlich dreistes Stück“.

Schneider für weniger Gewerkschaftsmacht
BAYERs Aufsichtsratsvorsitzender Manfred Schneider tritt dafür ein, die paritätische Mitbestimmung abzuschaffen und fordert eine Reduzierung der Gewerkschaftsmandate. „Mitbestimmung ist kein Exportschlager. Es muss sich etwas ändern“, so Schneider.

Das Baden-Badener Netzwerk
Die seit 1954 stattfindenden „Baden-Badener Unternehmensgespräche“ sind eine wichtige Kaderschmiede der bundesdeutschen Wirtschaft. Alljährlich schickt die Deutschland AG ihren Manager-Nachwuchs auf die drei Wochen dauernden Lehrgänge. Viele der TeilnehmerInnen wie etwa Jürgen Schrempp oder Klaus Kleinfeld haben später Spitzenpositionen übernommen. BAYER-Chef Werner Wenning ist selbstverständlich auch ein Baden-Badener, er war 1991 beim 87. Unternehmergespräch mit von der Partie. Sein Amtsvorgänger Manfred Schneider holte sich beim 77. den „letzten Karriereschliff“, wie die Welt schreibt.

Verschärfte Eingangskontrollen
Die Pressefreiheit endet bei BAYER spätestens vor dem Werkstor. Die heiligen Hallen der Produktion bleiben JournalistInnen in der Regel verschlossen - der Konzern wird schon wissen, warum. Im letzten Jahr bemühten sich ReporterInnen aber doch einmal, in Leverkusen einen Blick hinter die Kulissen zu erhaschen, was das Unternehmen als den Versuch wertete, „in Industrie- und Chemieanlagen einzudringen“. Der Multi zog sofort Konsequenzen und machte sich an die „Optimierung der Zugangsregelung“. Ein Betreten des Geländes ist jetzt nur noch mit einem Ausweis möglich, dessen Gültigkeit ein Lesegerät prüft. Zudem schloss BAYER einige Eingangstore.

Krankenkassen-Beiträge für BAYER gesenkt
Der 1. Juli 2005 hat das Ende der paritätischen Krankenversicherung besiegelt. Seither zahlen BAYER & Co. prozentual weniger als die Beschäftigten. Während ihr Beitragssatz um 0,45 Prozent sinkt, steigt er für die Belegschaftsangehörigen um ebendiesen Anteil. Nach der Rechnung des Regierungsberaters Bert Rürup entlastet das die Unternehmen über die nächsten zwei Jahren um bis zu zehn Milliarden Euro.

Beschäftigte denken, BAYER kassiert
Die Verbesserungsvorschläge von Belegschaftsangehörigen rechnen sich für BAYER weit mehr als für die Kreativen selber. Die Umsetzung von 15.000 MitarbeiterInnen-Ideen brachte dem Leverkusener Multi im Jahr 2004 einen Rationalisierungsgewinn von über 9,6 Millionen Euro ein, der sich 2005ff fortschreiben dürfte. Den ErfinderInnen zahlte er für den Zugriff auf ihr geistiges Eigentum aber insgesamt nur 3,5 Millionen Euro an Prämien.

BAYER zahlt Bonus
Vor der 1997 geschlossenen „Standortsicherungsvereinbarung“ zahlte BAYER der Belegschaft noch einen jährlichen Bonus von 85 Prozent eines durchschnittlichen Monatseinkommens. Mittlerweils beträgt er lediglich 35 Prozent des Monatsentgelts. Das ergab für die 23.000 bundesdeutschen Tarif-Beschäftigten im Jahr 2005 eine Prämie in Höhe von 39 Millionen Euro.

ERSTE & DRITTE WELT

„Entwicklungshelfer“ BAYER
In Guatemala tritt der Leverkusener Agro-Multi als Entwicklungshelfer auf. Gemeinsam mit der bundesdeutschen „Gesellschaft für technische Zusammenarbeit“ (GTZ) lehrt er LandwirtInnen in der Region Las Verapaces „Nachhaltige Entwicklung“ à la BAYER: Die Bauern und Bäuerinnen sollen auf Brandrodungen verzichten und ihre Erträge lieber mit Saatgut und Pestiziden made in Leverkusen steigern.

Malaria-Initiative in der Kritik
Im Jahr 1998 startete die Weltgesundheitsorganisation WHO die Malaria-Initiative „Roll back Malaria“. In dessen Rahmen unterstützten die Weltbank und die Bill-Gates-Stiftung BAYER bei der Entwicklung und Vermarktung eines neuen Malaria-Mittels, dessen Wirkstoff Artemisone ForscherInnen der „Hongkong University of Science and Technology“ entdeckten. Im April 2005 zog das medizinische Fachjournal The Lancet eine ernüchternde Zwischenbilanz des WHO-Programmes. Nach Meinung der WissenschaftlerInnen ist „Roll back Malaria“ weit hinter den selbstgesteckten Zielen zurückgeblieben, 60 Prozent der Erkrankten sofort eine medizinische Versorgung zu ermöglichen und so die Zahl der Malaria-Toten bis zum Jahr 2010 um die Hälfte zu senken. Jean-Marie Kindermans von ÄRZTE OHNE GRENZEN unterstützte den Vorstoß von The Lancet und kritisierte BAYER & Co. dafür, nicht genügend Artemisone-haltige Präparate zur Verfügung zu stellen. Für das Vorzeige-Projekt des Leverkusener Multis sieht es also schlecht aus.

IG FARBEN & HEUTE

Prinz Bernhard bei IG FARBEN
Der im Dezember 2004 verstorbene Prinz Bernard, der 1911 in Jena zur Welt kam, arbeitete in Amsterdam als Jurist bei dem von BAYER mitgegründetem Mörderkonzern IG FARBEN. Der Prinz war auch Mitglied der NSDAP und der SS.

IG-Gründung prosperiert
Die 1935 auf Initiative der IG FARBEN ins Leben gerufene „Gesellschaft für Konsumforschung“ (GfK) mit Sitz in Nürnberg weitet ihren Einfluss immer weiter aus. Mittlerweile gehören 120 Firmen zu ihrem Imperium, das sich über mehr als 60 Länder erstreckt. Damit gehört die GfK zu den weltgrößten Marktforschungsunternehmen. Die Idee zur Gründung der Gesellschaft hatte seinerzeit der im IG-Vorstand für BAYER zuständige Rudolf Wilhelm Mann. Der Arzneimittelverbrauch der „Volksgemeinschaft“ zählte deshalb zu den ersten Untersuchungsgegenständen der KonsumforscherInnen. Später widmeten sie sich vorzugsweise den Märkten derjenigen Länder, denen die Eroberungsgelüste der Nazis galten. So verfasste der spätere Bundeskanzler Ludwig Erhard eine „Südosteuropa-Untersuchung“ für die GfK, die auch heute noch gut in den ost- und südosteuropäischen Staaten vertreten ist.

POLITIK & EINFLUSS

Der Genosse der BAYER-Bosse
Die Bundesregierung unternimmt verstärkte Anstrengungen, um die Marktposition der bundesdeutschen Industrie in Südamerika vor allem gegen die wachsende chinesische Konkurrenz zu verteidigen. So führte die „Lateinamerika-Initiative der deutschen Wirtschaft“ im Mai 2005 gemeinsam mit VertreterInnen der Bundesregierung im kolumbianischen Cartagena die 9. Lateinamerika-Konferenz der deutschen Wirtschaft durch. Im Juli richtet der BDI mit Unterstützung aus dem Wirtschaftsministerium in Brasilien die deutsch-brasilianischen Wirtschaftstage aus, an der auch die „Agrobusiness-Initiative“ von BAYER & Co. teilnimmt. Es folgen weitere Aktivitäten, als deren Höhepunkt die für Ende des Jahres geplante Südamerika-Reise des Bundeskanzlers geplant ist - Flugbegleitung aus dem Hause BAYER dürfte obligatorisch sein.

Standort-Werbung durch WM
Im Herbst 2004 trafen sich Manager von BAYER und anderen Konzernen mit Bundeskanzler Schröder, um zu bereden, wie man die Fußballweltmeisterschaft als Werbung für die Unternehmen nutzen könnte. So entstand die Idee zum „1. FC Deutschland 06“. Der Sportbeauftragte des Leverkusener Multis, Meinolf Sprink, hat dabei gar keine Gewissensbisse. „Es ist richtig, Deutschland im Zuge der WM als Industriestandort zu präsentieren“, so Sprink. Noch dazu, wenn es so billig ist: der „1. FC Deutschland 06“-Vereinsbeitrag beträgt für BAYER und die anderen Sponsoren der Kampagne „Deutschland - Land der Ideen“ nur 100.000 Euro.

Wenning kritisiert Gentechnik-Politik
BAYER-Chef Werner Wenning hat die Haltung der Bundesregierung in Sachen „grüne Gentechnik“ scharf angegriffen. „Wir fürchten, dass die Pflanzen-Biotechnologie in Deutschland wegen der Haftungsregelungen nicht stattfindet“, sagte er. In einem anderen Interview sprach der Große Vorsitzende von einer „Forschungsblockade“ und „einem fundamentalen Konservatismus, der dem Standort Deutschland schadet“.

Garthoff kritisiert Gentechnik-Politik
BAYER CROPSCIENCE-Vorstandsmitglied Bernward Garthoff hat das Gentechnik-Gesetz kritisiert, über das der Vermittlungsausschuss verhandelt. Wegen der strengen Haftungsregelungen macht es seiner Meinung nach den Anbau von Gentech-Pflanzen in der Bundesrepublik unmöglich. „Wir verpassen die Chance, das Potenzial für eine Schlüsseltechnologie weiterzuentwickeln“, warnt er und stimmt den Standort-Blues an.

Gentech-Gesetz verändert
Die Kritik von BAYER & Co. am Gentechnik-Gesetz zeigt Wirkung. Die rot-grüne Bundesregierung hat bereits Veränderungen an dem Paragrafenwerk vorgenommen und damit den CDU-Ministerpräsidenten im Bundesrat die Zustimmung leichter gemacht. Für die Risiken und Nebenwirkungen steuerfinanzierter Freisetzungsversuche haftet jetzt nicht mehr die Industrie, sondern der/die SteuerzahlerIn. Zudem stehen die Informationen über die genaue Lage der Gentech-Äcker niemand mehr offen, der nicht erfolgreich ein „berechtigtes Interesse“ nachweisen kann. „Die Bundesregierung reduziert damit die Transparenz und mindert den Verbraucherschutz“, kritisiert der Präsident des NATURSCHUTZBUNDES DEUTSCHLAND (NABU), Olaf Tschimpke.

Gen-LobbyistInnen bei Künast & Co.
Nach Recherchen des Verbandes FRIENDS OF THE EARTH haben hohe BeamtInnen vom „Bundesamt für Verbraucherschutz“ und von der „Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft“, welche die Bundesrepublik auch bei der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit vertreten, intensive Beziehungen zur Biotech-Industrie. Einige waren sich nicht einmal dafür zu schade, in den „Pro-Gentech“-Werbevideos von BAYER & Co. aufzutreten. Über ihre Entscheidungen bei der Zulassung von Freisetzungsversuchen und Gen-Pflanzen dürfte deshalb kaum Unklarheit bestehen.

Zuwachs im Verbindungsbüro
Im Oktober 2003 eröffnete der Leverkusener Multi seine Berliner Repräsentanz am Pariser Platz in unmittelbarer Nähe zum Regierungsviertel. Sinn und Zwecks des „Verbindungsbüros“ definiert BAYER-Chef Werner Wenning so: „Wir bei BAYER verstehen uns als Bestandteil der Gesellschaft und sehen es daher als unsere Pflicht, uns in die gesetzgeberischen Entscheidungsprozesse einzubringen“. Diese „Pflichterfüllung“ macht soviel Arbeit, dass der Agro-Riese das Personal aufstocken musste. Britta von Scharpen verstärkt jetzt das Team und lässt Böses ahnen. Die Dame soll sich nämlich vor allem um Fragen der Forschungs- und Sozialpolitik kümmern.

Synergieeffekt „Winnacker“
Ernst-Ludwig Winnacker ist so etwas wie das Drehkreuz der bundesdeutschen Gentechnik-Politik. Der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft gehört dem BAYER-Aufsichtsrat an, hat eigene Biotech-Firmen gegründet, berät Bundeskanzler Schröder in Sachen „Klone & Co.“ und schaltet und waltet im Genomforschungsnetzwerk. Für Unternehmen, bei denen er einen Aufsichtsratsposten inne hat, machte er im „Bundesministerium für Bildung und Forschung“ (BMBF) Millionen locker, wie das Buch „Die Gesundheitsmafia“ enthüllte. Für BAYERs Projekt „Entwicklung von biologischen Markern“ floss ein BMBF-Betrag in Höhe von 1,97 Millionen Euro.

BAYER kooperiert mit Umweltamt
BAYER hat gemeinsam mit dem nordrhein-westfälischen Landesumweltamt einen „Tag der Umwelt“ veranstaltet, der im Uerdinger Werk und auf dem Laborschiff „Max Prüss“ stattfand. Zur Feier des Tages waren auch 44 TeilnehmerInnen von BAYERs image-trächtig gemeinsam mit der UN initiiertem UmweltbotschaftlerInnen-Programm anwesend. Ihnen gaukelte der Konzern erfolgreich vor, der Rhein wäre ein reiner Fluss. „Sie haben es geschafft, dass der Rhein wieder sauberes Wasser führt. Wir möchten in Deutschland lernen, um unsere eigenen Probleme lösen zu können“, zeigte sich die in Singapur lebende Dorothy Cloaro begeistert. Der 1999 erschienene letzte Gewässergütebericht des Landes Nordrhein-Westfalen kam da zu ganz anderen Ergebnissen. Besonders in der Nähe der BAYER-Werke ließ die Wasser-Qualität zu wünschen übrig. So hatten die BAYER-Werke Dormagen und Wuppertal an den im Rhein nachgewiesenen Pestizid-Rückständen einen Anteil von 5-10 Prozent. Allein das Produkt DIURON fand sich in 73 Prozent aller Wasserproben. Ebenfalls ganz vorne mit dabei: Wirkstoffe der Ackergifte RAPIR, HEDOMAT, ECONAL und GOLTIX.

SPD-Bundestagsabgeordnete bei BAYER
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein besuchte BAYERs Biotech-Forschungszentrum im nahe Potsdam gelegenen Hermannswerder. Sie ließ sich durch die schöne neue Genwelt führen, die Folien, Papier, Klebstoff, Mayonnaise, Puddingpulver, Reis und Kartoffelstärke im Reagenzglas produziert und zeigte sich beeindruckt. „Faszinierend“, so ihr fachfrauliches Urteil. Die wackere Sozialdemokratin würde sogar kraftvoll in ein Gentech-Brötchen beißen: „Ich würde das essen, garantiert!“

Reul referiert bei BAYER
Im November 2004 besuchte der Industrieausschuss der Düsseldorfer „Industrie- und Handelskammer“ die BAYER-Niederlassung in Monheim. Auf der Tagesordnung stand eine Diskussion über die Zukunft der Gentechnologie in Nordrhein-Westfalen und ein Vortrag des für die CDU im Europaparlament sitzenden Herbert Reul. Der Politiker gehört dem Straßburger Forschungsausschuss an und sprach über die „Aktuelle Forschungsförderung in Europa“.

„Oberaufseher“ Schneider
Als „Oberaufseher“ der bundesdeutschen Wirtschaft bezeichnet die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung BAYERs Aufsichtsratsvorsitzenden Manfred Schneider. „Niemand weiß mehr über das Innenleben deutscher Konzerne“, so die Zeitung. Schneider ist Aufsichtsratsvorsitzender bei BAYER und LINDE und hat einen Sitz in den Kontroll-Gremien von ALLIANZ, DAIMLER CHRYSLER, METRO, RWE und TUI. Damit bleibt er knapp unter der vom Aktiengesetz noch als tolerierbar erachteten Ämterhäufung. Über Unternehmen mit einem Börsenwert von 129 Milliarden Euro, einem Umsatz von 375 Milliarden und 1.1 Millionen Angestellten wacht Mister Aufsichtsrat und arbeitet dabei mit allen Großkopferten der Deutschland AG von Josef Ackermann bis zu Jürgen Schrempp zusammen.

Erleichterte Pillen-Zulassungen in der EU
Nach dem geplanten EU-Arzneimittelrecht soll die Zulassung einer Arznei in einem Mitgliedsstaat reichen, um sie auch in den anderen Ländern der Union auf den Markt bringen zu können. Dank der starken Lobbyarbeit von BAYER & Co. fallen dann zusätzliche nationale Untersuchungen z. B. über die Wechselwirkungen eines Medikamentes mit anderen Pillen und Studien mit AllergikerInnen oder Angehörigen anderer Risikogruppen über die Verträglichkeit eines Präparates weg. Aber die neue Regelung schränkt durch die erleichterten Genehmigungsverfahren nicht nur die Arzneimittelsicherheit ein - die Krankenkassen befürchten zudem eine Schwemme neuer, teurer und nur bedingt nützlicher Pharmazeutika.

Freundschaftsdienste von Florenz
In dem Europa-Parlamentarier Karl-Heinz Florenz (CDU) hat der Leverkusener Agro-Multi einen ganz treuen politischen Außendienstmitarbeiter. Nicht nur in Sachen „Chemikaliengesetz“ erweist sich der BAYER-Dauergast als treuer Sachwalter von Konzern-Interessen, auch in der Pharma-Politik erwirbt er sich Verdienste. Der Vorsitzende des EU-Parlamentsausschusses für Umwelt und Gesundheit hat an neuen Leitlinien mitgearbeitet, die den EU-Ländern Nachprüfungen anderswo bereits zugelassener Medikamente erschwert, was den Produkten von BAYER & Co. einen besseren Marktzugang sichert (s. o.).

Abgeordnete schreiben BAYTRIL-Brief
BAYER lässt nichts unversucht, das drohende Verbot des vor allem auf Hühnerfarmen verwendeten Antibiotikums BAYTRIL zu verhindern (siehe auch RECHT & UNBILLIG). Der Konzern engagierte den Lobbyisten Wayne Valis, um mit BeamtInnen aus dem Weißen Haus und mit FDA-Offiziellen über eine Aufhebung des geplanten BAYTRIL-Bannes zu verhandeln. Zusätzlich heuerte die Industrie-Vereinigung „Animal Health Institute“ für jährlich 75.000 Dollar den Ex-Senator Robert W. Kasten Jr. an, der seine alte Kontakte in den Dienst der BAYER-Sache stellen sollte. Als das alles nichts nutzte, tat sich der Multi im Kongress um und brachte den Republikaner Charles W. Pickering Jr. hinter sich. Unterstützt vom Lobbyisten Christopher Myrick setzte er mit 26 Kongress-Mitgliedern einen Brief an den FDA-Zuständigen Lester M. Crawford auf, in dem die PolitikerInnen die Veterinär-Antibiotika „als absolut notwendig zum Schutz der Gesundheit der Tiere“ bezeichneten, obwohl immer mehr BAYTRIL-resistente Bakterien in den Nahrungskreislauf gelangen und im menschlichen Organismus schwer behandelbare Infektionen auslösen. Die Gesundheitsbehörde reagierte schroff und teilte Pickering mit, sein Versuch, Crawford umzustimmen, stelle einen Bruch der US-Gesetze dar. „Als eine unfaire und unangebrachte Einmischung des Kongresses in ein juristisches Verfahren“ bezeichnete der Ex-FDAler Stanley Brand das Schreiben der Abgeordneten. Sein früherer Kollege Donald Kennedy sagte der Washington Post: „Ich habe während eines solchen quasi-juristischen Entscheidungsprozesses niemals solche Briefe erhalten und sollte sie auch nicht erhalten haben. Es ist schlicht ungehörig“.

PROPAGANDA & MEDIEN

Grünflächen zu Werbeflächen
Der Leverkusener Multi nutzte die über seiner ehemaligen Giftmüll-Deponie Dhünnaue errichtete Landesgartenschau ausgiebig als Werbeplattform. So veranstaltete der Konzern einen „Tag der Männergesundheit“, um für sein hinter den Umsatzerwartungen zurückbleibendes Potenzmittel LEVITRA Reklame zu machen. Zudem ließ er seine Werksfeuerwehr für ein sensationslüsternes Publikum den Ernstfall proben und gab HobbygärtnerInnen Pflegetipps inklusive Pestizidberatung. Parallel dazu stellte BAYER CROPSCIENCE im Rahmen der „Gärten des Lebens“ den so genannten Pflanzenschutzgarten vor. Angesichts von jährlich drei Millionen Pestizid-Vergiftungen wäre „Garten des Todes“ sicher ein angemessenere Bezeichnung. BAYER HEALTH CARE richtete dazu den „Gesundheitsgarten“ her - nur vor der Einrichtung eines „Gentech-Gartens“ schreckte BAYER wg. Akzeptanzproblemen zurück. Dafür bewarb der Konzern eine Veranstaltung der rheinischen WanderimkerInnen, die unter dem Motto „Gesunde Bienen für gesunden Honig“ stand, obwohl das BAYER-Pestizid GAUCHO wegen seiner bienentötenden Wirkung BienenzüchterInnen auf der ganzen Welt gegen den Agro-Riesen aufbringt.

Habemus BAYER
BAYER sponsort den Katholizismus und stellt dem im August in Köln stattfindenden Weltjugendtag Sachleistungen im Gesamtwert von ca. 400.000 Euro zur Verfügung. Der Multi erwartet einen Pilgerstrom von ca. 80.000 Menschen in Richtung BayArena. An diesem denkbar profanen Ort wollen die Gläubigen unter anderem Messfeiern abhalten. Bei dem zu erwartenden TV-Rummel und der damit einhergehenden medialen Präsenz des BAYER-Logos hat der Konzern seinen Kollektenbeitrag sicherlich gut angelegt.

Chinesische Ballon-Meisterschaft mit BAYER
Der Leverkusener Chemie-Multi nutzt alle Mittel und Wege, um den Namen BAYER im Boom-Land China bekannt zu machen. So nahm der Luftsport-Club BAYER an den „Internationalen Chinesischen Ballon-Meisterschaften“ teil und fuhr das übergroß auf dem Luft-Fahrzeug prankende BAYER-Kreuz 1.000 Kilometer durch das Reich der Mitte spazieren.

BAYER schult ApothekerInnen
Die Gesundheits„reform“ gestattet MedizinerInnen nur noch in Ausnahmefällen, rezeptfreie Arzneien zu verordnen. Aber BAYER hatte vorgesorgt und seine Werbeanstrengungen auf andere Zielgruppen verlagert. „Wir haben bereits vor fast 10 Jahren die strategische Entscheidung getroffen, uns in der Kommunikation auf den Endverbraucher und den Apotheker zu konzentrieren“, sagt Wolf-Ullrich Scherhag, der beim Konzern die Abteilung „Gesundheitspolitik“ leitet. Das Unternehmen nahm die jüngsten Entwicklungen aber zum Anlass, sich noch stärker auf die PharmazeutInnen zu konzentrieren. So kümmert sich der Pharma-Riese mit der „BayUni“ verstärkt um die konzern-konforme Fortbildung der ApothekerInnen. In Zusammenarbeit mit der „European Business School“ unterrichtet er sie in den Fächern „Kunden-Kommunikation“, „Handelsmarketing“ und natürlich besonders „Produkt-Präsentation“.

BAYER umwirbt Frauen als Kundinnen
Der Leverkusener Multi hat gemeinsam mit dem Kuratorium „Frau und gesunde Lebensführung“ eine Werbe-Offensive gestartet, um Frauen verstärkt als Kundinnen für rezeptfreie Medikamente zu gewinnen. In 2.000 Apotheken hat er Broschüren zum Thema „Frauengesundheit“ platziert. Zudem will der Konzern mit einer Umfrage die wachsende Bedeutung der Selbstmedikation statistisch belegen. „Frauentypische Bereiche, in denen die eigenverantwortliche Behandlung mittels Selbstmedikation möglich ist, sind beispielsweise Regelschmerzen, Vaginalpilz-Infektionen, Verdauungsbeschwerden und Migräne-Kopfschmerzen“, gibt die Pharma-Rundschau BAYER-Informationen wieder und vergisst nur, die dazugehörigen Produkte wie ASPIRIN, AKTREN, CANESTAN und RENNIES zu erwähnen.

BAYER betreibt Museumspädagogik
Sehr museal kommt das in Wuppertal ansässige Naturkunde-Museum Fuhlrott nicht daher. Es gibt sich „mit freundlicher Unterstützung von BAYER“ sehr gegenwartsbezogen und praxisorientiert. Der Konzern hat in dem Bau nämlich Labors eingerichtet, wo Molekular-BiologInnen des Unternehmens SchülerInnen unter anderem in DNA-Analysen unterweisen. Über die Motive dieses Engagements lässt der Leverkusener Agro-Multi kaum Zweifel aufkommen. „Wir tun das auch, um mit dem Interesse an Naturwissenschaften auch Arbeitskräfte für die Zukunft zu gewinnen“, sagt der BAYER HEALTH CARE-Leiter Bernd von der Linden.

Schulen erhalten 11.000 Euro
Schulen im Umfeld des Bitterfelder BAYER-Werkes haben vom Leverkusener Agro-Multi und anderen im Verband der Chemischen Industrie (VCI) organisierten Unternehmen insgesamt 11.000 Euro für die Anschaffung von Chemie-Lehrmitteln erhalten. Aber der Scheck kam nicht allein. „Zusätzlich legte der Chemie-Konzern eine Experimentieranleitung zur Herstellung von ASPIRIN mit bei“, schrieb die Mitteldeutsche Zeitung und gab so gründlicher Aufschluss über BAYERs Motive.

TIERE & ARZNEIEN

Immer noch BAYTRIL-Resistenzen
Im Jahr 2000 forderte die US-Gesundheitsbehörde FDA die Unternehmen BAYER und ABBOTT auf, ihre in der Massentierhaltung verwendeten Antibiotika vom Markt zurückzuziehen, weil immer mehr Bakterien gegen die Mittel Resistenzen ausbilden und - in die Nahrungskette gelangt - schwer behandelbare Krankheiten verursachen. So löst die Campylobacter-Bakterie nach Angaben eines medizinischen Instituts jährlich 2,4 Millionen Infektionen aus. Während ABBOTT sich der Entscheidung der FDA fügte, akzeptierte BAYER sie nicht. Trotzdem verzichten einige große Hühnerfarmen seitdem auf BAYTRIL. Aber die Wirkung der Tierarznei hält noch an. Selbst ein Jahr nach Absetzen des Mittels fanden ForscherInnen noch BAYTRIL-resistente Krankheitskeime in dem untersuchten Fleisch. In 33 Prozent der Proben des Hühnerzüchters TYSON wiesen sie Campylobacter-Bakterien nach, 96 Prozent davon waren gegen BAYTRIL immun. Hühner eines anderen Anbieters waren zu 19 Prozent von dem Erreger befallen, 43 Prozent davon resistent gegen das BAYER-Antibiotikum.

DRUGS & PILLS

Blind durch LEVITRA
BAYERs Potenzpille LEVITRA hat zahlreiche Nebenwirkungen. Als solche zählt eine von BAYER selbst in Auftrag gegebene Studie Kopfschmerzen, Gesichtsrötungen, Nasenschleimhaut-Entzündungen, Grippe-Symptome und Verdauungsbeschwerden auf (Ticker 1/03). Jetzt hat die US-Gesundheitsbehörde FDA auch eine Meldung über einen Fall von Blindheit nach Einnahme des Präparates gegen „erektile Dysfunktion“ bekommen. VIAGRA hat sogar schon 38 Menschen die Sehkraft geraubt.

FDA: Keine Infarkte durch ALEVE
Nach einer im Herbst 2004 vom US-amerikanischen „National Institute of Aging“ (NIA) veröffentlichten Studie steigerte BAYERs Schmerzmittel ALEVE mit dem Wirkstoff Naproxen für die ProbandInnen das Risiko, einen Herzinfarkt zu bekommen, um 50 Prozent. Die Verantwortlichen stoppten den Test sofort und informierten die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA (siehe SWB 1/05). Diese überprüfte die ALEVE-Wirkung anhand von Daten, die BAYER bereitstellte, und stufte das Medikament im Gegensatz zum NIA als sicher ein.

Nr. 3 bei rezeptfreien Pillen
Im letzten Jahr übernahm BAYER die ROCHE-Sparte mit rezeptfreien Medikamenten und gehört seither weltweit zu den drei größten Anbietern in diesem Segment. Besonders auf dem Vitamin-Sektor hat der Pharma-Riese zugelegt. Neu zum Sortiment gehören die Multivitamine BEROCCA, SANATOGEN, SUPRADYN und die Spezial-Vitamine CAL-D-VITA, ELEVIT und REDOXON. Der Leverkusener Chemie-Multi vermarktet diese Mittel gern in armen Ländern als Stärkungsmittel, was regelmäßig Proteste von Initiativen wie der BUKO PHARMAKAMPAGNE hervorruft. „Multivitamin-Präparate oder Tonika zur Prophylaxe von Mangelerscheinungen anzupreisen, ist vor dem Hintergrund chronischer Mangelernährung zynisch und spricht nicht für das Verantwortungsbewusstsein der betroffenen Firmen“, kritisiert die Gruppe.

Bald noch mehr rezeptfreie Pillen?
Mit dem Erwerb der ROCHE-Sparte ist BAYER zum weltweit drittgrößten Anbieter von rezeptfreien Medikamenten aufgestiegen. Von Vitamintabletten über Magenpillen bis zu Haarwuchsmitteln wie PRIORIN und Kosmetika reicht nun das Sortiment. Da der Markt in diesem Segment wächst, allein im ersten Quartal 2005 um sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr, plant der Konzern weitere Zukäufe. Vor allem nach Husten- und Erkältungsarzneien hält er Ausschau.

Konzentration auf dem Pillen-Markt
Seit der Gesundheits„reform“ erstatten die Krankenkassen vom Arzt verordnete rezeptfreie Medikamente nicht mehr. In der Folge brach der Markt ein. BAYER und andere große Hersteller waren allerdings die Krisengewinnler. Sie konnten sich dank großer Etats rechtzeitig auf den Wandel einstellen und ihre Werbemaßnahmen auf Apotheken und VerbraucherInnen umstellen (siehe auch PROPAGANDA & MEDIEN). Während kleinere Hersteller Einbußen von 20 Prozent hinnehmen mussten und in ihrer Existenz bedroht sind, reduzierte sich der Umsatz von BAYER & Co. im Geschäftsjahr 2004 nur um fünf Prozent - und dank der Erkältungswelle zum Jahreswechsel macht Big Pharma inzwischen schon wieder ein kräftiges Plus.

Neues Blasen-Medikament
BAYER bringt mit EMSELEX (Wirkstoff: Darifenacin) ein neues Medikament für PatientInnen mit überaktiver Blase heraus. Die Lizenz zur Vermarktung des Präparats hat der Pharma-Riese von NOVARTIS erworben.

BAYER die Nr.18
In der Liste der weltweit größten Pharma-Unternehmen nimmt BAYER den Rang 18 ein.

BAYER gesundet an Grippewelle
Der Umsatz von BAYERs Gesundheitssparte stieg im ersten Quartal 2005 um rund fünf Prozent auf 2,1 Milliarden Euro. Die Grippewelle erhöhte den Absatz von Erkältungspräparaten dermaßen, dass der Konzern sogar die starken Verluste durch den Ablauf des exklusive und entsprechend lukrative Vermarktung garantierenden Patents für das Antibiotikum CIPROBAY ausgleichen konnte.

CIPROBAY zum Inhalieren
Im Jahr 2003 lief der eine Monopol-Stellung garantierende Patentschutz für BAYERs Antibiotikum CIPROBAY aus. Die drohenden Einnahme-Verluste fing der Chemie-Multi zum Teil durch eine Umstellung der Darreichungsform oder eine geringfügige, neue Anwendungsgebiete erschließende Veränderung der Rezeptur ab. Die US-Gesundheitsbehörde FDA spielte das Recycling-Spiel jeweils mit und verlängerte das Patent bereits dreimal. Anfang 2005 kündigte der Leverkusener Multi nun wieder eine Schein-Innovation an. Er will gemeinsam mit dem US-Unternehmen NEKTAR eine CIPROBAY-Variante zum Inhalieren für Mukoviszidose-PatientInnen mit chronischer Lungenentzündung entwickeln.

GENE & KLONE

Gefährlicher Genraps
Jüngst veröffentlichte die britische Regierung die letzten Ergebnisse einer Studie über Risiken und Nebenwirkungen von Gen-Pflanzen. Die ForscherInnen legten Felder mit Herbizid-resistentem Gentech-Winterraps von BAYER und solche mit konventionellen Sorten an, zogen sie unter Pestizid-Einsatz auf und studierten die Umweltauswirkungen. Der Vergleich ging zu ungunsten des Rapses made in Leverkusen aus. Die Ackergifte auf den Genfeldern vernichteten Pflanzen, die Vögeln und Insekten als Nahrung dienen, und schränkten so die Biodiversität ein. Darüber hinaus kam es zu einem vermehrten Unkraut-Wuchs, der wiederum mehr Pestizide nötig machte. Der Agro-Multi zog die Konsequenzen. Er wollte auf einen Anbau des Winterrapses innerhalb der Europäischen Gemeinschaft verzichten und ihn lediglich noch in die EU-Region importieren. Brüssel jedoch akzeptierte eine entsprechende Änderung des Zulassungsantrages nicht. Eine endgültige Entscheidung fällt im Jahr 2006.

Gen-Pflanzen: Umsatzanteil 5 %
Im Geschäftsjahr 2004 betrug der Jahresumsatz von BAYER CROPSCIENCE 5,9 Milliarden Euro. Das Geschäft mit der Gentechnik hatte daran einen Anteil von fünf Prozent. Ca. 300 Millionen Euro spülte es in die Kassen.

Gentech-Boom in Brasilien
Brasiliens Präsident Lula da Silva hat im Jahr 2003 grünes Licht für die „Grüne Gentechnik“ gegeben. BAYER nahm die Einladung dankend an und pflanzt in dem südamerikanischen Land nun genmanipulierte Baumwoll-, Raps- und Reissorten an.

BIOGENIUS in Monheim
BAYERs „Start-Up-Initiative“ hat sich zum Ziel gesetzt, junge Biotech-Unternehmen zu unterstützen, um später von ihren Entwicklungen zu profitieren. Zu solchen Förderkandidaten zählt BIOGENIUS, das sich jetzt im Monheimer Chemie„park“ angesiedelt hat. Die Firma testet Haushaltsinsektizide gemäß der Biozid-Richtlinie der EU, übernimmt aber auch die Entwicklung von Mücken-Sprays und anderen Haushaltsgiften bis zur Marktreife, was beim Leverkusener Pestizid-Multi Outsourcing-Fantasien nähren könnte.

Kooperation mit ICON
BAYER CROPSCIENCE hat eine Zusammenarbeit mit ICON GENETICS vereinbart. Das Biotech-Unternehmen mit Firmensitzen in Halle und München will für den Agro-Multi pflanzliche Proteine finden, die in der Medikamenten-Produktion einsetzbar sind.

3. Testphase für Hautkrebs-Mittel
Der gemeinsam von BAYER und ONYX gentechnisch entwickelte Wirkstoff Sorafenib hat als Präparat zur Behandlung von Hautkrebs die Phase III der Erprobung erreicht. Gemeinsam mit den Chemotherapeutika Carboplatin und Paclitaxel soll BAY 43-9006 das Wachstum von Melanomen hemmen. Parallel dazu testen WissenschaftlerInnen die Substanz als Mittel gegen Nieren- und Leberkrebs.

BAYER sucht das Infarkt-Gen
BAYER, der „Herz-Kreislauf-Verbund Nordrhein-Westfalen“ und WissenschaftlerInnen der Universität Münster wollen die DNA von Herzinfarkt-PatientInnen mit der von gesunden Menschen vergleichen und so Aufschluss über eine etwaige genetische Veranlagung für Kreislauferkrankungen gewinnen. Ein absurdes Vorhaben, da die medizinische Fachwelt übereinstimmend eine ungesunde Lebensweise als Hauptrisikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall ausgemacht hat. Davon hat auch der Institutsdirektor Professor Gerd Assmann gehört. Diesen Zusammenhang hält er aber für genügend erforscht, ihn interessiert die Suche nach dem Herzinfarkt-Gen. „Was uns in den nächsten Jahre umtreiben wird, ist der Versuch, die genetische Disposition besser zu verstehen“, so der Arzt

SAATGUT & LANDWIRTSCHAFT

Neuer Raps von BAYER
BAYER CROPSCIENCE hat eine Zusammenarbeit mit dem US-Unternehmen CARGILL vereinbart. Die Konzerne wollen gemeinsam eine neue Rapssorte herstellen und vermarkten. BAYER stellt das Hybrid-Saatgut für eine Rapsart mit weniger gesättigten Fettsäuren her, CARGILL macht daraus Öl und verkauft es der Lebensmittel-Industrie. Darüber hinaus einigten sich die Geschäftspartner darauf, künftig gemeinsam Forschungsanstrengungen in Sachen Rapsöl zu unternehmen.

WASSER, BODEN & LUFT

Weitere Chrom-Untersuchungen
Das Grundwasser in der Umgebung des im südafrikanischen Durban gelegenen BAYER-Werks ist stark durch Krebs erregende Chrom-Verbindungen belastet (siehe auch SWB 4/04). Später fanden WissenschaftlerInnen das durch den Julia-Roberts-Film „Erin Brockovich“ berühmt-berüchtigte Chrom 6 auch in unmittelbarer Nähe von Wohnhäusern. Die Initiative SOUTH DURBAN ENVIRONMENTAL ALLIANCE forderte daraufhin flächendeckende Untersuchungen der DurbanerInnen, die im Umkreis der mittlerweile zu LANXESS gehörenden Niederlassung leben. Die Stadtverwaltung gab sie auch in Auftrag und will die Kosten dem Chemie-Unternehmen in Rechnung stellen.
In der unmittelbaren Nachbarschaft des Werkes geht die Angst um. „Wir leben auf Abruf. So sehe ich es. Wir wissen eben nicht, ob wir betroffen sind“, sagte Anil Ramlukan der südafrikanischen Sonntagszeitung The Times. Und Babs Govender erzählte dem Reporter: „Wir sind besorgt. Wir wissen nicht, ob das Chrom in unser Trinkwasser gelangt ist“. Der Konzern hingegen beschwichtigt. Wenn Personen nicht unmittelbar mit dem verseuchten Wasser in Verbindung gekommen sind, besteht keine Gesundheitsgefahr, so ein Sprecher. Zudem versucht die Firmenleitung sich der Verantwortung zu entziehen, indem sie auf angebliche Chrom-Belastungen weit vor der Zeit von BAYER/LANXESS verweist.

Marode Abwasser-Kanäle
Die Abwasser-Kanäle auf dem Gelände des BAYER-Chemie„parks“ Leverkusen entsprachen nicht mehr den heutigen Anforderungen. Der Konzern musste 7,5 Millionen Euro in die Sanierung investieren.

Weniger Quecksilber in der EU?
Die EU plant, der Industrie Auflagen zur Reduzierung ihrer Quecksilber-Emissionen zu machen. BAYER leitet jährlich 33 Kilogramm des Schwermetalls, das massive Schädigungen des Nervensystems hervorrufen kann, in die Gewässer ein.

Noch mehr Giftmüll in Dormagen
BAYER betreibt die Abfall-Entsorgung mittlerweile als Geschäft und nimmt auch Fremdaufträge für die Deponien in Krefeld und Rheinfeld bei Dormagen an. So hat der Leverkusener Multi im Auftrag des „Altlastensanierungs- und Altlastenaufbereitungsverbands Nordrhein-Westfalen“ (AVV) im Februar 2005 ca. 30.000 Tonnen belasteter Böden und Schlacken nach Rheinberg gebracht und die AnwohnerInnen wohlweislich schon vorher vor Geruchsbelästigungen beim Einlagern gewarnt.

BAYER wirbelt Staub auf
Durch die neue EU-Richtlinie gerieten die durch Feinstäube ausgelösten Gesundheitsschädigungen in das Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit. In der Diskussion über die Ursachen für die Besorgnis erregenden Werte spielten BAYER & Co. jedoch kaum eine Rolle, die Emissionen wurden hauptsächlich dem Autoverkehr angelastet. Dabei bliesen die BAYER-Werke allein im Jahr 2000 ca. 1.900 Tonnen Feinstäube in die Luft.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Nr. 2 bei Pestiziden
BAYER war im Geschäftsjahr 2004 mit einem Umsatz von 7,30 Milliarden Dollar der weltweit zweigrößte Pestizidanbieter. Der Branchenführer SYNGENTA nahm 7,46 Milliarden ein.

GAUCHO vergiftet afrikanische Bienen
Eine Insekten-Plage führte in verschiedenen afrikanischen Ländern zu einem Großeinsatz von BAYERs berühmt-berüchtigtem Ackergift GAUCHO. In der Folge setzte ein massives Bienensterben ein. Besonders marokkanische ImkerInnen erlitten herbe Verluste. GAUCHO „hat Millionen Bienen getötet und die überlebenden so geschädigt, dass sie keinen Honig mehr produzieren“, klagt ein Bienenzüchter. UmweltschützerInnen befürchten auch eine Schädigung des Grundwassers durch das schwer abbaubare Insektizid, das in Frankreich wegen seiner „Nebenwirkungen“ nur noch für ganz bestimmte Anwendungen zugelassen ist.

Bienensterben in Zypern
In Zypern leiden BienenzüchterInnen unter einer Dezimierung ihrer Bestände durch das BAYER-Pestizid GAUCHO. Der EUROPÄISCHE IMKERBUND hat zur Beratung der ImkerInnen eine Delegation auf die Insel entsandt.

Noch mehr GAUCHO
Im Jahr 2006 läuft der Patentschutz für den bienentötenden GAUCHO-Wirkstoff Imidacloprid aus. Um drohende Umsatzrückgänge bei dem weltweit meistverkauftesten Insektizid auszugleichen, hat BAYER CROPSCIENCE mit dem israelischen Konzern MAKHTESHIM und dem dänischen Unternehmen CHEMINOVA, die beide GAUCHO-Nachahmerprodukte herstellen wollen, Verträge über Lieferungen der Wirksubstanz abgeschlossen. CROPSCIENCE-Chef Friedrich Berschauer rechnet aber trotz Endes der lukrativen Exklusivvermarktung von Imidacloprid weiter mit guten GAUCHO-Geschäften. „Patentfreie Kopien haben im Pflanzenschutz nicht so viel Bedeutung wie bei Arzneimitteln“, so Berschauer

Neues Anti-Pilzmittel
Der Fungizid-Markt boomt. Deshalb bringt BAYER in diesem Jahr das neue Anti-Pilzmittel PROSARO mit dem Wirkstoff Prothioconazole heraus.

BAYER berät LandwirtInnen
BAYER CROPSCIENCE will künftig mit der Einbecker HOFKONTOR AG bei der Beratung von LandwirtInnen in Sachen „Pestizid-Einsatz“ kooperieren. „Wir bieten dem Landwirt nicht nur Pflanzenschutzmittel an, sondern eine individuelle Beratung für diese Produkte, die individuell auf die Struktur seines Betriebes zugeschnitten sind“, erläutert BAYER CROPSCIENCE-Marketingleiter Ulrich Triebel. Besonders durch die verstärkte Tendenz zu Agrar-Großbetrieben und den damit verbundenen Rationalisierungsoffensiven sieht er die Chancen für „Gift nach Maß“ steigen. Da BAYERs Partner zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe berät, dürfte der Deal dem Konzern auch eine lukrative Monopolstellung im Segment „Pestizide“ bei den HOFKONTOR-KundInnen bescheren.

Holzgifte und kein Ende
BAYERs Tochter-Firma DESOWAG hat bis Mitte der 80er Jahre „Holzschutzmittel“ wie XYLADECOR produziert, die Gesundheitsschädigungen bei 200.000 Menschen verursachten. Erst als Giftopfer den Leverkusener Multi und andere Hersteller im so genannten Holzgifte-Prozess - dem größten Umwelt-Strafverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik - verklagten, trennte das Unternehmen sich von der DESOWAG. Aber immer noch erhält die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) Briefe von Holzgifte-Geschädigten oder deren Anwälten mit Bitten um Unterstützung.

PLASTE & ELASTE

Nr. 48 bei Autozulieferern
In der Rangliste der 100 weltgrößten Autoindustrie-Zulieferer nimmt BAYER MATERIAL SCIENCE die Position 48 ein. 25 Prozent ihres Umsatzes bestreitet die Teilgesellschaft des Konzerns mit VW & Co. Sie beliefert die Autobauer hauptsächlich mit Kunststoff-Produkten und Lacken.

Bisphenol A in Baby-Trinkflaschen
Viele Baby-Trinkflaschen bestehen aus dem auch von BAYER hergestellten Kunststoff Polycarbonat, der wiederum den Weichmacher Bisphenol A enthält. Bisphenol A gleicht in Aufbau und Wirkungsweise menschlichen Hormonen, was zu Fehlreaktionen des menschlichen Organismus führen kann. Die Nachricht, dass WissenschaftlerInnen im Inhalt von Baby-Trinkflaschen Spuren des Weichmachers nachgewiesen haben, alarmierte deshalb die Öffentlichkeit. Einige Hersteller stiegen daraufhin sofort auf ein anderes Material zur Produktion der Flaschen um.

Krebs durch Bisphenol A
Nach neuen Untersuchungen kann das in BAYER-Kunststoffen wie MAKROLON enthaltene Bisphenol A Prostatakrebs verursachen.

NANO & Co.

Kontaktlinsen von BAYER
Die Firma PLASMA-CHEM hat Kontaktlinsen entwickelt, die sechs Monate lang im Auge bleiben können. Die mikroskopisch kleine Werkstoffe verarbeitende Nanotechnik hat ihre Silicium-Oberflächen für Sauerstoff durchlässig gemacht, was Verschmutzungen verhindern soll. Für die Herstellung und Vermarktung der Linsen hat PLASMA-CHEM gemeinsam mit BAYER das Unternehmen LENSWISTA gegründet. UmweltschützerInnen warnen vor der Nanotechnologie, weil bei der Fertigung der winzigen Substanzen ebenso winzige Stäube entstehen, die alle Filter-Anlagen passierend in die Luft vordringen und über die Atemwege auch leicht in den menschlichen Organismus gelangen und Gesundheitsschäden verursachen können.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Lösemittel schädigen die Ohren
Im Jahr 2000 hatten ForscherInnen der Universität Toronto entdeckt, dass werdende Mütter, die während der ersten drei Monate ihrer Schwangerschaft an ihrem Arbeitsplatz mit organischen Lösemitteln wie Aceton, Phenol oder Trichlorethylen in Kontakt gekommen waren, überdurchschnittlich oft taube Kinder gebären (Ticker 1/00). Neuere arbeitsmedizinische Untersuchungen bestätigen jetzt die Gefährlichkeit von Lösemitteln für die Ohren. Toluol und Styrol, die bei BAYER in der Pestizid- und Kunststoff-Produktion Verwendungen finden, sowie Trichlorethylen und Ethylbenzol stehen den Studien zufolge im Zusammenhang mit Hörschädigungen. Ein besonderes Risiko tragen Beschäftigte, die am Arbeitsplatz nicht nur den Chemikalien, sondern zusätzlich noch Lärm ausgesetzt sind, was beim Leverkusener Multi oft der Fall sein dürfte. So weist der Konzern im „Sustainable Development“-Bericht für das Jahr 2000 die Zahl von 130 „anerkannten“ Berufskrankheiten aus und nennt als Auslöser neben Asbest vor allem Lärmexpositionen. Die Berliner Arbeitsmedizinerin Gisela Fox forderte nach Veröffentlichung der Forschungsarbeit: „Dem potenziellen Risiko chemisch induzierten Hörverlustes muss generell mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden“ und tritt unter anderem für Forschungsprojekte zur Bestimmung angemessener Grenzwerte ein.

STANDORTE & PRODUKTION

BAYER zahlt Gewerbesteuer
Wider Erwarten zahlt BAYER nun doch Gewerbesteuer an die Stadt Leverkusen. Aber nicht die im Geschäftsjahr 2004 rasant gestiegenen Umsätze und Gewinne veranlassten die Multi dazu, sondern eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt. Die BeamtInnen entdeckten in den Büchern nämlich so manchen nicht ganz legalen Steuertrick und zwangen den Konzern damit zur Nachzahlung eines zweistelligen Millionen-Betrages.

LINDE liefert Industriegase
BAYER-Aufsichtsratschef Manfred Schneider sitzt auch dem LINDE-Kontrollgremium vor. Das scheint den Geschäftsbeziehungen gut getan zu haben. Der Agro-Riese gab LINDE nämlich den Zuschlag, den Konzern langfristig mit den Industriegasen Wasserstoff und Kohlenmonoxid zu beliefern, die der Leverkusener Multi zur Fertigung von Lack, Klebstoffrohstoffen und Vorprodukten des Kunststoffs Polyurethan benötigt. LINDE baut zur Produktion der Gase auf dem Gelände des Dormagener Chemie„parks“ für 60 Millionen Euro eine Anlage, die im Herbst 2005 ihren Betrieb aufnehmen soll.

LANXESS hält BIS-Anteile
Auch nach dem Rückkauf der Wandelanleihe (siehe IMPERIUM & WELTMARKT) gibt es noch Beziehungen zwischen dem Leverkusener Multi und seiner Chemie-Abspaltung LANXESS. So hält das neugründete Unternehmen an den bundesdeuschen Standorten Anteile an BAYERs Chemie„park“-Betreibergesellschaft BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS), in Dormagen etwa belaufen sie sich auf 40 Prozent.

Produktionsverlagerung nach China
BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS demontiert in Houston eine Anlage zur Herstellung der Chemikalie Hydrazinhydrat und in Leverkusen eine zur Hydrazinhydrat-Weiterverarbeitung, um sie in China wiederaufzubauen. Wieviele Arbeitsplätze der Konzern so an den alten Standorten vernichtet, gab er nicht bekannt.

IMPERIUM & WELTMARKT

LANXESS: BAYER lässt los
Im Juni 2005 hat BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS die vom Konzern zur Verfügung gestellte Wandelanleihe in Höhe von 200 Millionen Euro zurückerworben. Das Bankhaus MORGAN STANLEY verkaufte sie in Form von Aktien an institutionelle Anleger weiter und stockte damit das Grundkapital des neuen Unternehmens beträchtlich auf, das sich durch diese Transaktion finanziell von BAYER abgekoppelt hat.

Kooperation mit HOFKONTOR
BAYER CROPSCIENCE will künftig mit der Einbecker HOFKONTOR AG bei der Beratung von LandwirtInnen in Sachen „Pestizid-Einsatz“ kooperieren (siehe auch PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE).

BAYER kauft ZEPTOSENS
BAYER TECHNOLOGY SERVICES hat von NOVARTIS das Schweizer Unternehmen ZEPTOSENS erworben, das Analyse-Verfahren für die Biotechnologie entwickelt.

BAYER baut für WACKER
Der österreichische Chemie-Konzern WACKER gab BAYER TECHNOLOGY SERVICES (BTS) den 10 Millionen Euro schweren Auftrag, in Shanghai eine Trocknungsanlage für Pulver aus Polymer-Kunststoff zu bauen.

BAYER liefert Chloranlage

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BAYER TECHNOLOGY SERVICES (BTS) baut für ein chinesisches Unternehmen eine Chlortrocknungsanlage in der Volksrepublik. „Chlor ist für die chemische Industrie so wichtig wie Strom für Rechner“, sagt BTS-Sprecher Arnold Rajathurai. Für UmweltschützerInnen hingegen ist die hoch giftige, nur schwer abbaubare Substanz eine der gefährlichsten Chemikalien überhaupt.

BAYER liefert Chloranlage

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BAYER TECHNOLOGY SERVICES (BTS) baut für das Unternehmen BORSODCHEM in Ungarn eine Chlortrocknungsanlage.

BAYER baut in Kasachstan mit
BAYER TECHNOLOGY SERVICES (BTS) beteiligt sich in Kastachstan am Bau einer Bioethanol-Anlage.

Rapsöl-Kooperation mit CARGILL
BAYER CROPSCIENCE hat eine Zusammenarbeit mit dem US-Unternehmen CARGILL vereinbart. Die Konzerne wollen gemeinsam eine neue Rapssorte herstellen und vermarkten (siehe auch GENE & KLONE).

CIPROBAY-Kooperation mit NEKTAR
BAYER will Ciprofloxacin, den Wirkstoff des Antibiotikums CIPROBAY, künftig auch zum Inhalieren anbieten und beauftragte das US-Unternehmen NEKTAR mit der Herstellung des Trockenpulvers und des Inhalationssystems.

Zusammenarbeit mit TEIJIN
BAYER verstärkt die Zusammenarbeit mit dem japanischen Unternehmen TEIIJIN Ltd, mit dem der Konzern im Jahr 2004 bereits das Joint Venture TEIJIN-BAYER POLYTEC Ltd. gegründet hat. Die beiden Unternehmen vereinbarten, sich gegenseitig mit Polycarbonaten zu beliefern. TEIJIN erhält MAKROLON und der Leverkusener Multi im Gegenzug dafür PANLITE.

BAYER wächst in China
Der Leverkusener Multi erwartet Profitsteigerungen in China. Besonders durch die prosperierende Auto-, Bau- und Elektronikindustrie rechnet BAYERs China-Chef Jürgen Dahmer mit Zuwächsen. Auch im Gesundheits- und Agrarsektor erhöhen sich Dahmer zufolge die Marktchancen für Konzern-Produkte. Bislang erwirtschaftete der Global Player mit seinen 17 Niederlassungen in China, Taiwan und Hongkong einen Umsatz von 1,1 Milliarden Euro. Davon entfi

[Ticker] Stichwort BAYER 04/2004 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Proteste bei BAYER CROPSCIENCE
Im Monheimer Werk will BAYER CROPSCIENCE 140 Arbeitsplätze vernichten (siehe auch KAPITAL & ARBEIT). Betroffen sind unter anderem Chemie- und Biologie-LaborantInnen, Diplom-ChemikerInnen und promovierte BiologInnen. Gegen die Stellen-Streichungen protestierten am 20.10.04 ca. 300 Beschäftigte mit Plakaten wie “Kosteneinsparungen um jeden Preis - wo bleibt der Mensch”.

Streik bei BAYER CROPSCIENCE
In Frankreich hat die bei BAYER CROPSCIENCE geplante Arbeitsplatz-Vernichtung (siehe KAPITAL & ARBEIT) zu einem Streik geführt. Mehrere Tage lang legten Beschäftigte ihre Arbeit nieder.

Proteste auf LANXESS-HV
Am 17. November 2004 berief BAYER eine außerordentliche Hauptversammlung ein, um sich von den AktionärInnen die Abspaltung des angeblich zu unprofitablen Chemie-Geschäfts absegnen zu lassen. Es operiert fortan unter dem Namen LANXESS unabhängig. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) kritisiert die Trennung, weil sie zu Arbeitsplatzvernichtung in großem Ausmaß führt und brachte das an dem Tag in Reden-Beiträgen, auf Flugblättern und Transparenten zum Ausdruck (siehe SWB 4/04).

Kinderarbeit: kaum Verbesserungen
Immer noch arbeiten in Indien 1.650 Kinder für Zulieferer von BAYERs Tochter-Firma PROAGRO, die meisten davon in Schuldknechtschaft. Insgesamt beuten die Agro-Multis über 12.000 Minderjährige für ihre Profite aus. Drei Kinder bezahlten das mit ihrem Leben: Sie starben an Pestizid-Vergiftungen. Das ist das Ergebnis der neuen Untersuchung der Kinderrechtsorganisation MV FOUNDATION für die Pflanz-Saison 2003/2004. Im letzten Jahr produzierten noch 2.000 Kinder Baumwoll-Saatgut für PROAGROs VertragslandwirtInnen (Ticker berichtete mehrfach). Die abnehmende Zahl geht jedoch nicht etwa auf den Willen der BAYER-Gesellschaft zur Verbesserung der Lage zurück, sie ist lediglich der großen Trockenheit in dem indischen Staat Andhra Pradesh geschuldet. Der MV FOUNDATION zufolge weigern sich die Agro-Unternehmen nach wie vor, die Forderungen der Organisation und ihrer Kooperationspartner wie der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) zu erfüllen. Statt etwa die Zulieferer endlich angemessen zu bezahlen, so dass sie Erwachsene einstellen können, üben sich BAYER & Co. weiterhin in Hinhalte-Taktiken, kritisiert die Initiative.

OECD-Beschwerde wg. Kinderarbeit
Wegen der Kinderarbeit bei Zulieferern von BAYERs indischer Tochter-Gesellschaft PROAGRO hat die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) gemeinsam mit dem GLOBAL MARCH AGAINST CHILD LABOUR und GERMAN WATCH eine Beschwerde bei der “Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung” (OECD) eingereicht. Dies hat ein großes Medien-Echo hervorgerufen, was den Leverkusener Chemie-Multi dazu veranlasste, mit einer die Tatsachen entstellenden Presse-Erklärung an die Öffentlichkeit zu treten (siehe PROPAGANDA & MEDIEN).

Kinderarbeit: BAYER blockte
Entgegen Zusagen zur Kooperation weigerte sich BAYERs indische Tochter-Firma PROAGRO lange, der indischen Kinderrechtsorganisation MV FOUNDATION eine Liste mit ihren Kinder beschäftigenden Zuliefern auszuhändigen. Erst nachdem mehrere Zeitungen groß über tödliche Pestizid-Vergiftungen von KinderarbeiterInnen berichteten, änderte PROAGRO die Strategie. Das Unternehmen lud den MV-Wissenschaftler Davuluri Venkatesvarlu ein und überreichte ihm die gewünschte Aufstellung. Zudem sicherte die BAYER-Tochter Dr. Venkatesvarlu zu, sich mit dem Problem der niedrigen Zahlungen an ihre Zulieferer beschäftigen zu wollen. Die geringen Erlöse aus den Verkäufen von Saatgut an die Agro-Multis stellen für die Zulieferer den Hauptgrund dafür dar, auf ihren Feldern Minderjährige zu beschäftigen.

Indien: Verzicht auf Gentechnik
Indische Gentech-GegnerInnen von GREENPEACE und anderen Organisationen protestierten immer wieder gegen die Experimente des Leverkusener Chemie-Multis mit gentechnisch verändertem Saatgut. So haben sich am 30.9.04 AktivistInnen elf Stunden lang am Eingangstor von BAYERs Zentrale in Bombay festgekettet; die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) begleitete die Aktion durch ihre Öffentlichkeitsarbeit. Dieses Engagement hatte Erfolg: Mitte November 2004 gab das Unternehmen bekannt, alle Gentechnik-Projekte in Indien zu stoppen (siehe SWB 4/04).

Proteste gegen die ABIC
Vom 12. bis zum 15. September 2004 luden BAYER & Co. zur weltweit größten Biotech-Messe nach Köln. Mit der ABIC (Agricultural Biotechnology International Conference) wollten Industrie und Politik ihr Ansinnen unterstreichen, Nordrhein-Westfalen zu einem der bedeutensten Gentech-Standorte in ganz Europa zu machen. Auf Initiative der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und Organisationen wie ATTAC KÖLN, BIOSKOP und MISEREOR formierte sich dagegen massiver Protest. So fanden unter anderem eine international besetzte Gegen-Konferenz und Aktionen vor dem Eingang zur ABIC-Messe statt.

PANNA fordert Lindan-Stopp
Nach dem Kauf der US-Firma GUSTAFSON (Ticker 2/04) kehrt das ultra-giftige Pestizid Lindan, das mit dem Wirkstoff Hexachlorcyclohexan zur Gruppe der chlorierten Kohlenwasserstoffe gehört, in das BAYER-Sortiment zurück. Traurige Berühmtheit erlangte die Substanz in den 70er Jahren als Holzgift XYLADECOR, das 200.000 Menschen vergiftete - mit verheerenden gesundheitlichen Folgen bis hin zu Sterbefällen (Ticker berichtete mehrfach). Der Leverkusener Chemie-Multi trennte sich im Zuge des Holzgifte-Prozesses, des bis dahin größten Umwelt-Strafverfahrens hierzulande, von dem Skandal-Stoff, den die bundesrepublikanischen Behörden kurz darauf verboten. In den USA dürfen die Konzerne Lindan hingegen noch vermarkten. Deshalb haben die US-amerikanische Sektion des PESTIZID-AKTIONS-NETZWERKs und zwei weitere Umwelt-Initiativen einen Offenen Brief an BAYER geschrieben, in dem sie einen Produktionsstopp verlangten. 80 weitere Organisationen schlossen sich dieser Forderung an.

GAUCHO gegen Unkraut?
In Kanada strebt BAYER die Zulassung des berühmt-berüchtigen GAUCHO-Wirkstoffs Imidacloprid (siehe PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE) als Mittel gegen Unkraut-Wuchs an, wogegen Umweltgruppen massiv Einspruch erheben. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) unterstützt ihre Proteste und stellte umfangreiches Hintergrund-Material zur Verfügung.

Proteste gegen BAYER-Geschäftspartner
In Indien arbeitet BAYER mit der Pestizid-Firma TAGROS zusammen. Weil diese wegen ihrer niedrigen Umwelt- und Sicherheitsstandards berühmt-berüchtigt ist, hat es Widerstand gegen eine im Bundesstaat Tamil Nadu geplante Werkserweiterung gegeben. Auf Bitten der AktivistInnen vor Ort hat die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) ihre Proteste unterstützt und zum BAYER-Stammssitz getragen.

“Berliner Erklärung” zur Gentechnik
Im Anschluss an eine Tagung zur Gentechnik in der Landwirtschaft, organisiert von dem AGRARBÜNDNIS und der ZUNKUNFTSSTIFTUNG LANDWIRTSCHAFT, veröffentlichten die TeilnehmerInnen die “Berliner Erklärung”. Die mehr als 70 Gruppen aus Bereichen wie “Landwirtschaft”, “Umwelt” und “Verbraucherschutz” fordern darin die Politik auf, in dem geplanten Gentechnik-Gesetz die freie Ausübung von Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Bienen- und Fischzucht ohne Gentechnik ebenso zu gewährleisten wie einen Schutz von Naturschutzgebieten vor Auskreuzungen mit gentechnisch veränderten Organismen made by BAYER & Co.. Zudem verlangten sie, den VerbraucherInnen eine Wahlfreiheit beim Lebensmittel-Kauf zu garantieren.

CBG klagt Neonazis an
Nicht nur wegen der IG-FARBEN-Vergangenheit von BAYER begreift die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) ihre Arbeit auch als antifaschistisch. Deshalb beteiligte sie sich am 9. November 2004 an der Gegendemonstration zum Leverkusener Neonazi-Aufmarsch. Mit Bedacht hatten die RechtsextremistInnen sich den Gedenktag der Reichsprogromnacht als Datum ausgesucht. Mit dem Skandieren von Sätzen wie “Die schönsten Nächte sind aus Kristall” verhöhnten sie die Opfer des Nazi-Terrors. Die CBG sah damit die Tatbestände der Billigung von Straftaten und der Störung des öffentlichen Friedens erfüllt und stellte Strafanzeige gegen die AnmelderInnen der Neonazi-Demonstration. Erste Stellungnahmen der Polizei lassen allerdings nicht auf einen Erfolg hoffen. “Die Sprüche müssen im Zusammenhang betrachtet werden”, erläuterte ein Kölner Ermittler der taz NRW und führte aus, der “Äußerungscharakter” sei von mehreren Faktoren, etwa dem Umfeld, in dem sie geäußert wurden, abhängig. Zu was für Differenzierungsleistungen die Behörden in Sachen “Faschismus” doch fähig sind!

CBG-Jahrestagung 2004
Am 27. November fand die Jahrestagung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) zum Thema “Ökonomie frisst Ökologie - Goldene Bilanzen für BAYER & Co.” statt. Jan Pehrke (CBG) machte eine Bestandsaufnahme der aktuellen Umweltpolitik und legte in einem historischen Rückblick die entscheidenen Zäsuren dar, die schließlich zu einer Versöhnung von Ökonomie und Ökologie führten. Jörg Bergstedt von der Projektwerkstatt Reiskirchen analysierte detailliert, wie sich neoliberales Denken in die Ökologie-Bewegung selbst einschlich. Der ehemalige Chemie-Professor Jürgen Rochlitz berichtete von seinen frustrierenden Erfahrungen als grünes Bundestagsmitglied und präsentierte eine rot-grüne Mängelliste, die von A wie Atom-Ausstieg bis V wie Verkehr reichte. CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes widmete sich dem “Greenwashing” und skizzierte die Strategie BAYERs, sich mittels Wort-Kosmetik, aus der Porto-Kasse finanzierten Vorzeige-Projekten und Kooperationen mit angesehenen Institutionen wie den Vereinten Nationen das Image eines Umwelt-Engels zu verpassen. Uwe Friedrich (CBG) gab passend dazu einen Aufriss über die gesammelten Umwelt-Sünden des Leverkusener Chemie-Multis. Ausgehend vom aktuellsten Fall “Chrom in südafrikanischem Grundwasser” (siehe WASSER, BODEN & LUFT) beschäftigte er sich unter anderem mit der Chrom-Produktion, der Chlor-Chemie, der Dünnsäure-Verklappung, dem Widerstand gegen die Chemikalien-Verordnung, den nicht dem neuesten Stand entsprechenden Anlagen und der Gentechnik. Nach den Vorträgen entwickelten sich anregende Diskussionen über den Stand der Dinge in Sachen “Ökologie” und die Chancen, ihn mittels politischem Druck von unten zu verändern. So traten die TeilnehmerInnen am Abend ein wenig klüger und auch ein wenig neu motiviert die Heimreise an.

CBG macht Theater
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) ging eine Kooperation mit dem Düsseldorfer “Forum Freies Theater” (FFT) ein und gab aus dem reichen Fundus der an bühnenreifen Skandalen nicht armen BAYER-Geschichte Anregungen für ein Theaterstück. Die Autoren Donald Becker und Gudrun Herrbold, letztere als gebürtige Leverkusenerin bestens mit der Materie vertraut, entschieden sich für das Thema “Heroin”. Aus dem Stoff, den BAYER als Hustensaft entwickelte, entwickelten sie ein anregendes Theaterstück um die Risiken und Nebenwirkungen der Pharma-Produktion, rücksichtlose Konzern-Herren, Erfinderstolz und die unfreiwillige und todbringende Karriere der BAYER-Erfindung in der Pop-Kultur. Zur Uraufführung am 15.10.04 brachte es das FFT am “Tatort” Leverkusen selbst. Auf der Bus-Fahrt zum Spielort hatten die CBGler Axel Köhler-Schnura und Philipp Mimkes Gelegenheit, das Theater-Publikum mit näheren Informationen zum BAYER-Konzern auf das Stück einzustimmen.

Offener Brief an Winnacker
Die ZUKUNFTSSTIFTUNG LANDWIRTSCHAFT, der BUND FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ DEUTSCHLAND, FOODWATCH, das GEN-ETHISCHES NETZWERK und andere Organisationen haben einen Offenen Brief an den BAYER-Aufsichtsrat, Gentechfirmen-Gründer und Vorsitzenden der “Deutschen Forschungsgemeinschaft”, Ernst-Ludwig Winnacker, geschrieben. Winnacker hatte als Sprecher einer “Allianz der Wissenschaftsorganisationen” das geplante Gentechnik-Gesetz im Allgemeinen und die den einzelnen LandwirtInnen auferlegte Haftung im Schadensfall im Besonderen scharf kritisiert. Nach Meinung der UnterzeichnerInnen hat der Wissenschaftler damit private wirtschaftliche Interessen, Lobby-Verpflichtungen und seinen öffentlichen Auftrag als Repräsentant der bundesdeutschen ForscherInnen in unzulässiger Weise vermengt.

Offener Brief an die EU
Der Leverkusener Chemie-Multi will Gen-Reis in Asien und den USA anbauen und von dort aus in die Europäische Union einführen (SWB 2/04). Eine entsprechende Import-Genehmigung hat er im März 2004 bei der EU beantragt. Im September 2004 fand eine Beratung der Mitgliedsländer zu diesem Thema statt. Das nahmen FRIENDS OF THE EARTH EUROPE, die indische GENE CAMPAIGN und die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) zum Anlass, sich in einem Offenen Brief vehement gegen die Zulassung des gegen das Herbizid LIBERTYLINK immunen Reis’ auszusprechen.

Offener Brief an EU-Kommission
Die Europäische Union gerät immer mehr “unter Einfluss” von BAYER & Co. (siehe auch POLITIK & EINFLUSS). Aus Protest dagegen haben die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und 49 andere Organisationen einen Offenen Brief an den neuen Kommissionspräsidenten José Barroso geschrieben. Darin fordern die Initiativen Beschränkungen für die unzähligen Lobby-Gruppen wie eine Registrierung und eine Berichtspflicht über ihre vielfältigen Aktivitäten. Darüber hinaus kritisieren die UnterzeichnerInnen die zunehmend industrie-freundliche Ausrichtung der EU-Politik selber. “Immer öfter setzen sich Partikular-Interessen einzelner Industrie-Zweige gegenüber dem Allgemeinwohl durch - dies ist mit demokratischen Prinzipien nicht zu vereinbaren. So wurde auf Druck der deutschen Chemie-Industrie die ursprünglich ambitionierte Reform der EU-Chemikalien-Gesetzgebung vollkommen verwässert”, konstatiert CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes in dem Schreiben. Die Pressure Groups der Multis sahen sich zu Reaktionen herausgefordert. Ihr Verband startete eine Initiative zur Registrierung - natürlich auf freiwilliger Basis. Als eine völlig unzureichende, rein kosmetische Maßnahme bezeichnete dies Offener-Brief-Mitinitiator Eric Wesselius von der konzern-kritischen CEO in einer Stellungnahme.

Empörung über Chef-Gehalt
Ein Leserbrief-Schreiber empörte sich angesichts der ausgewiesenen BAYER-Verluste von ca. 1,4 Milliarden Euro für das Geschäftsjahr 2003 über das im gleichen Zeitraum stattlich um 300.000 Euro angestiegene Salär von Konzern-Chef Werner Wenning. “Es ist doch so, dass Bauern, Handwerker, Händler von dem leben - müssen - , was sie erwirtschaftet haben (...) Und daran sollte sich auch ein Vorstandsvorsitzender, der sicher gerne von ‘meiner Firma’ spricht, orientieren, meint der Rheinpfalz-Leser.

Stoiber: Manager-Gehälter senken!
Sogar dem bayrischen CSU-Ministerpräsidenten Edmund Stoiber erscheinen die Manager-Gehälter zu hoch, weshalb er für eine Absenkung eintrat. “Ich halte das im Sinne einer sozialen Symmetrie für unumgänglich”, so Stoiber. Der Präsident des “Bundesverbandes der Deutschen Industrie”, Michael “Rocky” Rugowski, findet aber nichts Anstößiges an dem 1,6 Millionen-Gehalt von BAYER-Chef Werner Wenning und den Bezügen seiner Kollegen, er hätte es sogar gern noch ein wenig asymmetrischer. Im internationalen Vergleich lägen nicht die Manager-Gehälter, sondern die Arbeitnehmer-Löhne im oberen Bereich, gibt die Münchner tz seine Worte wieder.

Studie rügt falsche BAYER-Angaben
Das Kölner “Institut für evidenz-basierte Medizin” untersuchte 143 Broschüren, mit denen die Pharma-DrückerInnen von BAYER & Co. ÄrztInnen über die Konzern-Produkte informieren. Das Ergebnis war schockierend. Die Unterlagen strotzten vor falschen oder irreführenden Angaben. Es fehlten Hinweise auf Nebenwirkungen, während sie therapeutische Erfolge übertrieben darstellten. Der Leverkusener Chemie-Multi etwa stellte die schnelle und lange Wirksamkeit des Potenz-Mittels LEVITRA heraus, verschwieg aber, dass diese Aussage sich bloß auf Tests mit betäubten Hasen bezog. Nur in sechs Prozent der Broschüren fanden die Kölner ForscherInnen keine Mängel. Der Institutssprecher Thomas Kaiser trat deshalb für eine Kontrolle dieser Pharma-Publikationen ein. “Wenn man sich überlegt, dass sich die Ärzte auf diese Produkt-Informationen verlassen, muss sichergestellt sein, dass sie auch korrekt sind”, so Kaiser. Würde es diesen Check schon geben, hätten die Pharma-GAUs “LIPOBAY” und “VIOXX” bestimmt nicht so ein Ausmaß angenommen.

KAPITAL & ARBEIT

Ergebnis-Steigerung von 27,6 Prozent
“Die Kostensenkungsprogramme, die Straffung der Organisationen, die Bereinigung der Bilanzen, auch ein massiver Arbeitsplatz-Abbau zeigen Wirkung: Insbesondere viele große Konzerne haben ihre Gewinne massiv gesteigert”, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Auch die BAYER-Bosse haben erfolgreich nach der Devise “Wenn es dem Unternehmen gut gehen soll, muss es den Beschäftigten schlecht gehen” gehandelt. Der Leverkusener Chemie-Multi hat bis September 2004 bereits ein operatives Ergebnis 1,87 Milliarden Euro eingefahren, was gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung von 27,6 Prozent bedeutet.

Schneider: Mehr Geld, weniger Mitbestimmung
Niemand in der bundesdeutschen Wirtschaft hat so viele Aufsichtsratsposten ergattert wie der ehemalige BAYER-Chef Manfred Schneider. Neben seinen Jobs als Aufsichtsratsvorsitzender bei BAYER und LINDE hat er noch Sitze in den Kontroll-Gremien von ALLIANZ, DAIMLER CHRYSLER, METRO, RWE und TUI inne. Die Springer-Presse kürte ihn deshalb zum “mächtigsten Mann Deutschlands”. Diese Macht will er jetzt dazu nutzen, um die Mitbestimmung zu demontieren. In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung trat er dafür ein, die Größe der Aufsichtsräte zu reduzieren und die Mandate der GewerkschaftsvertreterInnen auf unter 50 Prozent zu senken. Heutzutage würden angeblich nämlich “leicht Koalitionen gebildet, um Ziele zu erreichen, die nicht unbedingt mit den Interessen des Unternehmens im Sinne der Aktionäre übereinstimmen müssen”, meint Schneider. Dazu hat er noch die Chupze, für sich und seinesgleichen mehr Geld zu fordern. Als “nicht angemessen” bezeichnete er das derzeitige Honorar von 50 - 60.000 Euro pro Mandat.

LANXESS will rationalisieren
“Kosten senken und die Profitabilität steigern” - das ist nach Aussage des LANXESS-Chefs Axel Heitmann die Geschäftsgrundlage des Unternehmens, welchem BAYER alle angeblich zu unprofitablen Chemie-Bereiche zugeschlagen hat. Heitmann kündigte direkt nach der die Abspaltung besiegelnden außerordentlichen Hauptversammlung ein Rationalisierungsprogramm im Umfang von 25 Millionen Euro an. Im nächsten Jahr kommen dann “sämtliche Geschäftsprozesse auf den Prüfstand”. 40 Prozent der Geschäftseinheiten liegen bei der Umsatz-Rendite nämlich unter fünf Prozent und erfüllen damit nicht die Profit-Ziele der Bosse. Besonders schlecht steht es nach Heitmann um die Feinchemie und den Kunststoff Styrenics. Hier schloss der LANXESS-Chef für die Zukunft Verkäufe nicht aus. Zu den avisierten Betriebsschließungen in Goch und Marl dürften auch noch einige dazu kommen. Arbeitsplatz-Vernichtung im großen Stil verhindert einstweilen noch die bis 2007 geltende “Standort-Sicherungsvereinbarung”. Personalkosten-Senkungen beabsichtigt LANXESS deshalb auf anderem Wege zu erreichen. Handlungsspielraum könne sich etwa bei den Arbeitszeiten ergeben, gibt die Faz Heitmanns Worte wieder. “Da werden die Beschäftigten mitmachen, schließlich geht es um ihre Arbeitsplätze”, äußerte sich Axel Heitmann zuversichtlich über das Gelingen des Erpressungsmanövers.

CROPSCIENCE will rationalisieren
BAYER CROPSCIENCE kriegt den Hals nicht voll. BAYERs Landwirtschaftssparte will die Umsatz-Rendite von 19 Prozent bis zum Jahr 2006 auf 25 Prozent steigern und hat deshalb ein Kostensenkungsprogramm im Umfang von 200 Millionen Euro im Jahr beschlossen. Das bedeutet Arbeitsplatz-Vernichtung im großen Stil. Allein in Monheim und Frankfurt streicht der Konzern insgesamt 200 Stellen. Die Belegschaften starteten Protest-Aktionen (siehe AKTION & KRITIK).

Pharma: Über 500 Jobs weniger
BAYER hat seine Pläne zur Arbeitsplatz-Vernichtung in der Pharma-Forschung konkretisiert. Der Konzern will in Wuppertal 440 der 3.000 Jobs streichen und im US-amerikanischen New Haven 110 Stellen abbauen. Nachdem die Weltmarkt-Aspirationen im Bereich “Pharma” gescheitert sind, positioniert sich der Leverkusener Chemie-Multi als “mittelgroßes europäisches Unternehmen” neu. Im Zuge dieses Strategie-Wechsels hat der Konzern zahlreiche Forschungsgebiete aufgegeben wie z. B. “Asthma” (siehe IMPERIUM & WELTMARKT), “Urologie” und “Infektionskrankheiten”, das Pharma-Forschungszentrum im japanischen Kyoto geschlossen und die Kapazitäten im kalifornischen Berkeley reduziert.

BAYER bildet zu wenig aus
Erlangte die Ausbildungsplatz-Abgabe Gesetzes-Kraft - was nicht zu erwarten ist -, so müsste BAYER zahlen. Das Unternehmen erreicht nämlich nicht die Ausbildungsquote von sieben Prozent der Belegschaft. Kosten von 1,5 bis 2 Millionen Euro kämen auf den Konzern zu.

Schlimme BAYER-Jahre
Das manager-magazin 3/04 gibt einen Einblick in das schlechte Betriebsklima bei BAYER. “Die letzten Jahre waren schlimm”, gesteht ein langjähriger Mitarbeiter dem Reporter und klagt über Abteilungen, die heute A und morgen B hießen und andere kurzlebige Veränderungen, die ihn nur noch seine Pension herbeisehnen ließen.

Gute Zeiten, schlechte Zeiten
Während BAYER für das Geschäftsjahr einen Verlust von 1,36 Milliarden Euro auswies, stieg das Gehalt von BAYER-Chef Werner Wenning im gleichen Zeitraum um 300.000 Euro auf 1,6 Millionen, obwohl die Bezüge angeblich erfolgsbezogen sind. Sie beziehen sich allerdings nicht auf die Richtgröße “Gewinne/Verluste”, sondern auf den “Brutto-Cashflow”. Und der vermehrte sich wundersam, während das Unternehmen rote Zahlen schrieb. Diese schrieb der Konzern nämlich nur für die Steuerbehörden mittels Wertberichtigungen und hohen Abschreibungen.

Schiwy droht
Die so genannte Globalisierung dient BAYER als willkommene Ausrede, um weiterhin fröhlich Arbeitsplätze zu vernichten. “Wir müssen uns anpassen. Tun wir das nicht, sind wir nicht mehr da”, sagte der Brunsbütteler Werksleiter Willy Schiwy und konkretisierte: “Wir werden weiter rationalisieren müssen, sonst sind wir nicht mehr konkurrenzfähig”.

Schmoldt schützt Kapital-Einkünfte
In der SPD gab es bei der Diskussion um die Bürgerversicherung den Vorschlag, bei der Beitragsberechnung auch Kapital-Einkünfte einzubeziehen. Dagegen wandte sich der IG BERGBAU, CHEMIE UND ENERGIE-Vorsitzende Hubertus Schmoldt, der bei BAYER im Aufsichtsrat sitzt, vehement. “Wer Leistungsträger überfordert, provoziert eine Akzeptanz-Krise der Sozialversicherung überhaupt”, meint Schmoldt. Vielleicht sollte er den neoliberalen Gewerkschaftsbund gründen.

Wieder nur 1.000 Lehrlinge
Um mehr als ein Drittel ist die Zahl der Ausbildungsplätze bei BAYER in den letzten vierzehn Jahren zurückgegangen. Gab es 1990 in den Werken noch 1.600 Lehrstellen, so strich der Konzern diese bis zum Herbst 2004 auf rund 1.000 zusammen. Zudem übernimmt der Chemie-Multi in der Regel nur die Hälfte der Ausgebildeten.

POLITIK & EINFLUSS

Gentechnik-Gesetz beschlossen
Am 26.11. 2004 hat der Bundestag das Gentechnik-Gesetz verabschiedet (siehe auch Ticker 1/04). Damit gibt Rot-Grün grünes Licht für die “grüne Gentechnik”. Ausdrücklich verschreibt sich das Paragraphen-Werk der Förderung gentechnologischer Forschung. Getreu Gerhard Schröders Devise, man müsse das Augenmerk hauptsächlich auf die Chancen neuer Technologien richten, nicht aber auf die möglichen Risiken, zeigt sich die Regierungskoalition blind für die Gefährdungen durch Gentech-Pflanzen. Die Gefahr der Auskreuzungen von gentechnisch manipulierten Nutz-Pflanzen mit konventionell angebauten Sorten will die Gesetzes-Novelle einfach mit Abstandsregelungen verhindern. Kommt es dann doch zu einer Gen-Übertragung, sollen nicht etwa BAYER & Co. haften, sondern die LandwirtInnen. Im Vorfeld hatte der Leverkusener Chemie-Multi sich deshalb positiv über das Vorhaben geäußert, die europäische Freisetzungsrichtlinie in bundesdeutsches Recht umzusetzen und nur ein wenig an Details der Abstandsregelung herumgemäkelt. Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens verschärften die Gen-Giganten allerdings die Kritik und sprachen von einem Gentechnik-Verhinderungsgesetz, um Veränderungen bei der Haftungsregelung zu erreichen. Am Tag der Entscheidung schließlich bezeichnete ein Sprecher von BAYER CROPSCIENCE das Votum des Bundestages für das Gesetz als “nicht hilfreich”.

Lobby-Club Wirtschaftsministerium
Der jüngste Wirtschaftsbericht des Wirtschaftsministeriums lässt keinen Zweifel an der Amtsauffassung von Wolfgang Clement. Der Superminister versteht sich als erster Lobbyist im Staate. Wirtschaftspolitik, so heißt es in der Publikation, “muss industrie-politische Belange fördern und sie bewusst gegen Forderungen aus anderen Politik-Bereichen wie der Umwelt- oder Verbraucher-Politik oder gegen wettbewerbsverzerrenden Maßnahmen anderer Staaten vertreten”. Als solche kontroversen Politik-Felder bezeichnet der Bericht die Abgas-Normen für Autos, die Chemikalien-Gesetzgebung der EU, die Förderung der Gentechnik und die Beschleunigung der Arzneimittel-Zulassungen. Die drei letzten Punkte hat zweifellos BAYER mit auf die Agenda des Ministeriums gesetzt.

EU: Industrie-Studie übertreibt
Unermüdlich arbeiteten BAYER & Co. an einer weiteren Aufweichung des Chemikalien-Gesetzes der EU, das die VerbraucherInnen besser vor giftigen Substanzen schützen will. Die Konzerne gaben eine Studie in Auftrag, die auch brav das bestellte Horror-Szenario ablieferte und eine Gefährdung von Millionen Arbeitsplätzen durch das neue Regelwerk vorhersagte. Trotzdem erfüllte die Untersuchung nicht den beabsichtigten Zweck. Das EU-Parlament wies ihre Prognosen als übertrieben und unsachlich zurück.

Florenz Umweltausschuss-Vorsitzender
Der nordrhein-westfälische EU-Umweltpolitiker Karl-Heinz Florenz (CDU) ist BAYER-Dauergast und dem Konzern bei der Obstruktionspolitik gegen die europäische Chemikalien-Verordnung treu zu Diensten. Diese Arbeit kann er jetzt in herausgehobener Position fortsetzen. Florenz sitzt dem mit der Umsetzung des Regelwerks betrauten Ausschuss der Europäischen Union vor und hat auch schon die Marsch-Route vorgegeben. Er will “Industrie-Interessen stärker berücksichtigen”. Der Christdemokrat hat erstmal eine Verzögerungstaktik eingeschlagen, so dass die Regelung dem Straßburger Parlament erst im Herbst 2005 zur Abstimmung vorliegen wird.

Chemie-Gesetz: unendliche “Nachbesserungen”
Der Protest von BAYER & Co. gegen das Chemikalien-Gesetz der EU hat zu einer Neuausrichtung der gesamten Brüsseler Politik geführt (SWB 4/04). Super-Kommissar Günter Verheugen kann nicht nur sämtliche Gesetzes-Vorhaben auf ihre Wirtschaftsverträglichkeit hin prüfen, ihm obliegt auch die Umsetzung der Chemikalien-Verordnung. Wie er diese in die Wege leiten will, daran ließ er bei seiner Anhörung durch das Straßburger Parlament keinen Zweifel. “Das Gesetz muss so handhabbar sein, dass die Unternehmen nicht darunter zusammenbrechen”, sagte er ganz im Bann des von den Chemie-Multis entworfenen Katastrophen-Szenarios. Auch der neue Umwelt-Kommissar Stavros Dimas hat gegen weitere “Nachbesserungen” im Sinne der Industrie nichts einzuwenden.

IHK-Büro in Brüssel
Auf Initiative des Werksleiters der Brunsbütteler BAYER-Niederlassung, Willy Schiwy, haben 13 norddeutsche Industrie- und Handelskammern ein gemeinsames Büro in Brüssel eröffnet. Neben der weiteren Verwässerung der Chemikalien-Verordnung steht für die LobbyistInnen hauptsächlich auf der Agenda, die geplante Ausweisung von Naturschutz-Gebieten im Norden zu verhindern (siehe auch WASSER, BODEN & LUFT).

Bundesverdienstkreuz für Stindt
BAYERs Arbeitsrechtler Heinrich Meinhard Stindt hat das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen bekommen. Der Leiter der Konzern-Abteilung “Strategie und Politik” im Bereich “International Human Ressources” bekam die Ehrung “für sein Engagement um die Entwicklung von Recht und Praxis in der Beschäftigung und der Arbeitsförderung”. Dieses “Engagement” sah unter anderem so aus, dass Stindt vorschlug, neu abgeschlossene Arbeitsverträge sollten einen Passus enthalten, der den Unternehmen erlaubt, in Krisenzeiten bis zu 20 % des Grundlohns einzubehalten und die Arbeitszeit entsprechend zu kürzen. Auch sträubte er sich mit Händen und Füßen gegen einen neuen Passus im Arbeitsrecht, wonach die Beschäftigten bei geplanten Fusionen oder Ausgliederungen umfassend über die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen aufzuklären sind.

Kubicki bei BAYER
Der schleswig-holsteinische Landtagsfraktionschef der FDP, Wolfgang Kubicki, besuchte mit der Brunsbütteler Ortsvereinsvorsitzenden Bettina Jebens und der Landtagsabgeordneten Veronika Kolb das BAYER-Werk an der Elbe und betätigte sich bei einem Gespräch mit Wirtschaftsrepräsentanten als zuverlässiger Lautsprecher der Konzern-Interessen. Er wetterte gegen die EU-Chemikalien-Verordnung, die geplante Ausweisung von mehr Naturschutzgebieten und die hohen Energie-Kosten, die angeblich durch die Windkraft-Subvention entstanden seien.

Bush gegen Re-Importe
Die hohen Arzneimittel-Preise in den USA stoßen zunehmend auf Kritik in der Öffentlichkeit (siehe auch unter DRUGS & PILLS). Da die Kosten für Medikamente um zwei Drittel über denen in Kanada liegen, treten viele PolitikerInnen dafür ein, den Re-Import der Mittel aus dem Nachbarland zu erleichtern. Aber George W. Bush wusste, was er dem Leverkusener Chemie-Multi, der ihn im Wahlkampf mit 120.000 Dollar unterstützt hat, und anderen Herstellern schuldig ist. Er lehnte die Forderung ab. Zudem hat seine Reform des Gesundheitsprogrammes “Medicare”, das künftig gegen eine Kopf-Prämie von 35 Dollar im Monat dreiviertel der Kosten für verschreibungspflichtige Pillen übernimmt, aus Kanada oder anderen Staaten stammende Pharmazeutika ausdrücklich von der Regelung ausgenommen.

PROPAGANDA & MEDIEN

Kinderarbeit: BAYER desinformiert
Die neue Studie der indischen Kinderrechtsorganisation MV FOUNDATION stellt keine wesentliche Verbesserung der Situation von Kindern fest, die für Zuliefer der BAYER-Tochter PROAGRO in der Saatgut-Produktion arbeiten (siehe AKTION & KRITIK). In seiner öffentlichen Reaktion auf die OECD-Beschwerde der CBG und anderer Organisationen besitzt der Leverkusener Chemie-Multi nun die Unverfrorenheit, das Ergebnis der Studie in einer Presse-Erklärung umzuinterpretieren und sich selber so “erste Erfolge” im Engagement gegen die Kinderarbeit zuzuschreiben. Dabei schreckte der Konzern nicht einmal davor zurück, den Autoren der Untersuchung, Dr. Davaluri, als Kronzeugen für die angeblich positiven Veränderungen anzuführen.

Neue Chemie-Kampagne des VCI
Der “Verband der Chemischen Industrie” (VCI) hat eine neue Kampagne zur Image-Verbesserung von Plaste & Elaste gestartet. Sie stellt einmal mehr Chemie als unverfänglichen Begleiter des Alltags dar. “Sie macht Glas kratzfest, Sonnenbaden unbeschwert, Bildschirme flacher, PCs schneller” - und Lebensmittel giftiger, die Flüsse verseuchter, die Luft schmutziger, die Ozonlöcher größer und die Menschen kränker, was in der Aufzählung der BAYER-Propaganda-Postille direkt allerdings fehlt. Das abgebildete Werbe-Foto zeigt dagegen ganz groß das Wort “Verknallt”, wobei “AL” als Bezeichnung für Aluminium markiert ist. Dazu schmiegt sich eine Reinigungskraft verzückt an die offenbar aus Aluminium gefertigte Kachelwand eines Hallenbades an.

BAYER predigt
Der Leverkusener Chemie-Multi erweiterte im November 2004 das Spektrum seiner Werbe-Auftritte. Der Dormagener Chemie“park”-Leiter Walter Schulz bestieg die Kanzel der evangelischen Christus-Kirche und verkündete BAYERs Wort. In seiner Litanei berichtete er von gar Unglaublichem wie dem “gesellschaftlichen Engagement von BAYER”, der wundersamen Armenhilfe für brasilianische Kinder aus der Porto-Kasse eines Welt-Konzerns und verkündete, “dass nicht nur ökonomische, sondern auch und in gleichem Maße ökologische Kompetenz unabdingbar ist für das erfolgreiche Handeln”. Wer’s glaubt, wird selig.

Neue BAYER-Werbung
BAYER hat eine neue Werbe-Kampagne gestartet. Sie steht unter dem Motto “Science For A Better Life” und belässt es natürlich bei Versprechungen. Das Anzeigen-Motiv “Krebs aufhalten - Leben verlängern” etwa suggeriert, der Leverkusener Chemie-Multi hätte ein wirkungsvolles Mittel gegen Krebs entwickelt, was lediglich das Kleingedruckte relativiert. Die Annonce “Leben erforschen - Träume verwirklichen” zeigt ein niedliches Mädchen asiatischer Abstammung mit einer niedlichen Kinder-Zeichnung - man ist ja schließlich international ausgerichtet - und stellt eine Menge guter Fragen wie z. B.: “Wie kann immer mehr Menschen besser ernähren, ohne dabei die Natur zurückzudrängen?”, bleibt dann allerdings die Antwort schuldig. Zu einem Zeitpunkt, da der Konzern sein soziales Engagement real immer weiter zurückfährt (siehe STANDORTE & PRODUKTION), kommt darüber hinaus die “Corporate Social Responsibility” als Werbe-Motiv zumindest virtuell zu neuen Ehren.

Beteiligung an SCALE
BAYER beteiligt sich am SCALE-Projekt der EU, das die Auswirkung von Substanzen auf die Gesundheit von Kindern analysieren will. “Allerdings dürfe der Focus nicht einseitig auf möglichen Auswirkungen von Chemikalien liegen, warnen BAYER und der ‘Verband der Chemischen Industrie’ (VCI)”, heißt es in der Konzern-Postille direkt. Keinesfalls dürfe das bloße Vorhandensein eines Stoffes im Körper dazu führen, ihn als Krankheitsursache dingfest zu machen und ihn womöglich gar zu verbieten. BAYER lenkt hingegen von der lästigen Chemie ab. “Auch andere, für Kinder relevante Faktoren müssen berücksichtigt werden”, meint der Pharma-Riese. Als solche erachtet er Übergewicht, Bewegungsmangel, Reizüberflutung, passives Rauchen und Alkohol-Konsum. Geschickt eingefädelt: In dieser Krankheitsreiz-Überflutung soll die Chemie als eine Gesundheitsgefährdung von vielen untertauchen.

Ökotest lobt LEVITRA
Die Zeitschrift Ökotest hat im August 2004 43 Mittel zur Behandlung von Erektionsstörungen geprüft dabei dem BAYER-Produkt LEVITRA eine sinnvolle pharmakologische Zusammensetzung und gute Wirksamkeit bescheinigt. Ein peinliches Urteil: Die Publikation übernahm nicht nur kritiklos die Industrie-Angaben, wonach in der Bundesrepublik angeblich vier bis sechs Millionen Männer an “erektiler Dysfunktion” leiden, sie verschwieg auch die zahlreichen Nebenwirkungen. Als solche zählt eine von BAYER selbst in Auftrag gegebene Studie Kopfschmerzen, Gesichtsrötungen, Nasenschleimhaut-Entzündungen, Grippe-Symptome und Verdauungsbeschwerden auf (Ticker 1/03).

Werbe-Plattform Landesgartenschau
Der Leverkusener Chemie-Multi nutzt die über den 126.000 Tonnen Schadstoff seiner ehemaligen Giftmüll-Deponie Dhünnaue errichtete Landesgartenschau 2005 (siehe auch unter WASSER, BODEN & LUFT) in massiv als Werbe-Plattform. So sollen etwa ein “Unkraut-Lehrpfad” und Bilder von “Pflanzen-Krankheiten” den Segen der BAYER-Pestizide preisen.

BAYER kauft Wissenschaftler
BAYERs Diabetes-Mittel GLUCOBAY steht seit langem in der Kritik. Nach Meinung des Pharmakologen Gerd Glaeske handelt es sich dabei um ein Präparat, das “gerade mal so wirksam ist wie Müsli”. Da wunderte es die Fachwelt schon, dass ein Artikel in dem Fachmagazin Lancet zu einer positiven Bewertung kam. BAYER musste dabei allerdings kräftig nachhelfen. Der Konzern selbst hatte die Studie in Auftrag gegeben, bezahlt und die Bedingungen festgelegt. Das verschwiegen die AutorInnen, womit sie eindeutig gegen den Verhaltenscodex der Zeitschrift verstießen. Einer der Beteiligten, der Dresdener Professor Markolf Hanefeld, blieb dem Leverkusener Chemie-Multi auch darüber hinaus noch verbunden. Im Zuge der Verhandlungen über die Positiv-Liste für therapeutisch sinnvolle Medikamente setzte er sich in der Ärzte-Zeitung vehement dafür ein, GLUCOBAY in das Verzeichnis aufzunehmen. Unterstützung erhielt er in dem Blatt von dem Präsidenten der “Deutschen Diabetes-Union, dem Münchner Diabetologen Eberhard Standl. Aus freien Stücken, beteuerte Standl, er stehe nicht in Diensten BAYERs. Leider ist er aber auf der ReferentInnen-Liste des Konzerns mit einem Honorar von 1.000 Euro aufgeführt.

BAYER spart an der Kultur
Nicht nur bei der Unterstützung des Breitensports, auch beim image-fördernden Kultur-Sponsoring reduziert der Leverkusener Chemie-Multi sein Engagement. So schrumpfte sein Kultur-Etat in den letzten vier Jahren um 10 Prozent.

Sportler laufen für BAYER
Der Leverkusener Chemie-Multi finanzierte den “TransEuropaLauf”, der 49 Teilnehmer durch 5.017 Kilometer Europa führte. “BAYER stieg ein, wohlwissend, dass dieses Engagement zum positiven Image der Marke Polymers beitragen würde”, heißt es dazu im Werbe-Fachblatt PR Report. Diese Vermarktungsaufgabe übernahm für den Konzern die Agentur ATKON. Sie produzierte unter anderem einen Magazin-Beitrag, den klamme Privatsender dankend abnahmen, und vermittelte Interviews mit Läufern. “Der Aufwand hat sich gelohnt: Weltweit gab es 110 Millionen Zuschauer”, resümiert der PR Report.

TIERE & ARZNEIEN

BAYER verkauft Impfstoffe
Der Leverkusener Chemie-Multi hat die EU-weiten Vermarktungsrechte für IBR-Marker-Impfstoffe sowie für noch in der Entwicklung befindliche Vakzine an PFIZER verkauft.

DRUGS & PILLS

Höhere Pillen-Preise
BAYER & Co. holen sich die durch die “Gesundheitsreform” erfolgten finanziellen Einbußen über höhere Arzneimittel-Preise zurück. So verlangten die Pharma-Multis für ihre Erzeugnisse um die Jahreswende 2003/2004 durchschnittlich 18 Prozent mehr als 12 Monate zuvor. Nach Angaben des arznei-telegramms tat sich dabei neben TROPON und CELL PHARM vor allem BAYER hervor. Damit behauptet sich die Bundesrepublik in der Rangliste der Länder mit den kostenträchtigsten Arzneien sicher auf Platz fünf.

Weitere Zulassungen für LEVITRA
BAYER hat für das Potenz-Mittel LEVITRA (Nebenwirkungen: siehe unter PROPAGANDA & MEDIEN) Zulassungen auch in Kanada, China und Japan erhalten. Es ist jetzt in 76 Ländern erhältlich.

Medikamenten-Abhängigkeit steigt
Die Zahl der Medikamenten-Abhängigen nimmt ständig zu. Mittlerweile sind in der Bundesrepublik 1,5 Millionen Menschen betroffen. Als Arzneien mit hohem Sucht-Potential gelten neben Schmerzmitteln wie BAYERs ASPIRIN vor allem Beruhigungsmittel und Antidepressiva.

Orphan Drug “BAY 43-9006”
Pharma-Konzerne betrachten es nicht als ihre ureigene Aufgabe, Arzneien zur Behandlung von möglichst vielen Krankheiten zu erfinden. Sie wollen lediglich Medikamente zur Therapie der verbreitesten Gesundheitsstörungen entwickeln, weil nur das genügend Profit verspricht. Haben sie denn zufällig doch einmal zufällig ein aussichtsreiches Pharmazeutikum für ein seltenes Leiden in den Labor-Töpfen, so lassen sie sich die Weiterentwicklung subventionieren. Diese Aufgabe erfüllt die Verleihung des Orphan-Drug-Status (orphan = engl. Waise). Ein solches Prädikat bekam BAYER jetzt für den Wirkstoff “Bay 43-9006” (siehe Ticker 3/04) als Nierenkrebs-Therapeutikum zugebilligt. Es räumt dem Leverkusener Chemie-Multi eine verlängerte Patent-Laufzeit und geringere Zulassungsgebühren ein.

Zulassungsantrag für “BAY 43-9006”
BAYER will für das in der letzten Phase der Erprobung steckende Nierenkrebs-Medikament “BAY 43-9006” bei der US-Gesundheitsbehörde FDA einen Zulassungsantrag stellen, obwohl sich einige InvestorInnen von den Test-Daten der Phase zwei enttäuscht zeigten. Die Substanz gehört wie PFIZERs SU11248 zu den so genannten Signal-Transduktionsinhibitoren. Sie sollen die Signal-Wirkung von Wachstumsfaktoren stören, so dass Tumore sich nicht länger vergrößern können. Aber im direkten Vergleich mit dem PFIZER-Präparat sieht es nicht so gut für “BAY 43-9006” aus. “Der Wirkstoff konkurriert direkt mit SU11248 und scheint in der Wirkung etwas schwächer zu sein”, urteilt das Magazin GoingPublic.

Aus für TAXANE
Wieder einmal konnte ein von BAYER schon als Wundermittel gegen Krebs gepriesenes Medikament die hochgesteckten Erwartungen nicht erfüllen. Anfang September stoppte der Leverkusener Chemie-Multi die Erprobung von TAXANE. Wegen nicht ausreichender Wirksamkeit schaffte die Arznei den Sprung in die dritte Test-Phase nicht. Im Frühjahr hatte der Konzern Gerüchte um Probleme noch dementiert. “TAXANE ist sehr lange in Phase zwei, das heißt aber nicht, dass es in Schwierigkeiten ist”, hatte der damalige Gesundheitschef Rolf Clasen die Presse beruhigt. Sogar den jährlichen TAXANE-Umsatz hatte das Unternehmen schon taxiert: 400 Millionen Dollar.

Neue ONKOLOGIE-Sparte
BAYER baut für die Vermarktung von Krebsmedikamenten eine neue Sparte auf. Bis auf die für SCHERING-PLOUGH vertriebenen Arzneien beschränkt sich die Produkt-Palette bisher allerdings auf VIADUR alias LEUPROLID, eine umsatzschwache Arznei gegen Prostata-Krebs. Das Pharmazeutikum TAXANE (s. o.) konnte das Angebot wider Erwarten nicht erweitern. Bei Arzneimittel-Tests erwies es sich als mangelhaft. Jetzt ruhen die Hoffnungen allein auf der sich ebenfalls in der Erprobung befindlichen Substanz “BAY 43-9006” zur Behandlung von Nierenkrebs.

Zweifelhafte ADALAT-Studie
Nach einer neuen Studie führt BAYERs Herz/Kreislauf-Medikament ADALAT bei Hochrisiko-PatientInnen zu einem um 30 Prozent geringeren Infarkt-Risiko. Ob der Konzern die Untersuchung selber in Auftrag gegeben hat, oder ob sie allein der Objektivität verpflichtete WissenschaftlerInnen durchgeführt haben, teilte der Pharma-Riese nicht mit. An den Ergebnissen bestehen in jedem Fall große Zweifel. So mussten US-PharmakologInnen Ende der 90er Jahre eine Test-Reihe sogar abgebrechen, weil die ADALAT-ProbandInnen fünf mal häufiger einen Herzinfarkt erlitten hatten als die TeilnehmerInnen aus der Vergleichsgruppe (Ticker 1/99). “Wenn ich jetzt böswillig wäre, was ich nicht bin, könnte ich ausrechnen, dass über 200.000 Menschen im Laufe der letzten 20 Jahre, dass wir die umgebracht haben mit Kalzium-Antagonisten (...)!”, kommentierte der heutige Leiter des Institutes für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Dr. Peter Sawicki, damals den Vorfall.

HIV-Test für Blut-Plasma genehmigt
Der Leverkusener Chemie-Multi kann jetzt seine Blut-Produkte selber auf HI-Viren untersuchen. Die US Gesundheitsbehörde FDA erteilte die Zulassung für einen entsprechenden Test auf Gentech-Basis. Sie machte damit den Bock zum Gärtner. Seit Mitte der 80er Jahre starben nämlich Tausende Bluter an AIDS-verseuchten Blutplasma-Produkten von BAYER, weil der Konzern sich wie andere Hersteller aus Profit-Gründen weigerte, die Präparate einer Hitze-Behandlung zu unterziehen.

Ärger im Pharma-Paradies
Nirgendwo können BAYER & Co. so viel Geld für ihre Medikamente verlangen wie in den USA. So kostet BAYERs Potenz-Mittel LEVITRA in den Vereinigten Staaten doppelt so viel wie in der Bundesrepublik. Diese Hochpreis-Politik ist jedoch zunehmender Kritik von Verbraucherschutz-Organisationen ausgesetzt. Selbst Industrie-Vertreter wie der ehemalige MERCK-Boss Roy Vagelos sehen das Ende der Fahnenstange erreicht. “Staatliche Preis-Kontrollen sind fast unvermeidlich”, sagte er der New York Times. 46 Bundesstaaten haben bereits mit Planungen für Kostendämpfungsprogramme begonnen. John Kerry wollte sie im Falle eines Wahlsieges ausgebauen, weshalb BAYER & Co. wie schon im Jahr 2000 den Wahlkampf von George W. Bush großzügig unterstützt haben.

BAYER profitiert von gefährlicher Diät
ErnährungswissenschaftlerInnen warnen eingehend vor der “Atkins-Diät”. Sie schreibt den weitgehenden Verzicht auf Kohlenhydrat-haltige Nahrungsmittel wie Brot, Reis, Kartoffeln und Nudeln vor, was unter anderem zu Mangel-Erscheinungen, Verdauungsproblemen, Muskelkrämpfen und Schwäche-Anfällen führt. Den Leverkusener Chemie-Multi jedoch ficht das nicht an. Der Konzern bietet begleitend zur “Atkins-Diät” Nahrungsergänzungsmittel wie den Vitamin-Cocktail ONE-A-DAY CARBSMART an, um die Folgen der unausgewogenen Ernährung auszugleichen, und setzt damit jährlich zwei Millionen Dollar um. Die von BAYER ebenfalls zum Bei-Konsum bei allen Diäten empfohlene Pille ONE-A-DAY WEIGHTSMART brachte es sogar auf 32 Millionen Dollar per anno (siehe auch SWB 4/04).

GENE & KLONE

Kein Gen-Soja in Belgien
Belgien ist kein gutes Pflaster für BAYER. Nachdem die Behörden vor einiger Zeit die Zulassung von Gen-Raps wegen der Auskreuzungsgefahr und der negativen Auswirkungen auf die Artenvielfalt abgelehnt hatten (Ticker 1/04), zog der Leverkusener Chemie-Multi jetzt einen Antrag auf Genehmigung von gentechnisch manipuliertem Soja freiwillig zurück.

Gentech-Rückzug in England

  • 1


Ende 2003 hatte BAYER in England das Zulassungsbegehr für Gen-Mais zurückgezogen, weil der Konzern die Auflagen der Regierung nicht akzeptieren wollte. Nachdem die britische Umweltministerin Margaret Beckett in einer Regierungserklärung klarstellte, dass die Gen-Multis und niemand sonst die Haftungsrisiken für die “Zukunftstechnologie” zu tragen hätten und ein behördliches OK für Gen-Raps und -Zuckerrübe von vornherein ausschloss (Ticker 2/04), stoppte der Konzern die Genehmigungsanträge für fünf Raps-Linien und eine Futtermais-Sorte.

Gentech-Rückzug in England

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Mitte November 2004 zog BAYER in Großbritannien die Zulassungsanträge für zwei Sorten Gentech-Raps zurück.

Gen-Raps in Australien
BAYER hat in der australischen Provinz Victory Freisetzungsversuche mit Gen-Raps begonnen. LandwirtInnen schlugen wegen möglicher Auskreuzungen mit ihren Acker-Früchten Alarm, woraufhin die Provinz-Regierung den Leverkusener Chemie-Multi aufforderte, die Lage des Felds bekanntzugeben. Zunächst wollten die PolitikerInnen die Stelle sogar selbst outen, beugten sich dann aber dem Willen ihrer Bundesregierung. Der Konzern verriet den Tatort selbstverständlich nicht, woraufhin das NETWORK OF CONCERNED FARMERS die Sache selbst in die Hand nahm und mit Flugzeugen nach gen-manipuliertem Raps made by BAYER suchte.

LIBERTYLINK in Bulgarien
Die gentechnik-kritische Stimmung in den westeuropäischen Ländern zwingt BAYER, in andere Staaten wie z. B. Bulgarien auszuweichen. Dort bietet der Konzern LIBERTYLINK-Saatgut mit eingebauter Resistenz gegen Anti-Unkrautmittel und eine Kombination von LIBERTYLINK mit MAISGARD, ein Produkt eines anderen Herstellers, an, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass diese nicht zuverlässig gegen Unkräuter wirkt.

Neue Grenzwert-Regelungen in der EU
Die EU plant eine neue Grenzwert-Regelung für die Verunreinigung von Saatgut mit Gen-Spuren. Nach dem Entwurf von Umweltkommissarin Margot Wallström soll das Limit für Raps und Mais bei 0,3 Prozent und bei Zuckerrübe, Futterrübe, Kartoffeln und Baumwolle bei 0,5 Prozent liegen. Bislang galt hingegen die Nachweis-Grenze von 0,1 Prozent als Richtmaß. Organisationen wie SAVE OUR SEEDS fordern deshalb auch, diese Bestimmung beizubehalten.

Kein Gen-Glück mit LION
Seit langem fahndet das Heidelberger Bioinformatik-Unternehmen LION BIOSCIENCE für den Leverkusener Chemie-Multi nach krankheitsrelevanten Genen, um diese als Wirkorte für neue Medikamente zu nutzen. Die Bio-TechnikerInnen haben zwar schon mehr als 250 so genannter Targets gefunden, aber mit denen konnte der Leverkusener Gen-Gigant, der sieben Prozent der Geschäftsanteile von LION hält, nicht viel anfangen. Deshalb hat der Konzern jetzt das Auftragsvolumen deutlich reduziert.

“EuropaBio” erforscht die “Bio-Ökonomie”
BAYER, BASF und andere im Brüsseler Lobby-Club “EuropaBio” organisierte Konzerne haben im Juni 2004 ein 45 Milliarden Euro schweres Programm zur Erforschung der “Bio-Ökonomie” vorgestellt. Die Multis wollen mit Hilfe der Gentechnik das Problem immer knapper werdender Ressourcen lösen und “biologische Rohstoffe” zur Grundlage der Industrie-Produktion im 21. Jahrhundert machen. Obwohl die Unternehmen es bisher noch nicht einmal geschafft haben, das Übergreifen von Gentech-Samen auf Felder mit konventionellem Anbau zu verhindern, ließ die EU schon mal 500.000 Euro für die Konzeption eines Aktionsplans zur “Bio-Ökonomie” springen (siehe SWB 4/04).

WASSER, BODEN & LUFT

Streit um Naturschutzgebiet
Die EU-Kommission will in Norddeutschland Elbe und Umgebung gemäß der “Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie” zum Naturschutzgebiet erklären. In diesem Fall müsste das Brunsbütteler BAYER-Werk, wollte es die Produktion und damit auch die Gift-Einleitungen erhöhen, sich vorher einer Prüfung unterziehen. “Dann müssten wir bald Fische und Krebse zählen, wenn wir das Werk erweitern wollen”, giftete Werksleiter Willy Schiwy. Deshalb setzt der Chemie-Multi alle Hebel in Verbindung, um die “unvertretbare Belastung” zu verhindern, dabei wieder einmal das fadenscheinige Argument “Arbeitsplätze” im Munde führend. So forderte der Konzern das schleswig-holsteiner Umweltministerium auf, sich für die “Nichtnotwendigkeit der Ausweisung eines FFH-Gebietes vor Brunsbüttel” einzusetzen. Dem kam die Politik prompt nach und meldete die Unterelbe-Region nicht als “Flora-Fauna-Habitat” nach Brüssel. “Falls Brüssel trotzdem eine Ausweisung will, müssen wir uns massiv dagegen wehren”, meint der Brunsbütteler Betriebsratsvorsitzende Erich Timmermann. Auch das auf BAYERs Initiative hin in Brüssel eingerichtete Büro der norddeutschen Industrie- und Handelskammern (siehe auch POLITIK & EINFLUSS) wird eine entsprechende Lobby-Politik betreiben.

BAYER zeigt “Absicherung Dhünnaue”
126.000 Tonnen Schadstoffe lagern auf dem Dhünnaue-Gelände. Der Pharma-Riese hat nämlich die Altlasten seiner ehemaligen Deponie einfach mumifiziert anstatt sie abzutragen. Eine fast vier Kilometer lange dicke Sperrwand umgibt das Gift-Grab nun seitlich. Nach oben hin dichten mehrere Schichten aus Ton, Erde und Kunststoff ab. Aber nach unten ist alles offen. So ist die Deponie buchstäblich ein Fass ohne Boden. Der Konzern entschloss sich deshalb in Tateinheit mit der Stadt Leverkusen, im wörtlichen Sinn Gras über die Sache wachsen zu lassen und die Landesgartenschau 2005 auf dem Gelände auszurichten. Eine Million Euro stellt der Chemie-Multi dafür zur Verfügung. Im Preis inbegriffen: Genug Raum, um seine Sicht der Dinge darzustellen. So zeigt BAYER auf 190 Quadratmeter eine unkritische Ausstellung zum Thema “Absicherung Dhünnaue”.

Kanada: mangelhafte BAYER-Anlagen
Am kanadischen BAYER-Standort Sarnia hat die Umweltbehörde der Provinz Ontario die Chemie-Werke rund um den St. Clair-River überprüft, weil der Fluss zu einem Endlager für Chemikalien zu werden drohte. (siehe auch SWB 4/04) Bei vier Fertigungsstätten des Leverkusener Chemie-Multis stellte sie Verstöße fest. Der Konzern hatte Gift-Müll falsch deklariert, eine Abwasser-Anlage ohne Genehmigung der zuständigen Stellen umgebaut und betrieb eine gefährliche Produktion ohne Zulassung.

Südafrika: Chrom im Grundwasser
Das Grundwasser in der Umgebung des im südafrikanischen Durban gelegenen BAYER-Werks ist stark durch Krebs erregende Chrom-Verbindungen belastet (siehe auch SWB 4/04). Die Behörden warnten die Bevölkerung eindringlich davor, Wasser aus den angrenzenden Brunnen zum Trinken oder Kochen zu verwenden. Der Leverkusener Chemie-Multi bestreitet, dass es sich um aktuelle Einträge handelt, die Chrom-Belastung geht angeblich auf “historische Verunreinigungen” zurück. Die Chrom-Produktion des Konzerns in Südafrika machte in der Vergangenheit immer wieder Schlagzeilen. So kam es in den 70er Jahren wegen mangelhafter Sicherheits-Vorkehrungen zu einer großen Zahl von Vergiftungsfällen. Ein Drittel der Belegschaft erlitt bleibende Gesundheitsschäden, mindestens acht Arbeiter starben an Lungenkrebs, zwei weitere an Tuberkulose.

CHEMIE & GIFTE

EU: Chemie belastet Innenräume
Eine Studie des Joint Research Centers der EU wies eine starke Belastung von Innenräumen wie Wohnungen, Büros und Schulgebäude mit Chemikalien nach. Als besonders alarmierend hob sie die Zahlen für Lösemittel hervor. BAYER verwendet diese bei der Produktion von Kunst- und Farbstoffen, Pestiziden, Fasern und Pharmazeutika.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Künast untersucht GAUCHO-Gefahren
Durch BAYERs Saatgut-Behandlungsmittel GAUCHO und das zeitweilig ebenfalls zur Produkt-Palette des Konzerns gehörige REGENT kam es in Frankreich bei 182 Menschen zu Vergiftungserscheinungen. Fast hundert Milliarden Bienen starben. Deshalb ist die chemische Keule im Nachbarland schon seit geraumer Zeit verboten. Der Bundesregierung reichten diese Fakten allerdings nicht als Beleg für die Gefährlichkeit des Ackergiftes. Sie initiierte erst einmal ein Monitoring-Projekt zur Untersuchung des Schadenspotenzials von GAUCHO. Dabei wirken auch BAYER selbst sowie das industrie-freundliche Bienen-Institut mit, Umweltschutzgruppen fehlen hingegen. Zu einer Verbotsempfehlung dürfte es bei so einer Konstellation wohl kaum kommen.

Pestizide machen krank
Kanadische ForscherInnen untersuchten die wissenschaftliche Literatur zu Pestiziden ab 1992 und kamen in Bezug auf die gesundheitsgefährdenden Wirkungen zu alarmierenden Ergebnissen. Die Studien machten die Agro-Chemikalien als Auslöser zahlreicher Krankheiten aus. Die Produkte von BAYER & Co. können demnach unter anderem verschiedene Krebsarten, Leukämie, Störungen des Nervensystems sowie psychische Erkrankungen auslösen. Personen, die beruflich mit Ackergiften umgehen wie LandwirtInnen, gefährden nicht nur sich, sondern auch ihre Nachkommen. Die WissenschaftlerInnen beobachteten in den betreffenden Familien ein vermehrtes Auftreten von embryonalen Wachstumsstörungen, Totgeburten und Geburtsschäden.

DIURON verursacht Asthma
Das Spritzen von BAYERs Pestizid DIURON im Nachbarsgarten hat bei einem 10-Jährigen Jungen Asthma ausgelöst. Der behandelnde Arzt wies im Blut des Kindes Glyphosat Trimesium, ein DIURON-Abbauprodukt nach.

Künast verharmlost GAUCHO
Wegen seiner bienengefährdenden Wirkung hat der französische Landwirtschaftsminister Hervé Gaymard die Anwendung des BAYER-Saatgutbeizmittels GAUCHO auf Sonnenblumen- und Maisfeldern vor einiger Zeit untersagt. Obwohl auch in der Bundesrepublik im letzten Jahr ein Drittel aller Bienenvölker einging, sieht das Landwirtschaftsministerium keinen Handlungsbedarf. “Bei richtiger Anwendung des Insektizids GAUCHO gab es keine Schäden an den Bienen”, heißt es aus dem Hause Künast wider besseren Wissens.

Pestizid-Weltmarkt: BAYER Nr. 2
BAYER ist die Nr. 2 des weltweiten Pestizid-Marktes und verringerte mit einem Umsatz von 5,4 Milliarden Dollar den Abstand zu SYNGENTA (5,5 Milliarden) weiter. Den dritten Platz nimmt mit fast zwei Milliarden weniger BASF ein.

Weltweit mehr Pestizide
BAYER & Co. haben 2003 mehr Pestizide verkauft als im Geschäftsjahr 2002. Der Agrochemie-Umsatz stieg nach Angaben des “Industrieverbandes Agrar” um sechs Prozent auf 26,7 Milliarden Dollar. Als weltweit zweitgrößter Anbieter auf diesem Markt fließt ein gehöriger Anteil dieses Geldes in BAYER-Kassen.

Immer mehr Pestizid-Rückstände
Nach einem Bericht der EU finden sich in immer mehr Lebensmitteln der Gemeinschaft Pestizid-Rückstände. Nur noch 56 Prozent des untersuchten Obstes, Getreides und Gemüses weist keine nachweisbaren Spuren auf; 1999 waren es noch 64 Prozent. Die Grenzwert-Überschreitungen stiegen von 1996 drei Prozent auf 5,5 Prozent anno 2002. Die Bundesrepublik lag dabei mit 8,7 Prozent über dem Durchschnitt, bei den Mehrfach-Belastungen nahm sie mit dem Wert von 31,1 Prozent sogar den Spitzenplatz ein. BAYER-Produkte hatten daran einen gehörigen Anteil. Der TAMARON-Wirkstoff Methamidophos überschritt in Bohnen die noch als gesundheitlich unbedenklich geltende Menge - die akute Referenz-Dosis (ARfD) - um 477 Prozent, der MESUROL-Wirkstoff Methiocarb um 441 Prozent. Der Wirkstoff Oxidemeton-methyl, enthalten in METASYSTOX R, lag in Spinat um 404 Prozent über dem ARfD-Wert. Parathion, das unter anderem in den BAYER-Produkten E 605 FORTE, ME 605 und ECOMBI enthalten ist, übertraf in Pfirsichen die ARfD-Grenze um 161 Prozent. Beim von der EU eingeführten Schnellmeldesystem zu gesundheitsgefährdenden Gift-Spuren in Lebens- und Futtermitteln gingen neun von 43 Warn-Hinweisen und 18 von 129 Informationshinweisen zu BAYERs Methamidophos ein.

EU harmonisiert Grenzwerte
Die Europäische Union strebt bis Mitte 2005 eine Vereinheitlichung der noch erlaubten Rückstandsmengen für die Pestizide von BAYER & Co. in Lebensmitteln an. Einen verbesserten Gesundheitsschutz für bundesdeutsche VerbraucherInnen bedeutet dies jedoch nicht unbedingt, sie müssen sich bei den 160.000 zur Disposition stehenden Werten sowohl auf Anhebungen als auch auf Absenkungen einstellen.

Wachstumsmarkt Polen
Nach der EU-Osterweiterung hofft BAYER CROPSCIENCE vor allem in Polen auf glänzende Geschäfte. Europa-Chef Kurt Küsgen erwartet einen Strukturwandel in der Landwirtschaft weg von den personal-intensiven Kleinbauernhöfen hin zu mehr agro-industriellen Großbetrieben. Diese sieht er als “Technologie-Driver” und also auch als Umsatz-Driver für den Konzern an.

Neue Pestizide
BAYER hat Zulassungsanträge für zwei neue Antipilz-Mittel gestellt, PROLINE (Wirkstoff: Prothioconazole) und Input (Wirkstoffe: Prothioconazole und Spiroxamine). Schon auf den Markt gebracht hat der Leverkusener Chemie-Multi das Insektizid RUNNER. Das im Obst- und Wein-Anbau einsetzbare Mittel soll nach Konzern-Angaben angeblich nicht bienen-gefährlich sein und Nützlinge schonen.

Neue Haushaltsinsektizide
BAYER bietet zwei neue Pestizide an. Die LIZETAN-KOMBISTÄBCHEN sollen gegen saugende Schadinsekten wirken, der berühmt-berüchtigte GAUCHO-Inhaltsstoff Imidacloprid tötet so nebenbei allerdings auch Bienen. CUPRAVIT KUPFERKALK mit dem Wirkstoff Kupferoxychlorid ist zum Schutz von Erdbeeren, Gemüse und Zierpflanzen vor Pilz-Krankheiten vorgesehen.

STANDORTE & PRODUKTION

Auch 2004 keine Gewerbesteuer
“Wann zahlt BAYER wieder Gewerbesteuer?”, fragte ein Journalist der Rheinischen Post BAYER-Chef Werner Wenning auf der letzten Bilanz-Pressekonferenz. Antwort: “Wenn wir wieder Gewinne machen. 2004 nicht!” Tatsächlich wies der Leverkusener Chemie-Multi für das Geschäftsjahr 2003 einen Verlust von fast 1,35 Milliarden Euro aus, während der Umsatz sich mit 28,5 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr kaum verändert hatte. BAYER hat also wieder einmal ganz legale Steuertricks angewendet und in den Bilanzen mit Wertberichtigungen und Abschreibungen herumoperiert, um Abgaben zu sparen.

Sirenen: BAYER zahlt nur wenig
Anfang der 90er Jahre rechnete der Staat nicht mehr mit “Verteidigungsfällen” und baute flächendeckend Sirenen ab, auch in Krefeld. Nach Besorgnis erregenden Störfällen im Uerdinger BAYER-Werk erachteten die Kommunal-PolitikerInnen ein Warn-System aber dennoch für notwendig und errichteten im Industrie-Gebiet 20 neue Sirenen. An den Kosten beteiligten sich der Chemie-Multi und die anderen Konzerne allerdings nur unzureichend. Bloß ein Drittel der Summe schossen sie zu.

Verkleinerung des Chemie-“Parks”?
Bei BAYER gibt es Überlegungen, den Wiesdorfer Chemie-“Park” zu verkleinern und Verwaltungsgebäude “außen vor” zu lassen, um die Vermarktungschancen für freie Flächen zu erhöhen. Liegen die Büros außerhalb des Geländes, müssen die Sicherheitsauflagen nämlich nicht mehr dem Chemie-Standard entsprechen. Für sie gelten dann viele Umwelt-Vorschriften und Bestimmungen zu Werkschutz, Feuerwehr und PförtnerInnen nicht mehr, was die Nebenkosten reduziert.

Spedition baut Silos
Das Speditionsunternehmen SCHMIDT baut auf dem Dormagener Chemie-“Park” 40 Silos zur Zwischenlagerung der BAYER-Kunststoffe NOVODUR 9 und LUSTRAN. Die 24 Meter hohen Türme können jeweils 340 Kubikmeter Plaste aufnehmen.

Großanlagen-Bau in China
BAYER will in China bis 2008 für über 1,8 Milliarden Dollar vier Großanlagen zur Produktion von Stoffen wie Diphenylmethandiisocyanat (MDI) und Tolylendiisocyanat (TDI) bauen, welche die Weltgesundheitsorganisation als Krebs erregend und Erbgut schädigend einstuft. Der letzte Störfall in der TDI-Produktion ereignete sich 1997 in Dormagen, als eine Explosion mehr als 12 Tonnen des Vorproduktes TDA freisetzte.

BAYER schließt Galerie
Die Kultur-Förderung gehört nicht zu den Kern-Geschäften des Leverkusener Chemie-Multis. Deshalb gab BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS), in deren Händen das Management der Chemie-“Parks” liegt, die Schließung der Werksgalerie bekannt. Der Konzern spart dadurch 100.000 Euro. Auch die 70.000 Euro kostende Unterstützung der Kleinkunst gibt die BIS auf. Die KULTURVEREINIGUNG LEVERKUSEN protestierte scharf gegen die Streich-Orgien. Sie erinnerte in diesem Zusammenhang an den kontinuierlichen Sozial-Abbau BAYERs und nannte als Beispiele dafür die Schließung der Werkskindergärten, des Duisberg-Bades und des BAYER-Kaufhauses. Auch die “Arbeitsgemeinschaft Leverkusener Künstler” äußerte Kritik. Es sei einfach albern, zu glauben, die Holding werde an den eingesparten 170.000 Euro gesunden. Vielmehr spreche aus dieser Manager-Entscheidung eine “extreme Ignoranz den Künstlern und dieser kulturellen Initiative gegenüber”, gab der Kölner Stadtanzeiger die Worte des AG-Sprechers Klaus Wolf wieder.

IMPERIUM & WELTMARKT

Kooperation mit SIEMENS
BAYER TECHNOLOGY SERVICES und SIEMENS haben eine Zusammenarbeit bei Bau und Wartung von Anlagen vereinbart. BAYER liefert das Ingenieur-Wissen und die SIEMENS-Abteilung das digitale Knowhow. Gemeinsam will man künftig Aufträge zur Automatisierung der gesamten Produktion im Auto- oder Chemie-Bereich akquirieren und so Arbeitsplätze wegrationalisieren.

USA: Abwicklung des Pharma-Vertriebs
Nach dem LIPOBAY-Skandal konnte BAYER nicht länger ein Big Player im Pharma-Bereich sein. Der Leverkusener Chemie-Multi strebte fortan eine Positionierung als “mittelgroßes europäisches Pharma-Unternehmen” an. Im Zuge dieses Rückbaues hat der Konzern in den USA nun den Pillen-Vertrieb aufgegeben. CIPROBAY, ADALAT & Co. wird künftig SCHERING-PLOUGH vermarkten. BAYER hingegen kümmert sich um den Absatz von SCHERING-PLOUGHs Krebsmedikamenten und um das japanische Geschäft mit dem Cholesterinsenker ZETIA. Darüber hinaus verkauft das Unternehmen nur das nicht direkt an MedizinerInnen oder Apotheken abgegebene Blut-Produkt KOGENATE und das Blutungen bei Bypass-Operationen stillende TRASYLOL weiterhin selber. Damit vernichtet der Gen-Gigant betriebsintern 1.800 Arbeitsplätze. Das war auch Sinn der Übung. “Denn bei genau definierten Verkaufspreisen und einer Gewinn-Beteiligung kann man sich eine 1.800-köpfige Vertriebsmannschaft weitgehend sparen, zumal so auch die Umsätze planbarer werden. Nur 800 Mann weniger könnten schon 66 Millionen Euro mehr bringen”, rechnet die Financial Times Deutschland vor. Zum Schicksal der Beschäftigten heißt es lediglich vage, die meisten von ihnen übernehme SCHERING-PLOUGH

Pharma-Forschungsabteilung verkauft
BAYERs Pharma-Sparte schrumpft und schrumpft. Ende August hat der Leverkusener Chemie-Multi seine Abteilung “Atemwegserkrankungen” an das Unternehmen AEROVANCE verkauft, dessen Mehrheitsanteile dem Finanz-Investoren APAX PARTNERS gehören. Gegen die Veräußerung der Rechte an 11 Mitteln, die sich in der klinischen Erprobung befinden, erhielt der Konzern eine 19,9-prozentige Beteiligung an AEROVANCE.

BAYER im LION-Aufsichtsrat?
Das Heidelberger Bioinformatik-Unternehmen LION BIOSCIENCE, an dem BAYER sieben Prozent der Geschäftsanteile hält, hat den Rücktritt von Vorstand und Aufsichtsrat angekündigt. Zur Begründung gab die an der US-Börse notierte Firma an, sie sei finanziell nicht in der Lage gewesen, die nach US-amerikanischem Recht persönlich haftenden Manager durch eine Versicherungspolice abzusichern. Jetzt muss das Heidelberger Amtgericht den neuen Aufsichtsrat berufen. Da hierfür normalerweise die Groß-Aktionäre erste Ansprechpartner sind, könnte demnächst ein BAYER-Mann im LION-Aufsichtsgremium sitzen.

Kooperation mit AMERSHAM
BAYER und das britische Unternehmen AMERSHAM vereinbarten eine Zusammenarbeit auf dem Diagnostika-Gebiet. Die beiden Konzerne wollen gemeinsam “AIDS”-Tests und Geräte zur Gen-Analyse des HI-Virus sowie anderer Krankheitserreger entwickeln und vermarkten. Darüber hinaus liefert AMERSHAM künftig Chemikalien an den Leverkusener Chemie-Mult

[Aktionsbericht] Bäume, Blumen, BAYER-Gefahrstoffe

CBG Redaktion

Gartenkunst am Giftmüll

Am 16. April 2005 öffnete die Leverkusener Landesgartenschau (LAGA) ihre Pforten und lockte die BesucherInnen mit dem Slogan „Neuland entdecken“ auf das Gelände. Für die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und andere Gruppen war das kein Grund zum Feiern, sondern zum Protestieren. Was nach Ansicht von Konzern und Stadt den krönenden Abschluss der Abdichtungsarbeiten an BAYERs Giftmüll-Deponie bildete, erschien den KritikerInnen nämlich als plumper Versuch, Gras über eine nach ökologischen Kriterien unzureichende Bau-Maßnahme wachsen zu lassen.

Ein buntes Völkchen hatte sich am Eröffnungstag der LAGA vor dem Haupteingang versammelt, um auf die unter der Grasnarbe tickende chemische Zeitbombe hinzuweisen: CBGler, Antifas in weißer Schutzkleidung, DKPler mit Gasmaske, die BUND-JUGEND, AnhängerInnen des Leverkusener Wahlbündnisses LAUF, MLPDler und Unabhängige. Der Polizei wurde es schon bald zu bunt. Sie wollte die COORDINATION mit ihrem Transparent „Neuland entdecken - Giftmüll verstecken“ außer Sichtweite der BesucherInnen auf die gegenüberliegende Straßenseite verbannen, wovon die OrdnungshüterInnen erst zähe Verhandlungen abbrachten. Der Theatergruppe der BUND-JUGEND wiesen sie einen Platz zwischen Nebeneingang und Parkplatz zu. Diese Maßnahme hatte allerdings einen unerwünschten Nebeneffekt. Nicht wenige Gartenschaulustige hielten die pantomimische Darbietung über die Stadt, den BAYER-Müll und den Tod nämlich für einen Teil des offiziellen Rahmenprogramms.

Aber da hatten sie BAYER und Leverkusen zuviel Kritikoffenheit zugetraut. Sie verfolgten mit der LAGA ganz andere Pläne. „Die Leute sollen Frieden mit dem Gelände schließen“, diese Intention verfolgt die Schau laut ihrem Geschäftsführer Hans-Max Deutschle. Leverkusens SPD-Oberbürgermeister Ernst Küchler sah in Blumen, Bäumen und Beeten sogar ein Zeichen dafür, dass BAYERs Hometown keine reine Industriestadt mehr sei und beim Strukturwandel auf einem gutem Weg. Der damals noch amtierende NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück stimmte ihm in seiner Eröffnungsrede zu und lobte, mit der LAGA sei „auf einer der größten Altlasten Europas im wahrsten Sinne des Wortes attraktives ‚Neuland‚ entstanden“. Bärbel Höhn machte im Spätherbst ihrer Zeit als Landesumweltministerin sogar ein neues „Naherholungsgebiet“ aus.

Allzu nah durfte mensch ihm jedoch nicht kommen, dann entpuppten sich die Grünflächen nämlich als potemkinische Dörfer. Auf sehr unsicherem Grund entfaltete sich die Blumenpracht. Die LandschaftsgärtnerInnen konnten keine Bäume mit tiefem Wurzelwerk einpflanzen, weil dieses bis in den Giftmüll gereicht hätte. Teilweise mussten sie bis zu acht Meter hohe Erdschichten aufschütten, um den Blumen festen, guten Mutterboden unter ihren Lebensadern zu gewähren - Natur mit beschränkter Haftung. Hochbauten gestattete die LAGA-Direktion ebenfalls nicht, und Außengastronomie nur in Leichtbauweise. Es sollten auf keinen Fall schwere Fundamente auf die Altlast drücken und so eventuell die schlafenden Chemie-Geister wecken oder den unter der Erde verlegten Versorgungsleitungen der BAYER-Anlagen in die Quere kommen.

Oberirdisch setzt das nur wenig einladende Panorama aus Überlandleitungen und Produktionsstätten des Konzerns dem „Naherholungsgebiet“ enge Grenzen. Auf dem Areal selber stören seltsame Apparaturen, nur unzureichend mit „Kunst“ verkleidet, den Gartenkunst-Genuss. Sechs Brunnen haben auf der LAGA die Aufgabe, den Pegelstand des Wassers zu kontrollieren, bei Erreichen einer bestimmten Marke könnte der Rhein sonst die Produktionsabfälle unterspülen und die Gifte ausschwemmen. Große Messstationen ermitteln überdies permanent, ob sich die Belastung des Grundwassers noch in den gesetzlich vorgeschriebenen Grenzen hält.

Eine Jahrhundert-Aufgabe: „Wie sich das Gelände innerhalb der nächsten 100 Jahre verhalten werde, sei allerdings nicht gänzlich vorherzusehen“, räumt der LAGA-Landschaftsarchitekt Rüdiger Brosk denn auch ein. Die Waz eröffnet ebenfalls wenig schöne Aussichten: „Setzungspegel und Grundwasserkontrollen wird es hier auf ewig geben“. Zwischen Chrom, Chlor & Co. stimmt die Chemie nämlich immer noch - sie reagiert munter miteinander drauflos. Darüber hinaus bilden sich durch Abbauprozesse neue giftige Gase. Dementsprechend sieht das Sickerwasser der Altlast aus. 750 Kubikmeter muss BAYER stündlich abpumpen und im Klärwerk reinigen.

Um ein „Work in Progress“ handelt es sich bei der Dhünnaue also, weil Konzern und Stadt das Areal nicht sanierten, sich stattdessen für eine bloße Absicherung der Altlast entschieden. Den Unterschied erläuterte Klaus Stief vom Umweltbundesamt 1988 auf einem Umweltschutz-Forum in Köln. „Unter Sanierungsmaßnahmen versteht man Maßnahmen, die zu einer Beseitigung des Gefährdungspotenzials der Altlast führen. Unter Sicherungsmaßnahmen werden Maßnahmen verstanden, welche die Gefährdung der Umwelt vermindern oder auch zeitlich befristet unterbinden, die allerdings das Gefährdungspotenzial nicht beseitigen. Man erreicht einen Zeitgewinn. Irgendwann, in der Regel innerhalb von Jahrzehnten, werden die Sicherungsmaßnahmen unwirksam werden. Man wird sie wiederholen müssen“, führte er in seinem Vortrag aus. Aber das verdrängen die Verantwortlichen laut Stief nur allzu gern. „Obwohl durch die Wahl des Wortes ‚Sicherungsmaßnahmen‘ im Gegensatz zu dem Wort ‚Sanierungsmaßnahmen‚ jedermann die zeitlich befristete Wirksamkeit und die ständige Unterhaltungs- und Reparaturbedürftigkeit der Maßnahmen klar werden soll, neigt man in der Praxis wohl immer dazu zu hoffen, dass man das Altlastenproblem ‚vom Halse‘ hat, wenn sie gesichert ist. Das wird sich in der Regel irgendwann einmal als verhängnisvoller Irrtum herausstellen“, stellt der Diplom-Ingenieur fest.

Da hat der Experte die LAGA-Lage richtig erfasst. Im Katalog zur Ausstellung, die sich auf der Gartenschau der Geschichte der Dhünnaue und ihrer Abdichtung widmet, heißt es lapidar: „Aufwändige Technik löst das Altlast-Problem“. Eine Sanierung war nach BAYERs Ansicht nicht möglich. „Aufgrund der früher üblichen ungeordneten Ablagerung der überwiegend festen und im geringen Maße auch pastösen und flüssigen Abfälle sind die Belastungen sehr ungleichmäßig verteilt. Eine gezielte Sanierung einzelner Teilbereiche kommt deshalb nicht in Frage“, schreiben die AusstellungsmacherInnen. Eine glatte Lüge, wie ein Blick auf die Schweizer Deponie Kölligen beweist. 350.000 Tonnen Gefahrgut lagerten dort ein - und Giftmüll-Trennung betrieben die „Entsorger“ ebenso wenig wie in Leverkusen. Trotzdem entschieden sich die Verantwortlichen für eine Komplett-Sanierung mit Auskofferung des verseuchten Areals - und mussten es auch. Die Gesetze des Landes untersagen nämlich Baumaßnahmen, die den Giftaustritt nicht stoppen und als „Langzeit-Provisorien“ eine jahrhundertelange Überwachung erfordern. So kann sich die Schweiz freuen, schon im Jahr 2025 keine gefährlichen Zeitbomben mehr im Boden ticken zu haben.

In der Bundesrepublik sträubten sich BAYER & Co. stets aus Kostengründen gegen eine solche ökologisch sinnvolle Lösung. Einer genaueren Überprüfung halten ihre Argumente indes nicht stand. Sicherungsmaßnahmen erfordern zwar am Anfang keinen so hohen finanziellen Aufwand wie Sanierungsmaßnahmen, rechnet man aber die bei „Langzeit-Provisorien“ anfallenden Betriebs- und Reparaturkosten hinzu, so halten sich die Ausgaben in einem vergleichbaren Rahmen. Allein für die Reinigung des Sickerwassers muss BAYER jährlich einen Millionen-Betrag aufbringen. Was bei der Dhünnaue noch so alles an Ausgaben anfallen könnte, weiß niemand genau, denn Langzeituntersuchungen über die Beständigkeit des verbauten Materials existieren nicht, und viele Entwicklungen sind nicht vorhersehbar. So musste die Stadt Hamburg 1994 unvermittelt bei der bloß gesicherten Altlast auf dem Gelände der ehemaligen Waffenfabrik STOLZENBURG „nachbessern“, weil das nahe gelegene Wasserwerk die Trinkwasser-Gewinnung drosselte und der Grundwasser-Spiegel sich in der Folge gefährlich nah an die giftigen Produktionsrückstände heranschob.

Über diese ganze Problematik findet sich im Katalog zu der LAGA-Ausstellung „Die Dhünnaue gestern und heute“, die „eine offene Chronik über Fortschritt und Verantwortung“ sein will, nichts. Es fängt schon schlecht an. Der Konzern hat angeblich nicht nur nach dem Motto „Nach mir die Sintflut“ sorglos seine Abfälle am Rhein entsorgt, er wollte der Stadt damit auch einen wirksamen Hochwasserschutz bieten. Dass die „gute Tat“ vielleicht doch nicht so gut für Leverkusen war, stellte sich laut Text erst Ende der achtziger Jahre heraus. „Ende 1987 steht fest: Eine Gefährdung der Bewohner in der Wiesdorfer Dhünnaue kann nicht ausgeschlossen werden“. Aber selbst dann ist alles nur halb so schlimm, denn die Wissenschaft hat festgestellt: „Insgesamt kann eine akute Gefährdung der Bevölkerung mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden“. Der Herr Professor Einbrodt von der Universität Aachen war so nett. Vorher hat es nach Aussage von BAYER nur einige Klagen wegen Geruchsbelästigung gegeben und „unerwartete Schwierigkeiten“ im Zuge der geplanten Wohnbebauung über der Deponie. Eine Baugrund-Untersuchung meldete nämlich Zweifel daran an, ob der Beton dem chemischen Untergrund standhalten würde und sagte zudem eine Absenkung der Häuser voraus. Sie sollte Recht behalten. Später ergaben Messungen eine hohe Chrom-Belastung von Kellern. Die Stadt Leverkusen quartierte die Mietparteien um und schloss eine Schule. Nach Darstellung der AusstellungsmacherInnen geschah das alles nur „vorsorglich“. Die ungewöhnlich hohe Krebsrate im Umfeld der Schule - laut SPIEGEL fünf Tote, 15 Erkrankungen - verschwiegen sie.

Nicht nur diese Fälle hätten genug Grund für Entschädigungsklage geboten. Die Erleichterung darüber, dass „die Stadt Leverkusen und die BAYER AG juristischen Streit vermieden haben und sich in allen Fragen auf partnerschaftliche Lösungen verständigten“, ist den Konzern-AutorInnen deshalb deutlich anzumerken. Sie vermelden in Sachen Dhünnaue „Mission erfüllt“ und meinen so „eine Voraussetzung für die nachhaltige Entwicklung der Stadt“ geschaffen zu haben. Das Einzige, was sich auf dem Areal jedoch nachhaltig entwickelt, ist die Last der Altlast für die nachfolgenden Generationen.

[Ulla Krajewski] BAYER HV 2019

CBG Redaktion

Sehr geehrte Damen und Herren Mitglieder des Vorstandes und Aufsichtsrates,
sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre,

mein Name ist Ulla Krajewski, und ich spreche für die CBG e.V.

Vor einem Jahr habe ich zum Thema Dhünnaue gesprochen, denn damals wurde noch geplant, die A1 abzureißen und 8spurig neu zu bauen, indem die Brückenpfeiler in Europas größte Giftmülldeponie getrieben werden, ein Unterfangen mit unkalkulierbaren Risiken. Heute ist der erste Spatenstich schon Geschichte, allerdings ist die öffentliche Diskussion zu diesem einmaligen Risikounternehmen nicht verstummt, sondern der dlf hat sogar der Dhünnaue und dem Autobahnneubau eine Reportage gewidmet. Darum habe ich dieses Thema erneut gewählt.

Im letzten Jahr waren Ihre Antworten auf meine ernstgemeinten Fragen ausweichend und teilweise unverschämt, als wüsste ich noch nicht einmal, dass Covestro nicht mehr zum Bayer-Konzern gehört. Ich verstehe, dass meine Fragen Ihnen unangenehm waren, und dennoch bitte ich Sie, heute im Rahmen Ihrer gesetzlichen Pflichten Auskunft zu geben, auch im Respekt vor den Aktionärinnen und Aktionären, die bis jetzt ausgehalten haben, um sich ein möglichst detailliertes Bild von der Geschäftstätigkeit und ihren Auswirkungen zu machen.

Leider muss ich mich äußerst kurz fassen. Die Dhünnaue ist mit vielen gravierenden Problemen behaftet. Es lagern dort fast 1 Mio. Tonnen hochtoxischer Produktionsückstände aus 50 Jahren, deren konkrete Zusammensetzung niemand kennt. Diese Stoffe sind z. T. hochreaktiv, so dass sich die chemische Zusammensetzung dieser Deponie stetig und unvorhersehbar verändert. „Et hätt noch immer jot jejange“ , würde der Kölner sagen. Wenigstens wurde die Deponie provisorisch gesichert, d. h. an den Seiten und an der Oberfläche abgedichtet, allerdings nicht im Untergrund, so dass stündlich 750 qm giftiges Sickerwasser abgepumpt und gereinigt werden müssen.

Durch die Autobahnbaustelle hat sich diese Situation noch wesentlich verschärft: Die Oberflächenabdichtung wird am Ort der Arbeiten entfernt und durch ein Leichtbauzelt ersetzt.

Ich frage Sie: Was gedenken Sie im Falle einer Explosion zu tun, wenn dieses Zelt hinweggefegt wird? – Sie werden ganz richtig bemerken, dass dieser Teil der Dhünnaue nicht mehr in Ihren Haftungsbereich fällt, sondern von Straßen.NRW, also der öffentlichen Hand. Das mag fast unglaublich klingen, ist jedoch wahr. Aber es wären ja dann in dem Falle, den wir alle nicht erleben wollen, möglichst viele Menschenleben zu retten und möglichst weiterer Schaden von der Umwelt in diesem äußerst dicht besiedelten Gebiet abzuwenden. Gibt es denn irgendwelche Notfallpläne oder Vorkehrungen, die Straßen.NRW bekanntgegeben wurden? Oder soll es so laufen wie z. B. 2008 im USamerikanischen Institute, wo Sie von den Behörden händeringend um Informationen angegangen wurden, Sie jedoch nur abgewiegelt und abgestritten haben?!

Meine 2. Frage betrifft den Thema Klimawandel, der ja mittlerweile unübersehbar begonnen hat und leider nicht mehr zu stoppen, sondern im günstigsten Falle nur noch zu bremsen wäre: Die Konstruktion des permanenten Abpumpens und Reinigens des giftigen Sickerwassers funktioniert ja nur, wenn der Rheinspiegel einigermaßen stabil bleibt, d. h. der Rheinwasserpegel nicht zu schnell abfällt, was allerdings im letzten Sommer vermutlich geschehen ist, oder keine Jahrhundertflut passiert, worauf wir uns für die Zukunft jedoch leider fast sicher einstellen müssen. Was gedenkt Bayer angesichts dieser Gefahren für Anwohner und Umwelt zu tun? Gibt es hier Forschung, und gibt es eine Abteilung, die neue Lösungen entwickelt? Wenn ja, wie viele Mitarbeitende werden mit diesen Zukunftsfragen betraut?

Meine 3. Frage betrifft den Verkehr am Standort Leverkusen, aber auch an den anderen Standorten in NRW: Tut Bayer etwas zur Verminderung der mit der Produktion zusammenhängenden Verkehrsströme, wird hier investiert, geforscht oder entwickelt? Nicht nur Pendler klagen, dass die Infrastruktur mit dem unaufhörlich steigenden Verkehrsaufkommen hoffnungslos überfordert ist, nicht nur Anwohnerinnen klagen über die schlechte Luftqualität und drohende Fahrverbote, auch viele Stimmen aus der Wirtschaft befürchten, dass der Verkehr der neue Flaschenhals unserer Wirtschaftsentwicklung werden könnte.

Die Redezeit ist um.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Falls auch Sie als Aktionäre mit der Geschäftspolitik des Konzerns in Sachen Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Menschenrechte nicht einverstanden sind, dann stimmen Sie bei allen Abstimmungen mit „nein“. Falls Sie diese Versammlung vorzeitig verlassen, haben Sie das Recht, Ihre Stimmrechte zu übertragen. Dazu können Sie Ihren Stimmkartenblock an uns kritische AktionärInnen hier vorne links von Ihnen aus gesehen abgeben.

[Dhünnaue] Presse-Information CBG vom 13.05.20

CBG Redaktion

Nach Bau-Skandal um die Leverkusener Rheinbrücke:

Kein Eingriff in die BAYER-Dhünnaue-Giftdeponie! Tunnel statt Brücke!

Die Arbeiten an der Leverkusener Rheinbrücke ruhen. Das Land Nordrhein-Westfalen kündigte Ende April den Vertrag mit dem Bau-Unternehmen Porr, da dieser billig mangelhaft verarbeitete Stahlteile einkaufte statt auf Qualität zu achten.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) tritt dafür ein, die Zeit für eine Überplanung des Projektes und der damit verknüpften Erweiterung der Autobahn A1 zu nutzen. „Jetzt ist die Gelegenheit da, um erneut die Kombilösung in Erwägung zu ziehen. Mit einer Sanierung der alten Brücke bei gleichzeitiger Entlastung durch einen Tunnel könnte der mit vielen Risiken verbundene Eingriff in BAYERs alte Giftmüll-Deponie unterbleiben“, hält CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann fest. Zudem sinke die Feinstaub-Belastung, wenn ein Teil der Verkehrsführung unterirdisch verliefe und es nicht zu einem Ausbau der A1 käme, so Stelzmann.

6,5 Millionen Tonnen Abfälle birgt die Dhünnaue-Altlast. Darunter befinden sich fast eine Million Tonnen gefährliche Rückstände aus der Chemie-Produktion wie Quecksilber, PCB, Chlorbenzole, Arsen, Chrom, Blei und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe. Als Baugrund eignet sich das denkbar schlecht, denn der organische Anteil des Mülls zersetzt sich. Deshalb nimmt sein Volumen ab, was Bodenabsenkungen nach sich zu ziehen droht. Von möglichen „Setzungsschäden“ bei den avisierten Autobahn-Trassen spricht der Diplom-Ingenieur Helmut Hesse. Harald Friedrich, ehemals Abteilungsleiter im nordrhein-westfälischen Umweltministerium, befürchtet indes einen Austritt giftiger Gase. „Keine Asphalt-Dichtung ist so dicht, dass sie den Kriterien, die ich für eine ordnungsgemäße Sicherung für eine Sondermüll-Deponie haben muss, entsprechen kann“, sagte er im Deutschlandfunk.

Schon früh formulierten BürgerInneninitiativen ähnliche Bedenken. Aber die Politik setzte sich darüber hinweg. Statt Alternativen zur Mega-Stelze zu prüfen, gab sie dem Druck der Industrie nach. Besonders viele Aktivitäten gingen dabei vom BAYER-Konzern aus. Im Juni 2013 schrieb der Chef der CURRENTA – damals noch eine 60-prozentige Tochter-Gesellschaft des Agro-Riesen – in der Sache sogar einen Brand-Brief an den Bundesverkehrsminister, den Landesverkehrsminister und Straßen.NRW. „Eine Tunnel-Lösung im Verlauf der A1, wie sie derzeit in Leverkusen diskutiert wird, würde sich negativ auf unsere Standorte auswirken“, mahnte er darin unverhohlen.

Die damalige rot-grüne Regierungskoalition Nordrhein-Westfalens fügte sich. Damit nicht genug, schuf deren Bau-Minister Michael Groschek (SPD) zudem noch eine „Lex Leverkusen“, um Klage-Möglichkeiten gegen das Vorhaben einzuschränken und so die Umsetzung zu beschleunigen. Aus demselben Grund verzichtete er bei der Auftragserteilung auch auf ein Verhandlungsverfahren. Damit vergaben sich Sozialdemokraten und Grüne die Möglichkeit, dem ausgewählten Unternehmen genauere Bedingungen beispielsweise zu den Qualitätsstandards zu stellen. Stattdessen entschied allein die Wirtschaftlichkeit des Angebots – und das kommt die SteuerzahlerInnen jetzt teuer zu stehen. Nach der Kündigung des Vertrags mit dem Unternehmen Porr und der erforderlichen Neuausschreibung dürften die Kosten erheblich steigen.

Aber auch die CDU/FDP-Nachfolge-Regierung, die den Auftrag an den österreichischen Konzern im Oktober 2017 vergab, muss sich schwerwiegende Versäumnisse vorwerfen lassen. „All das sollte die Politik veranlassen, ihr bisheriges Handeln zu überdenken, ihre Ignoranz gegenüber KritikerInnen aufzugeben und einen Neustart mit der Kombi-Lösung in die Wege zu leiten, statt den alten Wegen nun mit einer neuen Bau-Firma zu folgen, wie es Industrie-Kreise jetzt fordern“, mahnt Stelzmann abschließend.

Pressekontakt
Jan Pehrke 0211/30 58 49

[Hochwasserschutz] Presse-Information CBG vom 21.07.21

CBG Redaktion

Der Fall „Knapsack“ macht Handlungsbedarf deutlich

BAYER & Co. müssen den Hochwasserschutz verstärken!

Am 14. Juli hat der Starkregen zu einem Überlaufen der Abwasser-Behandlungsanlage des Chemie„parks“ Knapsack geführt, in dem der BAYER-Konzern und rund 30 weitere Firmen produzieren. Von einem „Abfluss erheblicher Mengen Niederschlagswassers sowie Abwassers“ sprach der Betreiber des Industrie-Areals, das in der Nähe von Köln liegt. Die Stadt Hürth setzte daraufhin eine Warnmeldung ab, die das „Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe“ aufgriff und weiterverbreitete. „Innerhalb des Stadtgebietes Hürth ist es im Bereich Alt-Hürth und Teilen von Hermülheim zu einem größeren Schadensereignis gekommen. Dabei werden Schadstoffe freigesetzt, die zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Hautreizungen führen können“, so der Wortlaut. Tatsächlich traten bei einigen AnwohnerInnen solche Krankheitssymptome dann auch auf.

Umweltgruppen wie der BUND kritisieren den mangelhaften Hochwasserschutz von BAYER & Co. schon seit Jahrzehnten. Und zu den Maßnahmen, die sie einforderten, zählte nicht zuletzt, den Abfluss von Abwässern aus Kläranlagen zu verhindern. Die rot-grüne Landesregierung unter Hannelore Kraft reagierte im Jahr 2016 darauf und änderte das Landeswasser-Gesetz (LWG) entsprechend. So schrieb der Paragraf 84 im Absatz 3.2 nun vor, neue Abwasser-Anlagen hochwasser-sicher zu bauen und ältere bis Ende 2021 entsprechend umzurüsten. Der Absatz 3.3 verfügte schließlich, Anlagen „nur so zu errichten und zu betreiben, dass wassergefährdende Stoffe durch Hochwasser nicht abgeschwemmt oder freigesetzt werden.“ Die schwarz-gelbe Landesregierung unter Armin Laschet nahm das allerdings just in diesem Jahr mit dem „Gesetz zur Änderung des Landeswasser-Rechts“ zurück. Sie verlängerte die Modernisierungsfrist kurzerhand bis 2027 und strich den Absatz 3.3 ganz. Damit nicht genug, beschnitt Schwarz-Gelb zudem die Möglichkeit, zusätzliche Überschwemmungsgebiete zur Minderung der Folgen von Hochwasser-Ereignissen auszuweisen. „Damit wird die Forderung des Koalitionsvertrags nach Deregulierung und Rückabwicklung des LWG 2016 aufgenommen“, hieß es zur Begründung.

„Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat den Hochwasser-Schutz in diesem Jahr mit der ‚Reform’ des Landeswassergesetzes geschwächt. Dabei hätte sie ihn stärken müssen, gerade auch im Hinblick auf die Gefahren, die im Katastrophen-Fall von Chemie-Werken ausgehen. Das zeigt nicht nur der Fall ‚Knapsack’“, konstatiert Marius Stelzmann von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG).

Schon im Jahr 1995 wäre es beinahe zu einer Überschwemmung des „Chem‚park’ Leverkusen“ gekommen. Das Rhein-Hochwasser stand lediglich zehn Zentimeter unterhalb der Kaimauer-Kante. 2001 havarierte ein mit Salpetersäure für BAYER beladenes Schiff auf dem Rhein. Wegen des hohen Wasserstandes und der starken Strömung drohte es zu bersten, weshalb die Feuerwehr gezwungen war, die Salpetersäure abzupumpen und in den Fluss zu leiten. Beim Elb-Hochwasser 2002 mussten 700 Einsatzkräfte den Bitterfelder Chemie-„Park“ mit Sandsäcken sichern. Die Gefährdung sei akut, sagte ein Bundeswehr-Sprecher damals. Und zwölf Jahre später war sie es wieder. „Durch die anhaltenden Niederschläge ist die Hochwasser-Situation im Umfeld der BAYER BITTERFELD GmbH und in der Chemie-Region Bitterfeld sehr angespannt“, erklärte der Konzern. Darüber hinaus dringt bei hohen Pegelständen des Rheins immer Wasser in BAYERs Dhünnaue-Giftmülldeponie, das dann wieder – mit den entsprechenden Chemie-Frachten – in den Fluss zurückfließt.

„Zu allem Überfluss trägt der Leverkusener Chemie-Multi noch sein Scherflein zu der Hochwasser-Situation bei. Denn es handelt sich keineswegs um eine „durch höhere Gewalt“ verursachte Unwetter-Katastophe, wie der Knapsack-Betreiber YNCORIS behauptet, sondern um eine Folge des Klimawandels. Und zu dem trägt der BAYER-Konzern mit seinen enormen Kohlendioxid-Emissionen nicht wenig bei“, hält Stelzmann abschließend fest.

Pressekontakt:
Marius Stelzmann 0211/33 39 11

[Redebeiträge] Hauptversammlung 2016

CBG Redaktion

Kritische Redebeiträge in der Hauptversammlung der BAYER AG am 29. April 2016:

=> Jan Pehrke (CBG): Entlassungen bei BAYER

=> Redebeitrag von Axel Köhler-Schnura

=> Philipp Mimkes (CBG): Steuerflucht und BAYER Propaganda in KITA´s

=> Dr. Jan Salzmann (MEZIS):Risiken von Testosteron-Präparaten

=> Christoph Then (testbiotech): GenSoja von BAYER

=> Christian Schliemann, ECCHR: gefährliche BAYER-Pestizide in Indien

=> Mani Prakash (Anwältin Bombay/Indien), ECCHR: gefährliche BAYER-Pestizide in Indien

=> Helmut Hesse (Gutachter) zur Deponie Dhünnaue (Leverkusen)

=> Corinna Hölzel, BUND: Bienensterben durch Pestizide

=> Andre Sommer: Fehlbildungen durch Duogynon

=> Christin Berndt (Risiko Pille): gefährliche Antibaby-Pillen

=> Stephan Schickentanz: gefährliche Antibaby-Pillen

=> Dieter Donner (BUND): Kritik an CO-Pipeline

=> Dr Gottfried Arnold (Kinderarzt): Kritik an CO-Pipeline

=> Gemma Lopez: Sterilisationspräparat Essure

=> Angelica del Valle: Sterilisationspräparat Essure

=> Michael Slaby (Mellifera): Bienensterben durch Pestizide

=> Annette Seehaus-Arnold (Imkerin): Bienensterben durch Pestizide

=> Christoph Koch, Erwerbsimkerbund: Bienensterben durch Pestizide

=> Sibylle Arians: Risiken von BAYER-Präparaten

[HV-Reden] Redebeiträge HV 2018

CBG Redaktion

Kritische Redebeiträge in der Hauptversammlung der BAYER AG am 25. Mai 2018:

=> Annette Seehaus-Arnold (Vizepräsidentin des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbundes):
Bienensterben

=> Wiebke Schröder(SumOfUs):
Bienensterben

=> Ralf Bertram (Imkermeister):
Die Bienengefährlichkeit des Pestizids BISCAYA

=> Mute Schimpf (Friends of the Earth Europe):
Digitalisierung der Landwirtschaft

=> Keneth Dietrich:
Bayer aus Leverkusener Perspektive

=> Sanjay Kumar:
Reputations- und andere Risiken

=> Thomas Cierpka (IFOAM):
Nachhaltigkeit bei Bayer

=> Silvia Bender (BUND):
Neonikotinoide, Glyphosat, Monsanto, Gentechnik

=> René Lehnherr:
Monsanto

=> Bernward Geier:
Die ökologische Alternative „Sikkim“

=> Dr. Beate Kirk:
Duogynon und die Hormonspirale Mirena

=> Lars-Ulla Krajewski:
Die Gefahren der Dhünnaue-Öffnung

=> Karl Bär (Umweltinstitut München):
Die Gefahren von Sivanto

=> Christoph Koch (Imker):
10 Jahre dokumentierte Bienenvergiftung durch BAYER-Produkte

=> Dr. Gottfried Arnold (Kinderarzt):
Glyphosat, Duogynon und andere hormonähnliche Substanzen

=> Alan Tygel (Permanente Kampagne gegen Agrargifte und für das Leben):
Bayer in Brasilien

=> Georg Wehr (Gadolinium-Selbsthilfegruppe):
Die Gefahren gadolinium-haltiger Röntgen-Kontrastmittel

=> Tilman Massa (Dachverband):
Die Sustainable Development Goals und BAYER in Lateinamerika

=> Christian Russau (Dachverband):
Pestizide in Brasilien

=> Jan Pehrke (CBG):
Der MONSANTO-Deal und weitere CBG-Gegenänträge